943 Geschichte Deutschlands
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Zwischen Karlsruhe und Rom
(2013)
Der Kulturkampf, jene im 19. Jahrhundert verbissen geführte Auseinandersetzung um "liberale" Politik und die Trennung von Staat und Kirche, wirkt im kollektiven Bewusstsein der Katholiken bis heute nach. Angesichts der Folgen, die er für die Betroffenen, im Klerus wie im "einfachen Kirchenvolk" hatte – zahlreiche Beispiele sprechen eine deutliche Sprache –, verwundert dies nicht. Doch das Bild, das der Kulturkampf in der Rückschau bietet, ist e benso wenig einheitlich, wie es »die Katholiken« waren, sondern hängt entscheidend vom jeweiligen Blickwinkel ab. Und auch die bleibenden Folgen sind selbst aus kirchlicher Sicht keineswegs ausschließlich negativ.
Das Stolpersteinprojekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig hat inzwischen über die Grenzen Deutschlands hinaus Verbreitung gefunden. Freiburg war die erste süddeutsche Stadt, in der auf Betreiben der Initiatorin Marlis Meckel diese – vom Rat der Stadt einstimmig beschlossene – ungewöhnliche Form des Gedenkens realisiert wurde. In den mehr als zehn Jahren des Bestehens der Freiburger Stolperstein-Initiative sind 350 Stolpersteine meist vor den ehemaligen Wohnungen der Opfer des NS-Terrors in der Stadt verlegt worden. Angesichts der Monstrosität der NS-Verbrechen werden auch in Zukunft mit der Unterstützung der Bevölkerung und der Medien weitere Verlegungen für die Angehörigen der betreff enden Opfergruppen (neben jüdischen Verfolgten und Ermordeten u. a. auch politische Widerständler, Zeugen Jehovas, Euthanasieopfer Deserteure, Homosexuelle) stattfinden.
900 Jahre Ebnet
(2013)
Die Ersterwähnung von Ebnet im Rotulus Sanpetrinus zu ca. 1113 gibt Gelegenheit, Einblick in die Herrschaftsgeschichte des Raumes in der frühen Zähringerzeit zu gewinnen. Der Ort kann indes auf eine weitaus ältere Vergangenheit zurückblicken, die sich in dem Patrozinium der Ebneter Kirche St. Hilarius und St. Remigius spiegelt, spielten diese beiden Heiligen doch im Fränkischen Reich der Merowingerzeit (6./7. Jh.) eine Rolle. Ebnet war damals wie auch später verkehrsgeographisch wichtig durch seine Lage am Übergang von der Rheinebene zum Schwarzwald. Nach der Ortsherrschaft der Herzöge von Zähringen und der Grafen von Freiburg hatten hier im späteren Mittelalter die Snewlin von Landeck das Sagen und verfügten offenbar über ein festes Haus, das 1493 einem Anhänger des elsässischen Bundschuh zeitweise Asyl gewährte.
"Umschulung"
(2013)
Dieser Text ist in einer französischen Original-Version 2010 unter dem Titel "Umschulung. Témoignages d’instituteurs alsaciens déplacés en pays de Bade (1940–1945)" erschienen. Der Verfasser widmet diese deutsche, gekürzte Version seinen deutschen Freunden und bedankt sich bei seinem Kollegen und Freund Herrn Anton Burkard aus Merzhausen für seine Hilfe bei der Übertragung dieser Fassung ins Deutsche.
Während der deutschen Besatzung Frankreichs wurden elsässische Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland einer sogenannten Umschlung unterzogen. Sie müssen nun nach dem deutschen Lehrplan unterrichten, der ihnen in mehrmonatigen Lehrgängen "beigebracht" wird. Deutsch ist nun Schulsprache und bis 1941 wird auch noch in Sütterlinschrift geschrieben. Es finden auch Lehrgänge für nationalsozialistisches Geschichtsdenken statt. Die mehrmonatigen Aufenthalte bei der Besatzungsmacht sind für viele der jungen Lehrerinnen und Lehrer eine schwere psychische Belastung. Zeitzeugenberichte sind die Grundlage dieses Beitrags.
Wer sich mit dem „Bundschuh" befasste, galt lange Zeit als gut beraten, sich den Arbeiten von
Albert Rosenkranz und Günther Franz anzuvertrauen.[1] Albert Rosenkranz hatte 1927 die vorhandenen Quellen zu den Bundschuh-Verschwörungen von 1493, 1502, 1513 sowie 1517
veröffentlicht und zugleich eine eingehende Schilderung jener vier „Erhebungen des südwestdeutschen Bauernstandes" gegeben. Sechs Jahre später ordnete Günther Franz den Bundschuh
- sich inhaltlich auf das „grundlegende" Werk von Rosenkranz stützend - in den Gang der
bäuerlichen Erhebungen vor dem Bauernkrieg von 1525 ein.
Die wissenschaftliche Tagung in Bruchsal 2002 (Anlass war die 500-jährige Wiederkehr des
Bundschuhs zu Untergrombach) machte erstmals Abstriche am gültigen Bild des Bundschuhs.
Rolf Köhn urteilte über die Arbeit von Rosenkranz: ,,Während seine Quellenausgabe bis heute
maßgeblich blieb, genügt seine Darstellung nicht mehr den Anforderungen der Geschichtswissenschaft."[2] Claudia Ulbrich leitete ihren Beitrag über den Untergrombacher Bundschuh sogar
mit dem Satz ein: "[ ... ] die Quellen lassen eine Rekonstruktion dessen, was sich 1502 in Untergrombach abgespielt hat, nicht zu."[3] Ich selbst habe eine Darstellung des Lehener Bundschuhs
von 1513 gegeben und dabei einige ältere Aussagen infrage gestellt.[4] Im Folgenden
greife ich die Ansätze von 2002 erneut auf und unterziehe den Lehener Bundschuh einer
nochmaligen kritischen Betrachtung. Ich glaube, dass ich die ältere Interpretation in zentralen
Punkten und mit größerer Bestimmtheit als 2002 revidieren kann.
Im vorletzten James-Bond-Film „Ein Quantum Trost“, dem zweiten mit Daniel Craig als 007, sucht James Bond, Rache für den Tod seiner Freundin Vesper zu nehmen. Dabei muss er eine Geheimorganisation namens „Quantum“ ausschalten; aus der Rache erhofft sich Bond ein Quäntchen Trost – „A Quantum of Solice“. Am Ende, als Quantum vernichtet ist und Bond verletzlicher denn je aus seinem Auftrag hervorgeht, wirft er das Andenken an Vesper, ein Silberkettchen, das er stets bei sich trug, in den Schnee. Mit dieser Geste verabschiedet er auch die Rache: Er ist frei geworden. Der wahre Trost in dieser Geschichte liegt nicht im Ausschalten von Quantum (bloß ein weiterer Sieg des englischen Geheimdienstes über einen weiteren Feind), sondern im Wegwerfen der Ketten des persönlichen Rachefeldzuges. Dieser Sieg ist weitaus größer. Um es mit Johnny Cash zu sagen: „I´m free from the Chain Gang now“. Über eine solche innere Freiheit von Rache, Hass und dem Elend des Menschen spricht auch der Heidelberger Katechismus. Auch er ist ein Bekenntnis zur Freiheit. Üblicherweise unterscheidet man zwischen dem Bekenntnis eines Einzelnen (ein Krimineller „bekennt“ sich zu seiner Tat, berühmte Menschen nennen ihre Autobiografien zuweilen „Bekenntnisse“) und dem Bekenntnis einer Kirche, in dem der
Glaube ausformuliert ist, wie z.B. dem Apostolischen oder Nizänischen Glaubensbekenntnis. Der Heidelberger Katechismus fällt auf den ersten Blick in die zweite Kategorie. Der 450. Geburtstag ist Anlass, einen zweiten Blick zu riskieren: Könnten wir in diesem historischen kirchlichen Dokument nicht auch ein Quantum Trost durch das persönliche Bekenntnis zur Freiheit finden? Schafft der Heidelberger Katechismus vielleicht genau die Verbindung zwischen dem gemeinschaftlichen Bekennen einer kirchlichen Tradition und dem Bekenntnis eines Einzelnen? Dann wäre das Jubiläum dieses Dokumentes auch ein Anlass für unseren eigenen Jubel aus Dankbarkeit gegenüber Gott, der uns befreit.
Der Beitrag gilt den Grundlagen, die Baden im Lauf des 19. Jahrhundert zu einem wirklichen Musterland im Deutschen Reich werden ließen und öffnet Perspektiven, die auch in unsere Gegenwart hinein reichen: mit den Umrissen des starken Staates, mit einem modernen Beamtenrecht und einer loyalen wie auch aufgeklärten Beamtenschaft , mit einem Rechtssystem, das sich das volle 19. Jahrhundert hindurch bewährte und schließlich mit einer Verfassung aus liberalem Geist, auf deren Grundlage das Land, wenn nicht zur Schule, so doch zu einer Vorschule der Demokratie in Deutschland werden konnte.
Die Wiederentdeckung einer bisher wenig beachteten Urkunde aus dem Jahre 1325 beweist, dass die Stadt Kleingartach von den Herren von Weinsberg oder auf deren Betreiben mit königlicher Billigung vor 1295/99 gegründet wurde. Bisher ist man davon ausgegangen, dass die ehemalige Stadt im Oberen Leintal durch die Markgrafen von Baden gegründet wurde, die allerdings im Jahr 1332 erstmals nachweisbar im Besitz der Stadt sind. Zudem stoßen wir in dieser Urkunde von 1325 erstmals auf den Namen des Nachbardorfes Niederhofen, was bisher von der heimatgeschichtlichen Forschung nicht berücksichtigt wurde. Seit dem 1. Dezember 1971 ist die ehemalige Stadt Kleingartach nach Eppingen eingemeindet. Die kleine, ländliche Ortschaft ist von ihrer Siedlungsform her betrachtet eine typische spätmittelalterliche Stadtsiedlung, was auch nach der Eingemeindung im Zuge der Gemeindereform Gültigkeit hat. Kleingartach, das man im allgemeinen Sprachgebrauch gerne als „Dorf" bezeichnet, um die ländlichen Züge des Ortes zu beschreiben, ist dennoch ein württembergisches „Städtle" geblieben. Von der Luft aus ist der quadratische Stadtkern noch heute zu erkennen, was Kleingartach von vielen Gemeinden des Zabergäus und Leintals unterscheidet. Reste der Stadtbefestigung sind letzte bauliche Zeugnisse der frühen Stadtgeschichte und verdeutlichen die Privilegien einer mittelalterlichen Stadt, sich durch
Mauern und Türme vom Umland abgrenzen zu dürfen.
Vom 20. Juni bis zum 19. Juli 2013 zeigte die Sparkasse Kraichgau in ihren Brettener
Kundenräumen die Ausstellung ,,' ... war gar kunstlich gemachet', Spuren der
Kunst um 1500". Bemerkenswert aus der Sicht der Heimatforschung im Kraichgau
war die Tatsache, dass die kunsthistorischen Aussagen dieser Schau sich fast durchgängig
auf konkrete Beispiele aus der Region bezogen und damit in gelungener
Weise eine Brücke zwischen Kunst- und Regionalgeschichte schlugen. So gingen
einzelne Aufsätze des umfangreichen und vielfach bebilderten Ausstellungskatalogs
unter anderem auf kunst- und baugeschichtliche Aspekte des Heidelberger
Schlosses, des Firstständerhauses in Zeutern, des Brettener Simmelturms sowie verschiedener
Kraichgauer Klöster und Pfarrkirchen ein.
Beim Durchsehen von Werkverzeichnissen fällt immer wieder ins Auge, dass bestimmte dort
aufgeführte Quellen beispielsweise als „Kriegsverlust“ oder als „verbrannt 1944“, als „seit 1945
verschollen“ oder etwa als „heute in Krakau“ gekennzeichnet sind. Es kommt auch vor, dass man in der
Neuauflage der Musik in Geschichte und Gegenwart oder im New Grove dictionary of music and musicians in den
Werkübersichten zum Schaffen einzelner Komponisten von Quellen erfährt, die sich dann, fragt man bei
der genannten Bibliothek an, als Kriegsverluste herausstellen. Je mehr Werk- und Quellenverzeichnisse
man durcharbeitet, um so mehr verdichtet sich der Eindruck, dass angesichts der hohen Zahl solcher
Einträge doch vielleicht auch der entgegengesetzte Ansatz, und zwar eine Aufarbeitung der
Kriegsverluste selbst, zu beschreiten wäre. Für die deutschen Musiksammlungen wurde bisher kein
Versuch unternommen, deren Kriegsverluste systematisch und auf breiter Basis zu untersuchen, zu sehr
hat sich die Musikwissenschaft seit 1945 mit der Sichtung und Erforschung des Erhaltenen beschäftigt,
als dass sie sich – mit Ausnahme gewisser Spitzenstücke – des Verlorenen angenommen hätte, wie dies
in der Kunstgeschichte schon seit langem der Fall ist. Die vorliegende Arbeit ist der erste Teil einer
grossflächig angelegten Studie, welche die Geschichte der musikalischen Quellensammlungen deutscher
Bibliotheken im Zweiten Weltkrieg anhand bisher unveröffentlichter Akten beschreibt, die Ursachen für
die Quellenverluste darstellt und später einen Gesamtkatalog der feststellbaren Kriegsverluste an
handschriftlichen und gedruckten Noten bis zum frühen 19. Jahrhundert auf der Grundlage historischer
Inventare liefern wird.
Um das Jahr 1500 herum lebten in Markgröningen ungefähr 1500 Einwohner. Eine
Stadtmauer mit damals nur drei Toren schützte die Bevölkerung samt Hab und Gut.
Im Nordwesten der Siedlung lag, von einer eigenen Mauer umgrenzt, das herzogliche
Schloss. Darüber hinaus bot die Stadt in Kriegsfällen auch Schutz für die zum Amt
gehörenden Amtsorte. Reisende fanden in Schildwirtschaften Übernachtungsmöglichkeiten, wo ihre Pferde versorgt wurden und man die Wagen unterstellen konnte.
Das Amt war ein von Vogt und Gericht beherrschter Wehr-, Hochgerichts-,
Steuer- und Verwaltungsbezirk. Der Vogt wurde als Vertreter des Landesherrn vom
Herzog eingesetzt. Mit dem Stadtgericht und dem Rat zusammen bildete er die
Exekutive und hatte darauf zu achten, dass herzogliche Anordnungen befolgt und
umgesetzt wurden. Politische Macht besaß die sogenannte Ehrbarkeit. Das waren
angesehene bürgerliche Familien mit Vermögen und landesweiten Verwandtschaftsbeziehungen zu Amtsträgern. Neun Familien, darunter die Vollands in Markgröningen, stellten in 43 württembergischen Ämtern 17 Vögte und einen Keller. Neben
Philipp Volland, der in Markgröningen das Vogtamt innehatte, war sein jüngerer
Bruder Claus in Besigheim Keller und Vogt. Der ältere Bruder, Ambrosius Volland,
war Rat und Kanzler Herzog Ulrichs.
Marbach im Sommer 1914
(2014)
Erst im Abstand von hundert Jahren gelangt die Bedeutung des Jahres 1914 richtig
ins allgemeine Bewusstsein. Erst jetzt wird deutlich, wie alle die großen Umwälzungen
des 20. Jahrhunderts in den Geschehnissen jenes Jahres ihren Ausgang nahmen. Im
Folgenden soll gezeigt werden, wie sich das große Weltgeschehen in der kleinen Stadt
Marbach ausgewirkt hat, was die Bürger zu spüren bekamen, wie sich ihr Leben verändert hat, womit sie fertig werden mussten.
Dazu ist erforderlich, dass die Stadt von 1914 zunächst vorgestellt wird. Marbach
wies damals zwei Wachstumsspitzen auf: im Osten den schon 1879 eröffneten Bahnhof und im Süden das 1903 eröffnete Schillermuseum. Entlang den strahlenförmig
vom mittelalterlichen Stadtkern ausgehenden Straßen entstanden mehr und mehr
landwirtschaftliche Anwesen, deren Besitzer aus der Enge der Altstadt aussiedelten.
An der Straße zum Bahnhof wurden in sicherer Entfernung zur Kernstadt auch mehrere
ländliche Villen gebaut, die heute im Verlauf von Güntterstraße und Goethestraße
noch erhalten sind. Was es in Marbach im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nicht
gab, war ein weiträumiger Stadtentwicklungsplan, der eine klare Trennung zwischen
Wohn- und Gewerbe- bzw. Industriegebiet vorgesehen hätte. Es gab fabrikähnliche
Anwesen im Westen an der Ludwigsburger Straße, eine Schuhfabrik beim Schillermuseum, Möbelfabriken beim Bahnhof und an der Schillerstraße, und die Ludwigsburger Firma Franck betrieb eine Zichorienfabrik an der Straße nach Rielingshausen.
Aber nicht nur Aussiedlerhöfe und Fabriken wurden gebaut. Es war ein Jahrzehnt,
in dem auch eine ganze Reihe öffentlicher Bauten errichtet wurde. Ein Jahr nach dem
Schillermuseum konnte die städtische Turnhalle an der Haffnerstraße eingeweiht
werden, die lange Zeit auch als städtische Festhalle diente. Zwei Jahre später erstrahlte
in Marbach elektrisches Licht.
Seit Karl Siegfried Bader vor nunmehr 78 Jahren seinen Aufsatz „Kürnburg, Zindelstein und
Warenburg. Stützpunkte der Zähringerherrschaft über Baar und Schwarzwald" im Schau-insLand veröffentlichte, sind einige Burgen in der Baar bzw. im östlichen Schwarzwald eine feste
Größe. Als Stützpunkte zähringischer Macht und zur Sicherung und Kontrolle der Verkehrswege zwischen dem Breisgau und der Baar wurden besonders Zindelstein im Bregtal, die Warenburg bei Villingen und die Kirnburg (Kürnberg) am Kirnbergsee bei Unterbränd (Stadt Bräunlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis) herausgestellt. Bader hatte dabei die Beherrschung
des Schwarzwaldes mit der dadurch ermöglichten Verbindung der Territorien auf der Baar und
am Neckar mit dem Breisgau unterstrichen. Im Lichte neuerer Forschungen ist jedoch kritisch
anzumerken, dass womöglich die Unwegsamkeit des Schwarzwalds dabei zu sehr betont wurde.
Inzwischen wurde eine Vielzahl alter Wege erkannt, von denen die Verbindung über Wagensteigtal und Thurner, nördlich am späteren Neustadt vorbei, über Eisenbach-Höchst in Richtung
Hüfingen wohl als Römerstraße oder römischer Verkehrsweg anzusprechen ist.
»Nach 50 Jahren trägt die Gemeinde Schöckingen heute noch einen rein bäuerlichen
Charakter mit seinen Vorzügen und Nachteilen. Konservativ zäh am Alten hängend,
schwerfällig, aber gründlich und zuverlässig, sehr vorsichtig allem Neuen gegenüber.« So
beschreibt der Pfarrer im Ruhestand Nathanael Ludwig Heinrich Rösler im Jahre 1935
seine ehemalige Kirchengemeinde, der er von 1926 bis 1934 als Pfarrer gedient hatte.
Schöckingen, Ditzingens kleinster Stadtteil, bis zum 30. Juni 1972 ein kleines, aber
selbständiges Dorf im Strohgäu, feiert in diesem Jahr sein 1200-Jahr-Jubiläum. Anlass
für die Festlichkeiten ist die erste Erwähnung des Ortsnamens in einer Schenkungsurkunde des Klosters Lorsch. In dieser Urkunde ist festgehalten, dass am 4. Juni 814,
also im Todesjahr Karls des Großen, ein gewisser Gunthart und seine Gemahlin Adelspirn dem heiligen Nazarius Güter und Leibeigene im Glemsgau geschenkt haben.
Dabei taucht auch der Name »Skeckinga« auf.
Diese erste Nennung kommt recht spät und gibt wie die Schenkung selbst einige Rätsel
auf. Schenkungen aus dem Glemsgau waren schon fast 50 Jahre zuvor in größerer Zahl
an das fränkische Reichskloster gegangen. Schöckingen blieb lange außen vor. Waren
die Grundherren zu geizig oder nicht fromm genug? Wir werden es nicht erfahren. Sowenig wie wir über die Schenker Gunthart und Adelspirn erfahren werden. Waren sie
fränkische Grundbesitzer, die ihre einst heidnischen alamannischen Untertanen an das
Kloster gaben? Oder waren sie alamannische Grundbesitzer, die sich der fränkischen
Oberherrschaft andienen wollten oder gar mussten? Oder nichts davon?
Wenig ist geblieben von der Vergangenheit des ehemaligen Bad Boll. Und gäbe es
nicht wenigstens die hinfällige Kapelle, würde man nicht glauben wollen, dass der
Platz unten an der Wutach einst Heimat für Generationen von Menschen war.
Über Bad Boll ist nicht nur das sprichwörtliche „Gras“ gewachsen, hier hat die
Natur das Terrain tatsächlich fast vollständig eingenommen. Was an Hinterlassenschaften trotz allem noch übrig ist, sind die Reste einer faszinierenden
Geschichte, deren Hauptteil mit der Kurbadzeit (1840) beginnt und mit der
Zerstörung durch das Land (1990/93) endet. Von dieser Geschichte soll nun die Rede sein.
Beim Austausch von schwerverwundeten Soldaten zwischen Deutschland
und Frankreich und bei der Internierung von chronisch kranken Soldaten in der Schweiz im Ersten Weltkrieg handelt es sich um ein sehr komplexes Thema. Zum einen sind die Interessen der deutschen Reichsregierung, insbesondere preußisches Kriegsministerium und Auswärtiges Amt, zu berücksichtigen, denen die Interessen der französischen Seite gegenüberstehen. Es müssen die Mitwirkung der Konstanzer Stadtverwaltung und die Aktivitäten des örtlichen Roten Kreuzes einbezogen werden, beide in Personalunion vertreten durch den
Oberbürgermeister Dr. Hermann Dietrich. Die Abläufe in Konstanz können mit denen in Lyon verglichen werden, wo die Transporte ebenfalls einen Ausgangs- und Endpunkt hatten. Hinzu kommt die Haltung der Schweiz (Regierung, Armee, nationales Rotes Kreuz), die mit den Transporten von Verwundeten durch ihr Land, aber vor allem auch mit der Internierung von Kriegsgefangenen eine gewaltige humanitäre Aufgabe auf sich nahm. Des Weiteren spielen beim Zustandekommen dieser Aktionen das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Genf und der Vatikan mit Papst Benedikt XV. eine Rolle.
Am 13. Juni 2013 war es soweit. Der nun
vorliegende Wanderführer wurde gemeinsam von
den Geschichts- und Heimatvereinen der großen
Stadtbezirke erstellt. Die beiden Vorsitzenden Frau
Dr. Annemarie Conradt-Mach und Günter Rath
sind stolz auf das gemeinsame Werk. Auf 40 Seiten
werden nicht die Texte der Tafeln wiederholt, diese soll man ja vor Ort lesen, sondern zusätzliche
Informationen gegeben. Ein herausnehmbares
Faltblatt mit den Karten hilft bei Planung und
Durchführung der Wanderungen auch in Etappen.
Farbige Bilder unterstützen die Beschreibung
der Wege oder zeigen Darstellungen von Dingen,
die heute nicht mehr zu sehen sind.
Von den Denkmälern im öffentlichen Raum und den in einigen Familien noch aufbewahrten Andenken abgesehen, sind nach einem Jahrhundert die Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg verblasst. Wie man den damals in eine lange Friedenszeit
einbrechenden Krieg „in der Heimat" erlebte, sich zu ihm verhielt und ihn zu bewältigen suchte, soll am Beipiel des Städtchens Schiltach und der bäuerlichen Nachbargemeinde Lehengericht untersucht werden. Und dies anhand der öffentlichen
Wahrnehmung und Beeinflussung, wofür die Zeitung das tägliche Sprachrohr war. Grundlage ist der im Amtsbezirk Wolfach
verbreitete „Kinzigtäler", der auch aus Schiltach und Lehengericht (1910: 1902 bzw. 862 Einw.) berichtete.
Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich die Gemeinde Brühl mit ihrem Ortsteil Rohrhof in der Phase der Erweiterung und Entwicklung. Daneben hatte die Luftschiffbau Schütte-Lanz OHG mit dem Jungfernflug des Luft schiff es SL II neue technische Maßstäbe in der Luft fahrt gesetzt. Die Niederschrift im "Buch der Gefallenen" ermöglicht es dem heutigen Betrachter, aus der gebotenen Distanz von 100 Jahren die soziale Tragweite der Einberufungen und Kriegsverluste einzuschätzen.
Nach vier harten und unter großen Verlusten durchgestandenen Kriegsjahren war das Deutsche Reich im August 1918 am
Ende. Das Volk war erschöpft und kriegsmüde. Die militärische Lage wurde immer aussichtsloser. Als dann auch noch
Ende September die Verbündeten zusammenbrachen und um Frieden baten, beschloss die deutsche Heeresleitung, die Alliierten ebenfalls um einen Waffenstillstand zu ersuchen. Die militärische Führung hatte damit eingeräumt, dass der Krieg
nicht mehr zu gewinnen war. Die Reichsregierung unter Prinz Max von Baden richtete am 4. Oktober ein entsprechendes
Waffenstillstandsgesuch an den amerikanischen Präsidenten Wilson. Am 5. November waren die Alliierten schließlich zu
Waffenstillstandsverhandlungen bereit.
„Das 18. Jahrhundert: Die Zeit der Deserteure", so lautet der Titel eines Aufsatzes, den der
Historiker Michael Sikora zu einem Sammelband beisteuerte, für den er auch als Mitherausgeber
fungierte .
Es sind die letzten Jahre dieses Jahrhunderts und der Übergang ins 19. Jahrhundert,
denen sich der vorliegende Aufsatz im Hinblick auf die Militärflüchtigen widmet. Es ist zu vermuten, dass sich die Zeit der Deserteure ins 19. Jahrhundert hinein verlängerte, zumindest bis
zum Ende der sogenannten „Koalitionskriege" im Jahr 1815.
Der Auslöser zur Beschäftigung mit dem Thema war, dass mir bei der Lektüre der mittlerweile von der Freiburger Universitätsbibliothek digitalisierten und ins Netz gestellten Ausgaben der
Freiburger Zeitung und ihrer Vorläufer die häufigen Suchanzeigen verschiedener Behörden auffielen. Ich begann, die gesuchten Personen mit allen abgedruckten Angaben in einer Datenbank zu
erfassen - zunächst von der ersten digitalisierten Ausgabe von 1784 bis einschließlich des Jahres
1820. Auf diese Weise kamen über 9.000 Menschen zusammen. Das umfangreiche Material sollte nun auf sinnvolle Weise ausgewertet werden. Auffallend war, dass etwa zwei Drittel der erfassten Personen zu den sogenannten „böslich Ausgetretenen" zählten, das heißt, diese Leute hatten
aus verschiedenen Gründen das Land ohne behördliche Erlaubnis verlassen. Von dieser Gruppe
wiederum interessieren für diese Studie nur diejenigen jungen Männer, welche sich explizit oder
höchstwahrscheinlich wegen drohendem oder aktuellem Kriegs- bzw. Militärdienst in Sicherheit
brachten. Das war in der Regel das meist recht nahe liegende Ausland.
Die Feststellung, dass der Adel im Mittelalter Herrschaft ausübte, ist, so WERNER HECHBERGER, „einer der trivialsten Sätze der deutschen Rechts-, Verfassungs- und Sozialgeschichte [...]. Schon etwas weniger trivial ist die Frage, wie diese Herrschaft überhaupt entstanden ist.“ Wie sich adlige Herrschaft in der Region Baar im 13. Jahrhundert entwickelt hat, möchte ich im Folgenden analysieren. Die sich damals neu strukturierenden Herrschaftsverhältnisse sollten die Baar über lange Zeit entscheidend prägen. Nachdem sich zu Beginn des Jahrhunderts die Grafen von Urach und der Stauferkönig Friedrich II. um das Erbe der Zähringer gestritten hatten, waren Mitte und Ende des Jahrhunderts geprägt vom Kampf zwischen den Häusern Sulz/Wartenberg und Fürstenberg, um den es in diesem Aufsatz vor allem gehen soll. Im ersten Teil werde ich die Herrschaftshäuser der Fürstenberger, der Sulzer und der Wartenberger im Hinblick auf ihre Bedeutung und ihren Bezug
zueinander und zur Region Baar vorstellen. Im zweiten Teil werde ich die Rivalität der Fürstenberger und Wartenberger um Burgen, Städtegründungen und geistliche Einrichtungen darstellen und abschließend das Spannungsfeld im Bereich
Landgrafschaft und Grafschaft sowie die Auflösung des Konflikts beschreiben.
Vergessen wäre gefährlich! »Verbrechen gegen die Menschlichkeit, unter anderem:
Mord, ethnische Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche
Akte gegen die Zivilbevölkerung oder: Verfolgung aufgrund von rassistischen, politischen und religiösen Motiven; unabhängig davon, ob einzelstaatliches Recht verletzt wurde.« So lautet die Definition der Londoner Charta vom 8. August 1945.
Mit dem Begriff »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« versuchten 1945 die Staaten, deren Armeen das nationalsozialistische Deutschland niedergerungen hatten, die
Verbrechen der Deutschen zu beschreiben und Maßstäbe zu ihrer Verurteilung zu
schaffen. Dass sie einen ganz wichtigen rechtsstaatlichen Grundsatz unterliefen,
indem sie den Straftatbestand erst definierten, nachdem die Taten begangen waren,
war allseits bewusst. Angesichts der jahrelangen, geplanten, massenhaft praktizierten
ungeheuerlichen Brutalität des Terror-Regimes und aller, die es unterstützten, wurde
dieser Verstoß gegen einen formalen Rechtsgrundsatz in Kauf genommen. Unter anderem auch, weil »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« zwar eine neue Formulierung war, im Kern aber nur gewachsene Grundlagen des modernen Rechts zusammenfasste – bis hin zu biblischen Grundsätzen wie »Liebe deinen Nächsten wie dich
selbst« oder eben »Du sollst nicht töten«. Diese und alle darauf aufbauenden Gebote
und Verbote brauchten angesichts der zwölf Millionen Menschen, die von den Nazis
gezielt ermordet worden waren, dringend neue Schubkraft.
"Los von Karlsruhe!"
(2014)
Ende 1949 ließ die Bürger-Kommission des Karlsruher Stadtteils Knielingen ein Flugblatt drucken und verbreiten, in dem sie die Ausgemeindung Knielingens von Karlsruhe forderte. Mit Argumenten, die sich bei näherer Betrachtung nahezu allesamt als unzutreffend herausstellten, versuchte sie die Knielinger Bevölkerung davon zu überzeugen, dass eine Loslösung Knielingens von Karlsruhe ihnen mehr Vorteile einbringen würde als ein Verbleib in der Fächerstadt. Der Aufsatz gibt zum einen den Inhalt des Flugblattes bzw. die Argumente der Knielinger Bürger-Kommission für die Ausgemeindung wieder und zeigt zum anderen die Antwort bzw. Reaktion der Karlsruher Stadtverwaltung, die die Vorwürfe sachlich entkräften konnte, sodass der Ausgemeindungsversuch über ein Strohfeuer nicht hinauskam.
Als im Jahre 1956 das Jubiläum des Offenburger Grimmelshausen-Gymnasiums zum 75-jährigen Bestehen als Vollanstalt gefeiert wurde, gab es neben dem Festakt in der Stadthalle, Festgottesdiensten, Ausstellungen und einer schuleigenen Theateraufführung der Antigone des Sophokles auch eine Totenehrung vor dem neuen Gedenkstein im Schulgarten. In der
Festschrift dieses groß gefeierten Jubiläums referierte der damalige Direktor 0. Walzer die Entwicklung der Schule seit ihrer
Gründung als Franziskanergymnasium im Jahre 1660. Dabei ging er abschließend auch auf „den gewaltigen Eingriff in den
Organismus der Schule" ein, den die beiden Weltkriege gebracht hätten. Der Zweite Weltkrieg war damals gerade einmal
gut zehn Jahre vorbei, der Erste erst 40 Jahre. Nach diesem Rückblick waren im Ersten Weltkrieg zwischen 1914 und 1918
vier Lehrer und 23 Schüler gefallen, im Zweiten 56 Gymnasiasten, 23 wurden noch vermisst. Im Jahr zuvor hatte man am
03.03.1955 nahe dem Schuleingang einen hohen Granitstein für die Gefallenen eingeweiht, der die ebenfalls Horaz entlehnte Inschrift trug: non omnis moriar (,,ich werde nicht ganz sterben"; Horaz, carmen III, 30, 6). Der Stein steht noch heute in der Südwestecke des Schulgeländes, die bronzenen Buchstaben der Inschrift wurden allerdings irgendwann einmal gegen Ende des letzten Jahrhunderts entwendet.
Die Gemeinde Nordrach mit ihren etwa 2000 Einwohnern erstreckt sich in einem langen, verzweigten Tal. Die Bauernhöfe
liegen teilweise weit entfernt vom Dorfkern an den Berghängen. Drei bis vier Kilometer von der Dorfmitte in östlicher
Richtung liegt der Stollengrundhof. Der Weg zu ihm führt steil hoch durch den Wald. Zur Zeit des Nationalsozialismus lebte
auf dem Stollengrundhof die Bauerfamilie Birk. Georg Birk, der Bauer, starb 1938 an Multipler Sklerose. Seine Frau Franziska
Birk, geb. Pfundstein, und er hatten fünf Kinder, einen Sohn und vier Töchter.
Sine ira et studio?
(2014)
Wenn fünf Jahre nach der Beilegung dieses denkwürdigen Streits um Kunst- und Kulturgut aus dem Hofbesitz der Großherzöge von Baden durch den am 6. 4. 2009 geschlossenen notariellen „Vertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Familie von Baden über den Kauf der Schlossanlage Salem und weiterer Kunstgegenstände sowie zur Bereinigung aller streitigen Fragen über die badischen Kunstschätze“ noch einmal auf ihn Bezug genommen werden soll, bedarf dies eigentlich einer Begründung. Einmal benötigt eine solche Rückschau, die man der Öffentlichkeit und sich selbst schuldig zu sein meint, einen gewissen zeitlichen Abstand; zum andern lässt sich nun die Wirkung der
vornehmlich von Juristen, hier aber auch einmal unter Mitwirkung von Historikern (den Autoren dieses Aufsatzes) erstellten Gutachten, die der Ausfechtung bzw. Beilegung dieses Streits zu dienen hatten, wohl abschließend bilanzieren. Die Gutachtertätigkeit dieser Art, bei der die beteiligten Wissenschaftler im Spannungsfeld von öffentlichen und privaten interessen standen, und vor allem die Reaktionen darauf im Landtag von Baden-Württemberg, seitens der Medien, aber auch der Wissenschaft stellte 90 Jahre nach dem Ende der Monarchien in Deutschland ein Stück Zeitgeschichte dar und lässt auch Rückschlüsse
zu auf das Selbstverständnis von Wissenschaft.
Der Oberrhein war eine der strategisch wichtigsten Regionen für die schwedischen Operationen während des Dreißigjährigen Krieges. Dennoch fehlen zu diesem Thema bis heute monographische Gesamtdarstellungen. Gewiss sind einzelne regionale und lokale Aspekte, dazu einzelne Zeitabschnitte gut erforscht. Man darf etwa auf die dreibändige Darstellung von Johann Baptist (Jean Baptiste) Ellerbach über den Dreißigjährigen Krieg im Elsass aus den 1920er Jahren verweisen oder auf eine Reihe von Monographien zum Dreißigjährigen Krieg in den württembergischen und fränkischen Territorien. Ganz zu schweigen von der fast unüberschaubaren Zahl von Stadtgeschichten und Ortschroniken,
die z.B. in der Badischen Landesbibliothek mehrere Dutzend Regalmeter
füllen. Aber diese Partikularerzählungen sind in der Regel nicht geeignet, um zu verstehen, warum das Kriegsgeschehen und die damit verbundenen politischen, wirtschaftlichen und religiösen Entwicklungen der Zeit überhaupt den Oberrhein erreicht haben und warum dieser in seiner Gesamtheit ein unverzichtbarer Brückenkopf für die schwedischen militärischen Operationen gegen Habsburg, die Spanier und teilweise auch gegen Frankreich wurde. Sie stellen, aus der lokalen Perspektive völlig plausibel, das Leiden und die Unverständlichkeit, die Schicksalhaftigkeit und Sinnlosigkeit des Kriegsgeschehens in den
Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Dieser Fokus wurde seit den 1960er Jahren auch durch die Dominanz wirtschafts-, sozial- und alltagsgeschichtlicher Konzeptionen in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung gefördert, die aus der Erfahrung der Staatsversessenheit der Historiographie und der politischen
Wirklichkeit des 19. und 20. Jahrhunderts eine „Geschichte von unten“
und eine „Geschichte vor Ort“ postulierten.
Doch obschon die These von der Quellenvielfalt für große Teile des 20. Jahrhunderts vielleicht zutreffen mag, so zeigt sich auch hier, dass es wohl keine grundsätzlichen Befunde ohne Ausnahmen gibt. Blickt man nämlich auf die nationale Geschichte Deutschlands, so findet sich in der Tat ein Zeitraum im 20. Jahrhundert, in welchem die Quellenlage außerordentlich dünn ist: Für die letzten Tage des „Dritten Reichs“, die Endphase des Zweiten Weltkriegs also, sind die Quellenbestände keineswegs so üppig wie man dies allgemein für das 20. Jahrhundert annehmen könnte. Noch kritischer wird die Quellenlage, wenn explizit lokal- und regionalgeschichtliche Fragestellungen in den Blick genommen werden. Diesem Problem will sich die vorliegende Studie ganz bewusst stellen, indem exemplarisch die Region Freiburg im Frühjahr 1945 in den Blick genommen wird. Es soll nachfolgend der Versuch unternommen werden, das Ende des Zweiten Weltkriegs und die ersten Wochen der Besatzungszeit am regionalen Beispiel zu rekonstruieren. Grundlage dieses Unterfangens ist ein bislang weitgehend unbeachtetes Quellenkorpus kirchlicher Provenienz, der nicht nur die verfügbaren Quellen zum Kriegsende ergänzt, sondern auch neue regionalgeschichtliche Perspektiven auf jene Zeit ermöglicht. Damit versteht sich der vorliegende Beitrag zugleich als ein Beleg für das Potential, welches die Geschichtswissenschaft aus einer verstärkten Beschäftigung mit Quellenbeständen aus kirchlichen Archiven ziehen könnte.
In der Herrschaft des Wilhelmitenklosters Oberried bei Freiburg im Breisgau entstand 1296 eines der ältesten bekannten Weistümer. Die grimmsche Weistümersammlung kennt es im Unterschied zu Rechtstexten benachbarter Herrschaften nicht. Das mag ein Grund dafür sein, dass die Forschung der Quelle bisher wenig Aufmerksamkeit schenkte. Ediert wurde der Text allerdings bereits 1883 von Karl Hartfelder in seiner Sammlung Breisgauer Weistümer. Vor allem im Kontext der Beschäftigung mit der Klostergeschichte der Wilhelmiten wurde das Weistum untersucht, so zuerst in der grundlegenden Darstellung Ferdinand Gießlers. Ziemlich genau einhundert Jahre nach seiner Entstehung wurde das Weistum von Oberried erneuert. Der deutlich erweiterte Rechtstext
von 1395 nennt sich Dinckhrodel uber Oberriedt. Der Text ist, gemeinsam mit dem Weistum von 1296 und einem Abschnitt über die Recht in unserm Thall Kapel in einer Papierhandschrift aus der Mitte des 16. Jahrhunderts überliefert, die sich heute im Freiburger Stadtarchiv befindet. Eine Edition des Dingrodels liegt bisher nicht vor, weshalb hier auf die im Anhang befindliche Transkription Bezug genommen wird, welche vorläufig als Grundlage für die weitere Beschäftigung mit dem Text dienen mag. Auch inhaltlich scheint die Quelle beinahe unbekannt
zu sein. Martin Straßburger erwähnt sie im Zusammenhang einer Untersuchung zum Bergbau auf dem Schauinsland und zitiert auch aus ihr. Bedauerlicherweise identifiziert er den Dingrodel von 1395 mit dem älteren Weistum von 1296. Eine eingehende Untersuchung liegt zu keiner der beiden Quellen vor.
[Bischesser Leut] 1914
(2014)
Von der Steinzeit zur Stadt
(2014)
Der Fürstenberg gehört heute zu der 6,5 km nordwestlich gelegenen Stadt Hüfingen (Gemarkung Fürstenberg) und befindet sich 8 km südöstlich von Donaueschingen. Der gleichnamige Ort befand sich ehemals oben auf dem Berg und erstreckt sich heute auf einer Geländestufe westlich unterhalb des Bergplateaus. Der Fürstenberg ist von der Bundesstraße 31 aus gut zu sehen. Die Bezeichnung als „fürderster Berg“ (vorderster Berg) ist hier gut nachvollziehbar; dieser Name wurde im 13. Jahrhundert zum Familiennamen des Adelsgeschlechtes, das sich hier für etwa 250–300 Jahre einen Mittelpunkt schuf. Im Umfeld von wenigen Kilometer treffen und kreuzen sich verschiedene alte und neue Straßen aus dem Westen (Südschwarzwald) nach Osten (Obere Donau) und von Süden (Hochrhein, Hegau/Bodensee) nach Norden zum Neckar.
Der Erste Weltkrieg spielt im kollektiven Gedächtnis der Deutschen bis heute eine eher untergeordnete Rolle und stand hierzulande trotz seiner kaum zu unterschätzenden historischen Folgen immer im Schatten des Zweiten Weltkriegs. Damit steht Deutschland im auffälligen Gegensatz zu seinem Nachbarland Frankreich, wo der Erste Weltkrieg (»La Grande Guerre«) stets als der bedeutendere der beiden Weltkriege galt und dementsprechend die öffentliche Erinnerung an ihn deutlich ausgeprägter ist. Dennoch kann der aufmerksame Betrachter auch heute noch, 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs immer wieder auf einzelne Erinnerungsspuren an diesen Jahrhundertkrieg« (Jens Essen) stoßen. So sind hier zunächst die zahlreichen Kriegerdenkmäler auf den Friedhöfen oder öffentlichen Plätzen der Gemeinden und Städte zu nennen, die nach 1918 errichtet wurden und bei denen angesichts der ungeheuren Opferzahlen im Unterschied zu älteren Denkmälern sowohl das Motiv der Heldenehrung als auch des Totengedenkens anzutreffen sind. Überdies verdienen aber auch die vereinzelt anzutreffenden Denkmäler Beachtung, die der privaten Erinnerungskultur zuzuordnen sind und die
uns in Gestalt von Grabmälern, Wegkreuzen oder anderen Zeugnissen im öffentlichen Raum begegnen. Der Beitrag will ausgewählte öffentliche (Kriegerdenkmäler) und private Denkmäler (wie z. B. die Vogesenkapelle bei St. Peter oder einzelne Grabmäler oder Wegkreuze) an den Ersten Weltkrieg aus dem Gebiet des Dreisamtals und des angrenzenden Hochschwarzwalds sichtbar machen und ihre Geschichte freilegen. Anhand von ausgewählten Erinnerungsorten soll so in einem relativ eng umgrenzten geographischen Raum aufgezeigt werden, wie dieses weltgeschichtliche Ereignis in vergleichsweise unscheinbaren und häufig kaum mehr beachteten Zeugnissen unserer Lebenswelt seinen bleibenden Niederschlag gefunden hat. Der Aufsatz beabsichtigt auch einen Beitrag dazu zu leisten, den Blick der Leserinnen und Leser für solche noch immer anzutreffenden Denkmäler des Ersten Weltkriegs zu schärfen und sie im Jubiläumsjahr 2014 in neuer Weise wahrzunehmen.
Der Erste Weltkrieg bedeutete einen tiefen Einschnitt in die Entwicklung der Stadt Karlsruhe. Bald mussten Frauen die eingezogenen Soldaten in bis dahin typischen Männerberufen ersetzen. Kriegsgefangene wurden für landwirtschaftliche Arbeiten und bei der Lebensmittelverteilung eingesetzt. Die Stadt gab nun Lebensmittelmarken für Brot und Mehl aus, die Versorgungskrise erreichte 1917/18 ihren Höhepunkt. Dem Rohstoffmangel versuchte man durch Beschlagnahmungen von Metallgegenständen entgegenzuwirken. Schon bald nach Kriegsbeginn war Karlsruhe zur Lazarettstadt geworden. Die Zeitungen veröffentlichten zahlreiche Todesanzeigen und Verlustmeldungen. Über die Ereignisse an der Front wurde die Bevölkerung offiziell nur über von der Kriegspropaganda gesteuerte Nachrichten informiert. Bald erreichte der Krieg aber auch die Stadt direkt, denn die frontnahe Stadt wurde am 15. Juni 1915 erstmals Ziel eines schweren Luft angriff s. Im November 1918 hatte Karlsruhe 14 Luft angriff e mit 168 Toten hinter sich und war damit die deutsche Stadt mit den höchsten Verlusten in der Zivilbevölkerung. 5510 Karlsruher und Karlsruherinnen verloren in der Stadt und an der Front ihr Leben.
Im Rahmen des vom Dreiländermuseum in Lörrach initiierten "Netzwerks Museen" erinnert das Historische Museum der Pfalz in Speyer ab dem 29. Mai 2014 mit einem "Historischen Schlaglicht" innerhalb seiner Dauerausstellung an die 100. Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkrieges. Thema und Titel sind "1914–1918. Die Pfalz im Ersten Weltkrieg". Vielerlei historische Anknüpfungspunkte werden wiederentdeckt, die verschollen oder zumindest verschüttet waren. Zu diesen historischen Anknüpfungspunkten gehört die "Pfälzische Kriegssammlung", die während des Ersten Weltkrieges im Historischen Museum der Pfalz zusammengetragen wurde.
Mehr als andere Städte im Deutschen Kaiserreich lässt sich Freiburg im Ersten Weltkrieg aufgrund seiner Nähe zu den elsässischen Kriegsschauplätzen als "Frontstadt" bezeichnen. Was vielen nicht bekannt ist: Während des Ersten Weltkriegs erlebte die Bevölkerung die meisten Luftangriffe auf eine Stadt im gesamten Deutschen Reich. Diese werden im Rahmen einer Ausstellung im Museum für Stadtgeschichte von Juli bis Dezember 2014, neben dem Lazarettwesen, eines der Spezialthemen sein. Anhand verschiedener Objekte und Lebenserinnerungen wird dargestellt, wie sich die Bombardierungen, zusätzlich zu den "normalen" Kriegsbelastungen, auf den Alltag der städtischen Bevölkerung auswirkten; auch an die knapp 30 Opfer wird dabei erinnert.
Der "Neue[n] Badische[n] Landeszeitung" vom 8. Februar 1916 ist zu entnehmen, dass ein eiserner Hirsch "als Wahrzeichen des gegenwärtigen Krieges und des Opfersinnes der Einwohnerschaft" in St. Blasien aufgestellt worden sei. Dieser Beitrag will keine Kriegsschilderung sein, sondern an zwei kleinen, dem Leben einer überschaubaren Gemeinde entnommenen Beispielen Anfang und Ende des von manchen Historikern als "Urkatastrophe" bezeichneten Ersten Weltkriegs aufzeigen: Hier die genagelte Symbolik der Opferbereitschaft , aber erst recht der Leiden und Tragödien (Gefallene und Hinterbliebene, aber auch seelisch und körperlich verletzte Heimkehrer), da der schale Nachgeschmack des Endes und des Überlebens.
Betrachtet man die Geschichte des Breisgau-Geschichtsvereins „Schau-ins-Land" in der NS-Zeit, kommt man nicht umhin, auch die Geschichte der Gesellschaft für Beförderung der
Geschichtskunde - oder kurz Freiburger Geschichtsverein - zu behandeln. Denn traditionell wird
der heutige Verein als die Vereinigung des Breisgauvereins „Schau-ins-Land" mit der Gesellschaft
für Beförderung der Geschichtskunde gesehen. Die Umstände der Fusion lassen sich jedoch,
auch nach Durchsicht aller Unterlagen in den Vereinsnachlässen im Stadtarchiv Freiburg, nicht
vollständig klären. Es ist kein Dokument zu finden, welches den gewollten Zusammenschluss
beider Vereine belegt. So bleiben nur die Aussagen der Zeitzeugen Karl Siegfried Bader und
Berent Schwineköper, die von der Vereinigung berichten. Es steht anhand der Vereinsunterlagen
unzweifelhaft fest, dass sich 1947 zunächst nur der Breisgauverein „Schau-ins-Land" neu gründete. Die frühesten Schriftstücke mit dem heutigen Vereinsnamen Breisgau-Geschichtsverein
„Schau-ins-Land" datieren übrigens erst aus dem Jahr 1953. Unter den Mitgliedern 1947 waren
Namen vertreten, die auch in den Mitgliederlisten des Historischen Vereins zu finden sind, sodass
man von einer personellen Union sprechen kann.
Was die Entstehung Endingens anbetrifft, hat sich die Vorstellung durchgesetzt, dass auf der heutigen
Gemarkung drei alemannische und dann früh-mittelalterliche Siedlungen nebeneinander
bestanden haben. So steht es gleich mehrfach in der offiziellen Stadtgeschichte und im Archäologischen
Stadtkataster, ebenso in den Kreisbeschreibungen, so übernimmt es Michael Hoeper
in sein grundlegendes Werk zur alemannischen Besiedlungsgeschichte des Breisgaus und so
vertrat es zuletzt Heinz Krieg in seinem Jubiläumsvortrag.
Das nachfolgend abgedruckte, zeitgeschichtliche Gutachten wird zur Dokumentation der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Folgen im Bodenseeraum veröffentlicht. Es wurde am 5. Februar 2014 im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Insel Mainau der Öffentlichkeit übergeben.1 Das Gutachten unter dem
Titel »Lennart Bernadotte (1909–2004) während der Zeit des Nationalsozialismus und
in den unmittelbaren Nachkriegsjahren« wird hier in vollem Umfang abgedruckt. Zur
besseren Anschaulichkeit wurde es um Abbildungen aus dem Gräflich Bernadotte’schen
Familienarchiv und aus anderen Archiven ergänzt.
Die Ortenau. - 94 (2014)
(2014)
Allein im größeren Raum um Verdun existieren heute 29 deutsche Friedhöfe mit knapp 75 000 gefallenen Soldaten. Ihre Gräber tragen Kreuze mit Namen und Dienstgrad, unter ihnen die Gräber der deutschen Soldaten jüdischen Glaubens. Es sind
graue Granitstelen darunter mit dem Davidstern, Namen und Dienstgrad. In Frankreich und in anderen ehemaligen Kriegsländern Europas gibt es noch weitere, noch unfassbar viele solcher Friedhöfe, auf denen ein gewaltiges Totenheer bestattet ist, auch 12000 gefallene deutsche Juden liegen hier. Denn selbstverständlich haben sich auch die deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens am Kampf für ihr Vaterland beteiligt.
Veröffentlichungen zum Ersten Weltkrieg sind im „Erinnerungsjahr 1914" Legion. Die Lokalgeschichte zeichnet ein eigenes, detailliertes Bild, wie der Krieg über die kleinen Ortschaften unvermittelt hereinbrach und nahezu jeden Lebensbereich
grundlegend veränderte. Oberharmersbach, eine Gemeinde am Talschluss mit rund 2000 Einwohnern, war überwiegend landwirtschaftlich geprägt. In der fast ausschließlich katholischen Wählerschaft erzielte die Zentrumspartei Ergebnisse über der 90-%-Marke, Liberale und Sozialdemokraten landeten zu Kaisers Zeiten jeweils abgeschlagen bei wenigen Dutzend Stimmen. Verankert in einem damals heilen katholisch-christlichen Weltbild, lebte und erlebte die Bevölkerung ihren Alltag. Die Arbeit auf dem Feld, im Wald oder in der Werkstatt bestimmte den Tages- und Jahresablauf, unterbrochen durch kirchliche Feiertage, Feste im Familienkreis, Kaisers Geburtstag oder auch das eine oder andere größere Ereignis, wie die Einweihung der Harmersbachtalbahn im Dezember 1904.
Im Sommer 2014 jährt sich der Ausbruch des
Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Durch diesen
Krieg kamen 17 Millionen Menschen ums Leben
und er führte zu einem unfassbaren Ausmaß an
Elend und Verwüstung in weiten Teilen Europas.
Obwohl Villingen von den direkten Kriegsereignissen des Ersten Weltkrieges weitgehend
verschont blieb, hatte dieser dennoch Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen in
der Stadt. So kam es schon 1915 zu Versorgungsengpässen und die ersten Rohstoffsammlungen
wurden durchgeführt. Die Brotkarte wurde eingeführt, Öl, Fett, Zucker, Eier, Heiz- und Brennstoffe wurden knapp und mussten rationiert, gestreckt
oder ersetzt werden.
Schon bald nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden in Villingen französische und russische Kriegsgefangene interniert, später kamen
dann auch britische und amerikanische Inhaftierte
dazu. Das Kriegsgefangenenlager befand sich auf
dem Gebiet des heutigen Welvert. Den Gefangenen
ging es, was die Versorgung mit Lebensmitteln
anging, wesentlich besser als der Villinger Bevölkerung. Auch durften gefangene Offiziere zusammen
mit dem Wachpersonal Ausflüge in der Umgebung
des Lagers machen und obwohl die Kontaktaufnahme zur Villinger Bevölkerung strengstens
untersagt war, suchten die Offiziere das Gespräch
mit Schülern.
Villingen – einst und heute
(2014)
Die Vöhrenbacher Straße
Die Vöhrenbacher Straße führt auf kürzestem
Weg vom Riettor durch den Neuhäuslewald nach
Vöhrenbach.
Baumumsäumt zeigt sie sich an der ehemaligen
Gaststätte „Engel” und auf der linken Straßenseite
ab der damaligen Fahrradhandlung „Villing”. Der
Gaststätte Engel, beliebt auch als Vereinslokal
mit großem Theatersaal (spätere Jahnturnhalle),
folgte die Maschinenfabrik „Hollerith” bis Ende
der 1920er Jahre. Hier in dieses Gebäude sollte
einst beim Bau der Schwarzwaldbahn der Villinger
Bahnhof einziehen, doch man legte den Schienenverlauf
links parallel der Brigach an. Geblieben ist im Volksmund aber die Gebietsbezeichnung „Am
Westbahnhof ”.
Die linke Häuserzeile wurde bis zum Holzbau
„Flöss” erneuert. Die ehemals dort befindlichen
Wohn- und Geschäftshäuser mussten zunächst
dem Neubau der Landeszentralbank-Filiale weichen.
Zwischen 1914 und 1918 legten Bibliotheken,
Archive, Museen und Privatpersonen überall im
Deutschen Reich Weltkriegssammlungen an, in
denen der Erste Weltkrieg als „große Zeitenwende“
akribisch dokumentiert wurde. Den Zeitgenossen
war wohl bewusst, dass sie den
ersten Medienkrieg der Geschichte miterlebten. Nie zuvor hatte die Publizistik eine
vergleichbare Rolle gespielt, nie zuvor die
Propaganda so entscheidenden Einfluss
gehabt. Und dieses Material wurde umfassend gesammelt.
Auch die Badische Landesbibliothek baute damals eine
Weltkriegssammlung auf, in der sie eine Vielzahl von
Feld-, Lazarett- und Lagerzeitungen, Besatzungs- und
Auslandszeitungen und andere Druckerzeugnisse versammelte.
Die Kriegszeitungen waren unter der Sammelsignatur
*Aa 61.2° geschlossen abgelegt. Auch die
zahlreichen Auswahl- und Erinnerungsbände, die die deutsche Feldpresse in den
Frontgebieten herausgab, waren fast alle vorhanden.
In der Nacht zum 3. September 1942 wurde die
Badische Landesbibliothek am Friedrichsplatz durch
Brandbomben vollständig zerstört. Sie verlor insgesamt
98% ihres Bestandes (367.000 Bände),
darunter sämtliche Materialien der Weltkriegssammlung.
Nur der Katalog blieb erhalten und
belegt, wie reichhaltig die Sammlung einmal gewesen ist.
Die Nachricht von der Mobilmachung löste in Heidelberg Bestürzung aus: Am 30. Juli 1914 drängten sich die Menschen um die Litfaßsäulen, in den Lebensmittelgeschäften kauften Hausfrauen die Vorräte auf, und vor der städtischen Sparkasse erwarteten aufgeregte Kunden die Auszahlung ihres Ersparten. Wie ein Lauffeuer habe sich die Meldung von der „Mobilisation“ verbreitet, berichteten die „Heidelberger Neuesten Nachrichten“: „Dieses Wort wirkte wie ein Schuß. Man sah, wie Viele vor Schreck erbleichten und vor nervöser Angst erzitterten, hörte die Entsetzensschreie und die laute Verzweiflung von Frauen, war Zeuge von Weinkrämpfen, und der Menschheit ganzer Jammer lud jeden zum Zeugen, der noch ruhig genug war, auf dieser bewegten Szene Zuschauer zu sein. Auf der Hauptstraße rannten die Menschen wild durcheinander.“ Kaum ein Zeitungsbericht dieser Tage schildert so mitteilsam die ängstlichen bis verzweifelten Reaktionen auf den Beginn des Ersten Weltkriegs, stehen doch sonst kollektiver Jubel und patriotische Begeisterungsstürme im Vordergrund. Allein: Der Artikel beschreibt gar nicht die Wirkung der eigentlichen Mobilmachungsnachricht –
die erfolgte nämlich erst am 1. August –, sondern die einer Falschmeldung zwei Tage zuvor. Die Journalisten des „Heidelberger Tageblattes“ waren einer Fehlinformation gefolgt und hatten rasch ein Extrablatt drucken lassen, das eilends in der ganzen Stadt verteilt wurde und jene oben geschilderte Bestürzung auslöste. Wenn nun nach der Verkündung des tatsächlichen Mobilmachungsbefehls in den „Heidelberger Neuesten
Nachrichten“ behauptet wurde, die Bevölkerung habe mit „Ruhe und Entschlossenheit“ auf „dies[e] grandios[e] Tatsache“ reagiert und Angst und Panik keine Erwähnung mehr finden, dann weckt dieser Widerspruch die Aufmerksamkeit des Historikers.
Wer aufmerksam die Gräberreihen auf dem „Ehrenfriedhof“ der Stadt Heidelberg entlang geht, wird linkerhand in den ersten Reihen auf 18 Grabkreuze mit russischen Namen stoßen. Soldatengräber aus dem Ersten Weltkrieg. Offenbar in Heidelberg verstorbene, russische Kriegsgefangene. Diese Beobachtung wirft Fragen auf. Wie ist die Anwesenheit dieser russischen Soldaten in Heidelberg fernab der Ostfront zu erklären? Was wissen wir über sie, ihre Herkunft und ihren Aufenthalt, vermutlich als Kriegsgefangene (KGF) in Heidelberg? In Lagern und Lazaretten? Und warum überhaupt befinden sich Gräber mit russischen Soldaten auf einem Soldatenfriedhof, der 1933/1934 von der Stadt Heidelberg als monumentale Gedenkstätte für die deutschen Kriegsgefallenen errichtet und in einer schauerlich-pathetischen Zeremonie am 28. Oktober 1934 „eingeweiht“ wurde? Darüber hinaus wollen wir zusammentragen, was zu den Kriegsgefangenenlagern in Heidelberg inzwischen zu ermitteln war.
Das erste große Interesse an der Heidelberger Schlossruine spiegelt sich Anfang des 19. Jahrhunderts in den nationalen und internationalen Protesten gegen den bereits verfügten Abriss der Ruine wider. Ende des 19. Jahrhunderts tobte ein Streit um den Wiederaufbau der Schlossruine, bei dem der moderne auf Erhaltung der Ruine zielende Denkmalschutz entstand. Damit verbunden war der Beginn erster wissenschaftlicher Beschäftigung mit dem Schloss durch Adolf von Oechelhäuser 1887, Bezirksbaudirektor Julius Koch und Architekt Fritz Seitz 1891, Gymnasialprofessor Karl Pfaff 1897, Baudirektor Josef Durm 1903: Die zu dem Ergebnis kam, die historische Quellenlage insbesondere, was die erste Heidelberger Burganlage betrifft, ist ausreichend uneindeutig. Einzig der Baubefund als solcher biete nach Koch und Seitz die Möglichkeit Fragen zu beantworten. So wurde erstmals die Ruine selbst als Primärquelle aufgefasst. Die Quellenlage, wie sie sich uns heute zeigt, besagt auch, dass man sich dabei vor allem auf die Ruine selbst beschränkte; was außerhalb der Ringmauer war, blieb im wahrsten Sinne des Wortes außen vor, weil die zusätzlichen Kosten der Bearbeitung durch Koch und Seitz nicht zu finanzieren waren. Insbesondere die Südwestecke ist ein relativ unbeschriebenes Blatt. Eine Erklärung dafür mag sein, dass der Zugang zum Schloss seit Jahrhunderten von Osten bzw. Süden erschlossen war.
Heute scheint diese Freude vergangen zu sein, denn Bismarck steht im wahrsten Sinne des Wortes abseits der Aufmerksamkeit der Touristen und auch der Heidelberger selbst: Die Büste befindet sich zwar weiterhin an ihrem ursprünglichen Platz, aber nunmehr am Rande des Knotenpunktes Bismarckplatz. Die Bismarcksäule ist selbst im Winter nur noch von wenigen Stellen der Stadt aus zu erahnen, früher war sie von weitem sichtbar. Dass Bismarck Ehrenbürger Heidelbergs war, dürfte den Wenigsten bekannt sein, ebenso wie die Gründe für die Benennung des Bismarckplatzes. Dies soll die vorliegende Arbeit ändern und einen Überblick bieten über die verschiedenen Ehrungen, die Bismarck aus Heidelberg zuteil wurden. Freilich war die Bismarckverehrung keine Heidelberger Besonderheit, sondern ein Massenphänomen. So wurde Bismarck allein an seinem 80. Geburtstag 1895 von hunderten deutschen Städten zum Ehrenbürger ernannt, auch befanden sich überall im Deutschen Reich Bismarckplätze und -straßen, -denkmäler sowie -säulen und -türme.
"Treu zu Kaiser und Reich"
(2014)
„Kaisers Geburtstag. Die Glocken läuten, Fanfaren schmettern, Böller werden gelöst und am Vorabend zieht ein Zapfenstreich durch die Straßen der Stadt. Festtafeln werden aufgestellt, Reden und Lieder steigen, während die Schüsseln von Gast zu Gast wandern und die Gläser gefüllt und geleert werden. An den Giebeln wehen Fahnen in den Landes- und Reichsfarben und das Leben der Stadt besinnt sich auf die allgemeine Feierstunde. Dieser eine Tag im Jahre, an dem der Kaiser seinen Geburtstag begeht, versammelt die Reichsfreunde in engeren und weitergefaßten Zirkeln; und der Tag, der längst seine traditionellen Formen gewonnen hat, bietet nicht bloß wortgewandten Rednern Gelegenheit zu rhetorischen Leistungen, sie ist dem Besonnenen und stiller Gearteten ein Tag, dazu geschaffen, um in der Stunde des Festrausches die Resultate einer Jahresarbeit ernst zu prüfen.“ So der Leitartikel vom 27. Januar 1914 in den „Heidelberger Neuesten Nachrichten“, die den Nationalliberalen nahestanden, zu den hiesigen Feiern am Geburtstag Kaiser Wilhelms II. Schon die Vorschau auf das Festprogramm lässt es lohnend erscheinen, die Gestaltung der nationalen Feiertage unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg zu untersuchen. Welche Ereignisse werden in Heidelberg in den Jahren 1912–1914 festlich begangen? Wer organisiert die Feiern, welche Bevölkerungsschichten nehmen daran teil, welche bleiben ausgeschlossen? In welchen Ritualen wird das Gedenken
inszeniert? Wie wird das Ereignis in Reden, Liedern und Gedichten interpretiert und bewertet? Mit welchen Absichten werden die Feiern veranstaltet? Mobilisieren sie die Bevölkerung für den möglichen Kriegsfall?
Einhundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist die Auseinandersetzung über seine Verursacher mit Vehemenz neu entbrannt. Vor fünfzig Jahren wurde kontrovers über die These des Hamburger Historikers Fritz Fischer diskutiert, der von einer Hauptkriegsschuld der deutschen Staats- und Militärführung ausging. Seine Sicht setzte sich in den folgenden Jahren der deutschsen Zweistaatlichkeit durch, bis zu diesem aktuellen 100jährigen Jubiläum Darstellungen bekannter Historiker populär wurden, welche die Rolle der deutschen Außenpolitik relativieren. Die europäischen
Staaten seien nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo wie Schlafwandler aus der Dynamik der Julikrise in das Inferno getaumelt. Historiker, die auf die aggressiven Kriegsvorbereitungen in Deutschland verweisen, werden zunehmend schroff kritisiert; sie würden die Quellen der ‚Kriegsgegner‘ nicht kennen. Dem Deutschen Reich habe, eingezwängt zwischen den Bündnissen der Entente, nur der Weg in die Konfrontation offen gestanden. Es ist der Stand der Geschichtsschreibung der 1950er Jahre, der die öffentliche Meinung über den Kriegsausbruch 1914 allmählich zurückerobert. Vor allem sozialhistorische Aspekte treten in der aktuellen Debatte in den Hintergrund. Dieser Beitrag stützt sich auf ausgewählte Archivalien aus dem Heidelberger Stadtarchiv und aus dem Universitätsarchiv sowie auf zeitgenössische Zeitungsberichte. Aus gedruckten Quellen ergibt sich ein nur lückenhaftes Bild vom Heidelberger Alltag in der Zeit des Krieges.
Nach der Kaiserproklamation in Versailles und der vollzogenen Reichsgründung waren die meisten Deutschen im nationalen Überschwang und voller Begeisterung. In den süddeutschen Staaten herrschte allerdings anfänglich Skepsis und Zurückhaltung, weil man gegenüber den Preußen Aversionen und Animositäten empfand. Ob es in Lahr auch so war, lässt sich nicht belegen. Lediglich die Tatsache, dass in der Stadt erst relativ spät, im September 1873, ein Erinnerungsdenkmal eingeweiht wurde, lässt etwas Zurückhaltung erahnen. Die erste große Gelegenheit, in Lahr die Reichsgründung zu feiern, bot Kaisers Geburtstag am 22. März 1871. Am Vorabend und am Geburtstag selbst wurde ein vom Festkomitee entworfenes großes Programm abgewickelt (siehe Abb. 2). Erwähnt sei hier nur, dass die Schuljugend ein von der Firma Kaufmann gedrucktes Gedenkblatt erhielt und die „Spitaliten“ im Spital festlich bewirtet wurden.
Liebesgaben und Transport
(2014)
An der Front verletzte Soldaten wurden entweder im Feldlazarett behandelt, oder aber zu Krankensammelstellen gebracht, die hinter der Front eingerichtet wurden, wobei die Sammelstellen an einem provisorischen Bahnhof liegen sollten. Nach einer ersten und oft flüchtigen ärztlichen Untersuchung wurde entschieden, wo die Soldaten weiter behandelt werden sollten. Die Verwundeten, die in die heimatlichen Lazarette verbracht wurden, wurden von den Bahnhöfen mit z.T. für den Krankentransport umgebauten Zügen in die Heimat transportiert. Die Züge fuhren mit Versorgungsmaterial und neuen Truppen in die Nähe der Front, wurden entladen und dann mit den Verwundeten beladen. Die Transportabteilung musste gelegentlich sehr vehement auftreten, damit man ihr die benötigten Züge und Hilfsgüter zu Verfügung stellte. In Heidelberg existierte ein Straßenbahnnetz, mit dem viele Lazarette erreichbar waren. Die Lazarettzüge kamen am Heidelberger Güterbahnhof an. Dort wurden sie vom Roten Kreuz erwartet, das am Bahnhof eine Verbands- und Erfrischungsstelle eingerichtet hatte. Zunächst wurden die verletzten Soldaten in Fuhrwerken zu den Lazaretten transportiert, was problematisch und für die Soldaten schmerzhaft war. Daher wurde vom Güterbahnhof über die Czernybrücke und Bergheimer Straße ein provisorisches Gleis gelegt, über das die Soldaten dann direkt vom Bahnhof mit der elektrischen Straßenbahn zu den für sie vorgesehenen Lazaretten gebracht wurden.
Wer [...] an den großen Bekenntnissynoden [...] teilgenommen hat, wird niemals wieder den tiefen Eindruck dieser Tage vergessen. Vor allem nicht den der Synode von Barmen [...]. Die klare, ja, freudige Entschlossenheit der Versammelten [… !]
Und die große öffentliche Schlusskundgebung im Freien: Wie da das Kirchenvolk zu Zehntausenden zusammenströmte aus dem ganzen bergisch-märkischen Lande! Mit der Bahn, auf Fahrrädern, mit Omnibussen, Bauernwagen, Fahrzeugen jeder nur denkbaren Art. Bergleute, Bauern, Bürger, Industriearbeiter, Gebildete und Ungebildete – alles vereint im Drang des Bekennens und im offenen, lauten Gebet um die Freiheit des Glaubens. So schildert der Freiburger Historiker Gerhard Ritter im Rückblick jene erste Bekenntnissynode, die vom 29. bis 31. Mai 1934 in der Evangelischen Kirche von Barmen-Gemarke (Wuppertal) stattgefunden hat. Ein wenig klingt es wie „Kirchentag“, und man wundert sich auch nach 80 Jahren noch: Was muss das für ein Ereignis gewesen sein? Dieser Frage werden wir in drei Schritten nachgehen. Im Anschluss an die Bewertung der Synode durch Gerhard Ritter informieren wir uns zunächst über die badische Barmen-Delegation. Wir befassen uns mit dem Auslöser der Barmer Theologischen Erklärung, den kirchenpolitischen Zielen der sog. Glaubensbewegung Deutsche Christen und mit ihrem politisch-theologischen Hintergrund. Schwerpunkte bilden
dabei die Propagierung des „Arierparagraphen“, die Sportpalastveranstaltung und die wichtigsten jener Maßnahmen, die auf die sog. Gleichschaltung der Evangelischen Kirche zielten.
Der offizielle Hurrapatriotismus des Kaiserreichs und die fast einhellige Kriegsbegeisterung im städtischen Bildungsbürgertum, anfängliche Siegesmeldungen von der Front, bald aber auch Nachrichten von vielen Verwundeten und Gefallenen versetzten die Pfarrer in den Heimatgemeinden bereits vom August 1914 an unter einen besonderen Erwartungsdruck ihrer Gemeindeglieder. Die Kriegsstimmung musste aufgenommen werden; bei den meisten Predigern geschah es bis zuletzt mit überzeugtem Nationalismus. Andererseits galt es, Verantwortungsträger zu ermutigen und Leidtragende zu trösten sowie eine Deutung des Geschehens und Weisung zu geben. Die Predigten waren somit meist weniger Bibeltextauslegungen als Thema- oder Mottopredigten, eben „Zeitpredigten“ (Ernst Lehmann). Die älteren Pfarrer an der „Heimatfront“ wurden, trotz immer wieder neuer Mobilmachungsaktionen, durchweg als unabkömmlich eingestuft, jedoch neben ihrem eigentlichen Gemeindedienst als Garnison- oder Lazarettpfarrer eingesetzt. Ihre Kriegspredigten und Kriegsandachten ließen sie oft drucken, damit sie auch ihren Gemeindegliedern im Felde zugesandt werden konnten oder um mit dem Verkaufserlös Hilfsmaßnahmen zu unterstützen.
Der Autor befasst sich mit der Frage, was Verlust der Heimat bedeutet, insbesondere auch im
Zusammenhang mit der Verfolgung unserer jüdischen Mitbürger zur Zeit des Nationalsozialismus.
Er zeigt anhand von Beispielen aus Bruchsal, wie derer gedacht werden kann und
muss, denen ihre Heimat genommen wurde.
Am 1. Dezember 1503 verstarb Herzog Georg von Bayern-Landshut in Ingolstadt ohne männliche Nachkommen hinterlassen zu haben. Der Tod des Fürsten war ein Ereignis, das heftige Betriebsamkeit auf der diplomatischen Bühne auslöste. Unter Vermittlung Kaiser Maximilians I. wurden Bemühungen zur Schlichtung zwischen den Herzögen von Bayern-München und den Pfalzgrafen bei Rhein unternommen, da beide Anspruch auf das Landshuter Erbe erhoben. Argumentativ war Albrecht IV., das Oberhaupt der Münchener Linie, zweifellos im Vorteil. Er konnte sich auf eine Vielzahl von Urkunden, hier besonders prominent auf die Teilungsurkunde von 1392, sowie auf die agnatische Verbindung zu Herzog Georg berufen. Die Pfälzer hingegen bauten ihre Argumentation
darauf auf, dass die Tochter des Verstorbenen, Elisabeth, den Sohn Kurfürst Philipps, Ruprecht, geheiratet hatte. Bereits 1496 hatte Herzog Georg in seinem Testament die Hochzeit mit einem Sohn des Kurfürsten bestimmt und – gegen die Regelungen in der Teilungsurkunde – festgelegt, dass das Landshuter Erbe durch die weibliche Erbfolge an die pfälzischen Wittelsbacher fallen sollte. In den letzten Jahren vor seinem Tod war der Herzog vor allem darum bemüht gewesen, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das Fürstentum nach seinem Ableben über Elisabeth an die kurpfälzische Linie des Hauses kam.
Nach der Auflösung der Heil- und Pflegeanstalt in der Illenau bei Achern 1940 wurden nach und nach drei nationalsozialistische Internatsschulen dort eingerichtet. Zuerst wurde im November 1940 eine Reichsschule für Volksdeutsche geschaffen, für Kinder von sogenannten Optanten aus Südtirol, die für Deutschland bzw. das angeschlossene Österreich optiert hatten und umsiedeln wollten, nachdem Hitler gegenüber Mussolini auf die Rückgabe von Südtirol verzichtet hatte. In die Illenau kamen die Mädchen, während für die Südtiroler Jungen eine solche Reichsschule in der noch 1939 von den Franzosen geräumten Heil- und Pflegeanstalt Rufach im besetzten Elsass eingerichtet wurde. Die Schule in der Illenau führte ab Herbst 1943 die Bezeichnung Deutsche Heimschule. Die Leitung hatte die Studienrätin Klara Keit.
Das Häuflein Neonazis, das ca. zweimal jährlich Sinsheim heimsucht, beruft sich auf Sinsheim als eine „Stadt der Bewegung." Und bis zur Auflösung des Kreises wurde das Autokennzeichen SNH von Auswärtigen spöttisch mit „Sehnsucht nach Hitler" übersetzt. Aber waren Stadt und Amtsbezirk Sinsheim wirklich eine frühe und besonders starke Hochburg der Nationalsozialisten? Für die Zeit der Weimarer Republik und danach liegen über den Raum Sinsheim im Gegensatz zu den umliegenden Städten und fast allen Nachbargebieten nur sehr wenige Veröffentlichungen vor. Zwar gibt es für 39 der 45 Orte Ortschroniken, aber die Zwanziger Jahre und die anschließende NS-Zeit finden darin mit wenigen Ausnahmen nur summarisch Erwähnung als Notzeit nach Krieg und Weltwirtschaftskrise, sowie Ehrentafel der Gefallenen und Vermissten, allenfalls werden noch ein paar Wahlergebnisse angeführt.
In Adolf Gecks „Kriegsbildern" im Offenburger Tageblatt aus dem zweiten Kriegsjahr des Ersten Weltkriegs findet sich auch der Bericht eines Klassenkameraden über den unerwarteten Tod seines Anfang 1915 gefallenen Freundes Schorsch. Darin beschwört er die gemeinsame Schulzeit am Gymnasium und schließt mit den Worten: ,,0 Tod, das hast Du schlecht gemacht,
der solche Kraft gering geacht." R. H. Der inhaltsreiche Nachruf mit seinen detaillierten Angaben wurde Anlass zu vertieften Nachforschungen über das Schicksal hinter den beiden unbekannten Namen, deren Ergebnisse hier vorgelegt werden. Sie stehen in der Mitte dieser alphabethisch gegliederten Untersuchung und haben, trotz der inzwischen 100 vergangenen Jahre, viel Quellenmaterial ans Tageslicht gebracht. Diese Abhandlung trennt die Darstellungen zweier Freundesschicksale am Anfang, bei denen ein Freund überleben konnte, von den beiden am Schluss, bei denen beide Freunde gefallen sind.
Mauer im Jahr 1820
(2015)
Für die Zeitschrift „Palaeos", die der Verein „Homo heidelbergensis von Mauer
e.V." in unregelmäßigen Abständen herausgibt', recherchierte ich 2014 hauptsächlich
im Generallandesarchiv Karlsruhe für einen Beitrag über die Geschichte der
Sandgrube, in der im Jahre 1907 der Unterkiefer des Homo heidelbergensis gefunden
worden war. Heinz Roth, Archivar der Gemeinde Mauer, machte mich darauf aufmerksam, dass im
Archiv des Rathauses in
Mauer die alten „Beilagen"
der Gemeinde-Rechnung
Mauer vorhanden
sind. Gemeinsam
sichteten wir die in
Halbleder gebundenen
Unterlagen (Abb. 1) und
ordneten sie chronologisch.
Bis auf einen Band
waren alle von 1820 bis
1908 in relativ gutem
Zustand erhalten. Deshalb
dehnte ich die Recherchen
zum Sand und
zum Sandabbau in Mauer
auf die Beilagen aus.
Die Weimarer Zeit ist oft ein Stiefkind der Ortsgeschichte. Das mag damit zusammenhängen, dass es Experimente mit „Arbeiter- und Soldatenräten" in kleineren Ortschaften nicht gab und Deutschland damals stärker zentralisiert wurde, als je zuvor. Trotzdem ist auch in der Weimarer Zeit eine Zusammenschau lokaler und überregionaler Ereignisse lohnenswert: Die lokalen Ereignisse werden vor dem Hintergrund größerer Zusammenhänge besser verstehbar und die Ortsgeschichte kann ihrerseits konkretisieren, warum die Weimarer Republik mit Problemen kämpfte. Der vorliegende Beitrag nähert sich der Geschichte Rappenaus und seiner Umgebung in der Weimarer Zeit anhand von zeitgenössischen Presseartikeln. Berücksichtigt wurde vor allem der liberale „Landbote" aus Sinsheim und das SPD-Blatt „Volkszeitung", das in besonderer Weise zeigt, wie die Ortsgeschichte in die große politische Geschichte eingebunden ist. Wegen der damaligen gesellschaftlichen Gegensätze besaßen allerdings auch Katholiken (mit dem „Pfälzer Boten"), Konservative (mit den „Heidelberger Neuesten Nachrichten"), und Nationalsozialisten (mit der „Volksgemeinschaft") eigene nordbadische Regionalzeitungen, die in der Karlsruher Landesbibliothek eingesehen werden können und hier nur vereinzelt zitiert werden.
Der Deutsche Städtetag bietet eine Übersicht an, die laufend aktualisiert wird und in der für 2015 19 Städte genannt sind, die in diesem Jahr ein Stadtjubiläum feiern. Angeführt wird diese von Bitburg, das auf eine 1300-jährige Geschichte zurückblicken kann. Die am 17. Juni 1715 gegründete Stadt Karlsruhe kann da altersmäßig natürlich nicht mithalten und nur das vor 150 Jahren zur württembergischen Stadt Weingarten erhobene vormalige Altdorf verhindert, dass Karlsruhe in dieser Liste auf dem letzten Platz steht. Trotz seines jugendlichen Alters hat Karlsruhe aber schon eine, wenn auch – vor allem wegen des Jubiläumsjahrs 1915 – nicht ungetrübte Tradition von Stadtjubiläen aufzuweisen. Im Folgenden soll diese Tradition vor allem
unter dem Aspekt des Ertrags für die Stadtgeschichtsschreibung und des jeweiligen Beitrags des Stadtarchivs vorgestellt
werden.
Heinrich Hansjakob (1837–1916) gehört mit seinen 74 Werken bis heute zu den bekanntesten
Schriftstellern Badens. Der Autor von »Bauernblut« und »Erzbauern« wurde von den
Nationalsozialisten vereinnahmt und seine Bücher als »Blut- und Boden-Literatur» verfälscht.
Manfred Hildenbrand untersucht die Hintergründe dieser Fehlinterpretation.
Baden - Tag für Tag
(2015)
Das 2006 erschienene „Badische Kalendarium", welches von Heinrich Hauß und meinem
Vorgänger Adolf Schmid herausgegeben wurde, war bereits eine wichtige „badische
Fundgrube" und ein großer Erfolg. Ich bin dem Chefredakteur der Badischen Heimat,
Heinrich Hauß, außerordentlich dankbar, dass er meiner Anregung zu einer umfassenden
Neubearbeitung gefolgt ist.
Das nun vorliegende Buch ist wahrhaft ein 11 großer Wurf" geworden. Die hier vorliegende
chronologische Zusammenstellung der badischen Geschichte und bedeutender Persönlichkeiten
ist in dieser Form einmalig. Man findet hier viele Informationen, die es im Internet
entweder gar nicht gibt oder nur sehr schwer zu finden sind. Das Buch erlaubt, auf ganz
einfache Weise nachzuschlagen, was sich an einem bestimmten Tag ereignet hat, oder nachzuschauen,
welche Gedenktage es in einem bestimmten Jahr zu feiern gilt.
Das Buch ist in vier Teile aufgeteilt: Im Kalendarium kann man zur schnellen Orientierung
feststellen, was sich an einem bestimmten Tag ereignet hat. Im zweiten Abschnitt des Kalendariums
finden sich - ebenfalls nach Tagen geordnet- Kurzbiographien bedeutender
Persönlichkeiten und ausführliche Erläuterungen zu bestimmten Ereignissen. Der dritte Teil,
die Chronologie, erlaubt es, gezielt nach Jubiläen Ausschau zu halten. Das Personenregister
erschließt das ganze Buch - es werden hier nicht nur Geburts- und Sterbedaten aufgeführt,
sondern auch andere Termine, an denen diese Person beteiligt war.
Das Fürstlich Fürsten bergische Archiv in Donaueschingen ist eine bedeutende Quelle zur Geschichte des Kinzigtales, da
Teile dieser Landschaft einst zum Fürstenbergischen Hause gehört hatten. So finden sich in Donaueschingen viele amtliche Dokumente, Archivalien und Urkunden, die - vor allem, was die ältere Geschichte betrifft - sorgfältig ediert in Urkundenbüchern und Findbüchern erschlossen sind. Doch nicht alles ist publiziert und so kann man gelegentlich Zufallsfunde machen, wie die im Folgenden vorgestellte Korrespondenz des Fürsten Friedrich Rudolph von Fürstenberg mit seinem Amtmann in Haslach, Simon Fink. Das Besondere an diesen Schreiben: Sie sind partiell in Geheimschrift geschrieben, die der Empfänger Fink entschlüsseln musste. Das tat er, indem er den entsprechenden Buchstaben unter die Chiffre geschrieben hat, sodass man sich auch als heutiger Leser keine große Mühe mit dem Entziffern machen muss. Der derart entschlüsselte Satz lässt sich problemlos lesen, der Geheimcode des Fürsten ist geknackt.
Als am 6. September 1950 die 32 Abgeordneten des Sinsheimer Kreistages den Bürgermeister von Mühlacker, Dr. Paul Herrmann, im zweiten Wahlgang mit 17 zu 15 Stimmen zum neuen Landrat wählten,2 glaubten nur wenige Kreiseinwohner, dass der 36-jährige Volkswirt, der sich überraschend gegen die favorisierten Mitbewerber Carl Dornes und den amtierenden kommissarischen Landrat Walther Reidel durchgesetzt hatte, dem Landkreis Sinsheim die nächsten 22 Jahre ununterbrochen vorstehen sollte. Diese Vermutung wird indirekt durch eine - freilich nicht repräsentative - Meinungsumfrage in der Elsenzstadt bestätigt, die die „Rhein-Neckar-Zeitung fünf Tage nach der Wahl Herrmanns veröffentlichte. Wenngleich einige der Befragten hofften, dass es mit dem neuen Landrat nun endlich aufwärts gehe, so überwog jedoch bei der Mehrzahl große Skepsis.
Im Jahre 1920 gründeten heimat- und geschichtsbewusste Männer und Frauen aus Bruchsal
und Umgebung die, wie man damals noch sagte, »Ortsgruppe Badische Heimat Bruchsal«. Der
Beitrag des heutigen Vorsitzenden Jörg Teuschl gibt einen Überblick über die geschichtliche
Entwicklung der jetzigen Regionalgruppe.
Am Sonntag, 23. März 2014, um 17 Uhr fiel der Startschuss zur 750-Jahr-Feier der Gemeinde Altschweier (Bühl). Vor mehr als 500 Jahren, im Jahre 1514, versuchte der „Gugelbastian" im Bühler Amt, wozu auch Altschweier gehörte, einen Aufstand
anzuzetteln. Grund genug, mithilfe einiger Dokumente die damaligen Verhältnisse erneut unter die Lupe zu nehmen, zumal eine Bastian-Gugel-Statue auf den Anführer hinweisen soll. Der Aufstand, der sich im Bühler Amt im Jahre 1514 abspielte, ist schon vielfach behandelt worden. Die Autorennamen reichen von Heinrich Schreiber, 1824, über Albert Rosenkranz, Karl Reinfried, zahlreichen Zeitungsartikeln bis hin zu Michael Rumpf, um nur einige zu nennen. Trotzdem bleiben viele Fragen offen. Einige, wenn auch auf den ersten Blick z. T. nebensächliche Aspekte, sollen im Folgenden angesprochen werden.
Jubiläen bieten willkommene Anlässe, sich auf die Historie zu besinnen. Während 2014 vielerorts der Erste Weltkrieg das beherrschende Thema war, stand das Jahr in
Konstanz überwiegend im Zeichen des Konziljubiläums. Noch bis 2018 wird man sich
verstärkt mit der größten Kirchenversammlung des Mittelalters auseinandersetzen – ein
Gedenk-Unterfangen, dem mehrjährige Planungen vorausgingen. Eine von vielen Ideen
war es, im Jahr 2017 ein »Belehnungsfest« zu feiern, 600 Jahre nachdem König Sigismund auf dem Obermarkt dem Hohenzollern Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg,
förmlich die Herrschaft über Brandenburg übertragen hatte. Das am Platz gelegene Haus
Zum hohen Hafen erinnert noch heute mit seiner historistischen Fassadenmalerei an das
Ereignis. Streng genommen hatte Sigismund bereits im April 1415 Friedrich unter gewissen Einschränkungen zum Markgrafen und Kurfürsten erhoben, was also als Vorwand
für diesen Beitrag zum jetzigen Zeitpunkt dienen könnte. Es lohnt sich aber unabhängig
davon, das Thema Preußen und Konstanz einmal näher zu betrachten.
Obwohl durch die Haager Landgerichtsordnung von 1907 Angriffe auf unbefestigte Orte und Städte geächtet waren, wurden bald nach Kriegsbeginn 1914 auch unverteidigte Städte aus der Luft angegriffen. Aufgrund der räumlichen Nähe zur Westfront wurden auf deutscher Seite vor allem die südwestdeutschen Großstädte Mannheim, Karlsruhe und Freiburg Opfer von französischen und britischen Luftangriffen. Erste Versuche, weiter entfernt gelegene Rüstungsfabriken zu treffen, führten zu Flügen über den Schwarzwald nach Friedrichshafen, Rottweil und Oberndorf. Diese drei Städte wurden im Laufe des Krieges mehrfach gezielt angegriffen, während andere Orte eher zufällig getroffen wurden. Nach einem Überblick über den Stand der Luftrüstung zu Beginn des Krieges werden im Folgenden zunächst die Angriffe auf die Rüstungsbetriebe dargestellt und
anschließend die eher zufälligen Bombenabwürfe auf weitere Städte und Dörfer der Region aufgeführt.
Es war im Februar 1945. Mein Mann war schon im Dezember 44 zu den nach Hinterzarten
ausquartierten beiden Töchtern gegangen, weil die Gestapo ihn zum Schippen einziehen wollte.
Ich ging nicht mit, ich hätte ihn gefährden können. Außerdem musste jemand in der Wohnung
bleiben, um die Post auf Umwegen nachzuschicken und etwaige Recherchen abzufangen. Auch
musste ich den Kanarienvogel, der etwas krank war, versorgen. In Hinterzarten waren die Zimmer nur mit einem elektr. Öfchen notdürftig heizbar (zu kalt für den Vogel) [...]. So beginnt der Bericht über ein persönlich erlebtes, dramatisches Ereignis gegen Ende
des Krieges. Der Verfasserin Gertrud Gurlitt, in der Freiburger Burgunderstr. 30 wohnhaft,
ist offenbar bewusst, dass sie sich augenblicklich in einer bedrohlichen Lage befindet. Soll sie,
ohne zu zögern, dem Willen der Gestapo nachkommen und sich als Jüdin einem unbestimmten
Schicksal ausliefern - oder kann sie es wagen, unter Umgehung dieses Befehls die in Hinterzarten ausquartierte Familie zu besuchen und sie über ihre eigene Bedrohung zu informieren?
In beiden Fällen würde sie ein großes Risiko eingehen und mit Maßnahmen gegen ihre Freiheit
rechnen müssen. Und um beide Optionen in Ruhe gegeneinander abzuwägen, bleibt ihr keine
Zeit.
Im Mai 1913, nur 15 Monate vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, wagte der Mediziner
und Generaloberarzt des preußischen Heeressanitätsdienstes Paul Schmidt in einem Vortrag
vor der Berliner Kaiser-Wilhelm-Akademie, in dem er die historische Genese des deutschen
Heeressanitätswesens behandelte, einen optimistischen Blick in die Zukunft: Sollte demnächst
ein großer Krieg ausbrechen, was durchaus wahrscheinlich sei, denn wer sollte sich heutigen
Tages unterfangen, noch den Traum des ewigen Völkerfriedens zu teilen, dann sei das deutsche
Lazarettwesen gut gerüstet: Die Organisation unseres Heeressanitätswesens [ist] auf eine Höhe
gebracht, dass alle Bedürfnisse der Versorgung unserer Kranken und Verwundeten auf dem
Schlachtfelde wie in den Lazaretten, des Krankentransportes und der Krankenunterbringung
erfüllt werden. Für wahr! Unser Sanitätskörper darf mit berechtigtem Selbstvertrauen und in
dem Bewusstsein seiner Kriegsbereitschaft den kommenden Ereignissen ruhigen Sinnes entgegensehen.'
Wer einem touristischen Hinweisschild „Historische Altstadt“ folgt, wird selten von geschichtlichem Erkenntnisinteresse bewegt. Man erwartet ein Ensemble aus Stadttoren, Stadtmauern, Brunnen, Türmen und allerlei „alten“ Gebäuden, sieht in solchem Inventar aber weniger Zeichen bestimmter Zeiten, sondern pittoreske Ansichten, die es von allen Seiten zu betrachten und aus günstigem Blickwinkel schließlich per Handkamera einzufangen gilt. So gesehen ist die „historische Altstadt“ weniger historisches als ästhetisches Terrain: Ein „Stadtbild“, das gleich einem Gemälde angeschaut, bewertet und dessen Schönheit nicht zuletzt auch genossen werden will. Was wirkt anziehend an solchen Stadtbildern? Die Überreste erinnern zumeist an das Mittelalter (respektive an die frühe Neuzeit), das als schaurigschöne Epoche nach wie vor besonders gerne fliehend gesucht wird. Kaum eine andere Zeit interessiert und fasziniert mehr als die der Ritter, Knappen, Edelfrauen: Fassungslos schaudert man hier vor der umstandslosen Bereitschaft der Zeitgenossen zu hemmungsloser Gewaltanwendung, ergriffen bewundert man da deren gleichzeitige Fähigkeit zu innigem Glauben, tiefsinniger Mystik und wahrhafter Nächstenliebe.
Am 1. August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland den Krieg. Wenige Tage später befand es sich auch mit seinen westlichen Nachbarn Frankreich, Belgien und Großbritannien im Kriegszustand. Doch, obwohl die meisten Militärstrategen die
Länge und Intensität des Ersten Weltkriegs noch nicht absehen konnten oder wollten, war bereits frühzeitig klar, dass seine
Finanzierung eine große Herausforderung darstellen würde. Die eigene Bevölkerung sollte so dem kriegführenden Staat
Darlehen geben. Für dieses Vorhaben wurden bis 1918 u. a. neun Kriegsanleihen aufgelegt.
Die Ortenau. - 95 (2015)
(2015)
Im Stadtarchiv Bräunlingen hat sich ein von seinem Verfasser selbst als „Kriegs-Protokoll“ überschriebenes Konvolut erhalten, aus dem sich Details über die
Truppenbewegungen in der Region und über die von der Stadt Bräunlingen zu
tragenden Kriegslasten sowie einige private Begebenheiten aus dem Leben des
Oberschultheißen entnehmen lassen.
Am 2. Oktober 1688 erfolgte die erste Eintragung, am 17. Juli 1702 die letzte. Somit umfasst dieses Kriegstagebuch die Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges
von 1688 bis 1697 sowie die Anfänge des Spanischen Erbfolgekrieges ab 1701.
Nach einer Darstellung der politischen Hintergründe der kriegerischen Auseinandersetzung zu Ende des 17. Jahrhunderts beschreibt der folgende Beitrag das
Amt des Bräunlinger Schultheißen, die Lebensumstände des Johann Konrad
Gumpp und die Kriegsereignisse in und um Bräunlingen, soweit sie aus seinem
Tagebuch hervorgehen.
Im Staatsarchiv Freiburg findet sich ein bisher in der Forschung eher wenig beachteter Aktenbestand „Entnazifizierung evangelischer Pfarrer 1945-49“. Das Freiburger Staatsarchiv verwaltet als Teil des Landesarchivs Baden-Württemberg vor allem Bestände der Ministerien und Behörden des 1952 erloschenen Landes (Süd-) Baden sowie Verwaltungsunterlagen staatlicher Behörden im Bereich Süd-Baden seit 1806, des weiteren wichtige Dokumente aus der französischen Besatzungszeit. Zudem enthält das Staatsarchiv auch den – teilweise lückenhaften – Bestand sämtlicher Entnazifizierungsakten aus dem südbadischen Teil der französischen Besatzungszone. Die Entnazifizierungsakten von stärker NS-belasteten Personen, die deswegen interniert wurden, befinden sich im Archiv des französischen Außenministeriums „Centre des archives diplomatiques“ in La Courneuve bei Paris. Einen ersten Überblick zur Kirchenpolitik der französischen Besatzungsmacht lieferte Jörg Thierfelder bereits 1989. Zu diesem Zeitpunkt gab es zu diesem Thema noch überhaupt keine Publikation. Dabei wies Thierfelder darauf hin, dass die Franzosen im Gegensatz zu US-Amerikanern und Briten keine eigenständige Planung für die Kirchenpolitik in ihrer Besatzungszone hatten. Die Zeitspanne zwischen der Konferenz von Jalta im Februar 1945, auf der Frankreich eine eigene Besatzungszone zugesprochen worden war, und dem Einmarsch der französischen Armee nach Südwestdeutschland ab Ende März 1945 war hierzu viel zu kurz gewesen. Insgesamt stellte Thierfelder eine ausgesprochen freundliche Behandlung der beiden Kirchen durch die französische Besatzungsmacht fest, die sich positiv von der allgemeinen Behandlung der deutschen Zivilbevölkerung abhob. Für den Bereich der württembergischen Landeskirche gab es so gut wie keine Berichte über Hausdurchsuchungen von
Gottesdiensträumen oder Pfarrhäusern und von Beschlagnahmungen.
Am Sonntag, den 31. Oktober 1909, morgens um 11 Uhr, also am Reformationstag und also fünf Jahre vor Ausbruch des Ersten und 30 Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bot sich in der Heidelberger Peterskirche ein merkwürdiges und zugleich bedrückendes Schauspiel: der akademische Trauergottesdienst für die Theologen Adolf Hausrath († 2. August), Adalbert Merx († 4. August) und Heinrich Bassermann († 29. August). Mit ihnen verabschiedete sich ein erheblicher Teil der prägenden Theologen, die nach der Krise der Fakultät in den 1870er Jahren den liberalen Ruf der Heidelberger Theologie hatten begründen helfen; liberal und fürstlich hochdekoriert, und (insbesondere Hausrath) von einer preußenkritischen zu einer propreußisch-nationalen Option sich durchringend. Vor allem Bassermann und Hausrath gehörten dabei durch Geburt oder Heirat Milieus an, die mit Kriegsbeginn zerbrachen. Die nationalliberale Bindung war das eine, die am Handel orientierte und kosmopolitische Herkunft ein anderes. Man denke nur – jetzt erneut Hausrath als Beispiel genommen
– an die Familienbeziehungen des Theologen zu den Familien Weber oder auch Baumgarten. Nun war Max Weber kein Theologe und der mit ihm verbundene Ernst Troeltsch Theologe nur bis 1915, und der dem gleichen Dunstkreis entsprungene badische Theologe Otto Baumgarten – auch er sprach 1915 vom Krieg als Erneuerung und Wiedergeburt des deutschen Volkes – wirkte in Kiel. Das vielleicht aufreizende „name dropping“ soll ein methodisches Problem spiegeln, nämlich: Auch die im Folgenden zu nennenden Heidelberger Theologen standen als Individuen in weiten und weiteren Kontexten, die keineswegs innerhalb des Vortrags erhellt werden können. Und sie standen in Kontexten, die wohl wirkmächtiger waren als das Biotop Theologische Fakultät.
Nicht nur unbeschwertes Feiern unter dem Vorzeichen der Heimattage, auch kritisches
Hinterfragen von problematischen Aspekten der Regionalgeschichte gehören in Bruchsal
erklärtermaßen zum Spektrum der Heimattageveranstaltungen 2015. Am Beispiel der
Deportation nach Gurs 1940 (75. Jahrestag) wie auch der Kriegszerstörung von Bruchsal
1945 (70. Jahrestag) umreißt der Beitrag die entsprechenden Bemühungen der Stadt und ihre
historischen Hintergründe.
Meist völlig unbekannt, in manchen Fällen durchaus auch mit kritischem Fragezeichen zu versehen, sind die Wechselbeziehungen zwischen Staat, Politik und Freimaurerei in Baden. Markgraf Karl Friedrich von Baden (1782-1811), der später (1806) erste Großherzog von Baden, wurde während seines Besuches in London im Jahre 1746 in den Bruderbund der Freimaurer aufgenommen. Er, der zugleich Ehrenmitglied der Loge „Karl zur Eintracht" in Mannheim war, anerkannte die
Freimaurerei zwar nie offiziell - wie dies z.B. Friedrich der Große in Preußen getan hatte-, war als Herrscher jedoch ein sehr aufgeklärter Absolutist. Während seiner Regierungszeit von 73 Jahren war er ein sehr fortschrittlicher Landesvater, der
sowohl die Folter (1767) als auch die Leibeigenschaft (1783) abschaffte. Unter seiner Herrschaft wurde das neue, badische
Landrecht, entworfen und entwickelt durch Johann Nikolaus Friedrich Brauer und den Grundzügen des Code Napoleon
folgend, geschaffen und in Kraft gesetzt.
Verlässt man auf der Karte den Oberrheingraben zwischen Freiburg und Offenburg nach Osten in Richtung des Mittleren
Schwarzwaldes, so findet man auf der Höhe von Kenzingen in einem Seitental den kleinen Ort Kirnhalden, der um 1900 folgendermaßen beschrieben wird: "Kirnhalden gehört zu den angenehmsten, kleineren Kurorten des badischen Schwarzwaldes. Inmitten üppiger Buchen- und Tannenwaldungen empfiehlt es sich durch seine reine, kräftigende Bergluft, ländliche Ruhe, reizende und gegen Winde vollkommen geschützte Lage in einem kleinen romantischen Seitenthale des Bleichthales insbesondere als Sommerfrische und Waldkurort. 8 km von der Bahnstation Kenzingen entfernt." Ähnlich äußert sich auch der Bäder-Almanach: "Kirnhalden im Bad. Schwarzwald, Bad und Luftkurort, 300m ü.d.M., inmitten üppiger Buchen- und Tannenwaldungen gelegen, daher völlig staubfreie Luft. Völlig geschützt gegen raue Winde und schroffen Temperaturwechsel."
Zu Beginn des Schuljahres 2014/2015 hat sich am Anne-Frank-Gymnasium Rheinau eine klassen- und stufenübergreifende Arbeitsgemeinschaft gebildet, deren Teilnehmerinnen, mit hoher intrinsischer Motivation, den Staffelstab der Erinnerung ergriffen haben, um außerhalb des Regelunterrichts und mit einem regionalgeschichtlichen Schwerpunkt auf der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinden Neufreistett und Rheinbischofsheim folgende - von den Teilnehmerlnnen selbst
formulierte - Leitfrage zu bearbeiten: Was hat die Shoa mit Rheinau zu tun und in welcher medialen Ausprägung kann heute
daran erinnert werden? In den sich anschließenden Ausführungen wird zunächst eine der Teilnehmerlnnen, Tina Schadt
(Klasse 10), in Form eines Werkstattberichts ihre Erwartungen und Erfahrungen bei der Auseinandersetzung mit der jüdischen
Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus in ihrer Heimatgemeinde darlegen. Hieran schließen sich exemplarische Überlegungen zur „Holocaust Education" in der gegenwärtigen bundesdeutschen Erinnerungskultur an.
Herzog Ulrich von Württemberg wurde 1503 mit 16 Jahren für mündig erklärt. Zunächst war er ein recht erfolgreicher Regent, denn im Bayerischen Erbfolgekrieg von
1504 konnte er sein Land im Westen, Norden und Osten wesentlich vergrößern. In
Marbach war man darüber besonders glücklich, denn Stadt und Amt wurden aus der
seit 1463 währenden Lehensabhängigkeit von der Pfalz gelöst.
Seine Hochzeit mit Sabina von Bayern feierte Ulrich unter anderem am 3. Mai 1511
mit einem glanzvollen Pferderennen in Marbach. Aufgrund des Erfolges wurde die
Veranstaltung 1512 wiederholt.
Herzog Ulrich war jedoch ein selbstherrlicher Regent, der bald seine enge Bindung an
den Kaiser und den Schwäbischen Bund vernachlässigte. Seine verschwenderische und
maßlose Hofhaltung brachte ihn in finanzielle Schwierigkeiten, die er auf Kosten der
Untertanen zu bekämpfen versuchte. Eine ungerechte Verbraucherabgabe sowie die Veränderung von Maß und Gewicht blieben nicht ohne Folge, zumal viele Bauern und Weingärtner nicht mehr nur das verarmte und unmündige Proletariat auf dem Lande waren,
sondern in vielen Bereichen mehr Mitspracherecht forderten. Die aufgeheizte Stimmung
entlud sich zuerst im Remstal. Von dort erfasste der Aufruhr des »Armen Konrad« im
Frühjahr 1514 in kürzester Zeit das ganze Land, so auch Marbach und Umgebung.
Zwischen Mars und Minerva
(2015)
Am 7. November 1914 fand im Hauptgebäude der Universität Heidelberg (der heutigen Alten Universität) die öffentliche Antrittsvorlesung des Privatdozenten Wolfgang Windelband statt. Ihr Thema lautete: Habsburg und Hohenzollern. Wolfgang Windelband hatte sich im Sommersemester mit einer Arbeit über die Markgrafschaft Baden im 18. Jahrhundert habilitiert. Dann brach der Krieg aus, und andere Themen waren gefragt, z. B. Habsburg und Hohenzollern. Windelband gab einen Überblick über das schwierige Verhältnis der beiden Dynastien seit dem 13. Jahrhundert, kam aber zu dem Ergebnis, dass man immer aufeinander angewiesen gewesen sei. Schon im 18. Jahrhundert habe man die
Gefahr eines Zweifrontenkriegs empfunden, zumal mit Blick auf die asiatische Großmacht Russland. Österreich habe Zeit gebraucht, seine Aufgabe als Puffer gegen niedrigere Kulturen zu akzeptieren. Nun aber sei der feste Bund zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn eine Garantie für den Sieg im gegenwärtigen Krieg und für den künftigen Frieden.
Ein wichtiges Ereignis für die historische Entwicklung des rheinfränkischen Raumes war zweifellos die Gründung der Benediktinerabtei Lorsch im Jahre 764. Diese Abtei wurde damals als Eigenkloster von Cancor, dem Grafen im Oberrheingau, zusammen mit seiner Mutter Williswinda gestiftet. Der Klosterort lag auf einer Insel, die sich zwischen zwei Armen der Weschnitz befand. Diese Niederung stellte einen alten Nebenarm des Neckars dar und war daher
ein relativ tiefes Feuchtgelände. Die Stifter übergaben das Kloster ihrem prominenten Verwandten, dem Erzbischof Chrodegang von Metz, dem Primas der fränkischen Reichskirche. Dessen Bruder Gundeland besetzte als erster Abt das neue Kloster mit Mönchen aus Gorze, wo er zuvor Abt gewesen war. Chrodegang erhielt 765 die Reliquien des hl. Nazarius und ließ diese nach Lorsch übertragen, wo sie die Bedeutung der Neugründung steigerten. Im Jahre 774 wurde das Kloster von Altenmünster, das sich ungefähr 500 Meter westlich der späteren
Abtei befand, in feierlicher Inszenierung auf die neue Stelle verlegt. Bei diesem Akt waren Karl der Große, der Mainzer Erzbischof Lul und weitere vier Bischöfe anwesend, was ohne Zweifel auf die hohe Bedeutung dieses Vorgangs und die Ausstrahlung der neuen Abtei hinweist. Karl der Große entschied 772 auch einen Streit zwischen Cancors Sohn und Abt Gundeland um Besitzrechte zugunsten des Klosters. Im gleichen Jahr übergab Abt Gundeland sein Kloster dem mächtigen Frankenkönig und erhielt dafür Immunität und Königsschutz. Damit war Lorsch in die Reihe der Reichsklöster aufgestiegen und Teil der
karolingischen Klosterpolitik geworden.
Ganz schön aufgeweckt
(2015)
In dem Buch »100 Jahre für Baden« ist ein ausführlicher Bericht über die Geschichte der Regionalgruppe Karlsruhe im 20. Jahrhundert enthalten. Besonders hervorgehoben wird die rege Veranstaltungstätigkeit unter den Vorsitzenden Dr.
Eberhard Knittel (1951–1987), Reg.-Dir. Udo Theobald (1987–1992) und OStR Jörg Vögely (1992–2002). In den fünfziger Jahren gab es manchmal bis zu drei Veranstaltungen im Monat und die Mitgliederzahl war auf fast 1000 gestiegen. Nach einer Vakanz im Vorstand im April 2002 wurde am 9. April 2003 ein neuer Vorstand gewählt. 1. Vorsitzender wurde der Stadtrat Dr. Hans-Jürgen Vogt, als Stellvertreter wurde Prof. Dr. Siegfried Rietschel gewählt und Elisabeth Schraut M.A. übernahm die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
1. Stadtmuseum: Die Geschichte der Stadt soll anlässlich des Stadtjubiläums »gegen den Strich gebürstet« werden (Flyer). Die Ausstellung setzt sich damit bewusst von einer konventionellen, allzu positiven, hochlobenden Sicht ab. Diese Sicht entspricht einem Trend, alles möglichst mit Augenzwinkern, mit Ironie zu sehen. 2. Pfinzgaumuseum: Die Ausstellung im Pfinzgaumuseum ist mit 15 Stationen kompakter und überschaubarer als die Ausstellung im Karlsruher Stadtmuseum. Die Zeitspanne umfasst Stationen wie 1196 (Tatort Durlach, ein spektakulärer Kriminalfall) und 1689 (Zerstörung der Stadt) und reicht bis 2015 (»Durlach«-Schriftzug am Turmberg a la Hollywood).