Filtern
Erscheinungsjahr
- 2014 (242) (entfernen)
Dokumenttyp
- Wissenschaftlicher Artikel (221)
- Ausgabe (Heft) zu einer Zeitschrift (11)
- Buch (Monographie) (7)
- Preprint (3)
Gehört zur Bibliographie
- nein (242)
Schlagworte
- Weltkrieg 〈1914-1918〉 (34)
- Art (20)
- Geschichte (17)
- Heidelberg (15)
- Wanzen (11)
- Zeitschrift (11)
- Karlsruhe (10)
- Villingen-Schwenningen-Villingen (9)
- Villingen im Schwarzwald (8)
- Bestimmung (7)
Josef Mengele in Freiburg? Folgt man den 2007 veröffentlichten Erinnerungen des Freiburger
Alt-Oberbürgermeisters Dr. Rolf Böhme, so glaubte dieser zunächst noch an einen „Irrtum" oder
gar „schlechten Scherz", als ihn am Samstag, dem 1. Juni 1985 ein Journalist der Washington
Post anrief und ihn unvermittelt auf den seit Jahrzehnten weltweit gesuchten NS-Verbrecher und
als „Todesarzt" von Auschwitz berüchtigten SS-Hauptsturmführer Josef Mengele ansprach: ,,Do
you know Mengele?"' Ob er denn wisse, dass dieser sich „in der Nazizeit in Freiburg aufgehalten
hatte, hier verheiratet gewesen sei und seine Verwandten heute noch hier leben würden"? Böhme
musste dem Journalisten wie sich selbst damals eingestehen, dass er von einem biografischen
Bezug Mengeles zu Freiburg keinerlei Kenntnis gehabt hatte. Einigermaßen konsterniert habe
er dem Journalisten am Telefon noch das Versprechen gegeben, sich über diese Angelegenheit
zu informieren. Bereits am selben Abend hätten sich allerdings bei einem Treffen mit Freiburger
Gemeinderatsmitgliedern eine „altgediente Stadträtin" und einer ihrer Amtskollegen als unerwartet informierte Zeitzeugen erwiesen und inoffiziell bestätigt, was offenbar nicht nur dem
US-Journalisten längst bekannt gewesen war:
Seit Karl Siegfried Bader vor nunmehr 78 Jahren seinen Aufsatz „Kürnburg, Zindelstein und
Warenburg. Stützpunkte der Zähringerherrschaft über Baar und Schwarzwald" im Schau-insLand veröffentlichte, sind einige Burgen in der Baar bzw. im östlichen Schwarzwald eine feste
Größe. Als Stützpunkte zähringischer Macht und zur Sicherung und Kontrolle der Verkehrswege zwischen dem Breisgau und der Baar wurden besonders Zindelstein im Bregtal, die Warenburg bei Villingen und die Kirnburg (Kürnberg) am Kirnbergsee bei Unterbränd (Stadt Bräunlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis) herausgestellt. Bader hatte dabei die Beherrschung
des Schwarzwaldes mit der dadurch ermöglichten Verbindung der Territorien auf der Baar und
am Neckar mit dem Breisgau unterstrichen. Im Lichte neuerer Forschungen ist jedoch kritisch
anzumerken, dass womöglich die Unwegsamkeit des Schwarzwalds dabei zu sehr betont wurde.
Inzwischen wurde eine Vielzahl alter Wege erkannt, von denen die Verbindung über Wagensteigtal und Thurner, nördlich am späteren Neustadt vorbei, über Eisenbach-Höchst in Richtung
Hüfingen wohl als Römerstraße oder römischer Verkehrsweg anzusprechen ist.
Was die Entstehung Endingens anbetrifft, hat sich die Vorstellung durchgesetzt, dass auf der heutigen
Gemarkung drei alemannische und dann früh-mittelalterliche Siedlungen nebeneinander
bestanden haben. So steht es gleich mehrfach in der offiziellen Stadtgeschichte und im Archäologischen
Stadtkataster, ebenso in den Kreisbeschreibungen, so übernimmt es Michael Hoeper
in sein grundlegendes Werk zur alemannischen Besiedlungsgeschichte des Breisgaus und so
vertrat es zuletzt Heinz Krieg in seinem Jubiläumsvortrag.
Alte Friedhöfe seien, so sagt man, zu Stein gewordene Archive und die Grabmale die Archivalien.
Das gilt vor allem für die jüdischen Friedhöfe. Zum einen lässt sich an der Form ihrer Grabsteine,
der Schmuckelemente, der Gestaltung der Inschriften und der verwendeten Materialien ein
Wandel des Traditionellen ablesen. Dieser ist insbesondere durch die zunehmende Emanzipation,
verbunden mit der Übernahme bürgerlicher Stilelemente des nicht-jüdischen Umfelds, eingetreten und soll in den folgenden Kapiteln zum Ausdruck gebracht werden.
Zum anderen bilden die Grabinschriften wichtige und oft die einzigen Dokumente genealogischer Zusammenhänge. Erbliche Zunamen waren vor 1809 bei Juden in Baden noch nicht
die Regel. Männer und Frauen trugen der rituellen Tradition nach die Namen, die ihnen bei
der Beschneidung, beziehungsweise den Mädchen beim „Hollekreisch" gegeben wurden. Bei
Männern und unverheirateten Frauen wurden sie mit dem Vatersnamen (,,bar" = Sohn des, ,,bath"
=Tochter des), bei verheirateten Frauen mit dem des Ehemannes (eschet = Frau des) verbunden.
Diese Kombination wurde dann so auf dem Grabstein angegeben. Einen weiteren Namenszusatz
gab es nur dann, wenn der Verstorbene der Familie der Leviten, also der Tempeldiener (,,ha-Levi"
oder „Segal") oder der Priester (ha-Kohen) des alten Tempels angehörte.
Als vor ziemlich genau einem Jahrhundert die neue Kirche in Ehrenstetten fertig war und offiziell in Gebrauch genommen werden konnte, war dies für die katholische Bevölkerung ein Anlass
zur Freude. Die kommunal politisch Verantwortlichen sahen dies genauso und griffen tief in ihre
Schatullen. Die „Freiburger Zeitung" berichtete in ihrer dritten Morgenausgabe vom 16. Oktober
1912 in einer kurzen Notiz über die Konsekration, die am Sonntag, dem 13. Oktober stattgefunden hatte:
„Das 18. Jahrhundert: Die Zeit der Deserteure", so lautet der Titel eines Aufsatzes, den der
Historiker Michael Sikora zu einem Sammelband beisteuerte, für den er auch als Mitherausgeber
fungierte .
Es sind die letzten Jahre dieses Jahrhunderts und der Übergang ins 19. Jahrhundert,
denen sich der vorliegende Aufsatz im Hinblick auf die Militärflüchtigen widmet. Es ist zu vermuten, dass sich die Zeit der Deserteure ins 19. Jahrhundert hinein verlängerte, zumindest bis
zum Ende der sogenannten „Koalitionskriege" im Jahr 1815.
Der Auslöser zur Beschäftigung mit dem Thema war, dass mir bei der Lektüre der mittlerweile von der Freiburger Universitätsbibliothek digitalisierten und ins Netz gestellten Ausgaben der
Freiburger Zeitung und ihrer Vorläufer die häufigen Suchanzeigen verschiedener Behörden auffielen. Ich begann, die gesuchten Personen mit allen abgedruckten Angaben in einer Datenbank zu
erfassen - zunächst von der ersten digitalisierten Ausgabe von 1784 bis einschließlich des Jahres
1820. Auf diese Weise kamen über 9.000 Menschen zusammen. Das umfangreiche Material sollte nun auf sinnvolle Weise ausgewertet werden. Auffallend war, dass etwa zwei Drittel der erfassten Personen zu den sogenannten „böslich Ausgetretenen" zählten, das heißt, diese Leute hatten
aus verschiedenen Gründen das Land ohne behördliche Erlaubnis verlassen. Von dieser Gruppe
wiederum interessieren für diese Studie nur diejenigen jungen Männer, welche sich explizit oder
höchstwahrscheinlich wegen drohendem oder aktuellem Kriegs- bzw. Militärdienst in Sicherheit
brachten. Das war in der Regel das meist recht nahe liegende Ausland.
Betrachtet man die Geschichte des Breisgau-Geschichtsvereins „Schau-ins-Land" in der NS-Zeit, kommt man nicht umhin, auch die Geschichte der Gesellschaft für Beförderung der
Geschichtskunde - oder kurz Freiburger Geschichtsverein - zu behandeln. Denn traditionell wird
der heutige Verein als die Vereinigung des Breisgauvereins „Schau-ins-Land" mit der Gesellschaft
für Beförderung der Geschichtskunde gesehen. Die Umstände der Fusion lassen sich jedoch,
auch nach Durchsicht aller Unterlagen in den Vereinsnachlässen im Stadtarchiv Freiburg, nicht
vollständig klären. Es ist kein Dokument zu finden, welches den gewollten Zusammenschluss
beider Vereine belegt. So bleiben nur die Aussagen der Zeitzeugen Karl Siegfried Bader und
Berent Schwineköper, die von der Vereinigung berichten. Es steht anhand der Vereinsunterlagen
unzweifelhaft fest, dass sich 1947 zunächst nur der Breisgauverein „Schau-ins-Land" neu gründete. Die frühesten Schriftstücke mit dem heutigen Vereinsnamen Breisgau-Geschichtsverein
„Schau-ins-Land" datieren übrigens erst aus dem Jahr 1953. Unter den Mitgliedern 1947 waren
Namen vertreten, die auch in den Mitgliederlisten des Historischen Vereins zu finden sind, sodass
man von einer personellen Union sprechen kann.
Der Ingenieur Max Buhle, einer der Planer des Freiburger Kanalisation, schrieb 1898 rückblickend
über die hiesige Abwasserentsorgung: ,,Die Bachläufe, welche Freiburg in großer Zahl durchschneiden, dienten ehemals zugleich der Ableitung des Regenwassers und häuslicher Abwasser.
Wo solche Wasserläufe fehlten, hatte man Senkgruben angelegt, durch welche die Flüssigkeiten
dem in Freiburg fast überall durchlässigen Untergrunde zugeführt wurden. Aborte mündeten
im Allgemeinen in Gruben, bei den an den Gewerbebächen belegenen[!] Häusern zum Theil
in die Bäche selbst." Die offenen „Bächle" und Kanäle dienten also vor allem der Abführung
des Regen- und Brauchwassers, während Fäkalien fast ausschließlich, nach Zwischenlagerung
in Abtrittgruben, auf dem „Landweg" entsorgt wurden. Lange Zeit waren diese Gruben aus
durchlässigem Trockenmauerwerk gebaut, sodass die flüssigen Inhaltsstoffe versickerten und
nur die festen Rückstände in Abständen von mehreren Jahren oder gar Jahrzehnten ausgehoben und abgeführt wurden. Da in Freiburg aufgrund des sehr tiefen Grundwasserspiegels die
Wasserversorgung nicht durch Tiefbrunnen, sondern durch Wasserleitungen aus dem „Mösle"
erfolgte, musste auf die zwangsläufige Verseuchung des Untergrunds durch die versickernden
Fäkalstoffe keine Rücksicht genommen werden. Jedoch wurden wohl spätestens mit dem rapiden Anwachsen der Stadt im 19. Jahrhundert undurchlässige Gruben mit Zementverputz polizeilich vorgeschrieben. Trotzdem war in den 1870er-Jahren nur etwa ein Viertel der Gruben
zementiert, vor allem solche in den neueren Baugebieten.
Der Staat des Großherzogtums Baden erlebte nach den Jahren der Repression und der militärischen Besetzung durch Preußen infolge der gescheiterten Revolution von 1848 eine politische und wirtschaftliche Phase der Liberalisierung und Öffnung auf allen gesellschaftlichen Feldern. Besonders die Jahre von 1860 bis 1866 standen im Zeichen der Politik einer neuen Ära. In
seiner Osterproklamation vom 7. April 1860 kündigte Großherzog Friedrich ein Reformprogramm an. Fünf neue Gesetze regelten das Verhältnis von Staat und Kirche. Ein neu errichtetes Handelsministerium arbeitete ein Gewerbegesetz aus, und die
badische Regierung verabschiedete 1864 eine Verwaltungsreform. Weitere Reformen brachten eine neue vorbildliche Gerichtsverfassung, die Einrichtung eines Verwaltungsgerichtshofs, ein Gleichberechtigungsgesetz für die jüdische Bevölkerung sowie die Aufhebung des Zunftzwangs. Es wurde der Weg freigemacht für einen allgemeinen, vor allem aber auch wirtschaftlichen Aufschwung. Eine große Rolle spielten dabei die neuen Gewerbevereine und ihre Vorschußkassen.
In der Frühzeit der Fotografie verbreitete sich die neue Technik zunächst in den Städten. Für die Ortenau richtungsweisend
waren Straßburg und Baden-Baden, wo seit 1840/41 Fotografen nachweisbar sind. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts arbeiteten neben den städtischen Atelierfotografen häufig Wanderfotografen, die das neue Medium verbreiteten. Unter ihnen waren oft Portraitmaler und Lithografen, die auf die neue Technik des Fotografierens umgeschult hatten, wie die Anzeigen erkennen lassen. Diese Fotografen zogen durch Städte und über Land, wo sie für eine kurze Zeit - und wenn es sich lohnte
auch einige Tage oder Wochen länger - in Gasthäusern oder angemieteten Räumen logierten und dann weiterzogen. Ab
den 1870er Jahren machten sie auch auf Volksfesten Fotografier-Buden auf, oft genug reichten auch ein Zelt und gemalte
Hintergründe für ihre Arbeit. Ihre Dienste machten sie durch Zeitungsanzeigen, Plakate, Handzettel oder Ausruf durch den
Ortsbüttel bekannt.
Die Gemeinde Nordrach mit ihren etwa 2000 Einwohnern erstreckt sich in einem langen, verzweigten Tal. Die Bauernhöfe
liegen teilweise weit entfernt vom Dorfkern an den Berghängen. Drei bis vier Kilometer von der Dorfmitte in östlicher
Richtung liegt der Stollengrundhof. Der Weg zu ihm führt steil hoch durch den Wald. Zur Zeit des Nationalsozialismus lebte
auf dem Stollengrundhof die Bauerfamilie Birk. Georg Birk, der Bauer, starb 1938 an Multipler Sklerose. Seine Frau Franziska
Birk, geb. Pfundstein, und er hatten fünf Kinder, einen Sohn und vier Töchter.
Ettenheimer Gärten, Teil 3-6
(2014)
Ein Vergleich in Sachen „Bildung" über 500 Jahre hinweg ist riskant. Zumal niemand so recht weiß, was das eigentlich ist:
Bildung. Aber der Wunsch, sie zu besitzen, ist weit verbreitet, wenn nicht gar selbstverständlich. Die Stadt Offenburg weist in
ihrer Internet-Präsentation den Schulen und Bildungseinrichtungen einen hohen Stellenwert zu: ,,Offenburg hat als Herz
und Zentrum der Ortenau auch eine zentrale Funktion im Bildungsbereich." In einer Übersicht listet sie sieben Grundschulen, sieben Grund- und Werkrealschulen und vier Realschulen auf, dazu vier Gymnasien, sechs berufliche Schulen, sieben Sonderschulen, eine Kunstschule, eine Musikschule und eine Hochschule für Technik, Wirtschaft und Medien. Die Liste ist beeindruckend, deckt sie doch das gesamte deutsche Schulsystem in seiner Vielfalt ab: Eine grundlegende gesellschaftliche Offerte im Bereich von Erziehung und Unterricht!
Abnoba
(2014)
Durch die Ausgrabungen der Archäologischen Denkmalpflege (Regierungspräsidium Freiburg) in Offenburg und Gengenbach
sowie durch die Meldung des römischen Inschriftsteins von Offenburg-Bühl durch Dr. Gernot Kreutz wurden in den letzten Jahren bemerkenswerte Ergebnisse zur Besiedlung des Kinzigtals und besonders seines unmittelbaren Vorlandes gewonnen. Hinzu kommen die Resultate neuerer Geländebegehungen des Verfasser im Kinzigtal selbst; sie beleuchten die frühen
Siedlungsphasen vor den ersten urkundlichen Nennungen der Klöster, Burgen, Ortschaften und Städte.
Wir sind hier in Hornberg, und damit am rechten Ort: an einem literarischen. Bruno von Hornberg, der im 13. Jahrhundert auf der Burg über der Stadt saß, hat ihren Namen zusammen mit seinem eigenen in die Literaturgeschichte eingeführt. Und er, der Minnesänger, der vier Lieder hinterließ, hat das, was Minne meinte, auf unvergleichliche Weise in Worte gefasst.
Es gibt heute wohl kaum eine Stadt oder Ortschaft, in der sich kein Denkmal, Gedenkstein oder sonstiges Mahnmal befindet,
das an die Toten des Ersten Weltkriegs erinnert. Solche Denkmäler gehören heute vielerorts zum prägenden Stadt- und Ortsbild und sind wichtige Zeugnisse der Ortsgeschichte. Da diemeisten Gefallenen fern der Heimat beigesetzt waren, fanden
die Angehörigen hier einen Ort der Trauer und Erinnerung an einen lieben Verwandten.
Nach vier harten und unter großen Verlusten durchgestandenen Kriegsjahren war das Deutsche Reich im August 1918 am
Ende. Das Volk war erschöpft und kriegsmüde. Die militärische Lage wurde immer aussichtsloser. Als dann auch noch
Ende September die Verbündeten zusammenbrachen und um Frieden baten, beschloss die deutsche Heeresleitung, die Alliierten ebenfalls um einen Waffenstillstand zu ersuchen. Die militärische Führung hatte damit eingeräumt, dass der Krieg
nicht mehr zu gewinnen war. Die Reichsregierung unter Prinz Max von Baden richtete am 4. Oktober ein entsprechendes
Waffenstillstandsgesuch an den amerikanischen Präsidenten Wilson. Am 5. November waren die Alliierten schließlich zu
Waffenstillstandsverhandlungen bereit.
Nach mehreren vergeblichen Anläufen war es endlich soweit. Am 30. September 1896 kam aus Karlsruhe die erlösende Nachricht, dass Offenburg Garnisonstadt werde. Der preußische Kriegsminister hatte nach mehreren abschlägigen Bescheiden
auf die Anträge des Stadtrats jetzt der Stationierung von Soldaten zugestimmt. Allerdings musste die Stadt das Gelände zur
Verfügung stellen und entgegen ursprünglichen Abmachungen auch die Baukosten selbst tragen. Das kostete die Stadt über
zwei Millionen Mark. Aber das war ihr die Sache wert. Nach nur fünfzehnmonatiger Bauzeit war die Kaserne bezugsfertig,
und schon am 30. September 1898 konnte der festliche Einzug der Soldaten erfolgen. Was aber hatte Offenburg mit dem preußischen Kriegsministerium zu tun? Gemäß der mit Preußen geschlossenen Militärkonvention vom 25. November 1870 verzichtete das Großherzogtum auf seine Militärhoheit. Aus badischen Regimentern wurden nun königlich-preußische.
Mein Vater Max Jörger wurde am 2. Januar 1894 in Achern geboren. Er hat als junger Mann von November 1914 bis April
1918 sowohl an der Ostfront als auch danach an der Westfront als Sanitätssoldat gedient. Er ist zwei Mal leicht verletzt worden, am 16. März 1915 im heutigen Polen und am 9. Dezember 1916 in der Champagne. Am 27. April 1918 wurde sein linker Oberschenkel in Lothringen durchschossen. Nun war er schwer verwundet und nicht mehr kriegstauglich. Sein linkes
Bein wurde mehrfach operiert. Das Ergebnis aller ärztlichen Bemühungen war ein versteiftes Fuß- und Kniegelenk und ein
um 13 Zentimeter verkürztes Bein. Aber immerhin wurde ihm im Acherner Krankenhaus das linke Bein erhalten und die lange erwogene Amputation erspart.
Bei Betreten des Friedhofes von Windschläg stößt der Besucher in der Mitte der Anlage, nahe dem Friedhofskreuz, auf ein bemerkenswertes, markantes Kleindenkmal: ein Bildhäuschen, dass an den im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten Andreas
Kaufmann erinnert. So mancher Betrachter, der nachdenklich die Zeilen der Grabinschrift gelesen hatte, mag sich wohl gefragt haben: wer war diese Person, die auf einem Schlachtfeld des Ersten Weltkrieges ihr Leben verlor und so jung sterben musste?
Von den Denkmälern im öffentlichen Raum und den in einigen Familien noch aufbewahrten Andenken abgesehen, sind nach einem Jahrhundert die Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg verblasst. Wie man den damals in eine lange Friedenszeit
einbrechenden Krieg „in der Heimat" erlebte, sich zu ihm verhielt und ihn zu bewältigen suchte, soll am Beipiel des Städtchens Schiltach und der bäuerlichen Nachbargemeinde Lehengericht untersucht werden. Und dies anhand der öffentlichen
Wahrnehmung und Beeinflussung, wofür die Zeitung das tägliche Sprachrohr war. Grundlage ist der im Amtsbezirk Wolfach
verbreitete „Kinzigtäler", der auch aus Schiltach und Lehengericht (1910: 1902 bzw. 862 Einw.) berichtete.
,,Granatkommotionsneurosen"
(2014)
Das Heulen der Sirenen, das Dröhnen der Motoren und Panzer, die Explosionen, der Gestank- im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart zeigte ab April 2014 eine Ausstellung, wie der Krieg sich anhörte und anfühlte: wie eine „Fastnacht
der Hölle". Insgesamt 613047 Soldaten mussten in deren Verlauf wegen „Nervenkrankheiten" behandelt werden. ,,Posttraumatische Belastungsstörung" nennt man dieses Krankheitsbild heute. Damals sagte man „Granatkommotionsneurosen" dazu, wenn der Überlebende einer in unmittelbarer Nähe explodierenden Granate aufgrund einer neurologisch-seelischen Folgeerkrankung behandelt werden musste.
Allein im größeren Raum um Verdun existieren heute 29 deutsche Friedhöfe mit knapp 75 000 gefallenen Soldaten. Ihre Gräber tragen Kreuze mit Namen und Dienstgrad, unter ihnen die Gräber der deutschen Soldaten jüdischen Glaubens. Es sind
graue Granitstelen darunter mit dem Davidstern, Namen und Dienstgrad. In Frankreich und in anderen ehemaligen Kriegsländern Europas gibt es noch weitere, noch unfassbar viele solcher Friedhöfe, auf denen ein gewaltiges Totenheer bestattet ist, auch 12000 gefallene deutsche Juden liegen hier. Denn selbstverständlich haben sich auch die deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens am Kampf für ihr Vaterland beteiligt.
Der Erste Weltkrieg stellt auch in der Architekturgeschichte eine Zäsur dar. Die Zeit seit der Mitte des 19. Jahrhunderts
wurde durch verschiedene Stilrichtungen geprägt, die die Formensprache früherer europäischer Epochen aufgriffen und
zum Teil kombinierten. Mit dem Jugendstil und später der vor allem vom Deutschen Werkbund getragenen Reformarchitektur gab es bereits Ansätze zu einer modernen Baukunst, doch blieben die historisierenden Stile bis 1914 prägend. Das „lange
19. Jahrhundert" dauerte auch in der Architektur bis zum Ersten Weltkrieg, jener Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Nach
1918 konnten die Architekten nicht dort weitermachen, wo sie fünf Jahre zuvor aufgehört hatten. Der als überladen empfundene Stilpluralismus wurde durch eine sachliche Architektursprache ersetzt. Johannes Schroth ist ein hervorragendes Beispiel für eine Architektengeneration, deren Karriere abrupt mit dem Ersten Weltkrieg endete.
Am Abend des 27. März 1872 versammelten sich in der Weinhandlung Spener (später Schrempp, Fasanengasse 4) in Straßburg 22 (reichsdeutsche) Freimaurerbrüder, welche das Schicksal als zivile oder militärische Beamte nach der Rückeroberung des Elsass und damit auch Straßburgs durch deutsche Truppen zusammengebracht hatte. Ihr Ziel war es, ein freimaurerisches Kränzchen zu gründen in der Stadt, welche bereits der Freimaurerbruder Friedrich der Große im Jahre 1740 inkognito aufgesucht hatte. Und in welcher die Freimaurerei, hier in ihren französischen Ursprüngen, eine sehr alte und reiche Tradition, aber auch lebendige Gegenwart hat.
„Aufgestanden ist er, welcher lange schlief / Aufgestanden unten aus Gewölben tief". Mit diesen Worten beginnt das Gedicht „Der Krieg" von Georg Heym (1887-1912). Es entstand nicht etwa 1914, sondern 1910, und macht deutlich, dass der
Erste Weltkrieg lange schon in den Köpfen begonnen hatte, noch bevor der erste Schuss fiel, und dass Schriftsteller einen
großen Anteil daran hatten.
,,Ein seltsames Fest geht in unserer Stadt anlässlich der Konfirmation vor sich; ein gleiches wird sich nirgend finden. Der
jüngste Kriegsfreiwillige, der Sohn unseres Blechnermeisters Fritz Huber, weilt unter den Konfirmanden. Im tapferen Widerstand gegen den Feind ist der 170er (sic!) Infanterist Huber am Kopf verwundet worden und kam zur Pflege nach der Vaterstadt Offenburg. Mit der Familie und mit der evangelischen Gemeinde nimmt die gesamte Einwohnerschaft herzlichen Anteil an dieser erhebenden Feier, wie sie des Krieges wechselvolles Spiel zu einer geschichtlichen Seltsamkeit erhob. Auf die schreckliche, blutige Feuertaufe nun die friedliche Konfirmation des während der Kriegszeit 14 Jahre alt gewordenen, jugendlichen Kämpfers für's Vaterland. Ein glückliches Leben dem jungen Bürger!" (,,Kriegsbilder aus Offenburg" in D'r alt
Offeburger Nr. 827 vom 21.03.1915). Eine Woche später findet sich, ebenfalls in den Kriegsbildern, die Meldung: ,,Aus der
Volksschule (sie!) rückten folgende jugendlichen Recken zum Schutze des Vaterlandes in den Krieg: Emil Huber, Volksschüler
der Klasse VIIIb, geb. am 7. Oktober 1900, verwundet in Nordfrankreich, hier zur Heilung".
Als im Jahre 1956 das Jubiläum des Offenburger Grimmelshausen-Gymnasiums zum 75-jährigen Bestehen als Vollanstalt gefeiert wurde, gab es neben dem Festakt in der Stadthalle, Festgottesdiensten, Ausstellungen und einer schuleigenen Theateraufführung der Antigone des Sophokles auch eine Totenehrung vor dem neuen Gedenkstein im Schulgarten. In der
Festschrift dieses groß gefeierten Jubiläums referierte der damalige Direktor 0. Walzer die Entwicklung der Schule seit ihrer
Gründung als Franziskanergymnasium im Jahre 1660. Dabei ging er abschließend auch auf „den gewaltigen Eingriff in den
Organismus der Schule" ein, den die beiden Weltkriege gebracht hätten. Der Zweite Weltkrieg war damals gerade einmal
gut zehn Jahre vorbei, der Erste erst 40 Jahre. Nach diesem Rückblick waren im Ersten Weltkrieg zwischen 1914 und 1918
vier Lehrer und 23 Schüler gefallen, im Zweiten 56 Gymnasiasten, 23 wurden noch vermisst. Im Jahr zuvor hatte man am
03.03.1955 nahe dem Schuleingang einen hohen Granitstein für die Gefallenen eingeweiht, der die ebenfalls Horaz entlehnte Inschrift trug: non omnis moriar (,,ich werde nicht ganz sterben"; Horaz, carmen III, 30, 6). Der Stein steht noch heute in der Südwestecke des Schulgeländes, die bronzenen Buchstaben der Inschrift wurden allerdings irgendwann einmal gegen Ende des letzten Jahrhunderts entwendet.
Veröffentlichungen zum Ersten Weltkrieg sind im „Erinnerungsjahr 1914" Legion. Die Lokalgeschichte zeichnet ein eigenes, detailliertes Bild, wie der Krieg über die kleinen Ortschaften unvermittelt hereinbrach und nahezu jeden Lebensbereich
grundlegend veränderte. Oberharmersbach, eine Gemeinde am Talschluss mit rund 2000 Einwohnern, war überwiegend landwirtschaftlich geprägt. In der fast ausschließlich katholischen Wählerschaft erzielte die Zentrumspartei Ergebnisse über der 90-%-Marke, Liberale und Sozialdemokraten landeten zu Kaisers Zeiten jeweils abgeschlagen bei wenigen Dutzend Stimmen. Verankert in einem damals heilen katholisch-christlichen Weltbild, lebte und erlebte die Bevölkerung ihren Alltag. Die Arbeit auf dem Feld, im Wald oder in der Werkstatt bestimmte den Tages- und Jahresablauf, unterbrochen durch kirchliche Feiertage, Feste im Familienkreis, Kaisers Geburtstag oder auch das eine oder andere größere Ereignis, wie die Einweihung der Harmersbachtalbahn im Dezember 1904.
Große Anzahlen von Glocken fielen bereits den früheren Kriegen, insbesondere dem Dreißigjährigen Krieg, sowie der französischen Revolution zum Opfer, um, unter anderem, zu Kriegsmaterial umgegossen zu werden. 1917 mussten die Kirchtürme erneut beisteuern. Ein Teil des bereits während des 19. Jahrhunderts wiederhergerichteten Geläutes verschwand damals. Das Gleiche sollte sich nochmals während des Zweiten Weltkrieges abspielen, jedoch blieben die Schäden wegen des kurzen Zeitraums weit geringer.
Hin und Her
(2014)
Noch am „Collegium Germanium et Hungaricum" in Rom, ja dort erst recht, dachte Conrad Gröber, der nachmalige Erzbischof von Freiburg, gern an die Heimat zurück; so etwa an die Ferien, die er bei seinem Onkel, dem Pfarrer von Wieden im Schwarzwald, verbracht hatte. Die Tage vergingen mit Lesen, Schreiben, Nichtstun wie im Flug; ja wie in einem Traum, aus
dem ihn der Schlag der Turmuhr weckte, der ihn an seine Pflichten erinnerte. ,,Also auf! Und schnurstracks im Galopp
über Stock und Stein in die Tiefe, wo der Pfarrhund, der ,Ami', mich schon erwartet und an meinen Knien hinaufspringt. Da
stehen auch schon die beiden Brüder Walleser, Söhne des wackeren Waldhüters, vor der Türe, denen ich ,Stunden' im Latein als Stellvertreter meines Onkels zu geben habe. Es sind zwei kräftige, tüchtige, klare Schwarzwälder, die diesen Herbst
bei den Kapuzinern im Elsass eintreten wollen. Baden hat ja bis zur Stunde nicht den Großmut, den Ordensleuten, Söhnen
deutscher Stämme und Erde, eine bescheidene Niederlassung zu gestatten." Also gingen die beiden Brüder schließlich nach
Königshofen und von dort nach Sigolsheim und wurden Kapuziner, der ältere sogar noch Bischof erst in der Südsee, dann in
China. Ihre vier Schwestern traten bei den „Schwestern vom Allerheiligsten Heiland" in Oberbronn, also ebenfalls im Elsass, ein.
Schon während der Revolution von 1789 und auch zur Zeit der Belagerung Straßburgs im Jahre 1870 hatte das Straßburger
Priesterseminar als Lazarett gedient. Es wurde das auch wieder während des Ersten Weltkrieges. Eine Serie von Fotografien
und auch Notizen des späteren Chanoine Gass ermöglichen es, über die erste Zeit (1914-1915) des dort eingelagerten „Festungslazarettes XXII a" zu berichten.
Als sich im Zuge der Zweiten Marokkokrise 1911 die Beziehungen der europäischen Großmächte zueinander verschlechterten, wuchs in der militärischen Elite des Kaiserreichs die Überzeugung von der Unvermeidbarkeit eines militärischen Konfliktes in Europa. Um sich gegen die zahlenmäßige Überlegenheit Frankreichs und Russlands zu wappnen, erfolgte im Frühjahr 1912 eine Erhöhung der Armeestärke um 29 000 Mann. Ausgelöst durch die Balkankriege (September 1912 bis Oktober 1913) forderte der Generalstab Ende 1912 eine weitere Verstärkung des Heeres. Im März 1913 beschloss der Reichstag eine Heeresvermehrung um 137 000 Mann auf 793 000 Soldaten. Das hatte die Errichtung neuer und moderner Kasernen zur Folge. Sie wurden zu effizienten Ausbildungsstätten für die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs, dessen Ausbruch sich nun zum 100. Mal jährt.
Türken, Husaren und Panduren
(2014)
Dass in Villingen schon ab der Mitte des 17. Jahrhunderts
Türken, Husaren und Panduren immer
wieder präsent waren und für reichlich Gesprächsstoff
sorgten, mag zunächst überraschen. Es lassen
sich jedoch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts eine
ganze Reihe von realen und fiktiven Begegnungen
nachweisen. Die nähere Betrachtung einiger Beispiele
deckt propagandistische Grundmuster auf,
deren zähe Langlebigkeit leider bis heute den interkulturellen
Alltag erschwert.
Helmut Kaiser
(2014)
Am 25. September 2012 verstarb das Mitglied des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar Helmut Kaiser in Villingen/
Schwarzwald nach langer schwerer Krankheit im Alter von 77 Jahren. Helmut
Kaiser wurde am 25. Juni 1935 in Villingen geboren und verbrachte dort sein
ganzes Leben. Nach dem Schulabschluss und der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann übernahm er das Schirmfachgeschäft seines Onkels. Später wechselte
er zur Dresdner Bank in Villingen, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1994
als Bankkaufmann tätig war.
Der Einfluss des extremen Spätwinters 2013 auf den Frühjahresdurchzug des Kiebitzes auf der Baar
(2014)
Auf der Internetplattform BIRDNET.DE liest man am 15.3.: “ Immer wieder sieht
man Trupps von Kranichen, Kiebitzen und Feldlerchen nach Südwesten ziehen.“
Am Tag darauf prägt die Überschrift „Zugvögel kehren um“ die Titelseite des SÜDKURIERS. Auch auf der Baar staunen die Ornithologen über Beobachtungen, die sie
bisher noch nicht gemacht haben. 6000 Singdrosseln, 4000 Wacholderdrosseln,
ca. 2000 Kiebitze (Abb. 1 und 2) und über 500 Goldregenpfeifer stellen sie u.a.
Ende März auf der Baar fest.
Über die Bedeutung der Baar als Rastgebiet für durchziehende Watvögel (Limikolen) hat GEHRING (1999) ausführlich berichtet. Die winterlichen Rastbestände
der Wasservögel auf der Riedbaar werden seit dem Winter 1989/90 bis heute im
Rahmen der internationalen Wasservogelzählungen erfasst. Erste Ergebnisse hat
GEHRING (1996) vorgelegt. Im vergangenen Jahrzehnt hat die Beobachtergruppe
des Schwarzwald-Baar-Kreises von weiteren Vogelarten, die nicht (oder nicht
mehr) Brutvögel im Kreis sind, genügend Daten gesammelt, sodass ihr Auftreten
im Jahresverlauf dargestellt werden kann. Für die folgende Abhandlung wurden
11 Arten ausgewählt.
Das Plattenmoos
(2014)
Eine Exkursion des Baarvereins im Juni 2013 „Rund um das Plattenmoos“ bot
Gelegenheit zu einer lebhaften Erörterung der Entstehung und der Nutzungsgeschichte dieses letzten leidlich intakten Hochmoores der Baar. Diskutiert wurden
dabei die historisch verbürgten Eingriffe in die Gewässer, die das Plattenmoos einst
gespeist haben müssen, wie auch allfällige Entwässerungsmaßnahmen zum Zweck
des Torfabbaus. Bei der Sichtung der Literatur stößt der Leser auf zahlreiche
Rätsel und Ungereimtheiten. Insbesondere die Entstehungsgeschichte der in der
Bevölkerung sog. „Schlucht“ unweit des Moores muss überraschen, die Eintiefung
des die Gemarkungen Überauchen und Pfaffenweiler trennenden Hofbächles in
historischer Zeit. Die „Schlucht“ sei das Ergebnis „einer für danubische Verhältnisse ganz außerordentlichen Erosion“, hat bereits WILLI PAUL, der Vöhrenbacher
Geologe, 1984 in einem Beitrag für die Schriften der Baar festgestellt. Wie hat man
sich diesen Vorgang konkret vorzustellen, wie rasch schreitet die Schluchtbildung
voran und wodurch wurde sie ausgelöst?
Schmetterlinge sind für viele Menschen Sympathieträger. Sie erfreuen uns, wenn
sie von Blüte zu Blüte flattern, um Nektar zu trinken oder im Herbst an Fallobst
saugen. Wir hoffen auf den nahen Frühling, wenn an wärmeren Tagen im März
durch den noch kahlen Wald gelbe Punkte fliegen. Es sind die ersten Männchen
des Zitronenfalters auf der Suche nach den weißlichen Weibchen, die sich noch
etwas Zeit lassen, bevor sie sich zeigen.
Früher waren unsere „Sommervögel“ ein alltäglicher Anblick. Jedes Kind
kannte den männlichen Zitronenfalter, den Kleinen Fuchs, das Tagpfauenauge und
die Bläulinge. Einen Einblick in diese Zeit der Fülle erhält man, wenn man z.B. das
entomologische Tagebuch von DR. FRIEDRICH RIS liest. Er war Direktor der Psychiatrischen Klinik in Rheinau bei Schaffhausen und befuhr mit dem Fahrrad den
südlichen Randen in den Jahren 1917–1931. Er hinterließ umfangreiche Aufzeichnungen. So schrieb er von Mistpfützen, an denen bis zu 100 Männchen des
Weißdolchbläulings saugten (SCHIESS-BÜHLER, 1993). Diese Bläulingsart ist seit
dieser Zeit außerhalb der Alpen stark zurückgegangen und gilt mittlerweile auch
am Randen als „verschollen“.
In Ergänzung zu der historischen Gesamtdarstellung des ehemaligen Bad Boll von
Mathias Wider seien im folgenden einige balneologische Aspekte ergänzt. Zu erinnern ist vor allem auch daran, dass es die besonderer Qualität des Wassers dieser „seit Jahrhunderten gekannten und gewürdigten“ Mineralquelle war, die zur
Grundlage für den touristischen und wirtschaftlichen Aufschwung der kleinen
Siedlung im späten 19. Jahrhundert wurde. Die Quelle wurde „im Frühjahr 1888
neu gefasst und eine Trinkgrotte … erstellt. Seitdem wurde das Mineralwasser
auch in Flaschen versendet“. Noch in der Werbeanzeige um 1900 konnte es
heißen: „Die Mineralquelle (neu gefasst) ist von ärztlichen Autoritäten zu Trink- und Badekuren bestens empfohlen gegen Katarrhe, Magen-, Nieren- und Blasenleiden, Rheumatismus, Gicht, Hautkrankheiten etc…. Versand des Mineralwassers in verstärkter natürlicher Kohlensäurefüllung.“
Wenig ist geblieben von der Vergangenheit des ehemaligen Bad Boll. Und gäbe es
nicht wenigstens die hinfällige Kapelle, würde man nicht glauben wollen, dass der
Platz unten an der Wutach einst Heimat für Generationen von Menschen war.
Über Bad Boll ist nicht nur das sprichwörtliche „Gras“ gewachsen, hier hat die
Natur das Terrain tatsächlich fast vollständig eingenommen. Was an Hinterlassenschaften trotz allem noch übrig ist, sind die Reste einer faszinierenden
Geschichte, deren Hauptteil mit der Kurbadzeit (1840) beginnt und mit der
Zerstörung durch das Land (1990/93) endet. Von dieser Geschichte soll nun die Rede sein.
Bei den Donaueschinger Musiktagen 2013 stellten die Komponistin und Klangkünstlerin Kirsten Reese und der Regisseur Enrico Stolzenburg ihre Klanginstallation Debatte im Donaueschinger Rathaus vor. Aus Ausgangsmaterial dienten
ihnen Aufnahmen menschlicher Stimmen. Mit diesen hintereinander oder gleichzeitig zu hörenden, teils historischen, teils neu hergestellten Aufnahmen entstehen
für die Hörer – so die Autoren – „plötzlich ganz verschiedene Ebenen, auf denen
man als Zuhörer andockt – an die historischen Tondokumente anders als an die
aktuellen, weil damit auch immer eine persönliche Wahrnehmung von Geschichte
oder von politischen Ereignissen verknüpft ist“. Zu hören waren unter anderem
oiriginale Tonaufnahmen der Protestaktionen auf dem Istanbuler Taksim-Platz
und die erste Ansprache des neugewählten Papstes Franz, beides aus dem Frühjahr 2013. Unter den für die Klanginstallation neu eingesprochen Texten waren
auch Auszüge aus einer Predigt Donaueschinger Stadtpfarrers Dr. Heinrich Feurstein aus dem Jahr 1942 sowie aus einer Reichstagsrede des Abgeordneten
Liebermann von Sonnenberg, der sich über des Kaisers Abwesenheit während der
Daily-Telegraph-Krise empörte. Mit Kirsten Reese sprach Friedemann Kawohl.
Das lange gehegte Bild der friedliebenden, heimatverbundenen Industrie des
Schwarzwaldes mit ihren Produkten für Heim und Herd, hauptsächlich von leise
schlagenden Zeitmessern für die Wohnstube und für jeden Geschmack muss, je
länger je mehr, durch den bisher weitgehend verborgen gebliebenen Aspekt einer
militärischen Produktion ergänzt werden. Nicht erst im Zweiten Weltkrieg waren
die regionalen Firmen in die Entwicklung und Produktion von Rüstungsgütern
eingespannt. Unternehmen wie die 1911 sich mit der Fa. Johann Haller Schwenningen vereinigende Gebr. Junghans aus Schramberg errangen mit der Entwicklung von Zündern aller Arten bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine militärtechnologische Spitzenstellung. Bei anderen Firmen im heutigen Landkreis führten ursprünglich zivile Entwicklungen später zu umfangreichen militärischen Aufträgen
insbesondere zu Zeiten des Dritten Reiches und ab Kriegsbeginn 1939. Gerade
auch die nach dem Kriege führenden Betriebe hatten oftmals den Grundstein zu
ihrem Erfolg durch technologisch hoch entwickelte Produkte in der Kriegs- und
Rüstungswirtschaft errungen. So entstanden beispielsweise bei der Firma SABA
1944 rund 70% aller Bodenfunkgeräte für Panzer und Fernsprecher für die Wehrmacht. Die daraus erwachsenen Kenntnisse und Verfahren wie auch die aus der
Fertigung hochwertiger Markengeräte, um sich vom Volksempfänger abzusetzen,
schufen nach 1945 eine Ausgangsbasis für die breite und qualitativ anspruchsvolle
Fabrikation von Haus- und Unterhaltungsgeräten.
Also, Morgens um 4 Uhr ist die Welt in der Nähe
von Mailand wie immer noch in Ordnung. Morgennebel,
Rauchfahnen von glimmenden Wachfeuern,
der Morgenstern funkelt romantisch. Aber
dann: Zong! Dong! Crash! Puff! Peng! Zack! Uups!
Ein rabenschwarzer Tag, der sich blitzartig blutrot
färben soll.
Es muss ein Massaker an diesem denkwürdigen
Montag, 6. Juni 1513 stattgefunden haben wie es
selbst das kriegsgewohnte Oberitalien bis dahin
selten erlebt hat, wo jeder gegen jeden um die Vorherrschaft
kämpft.
Es läuft eigentlich bis dahin bayernmäßig für die 14.000 Franzosen, darunter 3.500 Oberdeutsche
(das sind die Süddeutschen) Landsknechte, „3 ½
tußend lantzkneht”, darunter wiederum ein Villinger
Fähnlein, 80 Mann, „wier hattend fon Fillingen
wol achzig by der schlacht”, ungeduscht und
schlecht ernährt. Alles Kerle, die man auch im
Dunklen riecht. Das weiß-blaue Ballett wird angeführt
von Michael Maler (28) und Remigius Mans
(53). Sie haben sich gegen den Befehl von Kaiser
Maximilian I. und gegen den Willen des Villinger
Rates auf den Musterungsplätzen in Oberdeutschland
in französischen Diensten verdingen lassen.
Jahrhundertelang stand eine Skulptur der heiligen
Agatha im Niederen Tor, um die Stadt Villingen
und ihre Bürger vor Feuer zu schützen. Doch
nach dessen Abriss in den 1840er-Jahren kam sie
in Privatbesitz und schmückte nur noch an Fronleichnam
den Brunnen vor der Metzgerei Weißer
in der Niederen Straße 53, zuletzt galt sie sogar
als verschollen. Doch seit diesem Jahr ist sie dank
einer Schenkung von Margaretha Grieninger in
der Dauerausstellung zur Stadtgeschichte im Franziskanermuseum
zu sehen. Eine ihrer Vorfahrinnen
hatte die Figur einst aus dem Schutt gerettet.
Die Geschichte der Skulptur geht bis zu dem
angeblichen Stadtbrand in Villingen im Jahr 1271
zurück. Ein vom Himmel gefallener Meteorit soll
genau am St.-Agathen-Tag, dem 5. Februar, vom
Niederen Tor aus das verheerende Feuer ausgelöst
haben, für das es jedoch bis heute keine archäologischen
Beweise gibt.
Robert Gerwig (1820 – 1885) ist in unserer
Gegend bekannt: Von der Bahnhofstraße in Villingen
zweigt die Gerwigstraße ab, in Hausach, St.
Georgen, Furtwangen und Singen gibt es Gerwigschulen,
vom Gerwigfelsen bietet sich der Dreibahnenblick,
2010 feierte das Gerwig-Musical in
Triberg Erfolge. In all diesen Erinnerungen spiegelt
sich sein Ruhm als Erbauer der Schwarzwaldbahn.
Weniger bekannt ist, dass der große Ingenieur
sein halbes Leben lang auch politisch tätig war.
1855 – 1857 und 1863 – 1873 vertrat er als nationalliberaler
Abgeordneter den Wahlkreis Wolfach-
Hornberg-Triberg-Furtwangen, 1875 – 1878 Pforzheim
in der Zweiten Kammer des badischen Landtags,
neun Jahre saß er für den badischen Wahlkreis
2, der die Amtsbezirke Triberg, Villingen,
Donaueschingen, Bonndorf und Engen umfasste,
im Reichstag (1875 – 1884). Dorthin wurde er vier
Mal gewählt, 1875, 1877, 1878 und 1881.
Wer baden geht, fliegt!
(2014)
Am 2. November 1766 erließ Abt Cölestin Wahl in feierlicher lateinischer Sprache eine umfangreiche Schulordnung. 1 Sie regelte das schulische wie private Leben der Schüler (auf die Form „Schülerin“ können wir verzichten, am Benediktinergymnasium wurden nur Jungen aufgenommen) und liest sich in Teilen wie eine Programmschrift zu Menschenbild und Erziehung im ausgehenden 18. Jahrhundert.
Genau 100 Jahre alt ist die von einem unbekannten Zeichner am 28. Juli 1914 –
also unmittelbar vor dem 1. Weltkrieg – angefertigte kleine Skizze „Mündung der
‘Donau’ in die Brigach“, die sich im Besitz des Autors befindet. Sie zeigt den Quellentempel der Donau, der anlässlich eines der zahlreichen Besuche Kaiser Wilhelms II.
in Donaueschingen beim Fürsten zu Fürstenberg erbaut worden war. Aus diesem
Quellentempel fließt am Ende des neu kanalisierten Donaubachs das Wasser der
1875 neu gefassten Donauquelle „rauschend in die Brigach“. Der Tempel steht am
Parkeingang gegenüber dem 1840 für die Museumsgesellschaft erbauten Haus,
dem späteren Kino und heutigen Museum Biedermann. Vor dem Museum gibt
heute eine Hinweistafel die wesentlichen Informationen zu dem Quellentempel.
Sucht man in den verschiedenen Beschreibungen der Baar und Donaueschingens, so wird dieses Monument mehrfach erwähnt.