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Die Wandgemälde des Freskenzyklus' sind der bemerkenswerteste und
wertvollste Teil der barocken Ausstattung des ursprünglich mittelalterlichen Befestigungsturms [1] im Prälatengruten der ehemaligen Benediktinerabtei Gengenbach, heute im Besitz der katholischen Kirchengemeinde. Ihre Einzigartigkeit besteht darin, dass sie keine Wanddekorationen darstellen, sondern Gemälde als eigenständige Bildwerke, die ihrerseits wiederum
von einem Dekorationssystem umrahmt sind. In ihrer Art sind sie keine
übliche Wandmalerei im kirchlichen Sinne, so z. B. Gemälde einer Altarnische oder einer Heiligen- bzw. Kreuzwegdarstellung, aber auch keine
heraldische oder allegorische Wandmalerei, z. B. eine Wappen- oder Kartuschenmalerei. Vergleichbar sind sie dagegen mit Wandbildern, wie man sie
in manchen Palästen und Villen Italiens findet, mit landschaftlicher Darstellung von Natur, Architektur und menschlichen Gestalten, vedutenartig
in Überschau mit relativ kleinen Figuren und im Hochformat ausgeführt.[2]
Gegenüber den häufig anzutreffenden Wandgestaltungen mit Vertäfelungen, Tapeten- oder Stoffbespannungen und aufgehängten Leinwandbildern
besitzen sie eine ganz eigene Qualität. Ihr Vorhandensein zeugt vom kulturellen Niveau und der Weitläufigkeit des Bauherrn.
An der Stelle des heutigen Gebäudes des Acher- und Bühler Boten in der Hauptstraße 55 in Bühl stand ursprünglich das renommierte Gasthaus „Zum Hirschen". Die Schildgerechtigkeit wurde diesem Wirtshaus vermutlich bereits in der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg verliehen. 1626 wird Georg Klaiber als Wirt des „Hirschen" urkundlich erwähnt. Damals hielt das Landkapitel Ottersweier in diesem Gasthaus regelmäßig seine Konferenzen ab. Als Besitzer des „Hirschen" werden Johannes Lichtenauer (1650), Hans Adam Klaiber (1684), Christoph Klaiber (1727) und Leopold Edelmann (1804) genannt. Sebastian Reinfried war von 1807 bis 1848 Eigentümer des „Hirschen". Ihm folgten die Familien Moscherosch und Martini (1862 bis 1897). 1897 ging das Gasthaus durch Kauf in den Besitz der Gesellschaft Unitas über. Diese entstand aus dem Zusammenschluss mehrerer katholischer Vereine. Sie wollten sich durch den Kauf des „Hirschen" einen Rahmen für ihre Veranstaltungen geben. Die Gesellschaft beschloss, auf dem großen Grundstück hinter der Gaststätte, das bis zur heutigen Friedrichstraße reichte, ein geräumiges Vereinshaus zu bauen. 1898 wurde dieser Neubau nach Plänen des Architekten Johannes Schroth vom Erzbischöflichen Bauamt Karlsruhe errichtet. Er erhielt zu Ehren Großherzog Friedrichs von Baden den Namen Friedrichsbau.
Der fromme Dulder
(2007)
Die Wandmalereien der Klosterkirche Lobenfeld sind jüngst durch die Publikation
von Gabriela NUTZ neu erschlossen und durch Abbildungen vorbildlich dokumentiert
worden.1 Wie mühsam die Identifikation der manchmal verblaßten oder beschädigten
Bildszenen und Beschriftungen ist, belegen die im Buch ausgewerteten,
älteren Zwischenstände und Vorarbeiten. Wenn hier von einer neuen Identifikation
berichtet werden soll, ist dies gewiß eine Korrektur einer einzelnen Einschätzung
der Autorin, mindert aber nicht die Leistung.
Unter den romanischen Wandmalereien auf der Südwand des Chores findet sich im
Bildfeld S-6 (unten, zweites von links) eine Darstellung dreier Personen, die unter
Vorbehalt als „Lehrszene (?)" identifiziert und interpretiert worden ist.2 Mehr als
anderswo haben sich auf den Spruchbändern Buchstabenreste erhalten; das lange
Spruchband der mittleren Figur ist im unteren Teil so gut mit Buchstaben gefüllt,
daß eine etwas dichtere Lesung möglich ist.
Der Froschmäusekrieg
(2009)
Als der neue Direktor des Großherzoglichen Gymnasiums in Offenburg, Professor Franz Weißgerber, im Jahre 1841 seine Schulbibliothek „genauer durchforschte", machte er im Katalog der Bücherei eine aufregende Entdeckung, die er unter der Überschrift „Alterthumsfreunden zur Nachricht" des Jahresprogramms für das Schuljahr 1841/42 (Seite VI) der Öffentlichkeit vorstellte. Er hatte beim Vergleich mehrerer klassischer Schulautoren eine „sehr alte Ausgabe der Batrachomyomachie" ( = Homers „Froschmäusekrieg") entdeckt. Bei einer genaueren Untersuchung fand er heraus, dass
sie um zwei Jahre älter war, als die bislang als älteste geführte Florentiner Ausgabe des Chalkondylas von 1488, die der gelehrte Altphilologe Weißgerber entweder kannte oder ebenfalls in der Bibliothek vor Augen hatte. So wurde der neue Direktor, der bereits seit 1834 als Gymnasiallehrer an der Schule unterrichtete, schon in seinem ersten Amtsjahr zum Entdecker eines bedeutenden Wiegendrucks aus dem Erbe der Klosterbibliothek. Begeistert beschreibt er sie als „besser in der Anordnung der Verse", der „Lesearten" und der „Scholien" (= Kommentare), die er „roth gedruckt" über dem Text lesen konnte. Sein Fazit: ,,Diese Ausgabe ist die wahre editio princeps (= Erstausgabe), höchst interessant und würdig, neu edirt zu werden." Ob Weißgerber, der als kritischer Herausgeber altgriechischer Lyrik dazu sicher in der Lage gewesen wäre, sich dieser verlockenden Aufgabe tatsächlich unterzogen hat, ist nicht bekannt.
Der Galiläer aus Kippenheim
(2001)
Für den 8. April 1999 vormittags um 11.00 Uhr hat mir Ruthi Ofek, Steff Wertheimers „rechte Hand" in Public-Relations- und Kulturangelegenheiten, einen Gesprächstermin mit einem der größten Industriellen Israels vermittelt. Der Treffpunkt liegt hoch oben in den Bergen Galiläas in Sichtweite der libanesischen Grenze. Der Ort heißt Migdal Tefen. Hier hat Steff Wertheimer, Chef der „ISCAR"-Gruppe, Anfang der achtziger Jahre mit der Gründung von mittlerweile vier Industrieparks in Israel begonnen, die inzwischen auch grenzüberschreitende Vorbilder für das palästinensische Gaza und die Türkei geworden sind.
Der Glaube an verborgene Kräfte und an das übersinnliche war in der Frühen Neuzeit ab 1500 in Mitteleuropa weit verbreitet und regte die Phantasie der gesamten Bevölkerung an. Einen Zauberer- und Hexenglauben gab es schon in der Antike und im Mittelalter, doch gegen Verdächtige kam es nur vereinzelt zu Prozessen oder gar zu Hinrichtungen. Erst als der Dominikaner und Inquisitor Heinrich Kramer sein Traktat ,Hexenhammer' 1486 veröffentlicht, ein Werk, das Hexenverfolgungen auf der Grundlage der Hexenbulle (1484) von Papst lnnozenz VIII. legitimiert, ist die Grundlage für eine systematische Hexenjagd bereitet.
Wer auch immer nach Gengenbach kommt, – um den Ritter, der mitten auf dem Marktplatz des Städtchens steht, kommt keiner herum, ihn kann keiner übersehen. Seit 1582 behauptet er hier das Feld. Diese Zahl ist auf seinem Sockel eingemeißelt. Längst schon haben die Gengenbacher ihn zu ihrer Symbolfigur erhoben. Zuletzt feierten sie 1982 seinen 400. Geburtstag mit einem prächtigen Ausstellungsspektakulum. Etwa fünfzig bildende Künstler huldigten ihm zu diesem Anlaß in phantasievoller Weise, witzig, verspielt, kritisch, nachdenklich.
Im umfangreichen Schrifttum über Joseph von Laßberg (1770–1855), der 1837 Eigentümer des Alten Schlosses in Meersburg geworden war, gibt es keinerlei Hinweise
auf irgendwelche Beziehungen oder Kontakte zu Richard Wagner (1813–1883). Man
hätte solche durchaus erwarten können, da sich die Interessen des Altertumsforschers
und des Komponisten in vielen Bereichen ähnelten oder gar identisch waren, so z. B. an
der germanischen Altertumskunde, an den dazugehörigen Mythen und Sagen, an Minnesängern und nicht zuletzt am Nibelungenlied. Beim Nibelungenlied geht Joachim
Heinzle [1]
allerdings davon aus, das die Nibelungen Wagners auf skandinavische Quellen
und nicht auf mitteleuropäische Publikationen zurückzuführen sind. Schon allein die Lebensdaten Joseph von Laßbergs und Richard Wagners lassen jedoch prinzipiell Kontakte
zwischen 1840 und 1855 durchaus zu.
"Geschichte ist das, was ein Zeitalter am anderen interessiert". Dieser Satz wird Jacob Burckhardt (1818-1897), dem bekannten Schweizer Historiker, zugeschrieben. Er ist in mehrfacher Weise Kern- und Angelpunkt der Geschichtsdidaktik: zum einen ist klar, dass es dort, wo kein Interesse (im ursprünglichen lateinischen Sinn von inter esse), keine Fragestellung auf Schülerseite besteht, um den Lernerfolg schlecht bestellt ist. Zum anderen muss in einem propädeutischen, wissenschaftlich ausgerichteten Geschichtsunterricht deutlich werden, dass Geschichte nichts Vorgegebenes, sondern Rekonstruktion der Vergangenheit mit Hilfe von Quellen und wissenschaftlicher Quellenkritik ist. Geschieht dies nicht, so werden die Aufträge von Schulgesetz, Bildungs- und Lehrplänen nicht erfüllt. Zum Idealbild des mündigen Bürgers kann die Beschäftigung mit Geschichte beitragen, indem sie dazu verhilft, die gegenwärtige Welt besser zu verstehen, in der gegenwärtigen Welt reflektiert handeln zu können, an den Quellen und durch Quellenkritik bestimmte Fähigkeiten wie z. B. Kritikfähigkeit und analytisches Denken zu erwerben sowie die persönliche und gesellschaftliche Identitätsbestimmung und die Werte, die ihr zugrunde liegen, besser zu verstehen.
Von der Idee zur Realisierung
Die Idee für einen Geschichts- und Naturlehrpfad in Villingen-Schwenningen kam ursprünglich
von Schwenninger Bürgern, die für ihren Stadtbezirk ein solches Projekt wünschten. Der Heimatverein Schwenningen nahm sich zusammen mit dem
Schwäbischen Albverein und dem Schwarz waldverein dieses Vorschlags an und plante mit dem
damaligen Leiter des städtischen Forstamtes, Eberhard Härle, solch einen Pfad. Der Sturm Lothar verhinderte die baldige Umsetzung des Planes. Auf
Initiative von Dr. Tobias Kühn, dem Nachfolger von
Herrn Härle, wurde der Plan 2005 wieder aufgegriffen.
Die nachfolgende Untersuchung beschäftigt sich mit dem Vorkommen und der Vergesellschaftung des Gletscher-Hahnenfußes Ranunculus glacialis L. in Bayern bzw. Deutschland. Neben einer einleitenden Gesamtschau zur Verbreitung und den Anpassungsstrategien der Art an extremste Standortbedingungen werden historische und aktuelle Vegetationsaufnahmen besprochen und die pflanzensoziologische Anbindung diskutiert. Dabei wird eine bisher nicht bekannte Vergesellschaftung des Gletscher-Hahnenfußes in einer Minuartia rupestris-Trisetum distichophyllum-Gesellschaft mit Aufnahmematerial belegt. Die bayerischen Vorkommen werden mit eigenen Vegetationsaufnahmen aus verschiedenen Gebieten der Ostalpen und Material anderer Autoren verglichen und diskutiert. Abschließend werden die seit 2005 durchgeführten Maßnahmen zum Erhalt der einzigen und bedrohten Vorkommen des Gletscher-Hahnenfußes in Deutschland vorgestellt.
Der Gott im Baum
(2019)
Der Balzer Herrgott – auch Winkelherrgott genannt – ist eine in eine Weidbuche eingewachsene steinerne Christusfigur im mittleren Schwarzwald zwischen Wildgutach und Neukirch-Fallengrund (Baden-Württemberg). Er ist Ziel vieler Wanderer und Spaziergänger und gilt einigen als Wallfahrtsort. Entstehung und Herkunft sind bis heute nicht vollständig geklärt.
(WIKIPEDIA)
Der Grabstein des Johann Caspar v. Menlishofen (1582 –1626) in der Stuttgarter Leonhardskirche
(2010)
Die Leonhardskirche ist neben der älteren Stiftskirche und der etwas jüngeren
Hospitalkirche eine der drei mittelalterlichen Kirchen Stuttgarts, die alle im
2.Weltkrieg zerstört und in mehr oder weniger veränderter Gestalt wieder aufgebaut worden sind. Alle drei Kirchen waren zugleich Begräbnisstätten. Eine
Übersicht der ehemals vorhandenen Grabsteine und Epitaphien hat der Maler
und Kunsthistoriker Max Bach (1841–1914) geliefert. [1] Als wichtige Quelle
hatte Bach eine handschriftliche Beschreibung der Stuttgarter Grabdenkmale
von Johannes Schmid, dem damaligen Pfarrer an St. Leonhard, aus dem Jahr
1640 verwendet. [2] Heute birgt die Leonhardskirche, die einst die Pfarrkirche
der südöstlich der Stuttgarter Altstadt gelegenen Esslinger Vorstadt war, in
ihrem Innern noch elf Grabmale des 16. und 17. Jahrhunderts. [3] Die am westlichen Ende des Kirchenschiffs senkrecht stehenden Grabsteine sind erst
vor wenigen Jahren an ihren jetzigen Standort verbracht worden, nachdem sie
zwischendurch aus der Kirche entfernt und an der Außenwand des Chores
aufgestellt worden waren. Einer dieser Grabsteine gehörte, wie die Inschrift
besagt, dem »Johann Caspar v. Mendelishoffen, F[ürstlich] W[ürttembergischer] Oberrath – Starb den 8. September 1626 seines Alters 44 Jahr«.
Unter den landschaftstypischen Schwarzwaldhäusern bieten die historischen Bauernhäuser Gutachs mit ihrem meist zweigeschossigen Wohnteil, den Balkonen (Veranden oder Trippeln) unter dem weitausladenden Walm, der die Frontseite des Hauses kaum überdeckt, einen herausragend imponierenden Anblick. Insbesondere die Gutacher Malerprofessoren Hasemann und Liebich waren es, die diese Häuser durch ihre Bilder und Künstlerpostkarten schon um die vorletzte Jahrhundertwende in aller Welt bekannt machten. Nach dem Urteil vieler Touristen sind die altehrwürdigen Bauernhäuser in und um Gutach die schmucksten unter den typischen Schwarzwaldhäusern. Das gilt insbesondere für die Sommerzeit, wenn die
blumengeschmückten Balkone in Kombination mit dem „warmen" braunen Holz ein sehr farbenfrohes Bild vermitteln.
In der Nacht auf den 1. Juli 1897 traf den gesamten Amtsbezirk Eppingen mit
einem verheerenden Hagelunwetter die seit Menschengedenken schlimmste
Naturkatastrophe. Begleitet von orkanartigen Sturmböen zog von Westen her kurz
nach Mitternacht eine riesenhafte Gewitterfront herauf, die sich in Hunderten von
Blitzen, wolkenbruchartigem Regen und zerstörendem Hagelschlag mit vernichtender
Gewalt austobte.
Das Unwetter hatte bereits bei Karlsruhe und im Raum Bruchsal gewütet, bevor
es das Eppinger Umland verwüstete und weiter nach Osten zog. Auch im
Heilbronner Kraichgau und in über neunzig Gemeinden des württembergischen
Unterlandes hinterließ es seine zerstörerischen Spuren.
Die BADISCHE HEIMAT erscheint in einem vierteljährlichen Rhythmus, deshalb ist es der Schriftleitung erst im Heft 4/2006
möglich, zu dem zunächst von der Landesregierung geplanten Verkauf der Handschriften der Badischen Landesbibliothek
Karlsruhe Stellung zu nehmen. Im nachhinein schien es der Schriftleitung sinnvoll und notwendig, ad usum et memoriam
Lectoris zumindest eine Chronologie der Diskussion um die Handschriftenaffäre an Hand der Presseberichte und -kommentare zu erstellen. Der Handschriftenstreit betrifft ja nicht nur die Badische Landesbibliothek, sondern auch die Stadt Karlsruhe, den
Badischen Landesteil und die BADISCHE HEIMAT, sondern letztlich auch das kulturelle Erbe des ganzen Bundeslandes. Sehr schnell stellte sich heraus, dass der Streit um die Handschriften eine kulturpolitische Dimension annahm, die weit über die Grenzen des Bundeslandes hinausging.
Der Hausheilige
(2010)
Marbach am Neckar wäre der Welt unbekannt geblieben – und das völlig zu
Recht –, wäre dort nicht seinerzeit Friedrich Schiller geboren worden. So aber ist der
Name der Stadt, ähnlich wie bei Stratford-upon-Avon und William Shakespeare,
untrennbar mit dem des Dichters verbunden, und die Stadt hat es verstanden,
daraus Kapital zu schlagen. Man gründete den Marbacher, später den Schwäbischen
Schillerverein (heute: Deutsche Schillergesellschaft), man errichtete ein Schiller-Denkmal, erbaute das Schiller-Nationalmuseum, schließlich das Deutsche Literaturarchiv. Dadurch hat die Welt neben Schiller einen zweiten Begriff, den sie mit
Marbach assoziieren kann: das Deutsche Literaturarchiv, das sich als Quelleninstitut
und Forschungseinrichtung mittlerweile internationaler Berühmtheit erfreut.
Obwohl das Literaturarchiv sich längst von Schiller emanzipiert hat, für die Epochen
der Jahrhundertwende oder des Expressionismus, für Exilliteratur oder DDR-Literatur,
für Verlagsarchive oder Philosophennachlässe und für vieles andere einsteht, obwohl
also dieses Institut vornehmlich den Phänomenen der Moderne zugewandt ist, bleibt
Schiller nach wie vor sein Hauspatron. Und trotz des Literaturmuseums der Moderne,
trotz zahlloser Sonderausstellungen zu wichtigen Autoren, Themen und Problemstellungen der deutschen Literatur ist die Schiller-Dauerausstellung im Schiller-Nationalmuseum das Marbacher Markenzeichen geblieben, ist die vierjährige Zeit
zwischen 2005 und 2009, als keine Schiller-Ausstellung dort zu sehen war, vom
Publikum als so etwas wie ein Interregnum, als schreckliche kaiserlose Zeit empfunden worden. Galt früher doch sogar die Regel, dass in Schwaben eine Heirat erst dann
richtig gültig war, wenn das Paar gemeinsam das Marbacher Schiller-Museum besucht
hatte. Nun und andererseits, die baubedingte Museums-Schließung der letzten Jahre
hat die Zahl der Eheschließungen in der Ludwigsburger Region nicht merklich
beeinflusst, so dass man annehmen kann, dass auch die öffentliche Wahrnehmung
des Marbacher Instituts als Schiller-Stätte allmählich schwächer wird. Jedoch bieten
Jubiläumsjahre wie das eben verflossene beste Gelegenheiten, die Verhältnisse wieder durcheinander zu wirbeln und Kafka und Döblin, Heidegger und Jünger, Celan
und Sebald, und wie sie alle heißen mögen, durch den bewährten Publikumsliebling
Schiller auf die Plätze zu verweisen. Man darf also gespannt sein auf die weitere
Entwicklung des Öffentlichkeitsinteresses.
Vor allem in der populären pilzkundlichen Literatur wird das in Leviticus 14 als „Zara’at“ (deutsch meist übersetzt mit „Aussatz“) an Hauswänden beschriebene Phänomen häufig als biblischer Beleg für das Vorkommen des holzzersetzenden Hausschwamms Serpula lacrymans in Israel und Palästina verstanden. Diese Auffassung wird zurückgewiesen. Eine Exegese des Bibeltextes und ein Abgleich mit der Morphologie des Pilzes zeigen, dass diese Erscheinung auf nicht näher bestimmbare Kolonien von Algen, Schimmelpilzen oder Bakterien von rötlicher, grünlicher oder gelblicher Farbe zurückgeführt werden muss,
vorausgesetzt, es handelte sich überhaupt um Organismen.
Die kirchenpolitische Neuorientierung unter Friedrich III. (1515; reg. 1559–1576), deren Gipfel die Einführung des Catechismus Oder Christliche(n) Vnderrricht(s) / wie der in Kirchen vnd Schulen der Churfürstlichen Pfaltz getrieben wird bildet, wurzelte bereits in den reformatorischen Maßnahmen Kurfürst Ottheinrichs von der Pfalz (1556–1559). Es war dem Kurfürsten nicht gelungen, mittels der lutherischen Kirchenordnung von 1556 die religiöse Lage zu befrieden, was auch durch eine unglückliche Berufungspolitik verursacht war. Bereits unter Ottheinrich wurden – in eher reformiertem Geiste – die Bilder in den Kirchen zurückgedrängt. Hauptstreitpunkt der Heidelberger Theologen war freilich die Lehre vom Abendmahl, die zum handgreiflich ausgetragenen Streit zwischen Wilhelm Klebitz und Tilman Heshus und schließlich zur Entlassung beider führte. Ottheinrichs Nachfolger Friedrich III. erhoffte weitere Klärung durch ein Gutachten Melanchthons, dass dieser wenige Wochen vor seinem Tode im November 1559 erstattet hat und das Friedrich noch 1560 drucken ließ. Melanchthon war sich über die kirchenpolitische Brisanz durchaus im Klaren, wenn er sagte: Es ist nicht schwer, aber gefährlich, darauf eine Antwort zu
geben.
Der Heidelberger Kunstverein
(2001)
Bad. Heim.: Herr Gercke, Vereine haben oftmals ihre eigenen Traditionen, die sich von ihrer Entstehung und Geschichte herleiten. Wie ist dies beim Heidelberger Kunstverein? Gercke: Nachzuvollziehen ist dies in der anläßlich des 125jährigen Bestehens des Heidelberger Kunstvereins im Jahre 1994 erschienenen und von Christmut Präger zusammengetragenen Chronik des Vereins, in der er auch bis dahin nicht gesichtete Dokumente veröffentlicht hat. Leider waren nicht alle Dokumente lückenlos vorhanden, da der Verein sein Domizil im Laufe seiner Geschichte an die zehn Mal wechselte. Vielleicht wurde auch manches aus den vierziger Jahren absichtlich beiseite geschafft. Im Vergleich zum Badischen Kunstverein, dem Freiburger, Mannheimer oder Konstanzer ist der Heidelberger der jüngste. Erst 1869 hat der heute fast unbekannte, aber damals sehr engagierte Maler Ludwig Horst dem ,, ... hochwohllöblichen Gemeinderat der wunderschönen Stadt Heidelberg ... " klar gemacht, daß Heidelberg eine Institution braucht, die sich kompetent mit der Vermittlung zeitgenössischer Kunst befaßt. Begründet hat er dies mit dem Ruf der Universitätsstadt, die mit dem Erbe der Romantik einen gewichtigen Hintergrund hat. Daran interessant für mich war, daß ich, ohne damals diese Details zu kennen, im Zusammenhang mit der Notwendigkeit des Neubaus gegenüber dem Gemeinderat und dem Oberbürgermeister die gleichen Argumente wie Horst benutzte. Es muß gegen die starke, sicher auch Maßstäbe setzenden Dominanz der Tradition ebenso die zeitgenössische Kunst ihren Platz in einem kulturell so stark bestimmten Raum erhalten. Dies leuchtete offenbar damals wie heute den politisch Verantwortlichen ein. So konnte der Heidelberger Kunstverein nach über 100jähriger Odyssee
1990 mit der sehr spektakulären und vom damaligen Ministerpräsident Lothar Späth eröffneten Ausstellung zur Farbe Blau dies sehr interessante Domizil unter dem gleichen Dach mit dem Kurpfälzischen Museum beziehen.
Zwischen St. Gallen und Freiburg im Breisgau gab es im Laufe der Geschichte und gibt es heute noch verschiedenartige und enge Beziehungen. Zuletzt sei an die Ausstellung „Freiburg baroque“ im Augustinermuseum über den Barockkünstler Johann Christian Wentzinger (1710–1797) im Winter 2010/11 erinnert. Diese Ausstellung konnte danach auch in St. Gallen gezeigt werden. Denn Wentzingers Hauptwerk war die Stiftskirche und heutige Kathedrale von St. Gallen. Im Dienste der St. Galler Fürstäbte verdiente Wentzinger so viel Geld, dass er, als er sich zur Ruhe setzte, damit am Münsterplatz in Freiburg ein prächtiges Privatpalais errichten konnte. Die Beziehungen des Gallusklosters zum Breisgau reichen aber sehr viel weiter zurück, bis in die Anfangszeit der Abtei, als es Freiburg noch lange nicht gab: Das Stichwort ist das Weindorf Ebringen vor den Toren der Stadt. In einer der allerfrühesten überlieferten Urkunden erhielt das Kloster St. Gallen zwischen 716 und 721 Weingüter in Ebringen geschenkt („in Eberingen unum iuchum de vinea“), angeblich aus dem Erbgut des Gründerabtes, des heiligen Otmar (719–759). Diese Urkunde ist die älteste Erwähnung von Weinbau im Markgräfler Land und überhaupt die früheste Erwähnung eines breisgauischen Ortes in einer Urkunde. Damit beginnt eine die Jahrhunderte überdauernde Verbindung St. Gallens zu Ebringen. Hier befanden sich der Verwaltungsmittelpunkt des ausgedehnten Güterbesitzes der Abtei im Breisgau und der Sitz einer Propstei; davon zeugen heute noch das herrschaftliche Schloss und die Pfarrkirche St. Gallus. Hier wirkten St. Galler Mönche als geistliche Statthalter und Pfarrer. Hierher wurden auch zeitweilig unbotmäßige Mönche ins Exil geschickt. So geschehen am Ausgang des 18. Jahrhunderts mit mehreren oppositionellen Mönchen. Unter den Strafversetzten befand sich damals nicht nur der künftige – und letzte – St. Galler Fürstabt Pankraz Vorster (1753–1829, Abt 1796–1805), sondern auch Pater Ildefons von Arx (1753–1833). Dieser war im Exil nicht untätig, er verfasste 1792 die erste „Geschichte der Herrschaft Ebringen“. Später wurde er Stiftsbibliothekar von St. Gallen.
Eligius, auch Eulogius genannt, zählte einst zu den populärsten Kirchenheiligen,
dessen Verehrung sich nicht nur in zahlreichen Patrozinien und ikonographischen Darstellungen, sondern auch in einem reichen religiösen Volksbrauchtum niedergeschlagen
hat. Der Schwerpunkt seiner Verehrung befindet sich in Nordfrankreich und Belgien,
doch von hier aus breitete sich sein Kult über ganz Europa aus. Auch im deutschen Südwesten und im Bodenseegebiet sind zahlreiche Spuren der Eligiusverehrung überliefert.
Wer war der Heilige, wie hat sich seine Verehrung verbreitet? Welche Kultzeugnisse hat er im Bistum Konstanz hinterlassen und wie erklärt sich, dass Eligius im Unterschied zu vielen unbekannt gebliebenen fränkischen Heiligen so populär geworden ist?
Die aus der Abtei Lichtenthal stammende Handschrift L 89 der Badischen Landesbibliothek enthält Auszüge einer alemannischen Übertragung des Legatus divinae pietatis der hl. Gertrud von Helfta. Sie ist datiert mit 1566 und wurde weithin geschrieben von Äbtissin Barbara Veus (1551-1597), was aus der dem Konvent gewidmeten Schlussschrift hervorgeht. Eine mit dem Monogramm S B genannte Mitschreiberin ist Sr. Salome Beck. Etwa 20 Blatt wurden von einer dritten unbekannten Hand geschrieben. Leider lässt die in der Schlussschrift enthaltene Widmung an den Konvent dyß buoch habent ich und euwer liebe mitschwester euch geschryben nicht er- kennen, ob der Text die Kopie einer anderen, vielleicht gar einer bestimmten Handschrift ist, oder ob es sich um eine ganz oder teilweise selbständige Über- tragung aus dem Lateinischen handelt. Über die Herkunft der Schreiberinnen liegen nur bei Barbara Veus nähere Angaben vor. Sie ist eine Tochter des Hieronymus Veus, der Doktor beider Rechte, zeitweilig Rektor der Universität Freiburg und nach 1518 Kanzler des Markgrafen Philipp I. von Baden war. Der Inhalt der L 89 entspricht ziemlich genau der lateinischen Edition des
Legatus divinae pietatis, die 1536 in Köln unter dem Titel Insinuationum divinae pietatis libri quinque herausgegeben wurde und wegen der vorangestellten Apologetica des Kartäusers Johannes Lansperg gelegentlich unter dessen Namen überliefert ist. Sie weicht von der 1875 durch die Benediktiner von Solesmes veröffentlichten „Originalfassung" ab, die in verkürzter Form in verschiedenen deutschsprachigen mundartlichen Fassungen bereits seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu finden ist. Dieser Unterschied ist schon in einem relativ kleinen Textvergleich erkennbar.
Das für den Heimatverein Kraichgau in diesem Jahr einschneidendste Ereignis war der Tod von Altlandrat Dr. Paul Herrmann, der am 19. Oktober im Alter von fast 102 Jahren verstorben ist. Die Gründung des Heimatvereins Kraichgau ist eng mit seinem Namen verbunden. Nachdem er schon Jahre vorher seine Aufgeschlossenheit für die Heimatpflege gezeigt hatte, berief er 1965 einen heimatgeschichtlichen Arbeitskreis, der 1968 und 1970 die beiden ersten Folgen der Schriftenreihe „Kraichgau" im Auftrag des Landkreises Sinsheim herausgab. Mit dem aus Mühlhausen stammenden Dichter Hans Bender verstarb Ende Mai 2015 kurz vor Vollendung seines 96. Lebensjahres ein zweites Ehrenmitglied unseres Vereins. Auch wenn er in den letzten Jahrzehnten seines Lebens in Köln lebte, blieb Hans Bender seiner Heimat immer eng verbunden.
Im Rahmen seiner Magisterarbeit über die Gruftkapelle Thurn und Taxis in Regensburg befasste sich der Autor auch mit dem Architekten des Gruftbaues. Es war dies der thurn- und taxissche Baurat Carl Victor Keim. Als im Verlauf der Recherchen zutage kam, dass Keim einer umfangreichen Sippe von mehr oder weniger bekannten Künstlern und Architekten angehörte, bot es sich an, diese Sippe näher und im Zusammenhang zu untersuchen. Dieser Aufsatz soll sich jedoch ausschließlich mit dem Vertreter der ersten Generation, dem herzoglich württembergischen Premiermaschinisten Johann Christian Keim befassen. Den Vertretern der Folgegenerationen – den Söhnen Aloys Keim (* Ludwigsburg, † Nürnberg) und Franz Xaver Keim (* Ludwigsburg, † Regensburg), den Enkelsöhnen Carl Victor Keim (* Schwabach, † Regensburg), Hermann Keim (* Nürnberg, † Regensburg) und Carl Alexander Heideloff (* Stuttgart, † Haßfurt), dem Urenkel Adolf Keim (* Regensburg, † St. Ulrich-Ortisei) und dem Ururenkel Hermann Keim d. Jüngeren (* St. Ulrich-Ortisei, † St. Christina), die allesamt nicht mehr in Württemberg aktiv waren – sollen eigene Beiträge gewidmet werden.
Der historische Pfad
(2016)
Seit 25 Jahren laden gläserne Schautafeln an historischen Gebäuden und Plätzen in der Stadt Schwetzingen Besucher und Bürger ein, sich mit der reichhaltigen Geschichte der Spargelstadt zu beschäftigen. Die Tafeln bilden den historischen Pfad, der durch die Telefonstadtführung
»Schwetzingen hören« ergänzt wird. Mit dem Handy kann so die Geschichte ausgewählter historischer Gebäude oder Gedenkstätten im Stadtgebiet und im Schlossgarten erlebt werden.
Der Hockenheimer Rheinbogen
(2019)
Der Hockenheimer Rheinbogen, ein geschützter Landschaftsraum, mitten im dicht besiedelten
Ballungsraum des Rhein-Neckar-Kreises. Hier sollten günstige Lebensbedingungen zum
Beispiel für den seltenen und geschützten Großen Brachvogel (Numenius arquata) geschaffen
werden oder die Saatgans (Anser fabalis) auf der Durchreise. Das Gebiet, das früher zeitweise
vom Rhein überschwemmt worden war, zeichnet sich durch vielfältige und ökologisch wertvolle
Landschaftselemente aus.
Der Hockenheimring Baden-Württemberg gehört zu den berühmtesten Rennstrecken der Welt
und die Faszination, die von ihm ausgeht, ist auch nach über 85 Jahren ungebrochen. Als waghalsige
Motorsportpioniere das erste Motorradrennen auf den damals notdürftig präparierten
Waldwegen des Rings bestritten, lag ein noch langer Weg mit vielen Wendungen vor dem
Hockenheimring, der ihn letztendlich zu der sicheren und modernen Rennstrecke mit internationalem
Renommee machte, die wir heute kennen. Es ist die Mischung aus Tradition und
Moderne, aus sportlichen Triumphen und Tragödien, aus unvergesslichen Motorsportevents
und Highlights, die den badischen Kurs unverwechselbar macht.
Der Hohe Tag
(2011)
Vor vielen Jahren fand ich in der Freiburger Universitätsbibliothek, sowie im dortigen Stadtarchiv verschiedene Schriftstücke zur Geschichte der Riegeler Pfeiferbruderschaft und weil ich selbst einmal ein Spielmann war, so hat mich dieses Thema doch immer brennend interessiert, lange wollte ich etwas dazu schreiben doch nie ist etwas daraus geworden, bis mich Peter Ziegler, Vorsitzender des Geschichtsvereins darauf ansprach bei der Vorstellung des letzten Riegeler Almanach mit der Frage: Stimmt es, dass unsere Pfeiferbruderschaft älter ist als jene zu Breisach? Nun, dem will ich heute nachgehen und habe die Quellen einmal befragt.
Die Diskussion um die Nutzung des Hohenaspergs ist keine Angelegenheit der jüngsten Gegenwart. Vor fast 130 Jahren, am 5. Juni 1882, führte Justizminister Eduard
von Faber (1822–1907) vor dem Abgeordnetenhaus in Stuttgart aus: »Bekanntlich ist
für die derzeit auf Hohenasperg befindliche Garnison eine neue Kaserne in Heilbronn erbaut worden. Nach den Mitteilungen, die ich besitze, wird die Übersiedlung
voraussichtlich im nächsten Frühjahr, keineswegs übrigens vor Georgii, stattfinden.
[…] Unter den verschiedenen möglichen Verwendungen für erhebliche Staatszwecke,
welche nach dem Abzug der Garnison in Betracht kommen können, wird vielleicht
auch mitinbegriffen sein die Verwendung des Aspergs oder eines Theiles desselben
zu einer Filialstrafanstalt für Zuchthaussträflinge oder Landesgefängnissträflinge, was
einigermaßen nahe gelegt ist durch die bedauerliche Überfüllung unserer sämtlichen
Strafanstalten. Allein, meine Herren, in dieser Hinsicht ist sehr große Vorsicht geboten. Der Asperg ist, das wird sich nicht bestreiten lassen, für die Zwecke einer Strafanstalt sehr wenig geeignet. Ich erinnere nur an die große Schwierigkeit der Beschaffung des Trinkwassers, welches gegenwärtig täglich per Fuhre vom Thal zu Berg
heraufbefördert werden muß. Und an die ständigen Kosten, welche hiemit verknüpft
sind. Ich erinnere ferner an die Erschwerung und an die Hindernisse, welche einer
Strafanstalt für ihren Gewerbebetrieb erwachsen, wenn die Strafanstalt auf einem isolierten Bergkegel liegt.«
Trotz aller Bedenken fiel die Entscheidung zugunsten des Strafvollzugs. Am 3. Juni
1883 bewilligten die Standesherren den Nachtrag von 91 440 Mark zur »Errichtung
einer Filialstrafanstalt des Zuchthauses in Ludwigsburg auf Hohenasperg« ohne Debatte.
Die Universitätsbibliothek Tübingen besitzt seit langem eine eigentümliche handgefertigte Ansicht der Festung Hohenasperg aus dem Jahre 1763, die bis jetzt unbekannt
geblieben ist – jedenfalls findet sich in den einschlägigen Veröffentlichungen über
den Hohenasperg kein Hinweis darauf. Die Ansicht war zwar im Katalog der Universitätsbibliothek verzeichnet, bis vor kurzem jedoch noch ohne jeden Hinweis auf
ihren Urheber. Erst eine nähere Betrachtung anlässlich der Restaurierung dieses Werkes ergab, dass sich am Rand der Darstellung die Initialen F.C.F. finden, die es ermöglichen, sie dem gelehrten Pfarrer und Sprachwissenschaftler Friedrich Carl Fulda
(1724–1788) zuzuordnen, der von 1751 bis 1758 Garnisonspfarrer auf der Festung
war.
Fulda hat, abgesehen von einigen gedruckten und nahezu vergessenen Werken,
zahlreiche Manuskripte und Exzerpte vornehmlich aus der Sprach- und Geschichtswissenschaft hinterlassen, darunter die »Darstellung eines genealogischen Stammbaums der Geographie«, eine eindrucksvolle Tafel im Format von 73,5 x 50 cm. Die
Manuskripte gelangten im Sommer 1820 durch seinen Sohn, Professor Friedrich Karl
von Fulda (1774–1847), als Schenkung in den Besitz der Tübinger Universitätsbibliothek. Dieser lehrte an der Universität Tübingen von 1798 bis 1817 Kameralwissenschaft, von 1817 bis 1837 Theorie der Staatswirtschaft.
Vor 1806 gab es im südwestdeutschen Raum nur Karten die nach subjektiven Gesichtspunkten, in einer Perspektive erfasst, mit wenig gemessenen Längen aufgearbeitet und auf einer Kartenebene dargestellt worden sind. Folgekarten wurden
immer detaillierter, genauer und zum Teil auch farbiger. Zu dieser Zeit hatten militärische Karten Vorrang, zweitrangig war eine Landesvermessung oder ein Liegenschaftskataster im kommunalen Bereich zur exakten Festlegung von öffentlichen
und privaten Grundstücken. So waren im 18. Jahrhundert Streckenfehler bis +/-1 km auf Karten möglich. Mit der Umsetzung des Reichsdeputionshauptschlusses 1806, bei dem viele Länder, so auch Baden, ihre Fläche erweiterten, begann die genaue Landvermessung. Genau ist relativ, denn es war eine Entwicklung vermessungstechnischer Geräte und eine wissenschaftliche Weiterentwicklung von der ebenen Trigonometrie zur dreidimensionalen Berechnung. Diese Entwicklungsphase dauerte über hundert Jahre. Da jedes Land seine eigene Messung, Berechnung und Festlegung durchführte, kam es auch vor, daß 1936 bei dem Zentralsystem im Dritten Reich ganze Länderunterlagen nicht mehr verwendbar waren, so in Baden.
Der Hugo-Häring-Preis, der seit 1969 vom Landesverband Baden-Württemberg des Bundes Deutscher Architekten (BDA) an
Architekten und Bauherren gleichermaßen verliehen wird, ist der wichtigste Architekturpreis in diesem Bundesland. Seinen
Namen verdankt er dem schwäbischen Architekten und Architekturtheoretiker Hugo Häring (1882-1958), dem bedeutendsten Vertreter des Neuen Bauens, der im heutigen Baden-Württemberg geboren wurde. In gewisser Weise ist der 1959 von der
Stadt Stuttgart ausschließlich für das Stadtgebiet ausgelobte Paul-Bonatz-Preis ein Vorläufer. Er wurde 1974 letztmalig ausgelobt. Nachdem Versuche, einen Staatspreis für Architektur in Baden-Württemberg zu etablieren, gescheitert waren, übernahm der BDA die Initiative.
Der Höllhof im Reichenbacher Ortsteil Mittelbach (Gengenbach), früher „Buttenhöll" genannt, oben im Talende am Moosbach gelegen, dürfte im 13. Jahrhundert als ein Dinghof des Benediktinerklosters Gengenbach entstanden sein.Ein erster nachweisbarer Besitzer war um 1600 ein Sebastian Sibert. 1632 heiratete dessen Witwe Anna Maria Falckin den aus Schönberg stammenden Michael Wußler. Familie Wußler besaß den Hof dann bis ins 19. Jahrhundert.
Der Insultheimer Hof
(2019)
Hier wird Geschichte wie im Zeitraffer lebendig. Der Insultheimer Hof, wahrscheinlich keltischen
Ursprungs und schon von den Römern genutzt, von Überschwemmungen und Kriegen
heimgesucht, blickt auf eine wechselhaft e Vergangenheit zurück. Er liegt mitten in der Kulturlandschaft
des Hockenheimer Rheinbogens, im Natur- und Landschaftsschutzgebiet. Auf
dem Gelände gibt es ein besonderes Naturrefugium in der Alten Brennerei, und hier arbeitet
in einem historischen Gebäude eine Künstlerin. Die Geschichte des Insultheimer Hofs ist auch
eine Geschichte des Umwelt- und Naturschutzes.
Europäische Lehrkräfte werden sich in den nächsten Jahren gestiegenen Anforderungen stellen müssen, denn „zur Unterstützung europäischen Bewusstseins und des gegenseitigen Verstehens (ist) eine stärkere Ausrichtung des
Unterrichts unserer Schulen auf die Gemeinsamkeiten in der europäischen Kultur sehr wichtig.“ Die Lehrkräfte von morgen werden unter anderem vor die Aufgabe gestellt werden, sich als Vermittler zwischen den Kulturen zu begreifen, ihre Schüler zu Offenheit und Toleranz für andere Kulturen zu führen, kurz interkulturelle Kompetenz zu vermitteln. Grundlage der Verwirklichung der europäischen Einheit ist allerdings nicht nur die interkulturelle, sondern auch die sprachliche Kompetenz der Bewohner Europas, denn zur „transnationalen Kommunikationsfähigkeit“ gehört auch die Mehrsprachigkeit als „konstitutioneller Teil unserer multikulturellen Gegenwart und Zukunft“.
Der Verkehr über die Rätischen Alpen war in den längsten Zeiten seiner Geschichte
überwiegend ein Verkehr von Fußgängern. Diese haben im Bereich der vorgeschichtlichen Urpfade allerdings nur bescheidene Spuren hinterlassen. Das änderte sich nach
dem Entstehen der römischen Provinz Rätien, als schon aus militärischem Interesse auf
sichere Alpenübergänge Wert gelegt wurde. Je häufiger zum Überqueren des Gebirges
Reit- und Saumtiere zum Einsatz kamen, desto höhere Anforderungen waren an die
Wegverhältnisse sowie an geeignete Rast- und Pferdewechselstationen zu stellen.
Solchen Bedürfnissen entsprach zwischen der Via Claudia Augusta durch den Tiroler Alpenraum und dem Großen St. Bernhard lange Zeit vor allem die Septimer/Julier-Verbindung im Übergangsgebiet von Ost- und Westalpen. In diesem zentralen Bereich
des Alpenbogens ließ sich das Gebirge zwischen Mailand und Augsburg auf kürzestem
Wege mit nur einmaligem größerem Auf- und Abstieg überqueren. Zudem ließen sich
gefährliche Schluchtstrecken verhältnismäßig leicht umgehen.
An der Vorchor-Südwand des Reichenauer Münsters wurde zwischen dem südwestlichen Vierungspfeiler und dem Barockgitter vor gut 35 Jahren ein gerahmtes Wandbild aus dem frühen 14. Jahrhundert freigelegt. Im Unterschied zu den etwa gleichzeitigen Wandbildern weiter westlich, die späterhin mit z.T. veränderter Thematik übermalt wurden, oder zum monumentalen Christophorus an der Nordwand des Vorchores schräg gegenüber hat dieses Bild in der Kunstwissenschaft bislang nur wenig Aufmerksamkeit gefunden. Die Theologie scheint es noch gar nicht wahrgenommen zu haben. Der folgende Beitrag beabsichtigt, das Wandbild ins Gespräch zu bringen. Einführend sind Fragen um seine Situierung skizziert (I). Der Beschreibung des Gesamtbildes (II) folgt ein Abschnitt zur Ikonographie der Mutter-Kind-Gruppe rechts im Bild, die hier
besonderes Interesse beansprucht (III) sowie der Versuch einer theologischen Deutung v. a. dieses Bildmotivs (IV). Überlegungen zur zeitlichen Einordnungdes Wandbildes sowie zum damaligen Reichenauer Abt und zur Stifterin, die am
rechten Bildrand kniet, schließen sich an (V).
Im Rahmen der Vorbereitungen zur Ausstellung Strasbourg 1200–1230, la révolution gothique (Straßburg 1200–1230, die gotische Revolution) kam es zu einer außergewöhnlichen Entdeckung: es handelt sich um einen der Köpfe der Apostelskulpturen des Südportals des Straßburger Münsters, der 1793, im Zuge des revolutionären Terrors, zusammen mit 200 anderen Skulpturen des Münsters verloren ging (Abb. 1). Die Geschichte dieses Fragmentes ist besonders, denn es trat zum ersten Mal Anfang des 20. Jahrhunderts in Erscheinung und verschwand danach wieder für einen Zeitraum von etwa hundert Jahren. Der Kopf wurde, zusammen mit zwei anderen, vermutlich des gleichen Ursprungs, in einigen hundert Metern Entfernung im Süden des Münsters, bei Bauarbeiten in dem Hof eines Privathauses, 1904/05 entdeckt. Ein Gipsabguss des Stückes, der vor 1914 in den Werkstätten der Straßburger Münsterbauhütte entstand, ermöglicht es, seinen Werdegang nachzuvollziehen, da es im Inventar der Gipsabgüsse als „Büste Johannes gefunden bei einer Ausgrabung Krutenauer Straße 54. Originalbesitz H. Münsterbaumeister Knauth“ erscheint. Man weiß, dass die Verwendung von Fragmenten der in der Revolution zerstörten Statuen im Unterbau neuer städtischer Straßen eine gängige Praxis war. Die
Tatsache, dass dieser Kopf nach seiner Entdeckung in der privaten Sammlung des Münsterbaumeisters und Konservators der
denkmalgeschützten Gebäuden eingegliedert wurde, wird von Johann Knauth in einem Artikel bestätigt, in dem er angibt, ihn „per Zufall im Laufe der letzten Jahre“ erworben zu haben, zusammen mit zwei weiteren Stücken aus demselben Ensemble, die im gleichen Zusammenhang wieder aufgetaucht sind.
Dietrich Rollmann von Dattenberg war von
1624 bis 1632 Johanniterkomtur zu Villingen,
Trier und Niederwesel. Er war einer der bedeutendsten
Komturen in Villingen.
Mitten im 30jährigen Krieg gab er für die Erhaltung und Ausstattung der Kirche 30.000 Gulden.
Der Betrag reichte nicht nur für die Kirche und
deren Ausstattung, sondern erhöhte sich durch
Zinsen bis 1805 auf 35.000 Gulden. Auch war er
ein vortrefflicher Verwalter seiner großen Einkünfte, die sowohl aus seinem Familienbesitz als
auch aus dem Orden stammten. So hat er die Kirche
der Kommende renoviert, sie mit Bildern,
Paramenten und einer Orgel neu ausgestattet.
Der Johanniterorden
(2007)
Gründung und Anfänge
Vergleichsweise dicht ist die Überlieferung zur
Gründung des Johanniterhauses Villingen. Es lässt
sich glaubhaft belegen, dass Graf Heinrich I. von
Fürstenberg am 2. September 1253 „das ritterliche
Haus zu Villingen“ stiftete. Sicher gingen dem
Vorbereitungen voran, die sich über ein gutes
Jahrzehnt erstreckt haben können. 1257 befreite
die Villinger Bürgerschaft dann im Einverständnis
mit Graf Heinrich von Fürstenberg als Stadtherrn
das Johanniterhaus von allen Lasten und Dienstbarkeiten sowie von jeglicher Wehr- und Schutzpflicht. Außerdem wollten die Villinger Rechtssachen der Kommende vor ihrem Stadtgericht
immer bevorzugt behandeln. Noch im gleichen
Jahr gab Graf Heinrich seine Zustimmung, dass
jedermann bei den Villinger Johannitern eintreten
und ihnen seinen Besitz übereignen könne.
Der Jude Jakob vor Gericht
(2020)
Die jüdische Gemeinde in Konstanz erlebte im Spätmittelalter eine durchwachsene Geschichte. Neben dem friedlichen Miteinander in der Stadt wurde sie im Zuge der Pestpogrome vertrieben und siedelte sich erst Ende des 14. Jahrhunderts wieder an. Kurze Zeit später kam es im Rahmen der Ravensburger Ritualmordvorwürfe erneut zur Verfolgung und mehrfachen Einsperrung der Juden in Konstanz, bis diese 1448 die Stadt, vermutlich endgültig, verlassen mussten.
Der Jugend zum Glück?
(2022)
In diesem Jahr jährt sich die Eröffnung des Ersten Deutschen Reichswaisenhauses in Lahr zum 136. Mal. Einen Pfennig nur im Jahr – Für das Waisenhaus in Lahr – mit diesem Leitspruch sammelten einige Bürger:innen der Stadt Lahr Geld und riefen so ein Projekt ins Leben, das der Historiker Michael Jacob rund 130 Jahre später als eine der großen sozialen Taten des 19. Jahrhunderts bezeichnen sollte. Aus dem früheren Projekt Deutsches Reichswaisenhaus entwickelte sich die finale Gründung des Ersten Deutschen Reichswaisenhauses in Lahr, das den meisten Einwohner:innen der Stadt Lahr ein Begriff sein dürfte. Obgleich das Reichswaisenhaus seit den späten 1970er-Jahren geschlossen ist, existieren die Gebäude heute noch; das Gelände wird aber neu bebaut. Dass dieses Vorhaben umstritten ist, zeigt eine Bürger:inneninitiative mit fast 4.000 Unterschriften, die sich gegen die Bebauung des Geländes am Altvater aussprach. Doch warum hängt ein Teil der Stadtbevölkerung an den Gebäuden des ehemaligen Reichswaisenhauses? Es ist sicherlich keine Untertreibung, zu sagen, dass die Gründungsgeschichte des Ersten Deutschen Reichswaisenhauses aufgrund der Initiative einiger Bürger:innen von Lahr besonders war. Beschrieben als einmaliges Zeugnis der Stadt Lahr und rückblickend auf eine fast 100jährige Ge-
schichte, spielte das Heim eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Stadt.
Der Jugendstil in Hockenheim
(2019)
In Hockenheim haben wir ein Jugendstilkleinod. In der Mitte der Stadt findet sich ein Jugendstilensemble,
das seinesgleichen sucht, zumal in einer Kleinstadt.
Die Bauleistung zu Beginn des 20. Jahrhunderts lässt auf eine gewaltige Aufbruchsstimmung
schließen, auch abseits der großen Zentren.
Das Hockenheimer Jugendstilensemble konzentriert sich zwischen katholischer Kirche und
der ehemaligen Zigarrenfabrik GEG mit der Pestalozzi-Schule, der evangelischen Kirche und
dem evangelischen Pfarrhaus. Neben Wohngebäuden in der Karlsruher Straße ist der Wasserturm
im Westen der Stadt, der zum Hockenheimer Wahrzeichen geworden ist, ein Zeugnis
für technische Denkmale im Jugendstil.
Freiburg i. Br. hat als Sitz von Buchdruckereien und Verlagen eine lange und bewegte Geschichte. Bis in die Gegenwart, man denke an Namen wie Herder oder Rombach, genießt
Freiburg als Druck- und Verlagsort im deutschen Sprachraum große Bekanntheit. Wenigen ist
dagegen die Tatsache geläufig, dass in Freiburg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
ein jüdischer Drucker, Israel Sifroni (auch Zifroni), mindestens sechs Bücher in hebräischer
und jiddischer Sprache veröffentlicht hat. Alle diese Bücher sind in hebräischen Lettern gedruckt, auch die jiddischen, da das Jiddische - obwohl eine auf dem Deutschen fußende Sprache - traditionell mit hebräischen Buchstaben geschrieben wird. Dass ein jüdischer Drucker
im 16. Jahrhundert in Freiburg wirkte, ist besonders bemerkenswert, weil nach den historischen Darstellungen Juden die Niederlassung in den habsburgisch-vorderösterreichischen
Gebieten in dieser Zeit allgemein untersagt war. Der folgende Beitrag soll nun - soweit es
die spärlichen Quellen erlauben - das Leben und Werk Israel Sifronis nachzeichnen, wobei
vor allem sein Wirken im Breisgau und die von ihm gedruckten Werke im Mittelpunkt
stehen sollen.
Der jüdische Friedhof am Schlettstadter Giessen, der Mackenheimer Judengarten, der 1682 von den Ettenheimer Juden im
Schmieheimer Gewann Steinhalden angelegte Begräbnisplatz und der jüdische Friedhof auf dem Kuppenheimer Mergelberg
gehören zu den weit außerhalb ihrer Wohnorte gelegenen Nekropolen der beiderseits des Oberrheins ansässigen Juden. Die um der ungestörten Totenruhe willen gesuchte Abgeschiedenheit dieser nach und nach erweiterten und zum Teil bis heute von
mehreren jüdischen Gemeinden gemeinsam benutzten Begräbnisplätze folgt einer rituellen Vorschrift, die der Schreiber der
zweitausend Jahre alten Tempelrolle vom Toten Meer wie folgt formuliert hat: „Du sollst nicht handeln wie die anderen Völker: überall begraben sie ihre Toten, und sie begraben sie sogar in den Häusern. Du aber sollst entfernte Stätten in eurem Lande aussuchen, an denen ihr die Toten begrabt; zwischen vier Städten soll ein Platz ausgesucht werden, wo die Toten begraben werden.“
Der Kaiser vor Meersburg
(2005)
Ich uni ze ainem affen werden, als ich ze Merspurg wart. Diese Worte legte Mitte der
1340er Jahre ein anonym er Dichter Ludwig dem Bayern in den Mund und spielte damit
auf die Niederlage des kaiserlichen Heers bei der Belagerung Meersburgs an. Der Wittelsbacher, der nach einer Doppelwahl Albrecht von Hohenberg den Konstanzer Bischofsstuhl verschaffen wollte, hatte im Sommer 1334 drei Monate lang erfolglos die
Stadt berannt, in die sich Anhänger des Gegenkandidaten Albrechts zurückgezogen
hatten. Der längste Aufenthalt des Kaisers im Südwesten des Reichs brachte ihm am Ende nur Spott ein.
Die Forschung zu Ludwig dem Bayern hat diese Belagerung seit Carl Müller im
Jahr 1879, der noch einen Satz dazu verlor, in ihren Darstellungen nicht einmal mehr
erwähnt, auch die Standardwerke zur südwestdeutschen Landesgeschichte gehen nicht
auf diese Ereignisse ein. Die Regionalforschung glaubte, ohne sich eigens mit der
Belagerung zu beschäftigen, bislang im m er den Schilderungen der Chroniken, sie differenzierte nicht zwischen den Überlieferungssträngen und vermischte diese kritiklos.
Dabei kann gerade dieses Ereignis und dessen Wahrnehmung durch die Zeitgenossen
in der Frage nach dem politischen Handlungsspielraum des Wittelsbachers erhellend
wirken.
Wenn wir von Baden und Württemberg sprechen,
so haben wir meist die beiden Länder vor Augen,
wie sie sich im 19. und 20. Jahrhundert darstellten:
Das schlanke Baden, das sich den Rhein entlang
vom Bodensee bis an den Main erstreckte und
das etwas massigere Württemberg, das von Oberschwaben bis zum Taubergrund reichte. Diese beiden Länder haben denselben Vater: Napoleon.
Nach seinen Siegen über das habsburgisch geführte
Deutsche Reich ging er daran, Deutschland nach
seinen Bedürfnissen umzugestalten. Die Beseitigung des territorialen Flickenteppichs im deutschen Südwesten erwies sich als sehr dauerhaft. Die
Markgrafschaft Baden vervierfachte ihr Territorium und wurde zum Großherzogtum Baden. Das
Herzogtum Württemberg verdoppelte seine Fläche
und wurde zum Königreich. Die von den beiden Fürstenhäusern neu dazu erworbenen Gebiete
waren oft keineswegs glücklich über ihre neue
Zugehörigkeit.
„Allerheiligen ist das Nationalparktor vor der Haustür“, titelte 2016 die Acher-Rench-Zeitung. Bei der Diskussion um die Ausweisung des „Nationalparks Schwarzwald“ hatte der damalige Landwirtschaftsminister Alexander Bonde betont, dass Allerheiligen mit den Wasserfällen „eine der spektakulärsten touristischen Attraktionen“ sei. Das Tor am Eingang der Wasserfälle markiert heute auch ein Portal des Nationalparks. Das Naturdenkmal der sieben Büttenschrofenfälle fehlt in keinem Reise- und Naturführer und lockt vor allem im Sommer unzählige Wanderer, Ausflügler und Schwarzwaldtouristen an. Im Jahr 1988 wurden 250 000 Besucher gezählt, die die Wasserfälle durchwanderten. Aus heutiger Sicht erscheint es daher kaum fassbar, dass vor rund 70 Jahren diese über 83 m in die Tiefe stürzenden Fälle zur Disposition gestellt wurden.