943 Geschichte Deutschlands
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Vom 20. Juni bis zum 19. Juli 2013 zeigte die Sparkasse Kraichgau in ihren Brettener
Kundenräumen die Ausstellung ,,' ... war gar kunstlich gemachet', Spuren der
Kunst um 1500". Bemerkenswert aus der Sicht der Heimatforschung im Kraichgau
war die Tatsache, dass die kunsthistorischen Aussagen dieser Schau sich fast durchgängig
auf konkrete Beispiele aus der Region bezogen und damit in gelungener
Weise eine Brücke zwischen Kunst- und Regionalgeschichte schlugen. So gingen
einzelne Aufsätze des umfangreichen und vielfach bebilderten Ausstellungskatalogs
unter anderem auf kunst- und baugeschichtliche Aspekte des Heidelberger
Schlosses, des Firstständerhauses in Zeutern, des Brettener Simmelturms sowie verschiedener
Kraichgauer Klöster und Pfarrkirchen ein.
Beim Durchsehen von Werkverzeichnissen fällt immer wieder ins Auge, dass bestimmte dort
aufgeführte Quellen beispielsweise als „Kriegsverlust“ oder als „verbrannt 1944“, als „seit 1945
verschollen“ oder etwa als „heute in Krakau“ gekennzeichnet sind. Es kommt auch vor, dass man in der
Neuauflage der Musik in Geschichte und Gegenwart oder im New Grove dictionary of music and musicians in den
Werkübersichten zum Schaffen einzelner Komponisten von Quellen erfährt, die sich dann, fragt man bei
der genannten Bibliothek an, als Kriegsverluste herausstellen. Je mehr Werk- und Quellenverzeichnisse
man durcharbeitet, um so mehr verdichtet sich der Eindruck, dass angesichts der hohen Zahl solcher
Einträge doch vielleicht auch der entgegengesetzte Ansatz, und zwar eine Aufarbeitung der
Kriegsverluste selbst, zu beschreiten wäre. Für die deutschen Musiksammlungen wurde bisher kein
Versuch unternommen, deren Kriegsverluste systematisch und auf breiter Basis zu untersuchen, zu sehr
hat sich die Musikwissenschaft seit 1945 mit der Sichtung und Erforschung des Erhaltenen beschäftigt,
als dass sie sich – mit Ausnahme gewisser Spitzenstücke – des Verlorenen angenommen hätte, wie dies
in der Kunstgeschichte schon seit langem der Fall ist. Die vorliegende Arbeit ist der erste Teil einer
grossflächig angelegten Studie, welche die Geschichte der musikalischen Quellensammlungen deutscher
Bibliotheken im Zweiten Weltkrieg anhand bisher unveröffentlichter Akten beschreibt, die Ursachen für
die Quellenverluste darstellt und später einen Gesamtkatalog der feststellbaren Kriegsverluste an
handschriftlichen und gedruckten Noten bis zum frühen 19. Jahrhundert auf der Grundlage historischer
Inventare liefern wird.
Wären das im Walde bei Hammereisenbach stehen gelassene Schlittenhaus und ein
im karpatischen Stil verziertes Waldarbeiterhaus nicht gewesen, wäre man nicht auf
jene Volks- und Berufsgruppe gestoßen, die in der regionalen Geschichte zum Zweiten Weltkrieg bis heute keine Erwähnung gefunden hat und über deren Schicksal
nur wenig in Erfahrung zu bringen ist. Die Rede ist von den ungarischen Waldarbeitern, besser gesagt den ethnischen Ungarn aus den Karpaten des heutigen Rumänien, welche Ende 1942 und nochmals 1943 angeworben wurden und im
badischen Schwarzwald vorwiegend auf dem Gebiet des heutigen Schwarzwald-Baar-Kreises zum Einsatz kamen.
In einem Überblick über den Stand der Erforschung der badischen Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts benennt Udo Wennemuth zahlreiche Desiderate, nicht zuletzt über die eigentlich gut und breit erforschte Zeit des „Dritten Reiches“. Unter anderem führt Wennemuth aus: „Die Arbeit der Kirche im ‚Untergrund‘ ist noch unerforscht. Manches weiß man vom Hörensagen.“ Eine Auswertung von Quellen stünde jedoch aus. Auf Grund der Aktenlage bleibt es schwierig, das real Erlebte zu rekonstruieren – selbst dann, wenn zahlreiche Materialien vorliegen. Ehemalige „Deutsche Christen“ (DC), sofern sie den Krieg überlebten, verwahrten nach 1945 zahlreiche Dokumente und haben diese nicht selten noch zu Lebzeiten vernichtet, um weitere eigene Verstrickungen nicht bekannt werden zu lassen. Auch bei der Bekennenden Kirche (BK) können, so Wennemuth, nicht „[d]ie gesamten internen Prozesse“ beschrieben werden. Hier fehlt oft das Material, das vor 1945 ja außerordentlich belastend gewesen wäre. Die volkskirchliche „Mitte“ dagegen hat ihre Positionen nicht detailliert begründet und eher versucht, sich nicht zu äußern, so dass nur das Archivmaterial des traditionellen kirchlichen Alltags entstand. Manfred Gailus resümiert forschungsgeschichtlich zu Recht: „Eine Sozialgeschichte des Kirchenvolkes im NS-Staat steht sowohl für den Protestantismus als auch für den Katholizismus noch aus.“
Im Jahre 1913 – also noch zu Zeiten der formalen Geltung des landesherrlichen Kirchenregiments in Baden – definierte die RGG (in erster Aufl.) den Begriff „als ein(en) wenig glücklich(en) Ausdruck für die Sonderstellung, die in den deutschen ev. Landeskirchen der Landesherr als Kirchenglied einnimmt. Als Summepiscopus (= Erster oder Oberbischof) ist der Landesherr Träger des *Kirchenregiments […]; über die Ableitung dieses Rechtes vgl. *Episcopalismus […], *Territorialismus, *Kollegialismus. Ueber die Bedeutung und den Wert dieser Stellung des Landesherrn vgl. *Landesherrliches Kirchenregiment […]“ Damit sind bereits zwei Erkenntnisse gewonnen: erstens geht es um die kirchenverfassungsmäßige Sonderstellung des Fürsten in der evangelischen Kirche; und zweitens ist der diese bezeichnende Begriff als „wenig glücklich“. Zwar verrät der
Verfasser (Förster) nicht, warum die Begrifflichkeit ihn unglücklich stimmt, aber vielleicht nahmen wir eben schon beim Hören an seinem Unglück Anteil, wenn wir den ganzen Verweiskatalog auf die staatskirchenrechtlichen Begriffe zur Kenntnis
nahmen, die manchen unter uns im Laufe des zweiten theologischen Examens zum ersten und vielfach auch letzten Mal im Fach Kirchenrecht vor Augen getreten sind. Wie war das noch mit Episkopalismus, Territorialismus und Kollegialismus?
Nun möchte ich Ihnen sogleich diese Sorge nehmen, dass wir in diesem Kurzvortrag den Begriffskatalog abarbeiten könnten. Dazu fehlt uns die Zeit und es soll ja um die badischen Verhältnisse gehen. Zugleich muss uns klar sein, dass Begriff und
Wesen des Summepiskopates nicht isoliert zu entwickeln sind, sondern historische Voraussetzungen und Niederschläge kennen, die anhand ausgewählter Stationen der badischen Kirchengeschichte beschrieben werden sollen.
Die Bürgerversammlung am 27. Februar 1848 im Aulasaal des alten Jesuitengymnasiums in Mannheim war das "erstes Ereignis der deutschen Revolution" (P. Blastenbrei). Nach der Nachricht der Abdankung und Flucht des "Bürgerkönigs" Louis Philippe und der Ausrufung der Republik am 24.02.1848, reagierte Mannheim "als erste badische und damit auch erste deutsche Stadt" (P. Blastenbei) auf die Ereignisse in Paris. Am Sonntag, den 27. Februar nahmen auf Einladung von Struve und Hoff über 2500 Personen an einer Volksversammlung im Aulasaal teil. Dort wurden die vier "Märzforderungen" beschlossen: Volksabstimmung mit freier Wahl der Offiziere, Pressefreiheit, Schwurgerichte nach dem Muster Englands und Herstellung eines deutschen Parlaments.
900 Jahre Baden?
(2012)
Eigentlich hat es sich ja längst herumgesprochen: Das 900jährige Jubiläum, das in diesem Jahr mit einer großen Ausstellung des Badischen Landesmuseums und üppigem Rahmenprogramm begangen wird, ist kein Landes- sondern ein dynastisches Jubiläum. Nicht das Land und schon gar nicht sein Name werden in diesen Tagen 900 Jahre alt, vielmehr trat vor 900 Jahren die Dynastie, die dieses Land bis 1918 regierte, zum ersten Mal unter dem Namen Baden in Erscheinung – einem Namen, der in Wirklichkeit sehr viel älter ist.
Zu den traditionellen konstitutiven Elementen einer badischen Identität wie gemeinsamen sozialen, wirtschaftlichen, sprachlichen
oder konfessionellen Erfahrungen und vor allem der Zugehörigkeit zu einem hierarchisch gegliederten Personenverband mit der Herrscherfamilie an der Spitze, kam im 19. Jahrhundert die rechtliche und weitgehend auch politische Egalisierung der Badener auf der
Grundlage einer modernen Verfassungsordnung hinzu. Welche Bedeutung die Zeitgenossen diesem neuen konstitutiven Element
badischer Identität zumaßen, lässt sich anhand der Feiern aufzeigen, die zu den Jubiläen der badischen Verfassung von 1818 veranstaltet
wurden: zunächst in einem zeituntypisch kurzen Erinnerungszyklus von 25 Jahren sowie nach 50 und 100 Jahren jeweils in besonderen
politischen Krisenkonstellationen, in denen der Fortbestand der Verfassung in hohem Maße gefährdet erscheinen konnte.
Die Wiederherstellung Badens und die Bildung eines Südweststaats sind Projekte der Besatzungszeit. Sie nahmen Gestalt an, als die Westmächte im 1948 "ihren" Ministerpräsidenten die Aufgabe stellten, die für Besatzungszwecke
zusammengeschusterten Ländchen in Länder zu verwandeln, die geeignet wären, dem geplanten Weststaat, also der späteren Bundesrepublik, ein nützlicher Unterbau zu sein. Weil sie dabei Rufer in der Wüste waren, regten sie an, eine entsprechende nachholende Möglichkeit im Grundgesetz vorzusehen. Daraus wurde Art. 29 GG. Ein weiteres Fenster öffneten württembergische Vertreter im Parlamentarischen Rat: Artikel 118 GG sollte – unabhängig von Art. 29 GG und unter der Voraussetzung, dass die Hohen Kommissare es erlaubten – zu einer vorgezogenen, auf den Südwesten beschränkten Neugliederung führen können.
Datiert vom Tag der Apostel Philipp und Jakob, dem 1. Mai des Jahres 1393 stiftete der zu jener Zeit schon betagte Mainzer Erzbischof und Kurfürst Konrad von Weinsberg zur Rettung seines und seiner Vorfahren Seelenheils bei Burg Guttenberg über dem Neckar eine Kapelle zur Ehren Gottes und des heiligen Bekenners und Bischofs Eucharius. Da Guttenberg und das dabei gelegene Dorf (Neckar-) Mühlbach Filial der Pfarrei Heinsheim waren, hatte der Stifter es nicht versäumt, vorab das Einverständnis der zuständigen Kirchenoberen einzuholen, des Dekans und Stiftskapitels von Wimpfen im Tal, der patronorum seu collatorum necnon pastoris prefate parrochialis ecclesie, der Patrone, Leiheherren und Pfarrherren zu Heinsheim. Patronus, collator und pastor ecclesie parrochialis – drei Zentralbegriffe der älteren Kirchenverfassung. In die neue Kapelle stiftete Konrad von Weinsberg ein beneficium perpetuum, das heißt eine Pfründe für einen täglich dort zelebrierenden Kaplan, und dotierte diese mit einem in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kapelle noch zu errichtenden Haus sowie mit näher bezeichneten Pfründgütern und -einkünften in umliegenden Dörfern. Außerdem verordnete er dem jeweiligen Kaplan einen Platz am Tisch des Guttenberger Burggesindes und traf detaillierte Verfügungen bezüglich der Pflichten und Rechte der künftigen Pfründinhaber. Die Verleihung der Kaplaneipfründe sollte – wie üblich – für alle Zeiten dem jeweils Erstgeborenen und ältesten Agnaten des Hauses Weinsberg zustehen, dem verus heres proximior et senior masculus. Indes ging das Haus Weinsberg bereits in der nächsten Generation in Konkurs und starb wiederum eine Generation später im Mannesstamm aus. Burg Guttenberg gelangte 1449 samt der dazugehörigen Herrschaft und dem Recht zur Verleihung der Kaplaneipfründe in den Besitz der Kraichgauer Ritteradelsfamilie von Gemmingen.
Das Freiburger Münster bildete einen zentralen Pol in der öffentlich-städtischen Religiosität der
Stadt Freiburg. Religiöse Verbindungen formten vielgestaltige Beziehungsgeflechte in der städtischen
Kultur und umspannten die mittelalterliche Gesellschaft. Auch Universitäten wurden im
Mittelalter als geistliche Institutionen verstanden. Mit den zunehmend urbanen Strukturen profilierte
sich sowohl von städtischer als auch von kirchlicher Seite eine Vielzahl von Gruppierungen
mit eigenen Anspruchshaltungen. Im Brennpunkt des Freiburger Münsters trafen diese
aufeinander und kulminierten, wodurch ihm eine Schlüsselstellung in der kirchlichen Praxis
Freiburgs zukam.
Im Stadtarchiv Freiburg lagert unter der Signatur Cl Militaria 101 , fol. 39r-41v, ein Schriftstück
aus dem Deutschen Bauernkrieg von 1525. Es trägt die Überschrift "Handlung vnd feldartickel,
so furgenomen worden sind vjf montag nach der alten vaßnacht [ 6. März] von allen
hujfen vnd reten, so sich zusammen verpjlicht in dem namen der heilgen vnzerteilten dryvaltigkeit
anno etc xvc xxv [1525]" .
Unschwer erkennt man in der sorgfältig erstellten Handschrift ein zentrales Dokument aus
der Erhebung von 1525 wieder: die in der modernen Geschichtswissenschaft sogenannte
„Memminger Bundesordnung". Diese wurde von den Führern der drei oberschwäbischen
Bauernhaufen am 6. und 7. März in Memmingen als Verfassung der von ihnen gegründeten
„Christlichen Vereinigung" beraten und verabschiedet.' Wenig später wurde sie gedruckt; was
die Bedeutung erkennen lässt, die ihr damals beigemessen wurde. Denn nur zwei bäuerlichen
Programmschriften, den „Zwölf Artikeln" und der „Memminger Bundesordnung", widerfuhr
die Auszeichnung, im Druck bekannt gemacht zu werden. Bei genauerem Hinsehen wird aber
auch deutlich, dass die Freiburger Handschrift keine bloße Abschrift des gedruckten Textes war.
Durch Streichung, Abwandlung und Hinzufügung von Artikeln war sie vielmehr eine eigene,
für sich stehende Fassung der gedruckten „Memminger Bundesordnung" - eine nach ihrem archivalischen
Lagerort sogenannte „Freiburger Bundesordnung".
Im Jahr 2011 feierte die heute zu Offenburg gehörige Gemeinde Bohlsbach das Jubiläum der Ersterwähnung des Ortes
vor 1050 Jahren mit einer Rückschau aus der Gegenwart in die Vergangenheit. Der konkrete Anlass bezog sich auf eine auf
das Jahr 961 datierte Urkunde, doch wie bei jedem Jubiläum war der eigentliche Grund dieser Feier vielmehr das, was im
Lauf der Zeit aus dem Ort geworden ist, seine Entwicklung und das Ergebnis dieser Entwicklung, wie es sich in der Gegenwart widerspiegelt. Dennoch ist die Ersterwähnung eines Ortes immer ein besonderer Punkt in dessen Geschichte. Sie liefert eine Jahreszahl, die sozusagen als Startpunkt angesehen werden kann, von dem eine historische Entwicklung ausgeht, die idealerweise bis in die heutige Zeit anhält. Es handelt sich bei solchen Ersterwähnungen in der Regel nicht um die Mitteilung von unmittelbaren Gründungsvorgängen, etwa dass ein Kloster gegründet oder eine Kirche dort neu errichtet wird, wo zuvor keine bestanden hatte, sondern sie teilen mit, dass sich zu diesem Zeitpunkt „etwas" an diesem Ort befunden hat, zum Beispiel eine Hofstelle oder irgendein Bauwerk. Dieses „etwas" hatte zu diesem Zeitpunkt in der Regel selbst bereits eine Geschichte hinter sich, bestand vielleicht schon seit Jahrzehnten oder noch länger. Mit einer Ersterwähnung in einer Schriftquelle tritt ein Ort also nicht erst in seine materielle Existenz ein, er wird auf diese Weise nur zum ersten Mal für die Geschichtswissenschaft greifbar.
Am Karfreitag 1945 verhaftete eine Volkssturmeinheit unweit von Bad Rippoldsau, das unterhalb des Kniebismassivs liegt,
zwei Flüchtlinge: zwei junge Menschen, welche die Not der Zeit in die Welt hinausgeworfen hatte, wo sie versuchten, ihr
Leben zu retten. Doch sie trafen auf den SS- und SD-Führer, SS-Totenkopfringträger, SS-Ehrendegenträger und „Inhaber des
SS-Julleuchters", den zeitweiligen NSDAP-Ortsgruppenleiter von Wolfach, Karl Hauger, der seines Zeichens - sozusagen
neben seinen unzähligen NS-Parteibeschäftigungen - auch noch Forstamtsleiter des Staatlichen Forstamtes II in Wolfach,
der damals für Bad Rippoldsau zuständigen Forstbehörde, war. Ein Mann, der seine Unterwürfigkeit zu Partei und Staat auch
durch die Tatsache zum Ausdruck brachte, dass er nicht etwa, wie damals noch weithin üblich, im Frack und Zylinder zum
Traualtar schritt: Der Forstmann heiratete 1934 auch nicht, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, in Forstuniform, sondern
in der schwarzen Uniform der SS. Karl Hauger, im Volksmund von manchen noch heute der „kleine Hitler von Wolfach" genannt, war sich selbst nicht zu schade dafür, sich eigenmächtig zum Richter zu erheben und zum Hinrichter zu erniedrigen.
Aufgrund seiner Parteinahme für König Rudolf von Rheinfelden (t 1080) gegen König
Heinrich IV. (t 1105) im sogenannten „Investiturstreit" wurde Herzog Bertold I. von Kärnten
(t 1078) am 4. Juni 1077 nach alemannischem Recht zum Tode verurteilt und all seiner dignitates
(Würden) und beneficia (Lehen) für verlustig erklärt. Unter diesen beneficia befand sich
auch die im Pagus Breisgau gelegene Grafschaft (comitatus situs in pago Brisgowe), die
Heinrich IV. kaum einen Monat später der bischöflichen Kirche von Straßburg für die treuen
Dienste Bischof Werners schenkte. Es ist das erste und letzte Mal, dass wir etwas über die
Grafschaft im Besitz der Straßburger Kirche hören. Der begünstigte Bischof Werner starb bereits
im November desselben Jahres während eines Kriegszugs in Schwaben. Sein Nachfolger
Thiepald (wohl t 1083) wurde nach der Schilderung des gregorianischen Chronisten Berthold
von Reichenau (wohl t 1088) durch marchio Bertold II. (t 1111), den Sohn des abgesetzten
Grafen im Breisgau und Herzogs von Kärnten, geschlagen. Nach der Sankt Galler Überlieferung
unterwarf Bertold II. nach der Einnahme der Burgen Wiesneck und Zimmern den
gesamten Breisgau seiner Herrschaft. Spätestens zu diesem Zeitpunkt vermochte der Straßburger
Bischof seine Grafenrechte nicht mehr durchzusetzen.
Am 15. April 1945 zogen die französischen Streitkräfte in Offenburg ein. Die furchtbare Zeit des Nationalsozialismus war zu
Ende. Und damit dies so bleibe, wurden Soldaten hier stationiert in Kasernen und Wohnungen. Diese militärische Präsenz
der zuletzt 2000 Berufssoldaten und Wehrpflichtigen dauerte bis zum endgültigen Abzug aus Offenburg im Jahr 1992. Verständlich, dass anfangs auf beiden Seiten überwiegend Misstrauen herrschte und Vorsicht geboten schien. Doch nach und nach besserte sich das deutsch-französische Verhältnis, und es gab schließlich gute freundschaftliche Kontakte miteinander. Das bezog sich nicht nur auf die offizielle, sondern auch auf die zwischenmenschliche Ebene, auf die Beziehungen der französischen Soldaten zur weiblichen deutschen Bevölkerung. Auch enge Verbindungen entstanden daraus.
Der Abt als Dorfchronist
(2012)
Philipp Jakob Steyrer, von 1749 bis 1795 Abt des Benediktinerklosters St. Peter auf dem
Schwarzwald, hat während seiner langen Regierungszeit gewissenhaft ein Tagebuch geführt,
von dem allerdings nur die Jahrgänge bis 1772 erhalten sind. Auf den überlieferten knapp
4.000 Seiten hält der Abt in flüssigem Latein alltägliche und besondere Vorkommnisse aus dem
Stift St. Peter fest, aber auch bedeutende politische, militärische, kulturelle und andere Ereignisse
aus Freiburg, aus dem Breisgau, aus der Habsburger Monarchie und aus dem übrigen
Weltgeschehen. Sein Tagebuch ist damit eine wichtige zeit- und geistesgeschichtliche Quelle
für die Abtei St. Peter und ihre historische Epoche.
Zu den bedeutendsten Entdeckungen in der frühmittelalterlichen Alamannia zählt
zweifellos das Kammergrab, das im März 1966 beim Bau eines Wohnhauses auf der
„Gierhalde“ in Hüfingen zum Vorschein kam. Mit diesem Fund wurde zum ersten
Mal die bedeutende Rolle des römischen Kastellorts „Brigobannis“ in der Merowingerzeit erkennbar. Schlagartig rückte er die politischen Kräfte in unser Blickfeld, die den Gang der Geschichte auf der Baar, im Quellgebiet der Donau und an
der Kreuzung wichtiger Fernstraßen im Frühen Mittelalter bestimmt haben. Die spätere Entdeckung des großen merowingerzeitlichen Ortsgräberfeldes im Gewann „Auf Hohen“ mit seinen mehr als zwanzig Adelsgräbern hat dann
diesen ersten Hinweis eindrucksvoll bestätigt.
Die Ortenau. - 92 (2012)
(2012)
Die kirchenpolitische Neuorientierung unter Friedrich III. (1515; reg. 1559–1576), deren Gipfel die Einführung des Catechismus Oder Christliche(n) Vnderrricht(s) / wie der in Kirchen vnd Schulen der Churfürstlichen Pfaltz getrieben wird bildet, wurzelte bereits in den reformatorischen Maßnahmen Kurfürst Ottheinrichs von der Pfalz (1556–1559). Es war dem Kurfürsten nicht gelungen, mittels der lutherischen Kirchenordnung von 1556 die religiöse Lage zu befrieden, was auch durch eine unglückliche Berufungspolitik verursacht war. Bereits unter Ottheinrich wurden – in eher reformiertem Geiste – die Bilder in den Kirchen zurückgedrängt. Hauptstreitpunkt der Heidelberger Theologen war freilich die Lehre vom Abendmahl, die zum handgreiflich ausgetragenen Streit zwischen Wilhelm Klebitz und Tilman Heshus und schließlich zur Entlassung beider führte. Ottheinrichs Nachfolger Friedrich III. erhoffte weitere Klärung durch ein Gutachten Melanchthons, dass dieser wenige Wochen vor seinem Tode im November 1559 erstattet hat und das Friedrich noch 1560 drucken ließ. Melanchthon war sich über die kirchenpolitische Brisanz durchaus im Klaren, wenn er sagte: Es ist nicht schwer, aber gefährlich, darauf eine Antwort zu
geben.
Hunger, Krieg und Pestilenz
(2012)
Einst hielten die Pfälzer Kurfürsten zu Heidelberg einen Löwen. Doch dann kam der
Winter des Jahres 1607 mit derart grimmiger Kälte, dass der Bodensee vollkommen
mit Eis bedeckt war. Und das stolze Wappentier im Heidelberger Schlossgraben ist
damals jämmerlich erfroren – obgleich es doch »einen schönen Pelz« gehabt hatte.
In eben jenem Jahr 1607 zog auch eine Pestwelle über Württemberg hinweg und
schlug dabei in ungewöhnlicher Heftigkeit zu. Allein in Stuttgart, wo sie volle fünf
Jahre grassiert, tötet sie 2261 Menschen. Das Schlimme an der Geschichte aber ist,
dass solche Katastrophen sich um diese Zeit häufen, und fast immer gehen ihnen
Hungerjahre voraus, verursacht durch Missernten und Teuerung. Diese wiederum
haben ihre Ursache in verregneten, kühlen Sommern.
Freilich, viele Angaben scheinen seltsam widersprüchlich zu sein. Denn immer
wieder folgen auch Jahre mit günstiger Witterung und reichen Erträgen. Während
die 1570er-Jahre mit Ausfällen bei Getreide und Wein beginnen, folgen in den 1580er-Jahren mehrere gute Ernten. 1584 soll es Wein in solchem Überfluss gegeben haben,
dass die Waiblinger Maurer den Mörtel damit anrührten. 1590 indes erfroren in
Neckarrems um Georgi die Reben, während der nachfolgende heiße Sommer fast die
Rems austrocknete. Allzu gern heben solche Nachrichten auf Witterungsanomalien
ab, da diese in der Regel zu existenziellen Krisen führten. Schließlich war die Agrargesellschaft der Vormoderne den Launen der Natur auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Man schätzt das damalige Verhältnis von Aussaat und Ertrag auf eins zu
fünf, so dass es dem Landbewohner kaum möglich war, Vorräte für Mangelernten zu
sammeln.
Jeder Rekrut braucht eine Grundausbildung, um zum Soldaten zu werden. Jeder Truppenteil muss üben, um seinen Auftrag erfüllen zu können. In der Mitte des 18. Jahrhunderts – die erste neue Kaserne in Ludwigsburg war gerade erst im Bau – fand
die Grundausbildung der Soldaten vermutlich in der Nähe der Unterkünfte und das
Exerzieren der Truppe auf öffentlichen Plätzen statt. Die Ausbildung größerer Verbände wurde in Feldlagern durchgeführt. Nach einer Ludwigsburger Chronik hat
die württembergische Armee regelmäßig Feldlager in der Nähe von Oßweil bezogen.
Genannt werden dafür die Jahre von 1753 an.
Es sind nur wenige Einzelheiten darüber bekannt, wie die Ausbildung in den Feldlagern gegliedert war, aber es gab immer mehrere Manöver unterschiedlichsten
Schwierigkeitsgrades, und gegen Ende fand eine große Parade, eine Grand Revue oder
General-Revue, statt, die auch zivile Zuschauer anzog. Ab dem Siebenjährigen Krieg,
genauer: von 1757 an, ist auch bekannt, welche Regimenter bzw. wie viele Soldaten
beteiligt waren und wie lange die Truppen im Feldlager zusammengezogen waren,
bis sie zum Feldzug aufbrachen.
Das Herzogtum Württemberg hatte im Jahr 1752 mit Frankreich einen Subsidienvertrag zur Stellung von 6000 Soldaten in fünf Infanterieregimentern auf sechs Jahre
abgeschlossen und ihn dann bis Ende 1758 verlängert. Ihm hatte sich ein Vertrag auf
nur ein Jahr, aber unter Verdoppelung der Truppenstärke, angeschlossen und schließlich noch ein ebenfalls einjähriger Vertrag mit dem Kaiser.
Auf Messers Schneide
(2012)
1940 und 1941 hätte das Blumberger Bergwerk eigentlich wachsen und gedeihen
sollen. Tatsächlich aber musste Bergwerksdirektor Dr. Hans Bornitz Krisenmanagement betreiben. Absatzprobleme und Fachkräftemangel kennzeichneten die
Lage. Schuld daran hatte der im Herbst 1939 begonnene Krieg. Die grenznahen
Saarhütten lagen bis zum Sommer 1940 still und fielen als Erzabnehmer aus. Die
Ruhrwerke arbeiteten zwar noch, weigerten sich aber, größere Mengen aus Blumberg zu beziehen. Als die Saarhütten nach dem Frankreichfeldzug ihre Produktion
wieder aufnehmen konnten, hatten sie Zugriff auf die lothringischen und luxemburgischen Minettegruben. Deren Erze konnten sie wirtschaftlicher, das heißt mit
deutlich geringerem Kokseinsatz, verhütten als das Blumberger Erz. An ihm besaßen
die Saarhütten fortan keinerlei Interesse mehr. Zwar waren sie der Doggererz AG
(DAG) gegenüber bindende Abnahmeverpflichtungen eingegangen, doch lauerten
sie seit Juli 1940 nur auf eine Gelegenheit, den unwirtschaftlichen Erzabbau zu drosseln oder ganz einzustellen. Nur das Reichswirtschaftsministerium (RWM), das
50 % des Aktienkapitals vertrat, glaubte noch an eine Zukunft des Unternehmens.
Es bestärkte den Vorstand darin, den Betrieb trotz der ungünstigen Situation
konsequent fortzusetzen und auszubauen.
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts erscheinen im Breisgau die Grafen von Freiburg,
auf der Baar die Grafen von Fürstenberg. Die neuen Häuser gingen auf die Brüder
Konrad und Heinrich zurück, die das rechtsrheinische Erbe ihrer Vorfahren unter
sich aufgeteilt hatten. Konrad hatte das Zähringer Erbe im Breisgau, Heinrich den
Besitz im mittleren Schwarzwald und die Gebiete östlich davon auf der mittleren
Schwäbischen Alb erhalten. Konrad von Freiburg trug einen Zähringer Namen;
Heinrich – seit 1250 Landgraf in der Baar – nannte sich „von Fürstenberg“ und war
Heinrich von Neuffen nachbenannt, dem Großvater von Mutterseite her. Beide
Namen beendeten die bei ihren agnatischen Vorfahren seit dem Beginn des 11. Jahrhunderts bestehende Sitte, den Leitnamen „Egino“ zu verwenden; später haben ihn
die Grafen von Freiburg und die Fürstenberger in der Form „Egon“ wieder aufgegriffen.
Frankreich war besiegt und, lt. Wortlaut des Waffenstillstandes von Juni 1940, kollaborierendes Land. Bis 1944 war es demnach unvorstellbar, dass Frankreich zu den Siegern des Zweiten Weltkrieges zählen könnte. Bei der Yalta-Konferenz (Februar 1945) und auf Beharren von General De Gaulle änderten die alliierten Machthaber (Großbritannien, USA und UdSSR) ihre Position und ließen Frankreich an den Verhandlungen teilnehmen. Der Waffenstillstand wurde am 8. Mai 1945 unterzeichnet. Im nächsten Monat begann die Besatzung.
Wer immer sich mit "badischer Geschichte" befasst, der wird für sich selbst und für seine Leser klären müssen, welchen Raum er zu beschreiben gedenkt. Zahlreiche Autoren haben
diese Aufgabe auf recht verschiedene Weise gelöst. Vor allem waren es historische Jubiläen, die den Anlass dafür boten, sich mit "Baden" zu beschäftigen, so wie dies in den Jahren 2002 und 2006 der Fall war, als man der 200. Wiederkehr der Schaffung des Kurfürstentums und des Großherzogtums Baden gedachte – wie übrigens auch des Nachbarlandes Württemberg, das wie Baden zum Kurstaat und danach zum Königreich erhoben wurde. Zum ersten Großherzog wurde der
bisherige Markgraf Karl Friedrich von Baden, dessen 200. Todestag im Jahr 2011 wiederum den Anlass zu einem Jubiläum bot, das den Gründer des modernen Baden feierte. Diese Daten markieren denn auch den tiefgreifendsten Einschnitt, den es in der neuzeitlichen Geschichte des deutschen Südwestens und auf der Landkarte der deutschen Länder gegeben hat. Erst seit diesem Zeitpunkt gibt es das
Land Baden in jenen von nun an festliegenden Grenzen, die alle politischen Veränderungen bis zum 2. Weltkrieg überdauert haben,
In einem Rückblick auf seine Anfangszeit als Justizminister der provisorischen Regierung, die in Folge der Revolution 1918 in Baden in die politische Verantwortung gelangt war, schreibt der Karlsruher Rechtsanwalt Ludwig Marum: "Als ich Minister geworden war, hatte ich den Eindruck, daß meine Ministerherrlichkeit nicht länger als 24 Stunden dauere. Ich habe das Gefühl gehabt, daß wir auf außerordentlich schwankendem Boden uns bewegten." Diese Einschätzung der eigenen Situation nach dem Sturz der Monarchie im November 1918 im Deutschen Reich und in Baden war nicht unbegründet. Denn die am 10. November 1918 im Karlsruher Rathaus von einem sogenannten Wohlfahrtsausschuss und dem Karlsruher Soldatenrat zusammengestellte elfköpfige neue badische Regierung saß zunächst einmal zwischen allen Stühlen.
Aus Anlass und für die Dauer der Sonderausstellung hat das Schloss sein Gesicht verändert: Vor dem Haupteingang erhebt sich ein haushohes Gerüst aus Eisenstangen, das mit bunter Kunststoff -Folie bespannt ist. Darauf sieht man die gelbliche Schlossfassade in hellem Grau abgebildet, also sozusagen kopiert. In der Mitte zeigt diese Installation eine riesengroße rote Kuckucksuhr mit einer Öffnung aus der ein roter Teppich herausleckt. Der ist für den Ankömmling ausgerollt und leitet ihn zum Eingang, wenn er nicht gerade vom Wind hochgewirbelt wird. Zum Glück ist das Schlossportal aber auch noch über die Rampen rechts und links erreichbar.
Frühsommer 1945: Deutschland lag in Trümmern. Das "Dritte Reich", das für sich beansprucht hatte, für alle Zeiten die Geschicke Deutschlands und der "ganzen Welt" zu bestimmen, war in einem Inferno von Tod und Unrecht in sich zusammengebrochen. Nun stand als zentrale Frage im Raum: Wie konnte nach diesem Krieg, den man in Deutschland als "totalen" Krieg bezeichnet hatte, ein Frieden aussehen? War dieses Deutsche Reich, war dieses deutsche Volk überhaupt friedensfähig, hatte es nach Auschwitz noch das Recht, einen Platz in der Gemeinschaft der zivilisierten Nationen einzunehmen? Gleich nach Kriegsende begannen die Alliierten mit dem Wiederaufbau Deutschlands, der mit der Entfernung von Nazi-Strukturen einherging.
Der Bodenseeraum zählte nicht zu den Stammgebieten des markgräflichen Hauses Baden. Erst durch die "napoleonische Flurbereinigung" der Jahre 1802 bis 1806 gelangte Baden zunächst durch die Säkularisierung in den Besitz der Reichsklöster Salem und Petershausen. Erst seit 1806 erstreckte sich das neu geschaffene Großherzogtum Baden bis an den mittleren Bodensee. Die Ausstellung im Schloss Salem thematisiert zum einen die Eingliederung des Bodenseeraumes in den neuen badischen Staat, zum anderen die Hinwendung von Mitgliedern
des Hauses Baden zur Bodenseeregion.
Aus Anlass des Jubiläums schien es angezeigt, im Sinne der politischen Erinnerungskultur badischer Geschichte an einige historische Daten zu erinnern, die besonders im 18. und 20. Jahrhundert, die Modellhaftigkeit der Politik in Baden zeigen. Zum 60. Geburtstag Baden-Württembergs hat sich die Landeszentrale für politische Bildung entschlossen, einen Jubiläumsband unter dem Titel "Baden-Württembergische Erinnerungsorte" herauszubringen. Die acht ausgewählten Ereignisse des vorliegenden Entwurfes beschäftigen sich dagegen mit politischen Ereignissen, die zeigen, dass Baden zu seiner Zeit, jeweils "eine Spanne voraus" war. Den Texten wurden zur besseren Erschließung des Kontextes biografische Skizzen und Literaturangaben beigegeben.
Aus Platzgründen veröffentlichen wir in dieser Ausgabe nur die ersten vier Erinnerungsgeschichten.
Rede des Direktors des Badischen Landesmuseums zur Eröffnung der Landesausstellung am 16. 6. 2012
(2012)
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Generalbundesanwalt, sehr geehrter Prinz Bernhard, sehr geehrte Familie von Baden,
meine Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass das Badische Landesmuseum mit Ihnen heute das 900jährige Jubiläum Badens feiern darf. Das Badische Landesmuseum ist zwar vielleicht – trotz unserer 350 000 Sammlungsobjekten – nicht das größte unter den Museen Baden-Württembergs, wenn auch letztes Jahr wieder das bestbesuchte trotz der damaligen Baumaßnahmen im und vor dem Schloss; es ist aber gewiss das internationalste. Durch unsere
Antikensammlung und das Engagement für die orientalisch-islamischen Kulturen kooperieren wir mit Museen in Frankreich, Italien, Griechenland, Türkei, Tunesien und jetzt insbesondere Algerien und produzieren entsprechende Ausstellungen. Deswegen vernachlässigen wir aber keineswegs die Kernaufgaben im Bereich der badischen bzw. oberrheinischen Geschichte, Kunst und Kultur. Das zeigt der heutige Tag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
eine alte Redensart lautet: "Man muss die Feste feiern, wie sie fallen!« In diesem Jahr feiern wir nicht nur den 60. Geburtstag Baden- Württembergs, sondern auch 900 Jahre Baden. Ich bin gerne in die alte badische Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe gekommen, um mit Ihnen die Jubiläumsausstellung "Baden! 900 Jahre. Geschichten eines Landes" zu eröffnen. Eine Ausstellung, die uns breit und facettenreich, mit vielen Geschichten und Objekten zeigt, was Baden geprägt hat und ausmacht. Die zentrale Frage lautet: Wie wurden wir, was wir sind?
Sehr geehrter Markgraf von Baden, sehr geehrte Markgräfin von Baden, sehr geehrte Markgräfliche Familie, meine Damen und Herren!
I. "Baden … - … Württemberg" – unser Land trägt zwei große Namen. Der erste ist seit 900 Jahren Ihr Name, Königliche Hoheit, Markgraf Max! Und er ist ein wirklich großer Name. Das sage ich als Vertreter der Ersten Staatsgewalt eines republikanischen Staatswesens. Und ich hoffe, Sie und Ihre Familie empfinden meine Feststellung so, wie sie gemeint ist: als politische Ehrbezeugung!
Im Jahre 1844 wurde nach nur vier Amtsjahren überraschend der hoch angesehene Direktor des Offenburger Gymnasiums,
Professor Franz Weißgerber, durch Erlass des Großherzogs in Karlsruhe entlassen. Er hatte 1840 als dienstältester Professor
die Stelle von seinem Amtsvorgänger Professor Josef Scharpf, dem ersten Direktor des neuen großherzoglich-badischen
Gymnasiums (1832-40), übernommen und sie jahrelang mit innovativer Energie und Weitblick ausgefüllt. Er war auch verantwortlich für die Organisation der großen Offenburger Jubiläumsfeierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der badischen Verfassung im Jahre 1843, einer Art erstem Freiheitsfest in der mittelbadischen Kleinstadt. Die Rede, die Weißgerber damals als Leiter des Festkomitees in der Schulaula des Gymnasiums, dem Bankettsaal des „Salmen", gehalten hat, war den vor Ort mithörenden Spitzeln des Großherzogs offensichtlich zu weit gegangen: Weißgerber war als führender Vertreter der städtischen Liberalen auch entschieden für die verfassungsmäßigen Rechte das Volkes eingetreten, - er wurde an das Lyzeum im residenznahen Rastatt strafversetzt. Ehe er hier an dem festungsgesicherten neuen Schulort seinen Dienst antrat, musste er sich in seiner ersten Amtshandlung schriftlich verpflichten, als Staatsdiener „dem Großherzog getreu, hold und gehorsam" zu sein.
Zu Ostern im letzten Kriegsjahr des Ersten Weltkriegs erreichte 1918 das Städtische Museum in Offenburg eine ungewöhnliche Postsendung. Das Päckchen war abgesendet worden „ von einem alten Offenburger aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts, der seine ersten Unterrichtsjahre an der dortigen Volksschule und Gymnasium erhalten hat, der stets gerne jener Zeiten gedenkt, der heute mit hoher Verehrung das Emporblühen der Stadt Offenburg sympathisch begrüßt". Auf einem ebenfalls beigefügten bräunlichen Foto signiert der Absender als „Gebhard Gagg, Maler und Historiker in Konstanz, Ritter vom Zähringer Löwenorden, aetatis suae 80 J. 1918". Zu sehen ist er auf der Postkarte als eine lesende Gelehrtengestalt vor einer Fensterbank mit wallender Mähne im Gerhard-Hauptmann-Stil.
Über die Deportation der badisch-pfälzischen Juden nach Gurs am 22. Oktober 1940 ist bereits vieles gesagt und geschrieben
worden. Und immer noch gibt es da und dort weitere erhellende Quellenfunde zu machen. Warum haben beispielsweise die Offenburger Bürgerinnen und Bürger so wenig Protest eingelegt gegen die Vertreibung ihrer jüdischen Nachbarn? Was
für eine Stimmung herrschte in der Stadt am Vorabend des Geschehens vom 22. Oktober?
Mord verjährt nicht. Deshalb ist die Justiz auch heute noch den letzten NS-Verbrechern auf der Spur. Der Ukrainer John
Demjanjuk wurde 89-jährig vor das Münchner Landgericht gestellt, das ihn 2011 zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilte.
„Der Angeklagte war Teil der Vernichtungsmaschinerie", heißt es im Urteil. Was in den Lagern geschah, das sei allen Helfern
zu jedem Zeitpunkt klar gewesen. Jeder, der an der planmäßigen Ermordung mitwirkte, habe sich schuldig gemacht - auch
wenn ihm, wie Demjanjuk, keine konkrete Tat nachgewiesen werden könne. Die Richter begnügten sich mit dem Wissen,
dass in Sobibor, einem reinen Vernichtungslager, jeder Aufseher am Morden beteiligt war. So wird der Prozess womöglich
doch nicht das „letzte große NS-Verfahren" bleiben, als das ihn Beobachter vorschnell tituliert hatten. Strafverfolger werden
sich wohl noch einmal verstärkt auf die Suche nach weiteren Tätern machen - nach ausländischen und nach deutschen. Ein
91-Jähriger wurde ebenfalls in München wegen Mordes verurteilt, in Aachen ein 89-Jähriger. Im Dezember 2011 durchsuchten Dortmunder Ermittler die Wohnungen von sechs ehemaligen Wehrmachtssoldaten im Alter von 85 und 86 Jahren, die sich an dem Massaker im französischen Oradour-sur-Glane bei Limoges beteiligt haben sollen. Dort hatten am 10. Juni 1944 etwa 200 Mitglieder einer SS-Division mindestens 642 Zivilisten grausam ermordet. Die SS-Männer pferchten die Männer des Dorfes in einer Scheune ein und erschossen sie mit Maschinengewehren. Frauen und Kinder wurden in der Dorfkirche eingesperrt, die dann angezündet wurde. Man ist den letzten Mördern immer noch auf der Spur.
Die archivalische Überlieferung im Stadtarchiv Esslingen ist für die zahlreichen mittelalterlichen Urkunden und die bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts
zurückreichenden Steuerbücher bekannt. Nur wenige Gemeinden können
einen so dichten und weit zurückgehenden Archivbestand aufweisen wie die
Stadt Esslingen. Unter diesen spätmittelalterlichen Quellen finden sich auch
die so genannten Missivenbücher (Stadtarchiv Esslingen, Bestand MB), welche
von 1434– 1440 und 1448–1533 vorhanden sind. Bei diesen Missivenbüchern
(Missive = Sendschreiben) handelt es sich um eine Art Vorgängerakten der
späteren Ratsprotokolle. In den Büchern wurden alle vom städtischen Rat ausgehenden Schreiben protokolliert. Außerdem wurden Rechtsstreite und vereinzelt auch eingehende Schreiben niedergeschrieben.
Vor über 79 Jahren, am 2. Mai 1933, wurden die Freien Gewerkschaften von den Nationalsozialisten zerschlagen, die Gewerkschaftshäuser besetzt, ihre Funktionäre verhaftet. Das beschlagnahmte Vermögen wurde schließlich zur Einrichtung der politisch-propagandistischen Zwecken dienenden, nur vorgeblichen Arbeitervertretung „Deutsche Arbeitsfront“ benutzt. Die den Gewerkschaften geraubten Mittel flossen auch in die der DAF angeschlossene NS-Freizeit- und -Reiseorganisation KdF (Kraft durch Freude), später noch in das von der DAF errichtete Volkswagenwerk. Neun Jahre zuvor in der Zeit der Weimarer Republik erstattete das Heidelberger Gewerkschaftskartell eine Anzeige, die sich in einer heute beim Generallandesarchiv Karlsruhe verwahrten Akte des Badischen Amtsgerichts Heidelberg findet. Es geht um die Strafsache gegen den ledigen Studenten Wilhelm E., geboren 1901 in Mannheim, wohnhaft in Heidelberg, den ledigen Kaufmann Hans S., geboren 1904 in Dorndorf, wohnhaft in Jena, und den ledigen Studenten Liberatus B., geboren 1900 in München, später wohnhaft in Gießen. Am Beispiel dieser in Heidelberg begangenen Tat mit politischem Hintergrund, an der „frühe“ Nationalsozialisten beteiligt waren, soll auf die Frage eingegangen werden, ob das darauf folgende Strafverfahren zuverlässig rechtsstaatlich verlief. Oder hat das Gericht versagt, agierte die hier tätig werdende Justiz politisch, war sie – wie die Beurteilung für die Weimarer Republik im Allgemeinen lautet – auf dem rechten Auge blind?
Ebenso wie andere Fürstenhöfe wurde auch der Heidelberger Hof im Frühjahr 1525 von der Erhebung des „Gemeinen Mannes“ überrascht, auch wenn es erste Anzeichen für Unruhen und eine revolutionäre Stimmung unter der Landbevölkerung bereits Jahrzehnte zuvor, insbesondere in den Bundschuhaufständen 1502 und 1517, gegeben hatte. Der Anstoß zum bäuerlichen Widerstand kam indes nicht aus der Residenz- und Universitätsstadt selbst, in der 1518 das Ordenskapitel der Augustinereremiten getagt und Martin Luther mit seiner Kritik an der scholastischen Lehre enormes Aufsehen erregt hatte. Von Oberschwaben und vom Oberrhein her wurden zuerst die linksrheinischen Gebiete der Kurpfalz von der revolutionären Bewegung erfasst, rechts des Rheins griff sie von den markgräflich-badischen und bischöflich-speyerischen Landen über. Vor Beginn der Fastenzeit 1525 hatten Kurfürst Ludwig V. und die Pfalzgrafen Friedrich, Georg, Philipp und Ottheinrich, die am Hofe weilten, sich mit der bei Jägern und Adel beliebten Sauhatz, mit Mummenschanz und Narrenspiel beschäftigt. Dieses bunte Vergnügen änderte sich sehr plötzlich kurz vor Ostern. Die in Memmingen gedruckten Zwölf Artikel der Aufständischen entfalteten ihre Wirkung in den Gebieten des Oberrheins und der Kurpfalz.
„Article by a young middle class woman, university graduate, married to a half-Aryan. In this article she takes a friendly but critical attitude toward the American Military Government which is both literate and symptomatic of the position of many middlen class university educated elements in Heidelberg.” Mit diesem Kommentar übersandte am 27. Juli 1945 J. Rothman, in Heidelberg stationierter Offizier des 6871st District Information Services Control Command (DISCC), das für Informationskontrolle, Medien und Kulturpolitik verantwortlich war, ein ungewöhnlich ausführliches, 22-seitiges Schreiben einer 28-jährigen Heidelbergerin an seine vorgesetzte Militärbehörde in Wiesbaden.
Mittelalterliche Städte weisen in der Regel eine klar definierte räumliche Differenzierung nach berufs- oder gewerbeorientierten Kriterien auf, häufig schon gibt der Name einer Straße oder Gasse Auskunft darüber. In der Reeperbahn saßen die Reeper, Seilschläger oder Seiler, die wegen des enormen Platzbedarfes ein für ihr Handwerk reserviertes Terrain benötigten; die Gerber oder Loher – in Heidelberg die Leyer – konzentrierten sich wegen ihres großen Bedarfs an Wasser an einer für sie günstigen Stelle einer Stadt. In Heidelberg sind wegen der besonderen Bedingungen einer sich im 14. Jahrhundert herausbildenden Residenzstadt die Verhältnisse etwas anders. Zwar ist für das Mittelalter auch hier eine grobe funktionale Stadtgliederung festzustellen, doch bereits im 16. Jahrhundert, als die Residenz und ihre Funktionen voll ausgebildet waren, zerfließen sie. Die Schiffer und Fischer wohnen nicht mehr in unmittelbarer Nähe zum Neckar, auch südlich der Hauptstraße sind sie jetzt anzutreffen, die Bierbrauer und Gerber sind trotz ihres großen Wasserverbrauchs bereits über die ganze Stadt verteilt. Eine genuin soziale Differenzierung der Wohnquartiere ist in der mittelalterlichen Stadt nicht festzustellen, wenngleich die berufliche Betätigung in besonderen Fällen zur Ausbildung bestimmter Quartiere führen konnte; freilich war sie in der Regel an besondere, für die Gewerbe spezifische topographische Besonderheiten gebunden. Anders verhält es sich mit den seit dem Mittelalter in den Städten des Reiches siedelnden Juden. Auch sie versuchten, eigene Quartiere zu bilden. Die Gründe waren
jedoch anderer Art: die Errichtung und der Unterhalt einer Synagoge in einem vollkommen christlichen, sozialen und urbanen Umfeld führte notwendigerweise zum Versuch, eine eigene Gemeinde mit jüdischer Autonomie zu bilden. Von wenigen Ausnahmen wie Speyer und Worms abgesehen, kam es allerdings nicht zur Ausbildung eines Ghettos – dies ist eine Erscheinung, deren Anfänge zwar im 15. Jahrhundert liegen, die jedoch erst im 16. Jahrhundert allgemein wirksam wurden und zu den bekannten Erscheinungsbildern führten.
Der Pfarrer der Johannisgemeinde Weinheim, Karl Achtnich (1890 bis 1969), stand, wie viele Gemeindepfarrer, während des Zweiten Weltkriegs mit vielen ehemaligen Konfirmanden und Jugendkreismitgliedern, die als Soldaten im Krieg waren, in brieflicher Verbindung. Die Gemeindejugend, die „Sonnenjugend“, die „Sonnenmädchen“ (so genannt, weil die Gemeindejugend sich im Gemeindehaus „Zur Sonne“ traf) pflegten den Soldaten zu Weihnachten Päckchen ihrer Gemeinde zu schicken. Aus heutiger Sicht ist manches von dem Geschriebenen unbegreiflich. Nicht nur die Sicherheit, auf dem richtigen Weg zu sein, nicht nur das klare Feindbild, nicht nur das selbstverständliche Gott-mit-uns; was Vaterlandspflicht und Soldatenethos damals bedeutet haben, verstehen wir heute nicht mehr. Gerade deshalb sind die Dokumente wichtig, weil sie helfen, die geistigen Gefangenschaften jener Zeit zu ahnen und wach zu sein für Verführbarkeit und unbewusste Gefangenschaften auch heute. Zugleich sind sie bewegende Zeugnisse persönlicher Frömmigkeit.
Ein lateinischer Text aus der Frühzeit des Klosters Weingarten wurde bislang als
»kurze Skizze der Klostergeschichte« oder als »Gründungsgeschichte Weingartens« deklariert. Von historischer Seite ist er kaum beachtet worden, vor allem wohl, da seine
Entstehungszeit schwer zu bestimmen ist und da er zudem im Württembergischen Urkundenbuch erst spät und an versteckter Stelle ediert wurde. Er verdient aber schon allein deswegen besondere Aufmerksamkeit, da es sich um einen der ältesten Texte zur
Geschichte der Welfen handelt.
Im vorliegenden Beitrag soll der Text durch Abdruck aus der ältesten Handschrift
und durch Übersetzung zugänglicher gemacht werden. Dabei wird vor allem auch seine
Intention untersucht: Handelt es sich tatsächlich um einen historischen oder nicht viel
mehr um einen juristischen Text? Jedoch wird, in Anlehnung an W. Krallert, der Titel
»Darstellung der älteren Klostergeschichte« beibehalten, um keine Verwirrung durch einen neuen Titel zu stiften. Außerdem sind Fragen nach der Funktion des Textes für das
damalige Kloster und nach seiner Relevanz für die Welfengeschichte zu beantworten.
Luftkrieg am Bodensee
(2011)
In Heiligenberg-Wintersulgen, im Flurstück Kiebloch, nahe Betenbrunn, erinnert
ein Bildstock an den Absturz eines amerikanischen Bombers am 18. März 1944 an diesem Ort. Eine Tafel auf dem daneben stehenden Granitstein nennt die Umstände des
Absturzes. Demnach hatte das Flugzeug an der Bombardierung Friedrichshafens teilgenommen und war dabei von der Flak abgeschossen worden. Sechs Besatzungsmitglieder
verloren ihr Leben.
Die Zähringer und Villingen
(2011)
Am Wochenende vom 25. bis 27. Juni 2010
feierte man in Villingen ein großes Stadtfest, das
u.a. als Zähringerfest die Repräsentanten von zwölf
sog. Zähringerstädten versammelte und in der symbolischen Übergabe des Wappens mit dem Zäh -
ringer adler einen seiner zahlreichen Höhepunkte
hatte. Villingen war vom 10. Jahrhundert an mit
den Zähringern verbunden, seine Stadtwerdung
war um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert
abgeschlossen, so dass dem Ort zu Recht das (wie
auch immer zu interpretierende) Attribut einer
„Zähringerstadt“ zuerkannt werden kann.
Zu Beginn möchte ich Sie auf eine Zeitreise mitnehmen. Wir können dazu in diesem Raum bleiben, denn das Geschehen, an das ich nun erinnere, hat aller Wahrscheinlichkeit nach genau in diesem Saal, in der Aula der Universität, auf jeden Fall aber in diesem Gebäude stattgefunden. Auch wenn Sie also sitzen bleiben dürfen, müssen Sie doch gedanklich 78 Jahre zurückgehen, genauer in das Sommersemester 1933. Die Fachschaft der Theologischen Fakultät hat zu einem Vortrag eingeladen. Der Hörsaal, in dem der Vortrag stattfindet, ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Nicht nur Studierende und Professoren der Theologischen Fakultät sind in großer Zahl erschienen, auch Hörer anderer Fakultäten und etliche Menschen aus der Stadt Freiburg sind gekommen.
Im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde, untergebracht auf dem Kasernengelände
der ehemaligen preußischen Hauptkadettenanstalt und später der Leibstandarte-SS
Adolf Hitler, werden unter anderem die erhaltenen SS-Führerpersonalakten verwahrt.
Unter den abertausenden von Dokumenten befindet sich auch das zu Papier verdichtete
Leben von Heinrich Koeppen, dem ersten
Kommandanten der Kaserne in Radolfzell. Bislang ist in der zeitgeschichtlichen
Forschung über den SS-Obersturmbannführer nur bekannt, dass er im September
1939 in Polen den »Heldentod« fand und
deshalb die Kaserne nach ihm benannt
wurde. Ansonsten liegt sein Leben bis
heute gänzlich im Dunkeln. Was lässt sich
auf der Grundlage eines in Berlin gemachten Quellenfundes mit Gewissheit über
Heinrich Koeppen aussagen?
Im Oktober 1924 wurde in der Gaswerkstr. 17 im Offenburger
Westen ein Viehhandelsbetrieb eröffnet. Über die Erfolgsaussichten des neuen Geschäftes unter der Leitung des jüdischen Kaufmannes Julius Hammel sprach sich ein naher Verwandter im
Nachhinein sehr zuversichtlich aus: ,,Julius Hammel war ein äußerst fleißiger und tatkräftiger Mann, der seinem Geschäft mit großem
Eifer nachging. Er hatte auch das erforderliche Betriebskapital, wodurch
ihm die Geschäftsführung wesentlich erleichtert wurde ... Ein Viehhändler, der die nötigen Betriebsmittel besitzt, kann Vieh auf eigene
Rechnung kaufen und verkaufen (im Gegensatz dazu wenn man sein
Geschäft auf Provisionsbasis führt). Ich erinnere mich, dass J.H. in
früheren Jahren große Viehgeschäfte mit Salomon Oppenheimer in
Freistett und Eduard Hammel in Karlsruhe tätigte ... Er galt als einer
der größten und kapitalkräftigsten Viehhändler im ganzen Bezirk. Er
unterhielt eigene Stallungen in Offenburg und in Renchen und beschäftigte ständig mindestens einen Knecht ... "*1 Und in der Tat konnte
sich der neugegründete Betrieb nicht nur erfolgreich etablieren,
sondern blühte bis Ende der 1920er Jahre geradezu auf.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten und die endgültige Inthronisierung
ihrer »Weltanschauung« 1933 mussten dem in Gaienhofen lebenden Schriftsteller Dr.
Ludwig Finckh (1876-1964) eine späte, doch tiefe Genugtuung bedeuten. Seit Ende des
Ersten Weltkrieges gab er sich in zahlreichen kleineren Schriften als entschiedener Antidemokrat und Gegner der Weimarer Republik zu verstehen, in denen er in Kategorien
des Völkischen und Sippenkundlichen in bedenkliche Nähe zu antisemitischer Rassenkunde, Erbbiologie und Eugenik geriet. Der geistigen Vorläuferschaft: des Nationalsozialismus mehr als nur verdächtig, fand der fast 60jährige Autor im »Neuen Deutschland«
die lang erhoffte Bestätigung, endlich verstanden zu werden. Gerade so, als hätte er
immer schon gewusst, worauf es in Deutschland nach 1918 hinauslaufe und vor allem
ankomme, wurde Finckh 1933 aktives Parteimitglied der NSDAP und gehörte am 26. Oktober des Jahres zu jenen 88 deutschen Autoren, die das offizielle »Gelöbnis treuester
Gefolgschaft« für Adolf Hitler und den nationalsozialistischen Staat Unterzeichneten.
»Es blüht im Lande Baden, ein Baum gar wunderbar ... « tönt es auf der Freitreppe des Offenburger Salmen. Eine stattliche Zahl von Sängerinnen und Sängern stimmt aus vollen Kehlen Hoffmann von Fallerslebens Liedtext »Zu Badens Verfassungsfeier 22. August 1843« mit Begleitung der Stadtkapelle an. - Es ist Generalprobe, Freitagabend unter freiem Himmel, einige Schaulustige, letzte Regieangaben, musikalische Korrekturen und etwas Lampenfieber, denn in zwei Tagen beginnt der Freiheitstag in den engen Gassen rund um den Salmen. Und die Proklamation der dreizehn »Forderungen des Volkes in Baden« will am Originalschauplatz mit Verve nachempfunden sein.
Venustempel
(2011)
2010 wurde im Kunsthandel ein druckgraphisches Werk angeboten, das den Titel »Venustempel« trägt. Auf den Bildtext wird wie folgt eingegangen: »Temple en l'Honneur de la Deesse Venus« sowie bez. »Decoration en relief qui a ete executee a Rome en 1747 a l'occasion de la ceremonie de l'hommage que le Royaume de Naples rend au St. Siege«, wohl Darstellung der architektonischen Rekonstruktion eines Venustempels in Rom nach dem antiken Vorbild in Tivoli, nach einem Gemälde
von Claude Lorrain (1600-1682).
»Wer sich auf die Suche nach dem »wirklichen« Hecker macht, muss zunächst einmal zwischen dessen eigener Biographie und dem Kult, der um seine Person, vor allem aber um seinen Namen betrieben wurde, fein säuberlich unterscheiden, um am Ende vielleicht wieder festzustellen, dass sich beide Seiten mitunter nicht trennen lassen, weil der Kult unweigerlich auf die Biographie zurückwirkte.
Johannes Grützke (*30.9.1937)
Dreiteiliges Majolika-Relief
»Morgen brechen wir auf« ( 1997 /98)
(2011)
Hecker kam am 11. April 1848 nach Konstanz. Konstanz und der Seekreis waren eine Hochburg der Liberalen und Demokraten. Am 8. April 1848 ließ Karl Mathy Joseph Fickler, den Herausgeber der »Seeblätter«, verhaften. Nach
der Verhaftung Ficklers waren Friedrich Hecker und Gustav Struve nach Konstanz gereist. Hecker verfasste im Gasthaus »Zum Badischen Hof« (Hussenstraße 13) einen Aufruf an das Volk. Er endete mit den Worten: »Sieg oder Tod für die deutsche Republik! Konstanz im April 1848. Der provisorische Volksausschuss«.
Der Ruhm Karl Friedrichs zu seiner Zeit und in der Zeit danach verdankt sich im Wesentlichen der »Aufhebung der Leibeigenschaft« und der »Antwort auf die Danksagungen des Landes nach der Aufhebung der Leibeigenschaft und einiger Abgaben«. Die Aufhebung der Leibeigenschaft hat Nebenius den »glanzvollsten Lichtpunkt« seiner Regierung genannt. Es scheint deshalb angebracht, die Interpretationen der beiden Dokumente aus verschiedenen Epochen Revue passieren zu lassen. Sie zeigen eine zunehmende Differenzierung in der Beurteilung. » Vom schönsten Abglanz vollkommener
Regentengesinnungen« bis zum »Freiheitsjubel, der in keinem Verhältnis stand zum tatsächlichen Ausmaß der Befreiung«.
Das Reskript gewährte »allen in der Gerichtsbarkeit des Markgrafen unterstehenden Landbewohnern die uneingeschränkte Freitzügigkeit und sprach sie von allen daran hängenden Abgaben und Taxen los«. (S. Fiedler)
»Den Höhepunkt des Reformprogramms bildete die am 23. Juli 1783 verfügte »Aufhebung der Leibeigenschaft« (S. Fiedler). Carl Friedrich unterzeichnete den Erlaß am 4. August 1783, dessen Gültigkeit wohl der einfachen fiskalischen Handhabung wegen auf den 23. Juli zurückdatiert wurde (ein Quartal nach Beginn des Rechnungsjahres).
Flucht aus Villingen
(2011)
Im Sommer 2008 erhielt das Stadtarchiv ein
Schreiben eines holländischen Antiquariats. Darin
teilte Geschäftsführer Frido Troost mit, dass er eine
interessante Sammlung von Stereonegativen ge -
kauft habe, die ein französischer Offizier in einem
Kriegsgefangenenlager in Deutschland während
des 1. Weltkrieges anfertigte. Es handele sich um
Glasplattennegative von guter Qualität, die wohl
von einem Berufsfotographen stammten.
Der Hohe Tag
(2011)
Vor vielen Jahren fand ich in der Freiburger Universitätsbibliothek, sowie im dortigen Stadtarchiv verschiedene Schriftstücke zur Geschichte der Riegeler Pfeiferbruderschaft und weil ich selbst einmal ein Spielmann war, so hat mich dieses Thema doch immer brennend interessiert, lange wollte ich etwas dazu schreiben doch nie ist etwas daraus geworden, bis mich Peter Ziegler, Vorsitzender des Geschichtsvereins darauf ansprach bei der Vorstellung des letzten Riegeler Almanach mit der Frage: Stimmt es, dass unsere Pfeiferbruderschaft älter ist als jene zu Breisach? Nun, dem will ich heute nachgehen und habe die Quellen einmal befragt.
Die Literatur über Karls Friedrich und seine Zeit füllt Regale. In den letzten Jahren sind zusätzliche Publikationen erschienen, die diese Epoche der Umbrüche noch detaillierter und damit durchsichtiger beschrieben haben. In dieser wissenschaftlichen Arbeit wird nur in Erinnerung an seinen Todestag skizziert, wie sich ein Regent in dieser Periode voller Umbrüche verhalten hat, wohl verhalten musste.
Von der Idee zur Realisierung
Die Idee für einen Geschichts- und Naturlehrpfad in Villingen-Schwenningen kam ursprünglich
von Schwenninger Bürgern, die für ihren Stadtbezirk ein solches Projekt wünschten. Der Heimatverein Schwenningen nahm sich zusammen mit dem
Schwäbischen Albverein und dem Schwarz waldverein dieses Vorschlags an und plante mit dem
damaligen Leiter des städtischen Forstamtes, Eberhard Härle, solch einen Pfad. Der Sturm Lothar verhinderte die baldige Umsetzung des Planes. Auf
Initiative von Dr. Tobias Kühn, dem Nachfolger von
Herrn Härle, wurde der Plan 2005 wieder aufgegriffen.
Die Ortenau. - 91 (2011)
(2011)
Jakob Ernst Leutwein, Pfarrer in Unterschüpf (1730-1763), überliefert in seiner spätestens 1755 abgeschlossenen „Schüpfer Kirchenhistorie“ das während einer Reise geführte Gespräch. Seinem Begleiter erzählte der Chronist, dass an der Spitze der
Geistlichkeit der 1632 erloschenen Herren von Rosenberg ein Superintendent gestanden hatte. Der Gesprächspartner kommentierte, es wäre aliquid inauditi, also völlig ausgeschlossen, dass adelige Herren einen Superintendenten hätten, ja es fehle ihnen dazu auch das Recht. In beiden Haltungen drückt sich unmissverständlich das Besondere dieser reichsritterschaftlichen Superintendentur aus – hier Leutweins Bewunderung für diese außergewöhnliche Einrichtung; dort der andere, die Existenz einer solchen Einrichtung bestreitend, damit ex negativo das Außergewöhnliche, ja Singuläre der Superintendentur in einer Adelsherrschaft betonend. Was hat es mit diesem Amt auf sich? Die Reformation bildete, wie allgemein bekannt, einen (nicht nur) religiösen Fundamentalprozess. Weit weniger ist im landläufigen Bewusstsein verankert, dass sich daran u.a. eine ganze Reihe rechtlicher Probleme anschloss.
Am 13. November 1897 versammelte sich im Ludwigsburger Bahnhotel eine respektable Runde von Honoratioren der Stadt, um den »Historischen Verein für Ludwigsburg und Umgebung« zu gründen. Der neue Verein, der heute »Historischer Verein
für Stadt und Kreis Ludwigsburg« heißt, erhielt natürlich auch eine Satzung. In dieser
Satzung wird als Aufgabe und Zweck des Vereins definiert, »die Geschichte Ludwigsburgs und der Umgebung zu erforschen […] und den Sinn für Altertumskunde zu
wecken und zu pflegen«. Dieses Ziel sollte unter anderem mit öffentlichen Vorträgen
und mit der »Herausgabe einer unter dem Titel ›Ludwigsburger Geschichtsblätter‹ erscheinenden Vereinsschrift« erreicht werden.
Maßgeblicher Initiator und der eigentliche Spiritus rector des neuen Vereins war
Christian Belschner, der dann auch im November 1899 in der Nachfolge von Oberbürgermeister Gustav Hartenstein zum 1. Vorsitzenden des Vereins gewählt wurde.
Christian Belschner war es dann auch, der im Jahre 1900 im Auftrag des Vereins den
ersten Band der »Ludwigsburger Geschichtsblätter« herausgab. Das in der »Kgl. Hofbuchdruckerei Ungeheuer & Ulmer« hergestellte Heft enthält auf 87 Seiten sechs
Beiträge, die sich mit unterschiedlichen Themen aus der Heimatgeschichte befassen.
Drei Beiträge hat Belschner selbst beigesteuert: einen mit dem Titel »Kurze Geschichte
der Entstehung der Stadt Ludwigsburg«, die zwei anderen handeln von der Schulgeschichte Ludwigsburgs und von »Reichsgraf Johann Carl von Zeppelin und sein
Grabmal«. Es ging freilich nicht nur um Ludwigsburger Geschichte. Der Verein nahm
seinen Namenszusatz »für Ludwigsburg und Umgebung« von Anfang an sehr ernst.
Dies verdeutlichen namentlich der Aufsatz von Dr. Karl Weller, der den Lesern des
ersten Ludwigsburger Geschichtsblattes »Die wirtschaftliche Entwicklung der Ludwigsburger Landschaft bis zur Gründung der Stadt« vorstellte, und der Beitrag »Einiges über das Straßenwesen im Herzogtum Wirtemberg und der Bau der Landstraße
Stuttgart–Kornwestheim–Ludwigsburg« von Oberpostsekretär Dr. Friedrich Haaß.
,,Der Staat bin ich!"
(2011)
In Zeiten klammer öffentlicher Kassen finden sich glücklicherweise immer mehr Menschen, die sich ihres Verstandes ohne Leitung eines anderen bedienen können. Ihnen könnte man unterstellen, dass sie den Ausspruch „Der Staat bin ich!" auf ihre
eigene Weise interpretieren, nämlich: Wenn der Staat seine Aufgaben nur noch unzureichend erfüllen kann, dann ist es meine Aufgabe, für ihn einzuspringen. Wir alle sind der Staat und nicht nur der Herrscher ist der erste Diener des Staates, wie Friedrich der Große es formulierte.
Wer die lokalhistorischen Forschungen zu Unterkirnach oder im unteren Kirnachtal
zur Hand nimmt, stößt im Zusammenhang mit dem einstigen Burghotel und
späteren Kloster Maria Tann auf den Hinweis, die Gebäude hätten ab 1941 eine
größere Anzahl von „Slowenen“ beherbergt.
Doch keine Ortsgeschichte und keine regionalgeschichtliche Forschung hat
sich bisher näher für die Frage interessiert, aus welchen Gründen und unter
welchen Bedingungen hier eine für den Landkreis Villingen beträchtliche Anzahl
Personen untergebracht war, die 1945 fast alle nach dem Zusammenbruch den Weg
zurück in die Heimat fanden.
Ganz unbemerkt dürfte der Aufenthalt von immerhin zuletzt rund 500 Personen in dem nach 1920 dem Orden der Schulbrüder dienenden Gebäudekomplex
nicht gewesen sein. Schließlich mussten die Lagerbewohner versorgt werden,
bestand eine Verwaltung mit Kontakten in umliegende Orte und Dienststellen. Doch
scheint auch den Slowenen bis heute ein Vergessen beschieden zu sein, das sie mit
der nach tausenden zählenden Gruppe der Zwangsarbeiter und der nach hunderten zählenden Gemeinschaft der volksdeutschen Umsiedler in den einstigen Landkreisen Donaueschingen und Villingen teilen. Jahrzehntelang waren sie aus dem
kollektiven Gedächtnis getilgt und dies wohl aus Gründen, die eine eigene Untersuchung wert wären.
Auf Schritt und Tritt sieht man sich in Freiburg an die Geschichte erinnert. Das ist wörtlich zu
verstehen. Man tritt auf Kanaldeckel, die das Bild eines Siegels der Stadt schmückt; man stutzt
angesichts von ,Stolpersteinen', die an Verfolgte des NS-Regimes erinnern. Freiburg steht zu
seiner Geschichte - dort mit Stolz, da nur mit Scham und Trauer. Wer nach baulichen Zeugen
der Vergangenheit fragt, hält mit dem Stadtplan, den Berent Schwineköper vor Jahrzehnten
erarbeitet hat, einen zuverlässigen Führer in Händen.[1] Aus der Fülle darin verzeichneter und anderer Erinnerungsmale soll eine Auswahl präsentiert werden.
Das Münster ist ein Ort, an dem Erinnerungen in vielerlei Gestalt sichtbar werden: in der
Architektur, in Skulpturen, Bild- und Glasmalereien, in Wappen, Epitaphien und weiteren Inschriften, in Sonnen- und Räderuhren, in liturgischen Geräten und vielem anderen. Im Münster
wollen Menschen Gottes Wort vernehmen und zu ihm beten; damit verweist es auf Wurzeln der
weltgeschichtlich einzigartigen Erinnerungskultur, die das Abendland, die von Rom geprägte
lateinische Christenheit, ausgebildet hat. Aus diesem Boden ist auch das Verlangen nach sichtbaren Zeichen der Erinnerung gewachsen, wie sie im Folgenden vorgestellt werden.
Die von den Nationalsozialisten eingeleitete Ausrottung der Sinti und Roma hat einen langen
Vorlauf in Europa und Deutschland. Sie konnte sich auf Vorurteile, auf Misstrauen und
Abneigung bis hin zu offener Feindschaft stützen, die sich seit dem Mittelalter in der
Bevölkerung entwickelt hatten und fest verwurzelt waren.
In Freiburg - wie überall in Deutschland - verlief die „Aussonderung aus der Volksgemeinschaft" nach 1933 fast reibungslos. Offene Proteste oder Widerstand gab es nicht. Im
Gegenteil! Obwohl viele Sinti wie auch die Juden als deutsche Staatsbürger integriert waren
und sogar im Ersten Weltkrieg die ihnen doch immer wieder abgesprochene patriotische
Gesinnung gezeigt hatten, konnten sich die Nazis stillschweigender Zustimmung weiter
Bevölkerungskreise zu ihrem Vorgehen sicher sein. ,,Das Feindbild ,Zigeuner' war", wie es
Reimar Gilsenbach formuliert, ,,altüberliefert, es war in der Masse der Deutschen stärker verinnerlicht als das Feindbild ,Jude' ... "[1]
Behördliche Erlasse gegen die Sinti und Roma gibt es seit dem Mittelalter und schon ein
erster Höhepunkt dabei ist mit dem Namen Freiburg verbunden. Zu den vielen
Beratungsthemen, die 1498 auf der Tagesordnung des von Kaiser Maximilian I. nach Freiburg
einberufenen Reichstages standen, gehörte auch die Frage, wie zu verfahren sei mit denen, "so
sich zcigeiner nennen und wider und für in die land ziehen etc." [2] Angeblich besaß man "glauplich
anzeig, dass sie eifarer, usspeer und verkuntschafter der cristen lant", also Spione der Türken,
die das Heilige Römische Reich bedrohten, seien. Alle Reichsstände wurden angewiesen, bis
Ostern 1499 die Sinti und Roma aus "den landen teutscher nacion" zu vertreiben. Wer sie danach
noch oder wieder im Reich antreffe, dürfe ungestraft gegen sie vorgehen.
"Die Burg Mühlenbach", so lautet der Titel mehrerer Artikel in der
"Ortenau", in denen die vermeintlichen Fakten über eine Burg in
Mühlenbach zusammengetragen wurden.*1 Sie soll eine der vielen
kleinen Adelsburgen gewesen sein, die im Mittelalter im Kinzigtal
errichtet wurden.
Handfeste Fakten sind freilich rar. Direkt erwähnt wurde die
Burg nie, bekannt waren bisher nur die Erwähnung eines Guts
zum Burgstall von 1493 und eines Burgstalls 1620 sowie die Flurnamen Burggraben und Burgwald im oberen Bücherntal. Außerdem berichtet eine alte Sage*2 von einer Burg auf dem Birkle, eine
Anhöhe direkt über dem Dorf, auf der zudem noch zwei Gräben
erhalten sind. Herren der Burg sollen, da war man sich bisher
weitgehend einig, die Herren von Büchern (Buchhorn, Buechorn)
gewesen sein, eines von zwei kleinen Adelsgeschlechtern, die sich
nach Zinken der Gemeinde Mühlenbach benannten.
Als Standort der Burg wurde neben dem Birkle aber auch der
Burggraben selbst in Betracht gezogen. Selbst im Bärenbach, nachdem sich das andere der beiden Mühlenbacher Geschlechter
nannte, vermutet man mitunter eine Burg,*3 allein aus der Annahme, jedes noch so geringe Geschlecht müsse eine Burg gehabt
haben.
Was aber verbirgt sich tatsächlich hinter den kargen Hinweisen?
Meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren,
liebe Gengenbacher Bürgerinnen und Bürger.
Ich freue mich, immer wieder in Gengenbach zu sein, und heute
ganz besonders, da mir der Festvortrag zum 100-jährigen Bestehen des Historischen Vereins angetragen wurde. Diesem Wunsch
bin ich gerne nachgekommen.
Gengenbach, meine Bürger und Bürgerinnen, ist ein Juwel,
und dieses Juwel sollten Sie pflegen. Sie haben die glückliche Situation, dass die Geschichte Ihnen etwas geschenkt hat, was vielen Städten nicht vergönnt ist. Und Sie sollten daran denken,
auch mit dem Eingriff in die Bausubstanz behutsam umzugehen.
Sie sollten sich vielleicht darüber Gedanken machen, dass eigentlich das Ziel erreicht ist, und dass weitere Eingriffe nur noch schaden können. Halten Sie Ihr Juwel in Ehren. Es ist Ihr Kapital, es
ist das Kapital der Stadt.
Vor genau 10 Jahren konnte der Autor als Geschenk an seine Heimatstadt
Wiesloch zu deren 1200-jährigem Jubiläum eine Zusammenstellung von Regesten
der mittelalterlichen Urkunden von Wiesloch und der Nachbarstadt Walldorf
publizieren (HILDEBRANDT 2001). Eine erste Ergänzung erschien zwei Jahre
später im Kraichgau-Jahrbuch, Band 18 (HILDEBRANDT 2003).
Die dankenswerter Weise immer besser werdenden Möglichkeiten der Internetrecherche
in vielen Archiven führten naturgemäß zu diversen archivalischen
Neufunden über Themen, die man als zusammenstellender Bearbeiter eigentlich
schon zu einem großen Teil irrtümlich als „abgehandelt" ansah. Somit sei hier ein
zweiter Nachtrag zu den mittelalterlichen Urkunden über Wiesloch und Walldorf
geboten.
Alle ohne Literaturquelle gegebenen Regesten entstammen den online-Katalogen
der jeweils genannten Archive, wurden allerdings z.T. vereinfacht, manchmal auch
ergänzt. Nur die gedruckte Literatur wird aufgeführt, die in den beiden früheren
Publikationen nicht enthalten ist.
Das trennende Band zur Gemarkung Schwenningen ist zerschnitten, die erste Tafel des neuen
Geschichts- und Naturlehrpfades des Villinger
Geschichts- und Heimatvereins enthüllt.
Unter großer Anteilnahme der Mitglieder des
Vereins wurde am 21. Mai die erste Station des
Villinger Pfades in der Höhe des Hölzlekönigs mit
der Anbindung an den bereits bestehenden Schwenninger Geschichts- und Naturlehrpfad eröffnet.
Von Wildigarten aus ging es entweder zu Fuß oder
mit Kleinbussen zum Ort des Geschehens.
Heiligenleben und Alltag
(2010)
Dis ist von dem heiligen leben der seligen frowen, genant die Rickeldegen, und waz grozer wunder unser lieber her mit ir gewurcket het. Und mit irme eigen namen wz su Gerdrut genant. So beginnt die Schrift, die im Mittelpunkt der Untersuchung stehen soll. Sie nimmt ganz selbstverständlich das seit dem Frühmittelalter geläufige literarische Muster auf, mit dem ein Heiligsprechungsprozess in Gang gesetzt wurde: Vita et Miracula bildeten die Grundlage für den Prozess, an dessen Ende die Aufnahme in das Verzeichnis der Heiligen stand. Diesem Programm will ich einen zweiten Aspekt hinzufügen, der sozusagen quer dazu steht: Offenburger Alltagsleben. Dabei interessieren nicht so sehr die großen Wunder, sondern die kleinen Alltagsgeschichten, in denen sich das Leben einer Frau widerspiegelt mit all seinen Zwängen und Möglichkeiten. Zugegebenermaßen verengt dieser Blick das überlieferte Bild der Offenburger Heiligen in ungebührlicher
Weise. Denn in erster Linie widmet sich die Schrift dem spirituellen Leben einer Frau, ihrer Askese und ihrem Ringen um eine neue Lebensform. Meine Engführung soll Einblicke bieten in das Tagesgeschehen einer kleinen Stadt des 14. Jahrhunderts, in der Gertrud fast 30 Jahre lang gelebt hat.
Vor nunmehr 70 Jahren, am 22. Oktober 1940, fand die Deportation der badisch-pfälzischen Juden nach Gurs in Südwestfrankreich statt. Unter den 6500 Deportierten war auch Ludwig Greilsheimer aus Offenburg mit seiner Tochter Susi. Das Mädchen überlebte, der Vater starb in Auschwitz. Erinnern wir an sie: Ludwig Greilsheimer wurde am 4. August 1879 in Friesenheim geboren, wo die Familie Greilsheimer seit Generationen die weitaus personenreichste jüdische Familie war. Erste Mitglieder sind bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts nachzuweisen. Im Zeitraum von 150 Jahren sind 69 weibliche und männliche Familienangehörige genannt und das Gräberverzeichnis des jüdischen Verbandsfriedhofes Schmieheim zählt 27 Personen mit diesem Namen auf, die hier zwischen 1813 und 1935 bestattet wurden. Die Familienlinie wird auf den Viehhändler Raphael Greilsheimer zurückzuführen sein, der 1797 als „Schutzjud" in Friesenheim genannt ist.
Die Kraichgaubahn
(2010)
Der Krieg 1870/71 gegen Frankreich hatte
gezeigt, wie notwendig ein schneller Aufmarsch des Militärs mit Hilfe der Eisenbahn
für strategische Zwecke war. Der völlige
Mangel an eisenbahnorganisatorischen
Vorkehrungen auf französischer Seite gewann entscheidende Bedeutung für den
deutschen Sieg über die Armee Napoleons
III. “Die Eisenbahnen sind zu einem Kriegsmittel, zu einem Kriegswerkzeug geworden, ohne das diese großen Armeen der
Gegenwart weder aufgestellt, noch zusammengebracht, noch vorwärtsgeführt,
noch erhalten werden könnten”, umschrieb
Graf von Schlieffen den Wert der Eisenbahn unter militärischen Gesichtspunkten.
Da nach dem Sieg über Frankreich
1870/71 ein Revanchekrieg befürchtet
wurde, begannen politische und militärische Kreise über einen Folgekrieg mit dem
westlichen Nachbarn nachzudenken. Im
Rahmen dieser Überlegungen wurden
auch Planungen für den Ausbau der Eisenbahnverbindungen zur französischen Grenze hin aufgestellt.
Germanus est hic mos
(2010)
In einem derart intensiv bearbeiteten Feld wie dem italienischen Humanismus ist
es wahrlich ein Glücksfall, ein wertvolles Dokument zu finden, das, obschon seit mehreren Jahrhunderten in einer prominenten Ausgabe gedruckt vorliegend, bisher nicht
einmal im Ansatz eine Auswertung erfuhr. Einem solchen Stück - dem fragmentarisch
erhaltenen Brief De Adventv honorabilissimi Dvcis Sigismvndi Austriz, ad Constantiam civitatem
Alemaniz, anno MCCCCLIX des Humanisten Ventura Pontano - widmet sich diese Untersuchung.
Den Entstehungskontext des Briefs bildet eine vom 25. Mai bis 9. Juni 1459 in
Konstanz abgehaltene Konferenz, deren Ziel eine Schlichtung des notorischen und zum
wiederholten Male kurz vor einer Eskalation stehenden Konflikts zwischen Herzog Sigismund »dem Münzreichen« von Österreich und den Eidgenossen war. Wurzelnd in
der »Herausbildung des eidgenössischen Bundesgeflechts« und den damit verbundenen Emanzipationsbestrebungen gegenüber der habsburgischen Herrschaft, war dieser
Konflikt seit dem Ende des Alten Zürichkriegs (1436-1450) durch den sukzessiven eidgenössischen Machtausbau neu geschürt worden. Der Anschluss der bislang österreichischen Stadt Rapperswil (Sept. 1458) im Gefolge des berüchtigten Plappartkriegs gegen
Konstanz gab den Anstoß zu Verhandlungen.
Baden-Baden
(2010)
Die Anfänge Baden-Badens liegen wie üblich im Dunkel der Geschichte. Vor- und frühgeschichtliche Funde fehlen, und dass der Ringwall auf der Hochfläche des Battert tatsächlich, wie vergleichbare Anlagen am Oberrhein, auf keltische Ursprünge zurückgeht, liegt zwar nahe, muss aber erst noch nachgewiesen werden. Auch eine noch frühere Zeitstellung erscheint
hier nicht ausgeschlossen. So datiert der erste Fund, der Auskunft über eine Besiedlung des Ortes gibt, auf die erste Hälfte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts und steht vermutlich mit den suebischen Gruppen in Verbindung, die als Bundesgenossen der Römer im rechtsrheinischen Gebiet Sicherungsaufgaben erledigten und die vom Unteren Neckar bis ins Vorfeld Straßburgs nachgewiesen sind.
Die politische Situation zu Beginn der 40er-Jahre des 18. Jahrhunderts in Europa war so verwirrend wie denkbar. Zu den jahrhundertelangen Konstanten der europäischen Geschichte gehörte der Gegensatz zwischen den Häusern Bourbon und Habsburg (Frankreich und Österreich). In Europa herrschte Chaos. England lag mit Frankreich und Spanien im Krieg, Russland führte mit Schweden Krieg, in Spanien wollte Königin Elisabeth ihren Sohn Philipp mit Ländereien in Italien versorgen. Österreich war durch die Türkenkriege stark geschwächt und befand sich in einer Existenzkrise. In Preußen dagegen hatte „Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. 1740 seinem Sohn Friedrich II. ( d. Gr.) ein diszipliniertes Heer von 83 000 Mann und eine gefüllte Staatskasse zurückgelassen. Der Krieg schien in diesem Jahrhundert zum „Normalzustand" geworden zu sein.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister
Holaschke, liebe Festgäste,
es ist für mich eine große Freude und Ehre,
dass ich zum offiziellen Auftakt der 30.
Baden-Württembergischen Heimattage
hier in Eppingen eine Festrede zur
Geschichte unserer Stadt halten darf.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei den
Verantwortlichen für dieses Vertrauen
bedanken.
Beginnen möchte ich aber nicht mit
Geschichte, sondern mit zwei kurzen
Geschichten:
Da ging ein badischer Vater mit seinem
Sohn an einem Sonntag Nachmittag im
Wald spazieren. Sie liefen an der württembergischen Grenze entlang.
Er hieß Eulenhorst und Krähenhorst und
befand sich auf der Nordseite des Alt-Rohrbacher Weges (von Rohrbach her Eppinger
Steige und Weg) im Birkenwald und im
Gewann Rohrbacher Weg. „Eppingen beinahe Garnisonstadt, nachdem es 1564/65
auch vorübergehende Universitätsstadt
war!” hatte ein fürstlich-patriotischer Geschichtsschreiber gejubelt.
Nun bekam die Stadt eine Garnison, wenn
auch unter ganz anderen, widrigen Umständen.
Am 7. September 1810, vor 200 Jahren also, wurde in Paris ein Vertrag unterzeichnet, der dem Großherzogtum Baden eine nicht unerhebliche Gebietserweiterung bringen sollte. Zwar ist dieser Pariser Vertrag den meisten Darstellungen der badischen Geschichte nur ein paar Zeilen wert. Das gilt auch für das entsprechende Kapitel im Handbuch der badenwürttembergischen
Geschichte. Allerdings hat Willy Andreas vor fast hundert Jahren eine detaillierte und anschauliche Darstellung »Baden nach dem Wiener Frieden 1809« als Heft 15 der »Neujahrsblätter der Badischen Historischen Kommission« veröffentlicht, auf
die sich die neueren Autoren gerne stützen.
Im Mai 2009 jährt sich zum hundertsechzigsten Male die Erhebung der badischen Armee. Literarisch wurde sich dieses Themas, als ein historisches Paradigma für den Kampf um Freiheit und Demokratie in Deutschland, von Stefan Heym in seinem Roman »Lenz oder die Freiheit« - im englischsprachigen Original »The Lenz Papers« - angenommen, in dem die Geschichte des jungen badischen Rekruten Andreas Lenz erzählt wird, der als feuriger Schwärmer und Rebell den Aufstand der badischen Garnison in der Bundesfestung Rastatt und später die preußische Intervention erlebt. Die folgende Abhandlung möchte die Hintergründe des historischen Ereignisses etwas beleuchten und der Frage nachgehen, warum gerade die Armee Badens rebellierte, wohingegen Preußens Armee - bis auf einen Aufstand der Landwehrleute im Mai 1849 - ihrem König loyal blieb und das Rückgrat der Reaktion bildete.
Seit etwa 1810 zählte die Stadt zu den großen Bädern Europas, schon in den 1820er Jahren galt es als Luxusbad, nicht zuletzt wegen der hocharistokratischen Klientel. Franzosen, Engländer und Russen machten es zum internationalen Treffpunkt.
Doch verfügte sie noch nicht über die großen »Karawansereien«, wie Wilhelm von Chezy 1831 notierte; das Städtchen erschien ihm wie »die verzauberte Prinzessin im Dorngehege«. Das sollte sich sehr bald ändern. Die Stadt passte sich im Äußeren an die veränderten Bedürfnisse an. Neue öffentliche und private Bauten entstanden.
Emigration oder Deportation?
(2010)
Am Morgen des 22. Oktober 1940 wurde mit der gesamten badischen auch die Ihringer jüdische Gemeinde aus ihren Häusern vertrieben und, nur mit geringem Handgepäck versehen, nach Gurs ins französische Pyrenäenvorland deportiert. Die Wohnungen wurden versiegelt, das Inventar unter beschämenden Bedingungen versteigert, Soldaten einquartiert.