943 Geschichte Deutschlands
Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
- Wissenschaftlicher Artikel (805)
- Ausgabe (Heft) zu einer Zeitschrift (744)
- Buch (Monographie) (8)
- Bericht (2)
- Konferenzveröffentlichung (1)
Sprache
- Deutsch (1560)
Schlagworte
- Zeitschrift (743)
- Geschichte (686)
- Baden (209)
- Freiburg im Breisgau (159)
- Bodensee-Gebiet (139)
- Bodensee (136)
- Breisgau (128)
- Landeskunde (110)
- Nationalsozialismus (110)
- Ortenau (105)
Meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren,
liebe Gengenbacher Bürgerinnen und Bürger.
Ich freue mich, immer wieder in Gengenbach zu sein, und heute
ganz besonders, da mir der Festvortrag zum 100-jährigen Bestehen des Historischen Vereins angetragen wurde. Diesem Wunsch
bin ich gerne nachgekommen.
Gengenbach, meine Bürger und Bürgerinnen, ist ein Juwel,
und dieses Juwel sollten Sie pflegen. Sie haben die glückliche Situation, dass die Geschichte Ihnen etwas geschenkt hat, was vielen Städten nicht vergönnt ist. Und Sie sollten daran denken,
auch mit dem Eingriff in die Bausubstanz behutsam umzugehen.
Sie sollten sich vielleicht darüber Gedanken machen, dass eigentlich das Ziel erreicht ist, und dass weitere Eingriffe nur noch schaden können. Halten Sie Ihr Juwel in Ehren. Es ist Ihr Kapital, es
ist das Kapital der Stadt.
Nachdem bereits 1927 unter Vorsitz des Nazivordenkers Alfred Rosenberg der „Kampfbund für Deutsche Kultur“ gegründet worden war, begann mit dem Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Anfang der 1930er-Jahre, die Intoleranz gegenüber avantgardistischen Künstlern einen zunehmend repressiven Charakter anzunehmen. Gleich nach der sogenannten „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde der gesamte Kulturbereich zentralisiert und im Interesse der neuen Machthaber durchstrukturiert. Dem im März 1933 eingerichteten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter Leitung von Joseph Goebbels kam dabei eine zentrale Rolle zu. Durch das wenige Wochen später erlassene Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurden zahlreiche jüdische und nicht systemkonforme Lehrende an den Akademien sowie Mitarbeiter von Museen in ganz Deutschland entlassen. Schließlich wurden im Juli auf Erlass des Reichsministeriums alle Künstlervereinigungen und Kunstvereine gleichgeschaltet und in das Reichskartell der bildenden Künste überführt. Wenige Wochen später erfolgte die Gründung der Reichskulturkammer. Sieben Einzelkammern erfassten sämtliche kulturellen Bereiche: Musik, Theater, Schrifttum, Presse, Rundfunk, Film und auch die bildenden Künste. Wer der Reichskulturkammer bis zum 15. Dezember 1933 nicht beitreten wollte oder konnte, hatte fortan keine Möglichkeit mehr, seinen Beruf auszuüben. Voraussetzung für die Aufnahme war die deutsche Staatsangehörigkeit und der Nachweis einer „arischen“ Abstammung, doch auch aus politischen oder anderen Gründen „unerwünschte“ Künstler konnten mit dieser perfiden Maßnahme auf Einfachste ausgegrenzt werden.
Über 10 000 aus südwestdeutschen Heil- und Pflegeanstalten in grauen Bussen transportierte
Menschen wurden 1940 in der »Vernichtungsanstalt« Grafeneck im Rahmen des »Euthanasie-
Programms« des NS-Regimes getötet. Viele davon auch aus der Region Neckar-Odenwald. An
das Schicksal dieser Opfer einer mörderischen Politik zu erinnern, ihre Lebensgeschichten zu
ermitteln und festzuhalten und ihrer somit würdig zu gedenken, haben sich Arbeitsgruppen
in Buchen und Mosbach vorgenommen. Sie leisten damit ebenso wie der Verband der Odenwälder
Museen mit seiner ersten Buchpublikation Beiträge zu einer Gedenkkultur, die zunehmend
aufholt, was jahrzehntelang versäumt wurde.
Erst vor wenigen Jahren hat Bayern begonnen, sich ein historisches Ortsnamenbuch
zu schaffen und damit die Kommission für bayerische Landesgeschichte
bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften beauftragt.
Welche Lücke sich damit zu schließen beginnt, glauben wir in Baden zu wissen,
die wir nun schon ein halbes Jahrhundert das für seine Zeit geradezu
mustergültige, noch heute unentbehrliche Topographische Wörterbuch des
Großherzogtums Baden von ALBERT KRIEGER schon in zweiter Auflage besitzen.
Dafür kommen nun dem bayerischen Werk Leistungen und Erfahrungen
eines halben Jahrhunderts zugute.
Am 16. August 1942 erhielten Adolf und Pauline Besag aus der Freiburger Erbprinzenstr. 8 ein
Einschreiben aus Karlsruhe von der Bezirksstelle Baden-Pfalz der Reichsvereinigung der Juden
in Deutschland (RJD): Auf behördliche Weisung eröffnen wir Ihnen, dass Sie zur Teilnahme
an einem am Samstag, den 22. August 1942 von Karlsruhe abgehenden Abwanderungstransport
bestimmt sind. Wir bitten Sie, die nachstehenden Anweisungen genau durchzulesen
und zu befolgen und in Ruhe die Vorbereitungen für Ihre Abreise zu treffen. Sie werden nach
Möglichkeit im Laufe der nächsten Tage von einem unserer Mitarbeiter aufgesucht, der Ihnen
mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Anträge auf Befreiung von der Teilnahme am Abwanderungstransport
sind zwecklos. Wir bitten daher, hierwegen weder schriftlich noch mündlich an
uns heranzutreten. Auch die Einreichung ärztlicher Atteste muss unterbleiben. Dass Anträge
an Behörden ohne Einholung einer Auskunft bei uns unzulässig sind, ist unseren Mitgliedern
bekanntgegeben worden. Sie müssen sich in Ihrer Wohnung am 21. Augustabreise bereithalten [...].
Es war im Februar 1945. Mein Mann war schon im Dezember 44 zu den nach Hinterzarten
ausquartierten beiden Töchtern gegangen, weil die Gestapo ihn zum Schippen einziehen wollte.
Ich ging nicht mit, ich hätte ihn gefährden können. Außerdem musste jemand in der Wohnung
bleiben, um die Post auf Umwegen nachzuschicken und etwaige Recherchen abzufangen. Auch
musste ich den Kanarienvogel, der etwas krank war, versorgen. In Hinterzarten waren die Zimmer nur mit einem elektr. Öfchen notdürftig heizbar (zu kalt für den Vogel) [...]. So beginnt der Bericht über ein persönlich erlebtes, dramatisches Ereignis gegen Ende
des Krieges. Der Verfasserin Gertrud Gurlitt, in der Freiburger Burgunderstr. 30 wohnhaft,
ist offenbar bewusst, dass sie sich augenblicklich in einer bedrohlichen Lage befindet. Soll sie,
ohne zu zögern, dem Willen der Gestapo nachkommen und sich als Jüdin einem unbestimmten
Schicksal ausliefern - oder kann sie es wagen, unter Umgehung dieses Befehls die in Hinterzarten ausquartierte Familie zu besuchen und sie über ihre eigene Bedrohung zu informieren?
In beiden Fällen würde sie ein großes Risiko eingehen und mit Maßnahmen gegen ihre Freiheit
rechnen müssen. Und um beide Optionen in Ruhe gegeneinander abzuwägen, bleibt ihr keine
Zeit.
Im Oktober 1924 wurde in der Gaswerkstr. 17 im Offenburger
Westen ein Viehhandelsbetrieb eröffnet. Über die Erfolgsaussichten des neuen Geschäftes unter der Leitung des jüdischen Kaufmannes Julius Hammel sprach sich ein naher Verwandter im
Nachhinein sehr zuversichtlich aus: ,,Julius Hammel war ein äußerst fleißiger und tatkräftiger Mann, der seinem Geschäft mit großem
Eifer nachging. Er hatte auch das erforderliche Betriebskapital, wodurch
ihm die Geschäftsführung wesentlich erleichtert wurde ... Ein Viehhändler, der die nötigen Betriebsmittel besitzt, kann Vieh auf eigene
Rechnung kaufen und verkaufen (im Gegensatz dazu wenn man sein
Geschäft auf Provisionsbasis führt). Ich erinnere mich, dass J.H. in
früheren Jahren große Viehgeschäfte mit Salomon Oppenheimer in
Freistett und Eduard Hammel in Karlsruhe tätigte ... Er galt als einer
der größten und kapitalkräftigsten Viehhändler im ganzen Bezirk. Er
unterhielt eigene Stallungen in Offenburg und in Renchen und beschäftigte ständig mindestens einen Knecht ... "*1 Und in der Tat konnte
sich der neugegründete Betrieb nicht nur erfolgreich etablieren,
sondern blühte bis Ende der 1920er Jahre geradezu auf.
Emigration oder Deportation?
(2010)
Am Morgen des 22. Oktober 1940 wurde mit der gesamten badischen auch die Ihringer jüdische Gemeinde aus ihren Häusern vertrieben und, nur mit geringem Handgepäck versehen, nach Gurs ins französische Pyrenäenvorland deportiert. Die Wohnungen wurden versiegelt, das Inventar unter beschämenden Bedingungen versteigert, Soldaten einquartiert.
Der Landschaftsname Allgäu
(1976)
Der Landschaftsname Allgäu ist durch die neue Regionaleinteilung des Landes
Bayern nunmehr auch ein Begriff der politischen Verwaltung geworden: Es
gibt eine Region Allgäu und drei Landkreise, die seinen Namen tragen: Oberallgäu,
Unterallgäu und Ostallgäu. Damit scheinen die Grenzen dieser Landschaft
fest geworden zu sein, und auch für den Außenstehenden stellt es keine
Schwierigkeit mehr dar, den Umfang dessen, was mit Allgäu bezeichnet wird,
zu bestimmen. Das Allgäu ist eine fest umrissene, juristisch zu definierende
Größe geworden, es ist in geographischer Terminologie zum „Land" geworden.
Als „Landschaft" aber scheint das Allgäu heute noch die gleichen Probleme
zu bieten wie vor bald 40 Jahren, wo die Abgrenzungsschwierigkeiten sich in
Termini wie „unbestimmtes, quellbares Ganzes" und „Wechselbalg" ausdrückten.
„,Das feige Verhalten der Bevölkerung nimmt in der letzten Zeit überhand, so dass mit den schärfsten Mitteln eingegriffen werden muss. Ich befehle, ab sofort in den Häusern, an denen weisse Tücher oder Fahnen geflaggt werden, die männliche Bevölkerung über 14 Jahre an Ort und Stelle zu erschiessen. Wer diesen Befehl nicht ausführt, wird erschossen.‘“
Wir schreiben den 28. März 1945, die amerikanischen Truppen nähern sich Mannheim, und es ist nur noch eine Frage von wenigen Stunden, bis sie die Stadt – einnehmen, besetzen, befreien? Von Befreiung mag man kaum reden in Bezug auf die Person, um die es im Folgenden vor allem geht. Wie immer: In dieser Situation ergeht der eben zitierte Befehl
des Generalmajors Pettersdorf, kommandierender Wehrmachtgeneral dieses Abschnitts.
Seit der Besiedlung während der Bronzezeit und in der provinzialrömischen Periode hat Wiesloch ein beständiges Gedeihen erfahren. Mit der Marktrechtsverleihung in der 2. Hälft e des 10. Jahrhunderts wurde der Flecken zum ältesten Marktort in Nordbaden und zu einer blühenden Stadt im Spätmittelalter. Die zentrale Lage, der Bergbau und spezifisches Handwerk schufen die Voraussetzungen für eine weitere positive Entfaltung. Etliche Hochs und Tiefs bestimmen die Geschichte der Stadt, aus deren Mauern einige berühmte Persönlichkeiten stammen bzw. in ihr wirkten. Als badische Amtsstadt erfuhr Wiesloch einen rasanten Wandel zum kulturellen und administrativen Mittelpunkt in der Region. Diese fortschrittliche Entwicklung fand ihre Fortsetzung in der Erhebung zur Großen Kreisstadt in den 1970er Jahren und dauert bis heute an.
Ich möchte im Folgenden drei ausgewählte Ergebnisse meines Buches „Möge Gott unserer Kirche helfen!“ Theologiepolitik, ,Kirchenkampf’ und Auseinandersetzung mit dem NS-Regime: Die Evang. Landeskirche Badens, 1933–45 (Stuttgart 2015)
zur Diskussion stellen: Erstens, die Intaktheitsthese, zweitens die Neubewertung der Wiederausgliederung der Landeskirche aus der Reichskirche, drittens die Bedeutung der Stärke des aus der kirchlich-positiven Vereinigung hervorgegangenen Bekenntnismilieus im Kirchenkampf vor und nach Einrichtung der Finanzabteilung 1938. Lassen Sie mich wie schon in meinem Vortrag aus Anlass der Buchvorstellung in der Christuskirche am 18. Oktober letzten Jahres nochmals ausdrücklich zweierlei feststellen: Zum einen etwas zur Motivation. Ich habe mit der Studie keinerlei geschichts- oder erinnerungspolitische Agenda verfolgt, vielmehr ein rein zeitgeschichtliches Interesse. Es handelt sich um Ergebnisse eines DFG-Projekts, das der Kollege Jochen-Christoph Kaiser, Fachbereich Ev. Theologie/Kirchengeschichte der Philipps-
Universität Marburg, und ich als Neuzeit- und Allgemeinhistoriker der Universität Karlsruhe im sogenannten KIT eingeworben und durchgeführt haben. Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Unser Anliegen und Interesse ist es, die kritische Aneignung der NS-Geschichte zu befördern, und zwar durch eine Differenzierung der Bewertung an einem konkreten Beispiel. Dies wird für die Glaubwürdigkeit zeitgeschichtlicher Vermittlung immer wichtiger, weil wir Zeithistoriker mit einiger Sorge beobachten, dass mit wachsendem Abstand zur NS-Zeit eine oft kenntnisarme, rein moralische Ex-post-Betrachtung einem kontextualisierenden Verständnis des nationalsozialistischen Zivilisationsbruchs vor allem bei Jüngeren zunehmend im Weg steht, die darauf mit Indifferenz und Ablehnung reagieren. Der Historiker ist weder ein anklagender Staatsanwalt noch ein verteidigender Advokat oder gar spruchfällender Richter, sondern ein rückwärts gewandter Prophet vorletzter Dinge, der versucht, Menschen in ihrer Zeit zu verstehen.
Mit dem Erscheinen des sechsten und zugleich Registerbandes der Quellenedition „Die Evangelische Landeskirche in Baden im ,Dritten Reich‘“ im Jahr 2005 wurde eines der großen editorischen Langzeitprojekte der deutschen kirchlichen Zeitgeschichte abgeschlossen. Anders als bei der Dokumentation des württembergischen Kirchenkampfes durch Gerhard Schäfer – für sich genommen eine geradezu singuläre Dokumentationsleistung – steht bei dem im Auftrag des Evangelischen Oberkirchenrats Karlsruhe in Kooperation mit dem Verein für Kirchengeschichte in der Evang. Landeskirche in Baden zustande gekommenen Editionsprojekt nicht die „Kirchenkampf“-Geschichte im engeren Sinn im Vordergrund. Das Karlsruher Projekt hat sich, wie bereits das Geleitwort von Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt zum ersten, 1991 erschienenen Band zeigt, die Kontextualisierung der Auseinandersetzung zwischen Landeskirche und NS-Regime in der Kirchen- und Allgemeingeschichte des 20. Jahrhunderts zum Ziel gesetzt.
Die konfessionelle Konfrontation und der Gegensatz der europäischen Mächte führten 1618 zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Er weitete sich von einem religiösen zu einem politischen Kampf um die Vormacht in Europa aus. Bis auf die Eidgenossenschaft waren weite Gebiete am Oberrhein von schweren Zerstörungen und einem dramatischen Bevölkerungsverlust betroffen. Erst nach dem Westfälischen Frieden 1648 und den Eroberungskriegen Frankreichs
begann am Oberrhein eine längere Friedensperiode.
Was die rezente Mundart im alemannischen Gebiet - auf das ich mich im folgenden
beschränke - angeht, finden sich in den Wörterbüchern zahlreiche Hinweise
auf regional verschiedenen Gebrauch des grammatischen Geschlechts, die
freilich immer nur einige wenige einzelne Orte erfassen; die einzige das Problem
betreffende Karte gab H. Fischer 1895. Erst kürzlich empfahl D. Rosenthal am
Beispiel der/die bach sogar ausdrücklich „große Vorsicht" bei der
„Heranziehung des Genuswechsels für die Dialektgeographie", vor allem bei der
Beurteilung seiner Gesetzmäßigkeit und beim Schluß von rezenten auf
historische räumliche Lagerungen, da die Mundarten aufgrund partieller lautlicher
Entwicklungen in der Neuzeit gerade im Bereich der Flexionssysteme unterschiedliche
Aufnahmebereitschaft für den Einfluß der Hochsprache zeigen
Die Notstandsgemeinden des Königreiches Württemberg um 1850 und ihre Entwicklung bis zur Gegenwart
(1970)
In den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde findet
sich im Heft I des Jahrgangs 1875, Seite 180, eine Aufstellung von 39 Gemeinden, die auf Grund Königlicher Verordnung vom 25. September 1855 unter besondere Staatsaufsicht gestellt worden waren. In dem kurzen einführenden
Text werden sie als „verwahrloste" Gemeinden bezeichnet, ,,welche
der erforderlichen ökonomischen Grundlage ermangeln, insbesondere nicht im
Stande sind, den für Gemeindezwecke nöthigen Aufwand ohne Unterstützung
aus Staatsmitteln zu bestreiten, und zugleich in sittlichem Zerfall sich befinden
... ".
Im folgenden soll nun zunächst untersucht werden, welche Faktoren dafür
verantwortlich waren, die diese Gemeinden zu den Ärmsten der Armen
machten, und wie sie sich in den vergangenen 100 Jahren weiterentwickelt
haben.
Zwei Jahre vor dem berühmt gewordenen Kirchentag in Wittenberg erschien 1846 in den Fliegenden Blättern aus dem Rauhen Hause zu Horn bei Hamburg ein Artikel über die Innere Mission in Baden, in dem – wahrscheinlich – Johann Hinrich Wichern schrieb: Baden steht zwischen Württemberg, den Cantonen Basel und Zürich und dem Elsaß eigenthümlich isolirt da, in Beziehung auf die freie Association zu praktisch christlichen Zwecken in unmittelbarster Nähe. Während in den genannten, Baden umgebenden, Ländern Vereine und Anstalten christlicher Liebe aller Art blühen und zunehmen, kommt aus Baden uns kaum eine Kunde von verwandten Unternehmungen zu. Diese Klage über mangelnden missionarischen und diakonischen Einsatz dürfte kaum mit dem Hinweis auf Wicherns defizitäre Kenntnisse zu entkräften sein, galt er doch als überaus gut informierter Fachmann, wie die in der genannten Zeitschrift abgedruckte Auflistung badischer Werke der Inneren Mission zeigt. Die badischen Entwicklungen der Inneren Mission und der „Diakonie“ verfolgte Wichern spätestens seit den frühen 1830er Jahren. Seit dieser Zeit pflegte er auch direkte Kontakte zu Badenern.
Der Bergrain ist ein Sporn der Niederterrasse, der gebildet wird von
der Rheinaue und der des Feuerbaches. An seinem Fuß liegt das Dorf
Kirchen, das inzwischen mit seinem Nachbarort zu der Gemeinde Efringen-
Kirchen im Landkreis Lörrach zusammengeschlossen wurde. [...]
An der Südwestseite der Hochfläche steigt die Straße Kirchen-Eimeldingen
aus der Stromaue herauf zur Niederterrasse. Längs dieser Straße befindet
sich eine nunmehr aufgegebene Kiesgrube von großem Ausmaß. Sie wird
sicher schon lange betrieben. In dem Ortsplan eines Grundbuches aus den
Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts, der auf dem Rathause liegt, ist sie
längst noch nicht so weit neben der Straße in die Niederterrasse hinein
vorgetrieben.
Der erste Fund aus dem Bereich der Kiesgrube wird aus dem Jahre 1880
gemeldet. Es handelt sich um ein alamannisches Plattengrab. Einige weitere
Gräber dieser Art wurden um die Jahrhundertwende beobachtet.
Doch obschon die These von der Quellenvielfalt für große Teile des 20. Jahrhunderts vielleicht zutreffen mag, so zeigt sich auch hier, dass es wohl keine grundsätzlichen Befunde ohne Ausnahmen gibt. Blickt man nämlich auf die nationale Geschichte Deutschlands, so findet sich in der Tat ein Zeitraum im 20. Jahrhundert, in welchem die Quellenlage außerordentlich dünn ist: Für die letzten Tage des „Dritten Reichs“, die Endphase des Zweiten Weltkriegs also, sind die Quellenbestände keineswegs so üppig wie man dies allgemein für das 20. Jahrhundert annehmen könnte. Noch kritischer wird die Quellenlage, wenn explizit lokal- und regionalgeschichtliche Fragestellungen in den Blick genommen werden. Diesem Problem will sich die vorliegende Studie ganz bewusst stellen, indem exemplarisch die Region Freiburg im Frühjahr 1945 in den Blick genommen wird. Es soll nachfolgend der Versuch unternommen werden, das Ende des Zweiten Weltkriegs und die ersten Wochen der Besatzungszeit am regionalen Beispiel zu rekonstruieren. Grundlage dieses Unterfangens ist ein bislang weitgehend unbeachtetes Quellenkorpus kirchlicher Provenienz, der nicht nur die verfügbaren Quellen zum Kriegsende ergänzt, sondern auch neue regionalgeschichtliche Perspektiven auf jene Zeit ermöglicht. Damit versteht sich der vorliegende Beitrag zugleich als ein Beleg für das Potential, welches die Geschichtswissenschaft aus einer verstärkten Beschäftigung mit Quellenbeständen aus kirchlichen Archiven ziehen könnte.
Rede Festakt GHV
(2020)
Liebe Freunde und Mitglieder des Geschichts- und Heimatvereins Villingen, sehr geehrte Damen und Herren.
„Wer die Enge seiner Heimat begreifen will, der reise. Wer die Enge seiner Zeit ermessen will, studiere Geschichte“, dieses Zitat Kurt Tucholskys klingt fast so als hätten es vor 50 Jahren die Gründer des Geschichts- und Heimatvereins Villingen aufgegriffen, um daraus das Erfolgsprogramm zu machen, welches unseren Verein bis heute auszeichnet. Heute feiern wir Geburtstag und ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind, um mit uns zu feiern. Die illustre Zahl unserer Gäste zeigt mir, dass die immerhin rund 200 Gründungsmitglieder, welche den neuen Verein am 10. Juni 1969 aus der Taufe hoben, eine
wirklich tolle und sehr nachhaltige Entscheidung trafen.