943 Geschichte Deutschlands
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Felix Wankel sind die höchsten Weihen der Bundesrepublik Deutschland zuteil geworden: Träger des Bundesverdienstkreuzes und Professor honoris causa des Landes Baden-Württemberg; beinahe wäre sogar ein Gymnasium in Lahr nach ihm, dem auf Grund seines Drehkolbenmotors renommierten Kind und Ehrenbürger der Stadt, benannt worden - Lorbeeren, die als moralisch haltbar erachtet worden sind; zumindest von denjenigen, welche in Wankel den politisch Unwissenden und erfinderisch Selbstvergessenen gesehen haben, der zwar mit seinen Erfindungen der Wehrmacht zugearbeitet, nie jedoch daran gedacht habe, dass er so das verbrecherische Nazi-Regime unterstützen könne, und deshalb auch als „Minderbelasteter"
vor der Spruchkammer Lindau verurteilt worden sei.
Oskar Wiegert
(2009)
In fast allen Veröffentlichungen zur Geschichte des Nationalsozialismus in Offenburg, zuletzt in Martin Ruchs Publikation über das Novemberpogrom in Offenburg, fällt der Name Oskar Wiegert als fanatischer und skrupelloser Nazitäter. Im Rahmen der Untersuchung der Entnazifizierung der Stadtverwaltung Offenburg fand der Autor weitere Archivdokumente, die bisher noch nicht ausgewertet wurden und interessante Aufschlüsse über seine Nachkriegsbiografie bringen. Zu Beginn der fünfziger Jahre lässt sich in der Bundesrepublik eine Abkehr von der im vorigen Beitrag beschriebenen Entnazifizierungspolitik feststellen. Schritt für Schritt setzte sich ein Nazi-Begriff durch, ,,der auf Rabauken und Sadisten passte, aber die partei-organisatorisch nicht recht greifbaren Unterstützer in herausragenden Positionen - Wirtschaftsmanager, Richter, Bürokraten, Professoren - ausfilterten." Dieses Milieu hatte sich nicht mit den kleinen Pöstchen abgegeben, wie Kassenverwalter, Zellenleiter, Blockwart etc. Einfach zu belangen waren die Raufbolde, Querulanten. Sie besaßen teilweise Hemmungen, den plebejischen NS-Verbänden mehr als nominell beizutreten und hatten ihren Einsatz auf viel effizientere Weise bewiesen, nur blieb davon im formalen Raster der Entnazifizierung nicht viel hängen. Letztendlich existierte in den fünfziger Jahren ein „gewisses Solidaritätsgefühl zwischen Nazis und Nicht-Nazis." In vielen Gemeinden gab es oftmals eher eine Sympathie für den verteufelten Nazi als für die Opfer des Nationalsozialismus. Die Mitarbeiter der Spruchkammern, die im Gegensatz zur Mehrheit der Bevölkerung sich dem System widersetzt hatten, waren bereits gegen eine Wand des Schweigens gestoßen. Sie waren der Bevölkerungsmehrheit oft fremd, suspekt und lästig.
Im Frühjahr 1933 bereiteten die deutschen Turner ihr 5. Deutsches Turnfest in Stuttgart (21. - 30. Juli 1933) vor. Aus diesem Anlass bat Edmund Neuendorff, der Vorsitzende der Deutschen Turnerschaft, Adolf Hitler um die Schirmherrschaft. In diesem Antragsschreiben war zu lesen: ,,Mit ungeheurem Jubel ist von der gesamten Deutschen Turnerschaft der Sieg der
Deutschen Freiheitsbewegung und die Ergreifung der Macht durch Sie mein Führer begrüßt worden. Die Deutsche Turnerschaft hat sich sofort der nationalen Regierung zur Verfügung gestellt (...) und sie hat, soweit es überhaupt noch nötig war, sofort eine Neugestaltung ihres äußeren und inneren Aufbaus vorgenommen. Die verhältnismäßig wenigen Marxisten
und Juden, die sich in der Turnerschaft befanden, haben sie verlassen müssen. (...) Der Führergedanke ist durchgeführt. (... ) Schulter an Schulter mit SA und Stahlhelm tritt die Turnerschaft den Vormarsch ins Dritte Reich an."
Trotz der Zeit der starken Männer, die die Zeit des Nationalsozialismus zu sein schien, war dies auch die Zeit der Frauen, da die meisten Männer abwesend und dadurch handlungsunfähig waren. Und es war die Zeit der Verfolgung, die Zeit des Krieges, der Besatzung und des Wiederaufbaus und die Zeit danach. In dieser Epoche bewiesen meine Uroma und meine Oma Mut. Die eine, weil sie ihren Mann liebte, und die andere, weil sie ihren Vater liebte. Neben dem Leid meines Uropas sind es aber auch die Willenskraft und das Engagement einer Martha Schanzenbach wert, einen Aufsatz über diese Frauen zu schreiben. Ich habe mit meinem Vater oft über Geschichten dieser Art in der Geo-Bücher-Reihe gesprochen. Es waren Geschichten über den Blizzard von New York anfangs des 20. Jahrhunderts, oder die Geschichte aus einem Zeitungsbericht über die Schlacht bei Verdun im Ersten Weltkrieg, aber auch ein Bericht über den Feuersturm über Hamburg im Zweiten Weltkrieg. Diese Geschichten zeugen doch davon, wie schnell Geschichte in Vergessenheit geraten kann und wie wenig man dann über die Vergangenheit weiss. Mit diesem Aufsatz will ich einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass ein Teil der Geschichte, ein Teil der Geschichte meiner Familie, nicht vergessen wird.
Von Anfang an nutzte der NS-Staat die längst vorhandenen Vorurteile großer Teile der deutschen
Bevölkerung gegen Homosexuelle aus. Die Nazis erreichten mit ihrer Propaganda gegen
gleichgeschlechtliche Beziehungen, dass Homosexuelle nunmehr als „Abschaum" angesehen
wurden.
Die Hauptgründe der Verfolgung homosexueller Männer durch das NS-Regime lagen in der
Überhöhung des Gedankens der Volksgemeinschaft und in der Rassenideologie der Nazis. Für
sie waren die „Arier" eine überlegene Rasse. Andere galten als minderwertig, als „Untermenschen".
Wichtig war es, die Reinheit der eigenen Rasse durch sogenannte „Rassenhygiene" zu
erhalten. Das war der Grund für die Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma sowie der
Behinderten. Auch Homosexuelle waren laut Nazi-Ideologie eine Gefahr für die arische Rasse,
pflanzten sie sich doch nicht fort, nahmen somit nicht an der Vermehrung der arischen „Herrenrasse"
teil und waren daher „bevölkerungspolitische Blindgänger". Hinzu kam, dass die
Nazis Angst vor der „Seuche" Homosexualität hatten. Sie befürchteten, einige wenige Homosexuelle
könnten viele junge Männer „verführen" und dadurch an der Vermehrung hindern.
Sie galten als „Staatsfeinde".
Am Karfreitag 1945 verhaftete eine Volkssturmeinheit unweit von Bad Rippoldsau, das unterhalb des Kniebismassivs liegt,
zwei Flüchtlinge: zwei junge Menschen, welche die Not der Zeit in die Welt hinausgeworfen hatte, wo sie versuchten, ihr
Leben zu retten. Doch sie trafen auf den SS- und SD-Führer, SS-Totenkopfringträger, SS-Ehrendegenträger und „Inhaber des
SS-Julleuchters", den zeitweiligen NSDAP-Ortsgruppenleiter von Wolfach, Karl Hauger, der seines Zeichens - sozusagen
neben seinen unzähligen NS-Parteibeschäftigungen - auch noch Forstamtsleiter des Staatlichen Forstamtes II in Wolfach,
der damals für Bad Rippoldsau zuständigen Forstbehörde, war. Ein Mann, der seine Unterwürfigkeit zu Partei und Staat auch
durch die Tatsache zum Ausdruck brachte, dass er nicht etwa, wie damals noch weithin üblich, im Frack und Zylinder zum
Traualtar schritt: Der Forstmann heiratete 1934 auch nicht, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, in Forstuniform, sondern
in der schwarzen Uniform der SS. Karl Hauger, im Volksmund von manchen noch heute der „kleine Hitler von Wolfach" genannt, war sich selbst nicht zu schade dafür, sich eigenmächtig zum Richter zu erheben und zum Hinrichter zu erniedrigen.
Die von den Nationalsozialisten eingeleitete Ausrottung der Sinti und Roma hat einen langen
Vorlauf in Europa und Deutschland. Sie konnte sich auf Vorurteile, auf Misstrauen und
Abneigung bis hin zu offener Feindschaft stützen, die sich seit dem Mittelalter in der
Bevölkerung entwickelt hatten und fest verwurzelt waren.
In Freiburg - wie überall in Deutschland - verlief die „Aussonderung aus der Volksgemeinschaft" nach 1933 fast reibungslos. Offene Proteste oder Widerstand gab es nicht. Im
Gegenteil! Obwohl viele Sinti wie auch die Juden als deutsche Staatsbürger integriert waren
und sogar im Ersten Weltkrieg die ihnen doch immer wieder abgesprochene patriotische
Gesinnung gezeigt hatten, konnten sich die Nazis stillschweigender Zustimmung weiter
Bevölkerungskreise zu ihrem Vorgehen sicher sein. ,,Das Feindbild ,Zigeuner' war", wie es
Reimar Gilsenbach formuliert, ,,altüberliefert, es war in der Masse der Deutschen stärker verinnerlicht als das Feindbild ,Jude' ... "[1]
Behördliche Erlasse gegen die Sinti und Roma gibt es seit dem Mittelalter und schon ein
erster Höhepunkt dabei ist mit dem Namen Freiburg verbunden. Zu den vielen
Beratungsthemen, die 1498 auf der Tagesordnung des von Kaiser Maximilian I. nach Freiburg
einberufenen Reichstages standen, gehörte auch die Frage, wie zu verfahren sei mit denen, "so
sich zcigeiner nennen und wider und für in die land ziehen etc." [2] Angeblich besaß man "glauplich
anzeig, dass sie eifarer, usspeer und verkuntschafter der cristen lant", also Spione der Türken,
die das Heilige Römische Reich bedrohten, seien. Alle Reichsstände wurden angewiesen, bis
Ostern 1499 die Sinti und Roma aus "den landen teutscher nacion" zu vertreiben. Wer sie danach
noch oder wieder im Reich antreffe, dürfe ungestraft gegen sie vorgehen.
Am 16. August 1942 erhielten Adolf und Pauline Besag aus der Freiburger Erbprinzenstr. 8 ein
Einschreiben aus Karlsruhe von der Bezirksstelle Baden-Pfalz der Reichsvereinigung der Juden
in Deutschland (RJD): Auf behördliche Weisung eröffnen wir Ihnen, dass Sie zur Teilnahme
an einem am Samstag, den 22. August 1942 von Karlsruhe abgehenden Abwanderungstransport
bestimmt sind. Wir bitten Sie, die nachstehenden Anweisungen genau durchzulesen
und zu befolgen und in Ruhe die Vorbereitungen für Ihre Abreise zu treffen. Sie werden nach
Möglichkeit im Laufe der nächsten Tage von einem unserer Mitarbeiter aufgesucht, der Ihnen
mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Anträge auf Befreiung von der Teilnahme am Abwanderungstransport
sind zwecklos. Wir bitten daher, hierwegen weder schriftlich noch mündlich an
uns heranzutreten. Auch die Einreichung ärztlicher Atteste muss unterbleiben. Dass Anträge
an Behörden ohne Einholung einer Auskunft bei uns unzulässig sind, ist unseren Mitgliedern
bekanntgegeben worden. Sie müssen sich in Ihrer Wohnung am 21. Augustabreise bereithalten [...].
Betrachtet man die Geschichte des Breisgau-Geschichtsvereins „Schau-ins-Land" in der NS-Zeit, kommt man nicht umhin, auch die Geschichte der Gesellschaft für Beförderung der
Geschichtskunde - oder kurz Freiburger Geschichtsverein - zu behandeln. Denn traditionell wird
der heutige Verein als die Vereinigung des Breisgauvereins „Schau-ins-Land" mit der Gesellschaft
für Beförderung der Geschichtskunde gesehen. Die Umstände der Fusion lassen sich jedoch,
auch nach Durchsicht aller Unterlagen in den Vereinsnachlässen im Stadtarchiv Freiburg, nicht
vollständig klären. Es ist kein Dokument zu finden, welches den gewollten Zusammenschluss
beider Vereine belegt. So bleiben nur die Aussagen der Zeitzeugen Karl Siegfried Bader und
Berent Schwineköper, die von der Vereinigung berichten. Es steht anhand der Vereinsunterlagen
unzweifelhaft fest, dass sich 1947 zunächst nur der Breisgauverein „Schau-ins-Land" neu gründete. Die frühesten Schriftstücke mit dem heutigen Vereinsnamen Breisgau-Geschichtsverein
„Schau-ins-Land" datieren übrigens erst aus dem Jahr 1953. Unter den Mitgliedern 1947 waren
Namen vertreten, die auch in den Mitgliederlisten des Historischen Vereins zu finden sind, sodass
man von einer personellen Union sprechen kann.
Die Gemeinde Nordrach mit ihren etwa 2000 Einwohnern erstreckt sich in einem langen, verzweigten Tal. Die Bauernhöfe
liegen teilweise weit entfernt vom Dorfkern an den Berghängen. Drei bis vier Kilometer von der Dorfmitte in östlicher
Richtung liegt der Stollengrundhof. Der Weg zu ihm führt steil hoch durch den Wald. Zur Zeit des Nationalsozialismus lebte
auf dem Stollengrundhof die Bauerfamilie Birk. Georg Birk, der Bauer, starb 1938 an Multipler Sklerose. Seine Frau Franziska
Birk, geb. Pfundstein, und er hatten fünf Kinder, einen Sohn und vier Töchter.
Es war im Februar 1945. Mein Mann war schon im Dezember 44 zu den nach Hinterzarten
ausquartierten beiden Töchtern gegangen, weil die Gestapo ihn zum Schippen einziehen wollte.
Ich ging nicht mit, ich hätte ihn gefährden können. Außerdem musste jemand in der Wohnung
bleiben, um die Post auf Umwegen nachzuschicken und etwaige Recherchen abzufangen. Auch
musste ich den Kanarienvogel, der etwas krank war, versorgen. In Hinterzarten waren die Zimmer nur mit einem elektr. Öfchen notdürftig heizbar (zu kalt für den Vogel) [...]. So beginnt der Bericht über ein persönlich erlebtes, dramatisches Ereignis gegen Ende
des Krieges. Der Verfasserin Gertrud Gurlitt, in der Freiburger Burgunderstr. 30 wohnhaft,
ist offenbar bewusst, dass sie sich augenblicklich in einer bedrohlichen Lage befindet. Soll sie,
ohne zu zögern, dem Willen der Gestapo nachkommen und sich als Jüdin einem unbestimmten
Schicksal ausliefern - oder kann sie es wagen, unter Umgehung dieses Befehls die in Hinterzarten ausquartierte Familie zu besuchen und sie über ihre eigene Bedrohung zu informieren?
In beiden Fällen würde sie ein großes Risiko eingehen und mit Maßnahmen gegen ihre Freiheit
rechnen müssen. Und um beide Optionen in Ruhe gegeneinander abzuwägen, bleibt ihr keine
Zeit.
Allein im größeren Raum um Verdun existieren heute 29 deutsche Friedhöfe mit knapp 75 000 gefallenen Soldaten. Ihre Gräber tragen Kreuze mit Namen und Dienstgrad, unter ihnen die Gräber der deutschen Soldaten jüdischen Glaubens. Es sind
graue Granitstelen darunter mit dem Davidstern, Namen und Dienstgrad. In Frankreich und in anderen ehemaligen Kriegsländern Europas gibt es noch weitere, noch unfassbar viele solcher Friedhöfe, auf denen ein gewaltiges Totenheer bestattet ist, auch 12000 gefallene deutsche Juden liegen hier. Denn selbstverständlich haben sich auch die deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens am Kampf für ihr Vaterland beteiligt.
„Wisse ein jeder: Vergessen ist niemand, vergessen ist nichts." So lautet die Inschrift auf dem Mahnmal für die „Opfer der Gewalt 1933-1945", welches auf dem Geschwister-Scholl-Platz in Schwenningen am Neckar sich befindet, der in düsteren Tagen der Stadtgeschichte „Horst-Wessel-Platz" hieß. Vergessen sei auch nicht Karl Schäfer, der vorbildliche Schwenninger Sozialdemokrat, der dem Nationalsozialismus widerstand - nicht in Gedanken nur, in Taten auch. Von ihm ist zu erzählen, der das Dritte Reich in Deutschland selbst bekämpfte, vieles wagte und - vieles verlor. Die Ruhe. Die Geborgenheit der Familie. Das Leben zuletzt. Nicht die Überzeugung, nicht die Gesinnung, nicht die Standhaftigkeit.
Der »neue Geist« des Nationalsozialismus fiel in Hockenheim auf fruchtbaren Boden. Schon
früh ließen sich Männer und Frauen von den nationalsozialistischen Ideen vereinnahmen,
doch es gab auch Widerstand. Im Zuge der Gleichschaltung gaben alle demokratisch gewählten
Gemeinderäte ihre Mandate zurück. Für die Jugend baute die Stadt ein Jungvolkheim.
Große Sonnenwendfeiern fanden nach germanischer Sitte statt. Ein NS-Zensor wachte über
die Presseberichte der Zeitungen. Im Heldenkeller misshandelten die Ortsnazis Andersdenkende.
Jüdische Familien wurden aufgefordert, Hockenheim zu verlassen. Die bereits publizierten
Werke über das Dritte Reich verharmlosen das Ausmaß der Gräueltaten, welche
Hockenheimer ihren Mitmenschen angetan haben.
Wer die lokalhistorischen Forschungen zu Unterkirnach oder im unteren Kirnachtal
zur Hand nimmt, stößt im Zusammenhang mit dem einstigen Burghotel und
späteren Kloster Maria Tann auf den Hinweis, die Gebäude hätten ab 1941 eine
größere Anzahl von „Slowenen“ beherbergt.
Doch keine Ortsgeschichte und keine regionalgeschichtliche Forschung hat
sich bisher näher für die Frage interessiert, aus welchen Gründen und unter
welchen Bedingungen hier eine für den Landkreis Villingen beträchtliche Anzahl
Personen untergebracht war, die 1945 fast alle nach dem Zusammenbruch den Weg
zurück in die Heimat fanden.
Ganz unbemerkt dürfte der Aufenthalt von immerhin zuletzt rund 500 Personen in dem nach 1920 dem Orden der Schulbrüder dienenden Gebäudekomplex
nicht gewesen sein. Schließlich mussten die Lagerbewohner versorgt werden,
bestand eine Verwaltung mit Kontakten in umliegende Orte und Dienststellen. Doch
scheint auch den Slowenen bis heute ein Vergessen beschieden zu sein, das sie mit
der nach tausenden zählenden Gruppe der Zwangsarbeiter und der nach hunderten zählenden Gemeinschaft der volksdeutschen Umsiedler in den einstigen Landkreisen Donaueschingen und Villingen teilen. Jahrzehntelang waren sie aus dem
kollektiven Gedächtnis getilgt und dies wohl aus Gründen, die eine eigene Untersuchung wert wären.
Wären das im Walde bei Hammereisenbach stehen gelassene Schlittenhaus und ein
im karpatischen Stil verziertes Waldarbeiterhaus nicht gewesen, wäre man nicht auf
jene Volks- und Berufsgruppe gestoßen, die in der regionalen Geschichte zum Zweiten Weltkrieg bis heute keine Erwähnung gefunden hat und über deren Schicksal
nur wenig in Erfahrung zu bringen ist. Die Rede ist von den ungarischen Waldarbeitern, besser gesagt den ethnischen Ungarn aus den Karpaten des heutigen Rumänien, welche Ende 1942 und nochmals 1943 angeworben wurden und im
badischen Schwarzwald vorwiegend auf dem Gebiet des heutigen Schwarzwald-Baar-Kreises zum Einsatz kamen.
Auf Messers Schneide
(2012)
1940 und 1941 hätte das Blumberger Bergwerk eigentlich wachsen und gedeihen
sollen. Tatsächlich aber musste Bergwerksdirektor Dr. Hans Bornitz Krisenmanagement betreiben. Absatzprobleme und Fachkräftemangel kennzeichneten die
Lage. Schuld daran hatte der im Herbst 1939 begonnene Krieg. Die grenznahen
Saarhütten lagen bis zum Sommer 1940 still und fielen als Erzabnehmer aus. Die
Ruhrwerke arbeiteten zwar noch, weigerten sich aber, größere Mengen aus Blumberg zu beziehen. Als die Saarhütten nach dem Frankreichfeldzug ihre Produktion
wieder aufnehmen konnten, hatten sie Zugriff auf die lothringischen und luxemburgischen Minettegruben. Deren Erze konnten sie wirtschaftlicher, das heißt mit
deutlich geringerem Kokseinsatz, verhütten als das Blumberger Erz. An ihm besaßen
die Saarhütten fortan keinerlei Interesse mehr. Zwar waren sie der Doggererz AG
(DAG) gegenüber bindende Abnahmeverpflichtungen eingegangen, doch lauerten
sie seit Juli 1940 nur auf eine Gelegenheit, den unwirtschaftlichen Erzabbau zu drosseln oder ganz einzustellen. Nur das Reichswirtschaftsministerium (RWM), das
50 % des Aktienkapitals vertrat, glaubte noch an eine Zukunft des Unternehmens.
Es bestärkte den Vorstand darin, den Betrieb trotz der ungünstigen Situation
konsequent fortzusetzen und auszubauen.
Zum Schuljahr 1938/39 hat ein Lehrer des
Durlacher Gymnasiums ein selbst verfaßtes
und in Loseblattform gedrucktes Geschichtsbuch
für seine Klasse vorgelegt und im Unterricht
benutzt. In einem Aktenordner gesammelt,
ist dieses Werk erhalten geblieben
und beweist eine beachtliche Distanz des Autors
zum Geschichtsbild der Nationalsozialisten,
dessen Beachtung von den Schulbehörden
damals zur Pflicht gemacht wurde. Der
Lehrer – es handelte sich um den Stellvertretenden
Direktor Professor Rudolf Imgraben
– hat mit seinem Vorgehen freiheitliche
Gesinnung und Unabhängigkeit des Denkens
bewiesen.
Vortrag anlässlich des 150-jährigen Jubiläums
der Kolpingfamilie Ettlingen am 10.
Januar 2008
Wie müssen sich Christen verhalten, wenn
die Gesellschaft in Rechtlosigkeit, Gewalt und
Terror versinkt, wenn Parteien sich des Staats
bemächtigen, die Familien entzweit und der
Glaube bedroht wird? Welche Lehren ziehen
wir aus dem Verhalten der Generation, die das
so genannte Dritte Reich erdulden musste?
Am Beispiel der badischen Stadt Ettlingen
– einer kleinen Insel des geführten Widerstands
im braunen Meer der 30er Jahre – sollen
einige Antworten auf diese Fragen gegeben
werden, die wohl ein ewiges Thema für uns
Deutsche bleiben werden.
Geführter Widerstand?
Vor 75 Jahren wurde hier in Villingen im Tannhörnle der polnische Zwangsarbeiter Marian Lewicki an einer Eiche erhängt. Er war von einem Gericht zum Tode verurteilt worden, nachdem er und eine junge deutsche Frau wegen einer Liebesbeziehung denunziert worden waren. Zu einer Stunde des Gedenkens versammelten sich am 5. März 2017 zahlreiche Bürger unserer Stadt um das Sühnekreuz ( Abb. 1). Oberbürgermeister Rupert Kubon gedachte in einer Ansprache des furchtbaren
Ereignisses, Altdekan Pfarrer Kurt Müller sprach abschliessend ein Gebet.