943 Geschichte Deutschlands
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Hesselhurster Geschichte(n)
(2004)
17 junge Menschen zwischen 12 und 18 Jahren aus Hesselhurst haben Dorfgeschichte recherchiert und dokumentiert. Sie waren Teilnehmer an einem freiwilligen Jugendprojekt, gefördert und unterstützt von der Landesstiftung Baden-Württemberg und dem Paritätischen Bildungswerk. In 900 Stunden haben die jungen Leute die Geschichte des Dorfes erforscht. Sie haben in Archiven gestöbert, ältere Mitbürger gefragt, vieles aufgeschrieben und nachgefragt. Sie haben viel Neues über ihr Dorf erfahren. Auf viele Fragen haben sie Antwort erhalten, einige sind offen geblieben, neue sind aufgetreten. Wir erheben mit den Ergebnissen dieser Arbeit nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Das Kinzigtal vor 100 Jahren
(2004)
Auch für den Heimatforscher gilt der alte Spruch: ,,Zu den Quellen!", wenn es darum geht, Neues zu erforschen, zu entdecken oder Verschollenes zu finden. Zahlreiche große und kleine Archive halten Quellenmaterial bereit. Doch auch die Tageszeitungen können als ausgezeichnete Quellen herangezogen werden. Was heute aktuell, ist morgen bereits Geschichte. Fast alle Zeitungsverlage archivieren jahrgangsweise ihre Ausgaben, meist in gebundener Buchform. Bei
entsprechender Vorsprache können die Ausgaben eingesehen werden. Vor allem bei Gemeinde- oder Vereinsjubiläen können zeitgenössische Berichte als verlässliche „Zeitzeugen" benutzt werden. Für einen monatlichen Jahrhundertrückblick für das Kinzigtal habe ich mir die Ausgaben des „Der Kinzigthäler" - Verlagsort Wolfach - für das Jahr 1903 ausgewählt. Da diese Zeitung auch als „Amts- Verkündigungs-Blatt für den Amts- und Amtsgerichts-Bezirk Wolfach" diente, mussten die Gemeinden die laufenden Zeitungen sammeln und jahrgangsweise binden und archivieren lassen. Das erleichtert die Durchsicht bzw. die Erarbeitung. Dabei habe ich festgehalten, was heute noch allgemein von Interesse sein könnte.
Sklavenarbeit in Offenburg
(2004)
Am 25. oder 26. März 1945 kam der 18-jährige Marko Moskowitz als KZ-Häftling und Sklavenarbeiter in die Stadt Offenburg. Er gehörte einem Transport mit etwa 580 bis 650 Häftlingen an, der wenige Tage zuvor im oberpfälzischen Konzentrationslager Flossenbürg zusammengestellt und daraufhin nach Offenburg überführt wurde. Das Häftlingskommando, jetzt der Kommandantur des KZ Natzweiler unterstellt, war in die Stadt verlegt worden, um auf dem Bahngelände Blindgänger abgeworfener Bomben zu entschärfen sowie Aufräum- und Reparaturarbeiten durchzuführen. Die
Geschehnisse um diesen Flossenbürger Häftlingstrupp wurden schon mehrfach beschrieben, zumal damit eines der bedrückendsten Ereignisse der NS-Geschichte in der Stadt Offenburg verbunden ist: das Massaker an 41 KZ-Gefangenen am 12. April 1945 durch SS-Wachpersonal. Marko Moskowitz überlebte die Wochen als Sklavenarbeiter in Offenburg und
konnte am 20. April 1945 während eines Evakuierungstransports in Freiheit gelangen. Die Umstände des Arbeitseinsatzes der Flossenbürger KZHäftlinge in Offenburg sind inzwischen weitgehend bekannt. Noch immer fehlen jedoch genaue Angaben über die Zahl der nach Offenburg transportierten Gefangenen sowie nähere Kenntnisse über deren individuelle Einzelschicksale. Nur ein Bruchteil der Häftlingsnamen sind bislang dokumentiert, zu fast keinem der Gefangenen sind darüber hinaus gehende Informationen bekannt. Ein Dokument aus dem Holocaust Memorial Museum in Washington macht diesbezüglich auf das Schicksal eines der Offenburger Häftlinge, des ungarischen Juden Marko Moskowitz, aufmerksam.
Kaum ein anderes Thema hat in den zurückliegenden Jahren in der geschichtswissenschaftlichen Forschung eine größere Bedeutung eingenommen und mehr Einzelstudien hervorgebracht wie das Thema „Zwangsarbeit im Dritten Reich". Durch die medienwirksamen Debatten um die Errichtung (2000) und Tätigkeit der vom Bund und der deutschen Wirtschaft getragenen Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" ist dieser bedeutende historische Forschungsgegenstand auch in die breite Öffentlichkeit transportiert worden. Im Folgenden wird versucht, den in diesen Zusammenhängen verhältnismäßig wenig untersuchten Bereich „Zwangsarbeit auf dem Land" im Rahmen einer regionalgeschichtlichen Rundfahrt zu sechs verschiedenen historischen Stätten in der südwestlichen Ortenau zu behandeln und damit eine Projektidee vorzustellen, die sich als geschichtsdidaktischer Ansatz insbesondere an Multiplikator/innen in der Jugend- und Erwachsenenbildung richtet.
Am 29. November 1940 erhielten die Landräte und Polizeidirektoren der entsprechenden badischen Städte, sowie der Polizeipräsident von Mannheim ein Informationsschreiben des „Generalbevollmächtigten für das jüdische Vermögen in Baden“ (abgekürzt G.J.V.) in Karlsruhe, Carl Dornes. Auslöser war die Deportation der badischen und saarpfälzischen Juden am 22. Oktober 1940 in das südfranzösische Lager Gurs. Einen Tag später hatte Gauleiter Robert Wagner in einem Erlass deren Vermögenswerte als dem Land Baden verfallen erklärt. Nun konzentrierte sich die Verwaltung und Verwertung des jüdischen Vermögens – so der Betreff im oben genannten Schreiben – auf die Sicherstellung von Kunstgegenständen in den verlassenen Wohnungen. Um zu vermeiden, dass wertvolle, d. h. museumswürdige Kunstgegenstände und Bibliotheken in öffentliche Versteigerungen gelangten, sollten solche Objekte von fachkundigem Personal der Landeskommissarbezirke Karlsruhe und Mannheim erkannt, aussortiert und gesondert gelagert werden. In Karlsruhe waren der kommissarische Leiter des Badischen Landesmuseums, Ludwig Moser, und ein zunächst namentlich nicht genannter Vertreter der Badischen Landesbibliothek für die Bewertung der Gegenstände vorgesehen. In den Städten Heidelberg, Freiburg und Konstanz
sollten ebenfalls Museumsmitarbeiter diese Aufgabe übernehmen. Für Karlsruhe wurde bestimmt, solcherart ausgesonderte Kunstgegenstände, Sammlungen und Teppiche im Badische Landesmuseum zu deponieren.
Interniert in Kislau
(2019)
Weder die deutsche Öffentlichkeit noch die Geschichtswissenschaft beschäftigte sich nach Ende des „Dritten Reiches“ mit dem Schicksal der Menschen, die im Nationalsozialismus als „Asoziale“ verfolgt wurden. Noch weniger bekannt ist, dass sich deren Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 begrenzte, sondern bereits im Kaiserreich praktiziert wurde und auch in der Bundesrepublik weiter anhielt. Die Betroffenen – insbesondere Menschen ohne festen Wohnsitz – waren noch Jahrzehnte nach Kriegsende mit Ressentiments und Kriminalitätszuschreibungen konfrontiert. Da sie nicht als Opfer „rassischer Verfolgung“ anerkannt wurden, hatten sie keine Ansprüche auf finanzielle Entschädigung für das erlebte Leid. Die Forschung lenkte ihren Blick erstmals und auch nur vereinzelt in den 1980er-Jahren auf das Schicksal der als „asozial“ Stigmatisierten. Dies geschah im Zuge der generellen Entdeckung sogenannter „vergessener Opfer“, die sich nach Kriegsende nicht in Opferverbänden zusammengeschlossen hatten und daher kaum öffentlich wahrgenommen wurden. Mittlerweile sind viele der „vergessenen Opfer“ anerkannt worden, wie die Homosexuellen, Sinti und Roma, Zwangssterilisierte oder sowjetische Zwangsarbeiter, allerdings fehlen bis heute die „Asozialen“. Als „asozial“ abgestempelte Personen wurden in nationalsozialistische Konzentrationslager eingewiesen – meist versehen mit dem schwarzen oder grünen Winkel – und dort zu Tausenden ermordet, aber auch in reichsweit existierenden Arbeitshäusern interniert. Darunter befand sich ein badisches Arbeitshaus, das auf dem Gelände des Schlosses Kislau bei Mingolsheim (heute Bad Schönborn) untergebracht war.
Kislau ist heute ein Begriff geworden. Was Dachau für Bayern und Oranienburg für Norddeutschland bedeutet, bedeutet Kislau für Baden. Dies wurde im Januar 1936 in einer Sonderausgabe des ‚Stürmer‘ behauptet. Dass sich im ehemaligen
Bischofsschloss Kislau im heutigen Bad Schönborn von 1933 bis 1939 ein Konzentrations- und Bewahrungslager befand, ist heute kaum bekannt. Während die später eingerichteten Konzentrations- und Vernichtungslager im kulturellen Gedächtnis stark verankert sind, wissen bislang nur wenige, dass bereits 1933 etwa 100 Konzentrationslager im Reichsgebiet errichtet wurden. Auch die Geschichte des badischen Konzentrationslagers Kislau ist noch nicht detailliert erforscht. Der 2012 gegründete Lernort Zivilcourage & Widerstand e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers einen Lernort zu schaffen. Als frühes Lager steht Kislau an der Schnittstelle von Weimarer Republik und NS-Regime und damit von Demokratie und Diktatur. Am Beispiel Kislaus sollen in der Vermittlungsarbeit des Lernorts die Unterschiede beider Systeme herausgearbeitet und diskutiert werden. Hierfür bedarf es grundlegender Kenntnisse über die Geschichte des Ortes. In diesem Zusammenhang sind die Verfasserin und ihre Kollegin auch forscherisch tätig und versuchen, bestehende Forschungslücken sukzessive zu schließen.
Die Geschichte des badischen Landesverbands der Deutschnationalen Volkpartei (DNVP) ist ein Desiderat der südwestdeutschen Landesforschung, obwohl die Partei eine nicht unwesentliche Rolle bei der Erosion der badischen Demokratie spielte. In Baden repräsentierte die DNVP bis zu den Landtagswahlen 1929, bei denen die rechtsextremistische NSDAP insbesondere den Deutschnationalen Stimmen abschöpfen konnte und mit sechs Abgeordneten in das Karlsruher Ständehaus einzog, alleine die rechte, ja rechtsradikale sowie deutlich antisemitisch eingefärbte Opposition, zumal sie anders als im Reich niemals an der Regierungsverantwortung beteiligt war. Gemäßigte rechte Elemente, die nicht in fundamentaler Opposition zum Weimarer Staat standen, wurden in Baden bis Mitte der 1920er Jahre ausgeschieden; so verteidigte der erste Landesvorsitzende Adelbert Düringer nach der Ermordung Walther Rathenaus die Verabschiedung des
Republikschutzgesetzes, woraufhin er aus der DNVP gedrängt wurde. In der Folgezeit betrieb die badische DNVP eine radikale Obstruktionspolitik gegen das „System Weimar“ und verteidigte alle rechtsradikalen Aktivitäten und Kampagnen. 1924 forderte sie im Landtag die Aufhebung des infolge des gescheiterten Hitler-Putsches erlassenen Verbots der NSDAP. Nach den Landtagswahlen im Oktober 1929 betrieben die badischen Deutschnationalen im Landtag unter ihrem Wortführer Paul Schmitthenner einen deutlichen Annäherungskurs an die NSDAP und unterstützten deren Anträge sowie provozierende Einlassungen. Der vorliegende Aufsatz ist ein Destillat der an der Universität Heidelberg vorgelegten und von Frank Engehausen sowie Eike Wolgast betreuten Masterarbeit und kann lediglich, nicht zuletzt aufgrund der schwierigen Quellenlage, neben der Gründungsphase vor allem auf die Jahre nach 1929 detailliert eingehen.
In der Weimarer Republik, insbesondere in deren Endphase, wurde die politische Auseinandersetzung in Karlsruhe, wie in anderen deutschen Großstädten auch, durch den Gegensatz von Nationalsozialisten und den Vertretern der anderen
politischen Parteien beherrscht. Neben dem verbalen parlamentarischen Schlagabtausch war es dabei ab 1929 vermehrt auch im öffentlichen Raum zu Handgreiflichkeiten bzw. körperlichen Attacken zwischen beiden Seiten gekommen. Als erster Vorfall dieser „Politik der Straße“ (Ernst Otto Bräunche) ist die sogenannte Hoelz-Schlacht vom 23. April 1929 zu nennen. An diesem Tag sprach Max Hoelz, ein aus Sachsen stammender und 1921 führend an kommunistischen Aufständen in Mitteldeutschland beteiligter Kommunist, in der Karlsruher Festhalle, wobei es am Ende der Veranstaltung zu einer tätlichen Auseinandersetzung
zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten gekommen war, bei der Hoelz selbst verletzt wurde und erheblicher Sachschaden entstand. Ein weiterer Vorfall, der bisher nur wenig bekannt war, stellt die Prügelei zwischen Nationalsozialisten und einer Gruppe internationaler Konferenzteilnehmer im Gasthaus „Darmstädter Hof“ vom 19. Dezember 1929 dar.
Seit einiger Zeit hat die fränkische Reichsritterschaft wieder die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen, nachdem sie geraume Zeit doch stiefmütterlich behandelt worden war. Dabei standen noch immer die lange höchst kontrovers
diskutierten Fragen nach der Genese des ‚Corpus equester‘ und der Zeitpunkt oder Zeitraum von dessen ‚Geburt‘ sowie der Ausbildung der sechs Orte (Kantone) im Vordergrund. Mit der grundlegenden Darstellung durch Cord Ulrichs können diese Probleme als gelöst gelten. Eine andere Frage harrt dagegen noch immer der Beantwortung. Neben dem Ritterkreis auf Korrespondenztagen und dessen Untergliederungen in Orte (Kantone) auf Orttagen trat das Corpus sowohl nach außen als auch nach innen als handelnde Körperschaft auf. Das einzelne Mitglied dagegen, wenn es nicht gerade den Rang des Ritterhauptmanns bekleidete oder eine sonst wichtige Funktion einnahm, lässt sich nur als gleichsam anonymes ‚zoon politikon‘ fassen. Nicht minder blass blieb bisher das Wissen um die Binnenstruktur eines Kantons, versteht man darunter Faktoren wie Wirtschaftsweise, Bildungsinteresse, Lebensstil, Konnubium, Verhältnis zu den Untertanen und anderes mehr Freilich stößt die Klärung solcher Fragen im Rahmen eines Kantons an ihre Grenzen, da selbst in diesen die landschaftlichen Verhältnisse zu unterschiedlich sind.