Wissenschaftlicher Artikel
Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
- Wissenschaftlicher Artikel (5420) (entfernen)
Sprache
- Deutsch (5355)
- Englisch (61)
- Französisch (4)
Gehört zur Bibliographie
- nein (5420)
Schlagworte
- Geschichte (360)
- Karlsruhe (213)
- Baden (212)
- Biografie (203)
- Freiburg im Breisgau (169)
- Villingen im Schwarzwald (152)
- Villingen-Schwenningen-Villingen (125)
- Nationalsozialismus (123)
- Oberrheinisches Tiefland (122)
- Offenburg (86)
Die Mühlen verdanken ihre Entstehung dem Übergang von der Kultur der Jäger und Sammler zum Ackerbau. Solange sich der Mensch von der Jagd und vom Fischfang, von Früchten, Knollen und Pilzen ernährte, brauchte er keine Mühlen. Dieser Übergang vollzog sich zwischen 6000 und 4000 v. Chr. in Anatolien, Mesopotamien und Ägypten, und um 2000 v. Chr. auch in Europa. Zu dieser Zeit kamen auch die ersten Mühlen auf. Der römische Schriftsteller Gaius Plinius Secundus der Ältere (23/ 24 bis 79 n. Chr.) berichtet, daß es schon im Jahr 171 v. Chr. Bäckereien gegeben habe, die Mühlen benutzten.
Mensch oder Mechanismus?
(2003)
Jerome K. Jerome (1859-1927) ist nicht mehr sehr bekannt; und wenn ihn noch jemand kennt, dann als den. Autor eines Buches, das 1889 erstmals erschien, und seither immer wieder; eines Buches, das „Three Men in a Boat" heißt und in dem nicht viel geschieht, abgesehen davon, dass drei Freunde - und ein Hund - in einem Boot die Themse hinaufrudern, nur ein paar Meilen weit. Doch auch auf einer solchen Fahrt kann allerhand geschehen, und so konnte dieses Buch, das sie beschreibt, zu einem der witzigsten der Weltliteratur werden.
Zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Karlsruhe gehören drei Bilder an der Wand: Ein großes fast düsteres Ölbild in opulentem Goldrahmen: An einem einfachen Holztisch in einer Bauernstube sitzt ein ernster, dunkelhaariger Mann. In seiner rechten Hand hält er die Hand eines Mädchens, das mit scheu gesenktem Blick und verlegen mit der linken Hand nach der Schürze greifend, vor ihm steht. Die beiden anderen Ölgemälde sind etwas kleiner. Das eine zeigt einen ernsten, braunhaarigen Mann mit Bart und klaren grauen Augen in dunklem Anzug, das andere eine freundlich lächelnde Frau in einem schlichten trachtenähnlichen Kleid. Sie sitzt an einem Tisch und hält in der linken Hand eine Tasse, in der sie mit einem Löffel in der rechten Hand rührt.
Klangschiff "Im Augenblick"
(2003)
An diesem Spätsommertag glitzert der See silberblau, verharren die Enten und Schwäne in großer Ruhe. Eine Wasserfontäne erhebt sich hinein in den verblauenden Horizont des Schweizerischen Ufers. Kleine verspielte Wellen rollen lautlos auf die Kiesel. Vor dieser Kulisse steht das Klangschiff „Im Augenblick" von Helmut Lutz. Es wirkt wie eine dunkle Scherenschnittsilhouette vor See und Himmel.
Der Stier ist aus schwarzem griechischem Marmor, weitgehend realistisch, angelehnt an Stierformen der minoischen Kunst Kretas. So haben die Stierhörner denselben ästhetisch-musikalischen Schwung, in die man sich die Saiten eines Instruments eingespannt vorstellen könnte; das Sonnensymbol auf der Stirn, das Stirnhaar, das sich labyrinthisch lockt. Dieser Stier symbolisiert den kraftvollen Aufbruch, indem er das Pflaster auf dem Breisacher Vulkanfelsen sprengt, das gewaltsam aufbricht, birst, sich mit dem göttlichen Stier aufbäumt und so eine unglaublich energiegeladene Spannung erzeugt. Auf ihm steht Europa, weitaus abstrakter in der Darstellung. Ihr Körper, durch das Dreieck gekennzeichnet, ist das Logo der Region des Dreiländerecks. Europas Füße wollen gehen, sich auf den Weg machen, die Hände langen nach den Sternen, konkret vielleicht den Sternen der Europäischen Union, aber eigentlich eher nach der Utopie einer viel umfassenderen Gemeinschaft, die nach der Auffassung des Künstlers die regionalen Farben bewahren muss. Er betont den „weibliche Aspekt Europas, das Mütterliche, dieses Lieben der verschiedenen Kinder, die nicht gleichgemacht werden dürfen".
Am 21. Oktober des Jahres 1827 wurde der erste Erzbischof der neu gegründeten Diözese Freiburg geweiht und inthronisiert. Damit kam ein langer Entstehungsprozess zum Abschluss. Warum aber, so wird man fragen, musste denn vor 175 Jahren ein neues Bistum in einem Gebiet geschaffen werden, wo seit tausend Jahren und mehr die kirchliche Organisation klar geregelt war, wo es uralte Bistümer, Dekanate, Pfarreien gab? Und wie hat man sich die Gründung eines neuen Bistums vorzustellen? Konkreter gefragt: Wie verlief die Gründungsgeschichte? Diesen Fragen soll im 1. Teil nachgegangen werden. Im 2. Teil betrachten wir die Entwicklung de? Bistums unter den Aspekten: Wo lagen die Wendepunkte, welche Triebkräfte haben die Entwicklung vorangebracht? Wie wurde sie in eine bestimmte Richtung getrieben und wie sind die Verhältnisse hervorgebracht worden, in denen wir leben? Welche Kräfte haben sich in den Spannungen zwischen der ,,Vorwärts-" und der „Rückwärtsbewegung", zwischen Fortschritt und Verteidigung also,
durchsetzen können - und warum? Im 3. Teil geht es um die Gegenwart: In welchen Verhältnissen, in welcher Kirche leben die Katholiken des Erzbistums Freiburg heute, als „Geliebte Erzdiözesanen", wie Erzbischof Gröber die Hörerinnen und Hörer seiner Predigten zu begrüßen pflegte?
Die vor 150 Jahren entstandene große Ansicht der Stadt Freiburg von Osten, die nach ihrem Schöpfer Joseph Wilhelm Lerch als "Lerchplan" bezeichnet wird, steht in der Tradition der für Stadtdarstellungen seit der frühen Neuzeit beliebten Vogelschauansichten. Das 1,46 Meter hohe und 2,06 Meter breite Wasserfarbengemälde hing über lange Jahre im Lesesaal des Freiburger Stadtarchivs und befindet sich heute wieder im Depot des Augustinermuseums. Es war im Frühjahr 2002 Mittelpunkt der Ausstellung „Freiburg aus der Vogelschau", die vom Museum für Stadtgeschichte erarbeitet und im Augustinermuseum gezeigt wurde.
Das Bühler Friedenskreuz
(2003)
Dem dunklen Saum der Schwarzwaldberge entlang erstrecken sich weithin das saftige Grün sonnenseitiger Rebenhänge, vielfältige Obstkulturen und das wohlgeordnete und gepflegte Braun und Gelb fruchtbarer Ackerfluren: Die goldene Au. Ein wohltuendes Bild der Fruchtbarkeit, des Wohlstandes, des Friedens vor der reizvollen Silhouette unserer schönen Heimatstadt
Bühl. Hoch ragt, wenn man von Süden auf die Stadt zukommt, die elegante Spitze des neugotischen Filigrans der Stadtkirche und das spätgotische Meisterwerk des Rathauses. Bald daneben erscheinen am Horizont der feine Turm der Klosterkirche und dann vor den dunklen Bergeshängen, in barocker Schönheit sich harmonisch in die Landschaft einfügend, die Kirche von Kappelwindeck.
In einer Zeit, in der immer deutlicher wird, was alles mit der Religion verloren geht, in der (deswegen!) ein neues Interesse an ihr erwacht, ist der „glaubensmüde" Reinhold Schneider aus „Winter in Wien" ein viel gewichtigerer Zeuge für die Überlebensfähigkeit von Religion als der katholische Dichter, der er zuvor war, und worauf ihn viele gerne festgelegt hätten. Für eine kommende Generation sah er die Chance, dass sie „dort beginnen könnte, wo bisher alle endeten: mit des großen Glaubens großer Enttäuschung." (W. 159)
Es gab eine Zeit, da herrschte lange Nacht über Deutschland. Betrügerischen Versprechungen, falschen Hoffnungen nachgebend waren wir Deutschen in ein Zwangssystem hineingeraten, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Schritt für Schritt wurden die Freiheit der Information, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Freiheit der Kunst, oft schließlich die
Bewegungsfreiheit des einzelnen beschnitten. Bald schon überzog das verbrecherische Regime ganz Europa mit einem brutalen Eroberungskrieg, zeitgleich verschleppte es voller Rassenwahn Millionen schuldloser Menschen in die Vernichtungslager. Und wer dagegen aufbegehrte, hatte bald um Leib oder Leben zu fürchten. Wenn einer gleichwohl kritisch seine Stimme erheben wollte, musste er sich verklausuliert, absichernd, in Andeutungen und in Gleichnissen äußern. Stets riskierte er den Zugriff der allgegenwärtigen Geheimpolizei. Zu den wenigen, die damals mutig hervortraten, zählte der Schriftsteller Reinhold Schneider. Ich will Ihnen vorab schildern, unter welchen Umständen ich erstmals von ihm erfuhr.
Stadtplätze in Karlsruhe
(2003)
Das Karlsruher Stadtarchiv hat als Band 26 seiner Veröffentlichungen zur gleichnamigen Ausstellung „Karlsruher Stadtplätze" im Prinz-Max-Palais einen umfangreichen Band unter dem gleichen Namen herausgebracht, in dem 15 Autorinnen und Autoren 43 Stadtplätze nach Entstehen, Geschichte und gegebenenfalls ehemaliger Nutzung besprechen. Die Publikation
versteht sich nach dem Herausgeber M. Koch als „historisches Unterfutter zur aktuellen Planung". Ausstellung und Buch bilden den vorläufigen Abschluss einer mehrjährigen Bemühung um die Belebung Karlsruher Plätze. Schon 1997 hat die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild in einer Veranstaltung mit dem Thema „Plätze in Karlsruhe - Geschichte - Chancen einer urbanen Gestaltung und Nutzung" auf die Vordringlichkeit einer Platzgestaltung unter urbanen Gesichtspunkten
hingewiesen. Urbanität, so die These der Veranstalter, ist vor allem platzgebunden. Will Karlsruhe „attraktiver" werden, ist bei den Plätzen anzusetzen.
Karlsruhe arbeitet an seinem „Image". Nach allem, was bisher zu erfahren war, darf man vermuten, daß die Stadt noch keine rechte Vorstellung davon hat, wie sie sich der Welt präsentieren soll. Bestimmte Dinge kommen zwar immer wieder zur Sprache wie etwa die „TechnologieRegion" oder Wissenschaft und Forschung. Aber damit lassen sich doch wohl nur ,,Insider" erreichen. Auch das wirklich vorbildliche Nahverkehrssystem ist nicht so recht zur Imagebildung geeignet. Eher wären da kulturelle Ereignisse zu nennen, etwa bestimmte Ausstellungen des Badischen Landesmuseums, des Zentrums für Kunst- und Medientechnologie (ZKM) oder der Städtischen Galerie, die große Besuchermassen anzuziehen vermögen. Das kann auch von einigen Festen gesagt werden. Ein ganz großes ist beispielsweise „Das Fest", eine zweitägige musikalische Freiluftveranstaltung.
Gespräch mit Adrien Finck
(2003)
- Sie sind ein Kind des Sundgaus, wie Professor Georges Zink oder die Dichterin Lina Ritter, die ein Jugenddrama über den Landvogt Peter von Hagenbach geschrieben hat. Sie beziehen sich ebenfalls auf zwei andere Figuren aus dem Sundgau: die Dichter Charles Zumstein, den Ihr Vater gekannt hat, und Nathan Katz, dem Sie bestimmt selbst noch begegnet sind. Könnten Sie auf Ihre Familienherkunft und den Rahmen Ihrer Kindheit zurückkommen und dabei das Spezifische des HOMO SUNGOVIUS charakterisieren?
Betrachtet man das umfangreiche Werk des badischen Komponisten Franz Philipp (1890-1972), so spiegelt sein musikalisches Œuvre wie kaum ein anderes im 20. Jahrhundert die Tragödie der jüngsten deutschen Geschichte wider. Über 30 Jahre nach dem Tod dieses außerordentlich produktiven Tonkünstlers, der vornehmlich geistliche Werke hinterlassen hat, können Person und Werk Franz Philipps nicht ohne ihre Brüche und Widersprüche dargestellt werden. So erscheint heute Franz Philipp als beinahe tragisch anmutende Persönlichkeit und stellt zugleich ein typisches deutsches Schicksal dar. Deshalb ist es besonders vor dem Hintergrund von Deutschlands dunkelsten Jahren schwer, ein objektives Bild dieses Komponisten zu zeichnen, das allen Facetten seines Schaffens und seiner zwiespältigen Haltung zu Staat und Kirche gerecht wird. Wie so viele Menschen seiner Generation, die Erfahrungen mit drei politisch gänzlich unterschiedlichen Systemen von Kaiserreich, Republik und
schließlich Diktatur gemacht hatten, empfand Philipp die beiden bewusst miterlebten Weltkriege als persönliche Zäsur.
Äolsharfen auf Hohenbaden
(2003)
Unzählige Reiseführer, Stadtbeschreibungen, Memoiren und Tagebücher rühmen die Stadt Baden-Baden, ihre Bäder und Kuranlagen, das Alte Schloß, den Fremersberg, Lichtental und die Wasserfälle von Geroldsau. Unter den Kurgästen und Touristen waren stets auch Poeten, Erzähler, Reiseschriftsteller, die ihre - zumeist angenehmen (von Mark Twain einmal
abgesehen) - Eindrücke und Erinnerungen festhielten. Was sie niederschrieben, ist in Anthologien gesammelt und zusammengestellt worden. Ein heute vergessener Erzähltext ist in keiner dieser Anthologien auf die Schönheiten
Baden-Badens zu finden. Er stammt aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und trägt den Titel „Schloß Hohenbaden". Es ist eine einfühlsame Prosaskizze, welche den Streifzug eines Eigenbrötlers mit seinem Hund zur hochgelegenen Ruine beschreibt, während eine Wetterfront vom Rhein her aufzieht. Er findet gerade noch Zeit, sich vor dem Regenschauer in eine Nische der Burgwand zu flüchten. Dort macht er es sich bequem und schläft ungewollt ein.
Bei einem Spaziergang durch die Freiburger Altstadt stößt man in der Konviktstraße auf eine verhältnismäßig junge Kunsthandlung in stilvollem Gewand. Hier eröffnete Gottfried Pütz, dessen Stammhaus in Müllheim im Markgräfler Land schon über ein Jahrzehnt besteht, im Sommer 2001 eine kleine, aber ausgesprochen exquisite Galerie, in welcher er sich mit
wechselnden Ausstellungen sowohl der zeitgenössischen Kunst als auch in besonderem Maße dem graphischen Werk Hans Thomas zuwendet. Sein Einstieg in den Kunsthandel, so erzählt Gottfried Pütz, begann mit ersten Versuchen ab 1990 und neben dem vorher betriebenen kaufmännischen Broterwerb. Erfahrungen mussten gesammelt werden, bevor man ausschließlich vom Kunstgeschäft leben konnte.
Das Freiburger Hungertuch zur Fastenzeit wieder vor dem Hochaltar im Münster unserer Lb. Frau
(2003)
Nach 4 jähriger Restaurationszeit hing in diesem Jahr wieder ein Fastentuch vor dem Hochaltar im Freiburger Münster. Es dürfte eines der ältesten und sicher das größte in Europa sein. Trotz technischer Schwierigkeiten konnte es wie in den 390 Jahren seit seiner Entstehung jetzt wieder im Hochchor aufgehängt werden.
Als Ergänzung zu den Ausführungen zur Strafrechtspflege und zum Strafvollzugsbau im September-Heft 2002 der Badischen Heimat sei hier noch ein Nachtrag eingebracht. Im Zuge der Reformbestrebungen im badischen Justizwesen Mitte des 19. Jahrhunderts wird Hübsch während der Zeit der Erbauung des Bruchsaler Zuchthauses mit Entwürfen zu weiteren Bauten des Strafvollzuges betraut. Im Herbst 1837 ersucht das Innenministerium Hübsch, in einer Kommission zur Ausarbeitung von Modellplänen für Gefängnisse mitzuwirken, um zu gleichwertigen Gefängnisbauten im ganzen Land zu gelangen. Im Juni 1838 legt Hübsch die gewünschten Entwürfe vor, die endgültige Fertigstellung und Lithographierung der Musterpläne verzögert sich jedoch bis zum Frühjahr 18402. Diese Pläne bestehen aus je zwei Grundrissen, zwei Frontansichten und einem gemeinsamen Schnitt für ein grösseres und ein kleineres Amtsgefängnis, dazu entwirft Hübsch noch eine Art Kleingefängnis in Grundrissen und Ansicht.
Eine einheitliche Zeit ist für uns Mitteleuropäer heute selbstverständlich im Alltagsleben - es sei denn, wir begeben uns auf eine Fernreise, führen ein Ferngespräch oder nutzen die Möglichkeit des weltumspannenden Internet-Chats. Dann stellen wir fest, dass es beispielsweise zwischen Mannheim und London einen einstündigen Zeitunterschied gibt, während die Uhrzeit der amerikanischen Ostküste gegenüber unserer Zeit sechs Stunden zurückliegt. Innerhalb Deutschlands gilt seit 1893 die Mitteleuropäische Zeit und seit 1980 in den Sommermonaten die Mitteleuropäische Sommerzeit. Kaum vorstellbar ist es jedoch für uns heute, dass noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zeit mit Sonnenuhren nach dem jeweiligen Sonnenstand vor Ort bestimmt wurde. Das hatte zur Folge, dass z. B. in Südwestdeutschland nicht nur die Uhren Stuttgarts, Mannheims, Karlsruhes oder Kaiserslauterns, sondern auch benachbarter Dörfer je nach Längengrad unterschiedlich gingen. Im Alltag spielte das kaum eine Rolle. Viele Menschen lebten, wohnten und arbeiteten an einem Ort. Und wer verreiste, tat dies zu Fuß oder war tage- und wochenlang mit der Postkutsche unterwegs.
,, ... der Himmel ist nirgends so blau, und die Luft nirgends so rein, und alles so lieblich und so heimisch als zwischen den Bergen von Hausen ... ". Erinnerungen an seine Kindheit im Wiesental haben in dem Dichter und Kirchenmann Johann Peter Hebel (1760 bis 1826) zeitlebens Heimwehgefühle geweckt. Nach einer erneuten Reise ins „Oberland" im Frühjahr 1799 entstand die erste Gruppe der ,Alemannischen Gedichte".
Alte Klöster - neue Herren
(2003)
Mit Großen Landesausstellungen versucht das junge Bundesland Baden-Württemberg von Zeit zu Zeit, sich seiner historischen Wurzeln zu versichern. So wird mit der Ausstellung ,,Alte Klöster - neue Herren" Säkularisation im deutschen Südwesten eine Reihe landesgeschichtlicher Themen fortgesetzt, die 1977 mit der „Staufer-Schau" begann, mit Ausstellungen über die Alamannen, das badisch-württembergische Vorderösterreich bis hin zum ,,Mittelalter am Oberrhein" fortgesetzt wurde. Zu erwähnen sind auch die Ausstellungen zu ,,Baden-Württemberg im Zeitalter Napoleon" aus Anlass des 125jährigen Jubiläums des Württembergischen Landesmuseums und die Landesausstellung „1848/49: Revolution der
deutschen Demokraten in Baden". Die Landesausstellungen widmen sich aber nicht nur landesgeschichtlichen Themen, sondern sind über das Historische hinaus gedacht als Festigung des „Image Baden-Württemberg als Kulturland" und als Identifikationsangebot für die Bürger mit dem Land. Das Thema der Säkularisierung bietet sich insofern für eine
Landesausstellung an, da sie Bedingung war für die Schaffung der Mittelstaaten Baden und Württemberg als „wohlarrondierte Territorialstaaten" im Sinne und Interesse Napoleons. Erhielt doch „Württemberg das Vierfache seiner tatsächlichen Verluste, Baden das Siebenfache".
Dorf und Landesherrschaft
(2003)
1803 - diese Jahreszahl steht in Südwestdeutschland für „die" Säkularisation, ,,den" Übergang vieler geistlicher und einiger weltlicher Fürstentümer an Baden oder Württemberg, ,,das" Ende des Alten Reiches und damit des territorialen Flickenteppichs am Oberrhein. Die vermeintliche Eindeutigkeit der Begriffe, die auch an eine Einheitlichkeit der Abläufe und ihrer Folgen denken lässt, will uns glauben machen, es könne hier über ein klar bestimmbares Ereignis und dessen Auswirkungen gesprochen werden. Einheitlich, gewiss, war manches: die Inbesitznahme der Städte und Dörfer in den Entschädigungsländern durch badische Kommissare, das Anschlagen der markgräflichen Patente, das Befestigen der neuen landesherrlichen Wappen. Bei näherem Hinsehen aber erschöpft sich das Einheitliche im bloß Äußerlichen, während die Voraussetzungen und vor allem die Folgen der Ereignisse von 1802/03 von Ort zu Ort, von Region zu Region höchst unterschiedlich waren, vor allem auch hinsichtlich ihrer Intensität und Reichweite. Dass etwa ein Dorf wie Schielberg bei Frauenalb, praktisch die Arbeitersiedlung der dortigen Klosterbediensteten, durch die Aufhebung der Nonnengemeinschaft in seiner Struktur deutlich massiver betroffen war als eine beliebige Bauerngemeinde ohne direkte ökonomische Verflechtungen mit einer Ordensniederlassung, liegt auf der Hand.
Durch eine Resolution des Großherzogs von Baden vom 10. Oktober 1806 wurde das Kloster St. Blasien für aufgehoben erklärt, und am 28. Oktober erhielt dann der Abt die offizielle Mitteilung. Schon am 5. November kam Staatssekretär Baron Joseph Albrecht von Ittner, ehemals Kanzler der Malteser in Heitersheim, in das Kloster im Albtal, um den Abt zu eröffnen,
dass die Klostergemeinschaft nunmehr nicht mehr bestehe und das Vermögen der Mönche dem Staat gehöre. Damit war die ruhmreiche Geschichte des Benediktinerklosters St. Blasien beendet.
Zu einem fürstlichen Hof, sei er weltlich oder geistlich, gehörten Sammlungen verschiedenster Art. Der absolutistische Regent repräsentierte in seiner Person und seiner Hofhaltung sein ganzes Land und dessen Wohlstand. Der ganze Kosmos mit allen seinen Aspekten sollte in den Sammlungen vertreten sein, so entsprach es dem universalen Bildungsanspruch frühneuzeitlicher Gelehrter. Nicht nur Wissenschaftler pflegten ein derartiges Bildungsideal. Adelige erhielten in ihrer Jugend
in der Regel eine umfassende Ausbildung, die ihnen zwar nicht unbedingt Expertenwissen vermittelte, es ihnen aber ermöglichte, in Gesprächen über Kunst, Philosophie, Literatur und Geschichte ebenso wie Naturwissenschaft, Wirtschaft und Technik sachkundig mitzureden. Wissenschaftliche und künstlerische Interessen zu pflegen, war Teil ihres Selbstverständnisses. Dies gilt für Adelige beiderlei Geschlechts, wobei die Frauen sich zumeist nur den „schönen Künsten" widmeten. Je nach persönlichem Interesse vertieften sich einzelne Persönlichkeiten derart intensiv in bestimmte
Themenbereiche, dass ihr Wissen von Fachleuten anerkannt und ihre Sammlungen weithin berühmt wurden. Markgräfin Caroline Louise, die erste Gemahlin Karl Friedrichs, trug beispielsweise eine große Zahl von Gemälden vor allem niederländischer Künstler zusammen. Für die Porzellansammlung der Markgräfin Sibylla Augusta bildet das sogenannte
„Porzellanschloss" Favorite bei Rastatt einen prächtigen Rahmen.
Die Säkularisation der Klöster und Bischofsresidenzen brachte den badischen Staat in den Besitz nicht nur der Gebäude und Ländereien, sondern auch des gesamten beweglichen Ausstattungsguts, von Möbeln und Hausrat bis zu den Kirchenschätzen. Aus den Konventsgebäuden, die ihre Nutzung verloren, wurde das Mobiliar ausgeräumt und verwertet. Gleiches galt für die Klosterkirchen, soweit sie nicht als Gemeindepfarrkirchen eine neue Funktion erhielten. Vor Ort verblieb nur dasjenige, was für den Gottesdienst und, sofern es eine solche gab, für die Wallfahrt benötigt wurde.
Persönliche Initiativen
(2003)
Unter den persönlichen Unternehmungen, kirchliches Kunstgut zusammenzutragen und zu bewahren, ragen Eigeninitiativen einzelner Geistlicher immer wieder heraus. Ob in Übernahme einer neuen Pfarrei, eines Lehramtes oder auch als Domkapitular treten die Theologen aktiv als Sammler oder Vermittler der eingezogenen, beiseite geschobenen, weggegebenen oder verkauften Werke ein. Sie haben das Schicksal von so manchem Kunst- und kirchlichen Gebrauchsgegenstand wesentlich mitbestimmt. Starken Auftrieb erhielten kaufkräftige und sachkundige Kunst- und Antiquitätenhändler, die wiederum von ebensolchen Interessenten konsultiert wurden. Die Händler kauften auf den öffentlichen Versteigerungen, die in nahezu jedem aufgehobenen Kloster von badischen Beamten organisiert worden sind, oder streiften durchs Land, um entbehrliches Kirchengut zu erwerben. Über den Kunsthandel gelangte kirchliches Gut zunächst zunehmend in private Sammlungen, später in die neubegründeten Museen. Was an den einzelnen Orten von Privatpersonen geborgen oder „gerettet" werden konnte, ist selten schriftlich fassbar.
Seit 1981 öffnet sich Schloss Bruchsal erstmals wieder im Hauptgeschoss für eine große Sonderausstellung. Zu sehen gibt es eine Vielfalt von Zeitzeugen, anhand derer bekannte und unbekannte Seiten der Säkularisation aufgeschlagen werden. Wer die prächtigen, lehrreichen und faszinierenden Stücke betrachtet, staunt, woher sie überall zusammengetragen wurden. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg veranstalten zusammen mit der Stadt Bruchsal die facettenreiche Präsentation beeindruckender Objekte, vor allem aus dem badischen, aber auch ausgewählte Beispiele aus dem württembergischen Gebiet. Der Blick auf die Säkularisationsjahre 1802-1806 - 200 Jahre danach - führt uns in eine spannende Phase der Geschichte des heutigen Baden-Württemberg. Eine der größten Umbruchzeiten, die es in der europäischen Geschichte gegeben hat, war in Gang. Der Name Napoleon steht für diese Zeit. Er hat die neue Ordnung eingeführt, zunächst in Frankreich, dann in ganz Mitteleuropa. Besitzungen und Rechtstitel der Klöster und geistlichen Herrschaften wurden in weltlichen Besitz umgewandelt. Neue Territorialgebilde entstanden. Schloss Bruchsal, als vorherige Residenz der Fürstbischöfe von Speyer war selbst ein Schauplatz der Säkularisation. Durch die Auflösung des kleinen eigenständigen geistlichen Staates verlor es seine zentrale Rolle als Hauptstadt.
Am 25. Februar 1803 verabschiedete ein Ausschuß des Reichstags zu Regensburg, eine sogenannte Reichsdeputation, einen Beschluß, der die Auflagen von vorangegangenen internationalen Friedensverträgen in Reichsrecht umsetzen sollte. Die Folge war eine völlige Umgestaltung des Alten Reiches. Obwohl auch weltliche Reichsstände betroffen waren, nämlich die rechtsrheinische Kurpfalz und die allermeisten Reichsstädte, ist mit dem Reichsdeputationshauptschluß in der historischen
Erinnerung vor allem der Begriff der Säkularisation verbunden. In der Tat stellte die große Säkularisation von 1802/03 für den Süden Deutschlands gewiß das einschneidendste und folgenreichste Ereignis des allgemeinen Umbruchs jener Jahre dar. Man könnte sogar sagen, sie habe das, was am Alten Reich nach den Erschütterungen der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges noch mittelalterlich geblieben war, endgültig und noch dazu radikal beseitigt. Obwohl sie beileibe kein Einzelfall in der europäischen Geschichte war, blieb es ihr vorbehalten, als die Säkularisation schlechthin ins öffentliche Bewußtsein einzugehen. Dabei ist das Urteil über sie je nach weltanschaulicher Orientierung oder konfessioneller Gebundenheit durchaus gespalten; denn der Horizont an historischen Erklärungsmöglichkeiten der jetzt Lebenden reicht noch in jene Zeit zurück. Um die gravierenden Wirkungen verstehen und besser in den Gesamtzusammenhang einordnen zu
können, fragt man am besten nach den Ursachen der Verläufe, die zur Säkularisation geführt haben, wobei aber auch die individuelle Verantwortung der damals politisch Handelnden nicht ausgeblendet werden sollte.
Man kennt sich nicht mehr aus in unserm Vaterland". Mit diesen Worten resümierte bei der Übernahme des fürstbischöflichen Meersburg in das markgräfliche Baden ein badischer Kommissar die umwälzenden Veränderungen durch die immensen Gebietszugewinne, die seit 1802 in die Tat umgesetzt wurden. Aufklärerische Utopien und territoriale Verluste an Frankreich waren der Auslöser für die staatliche Umstrukturierung des deutschen Südwestens. Herrschaftliche Wechsel ereigneten sich in kurzen Zeitabständen. Im Breisgau regierte von 1801 an sogar der oberitalienische Herzog von
Modena, der für seine verlorengegangenen Besitzungen entschädigt worden war. Was durch die Einführung der Reformation 1534/35 im württembergischen und badischen Territorium und in der Kurpfalz gelang - die Auflösung und Eingliederung zahlreicher Klosteranlagen - fand am Anfang des 19. Jahrhunderts in weit umfangreicherem Maße statt. Mächtige und reiche Klöster mussten schließen, ihr Vermögen wurde eingezogen und neue Nutzer zogen in die nach dem Auszug der ehemaligen Bewohner leerstehenden Gebäude ein. Kirchengut wurde vereinnahmt, sortiert und verteilt oder zu purem Geldwert „versilbert". Der Aufbruch in eine neue Ordnung zog sich über mehrere Jahrzehnte hinweg.
Die badische Markgrafschaft war einer der großen Gewinner, begünstigt von der politischen Konstellation vor 200 Jahren, der mit der Ausbeute aus Säkularisation und Mediatisierung in der Folge der Französischen Revolution zu einem 900 000 Einwohner zählenden Territorium (also verfünffacht) von 14 000 qkm (bislang knapp 4000) anwuchs und sich als Kurfürstentum feiern lassen durfte, ab 1806 gar als Großherzogtum anerkannt wurde. Die mit der „großen Revolution" und mit dem „Phänomen Napoleon" verbundenen Auseinandersetzungen führten in ganz Europa zu dramatischen Umwälzungen, Einschnitten, Neuordnungen - alles in der Regie Frankreichs und auf Kosten des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation", dessen Oberhaupt letztlich, auf ein Ultimatum Napoleons, des neuen Kaisers, hin, am 6. August 1806 die römisch-deutsche Kaiserwürde niederlegte und damit das Ende des ,,Reichs" dokumentierte.
Es ist eine „Heimkehr auf Zeit", wenn im Herbst 2003 eine kostbare Auswahl von Buchschätzen aus der ehemaligen Salemer Klosterbibliothek für einige Wochen an den Bodensee zurückkehrt, auch wenn sie nur eine Ahnung vom einstigen Reichtum an illuminierten Pergamenthandschriften, an Drucken und kostbar gebundenen literarischen und wissenschaftlichen Werken des im Jahre 1824 auf 50 000-60 000 Bände geschätzten Bestandes geben kann.
„Meine Herkunft ist mein Schicksal", sagte Rene Schickele, 1883 geboren. Er verkörpert die Situation des im Elsass Geborenen, der ein Leben lang den Ausgleich über den Rhein hinweg sucht, der ihn literarisch bauen will, mit literarischen Brücken, die diesen Brückenbau für immer dokumentieren: "Der Fremde", "Hans im Schnakenloch", "Das Erbe am Rhein", "Die Witwe Bosca", ,,Himmlische Landschaft" u. a., dazu viele Essays, vielfältige lyrische Belege, geschrieben von einem französischen Staatsbürger und einem deutschen Literaten.
Gegen Ende des Jubiläumsjahres, genau am 12. Dezember, eröffnete der Ministerpräsident das Haus der Geschichte Baden-Württemberg in dem „Kulturmeile" genannten Abschnitt der Konrad-Adenauer-Straße von Stuttgart. Er sprach von einem „herausragenden Geburtagsgeschenk, das sich das Land und alle Bürgerinnen und Bürger zum 50jährigen Jubiläum macht".
Eine reichliche Stunde dauert die Führung durch dieses neue Museum. Es ist vom Architekturbüro Wilford/Schupp nach dem Masterplan des Star-Architekten James Stirling entworfen und bietet eine Dauerausstellung zur Landesgeschichte der letzten 200 Jahre, die ein kleiner Arbeitsstab seit 1987 vorbereitet hat. Auch historisch versierten Besuchern ist die Teilnahme an einer Führung zu empfehlen, weil ihnen sonst einige Ausstellungsgags entgehen. So meint man z. B. im Raum der Revolution 1848/49 auf reparaturanfälligen Bodenplatten zu stehen, bis einem gesagt wird, dass damit der brüchige Untergrund dieser Zeit angedeutet werden soll. Und noch viel mehr ist von einer der 16 Führungskräfte zu erfahren, akademisch gebildeten Fachleuten, die auch über die Konzeption, die Vorzüge und Mängel des Hauses, über die Reaktionen der Zuhörer und vieles
Wichtiges mehr berichten, wenn man vor allem auch an der Wirkung dieser Institution interessiert ist.
Mauern sind Felsen aus Menschenhand. Als häufige und charakteristische Strukturelemente des Siedlungsbereiches kommt ihnen aus der Sicht des Naturschutzes eine besondere Bedeutung zu, da sie neben ihrer primären Funktion als Häuserwände, Gebäudeteile, Grundstücks- und Friedhofsmauern, Teile von Brücken, Bahn- und Hafenanlagen etc. auch einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen als Ersatzlebensräume dienen können. Vor dem Hintergrund eines rasant fortschreitenden Artensterbens rücken derartige siedlungstypische Kleinstrukturen zunehmend in den Blickpunkt städtischer oder kommunaler Natur- und Biotopschutzmaßnahmen, die damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Biologischen Vielfalt „vor der eigenen Haustür" leisten können.
Das im Norden der Oberrheinebene gelegene Neckarau - seit der Eingemeindung 1899 zu Mannheim gehörend - besteht als Gemarkung Neckarau aus den beiden Teilen Neckarau und Hermsheim. Von beiden besitzt Neckarau die ältesten Wurzeln, reichen diese doch bis in die Spätantike zurück, wo etwa zwischen 364 und 375 ein römisches Kastell (der Neckarauer Burgus) als strategische Festungsanlage am Rheinufer entstand. Die römischen Anlagen wurden zwischen 1926 und 1936 wiederentdeckt, wissenschaftlich ausgewertet und in Teilen in Museen verbracht, vor allem in das Mannheimer Reiß-Museum.
Am natürlichen Standort haben sich diese Zeugen spätantiken Wirkens in der Kurpfalz nicht erhalten, sie sind dem Siedlungsausbau der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen.
Am 30. Juni 2002 trat Hauptkonservatorin Dr. Grit Arnscheidt, Stellvertretende Direktorin der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, in den Ruhestand. Mannheim war die Wahlheimat der in Düsseldorf aufgewachsenen Rheinländerin. Nach einem Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Anglistik in München, Heidelberg und London, nach Promotion und einer mehrjährigen Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Heidelberg kam sie 1974 nach Mannheim, das fortan nicht nur ihr berufliches Tätigkeitsfeld, sondern auch bevorzugter Gegenstand ihrer Forschungen werden sollte. Als Konservatorin im Städtischen Reiß-Museum bzw. später den Reiss-Engelhorn-Museen hat sie in zahlreichen Ausstellungen und Sonderschauen, Veröffentlichungen und Vorträgen, Exkursionen und Führungen unaufdringlich, doch beharrlich für Mannheimer Stadtgeschichte geworben und auf Eigenart, Gestalt und Wandel dieser Kulturregion aufmerksam gemacht. Interesse für historische Zusammenhänge weckte sie zudem durch einen Lehrauftrag an der Fachhochschule für Gestaltung in
Mannheim.
Nachdem der Verfasser mehrere Abgeordnete des alten badischen Landtages (Ludwig Marum, SPD; Josef Ziegelmeyer, Zentrum; Rupert Rohrhurst, Nationalliberale Partei; Friedrich Weber, SPD und Johann Georg Banschbach, Konservative Partei) untersucht hat, beschreibt er nun mit Marie Bernays eine der ersten weiblichen Abgeordneten des demokratischen Parlaments in Karlsruhe, deren Todestag sich im Frühjahr 2004, am 22.4.1939, zum 65. Mal jährt.
Hauptberuflich Studienrat, ist Josef August Beringer (geb. 27.1.1862 Niederrimsingen bei Breisach, gest. 6.12.1937 Mannheim, katholisch) als Kunst- und Kulturhistoriker in Erinnerung geblieben, dessen zahlreiche Veröffentlichungen der Kurpfalz und Baden galten und der über etliche Themen erste, Neuland erschließende Überblicke veröffentlichte. Die
genauere Beschäftigung zeigt, daß er damit nicht nur eine kulturhistorische Theorie, sondern ein sozialkritisches und reformerisches Ideal verband. Beringers Kunstbegriff war einerseits weit gespannt, indem er von der akademischen Hoch- bis zur Volkskunst reichte, andererseits aber von deutlicher Ablehnung der heute als Moderne geltenden Richtungen geprägt. Für die von ihm unterstützten Künstler setzte er sich in zahlreichen Aktivitäten ein. Etliche sind längst in Vergessenheit geraten, da
ihre Bedeutung im Nachhinein geringer eingeschätzt wird. Beringers nationales Engagement sicherte ihm im Dritten Reich hohes Ansehen, relativiert sein Lebenswerk jedoch aus heutiger Sicht als einseitig.
Es mag kein so ungewöhnliches Gelehrtenschicksal gewesen sein, das dem vor 200 Jahren in Mannheim geborenen Naturwissenschaftler Karl Friedrich Schimper beschieden war, aber schon fast exemplarisch für einen genial begabten Menschen seines Schlages, dessen Herkunft und Zurückhaltung dem Begründer der damals neuen botanischen Morphologie die glänzende akademische Laufbahn versagte. Auch sein um 18 Monate jüngerer Bruder Georg Wilhelm, der sich sein botanisches Wissen als Autodidakt erwarb und dann als Forschungsreisender und als Statthalter des Königs von Tigre in Adua/Abessinien die praktische Seite seiner Begabung auslebte, hat der Wissenschaft nur im Verborgenen gedient.
Die Lanz-Kapelle und das alte Heinrich-Lanz-Krankenhaus im Stadtteil Lindenhof lagen ursprünglich an der Ecke Meerfeldstraße/Landteilstraße und wurden 1906/07 in historisierendem Stil nach den Plänen des Architekten August Ludwig erbaut. In der nördlichen Hälfte des großen Lanz-Parks wurde am 1. Februar 1906 der Grundstein für das Krankenhaus und die Kapelle gelegt, die feierliche Einweihung unter dem Protektorat der Großherzogin Luise von Baden erfolgte bereits am 17. November 1907.
Das Neckarauer Heimatmuseum kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Seit 1997 ist es im ehemaligen Badehaus in der Rathausstraße hinter dem Neckarauer Rathaus untergebracht. Es wurde auf Betreiben des Firmengründers Friedrich Julius Bensinger als Betriebsbad der Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik, später „Schildkröt AG", um die
Jahrhundertwende erbaut und später der Stadt Mannheim und der Neckarauer Bevölkerung als Volksbad geschenkt. Bis in die 60er Jahre war es in Betrieb.
Die Gartenstadt
(2003)
Im Rahmen des Begleitprogramms zur Landesausstellung „Mythos Jahrhundertwende" des Landesmuseums für Technik und
Arbeit in Mannheim im Millenniumsjahr 2000 hielt Herr Walter Pahl zu dem Themenschwerpunkt „Wohnen und Wohnideen" den Vortrag ,,Die Gartenstadt". Bei dem hier wiedergegebenen Text handelt es sich um eine überarbeitete Fassung des als Aufsatz in Heft 36/2000 der Reihe LTA-Forschung des Landesmuseums für Technik und Arbeit in Mannheim in gekürzter Form wiedergegebenen Vortragsmanuskripts. Walter Pahl, Betriebswirt (VWA), auch langjähriges Mitglied des Stiftungsrates des LTA, war von 194 7 bis 1988 geschäftsführender Direktor und bis 2000 Vorstandsvorsitzender der Gartenstadt- Genossenschaft Mannheim eG. sowie von 1968 bis 1991 Vorstandsmitglied GdW Bundesverband.
Die Spiegelmanufaktur (SAINT-GOBAIN GLASS DEUTSCHLAND GMBH) im Mannheimer Stadtteil Waldhof kann in diesem Jahr auf ein 150jähriges Bestehen zurückblicken. Ein Ereignis das aus mehreren Gründen gewürdigt werden soll. Ihre Errichtung auf einem von den Erben des Hofgerichtsrats und Hofbibliothekars Karl Theodor von Traitteur erworbenen Gelände auf dem Luzenberg leitete die Industrialisierung im Norden Mannheims ein. Luzenberg und Waldhof, es waren nur
kleine Ökonomiegüter, gehörten zur Gemarkung Käfertal und lagen weit vor den Toren der Stadt. Bis zu ihren Eingemeindungen 1897 bzw. 1913 lagen die selbständigen Gemeinden Käfertal und Sandhofen zwischen Mannheim
und der Landesgrenze zu Hessen. Die Gemeinde Käfertal hatte eine Gesamtfläche von über 1776 Hektar mit recht unterschiedlichen Bodenqualitäten, aber 1852 bevölkerten nur 1748 Einwohner das große Gebiet. Das sollte sich ab 1853 rasch ändern.
Die Adresse ist im heutigen Mannheim nicht zu finden. Die Menschen, das Haus, sogar die Straße sind verschwunden. Die Hausbewohner fehlen im Adressbuch der Stadt seit 1940. In Archiven dagegen geben schriftliche Dokumente Auskunft. Auch in den Erinnerungen ehemaliger Mannheimer in den USA und in Israel leben das Mietshaus und seine Bewohner in schmerzlicher Erinnerung fort. Einige wenige der früheren Bewohner oder Besucher haben überlebt. Sie, die hier als Kinder oder junge Menschen ein und aus gingen, erinnern sich durchaus. Juden lebten hier bis zum 22. Oktober 1940, dem Tag, an
dem die Reise in die Todeslager begann. Wie konnten über 2000 unschuldige Menschen einer Stadt mit Wissen der
Bevölkerung aus ihren Wohnungen abgeführt, deportiert und später getötet werden? Was war da vorausgegangen, wie sah die psychologische und technische Vorbereitung aus, wie konnte alles mit Wissen, vielleicht sogar mit Billigung der Nachbarn geschehen? Eine gültige Antwort wird es wohl nie geben. Dieser Beitrag ist der Versuch einer Rekonstruktion der Ereignisse in einem Wohnhaus.
Heute einen Artikel über den Bildhauer Josef Hinterseher (1873 München - 1955 ebd.) zu verfassen bedeutet, Neuland zu betreten. Die Begeisterung von Hintersehers Zeitgenossen ist nur noch von wenigen Kunstliebhabern nachzuvollziehen, abgeschlossene Monographien sind nicht vorhanden und Quellenmaterial entweder spärlich im Umfang, fehlerhaft oder nicht auffindbar. Selbst eine chronologische Auflistung der Arbeiten Joseph Hintersehers fehlt. Der Autor betrat dieses Neuland, nicht zuletzt, da persönliche Momente ihn zu der Skulpturengruppe „Waldidylle" Hintersehers in Beziehung setzten.
"Neue Art von Brücken"
(2003)
Am 15. November 1845 wurde in Mannheim nach 4jähriger Bauzeit die Kettenbrücke mit einem Festzug eingeweiht (Abb. 1) und damit endlich der langgehegte „Wunsch nach einer festen Brücke über den Neckar" verwirklicht. Bis dahin waren die beiden Ufer des Flusses nur durch eine Schiffsbrücke verbunden (Abb. 2), die für die Neckarschiffahrt regelmäßig geöffnet werden mußte und bei Hochwasser oder Eisgang unpassierbar war. Die ersten Planungen zur Errichtung einer Kettenbrücke lagen damals freilich schon rund 20 Jahre zurück. Bereits 1823 hatte sich der Mannheimer Stadtrat an den aus Mannheim
stammenden, inzwischen in russischen Diensten stehenden Ingenieuroberst Wilhelm von Traitteur gewandt und eine Machbarkeitsstudie für eine solche Brückenkonstruktion in Mannheim erbeten. Wilhelm von Traitteur, der zu dieser Zeit durch den Bau mehrerer neuartiger Eisenkettenbrücken in St. Petersburg in Fachkreisen Aufsehen erregte, bejahte umgehend diese ehrenvolle Anfrage und verfertigte 1824 den Entwurf für eine Kettenbrücke über den Neckar in Höhe der Breiten Straße, der allerdings nie ausgeführt wurde.
Die Familie Kobell stammt ursprünglich aus Hessen. Der Name „Kobel" bzw. ,,Köbel" kann bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Im Zuge der Französisierung im 18. Jahrhundert wurde das „l" verdoppelt, wobei sich diese Schreibweise allerdings erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durchsetzte. Als Stammvater gilt nachweislich Engelbert Kobell, Hochfürstlich Hessen-Darmstädtischer Schultheiß in Niederroßbach, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts nach Frankfurt am Main übersiedelte. Sein Sohn Johann Heinrich erhielt dort 1716 die Bürgerrechte. Nach dem großen Brand von Frankfurt 1719 wanderte dieser jedoch mit seiner Familie nach Rotterdam aus. Mit Johann Heinrich Kobell d. Ä. spaltete sich die Familie fortan in eine deutsche und eine holländische Linie auf. Der um 1718 geborene Johann Heinrich d. J. blieb in Holland und war der Vater des späteren Marinemalers Hendrik Kobell sowie des Landschafts- und Tiermalers Jan Kobell. Sein etwa um ein Jahr älterer Bruder Balthasar wurde in Mannheim ansässig und stieg unter Kurfürst Carl Theodor als hoher Finanzbeamter bis zum
kurpfälzischen Hofkammerrat auf.
Im vergangenen Jahr feierte unser Bundesland seinen fünfzigsten Geburtstag. Allenthalben wurden besondere Veranstaltungen, Vorträge und Events organisiert, und auch die Stadt Mannheim beging das Landesjubiläum auf vielfältige Weise. Große Beachtung fand dabei die Plakatausstellung des Stadtarchivs, eröffnet auf dem Mannheimer Stadtfest am
24. Mai 2002 mit dem abgeleiteten Slogan eines Wahlplakats zur Volksabstimmung von 1951: Mannem vorne - erst recht im Südweststaat. Die Ausstellung erinnerte an den „heißen" Wahlkampf, an jene entscheidende Abstimmung in den damaligen Bundesländern Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern am 9. Dezember 1951. Damals war der nordbadische Abstimmungsbezirk, vor allem Mannheim, das berühmte Zünglein an der Waage. Mit 63% votierten die
Mannheimerinnen und Mannheimer für den Südweststaat. Das Bundesland Baden-Württemberg konnte entstehen. Die Wanderausstellung mit den Wahlplakaten der frühen 50-er Jahre fand nach mehreren Stationen innerhalb Mannheims sowie in Laudenbach an der Bergstraße sogar den Weg bis in die Landeshauptstadt: Zum Abschluss wurde sie ab dem 3. Dezember 2002 auf Einladung der SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag gezeigt.
Urkunden und Akten, Karten und Pläne, Plakate und Bilder - die Bandbreite der in staatlichen, kommunalen und sonstigen Archiven aufbewahrten Materialien ist heute größer denn je. Dank digitaler Verfahren werden sie inzwischen auf neuen Überlieferungsträgern dauerhaft gesichert, der Zugang zu ihnen dadurch erleichtert und ihre Nutzungsfrequenz erhöht. Dies gilt insbesondere für das Kulturgut Film, dem in unserer multimedial ausgerichteten Gesellschaft ein zentraler Platz unter den archivischen Sammlungsbeständen zukommt.
Aus aller Herren Länder
(2003)
Liselotte von der Pfalz, Schwägerin Ludwigs XIV., des Sonnenkönigs, erinnert sich in ihren berühmten Briefen vom französischen Hof in die Heimat gern an ihre pfälzische Kinderzeit. Immer wieder erwähnt sie dabei Menschen, denen sie damals begegnet ist. So erkundigt sie sich nach einem Stadtdirektor Clignet oder nach einem Jacob van Deyl, der aus den Niederlanden stammte. In Erinnerung geblieben ist ihr auch ein einfacher Messerschmied, dem sie häufig bei der Arbeit zugeschaut hat und von dem sie weiß, dass er ,,Anabaptist" (Täufer) ist. Vergessen hat sie weder den blinden französischen Pfarrer Jacques Couet du Vivier noch die „Polnisch, so die Socinianer hießen", oder die „Juden von Avignon". Alle diese Menschen lebten um 1665 innerhalb der Mauern derselben Stadt, und diese Stadt war Mannheim.
200 Jahre „Harmonie"
(2003)
In diesem Jahr feiert die Harmonie-Gesellschaft, eine der traditionsreichsten Vereinigungen Mannheims, ihr 200jähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß zeigen die Reiss-Engelhorn-Museen eine Sonderausstellung, die mit Exponaten des Museums, der Universitätsbibliothek Mannheim und privaten Leihgebern die Entstehungsgeschichte dieser „ältesten kulturellen Gesellschaft der Kurpfalz"behandelt und eine Auswahl von Werken ihrer bedeutenden Bibliothek präsentiert.
Mannheim 1666
(2003)
Die apokalyptischen Reiter, Symbol für die Plagen der Menschheit, versetzten im 17. Jahrhundert auch Mannheim in Angst und Schrecken. Die Stadt hatte noch die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zu überwinden, da traf sie das neue Unheil in Gestalt des Schwarzen Todes. Am Dienstag, 2. Januar 1666 leitete der Ratschreiber - was äußerst selten zum Jahreswechsel geschah - das Protokoll mit einem hoffnungsvollen Segensspruch ein: ,,Folget nun das 1666ste Jhar, Gott gebe ein gesundes
Neuwe Jhar". Ironie des Schicksals! Suchte er Hoffnung und Schutz, weil düstere Gerüchte an sein Ohr gedrungen waren? Hatte er bedrückende Ahnungen auf Grund von mancherlei Berichten oder einfach nur ein bisschen Zeit vor dem eigentlichen Sitzungsbeginn?
Auch das zweihundertjährige Jubiläum der Erhebung Mannheims zur Stadt im Jahr 1807 fiel in eine schwierige Zeit. Die fortwährenden Kriege Napoleons gingen einher mit einer Phase des politischen und auch wirtschaftlichen Umbruchs in Europa, in deren Verlauf die alte Welt des Ancien Regime zu Grabe getragen wurde. Diese Entwicklung machte auch nicht vor der ehemaligen kurpfälzischen Residenzstadt Mannheim halt, die zu einer abgelegenen badischen Provinzstadt degradiert wurde.
Außer Spesen nichts gewesen?
(2003)
In wenigen Jahren wird Mannheim wieder einmal sein Stadtjubiläum begehen: 400 Jahre Verleihung der Stadtprivilegien sind ein Grund zur Rückschau, zur Freude, zum Feiern - und zugleich ein Ansporn, bis dahin etwas Besonderes auf die Beine zu stellen. Da kann es hilfreich sein, einen Blick auf frühere Aktivitäten zu werfen und besonders das erste Jubiläum, die Hundertjahrfeier von 1707, einmal näher zu betrachten. Dass am 24. Januar 1707 überhaupt ein großes Fest gegeben wurde, könnten wir zunächst einmal als Beleg für den ungebrochenen Lebenswillen und die Lebensfreude der kurpfälzischen Bewohner werten. Schließlich befand sich ihre Stadt nach der radikalen Zerstörung in den Jahren 168/89 noch mitten im Wiederaufbau, begonnen nach Ende des Pfälzischen Erbfolgekriegs mit dem Friedensvertrag von Rijswijk im Herbst 1697.
Das Fundament bildeten in Mannheim die von Kurfürst Johann Wilhelm gewährten Stadtprivilegien vom 31. Oktober 1698, die eine relativ autonome Stadtverfassung schufen.Der Wiederaufbau ging allmählich und gewiss von mancherlei Rückschlägen und Kriegswirren begleitet voran. Letztere machten auch vor dem Stadtjubiläum 1707 nicht Halt, als die Franzosen unter Marschall Villars vorübergehend Mannheim besetzten. Von größeren Schäden dieser Besetzung ist jedoch nichts bekannt.
Am 2. Juni 1803 betrat Kurfürst Karl Friedrich von Baden erstmals den Boden der ehemaligen Kurpfalz, die ihm im Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 zugesprochen worden war. Erstes Ziel seiner Reise war Mannheim, die ehemalige Residenzstadt der Kurpfalz, die er am späten Nachmittag erreichte. Vor dem Heidelberger Tor angekommen, wurde er mit Glockengeläut und Salutschüssen empfangen und in ergreifenden Reden vom Mannheimer Stadtdirektor und Stadtgerichtsassessor willkommen geheißen. Flankiert von der Schuljugend sowie zahlreichen jubelnden Bürgern, zog der Tross des Kurfürsten durch die Planken über den Paradeplatz hin zum Schloss, wo der Adel und die hohen Verwaltungsbeamten ihren neuen Landesherren empfingen. Tags darauf war ein umfangreiches Programm vorbereitet: Im Nationaltheater sah sich Karl Friedrich ein ihm zu Ehren geschriebenes Schauspiel sowie eine Oper an. Im Anschluss gab er bekannt, dass er die hohen Schulden des Theaters übernehmen und den künftigen Betrieb mit Hilfe eines jährlichen Zuschusses aufrecht erhalten lassen wolle. In den folgenden Tagen war der Kurfürst der schier unbegrenzten Devotion der Mannheimer ausgesetzt. Ob beim Besuch der religiösen Gemeinden oder beim Empfang von Schulklassen, überall wurde er in Gedichten, Liedern oder Aufführungen gefeiert.
Architektur als Dialog
(2003)
Der Umgang mit dem kulturellen Erbe einer Stadt spiegelt sich in besonderer Weise darin wider, wie Bauherren, Städteplaner und Architekten auf örtliche Bautraditionen reagieren. Greifen sie diese auf, schaffen sie Gebäude, die sich in das Vorhandene integrieren, setzen sie das Neue bewusst vom Alten ab, oder ignorieren sie gar die architektonischen Zeugnisse früherer Generationen? Unbestreitbar fallen einem im heutigen Mannheimer Stadtbild die Brüche und Widersprüchlichkeiten eher ins Auge als die Übereinstimmungen, harmonischen Übergänge und Einfügungen. Dies hängt zweifellos mit den verheerenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zusammen. Um der Not der Nachkriegsjahre rasch und effektiv begegnen zu können, waren pragmatische Lösungen beim Wiederaufbau gefragt. Für ein Rücksichtnehmen auf die Überreste des alten Mannheim blieb wenig Raum, zumal das, was der Krieg nicht ganz zerstört hatte, stark in Mitleidenschaft gezogen war und von seiner einstigen Pracht nur noch wenig ahnen ließ. Mitunter erschien es einfacher und kostengünstiger, beschädigte Häuser ganz abzureißen, um an ihrer Stelle Neues zu errichten. Darüber hinaus entdeckte man die Zerstörung als Chance, Mannheim zu einer modernen, zukunftsweisenden Stadt aufzubauen. Und so setzte man das Neue bewusst von den Denkmälern der Barockzeit, des Historismus und Jugendstils ab, kontrastierte die alten malerisch-bewegten Silhouetten und Schmuckfassaden mit kubischen Baukörpergliederungen, strengen Raster-, glatten Putz- und Steinplattenfassaden oder mit puristischem Sichtbeton.
Als am 24. September 1943 das Mannheimer Schloss in Schutt und Asche gesunken war, glaubte niemand mehr an eine Zukunft der einst berühmten Residenz der Kurfürsten von der Pfalz und deren badischen Nachfolger. Die gewaltige Ruine wirkte wie die makabere Kulisse eines misslungenen Schauspiels. Viele wollten sich des traurigen Anblicks entledigen und planten den Abbruch des historischen Mittelpunktes der oberrheinischen Metropole. Doch die Mannheimer Bevölkerung war gegen die Beseitigung des Bauwerks und gewichtige Stimmen sprachen sich für einen Wiederaufbau aus. Dieser Gesinnung ist es zu verdanken, dass Schloss Mannheim bis heute erhalten blieb und durch den Einzug der Universität wieder zu einem kulturellen Mittelpunkt wurde.
Ja lernen Sie den auf der Universität keine badische Geschichte mehr?" Das war die erstaunte Frage eines Mannheimer Notars, der zu versuchen hatte drei frischgebackene Gerichtsreferendare in das System des badischen Notariats einzuführen. Meine Antwort zeugte von wenig Respekt: „Sollten wir uns nicht auch einmal mit der Geschichte des Fürstentums Liechtenstein befassen? Die wäre vielleicht auch nicht ganz uninteressant." Inzwischen habe ich dem alten Justizrat im Stillen Abbitte getan und mich mit badischer Geschichte im Allgemeinen und der seines Notariats im Besonderen mehr beschäftigt, als ich damals vor den mehr als vierzig Jahren geglaubt hätte. Den Anstoß dazu gab neben eigener, fast ein Menschenalter währender Berufstätigkeit das Heft 3/1981 der Badischen Heimat, gewidmet dem 175. Jubiläum des badischen Notarstandes.
Am Anfang war Johann Niklaus Friedrich Brauer. Der Gesetzgeber der „ersten Stunde", der Schöpfer der 13 badischen Organisationsedikte von 1803, ordnete zuerst die directive Landesadministration, die obersten Ratskollegien des Landesherrn. Aber schon sein zweites Organisationsedikt vom 8. Februar 1803 galt allein dem neuen General-Landes-Archiv. Das entsprach dem Staatsdenken der Zeit. Das Archiv gehörte zum innersten Kreis der Herrschaft, es verwahrte als juristische Waffenkammer die Rechtsgrundlagen des Staates, der jetzt vergrößert und 1806 souverän werden sollte. Ratskollegien und Archiv gehörten aber auch augenfällig zusammen. Für das Kanzleigebäude am Karlsruher Schlossplatz war schon 1792 ein eigener großer Archivtrakt auf der Zirkelseite gebaut worden. In seinen ungewohnten Dimensionen, dreistöckig mitten in der geduckten Bürgerstadt, wirkte es wie ein Signal für den Umbau der Residenz nach 1800.
„Ich hatte dem Landgerichtspräsidenten Uibel in Mosbach längst versprochen, wenn ich je noch eine Reise unternehme, sie in den Odenwald zu machen", schrieb Hansjakob im Vorwort zu seinen „Sommerfahrten", die ihn im Sommer 1903 in die Rheinebene, in den Odenwald, die Pfalz und das Elsaß führten. Die beiden, von Beruf, politischer Einstellung und Glauben her im Grunde recht unterschiedlichen Männer, lernten sich 1901 in Freiburg kennen. Dorthin war der 9 Jahre jüngere Uibel 1899 als Landgerichtsdirektor versetzt worden. Er konnte aber, wie er Hansjakob im März 1901 schrieb, wegen Krankheit und weil er ein zwischenzeitlich aufgegebenes Landtagsmandat noch wahrnehmen mußte, „den längst fälligen pflichtschuldigen
Antrittsbesuch" bei dem allseits bekannten Pfarrer von St. Martin, den er schon als Schriftsteller hoch schätzte, nur sehr verspätet abstatten.
Als 1975 der Wallbacher Landwirt Erich Thomann einen auf die Mülldeponie weggeworfenen Teddybären bei sich zu Hause „aufgenommen" hatte, wusste er selber noch nicht, dass somit das Müllmuseum Wallbach gegründet wurde. Und niemand konnte damals ahnen, dass das Haus in der Hauptstraße 162 in Bad Säckingen-Wallbach das meistbesuchte Museum der Region sein wird. Etwa 10 000 Besucher aus ganz Deutschland, und natürlich aus der Schweiz, kommen jährlich ins Müllmuseum.
In seiner Thronrede - immerhin - von 1883 kündigte der badische Großherzog Friedrich ein Gesetz an, das demnächst erlassen werden sollte. Wir würden es heute als Denkmalschutzgesetz bezeichnen, aber damals trug es einen ganz anderen, viel schöneren Titel. Es hieß „Gesetz, die Fürsorge für die Denkmäler der Kunst und des Altertums betreffend", und mit Ausnahme der in Staatsbesitz befindlichen Bauten war der Inhalt des Gesetzes tatsächlich nur die Fürsorge und die zwanglose Förderung des Schutzes und der Erhaltung der Denkmäler im Lande, ganz gleich, wem sie gehörten. Förderung und Fürsorge für Denkmäler war etwas, von dem man damals glaubte, daß ein allgemeiner Konsens aller Gutwilligen über eine solche Notwendigkeit bestünde.
Unmittelbar zu Beginn der Weimarer Republik wurde mit dem Bau der Lohfeldsiedlung (1919/20) in der Karlsruher Oststadt
ein ehrgeiziges Projekt in die Tat umgesetzt. Ziel der städtischen Baumaßnahme war es, Wohnraum für einkommensschwache und kinderreiche Familien zu schaffen. In diesen Zeiten des wirtschaftlichen Notstandes war ein
pragmatisches Konzept vonnöten. Daher wurden gleichförmige Grundrisstypen von zweigeschossigen Minimalwohnungen zu Häusergruppen seriell aneinander gereiht. Insgesamt entstanden fünfzehn Häusergruppen. Mittel für Bauornamentik standen nicht zur Verfügung, also konzentrierten sich die planenden Architekten Pfeifer & Grossmann auf ein sachlich-modernes Erscheinungsbild und eine klar strukturierte städtebauliche Disposition. Die Hauskanten der im Massivbau
erstellten Gebäude wurden entlang der Lohfeldstraße von Häusergruppe zu Häusergruppe zunehmend zurückgestuft, so dass sich das umbaute Volumen zur Mitte der Straße hin sukzessive weitet, und an den Einfahrten der Lohfeldstraße jeweils eine torähnliche Situation entsteht.
Prof. Dr. Otto Fehringer
(2003)
Am 10. Juli 2004 jährt sich der Todestag des ersten Leiters der „Städtischen Vogelwarte Karlsruhe" und späteren Mitbegründers und ersten Direktors des „Kurpfälzischen Tiergartens Heidelberg", Prof. Dr. Otto FEHRINGER [1887-1964], zum vierzigsten Mal. Anlass, Leben und Werk dieses international renommierten Ornithologen und Säugetierexperten noch einmal skizzenhaft Revue passieren zu lassen. Dabei soll Otto Fehringer an passender Stelle möglichst authentisch zu Wort kommen. Die entsprechenden Zitate sind erst jüngst wieder aufgefundenen handschriftlichen Aufzeichnungen und Reisenotizen entnommen, die hiermit posthume Würdigung erfahren.
Albert Bassermann
(2003)
In Mannheim gibt es eine Bassermannstraße, die an die berühmte Familie erinnert, die Lothar Gall 1989 mit seinem Buch
„Bürgertum in Deutschland" ausführlich gewürdigt hat. Einer der prominentesten Vertreter der Familie war der Theater- und Filmschauspieler Albert Bassermann (1867-1952). Aus Anlass der 100. Wiederkehr seines ersten Bühnenauftritts im Hof- und Nationaltheater Mannheim 1887 hatte die Theatersammlung des Mannheimer Reiß-Museums bereits zwei Jahre vor Erscheinen der Publikation von Lothar Gall sowohl eine Sonderschau als auch eine Filmreihe präsentiert. Im Rahmen der
Ausstellung konnten erstmals die bedeutendsten und aussagefähigsten Objekte aus dem Nachlass gezeigt werden, den Albert Bassermann der Theaterhistorischen Sammlung des Theaterwissenschaftlichen Instituts der Freien Universität Berlin vermacht hatte. 2002 jährte sich der Todestag von Albert Bassermann zum 50. Mal. Dies bot diesmal dem Stadtarchiv Mannheim Gelegenheit, erneut eines der berühmtesten „Söhne Mannheims" mit einem Vortrag, den die Verfasserin dieses Beitrages hielt, und einer kleinen Filmreihe zu gedenken. Auffällig ist freilich, dass etwa junge Menschen sich für diese verhältnismäßig nahe Vergangenheit kaum zu interessieren scheinen und deshalb auch nichts mit Namen wie Albert Bassermann verbinden.
Eberhard Gothein (1853-1923)
(2003)
„Keiner von uns und keiner, der auf uns folgt, wird je wieder ein solcher Polyhistor zu werden vermögen wie es der alte Gothein war als einer der letzten Zeugen des Jahrhunderts Goethes, als einer der großen, Humanisten, deren Reihe nördlich der Alpen mit Erasmus beginnt und die wohl mit Burckhardt, Gothein, Gundolf zu Ende gegangen ist". Das schrieb Edgar Salin 1954 über seinen Lehrer und dessen fazettenreiches Leben. Doch Gothein war nicht nur Kulturhistoriker und Nationalökonom; als einer der Gründer zweier Hochschulen, Organisator und Dozent von Fortbildungsveranstaltungen, Mittler zwischen
Wissenschaft und Praxis, endlich als Politiker wirkte er auf vielen Ebenen originär und motivierend. Er beschritt Wege, die bis in unsere Zeit führen.
[...] Der dritte aber war ein schöner, junger Mann, der am besten tanzte weit und breit, und daher den Namen Tanzbodenkönig hatte. Er war ein armer Mensch gewesen und hatte bei einem Holzherren als Knecht gedient; da wurde er auf einmal steinreich; die einen sagten, er habe unter einer alten Tanne einen Topf voll Geld gefunden, die anderen
behaupteten, er habe unweit Bingen im Rhein mit der Stechstange, womit die Flößer zuweilen nach den Fischen stechen, einen Pack mit Goldstücken heraufgefischt, und der Pack gehöre zu dem großen Nibelungenhort, der dort vergraben liegt; kurz, er war auf einmal reich geworden und wurde von jung und alt angesehen wie ein Prinz. [ ... ] Diese Schilderung eines Mannes, der seiner Mit- und Nachwelt bemerkenswert erschien, weil er binnen kurzer Frist zu ungewöhnlich großem Reichtum und einem entsprechend hohen Sozialprestige gekommen war, ist nachzulesen bei Wilhelm Hauff in dessen 1828
postum veröffentlicher Erzählung „Das kalte Herz". Natürlich sollte man sich hüten, diese literarische Gestalt kurzerhand mit einer historischen Person zu identifizieren. Aber ganz zweifellos erinnert sie an einen Typus, den es im Nordschwarzwald tatsächlich einmal gegeben hat, an den Typus des - wenn man so will - ,,Proto-Unternehmers", der in den Regionen um Nagold und Enz, Kinzig und Murg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gleich mehrfach anzutreffen war.
Friedrich August Köhler (1768-1844), Vikar in Gutenberg, heute Ortsteil von Oberlenningen Krs. Esslingen, unternimmt
1804 zwei Fußreisen in das Obere Murgtal und ersteigt dabei jeweils auch die Hornisgrinde. Seine Eindrücke hat er handschriftlich als „Einige Notizen über den Schwarzwald gesammelt im August und September 1804" auf 20 Seiten festgehalten. Sie zählen mit zu den frühen Nachrichten über dieses heute so bekannte und beliebte Wander- und Skigebiet.
Für die Renchtalmetropole Oberkirch sind in diesem Jahr zwei historische Daten von besonderer Bedeutung. Vor 200 Jahren endete die Herrschaft der Fürstbischöfe von Straßburg, Oberkirch und das Renchtal wurden badisch. Dieses geschichtlichen Ereignisses gedenkt das Heimat- und Grimmelshausen-Museum Oberkirch im November und Dezember dieses Jahres mit einer größeren Sonderausstellung. Am Anfang dieser Entwicklung steht der Verkauf Oberkirchs und der Burg Fürsteneck an die Bischöfe von Straßburg vor genau 700 Jahren. Am 10. Oktober 1303 veräußerten die Gräfin Udelhild, die Witwe des Grafen Friedrich von Fürstenberg, und ihre Söhne Conrat und Friederich die "merketstat Obernkirchen" endgültig an Bischof Friedrich von Straßburg um 1150 Mark Silber. Bereits am 3. Januar dieses Jahres hatte Fürstenberg gegen 600 Mark Silber das "oppidum Oberkirch" und das „castrum Fürstenecke" unter Vorbehalt des Rückkaufs an das Hochstift Straßburg übertragen; dieser Transfer war am 3. März durch König Albrecht I. bestätigt worden. Mit dem Erwerb legten die Straßburger Bischöfe die Grundlage für den territorialen Ausbau ihrer rechtsrheinischen Herrschaft.
So steht es in goldenen gotischen Lettern am Giebel des Melanchthonhauses in Bretten, hoch über den Fenstern des Obergeschosses: Gott zu Ehren. Melanchthon zum Gedächtnis. Errichtet von der evangelischen Christenheit. In der Tat hatten zahllose evangelische Christen, nicht nur aus Deutschland, hier vor allem aus Berlin und Preußen und aus Württemberg, sondern ebenso aus der weltweiten Christenheit, hier vor Skandinavien, die erheblichen Mittel zur Vollendung des Bauwerks während seiner sechsjährigen Bauzeit aufgebracht. Damit legten sie sowohl ein Bekenntnis zu Melanchthon als auch zur gesamten, insbesondere zur lutherischen Reformation ab.
In der Melanchthonstadt Bretten gibt es im Jahr 2003 ein Jubiläum zu feiern. Die Gedächtnisstätte für Philipp Melanchthon,
den berühmtesten Sohn der Stadt, wird in diesem Jahr einhundert Jahre alt. Die zweitgrößte reformationsgeschichtliche Gedenkstätte Deutschlands ist in einem prachtvollen neugotischen Gebäude untergebracht, das an der Stelle des Geburtshauses von Melanchthon steht. Im Jahr 1903 wurde es feierlich eingeweiht. Seither dient es als Gedächtnisstätte für
den humanistisch gebildeten Reformator, der in Wittenberg an der Seite Martin Luthers gewirkt hat. Darüber hinaus ist es Forschungsstelle für Theologie und Philosophie der Frühen Neuzeit. Regelmäßig veranstaltete Kongresse führen Forscher aus aller Welt im Melanchthonhaus zusammen. Schwerpunkt der Schriftenreihe des Hauses ist das vielgestaltige Oeuvre Melanchthons und sein Anteil an der Entwicklung von Theologie und Philosophie seiner Zeit. Die Bibliothek des Hauses beherbergt einen wertvollen Bestand an Literatur aus der Reformationszeit. Insgesamt bieten ca. 11 000 Bände - einschließlich der neueren Literatur - Einblick in geistesgeschichtliche Strömungen des Reformationszeitalters.
100 Jahre Melanchthonhaus
(2003)
Es möchte bald die protestantische Welt einem ihrer größten Wohltäter an dem Ort, an dem er geboren, ein würdiges Denkmal errichten. Dieser Wunsch und dieses Lebensziel faszinierten zeit seines Lebens den Berliner Kirchenhistoriker und christlichen Archäologen Prof. Dr. Nikolaus Müller (1857-1912). Auf seine Anregung und sein Engagement ging der Bau des heutigen Melanchthonhauses am Marktplatz der großen Kreisstadt Bretten zurück. An jenem Platz, an dem ursprünglich Melanchthons Geburtshaus stand, war nach dessen Zerstörung infolge des orleanischen Erbfolgekrieges im Jahre 1689 ein Neubau errichtet worden, der lange Zeit als Melanchthons Geburtshaus galt. Im Blick auf den 400. Geburtstag Melanchthons im Jahr 1897 suchte Nikolaus Müller in ganz Deutschland, vor allem aber in Baden viele Verbündete, um seinen Plan eines Melanchthon-Gedächtnishauses umsetzen zu können. Mit großem diplomatischen Geschick gelang es ihm, den badischen Landesherrn, Großherzog Friedrich I., für seine Sache zu gewinnen, der später auch das Protektorat für das Melanchthonhaus übernahm. Gleichzeitig gewann Müller Politiker, Kirchenleute und andere Honoratioren für dieses Projekt. Darüber hinaus begann er eine äußerst umfangreiche Sammlungstätigkeit, die Bücher und Handschriften, Gemälde,
Graphiken und Medaillen und überhaupt alles umfasste, was in irgendeiner Beziehung zu Melanchthon und seiner Zeit stand. Diese Sammlung bildet heute den Grundbestand der vielfach erweiterten Sammlung der Bestände des Melanchthonhauses.
Melanchthonstraße Nr. 1
(2003)
Die Brettener Altstadt ist nicht eben arm an sehenswerten baulichen Zeugnissen der Geschichte. Der Pfeiferturm und der Simmelturm der mittelalterlichen Stadtbefestigung sind hier zu nennen, ferner die aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer Burg der Kraichgau-Grafen entstandene Stiftskirche, das aus dem späten 16. Jahrhundert stammende Gerberhaus und die Fachwerkhäuser auf der Marktplatz-Nordseite, die ebenso wie der stattliche „Schweizer Hof" in der Fußgängerzone aus der Wiederaufbauära nach dem Stadtbrand des Jahres 1689 stammen. Demgegenüber nimmt sich das erst zwischen 1897 - dem
400. Geburtstag Philipp Melanchthons - und 1903 in historisierendem Stil errichtete Melanchthon-Gedächtnishaus vergleichsweise jung aus.
Die Stadt Freiburg feiert Reinhold Schneider. Am heutigen Tag wäre er hundert Jahre alt geworden. Freilich, schon der Gedanke, Schneider hätte in Ruhe und Frieden das erreicht, was man ein „gesegnetes Alter" nennt, ist abwegig: zu einem literarischen oder philosophischen Patriarchen von der Art Russells, Julien Greens, Ernst Jüngers oder Gadamers fehlte dem zeitlebens angefochtenen und kränkelnden Mann so gut wie alles. So hatte es wohl seine Richtigkeit - wenn man denn im
Biographischen überhaupt von „Richtigkeiten" sprechen kann-, dass sein Leben bereits in der Mitte des Patriarchenalters abbrach: nach einem Sturz auf der Straße starb Reinhold Schneider am 6. April, dem Ostersonntag des Jahres 1958, im Loretto-Krankenhaus in Freiburg an Gehirnblutungen, noch nicht ganz 55 Jahre alt. Fassungslos standen damals viele
Freiburger - auch ich - vor seinem im Münster aufgebahrten Leichnam.
Eine der ältesten Museumsgründungen in Baden-Württemberg, das traditionsreiche und renommierte Rosgartenmuseum in Konstanz, kann sich nach fast fünfjähriger Sanierungs- und Modernisierungsphase wieder dem Publikum präsentieren. Die langersehnte Wiedereröffnung am 26. September 2003 trifft fast auf den Tag genau das historische Eröffnungsdatum des 24. September 1871. Vor rund 132 Jahren fand die historische Einweihung der prähistorisch sowie kunst- und kulturgeschichtlich geprägten Sammlung, darunter Pfahlbaufunde der Jungstein- und Bronzezeit, städtische Antiquitäten, Waffen, Stempel, Münzen, Siegel, die Chronik des Konstanzer Konzils von Ulrich Richental statt, die durch den Konstanzer Apotheker, Naturwissenschaftler und Ratsherrn Ludwig Leiner (1830-1901) zusammengetragen wurde. Als Ausstellungsraum stellte ihm die Stadt Konstanz das ehemalige Zunfthaus der Metzger, Krämer, Apotheker und Seiler zur Verfügung, das um 1454 aus dem älteren Gebäude „Zum Rosgarten" und dem jüngeren Haus „Zum schwarzen Widder" entstanden war.
Vorbei an den äußeren Stadtteilen von
Freiburg schiebt sich der Schlossberg als Ausläufer der Rosskopfhöhe hart bis an die östliche
Innenstadtkante heran. In der „guten alten
Zeit" am Ende des 19. Jahrhunderts war er ein
Prestigeobjekt der Freiburger Stadtentwicklung. Die im Rathaus konzipierte Kommunalpolitik hatte sich zum Ziel gesetzt, Freiburg als
einen bevorzugten Wohnstandort mit modernem technischem Komfort in landschaftlich
reizvoller Umgebung auszubauen. Die Hänge
über der Stadt, besonders der beherrschende
Schlossberg, wurden mit Fahrstrassen entlangführend an Gasthäusern und Panoramaterrassen erschlossen. Der Schlossbergwald,
die Hanggärten, vor allem der Mez'sche Garten
und die Augustinerreben bildeten die begleitende Kulisse für Droschkenfahrten und
Spaziergänge über der Stadt.
Das ehemalige Benediktinerkloster St. Trudpert südlich Freiburg, eingerahmt im Münstertal von Belchen und Schauinsland,
zählt sicher zu den großen Schwarzwaldklöstern und kann in einer Reihe mit St. Peter und St. Blasien genannt werden. Die legendäre, rätselhafte Gründung der Einsiedelei des ,,lroschotten" (oder „fränkischen Adligen"?) Trudpert wird meistens ins 7. Jahrhundert datiert (erfolgte doch wohl mindestens ein Jahrhundert später); aber sicher gab es ab 1020 eine gut funktionierende Mönchsgemeinde, die nach den Regeln des Benedikt lebte, bis zur Säkularisation, die im Breisgau erst, nachdem er badisch geworden war, von der großherzoglichen Karlsruher Regierung am 20. Januar 1806 „nachgeholt" wurde.
Das Badische Landesmuseum eröffnete am 6. Dezember 2003 im Bruchsaler Schloss das „Deutsche Musikautomaten-Museum". Die Vielzahl der Objekte und die- Dokumentationsbreite der Sammlung unterschiedlichster mechanischer Musikinstrumente ist weltweit unübertroffen. Deshalb wird das bisherige „Museum Mechanischer Musikinstrumente" ab
Dezember 2003 in das „Deutsche Musikautomaten-Museum" umbenannt; es bleibt Außenstelle des Badischen Landesmuseums Karlsruhe.
Ortsnamen, die Namen von Flüssen und Bergen vor allem, führen uns oft zurück in eine alte Vergangenheit. So auch im benachbarten Elsaß], wo - natürlich(?) - unzählige Orte noch immer ihren alten germanischen Namen tragen, wo Flurnamen, die Namen von Feldern, Äckern, Wälder, Hügeln „althergebrachte" Geschichte verständlich machen. Noch im 18. Jahrhundert, als das Elsaß politisch französisch geworden war, blieben die alten Ortsnamen erhalten. Eine seltene Ausnahme: La Petite Pierre für Lützelstein - oder das offiziell geduldete nebeneinander von Namen größerer Städte wie Straßburg und Strasbourg, Zabern und Saverne. Aber alte Straßennamen bleiben auch in Strasbourg erhalten: Ankergass, Spiegelgass ... Vereinzelt tauchen zweisprachige Ladenschilder auf wie in der „Goldschmiedgass" (1739).
Die Vita eines Staatsdieners des 19. Jahrhunderts beansprucht besonders dann gesteigertes Interesse, wenn Kohärenz und Kontinuität der Aktenlage und zugleich autografische Belege den Nachvollzug attraktiv machen. Entsprechend vorliegender persönlicher Erkenntnisse finden Persönlichkeiten der Geschichte des Forstgewerbes zumeist nur marginales Interesse und die Biografien schwimmen unter Daten, Zahlen, Anmerkungen und Statistiken versteckt im ,,Meer der Geschichte". Typisch fanden so die Stationen des Lebens des am 13. 7. 1813 in Wertheim geborenen Georg Christof - ein Sohn des Johann Christof Bach, Handelsmann und Bürger von Wertheim und der Katharina Apollonia Platz - bisher weder in Triberg noch in Wolfach, Ettlingen, Kandern, Gerlachsheim, Langensteinbach, Pforzheim irgendwelche Aufmerksamkeit.
Aus dem zweifachen Anlaß eines Schuljubiläums (Goldenes Abitur 1954/2004) und seines 100. Geburtstags wurde in einer Feierstunde am Bismarck-Gymnasium Karlsruhe an K. J. Fluck erinnert. Er war die längste Zeit seines Lebens Lehrer an dieser Schule, und zwar einer, der die Schule für ihre Schüler unvergeßlich machte wie kaum ein anderer. In seinen letzten neun Jahren (vom 13. Dezember 1959 bis zu seinem Tod am 2. Januar 1969) war er Prälat und Stadtdekan auf St. Stephan.
In Schulen nichts Neues?
(2004)
Als einen „kommenden Mann" hatte Willy Hellpach, badischer Minister für Kultus und Unterricht 1922-24, den Leiter des Goethe-Gymnasiums Karlsruhe Karl Ott bezeichnet, „ein junger, zukunftsträchtiger, von reichen Gesichtern erfüllter Erzieher". In der Tat lohnt auch heute noch eine Begegnung mit Otts Schriften angesichts des neuen Bildungsplans des baden-württembergischen Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport, von dem es im Vorwort heißt, es sei „ein pädagogischer
Meilenstein in der Entwicklung unserer Schulen".
Vor 100 Jahren wurde der Jesuit und Theologe Karl Rahner in Freiburg i. Br. geboren. Seiner Geburtsstadt blieb Rahner, der häufig als der bedeutendste katholische Theologe des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird und dessen umfangreiches und weitgespanntes Werk bis heute die Gestalt der katholischen Theologie prägt, zeitlebens verbunden. Noch kurz vor seinem Tod am 30. März 1984 in Innsbruck erreichte ihn die Nachricht, die Stadt Freiburg habe beschlossen, ihn zum Ehrenbürger zu ernennen. Ein nach ihm benannter Platz im Freiburger Universitätszentrum erinnert heute an diesen großen Sohn der Stadt an der Dreisam. Dennoch lässt sich die Frage, ob Rahner ein „Freiburger Theologe" genannt werden könne, nicht einfach beantworten. Denn Rahners Lebens- und Arbeitsschwerpunkte lagen nicht in Freiburg, sondern in Innsbruck, Wien, Rom, München und Münster. Als der Abiturient im Jahr 1922 seine Heimatstadt verließ, um in Feldkirch in Vorarlberg in das
Noviziat des Jesuitenordens einzutreten, sollte dies ein Abschied für lange Zeit bedeuten. Und abgesehen von seiner Promotionszeit ist Rahner auch nie mehr für längere Zeit nach Freiburg zurückgekehrt. Dennoch haben Freiburg und die Erlebnisse und Erfahrungen seiner Freiburger Zeit Rahners Denken und Wirken zeitlebens begleitet und auch geprägt. Dies lässt sich nicht nur an den Stationen seines Lebenslaufs aufzeigen, sondern auch aus einzelnen Äußerungen des Theologen
entnehmen.
Seit 1909 existiert unser Landesverein Badische Heimat, gegründet kurze Zeit nachdem 1904 in Dresden in einem gesamtdeutschen Verband die Notwendigkeit, die Heimat zu pflegen und zu schützen, nachdrücklich gefordert worden war. Seit Generationen waren/sind nun Tausende aktiv, um den Reichtum in unserer so vielfältig strukturierten Kulturlandschaft zu entdecken und zu propagieren und ihr Wissen in politischen Programmen und Aktivitäten umzusetzen. Kultur wollen wir dabei auch zukünftig ganz bewusst sehr weit fassen als sehr komplexes Ganzes - eine Summe von Erfahrungen, Mannigfaltigkeit von Kenntnissen und Fertigkeiten, eine Vielfalt von ästhetischer Qualität und wandelbarem Kulturverständnis, ein Vielerlei von Kunstwerken, Bräuchen und Sitten, wie sie sich in unserer Heimat entwickelt haben und wie sie unser aller Leben bereichern und verfeinern können. Wir stehen zu vielen dieser Traditionen mit ihren geistigen und religiösen Wurzeln in unserer Heimat, die ja zumeist wesentlich im Rahmen der europäischen Kulturgeschichte geprägt sind. In der Kulturlobby - dieser Ausdruck sei mir gestattet - also in der Interessenvertretung aller künstlerischen Kräfte in Literatur, Theater, Musik, aller Formen der Bildenden Kunst usw. sehen wir deshalb unsere besondere, vornehme Aufgabe. Es geht um die Unterstützung für Archive und Museen (die aber dem interessierten Publikum viel leichter zugänglich sein müssen!); unser Engagement gilt der Denkmalpflege; unsere Stimme muss deutlich bleiben bei der Diskussion und Deutung geschichtlicher Vorgänge bzw. historischer Persönlichkeiten; wichtig ist uns der Erfahrungsaustausch über Vereinsgrenzen und politische Hürden hinweg. Es gibt viel zu tun, das Füllhorn unserer Möglichkeiten ist groß. Wir wollen hier verzichten auf lange Listen, auf eine umfassende Darstellung unserer Arbeitsbereiche; aber wir wollen nicht verzichten auf dieses Profil, Anpassung gilt nicht. Wir sagen laut und verständlich, woran wir glauben und wie wir unser Tun in Freiheit und Verantwortung begründen, selbstbewusst und hoffnungsvoll.
Dass Schwetzingen heute eine gute Adresse für Jung und Alt ist, für viele sogar „Kult", ich denke da an den Schlossplatz als Treffpunkt der Jugend auch aus gehobenen Kreisen, dass Schwetzingen auch eine gute Wohnadresse darstellt, eine Stadt mit hohem Kultur- und Freizeitwert, ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer intensiven und kontinuierlichen Auseinandersetzung mit einer aktiven und gestaltenden Stadtentwicklung und Stadtplanung. Natürlich haben wir das besondere Glück, ein schönes Schloss und einen noch schöneren Schlossgarten zu besitzen, was nicht nur im Ländle, sondern auch in der ganzen Republik Aufmerksamkeit genießt und jährlich rd. 500 000 Besucher in die Stadt bringt. Dieses geschenkte, historische Erbe - auf das wir stolz sind - gilt es nachhaltig zu bewahren. Doch keinesfalls dürfen romantische Verklärung und Nostalgie den Blick auf die heutigen und künftigen Anforderungen und die wesentlichen Bedürfnisse der Bürgerschaft versperren. Wir dürfen also nicht im Status quo verharren und ausruhen, sondern müssen unsere Stärken weiter ausbauen.
Vom Winde verweht
(2004)
Aufgrund einer Klimaerwärmung am Ende der letzten Eiszeit begann das Aussterben der typischen kaltzeitlichen Großsäuger wie Mammut, Wollnashorn, Höhlenbär und Riesenhirsch, von deren Existenz heute nur noch Fossilien von Fundorten am Neckar und in der Oberrheinebene künden. Neben Endmoränen von Gletschern, die vor allem im Alpenraum und im norddeutschen Flachland vorhanden sind und Gletscherseen wie dem Bodensee, sind vor allem die im wahrsten Sinne des
Wortes „herausragenden" Sandaufwehungen der Dünen höchst lebendige Zeugen der nacheiszeitlichen Klimaverhältnisse in unserer Landschaft.
Im 18. und 19. Jahrhundert waren Ehrentänze bei Hochzeiten nicht wegzudenken. Diese Tänze waren immer mit der Zahl 3 verbunden. Ein Ehrentanz war entweder ein Tanz, der 3 Touren hatte oder er bestand aus 3 unterschiedlichen Tänzen. Zu Beginn einer Hochzeit standen die Ehrentänze zuerst dem Brautpaar und anschließend der näheren Verwandtschaft zu. Interessanterweise wurde zuerst mit den beiden Brautführern, der Ehrenjungfrau und der Gelbfrau, die Patin der Braut, getanzt. Darauf folgten die Ehrentänze der „Hochzeitsgesellen" und der Brautjungfern. Ehrentänze für Paare aus der Hochzeitsgesellschaft wurden meist von den Musikern ausgerufen, z. B. „Ehrentanz für Herrn XYZ". Diese durften nicht abgelehnt werden. Weitere Ehrentänze waren auch solche, die Tänzer besonders für sich und ihre Tänzerinnen gegen Bezahlung ausrufen ließen. Im Erfassungsbogen zur badischen Volkskunde von 1894/95 aus Rickenbach wird noch ermerkt, daß vor dem zweitletzten Tanz der Braut der Kranz vom Kopfe gelöst wurde, was für gewöhnlich eine Rührszene veranlaßte. Doch bald spielte die Musik einen Tanz und die Umstehenden sangen: „s' Kränzle ab, s' Hübele (Haube) uf, jetzt sind die
schönen Tage us! "
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde das Schwarzwälder Benediktinerkloster St. Blasien mehrfach von aufständischen Bauern angegriffen. Die um ihr Recht und um Freiheit kämpfenden Männer haben die Gebäude der Mönche in Brand gesetzt, das wertvolle Mobiliar und ein Teil der Sammlungen, wie die Bibliothek, zerstört. Auch wütete zu jener Zeit im Schwarzwald die Pest, viele Menschen dieser Region sind an dieser ansteckenden Krankheit gestorben. Unter den Opfern waren einige Klosterangehörige. In dieser schweren Zeit hat das Konvent den bisherigen Großkeller Pater Caspar Müller zum Klostervorsteher gewählt und dem noch jungen Angehörigen der Gemeinschaft ein große Verantwortung auferlegt.
Tiengen feiert jedes Jahr am ersten Sonntag im Juli sein großes Heimatfest, den „Schwyzertag", und erinnert sich dabei an die Rettung der Stadt aus großer Not im Jahre 1415. Im Festgottesdienstes des diesjährigen Schwyzertages, am 7. Juli 2002, wurde durch den Erzbischöflichen Oberrechtsdirektor Dr. Bernd Mathias Kremer die silberne Herzkapsel des letzten
Landgrafen von Sulz feierlich der Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt übergeben. Zuvor befand sich die Kapsel in der Sammlung des Erzbischöflichen Archivs in Freiburg. Die Übergabe erfolgte an dem Ort, an dem der Leichnam des Grafen einst beigesetzt worden war. Die nun folgende Darstellung gibt einen Einblick in das Leben des letzten Sulzer Landgrafen und besonders in die Geschichte der Herzkapsel.
Die in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, wahrscheinlich 1567, erbaute Friedhofskapelle in Tiengen birgt heute noch zehn Grabplatten. An den Außenwänden der Kapelle befinden sich acht Grabplatten, jeweils vier an der Eingangsseite im Westen und vier an der Südseite. Die in Sandstein gehauenen Platten haben in den letzten Jahren stark gelitten. Witterungs- und Umwelteinflüsse tragen zu dem sich beschleunigenden Zerfall bei. Nur bei wenigen Epitaphien ist die Inschrift noch gut zu lesen, bei dreien ist nur noch der obere Teil mit den Wappen vorhanden. Aufzeichnungen des Tiengener Stadtpfarrers Andreas Schill vor 100 Jahren sowie frühere Veröffentlichungen von Walter Weißenberger, Hans Matt-Willmatt und Heinz
Voellner helfen mit, Wissenswertes über diese Denkmäler festzuhalten.
1612 erwarbt das Kloster St. Blasien das Herrschaftsgebiet Bonndorf. Um über die neuen Gebiete seine ganze Macht entfalten zu können, setzte der Abt im damaligen „Flecken" Bonndorf eine zusätzliche, amtliche Außenverwaltung ein. Bald entwickelte sich zwischen St. Blasien und Bonndorf, die einen beschwerlichen Tagesmarsch auseinander lagen, ein reger Verkehr. Um für Mensch und Tier auf der langen Reise eine Verpflegungsmöglichkeit zu schaffen, sann man im Kloster über eine geeignete Stelle für eine Unterkunft nach, etwa in gleicher Distanz von beiden Orten.
Zur Sonderausstellung im Franziskanermuseum in Villingen-Schwenningen "Schwarzwälder Geigenbau" (16.5. bis 18.7.2004) war auch ein Beitrag über die Geigenbauer des Hochschwarzwaldes erwünscht, der die bis dahin vorliegenden Kenntnisse verwerten sollte. Wie sich nach einer Sichtung des in der Geigenmacher-Fachliteratur und in orts- und heimatgeschichtlichen Arbeiten vorhandenen Materials bald herausstellte, ließ sich damit eine auch bescheidensten Ansprüchen genügende Abhandlung zum Thema nicht zustande bringen. Zu widersprüchlich, unvollständig und oft unzutreffend waren dort die enthaltenen Aussagen. Deshalb wurden zu bereits vorhandenen eigenen neuen Belegen
und Hinweisen zur Familiengeschichte und Genealogie, hauptsächlich der Geigenmacher-Sippe Straub, umfangreiche Nachforschungen in pfarr- und anderen Archiven notwendig. Daraus ließ sich dann eine Darstellung erarbeiten in welcher die aus den Quellen nachweisbaren Erkenntnisse über Herkunft, Lebensdaten, Aufenthaltsorte und Geigenmacher-Nachweise der in diesem Zeitraum insgesamt erfassbaren dreißig Geigenmacher im Hochschwarzwaldgebiet belegt und dargestellt werden konnten.
Wie Menschen unterschiedlicher Herkunft unter denselben Wertvorstellungen und Zeitbedingungen sich in ihren Lebensläufen annähern können, soll in dieser Studie gezeigt werden. Beide Männer, der schwäbische Ritter Joseph von Laßberg (1770-1855) und der westfälische Freiherr Werner von Haxthausen (1780- 1842) haben in ihrer Zeit eine nicht unbedeutende Rolle gespielt, so daß die Nachwelt sich ihrer erinnern sollte, wenn es auch das menschliche Schicksal ist, daß alles nach und nach der Vergessenheit anheimfällt. In ihrem Wirken weisen beide eine Übereinstimmung auf, die nicht immer zufällig ist, sondern durch Aktivitäten, Bestrebungen aus gemeinsamer Wurzel, auch da, wo die beiden getrennt sind, zustande kommt. Daher der Plutarchische Titel. Wie der antike Geschichtsschreiber Plutarch jeweils einen Römer einem Griechen, also beispielsweise Caesar dem großen Alexander gegenüberstellt, so soll es hier mit dem Donaueschinger und dem westfälischen Freiherrn geschehen. Der Unterschied gegenüber Plutarch ist freilich der, daß sie sich gekannt haben.
August Bartholdi
(2004)
Wer kennt nicht die Freiheitsstatue an der Hafeneinfahrt von New York? Jenes 46 Meter hohe Standbild, einer antiken Göttin gleichend, mit der Fackel in der hoch aufgereckten rechten Hand versinnbildlicht nach der Idee seines Schöpfers das Licht der Freiheit, welches die Welt erleuchtet (La Liberte eclairant le monde). Wer war jener August Bartholdi, der dieses
Monument geschaffen hat? Wie kam er zu seinem Kunstwerk und warum feiert die Stadt Colmar im Elsaß im Jahre 2004 sein Andenken?
Am Stephanstag 2004 kann die Katholische Kirchengemeinde St. Stephan, Karlsruhe, auf den 190. Kirchweihtag zurückblicken. Damals, am 26. Dezember 1814, war es ein großer Freudentag für die noch kleine katholische Gemeinde in der Residenzstadt, in ihre nun vollendete Hauptkirche einzuziehen. Am Namenstag der Großherzogin Stephanie konnte im Auftrag des Mainzer Erzbischofs dessen Weihbischof, Herr von Kobern, die neue Kirche zu Ehren des heiligen Stephanus einweihen. Eingezogen ist die Gemeinde in einen großartigen Kirchenbau von Friedrich Weinbrenner. Als Zentralraum mit seiner über 30 Meter freigespannten Kuppel und vier Kreuzarmen hat er sich bis heute als wahrer Glücksfall vor allem für die Feier auch festlicher Gottesdienste bestätigt. Mit seiner imposanten Monumentalität, vom Stadtbild nicht mehr
wegzudenken, hat sich der Gesamtbau und vor allem der Innenraum als anpassungsfähig auch an das heutige Liturgieverständnis der Gemeinde erwiesen.
Napoléon und das Völkerrecht
(2004)
Der Geist der Kritik beherrschte schon lange die französische Gesellschaft, 1789 kulminieren alle Forderungen nach Veränderung in den Schlagworten Gleichheit und Freiheit. Die ersten evolutionären Entwicklungen bringen freilich keine Stabilität, es kommt konsequent zur totalen Umwälzung; der „salut public", das „öffentliche Wohl" wird mit der Guillotine erzwungen, der „Wohlfahrtsausschuss" bekennt sich zum „Schrecken" - terreur - als Regierungsinstrument; bis am 19. Thermidor (28. Juli 1795) der Diktator Maximilian Robespierre selbst hingerichtet wird, das „Direktorium" innenpolitisch
eine Beruhigung erwirkt. Gleichzeitig beginnt freilich der Angriff französischer Truppen auf italienische, Schweizer, badisch-vorderösterreichische Gebiete, auf Belgien am 15. August. Die eroberten Gebiete lassen die alte Theorie von den „natürlichen Grenzen" zur Realität werden. Der Name eines Eroberers wird dabei immer lauter genannt: Napoleon Bonaparte, 1769 in Ajaccio/Korsika geboren.
Stadt - Archiv - Geschichte
(2004)
Die Geschichte eines Stadtarchivs ist in der Regel eng mit der Geschichte derjenigen Kommune verbunden, deren Archivgut es verwaltet. Mag die Beschäftigung mit Archivgeschichte auf den ersten Blick lediglich als eine etwas abseitige Vorliebe historisch interessierter Archivare erscheinen, so ergibt sich doch bei genauerer Betrachtung, daß Stadt- und Archivgeschichte nicht zu trennen sind. Darauf will die gewiß zunächst befremdliche. Hauptüberschrift hinweisen. Dieser enge Zusammenhang von Stadt und Archiv wurde beispielsweise immer dann besonders offenbar, wenn Kriegsereignisse
nicht allein zu Zerstörungen im Stadtbild, sondern auch zu Archivalienverlusten führten. Deshalb ist jeder, der sich vornimmt, zu kommunalgeschichtlichen Fragestellungen zu forschen, gut beraten, sich vor dem Beginn seiner Recherchen mit dem Schicksal des jeweiligen Archivs zu beschäftigen. Der folgende chronologisch angelegte Überblick über die Entwicklung des Pforzheimer Archivs im Kontext der allgemeinen Stadtgeschichte soll das verdeutlichen.
Mit seinem nun in zwei Bänden vorliegenden Werk über die um 1800 getroffenen Maßnahmen zur Stadterweiterung von Karlsruhe hat Gottfried Leiber einen wichtigen Beitrag zur Weinbrennerforschung geliefert. Allen, die sich so gewissenhaft wie er mit dem Werk des klassizistischen Architekten beschäftigen, will sagen, es aus den Quellen aufzuarbeiten suchen, gebührt Respekt; denn sich auf Weinbrenner einzulassen, erfordert Mut und Ausdauer. Zu verwoben sind die werkimmanenten Zusammenhänge, als daß sie auf Anhieb ein sicheres Urteil erlauben.
Besucher der österreichischen Hauptstadt Wien werden immer wieder mit der Geschichte der legendären Kaiserin Sisi konfrontiert. Sisi wurde zu einem besonderen Symbol, gar zu einem Aushängeschild für die Stadt. Über das Leben der österreichischen Kaiserin wurden Filme gedreht, es gibt viele Publikationen über ihr Leben, in vielen Ausstellungen werden
Bilder der berühmten Frau gezeigt, ja es gibt sogar ein Musical über das Leben der legendären Sisi. Prospekte, Bildbände und
Zeitschriften zeigen noch über hundert Jahre nach ihrem Tod auf den Titelseiten Bilder der schönen Kaiserin. Das bekannteste und beliebteste dieser Gemälde ist das mit dem Titel „Kaiserin Elisabeth im Sternenkleid". Es zeigt Sisi in einem langen weißen Kleid, das mit Sternen besetzt ist, auch ihre langen Haare sind mit silbernen Sternen geschmückt. Der Schöpfer dieses Gemäldes war der weltberühmte Künstler Franz Xaver Winterhalter, er wird als der bedeutendste Fürstenmaler Europas im 19. Jahrhundert bezeichnet. In den großen Galerien der Weltstädte, in Schlössern und Kunstsammlungen sind seine Werke ausgestellt. In der einschlägigen Literatur werden Franz Xaver Winterhalter und sein nicht ganz so berühmten Bruder Hermann Fidel angeführt.