943 Geschichte Deutschlands
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Beim Durchsehen von Werkverzeichnissen fällt immer wieder ins Auge, dass bestimmte dort
aufgeführte Quellen beispielsweise als „Kriegsverlust“ oder als „verbrannt 1944“, als „seit 1945
verschollen“ oder etwa als „heute in Krakau“ gekennzeichnet sind. Es kommt auch vor, dass man in der
Neuauflage der Musik in Geschichte und Gegenwart oder im New Grove dictionary of music and musicians in den
Werkübersichten zum Schaffen einzelner Komponisten von Quellen erfährt, die sich dann, fragt man bei
der genannten Bibliothek an, als Kriegsverluste herausstellen. Je mehr Werk- und Quellenverzeichnisse
man durcharbeitet, um so mehr verdichtet sich der Eindruck, dass angesichts der hohen Zahl solcher
Einträge doch vielleicht auch der entgegengesetzte Ansatz, und zwar eine Aufarbeitung der
Kriegsverluste selbst, zu beschreiten wäre. Für die deutschen Musiksammlungen wurde bisher kein
Versuch unternommen, deren Kriegsverluste systematisch und auf breiter Basis zu untersuchen, zu sehr
hat sich die Musikwissenschaft seit 1945 mit der Sichtung und Erforschung des Erhaltenen beschäftigt,
als dass sie sich – mit Ausnahme gewisser Spitzenstücke – des Verlorenen angenommen hätte, wie dies
in der Kunstgeschichte schon seit langem der Fall ist. Die vorliegende Arbeit ist der erste Teil einer
grossflächig angelegten Studie, welche die Geschichte der musikalischen Quellensammlungen deutscher
Bibliotheken im Zweiten Weltkrieg anhand bisher unveröffentlichter Akten beschreibt, die Ursachen für
die Quellenverluste darstellt und später einen Gesamtkatalog der feststellbaren Kriegsverluste an
handschriftlichen und gedruckten Noten bis zum frühen 19. Jahrhundert auf der Grundlage historischer
Inventare liefern wird.
Um das Jahr 1500 herum lebten in Markgröningen ungefähr 1500 Einwohner. Eine
Stadtmauer mit damals nur drei Toren schützte die Bevölkerung samt Hab und Gut.
Im Nordwesten der Siedlung lag, von einer eigenen Mauer umgrenzt, das herzogliche
Schloss. Darüber hinaus bot die Stadt in Kriegsfällen auch Schutz für die zum Amt
gehörenden Amtsorte. Reisende fanden in Schildwirtschaften Übernachtungsmöglichkeiten, wo ihre Pferde versorgt wurden und man die Wagen unterstellen konnte.
Das Amt war ein von Vogt und Gericht beherrschter Wehr-, Hochgerichts-,
Steuer- und Verwaltungsbezirk. Der Vogt wurde als Vertreter des Landesherrn vom
Herzog eingesetzt. Mit dem Stadtgericht und dem Rat zusammen bildete er die
Exekutive und hatte darauf zu achten, dass herzogliche Anordnungen befolgt und
umgesetzt wurden. Politische Macht besaß die sogenannte Ehrbarkeit. Das waren
angesehene bürgerliche Familien mit Vermögen und landesweiten Verwandtschaftsbeziehungen zu Amtsträgern. Neun Familien, darunter die Vollands in Markgröningen, stellten in 43 württembergischen Ämtern 17 Vögte und einen Keller. Neben
Philipp Volland, der in Markgröningen das Vogtamt innehatte, war sein jüngerer
Bruder Claus in Besigheim Keller und Vogt. Der ältere Bruder, Ambrosius Volland,
war Rat und Kanzler Herzog Ulrichs.
Marbach im Sommer 1914
(2014)
Erst im Abstand von hundert Jahren gelangt die Bedeutung des Jahres 1914 richtig
ins allgemeine Bewusstsein. Erst jetzt wird deutlich, wie alle die großen Umwälzungen
des 20. Jahrhunderts in den Geschehnissen jenes Jahres ihren Ausgang nahmen. Im
Folgenden soll gezeigt werden, wie sich das große Weltgeschehen in der kleinen Stadt
Marbach ausgewirkt hat, was die Bürger zu spüren bekamen, wie sich ihr Leben verändert hat, womit sie fertig werden mussten.
Dazu ist erforderlich, dass die Stadt von 1914 zunächst vorgestellt wird. Marbach
wies damals zwei Wachstumsspitzen auf: im Osten den schon 1879 eröffneten Bahnhof und im Süden das 1903 eröffnete Schillermuseum. Entlang den strahlenförmig
vom mittelalterlichen Stadtkern ausgehenden Straßen entstanden mehr und mehr
landwirtschaftliche Anwesen, deren Besitzer aus der Enge der Altstadt aussiedelten.
An der Straße zum Bahnhof wurden in sicherer Entfernung zur Kernstadt auch mehrere
ländliche Villen gebaut, die heute im Verlauf von Güntterstraße und Goethestraße
noch erhalten sind. Was es in Marbach im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nicht
gab, war ein weiträumiger Stadtentwicklungsplan, der eine klare Trennung zwischen
Wohn- und Gewerbe- bzw. Industriegebiet vorgesehen hätte. Es gab fabrikähnliche
Anwesen im Westen an der Ludwigsburger Straße, eine Schuhfabrik beim Schillermuseum, Möbelfabriken beim Bahnhof und an der Schillerstraße, und die Ludwigsburger Firma Franck betrieb eine Zichorienfabrik an der Straße nach Rielingshausen.
Aber nicht nur Aussiedlerhöfe und Fabriken wurden gebaut. Es war ein Jahrzehnt,
in dem auch eine ganze Reihe öffentlicher Bauten errichtet wurde. Ein Jahr nach dem
Schillermuseum konnte die städtische Turnhalle an der Haffnerstraße eingeweiht
werden, die lange Zeit auch als städtische Festhalle diente. Zwei Jahre später erstrahlte
in Marbach elektrisches Licht.
Seit Karl Siegfried Bader vor nunmehr 78 Jahren seinen Aufsatz „Kürnburg, Zindelstein und
Warenburg. Stützpunkte der Zähringerherrschaft über Baar und Schwarzwald" im Schau-insLand veröffentlichte, sind einige Burgen in der Baar bzw. im östlichen Schwarzwald eine feste
Größe. Als Stützpunkte zähringischer Macht und zur Sicherung und Kontrolle der Verkehrswege zwischen dem Breisgau und der Baar wurden besonders Zindelstein im Bregtal, die Warenburg bei Villingen und die Kirnburg (Kürnberg) am Kirnbergsee bei Unterbränd (Stadt Bräunlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis) herausgestellt. Bader hatte dabei die Beherrschung
des Schwarzwaldes mit der dadurch ermöglichten Verbindung der Territorien auf der Baar und
am Neckar mit dem Breisgau unterstrichen. Im Lichte neuerer Forschungen ist jedoch kritisch
anzumerken, dass womöglich die Unwegsamkeit des Schwarzwalds dabei zu sehr betont wurde.
Inzwischen wurde eine Vielzahl alter Wege erkannt, von denen die Verbindung über Wagensteigtal und Thurner, nördlich am späteren Neustadt vorbei, über Eisenbach-Höchst in Richtung
Hüfingen wohl als Römerstraße oder römischer Verkehrsweg anzusprechen ist.
»Nach 50 Jahren trägt die Gemeinde Schöckingen heute noch einen rein bäuerlichen
Charakter mit seinen Vorzügen und Nachteilen. Konservativ zäh am Alten hängend,
schwerfällig, aber gründlich und zuverlässig, sehr vorsichtig allem Neuen gegenüber.« So
beschreibt der Pfarrer im Ruhestand Nathanael Ludwig Heinrich Rösler im Jahre 1935
seine ehemalige Kirchengemeinde, der er von 1926 bis 1934 als Pfarrer gedient hatte.
Schöckingen, Ditzingens kleinster Stadtteil, bis zum 30. Juni 1972 ein kleines, aber
selbständiges Dorf im Strohgäu, feiert in diesem Jahr sein 1200-Jahr-Jubiläum. Anlass
für die Festlichkeiten ist die erste Erwähnung des Ortsnamens in einer Schenkungsurkunde des Klosters Lorsch. In dieser Urkunde ist festgehalten, dass am 4. Juni 814,
also im Todesjahr Karls des Großen, ein gewisser Gunthart und seine Gemahlin Adelspirn dem heiligen Nazarius Güter und Leibeigene im Glemsgau geschenkt haben.
Dabei taucht auch der Name »Skeckinga« auf.
Diese erste Nennung kommt recht spät und gibt wie die Schenkung selbst einige Rätsel
auf. Schenkungen aus dem Glemsgau waren schon fast 50 Jahre zuvor in größerer Zahl
an das fränkische Reichskloster gegangen. Schöckingen blieb lange außen vor. Waren
die Grundherren zu geizig oder nicht fromm genug? Wir werden es nicht erfahren. Sowenig wie wir über die Schenker Gunthart und Adelspirn erfahren werden. Waren sie
fränkische Grundbesitzer, die ihre einst heidnischen alamannischen Untertanen an das
Kloster gaben? Oder waren sie alamannische Grundbesitzer, die sich der fränkischen
Oberherrschaft andienen wollten oder gar mussten? Oder nichts davon?
Wenig ist geblieben von der Vergangenheit des ehemaligen Bad Boll. Und gäbe es
nicht wenigstens die hinfällige Kapelle, würde man nicht glauben wollen, dass der
Platz unten an der Wutach einst Heimat für Generationen von Menschen war.
Über Bad Boll ist nicht nur das sprichwörtliche „Gras“ gewachsen, hier hat die
Natur das Terrain tatsächlich fast vollständig eingenommen. Was an Hinterlassenschaften trotz allem noch übrig ist, sind die Reste einer faszinierenden
Geschichte, deren Hauptteil mit der Kurbadzeit (1840) beginnt und mit der
Zerstörung durch das Land (1990/93) endet. Von dieser Geschichte soll nun die Rede sein.
Beim Austausch von schwerverwundeten Soldaten zwischen Deutschland
und Frankreich und bei der Internierung von chronisch kranken Soldaten in der Schweiz im Ersten Weltkrieg handelt es sich um ein sehr komplexes Thema. Zum einen sind die Interessen der deutschen Reichsregierung, insbesondere preußisches Kriegsministerium und Auswärtiges Amt, zu berücksichtigen, denen die Interessen der französischen Seite gegenüberstehen. Es müssen die Mitwirkung der Konstanzer Stadtverwaltung und die Aktivitäten des örtlichen Roten Kreuzes einbezogen werden, beide in Personalunion vertreten durch den
Oberbürgermeister Dr. Hermann Dietrich. Die Abläufe in Konstanz können mit denen in Lyon verglichen werden, wo die Transporte ebenfalls einen Ausgangs- und Endpunkt hatten. Hinzu kommt die Haltung der Schweiz (Regierung, Armee, nationales Rotes Kreuz), die mit den Transporten von Verwundeten durch ihr Land, aber vor allem auch mit der Internierung von Kriegsgefangenen eine gewaltige humanitäre Aufgabe auf sich nahm. Des Weiteren spielen beim Zustandekommen dieser Aktionen das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Genf und der Vatikan mit Papst Benedikt XV. eine Rolle.
Am 13. Juni 2013 war es soweit. Der nun
vorliegende Wanderführer wurde gemeinsam von
den Geschichts- und Heimatvereinen der großen
Stadtbezirke erstellt. Die beiden Vorsitzenden Frau
Dr. Annemarie Conradt-Mach und Günter Rath
sind stolz auf das gemeinsame Werk. Auf 40 Seiten
werden nicht die Texte der Tafeln wiederholt, diese soll man ja vor Ort lesen, sondern zusätzliche
Informationen gegeben. Ein herausnehmbares
Faltblatt mit den Karten hilft bei Planung und
Durchführung der Wanderungen auch in Etappen.
Farbige Bilder unterstützen die Beschreibung
der Wege oder zeigen Darstellungen von Dingen,
die heute nicht mehr zu sehen sind.
Von den Denkmälern im öffentlichen Raum und den in einigen Familien noch aufbewahrten Andenken abgesehen, sind nach einem Jahrhundert die Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg verblasst. Wie man den damals in eine lange Friedenszeit
einbrechenden Krieg „in der Heimat" erlebte, sich zu ihm verhielt und ihn zu bewältigen suchte, soll am Beipiel des Städtchens Schiltach und der bäuerlichen Nachbargemeinde Lehengericht untersucht werden. Und dies anhand der öffentlichen
Wahrnehmung und Beeinflussung, wofür die Zeitung das tägliche Sprachrohr war. Grundlage ist der im Amtsbezirk Wolfach
verbreitete „Kinzigtäler", der auch aus Schiltach und Lehengericht (1910: 1902 bzw. 862 Einw.) berichtete.
Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich die Gemeinde Brühl mit ihrem Ortsteil Rohrhof in der Phase der Erweiterung und Entwicklung. Daneben hatte die Luftschiffbau Schütte-Lanz OHG mit dem Jungfernflug des Luft schiff es SL II neue technische Maßstäbe in der Luft fahrt gesetzt. Die Niederschrift im "Buch der Gefallenen" ermöglicht es dem heutigen Betrachter, aus der gebotenen Distanz von 100 Jahren die soziale Tragweite der Einberufungen und Kriegsverluste einzuschätzen.
Nach vier harten und unter großen Verlusten durchgestandenen Kriegsjahren war das Deutsche Reich im August 1918 am
Ende. Das Volk war erschöpft und kriegsmüde. Die militärische Lage wurde immer aussichtsloser. Als dann auch noch
Ende September die Verbündeten zusammenbrachen und um Frieden baten, beschloss die deutsche Heeresleitung, die Alliierten ebenfalls um einen Waffenstillstand zu ersuchen. Die militärische Führung hatte damit eingeräumt, dass der Krieg
nicht mehr zu gewinnen war. Die Reichsregierung unter Prinz Max von Baden richtete am 4. Oktober ein entsprechendes
Waffenstillstandsgesuch an den amerikanischen Präsidenten Wilson. Am 5. November waren die Alliierten schließlich zu
Waffenstillstandsverhandlungen bereit.
„Das 18. Jahrhundert: Die Zeit der Deserteure", so lautet der Titel eines Aufsatzes, den der
Historiker Michael Sikora zu einem Sammelband beisteuerte, für den er auch als Mitherausgeber
fungierte .
Es sind die letzten Jahre dieses Jahrhunderts und der Übergang ins 19. Jahrhundert,
denen sich der vorliegende Aufsatz im Hinblick auf die Militärflüchtigen widmet. Es ist zu vermuten, dass sich die Zeit der Deserteure ins 19. Jahrhundert hinein verlängerte, zumindest bis
zum Ende der sogenannten „Koalitionskriege" im Jahr 1815.
Der Auslöser zur Beschäftigung mit dem Thema war, dass mir bei der Lektüre der mittlerweile von der Freiburger Universitätsbibliothek digitalisierten und ins Netz gestellten Ausgaben der
Freiburger Zeitung und ihrer Vorläufer die häufigen Suchanzeigen verschiedener Behörden auffielen. Ich begann, die gesuchten Personen mit allen abgedruckten Angaben in einer Datenbank zu
erfassen - zunächst von der ersten digitalisierten Ausgabe von 1784 bis einschließlich des Jahres
1820. Auf diese Weise kamen über 9.000 Menschen zusammen. Das umfangreiche Material sollte nun auf sinnvolle Weise ausgewertet werden. Auffallend war, dass etwa zwei Drittel der erfassten Personen zu den sogenannten „böslich Ausgetretenen" zählten, das heißt, diese Leute hatten
aus verschiedenen Gründen das Land ohne behördliche Erlaubnis verlassen. Von dieser Gruppe
wiederum interessieren für diese Studie nur diejenigen jungen Männer, welche sich explizit oder
höchstwahrscheinlich wegen drohendem oder aktuellem Kriegs- bzw. Militärdienst in Sicherheit
brachten. Das war in der Regel das meist recht nahe liegende Ausland.
Die Feststellung, dass der Adel im Mittelalter Herrschaft ausübte, ist, so WERNER HECHBERGER, „einer der trivialsten Sätze der deutschen Rechts-, Verfassungs- und Sozialgeschichte [...]. Schon etwas weniger trivial ist die Frage, wie diese Herrschaft überhaupt entstanden ist.“ Wie sich adlige Herrschaft in der Region Baar im 13. Jahrhundert entwickelt hat, möchte ich im Folgenden analysieren. Die sich damals neu strukturierenden Herrschaftsverhältnisse sollten die Baar über lange Zeit entscheidend prägen. Nachdem sich zu Beginn des Jahrhunderts die Grafen von Urach und der Stauferkönig Friedrich II. um das Erbe der Zähringer gestritten hatten, waren Mitte und Ende des Jahrhunderts geprägt vom Kampf zwischen den Häusern Sulz/Wartenberg und Fürstenberg, um den es in diesem Aufsatz vor allem gehen soll. Im ersten Teil werde ich die Herrschaftshäuser der Fürstenberger, der Sulzer und der Wartenberger im Hinblick auf ihre Bedeutung und ihren Bezug
zueinander und zur Region Baar vorstellen. Im zweiten Teil werde ich die Rivalität der Fürstenberger und Wartenberger um Burgen, Städtegründungen und geistliche Einrichtungen darstellen und abschließend das Spannungsfeld im Bereich
Landgrafschaft und Grafschaft sowie die Auflösung des Konflikts beschreiben.
Vergessen wäre gefährlich! »Verbrechen gegen die Menschlichkeit, unter anderem:
Mord, ethnische Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche
Akte gegen die Zivilbevölkerung oder: Verfolgung aufgrund von rassistischen, politischen und religiösen Motiven; unabhängig davon, ob einzelstaatliches Recht verletzt wurde.« So lautet die Definition der Londoner Charta vom 8. August 1945.
Mit dem Begriff »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« versuchten 1945 die Staaten, deren Armeen das nationalsozialistische Deutschland niedergerungen hatten, die
Verbrechen der Deutschen zu beschreiben und Maßstäbe zu ihrer Verurteilung zu
schaffen. Dass sie einen ganz wichtigen rechtsstaatlichen Grundsatz unterliefen,
indem sie den Straftatbestand erst definierten, nachdem die Taten begangen waren,
war allseits bewusst. Angesichts der jahrelangen, geplanten, massenhaft praktizierten
ungeheuerlichen Brutalität des Terror-Regimes und aller, die es unterstützten, wurde
dieser Verstoß gegen einen formalen Rechtsgrundsatz in Kauf genommen. Unter anderem auch, weil »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« zwar eine neue Formulierung war, im Kern aber nur gewachsene Grundlagen des modernen Rechts zusammenfasste – bis hin zu biblischen Grundsätzen wie »Liebe deinen Nächsten wie dich
selbst« oder eben »Du sollst nicht töten«. Diese und alle darauf aufbauenden Gebote
und Verbote brauchten angesichts der zwölf Millionen Menschen, die von den Nazis
gezielt ermordet worden waren, dringend neue Schubkraft.
"Los von Karlsruhe!"
(2014)
Ende 1949 ließ die Bürger-Kommission des Karlsruher Stadtteils Knielingen ein Flugblatt drucken und verbreiten, in dem sie die Ausgemeindung Knielingens von Karlsruhe forderte. Mit Argumenten, die sich bei näherer Betrachtung nahezu allesamt als unzutreffend herausstellten, versuchte sie die Knielinger Bevölkerung davon zu überzeugen, dass eine Loslösung Knielingens von Karlsruhe ihnen mehr Vorteile einbringen würde als ein Verbleib in der Fächerstadt. Der Aufsatz gibt zum einen den Inhalt des Flugblattes bzw. die Argumente der Knielinger Bürger-Kommission für die Ausgemeindung wieder und zeigt zum anderen die Antwort bzw. Reaktion der Karlsruher Stadtverwaltung, die die Vorwürfe sachlich entkräften konnte, sodass der Ausgemeindungsversuch über ein Strohfeuer nicht hinauskam.
Als im Jahre 1956 das Jubiläum des Offenburger Grimmelshausen-Gymnasiums zum 75-jährigen Bestehen als Vollanstalt gefeiert wurde, gab es neben dem Festakt in der Stadthalle, Festgottesdiensten, Ausstellungen und einer schuleigenen Theateraufführung der Antigone des Sophokles auch eine Totenehrung vor dem neuen Gedenkstein im Schulgarten. In der
Festschrift dieses groß gefeierten Jubiläums referierte der damalige Direktor 0. Walzer die Entwicklung der Schule seit ihrer
Gründung als Franziskanergymnasium im Jahre 1660. Dabei ging er abschließend auch auf „den gewaltigen Eingriff in den
Organismus der Schule" ein, den die beiden Weltkriege gebracht hätten. Der Zweite Weltkrieg war damals gerade einmal
gut zehn Jahre vorbei, der Erste erst 40 Jahre. Nach diesem Rückblick waren im Ersten Weltkrieg zwischen 1914 und 1918
vier Lehrer und 23 Schüler gefallen, im Zweiten 56 Gymnasiasten, 23 wurden noch vermisst. Im Jahr zuvor hatte man am
03.03.1955 nahe dem Schuleingang einen hohen Granitstein für die Gefallenen eingeweiht, der die ebenfalls Horaz entlehnte Inschrift trug: non omnis moriar (,,ich werde nicht ganz sterben"; Horaz, carmen III, 30, 6). Der Stein steht noch heute in der Südwestecke des Schulgeländes, die bronzenen Buchstaben der Inschrift wurden allerdings irgendwann einmal gegen Ende des letzten Jahrhunderts entwendet.