943 Geschichte Deutschlands
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Zu Ostern im letzten Kriegsjahr des Ersten Weltkriegs erreichte 1918 das Städtische Museum in Offenburg eine ungewöhnliche Postsendung. Das Päckchen war abgesendet worden „ von einem alten Offenburger aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts, der seine ersten Unterrichtsjahre an der dortigen Volksschule und Gymnasium erhalten hat, der stets gerne jener Zeiten gedenkt, der heute mit hoher Verehrung das Emporblühen der Stadt Offenburg sympathisch begrüßt". Auf einem ebenfalls beigefügten bräunlichen Foto signiert der Absender als „Gebhard Gagg, Maler und Historiker in Konstanz, Ritter vom Zähringer Löwenorden, aetatis suae 80 J. 1918". Zu sehen ist er auf der Postkarte als eine lesende Gelehrtengestalt vor einer Fensterbank mit wallender Mähne im Gerhard-Hauptmann-Stil.
Über die Deportation der badisch-pfälzischen Juden nach Gurs am 22. Oktober 1940 ist bereits vieles gesagt und geschrieben
worden. Und immer noch gibt es da und dort weitere erhellende Quellenfunde zu machen. Warum haben beispielsweise die Offenburger Bürgerinnen und Bürger so wenig Protest eingelegt gegen die Vertreibung ihrer jüdischen Nachbarn? Was
für eine Stimmung herrschte in der Stadt am Vorabend des Geschehens vom 22. Oktober?
Mord verjährt nicht. Deshalb ist die Justiz auch heute noch den letzten NS-Verbrechern auf der Spur. Der Ukrainer John
Demjanjuk wurde 89-jährig vor das Münchner Landgericht gestellt, das ihn 2011 zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilte.
„Der Angeklagte war Teil der Vernichtungsmaschinerie", heißt es im Urteil. Was in den Lagern geschah, das sei allen Helfern
zu jedem Zeitpunkt klar gewesen. Jeder, der an der planmäßigen Ermordung mitwirkte, habe sich schuldig gemacht - auch
wenn ihm, wie Demjanjuk, keine konkrete Tat nachgewiesen werden könne. Die Richter begnügten sich mit dem Wissen,
dass in Sobibor, einem reinen Vernichtungslager, jeder Aufseher am Morden beteiligt war. So wird der Prozess womöglich
doch nicht das „letzte große NS-Verfahren" bleiben, als das ihn Beobachter vorschnell tituliert hatten. Strafverfolger werden
sich wohl noch einmal verstärkt auf die Suche nach weiteren Tätern machen - nach ausländischen und nach deutschen. Ein
91-Jähriger wurde ebenfalls in München wegen Mordes verurteilt, in Aachen ein 89-Jähriger. Im Dezember 2011 durchsuchten Dortmunder Ermittler die Wohnungen von sechs ehemaligen Wehrmachtssoldaten im Alter von 85 und 86 Jahren, die sich an dem Massaker im französischen Oradour-sur-Glane bei Limoges beteiligt haben sollen. Dort hatten am 10. Juni 1944 etwa 200 Mitglieder einer SS-Division mindestens 642 Zivilisten grausam ermordet. Die SS-Männer pferchten die Männer des Dorfes in einer Scheune ein und erschossen sie mit Maschinengewehren. Frauen und Kinder wurden in der Dorfkirche eingesperrt, die dann angezündet wurde. Man ist den letzten Mördern immer noch auf der Spur.
Die archivalische Überlieferung im Stadtarchiv Esslingen ist für die zahlreichen mittelalterlichen Urkunden und die bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts
zurückreichenden Steuerbücher bekannt. Nur wenige Gemeinden können
einen so dichten und weit zurückgehenden Archivbestand aufweisen wie die
Stadt Esslingen. Unter diesen spätmittelalterlichen Quellen finden sich auch
die so genannten Missivenbücher (Stadtarchiv Esslingen, Bestand MB), welche
von 1434– 1440 und 1448–1533 vorhanden sind. Bei diesen Missivenbüchern
(Missive = Sendschreiben) handelt es sich um eine Art Vorgängerakten der
späteren Ratsprotokolle. In den Büchern wurden alle vom städtischen Rat ausgehenden Schreiben protokolliert. Außerdem wurden Rechtsstreite und vereinzelt auch eingehende Schreiben niedergeschrieben.
Im Jahr 2012 feierte die Herrschaft Baden ihr 900-jähriges Jubiläum. Dieses Ereignis nahm der Historische Verein Zell a. H.
zum Anlass, in einer Ausstellung an den Übergang von einer Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation zu
einer badischen Landstadt zu erinnern. Gezeigt wurde sie vom 7.9. bis 4.11.2012 im Foyer des Storchenturm-Museums. Akten
im Stadtarchiv (StA) lieferten zahlreiche Informationen, auf die im Folgenden Bezug genommen wird. Im Ratssaal des Zeller
Rathauses grüßt das Portrait von Großherzog Karl Friedrich, in dessen Amtszeit sich der Wandel vollzog.
„Zu Unrecht Vergessene“ heißt eine Buchreihe. Zu ihnen gehört auch Karl Hagner. Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Wäre er nicht 32jährig am Kriegsende gefallen, wäre er vielleicht ein „badischer Dichterpfarrer“ geworden.
Hagner gehörte in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts zu den jungen evangelischen Dichtern im Umfeld des Eckart-Kreises und des Furche-Verlags, auf die hoffnungsvolle Erwartungen gerichtet waren. Schon als Student schrieb er einen Roman und veröffentlichte Gedichte. Seine Begabungen wurden jäh abgebrochen durch die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Diese Skizze soll mithelfen, dass er nicht vergessen bleibt. Als Kindergottesdienstkind habe ich ihn erlebt, als er 1937 als Vikar an die Weinheimer Stadtkirche kam. Ich mochte ihn sehr und freute mich, wenn er Kindergottesdienst hielt. Einmal in der Woche kam er zum Mittagessen zu uns. Hager war Hagner, mit einer randlosen Brille – und sehr zugewandt.
Er stammte aus einer bäuerlichen Familie im Kraichgau, studierte Theologie, wurde Vikar, Soldat, Offizier. Kurz vor Kriegsende, im März 1945 fiel er. Hagner hatte nicht lange vor seinem Tod noch geheiratet. Anfang der Neunzigerjahre entdeckte
ich, dass seine Witwe in Langensteinbach lebt.
In den badischen Markgrafschaften verlief die Reformation sehr zögerlich und in stetem Auf und Ab. In den oberrheinischen Territorien trafen lutherische, calvinistische und gegenreformatorische Ideen aufeinander und konnten sich je nach regierendem Markgraf unterschiedlich stark behaupten. Erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 war die Konfessionalisierung abgeschlossen: Baden-Durlach mit den Gebieten der unteren und der oberen Markgrafschaft war hinfort
evangelisch, die Markgrafschaft Baden-Baden katholisch.
Rund zwanzig Jahre ist es nun her, seitdem die „Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau"
veröffentlicht wurde. Das ist ein guter Zeitpunkt, um zu überprüfen, ob sich die
Konzeption bewährt hat. ,,Mit dem Ziel einer Gesellschaftsgeschichte der Stadt sollte im Mittelpunkt die Lebenswelt der Menschen stehen, die Darstellung der Verhältnisse, Vorgänge, Erfahrungen und Verhaltensweisen in ihren wechselseitigen Zusammenhängen." Immer wieder
wurden exemplarisch Aspekte der Lebensgeschichte einzelner Menschen geschildert, manchmal über mehrere Kapitel hinweg, um die Beziehungsgeflechte von Individuum und gesellschaftlicher Struktur herauszuarbeiten und zugleich deutlich zu machen, dass Menschen die
Geschichte prägen - ,,sie ,machen' sie und sie erleiden sie". In einer Gemeinschaftsaktion von
zahlreichen „freien" Autorinnen und Autoren sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Stadtarchivs Freiburg sollte mit unterschiedlichen Erkenntnisinteressen und Zugängen, Fragestellungen und Methoden, Sichtweisen und Stilmitteln die Vielgestaltigkeit der Stadtgeschichte
dargestellt werden. Um „die bewegenden Kräfte der Geschichte zu erfassen", war auch „auf
Alternativen der gesellschaftlichen Entwicklung", ,,auf das Mögliche, das nicht Wirklichkeit
wurde, und auf Untergegangenes" zu achten. Allen drei Bänden lag ein Grundschema zugrunde: Den ersten Teil des jeweiligen Bandes bildete ein chronologischer Durchgang durch die
Epochen im behandelten Zeitraum. In mehreren Kapiteln wurde er von „Schlaglichtern" ergänzt - kurzen, möglichst spannend erzählten Abschnitten zu interessanten Ereignissen und
Persönlichkeiten. In einem zweiten Teil wurden Themen vorgestellt, die eine systematische,
epochenübergreifende Betrachtung verdienten. Kontinuitäten, Brüche und grundlegende Veränderungen sollten hier besonders sichtbar werden. Nicht zuletzt war mit der Art der Darstellung beabsichtigt, die Leserinnen und Leser zur Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte anzuregen. 2 In den Rezensionen ist der grundsätzliche Ansatz der Freiburger Stadtgeschichte
überwiegend positiv gewürdigt worden.
Einen gesonderten Bestand zum Ersten Weltkrieg gibt es im Landeskirchlichen Archiv ebenso wenig wie zum Zweiten Weltkrieg, wenn man von den Sammlungen der Feldpostbriefe absieht. In der Regel befinden sich Unterlagen zum Ersten Weltkrieg in entsprechenden Serien der Generalakten, aber auch in Personalakten und diversen Sammlungen.
Die wirtschaftliche Entwicklung des Landkreises Sinsheim verlief viel ungünstiger als die anderer Kreise des Landes. Was immer die Ursachen dafür in der entfernteren Vergangenheit gewesen sein mögen, es ist unzweifelhaft, dass die Konzentration alles industriellen und gewerblichen Lebens in den wenigen Großstädten der nordbadischen Rheinebene einen Zustand wirtschaftlicher Leere im Landkreis Sinsheim und in dem sogenannten Badischen „Hinterland" zur Folge hatte. Die grosse Chance gewerblicher Verlagerung und Durchdringung unentwickelter Gebiete im Zusammenhang mit den weitläufigen Planungen der Vorkriegsrüstung und des Krieges selber ging an dem Landkreis vorbei. Das Gebiet sank in seiner
wirtschaftlichen Bedeutung noch weiter durch eine starke Vernachlässigung des Strassennetzes zugunsten der grossen, die Zentren verbindenden Autobahnen und Durchgangsstrassen. Während in Württemberg trotz ungünstiger Verkehrs- und
Transportmöglichkeiten in vielen Teilen des Landes sich kleingewerbliche Mittelpunkte neu herausbildeten und selbst noch während der Kriegszeit erst heranwuchsen, blieb diesem Kreis die entscheidende Wendung zur gewerblichen Durchdringung auch jetzt versagt.
Der Beitrag untersucht die zentralen programmatischen Stellungnahmen der badischen Revolutionäre aus den Jahren 1848/49 unter der Fragestellung, welche staatspolitischen Ziele sie verfolgten und welche Bedeutung nationale und regionale Perspektiven in diesem Kontext hatten. Der Schwerpunkt liegt dabei im Mai und Juni 1849, als es den badischen Revolutionären zunehmend schwerer fiel,
Konzepte für eine Republikanisierung Deutschlands zu entwerfen, und folglich ein badisches Sonderbewusstsein stärker zur Geltung kam.
Am 16. August 1942 erhielten Adolf und Pauline Besag aus der Freiburger Erbprinzenstr. 8 ein
Einschreiben aus Karlsruhe von der Bezirksstelle Baden-Pfalz der Reichsvereinigung der Juden
in Deutschland (RJD): Auf behördliche Weisung eröffnen wir Ihnen, dass Sie zur Teilnahme
an einem am Samstag, den 22. August 1942 von Karlsruhe abgehenden Abwanderungstransport
bestimmt sind. Wir bitten Sie, die nachstehenden Anweisungen genau durchzulesen
und zu befolgen und in Ruhe die Vorbereitungen für Ihre Abreise zu treffen. Sie werden nach
Möglichkeit im Laufe der nächsten Tage von einem unserer Mitarbeiter aufgesucht, der Ihnen
mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Anträge auf Befreiung von der Teilnahme am Abwanderungstransport
sind zwecklos. Wir bitten daher, hierwegen weder schriftlich noch mündlich an
uns heranzutreten. Auch die Einreichung ärztlicher Atteste muss unterbleiben. Dass Anträge
an Behörden ohne Einholung einer Auskunft bei uns unzulässig sind, ist unseren Mitgliedern
bekanntgegeben worden. Sie müssen sich in Ihrer Wohnung am 21. Augustabreise bereithalten [...].
Nach dem Herrschaftswechsel von 1368 blieb Freiburg (mit kleinen Unterbrechungen) rund 450 Jahre bis 1803 unter der Herrschaft der Habsburger. In dieser langen Periode wurde u. a. die Universität gegründet (1457), der Münsterbau vollendet (1513), das "Alte Rathaus" und das "Historische Kaufhaus" errichtet. Die Stadt wurde aber auch in viele Kriege Habsburgs mit Frankreich verwickelt, zur Festung umgebaut und z. T. schwer geschädigt. Besonders reich ist Freiburg an Bauwerken (bes. Kirchen und Kapellen) aus dem 18. Jahrhundert. Die Reformen von Maria Theresia und Joseph II. brachten Impulse der Aufklärung hierher, u. a. durch die Einführung der Schulpflicht. 1806 wurden Freiburg und der Breisgau von Napoleon dem neuen badischen Staat übertragen. Die Stadt beteiligte sich an der politischen Modernisierung des badischen Großherzogtums u. a. als Zentrum des Frühliberalismus (mit Rotteck und Welcker) und Mitwirkung an der badischen Revolution von 1848/49. Durch die Hochindustrialisierung erlebte die Stadt ein kräftiges Wachstum, ohne zu einem Industrieort zu werden. Besondere Bedeutung als badische Stadt erlangte Freiburg in den Jahren nach 1945 als Hauptstadt und Regierungssitz des Landes (Süd-)Baden. Nach der Neugliederung im deutschen Südwesten schuf das Land Baden-
Württemberg den Regierungsbezirk Freiburg mit dem Regierungspräsidium in der Stadt.
Das „Führerhauptquartier Tannenberg" auf dem Kniebis ist manchem nicht unbekannt - die „Entourage des Führers", welche Hitler bei seinem Aufenthalt auf dem Kniebis besucht oder begleitet hat, ist aber nicht weniger interessant. Die „Teilnehmerliste" anlässlich des „Führeraufenthaltes" wirft ein bezeichnendes Licht auf den „Hofstaat des Führers". So war der Kniebis im Strom der Zeit zu einem Wassertropfen geworden, in welchem sich manches fokussiert hat. Für die Wachmannschaften des „Reichs-Sicherheits-Dienstes", welche einen Teil des Führerbegleitkommandos stellten, hatte man übrigens eigens besondere Erkennungsmarken - heute „dog tags" genannt - entwickelt und ausgegeben, welche die Aufschrift „Tannenberg" trugen.
Die Ortenau. - 93 (2013)
(2013)