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Meine Erinnerungen beginnen etwa
im Kriegsjahr 1944.Damals lebte ich in
der Familie meiner Eltern und Großeltern. Mein Vater, Franz Barth, war im
Krieg in Frankreich. Im Haus in der Zepelinstr. 3 (heute Scheuerlesstraße)
wohnten meine Großeltern Anna und
August Barth, meine Mutter Johanna
Barth, meine ältere Schwester Roswitha
und mein jüngerer Bruder Klaus. In den
Jahren 1949/1951 und 1953 kamen
noch meine Geschwister Franz - Josef,
Michael und Mechthild dazu. Zur Familie gehörte noch eine Schwester meines
Vaters, Tante Gertrud Barth. Sie war damals Haushälterin im katholischen
Pfarrhaus. Auch Kriegsgefangene, die
zur Hilfe in der Landwirtschaft eingeteilt
waren, saßen bei uns am Tisch. An zwei
Franzosen, einer hatte den Namen
Jean, der andere Auguste, und ein Pole
mit dem Namen Julian kann ich mich
noch erinnern. Sie konnten nach Kriegsende wieder in ihre Heimat zurückkehren. An ihrer Stelle kam dann ein Russlanddeutscher mit dem Namen Paul. Er
stammte aus dem Uralgebiet und arbeitete bis ca. 1949 bei uns als Knecht.
Unser Haus war damals das letzte in
der Straße.
Im Jahr 1934 geboren, gehöre ich
noch nicht zu den ganz Alten, aber zu
der älteren Generation. Ich glaube daher, dass es interessant ist, über einige
Erlebnisse in meiner Kindheit und Jugendzeit zu berichten, um die heutige
und die nachfolgende Generation daran
zu erinnern, wie es damals war. Ich kann mich noch gut an meine
Kindheit und Jugendzeit und an die Zeit
während des Zweiten Weltkriegs und
unmittelbar danach erinnern. Es war
selbstverständlich, dass man damals als Junge zur Hitlerjugend ging. Wir
mussten sonntagvormittags auf dem
Marktplatz antreten. Ich stand da immer
im Konflikt, weil ich auch Ministrant war
und gleichzeitig am Altar dienen sollte.
Meine zwei älteren Brüder waren bereits im Krieg, und die schenkten mir
eine Koppel, auf dessen Verschluss
„Gott mit uns“ stand. Das hatte keiner
außer mir. Dieser Spruch stand nur auf
einer Wehrmachtskoppel. Darauf war
ich natürlich stolz. Was auf der Koppel
der Hitlerjugend stand, weiß ich nicht
mehr genau. Ich glaube „Blut und Ehre“.
1934 wurde ich in der Leiergasse geboren und habe dort auch meine Kindheit, Jugendzeit und mein ganzes bisheriges Leben verbracht. Nach mehrmaligem Umbau des Elternhauses und
Ausbau der Scheune wohne ich noch
immer in der Leiergasse und fühle mich
dort „sauwohl“. Ich denke daher gerne
an frühere Zeiten zurück. In diesen Erinnerungen werden Erlebnisse mit den
alten, in der Zwischenzeit längst verstorbenen Anwohnern wieder wach. Einige davon möchte ich niederschreiben.
In meiner Kindheit und Jugendzeit
war die Leiergasse mit Steinen und
sonstigem Material wie ein Feldweg befestigt. Man musste jeden Samstag die
Straße säubern. Was heißt schon säubern? Man kehrte bzw. verteilte den
Dreck und setzte ihn haufenweise zusammen, sodass man einigermaßen
gehen konnte und bei Regen nicht
durch eine Pfütze waten musste. Bei
Trockenheit wirbelte der Wind den Staub durch die Gegend.
Die Ortenau. – 96 (2016)
(2016)
Zur Erschließung der Alpen für den Gebirgstourismus haben der Deutsche und
Österreichische Alpenverein seit den 1870er-Jahren eine Vorreiterrolle übernommen.
Was ursprünglich von einem kleinen Kreis von Bergbegeisterten mit bescheidensten Anfängen zur »leichteren Bereisbarkeit« des Gebirges angestrebt wurde, entwickelte sich in
den Ostalpen zu einem Netz von rund 55.000 Kilometern Bergwanderwegen. [1]
Bei einem
solchen Gesamtumfang in einem Gebiet von ca. 45.000 Quadratkilometern ist es allerdings kaum mehr möglich, die Entwicklungsgeschichte der Alpenvereinswege von den
Anfängen bis zur Gegenwart in einem gerafften Überblick hinreichend zu konkretisieren. Im Rückblick auf die vergangenen eineinhalb Jahrhunderte ist es schwierig genug,
den wechselnden Einflüssen und Anforderungen im Rahmen der verkehrsgeschichtlichen und touristischen Gesamtentwicklung die nötige Beachtung zu schenken. Am Beispiel Vorarlberg bietet der alpine Bodenseeraum dennoch günstige Voraussetzungen,
sich mit der facettenreichen Geschichte der Alpenvereinswege von den Anfängen
bis zur Gegenwart näher zu befassen. In diesem am leichtesten überschaubaren
Gebirgsland der Ostalpen lässt sich zugleich ein bis in die Gründungszeit des Alpenvereins
zurückreichendes Zusammenwirken von österreichischen und deutschen Sektionen
verfolgen.
Das »humanitäre Wirken« der neutralen Schweiz begann schon wenige Wochen
nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Am 24. September 1914 nahm das zivile
»Schweizerische Bureau für die Heimschaffung internierter Zivilpersonen« seine Tätigkeit
auf. »Zunächst vereinzelt oder in kleineren Gruppen trafen die Zivilinternierten an
der Schweizergrenze ein, die Deutschen und Österreicher aus Frankreich in Genf, die
Franzosen aus Österreich in Rorschach und aus Deutschland in Singen-Schaffhausen.«3
Bis Mitte März 1915 wurden über 20’000 »vom Feind bisher zurückgehaltene Franzosen,
Deutsche, Österreicher und Ungarn durch die Schweiz in ihre Heimat« zurücktransportiert.
Für die nach Westen vorrückenden deutschen Armeen bildete die belgische und
französische Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten eine Gefahr. Sie war ihnen
u. a. wegen Ernährungsschwierigkeiten lästig; diese Menschen mussten abgeschoben,
evakuiert werden. Ihren Transport organisierten militärische Dienste der Schweiz. Bis
Kriegsende wurden rund 500’000 evakuierte Personen durch die Schweiz transportiert. Zur Hilfe für die Zivilbevölkerung kamen Heimtransporte von französischem und
deutschem Sanitätspersonal sowie Hilfsmassnahmen für Kriegsgefangene und Kriegsverletzte.
Etwas abgelegen in einer Flussschleife der Sitter zwischen Bernhardzell und Häggenschwil liegt ein kleiner bewaldeter Hügel mit dem Flurnamen Waldburg. Ein vorbeikommender Wanderer käme nicht ohne weiteres auf die Idee, an dieser Stelle auf die
Überreste einer einstigen Burg des Klosters St. Gallens zu stossen. Für die dazugehörige
Geschichte müssen wir zurück ins Jahr 926 blicken. Die heilige Wiborada, zu jener Zeit
Reklusin in einer Zelle bei St. Mangen, sah in einer Vision einen ungarischen Angriff voraus. [1]
Auf ihren weisen Rat hin oder auch durch Meldungen aus Bayern gewarnt, suchte
die Gallusabtei nach einer Möglichkeit, sich und seine wertvollen Schätze zu retten. Dazu
gehörten neben dem liturgischen Gerät vor allem die wertvolle Klosterbibliothek und
das besitzmanifestierende Archiv. Die Abtei hatte im Jahrhundert zuvor seine grösste
kulturelle Blütezeit erlebt, auch bekannt als das Goldene Zeitalter (ca. 816–920) unter
den Äbten Gozbert, Grimald, Hartmut und Salomo.
Machtwillkür, Amtsmissbrauch und Korruption waren geläufige Erscheinungen
im so genannten Dritten Reich, in dem bestehende Kontrollinstanzen weitgehend außer
Kraft gesetzt waren [1]. Formen solchen Amtsmissbrauchs fanden sich dabei auf allen Ebenen des NS-Staats in verschiedenen Ausprägungen, etwa in Person des leidenschaftlichen Kunstsammlers Hermann Göring [2], Gauleitern wie Erich Koch in Ostpreußen [3] oder
dem berüchtigten Münchener Stadtrat Christian Weber [4].
In der Schweiz lebten 1914 etwa 220.000 Deutsche, etwas weniger als heute, 1918
waren es 70.000 weniger, 1945 waren es noch 65.000, heute sind es 280.000. Die Schweiz
vor 1914 war durch ein Netz von Niederlassungsabkommen gegenüber Ausländern freizügiger als die heutige Schweiz der bilateralen Verträge. Diese Deutschen ergriffen 1914
Partei, wollten nicht abseits stehen. Bereits am 2. August rief das Deutsche Generalkonsulat in Zürich alle gedienten und beurlaubten Militärpersonen auf, möglichst rasch
nach Deutschland auszureisen und sich dort beim nächsten Bezirkskommando zu
melden.
Die Einrichtung von Spitälern (oder Hospitälern) im mittelalterlichen Europa
fußte im Wesentlichen auf dem christlichen Gebot der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe. Man kann diese Einrichtungen in der Tat als »endgültige Institutionalisierung
der Barmherzigkeit« [1]
begreifen. Die leitende Idee der Versorgung in den mittelalterlichen Hospitälern war die caritas als Dienst am Kranken und an Bedürftigen jeglicher Art. [2]
Eine Institutionalisierung dieser Idee stellte der 1198 von Papst Innozenz III. anerkannte,
nicht-ritterliche Heilig-Geist-Orden dar, der sich »allein der Spitalpflege als Leitidee«
verpflichtet hatte [3]
. Dessen römisches Mutterhaus hospitale S. Spiritus in Saxia stand ab dem
Jahr 1204 unter päpstlichem Schutz. Von Italien aus breitete sich der Orden sehr schnell
in ganz Europa aus.
Zusammen mit den prähistorischen Pfahlbauten im Alpenraum wurden auch die
steinzeitlichen Siedlungsreste auf der Halbinsel im Schreckensee (Landkreis Ravensburg,
Gemeinde Wolpertswende) zum UNESCO-Welterbe erklärt. [1]
Das richtete allgemeines
Interesse auf diesen stillen, verborgenen See in Oberschwaben. Seit den archäologischen
Ausgrabungen des 20. Jahrhunderts hat er zwar schon einiges von seinen verborgenen
Schätzen preisgegeben, ein Geheimnis jedoch bis heute bewahrt: die Bedeutung seines
Namens. Ist der Schreckensee wirklich ein `schrecklicher See´, wie im Volksmund gedeutet, oder geht er vielleicht sogar auf älteste Siedlungszeiten zurück? Die Lösung des
Rätsels erfordert detaillierte historische und sprachwissenschaftliche Untersuchungen.
Zum Vergleich werden auch die Namen der benachbarten Stillgewässer untersucht: Biber-, Buch- und Vorsee sowie Häcklerweiher. Das führt zu der allgemeinen Fragestellung: Aus
welcher Zeit stammen die Namen der oberschwäbischen Seen? Sind sie etwa auch, wie
die Flussnamen, älteste sprachliche Zeugnisse der Vorgeschichte? [2]
Einleitend wird die Entdeckung der Eiszeiten vor nicht einmal 200 Jahren und
die lange Dauer bis zu ihrer Akzeptanz geschildert. Heute wird von fraglich acht älteren
Glazialen, den Deckenschotter-Eiszeiten, und von vier jüngeren Becken-Eiszeiten ausgegangen, die im Bodenseeraum und in der Nordschweiz nachweisbar sind. Die beiden
Eiszeitgruppen werden durch die Umlenkung des Alpenrheins von der Donau zum Oberrhein vor ca. 450‘000 Jahren getrennt. Dieses Ereignis hat zu einer markanten Umgestaltung des Entwässerungsnetzes und zur Ausschürfung tiefer Vorlandbecken in den
jüngeren Eiszeiten geführt.
Vor den seit Penck (Penck & Brückner 1909) bekannten Eiszeiten Riss und Würm
sind seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert zwei weitere Becken-Eiszeiten entdeckt worden. Die erste und älteste dieser Eiszeiten, das grösste Rheinische Glazial GRG = Hosskirch, erreichte die grösste Ausdehnung aller Vergletscherungen, während das Habsburg-Glazial im nördlichen Bodenseeraum nur in Sedimentabfolgen zu erkennen ist.
Für den Nachweis der Becken-Eiszeiten werden drei Schlüsselprofile eingehend
besprochen und interpretiert. Aufgrund von Untersuchungen im Gelände können für die
Becken-Eiszeiten im Bodensee-Vorland Vergletscherungskarten gezeichnet werden. Die
Erkenntnisse zu den Becken-Eiszeiten werden in einer Kurzcharakteristik zusammengefasst.
Basierend auf absoluten Datierungen, insbesondere der Interglaziale, kann die
zeitliche Einstufung der Becken-Eiszeiten vorgenommen werden. Demnach ergibt sich
folgende gemittelte zeitliche Abfolge der Glaziale: GRG vor 350‘000 Jahren, Habsburg
vor 250‘000 Jahren, Riss vor 150‘000 Jahren und Würm vor 30‘000–15‘000 Jahren.
In der großen Landesausstellung »Das Konstanzer Konzil 1414–1418« war im
Sommer 2014 im Konstanzer Konzilgebäude auch eine handgezeichnete Bodensee-Karte
zu sehen. Diese Karte ist weithin unbekannt. Selbst in der umfassenden Monographie
»Der Bodensee in alten Kartendarstellungen« von Arthur Dürst und Ugo Bonaconsa aus
dem Jahr 1975 wird sie nicht erwähnt. Die Karte war im Besitz der Benediktinerabtei St.
Blasien im Schwarzwald. Wie sie von Konstanz nach St. Blasien gelangt ist, ist nicht bekannt. Nach Aufhebung des Klosters bei der Säkularisation 1806 wanderten die Mönche
nach St. Paul im Lavanttal in Kärnten aus, wo ihnen das dortige Benediktinerstift zur
Verfügung gestellt wurde. Im dortigen Graphischen Kabinett wird die Karte bis heute
aufbewahrt.
Wer in Konstanz über Ulrich Richental spricht [1]
und dies – überdies – noch im Rahmen eines bemerkenswert lange und aufwändig zelebrierten öffentlichen Konzilsjubiläums tut, muss wissen, dass er über einen Zeit- und Augenzeugen spricht, der bis heute
die Erinnerung an das Konzil wie kein anderer prägt und bestimmt. Das heißt nicht, dass
er die wichtigste und zuverlässigste Quelle ist, aber es heißt, dass wir das historische
Ge schehen teilweise noch heute durch seine Augen sehen. Wie sehr dies der Fall ist,
hat Andreas Bihrer am 29. Mai 2014 im Rahmen einer Tagung der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg zu den Rahmenbedingungen und der
Rezeption des Konstanzer Konzils ausdrücklich betont [2]
.
Wann tauchen Tomaten oder Artischocken in der
badischen Küche auf? Wann verschwinden Singvögel
und Flusskrebse daraus? Wann verlor die Kartoffel
ihr Image als Armenspeise? Wann ziehen
Wiener Schnitzel und Gulasch in Baden ein? Wann
verließ die Nudel ihre Randexistenz als Suppenbeilage
und wann gab es Makkaroni als Fertigprodukt?
Und wann ist das erste Mal die Rede von Kalorien?
Kochbücher sind eine erstrangige Quelle zur Alltags‐
und Kulturgeschichte und hervorragende
Gradmesser für soziale und regionale Differenzierungen.
Sie bezeugen das Aufkommen und Verschwinden
bestimmter Speisen und Zutaten bzw.
deren zeitweilig hohen oder geringen gesellschaftlichen
Stellenwert. Regionale Unterschiede und Geschmackspräferenzen
werden erkennbar. Rezepte
zu bestimmten Gerichten zeigen über längere Zeiträume
hinweg eine veränderte Zusammensetzung
der Zutaten bzw. von deren Mengen und Veränderungen
der Zubereitungspraxis. Zusatzstoffe und
Fertigprodukte finden Eingang in die Ernährung
und verändern die Zubereitung und den Verzehr
von Speisen dauerhaft. In Notzeiten werden Lebensmittel
„gestreckt“; es wird mit Ersatzstoffen
experimentiert, und viele Rezepte der Krankenkost
oder der Kriegsküche werden später für die gesunde
Ernährung wiederentdeckt.
Der Garten der Landesherrschaft im Pfaffenbach wird zuerst
als Stadtschreibereigarten bezeichnet, später als Amtsschaffneigarten. Ein Grund für die Änderung ist nicht erkennbar. Die
Stadt- und Amtsschaffnei befand sich in einem Haus gegenüber
dem Palais Rohan. Heute ist dort die Wiegandt’sche Apotheke.
Nach dem Umzug des Justizbeamten und des Domänenverwalters in das sogen. Schloss (heute: „Palais Rohan“) verkaufte der
badische Staat das ehemalige Schaffneihaus im Jahr 1825 an
den Apotheker Joseph Leonhardt Mylius. [1]
Seither diente es
vielen Apothekern als Wohn- und Geschäftshaus.
Kenzingen, die „Perle des Breisgaus“, wie die Stadt im Internet
gerühmt wird, gehört heute mit seinen knapp 10 000 Einwohnern zum Landkreis Emmendingen. Vorläufer des dortigen
heutigen Goethe-Gymnasiums [1]
ist die 1878 gegründete Höhere
Bürgerschule [2].
Etwa zwanzig Jahre nach ihrer Gründung – die Höhere Bürgerschule/Realschule war bis dahin im ehemaligen Franziskanerkloster und späteren Spital untergebracht [3]
– erhielt Kenzingen ein neues Schulgebäude. „Das Doppelschulhaus an der
Kleinen Elz wurde für die Volks- und Realschule 1897/98 erbaut. 1961 zog das Progymnasium aus, und seit 1996 steht das
Gebäude ausschließlich der inzwischen geschaffenen Hauptschule zur Verfügung.“ [4]
Wenn die Leute vom „Jakobsweg“ sprechen, denken sie zuerst
an den nordspanischen Hauptweg von den Pyrenäen über
Pamplona, Burgos und León nach Santiago de Compostela. In
Deutschland ist die Zahl der Jakobs-Pilger vor allem seit H. P.
Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“ (2006) deutlich gestiegen, sie verdoppelte sich 2008 von 7000 auf 14 000 Pilger zu
Fuß, die am Ziel die begehrte Urkunde, die lateinisch geschriebene „Compostela“ erhielten. [1]
Die Zahl der veröffentlichten
Pilgerberichte ist kaum mehr überschaubar. Für fast jeden Teilabschnitt in dem riesigen europäischen Netz von Pilgerwegen
gibt es Pilgerführer. Und was noch nicht gedruckt vorliegt,
kann man im Internet erfragen. Das GPS leitet den Wanderer
perfekt an jeder Wegkreuzung. Wenn man sich also mit den
heutigen Hilfsmitteln auskennt, kann man getrost vor die
Haustür treten und loslaufen. Auch für die richtige Ausrüstung:
Schuhe, Kleidung, Proviant gibt es tausend Ratschläge. Aber
wie steht es mit den Wegen selbst?
Wallfahrtswege
(2016)
Dem Wallfahrtswesen, und nicht nur dem christlichen, liegt
der Glaube zugrunde, dass Gnade an bestimmte Orte gebunden
und nur an ihnen zu gewinnen sei; an Orte, an denen Wunder
geschahen und die sich selber einem Wunder verdankten (oder
über besonders wirksame Reliquien verfügten). Und der Glaube,
dass man diese Gnade nur dadurch gewann, dass man einen
weiten oder wenigstens schweren, beschwerlichen Weg auf sich
nahm.
Markgrafen, die Ritter von Staufenberg, verschiedene adlige
Grundherren, die Klöster Gengenbach und Allerheiligen – über
viele Jahrhunderte hinweg wurden die Untertanen in der ehemaligen Herrschaft Staufenberg von unterschiedlichen Landesherrn beherrscht. Leibeigenschaft, Zehnten, Frohndlasten
und dazu ein steiles und gebirgiges Tal forderten von den Bürgern größte Mühen und Entbehrungen. Als stolzes, aber arbeitsames Volk werden sie schon von jeher beschrieben und die
Qualität der Weine und des Kirschwassers hat schon im 17. und
18. Jahrhundert bewirkt, dass feindliche wie eigene Truppen
und Soldaten ihren Aufenthalt in der Herrschaft Staufenberg
gerne hinauszögerten. Diverse Rechnungsbelege über gelieferte
„Boutellen Klingelberger-Wein“ und „Kürschenwasser“, nebst
Körben voller „Kürschen“ finden sich auch in den Rechnungsbelegen der 1790er Jahre im Gemeindearchiv. Doch viele entbehrungsreiche Jahre kann man in dieser „Fundgrube“ ablesen.
Die alte sogenannte Dirnle-Brücke vom Jahr 1756 war eine
Zwei-Gewölbe-Brücke über den Ettenbach (den „alten Bach“)
am nördlichen Eingang von Ettenheim. Ihre Errichtung im
Jahr 1756 ist nur durch den beim Abbruch der Brücke im Jahr
1957 aufgefundenen Stein mit dieser Jahreszahl am Brückenbogen nachgewiesen. Dr. Johann Baptist Ferdinand berichtet kurz
über die Brücke und gibt dabei u. a. die zur Bauzeit der alten
Brücke amtierenden Amtspersonen an.1
Der Stein mit der Jahreszahl ist heute leider nicht mehr zu sehen. Schriftliche Nachweise zur Baugeschichte konnten bisher nicht gefunden werden.
Der Renchener Schlossberg
(2016)
Als der Edle Siegfried im Jahre 1070 sein „predium Ulm“, einen
großen Güterkomplex in der nördlichen Ortenau, an die Bischofskirche von Straßburg schenkte, war das – namentlich
leider nicht genannte – Renchen wohl mit inbegriffen. Die
Quelle ist nicht ganz unproblematisch, weil das Original der
Urkunde nicht mehr erhalten und sie nur in einer späten Abschrift bekannt ist. Die Urkunde könnte echt gewesen sein
(d. h. aus dem Jahr 1070 gestammt haben) oder auch eine hochmittelalterliche (d. h. 100 bis 200 Jahre jüngere) „Fälschung“
bzw. Dokumentation oder Rückschreibung eines Zustands
darstellen, der vielleicht gegen anderweitige Ansprüche verteidigt werden musste. Anlässe für die Herstellung einer solchen
Urkunde hätte es im 12. und 13. Jahrhundert für die Bischofskirche in Straßburg genug gegeben. In jedem Fall ist anzunehmen, dass die Siedlung Renchen als Dorf oder Weiler damals
längst bestand. Im Jahre 1150 wird – bezogen auf das Jahr 1115
– ein „Wernherus de Reinecheim“ genannt, bei dem es sich um
einen kleinen Adligen oder Ministerialen handeln dürfte. Das
Jahr 1115 wurde auf diesem Wege zur Grundlage für das
900-jährige Ortsjubiläum von Renchen, das im Jahre 2015 gefeiert wurde. Und damit bildete es auch den Anlass für die
Jahresversammlung des Historischen Vereins für Mittelbaden
am 25. Oktober 2015 und den Festvortrag, der etwas verändert
hier abgedruckt wird.
Bei einer Begehung am 24.7.2013 konnte bei Schuttern ein ausgedehntes Siedlungsareal lokalisiert werden, bei dem es sich um
die lange gesuchte Burg Schuttern handeln könnte. Sie wurde
bisher im Gewann „Schlossmatt“ gesucht, auf dem sich seit Jahrzehnten die Gebäude, Äcker und sonstigen Pflanzungen einer
Gärtnerei befinden. Ein anderer Lokalisierungsvorschlag suchte
sie innerhalb des ehemaligen befestigten Städtchens Schuttern,
und zwar in seinem östlichen Randbereich. Anlass dafür waren
neben Mauerbefunden in einer Baustelle (die jedoch jünger und
nicht massiv genug ausgeführt waren) die im frühen 16. Jahrhundert erfolgte Nennung des halben Stadtgrabens unter den
Zugehörden, in einem Atemzug mit Turm und Burgstall. Dies
meinte man im Sinne einer baulichen Einheit von Stadt und
Burg verstehen zu können – wofür es ja andernorts durchaus
Beispiele gibt.
Zu einer geschichtlichen Betrachtung kann auch gehören, statt
nur von Siegern und Gewinnern zu berichten, ebenso Unterlegene und Verlierer in den Blick zu nehmen. Selten ist die Quellenlage so günstig wie im Fall der Bewerbungen um das Amt
des Obervogts in Triberg nach dem Tod des Johann Baptist
Essig (26. Dezember 1736), als sechs Kandidaten dieses Amt
anstrebten. Gewinner wurde Johann Franz Meinrad von
Pflummern. Ihre Namen: Veit Sigmund von Reischach, Joseph
von Kornritter, Laurenz Nabholz, Severin von Bender, Ignaz
von Rottenberg. Alle hatten sie sichere, höhere Positionen inne,
übten vergleichsweise ruhige Tätigkeiten aus, am Hungertuch
nagte keiner, nur Rottenberg bezeichnete sich ausdrücklich als
„ziemlich mittellos“. Sie hatten Erfahrungen in der Verwaltung
und kehrten dies auch hervor. Gerade deshalb reizte sie das
Amt des Obervogts von Triberg, dem insgesamt 10 Vogteien
unterstellt waren, die sich über Berge und Täler hinzogen, bewohnt von einer Bevölkerung, die, gelinde gesagt, schwierig
war, was die Bewerber möglicherweise nicht so genau wussten.
Die Berufung in dieses Amt muss als Beförderung und Ehre
verstanden worden sein, ein weiterer Aufstieg in der Beamtenhierarchie ist von keinem Triberger Obervogt bekannt.
Mitten im Ersten Weltkrieg starb am 23. Juni 1916 Heinrich
Hansjakob, der Anlass, seiner in Triberg und Gremmelsbach
besonders zu gedenken. Denn in seinem literarischen Werk
fanden die beiden Orte den ihnen gebührenden Platz, gerade
Gremmelsbach sucht man in der Unterhaltungsliteratur
nahezu vergebens. Zur Erzählkunst Hansjakobs gehört, dass
er das Wort an die Hausierkiste seines Großvaters, des Wälder-Xaveri, abgibt, mit anderen Worten: die Hausierkiste selber
reden lässt. Das Gespräch der Kiste mit ihrer „Mutter“, einer
Tanne am Wasserfall – denn die Kiste ist aus ihrem Holz gefertigt – über ihre Umgebung und ihr Schicksal enthält durchaus philosophische Gedanken über Leben und Sterben, über
die Zeit, die die Menschen im Unterschied zu Tannen ganz
anders fühlen. Die Erzählerin, in Wahrheit die alte Tanne,
vergisst dabei aber die Welt am Boden, unter dem Boden und
in den Wipfeln der Tannen nicht. Es gelingt eine herrliche
dichterische Beschreibung, mehr noch ein Stimmungsbild
der Wasserfallwildnis, dazu ein Bild des 18. Jahrhunderts,
denn die Wallfahrtskirche ist 1705 erbaut, die Tanne hört, so
will es der Dichter, die Glocken der Wallfahrtskirche, andere Bäume schauen den Uhrenträgern, die vorbeikommen,
in die Ferne nach und sehen sie dann auch glücklich heimkehren. Ein Streiflicht über einen Moment der Triberger Geschichte.
Schanzen im Kinzigtal
(2016)
Die Schanzen in unserer Gegend sind häuf g Teil eines größeren, verzweigten Schutz- und Verteidigungssystems gewesen,
das sich früher über den Schwarzwald zog. Es sollte verhindern,
dass der Gegner aus dem Rheintal durch die Gebirgstäler vordringend die beherrschenden Höhen, Kämme und Pässe besetzte. Sieht man von einem einfachen Erdwerk ab, 1610 bei
Haslach dokumentiert, wurden größere Schanzen zu Beginn
des 30-jährigen Krieges meist in quadratischer Form angelegt.
Seinen Höhepunkt erreichte der Schanzenbau gegen Ende des
17., Anfang des 18. Jahrhunderts (Barockschanzen) und wurde
aufgrund fortschreitender Kriegstechnik mit Ende der Napoleonischen Ära in alter Form nicht weitergeführt. Aber erinnern
wir uns: Der römische Limes war ein Vorgänger, und was einst
aus Holz und Erde bestand, wurde im 2. Weltkrieg durch Beton
und Stahl ersetzt; der „uneinnehmbare“ Westwall, heute eine
in Teilen unter Denkmalschutz stehende, gesprengte Bunkerlinie. Die einmal angelegten Schanzen mussten im Lauf ihrer
Geschichte ständig verstärkt, ausgebessert und erneuert werden – sofern der siegreiche Gegner die Erdanlagen nicht einebnete, wie etwa die Stollhofener Linien 1708.
Nachdem wir, für unsere Arbeit über den Klerus des Elsasses
vor 1648, alle Urkunden in den Archives Départementales
du Bas-Rhin durchstöbert haben, haben wir seit einigen Jahren dieselbe Arbeit in den Archives Municipales de Strasbourg
unternommen. Es handelt sich nicht nur um das Stadtarchiv,
sondern auch um andere reiche Fonds, die darin einverleibt
sind: jene der Œuvre Notre-Dame, des Grand Chapitre sowie
um die sehr reichen Fonds des Spitals und des Kapitels von
Saint-Thomas, in welchen auch vieles über die Ortenau zu
finden ist.
Unsere Nachforschungen über den Klerus der Diözese Straßburg beschäftigen uns seit mehr als dreißig Jahren und belaufen sich auf mehr als 5000 Seiten. Wir konnten nicht noch
dazu die Geschichte aller Pfarreien diesseits und jenseits des
Rheines bewältigen. So muss sich der Leser mit den mehr oder
weniger kompletten Biographien der Priester begnügen.
Schon im Jahr 1289 besaß die Abtei Gengenbach das Patronatsrecht (jus patronatus) „in ecclesia vallis Norderahe“. Im Jahr
1666 erscheint der Abt von Gengenbach immer noch als Kollator und Zehntherr, „Patronus coeli est S. Udalricus“. Pfarrer 1423
erstmals erwähnt, schreibt Krieger in seinem Wörterbuch [1]
. Wir
hatten das Glück, noch zwei ältere aufzuspüren.
Innerhalb der Geschichtswissenschaft hat seit geraumer Zeit
die Beschäftigung mit den Fragestellungen und Problemen der
sogenannten „historischen Authentizität“ eine enorme Bedeutung erlangt. Insbesondere das Museumswesen und die Gedenkstättenarbeit sind davon in besonderer Weise berührt.
Woher rührt das Bedürfnis nach dem historischen Echten und
Realen und wie lässt sich diese Authentizität feststellen oder
festschreiben? Wie geht man andererseits mit nur inzenierten
oder konstruierten vermeintlich historischen Orten um? [1]
Lassen sich beide Kategorien – der authentische oder der inszenierte Ort – immer klar voneinander trennen?
Diese Fragestellungen zur „historischen Authentizität“ lassen sich exemplarisch auf einen Ort jüdischer Regionalgeschichte beziehen, der inzwischen aus dem Schuttertal bekannt geworden ist: das sogenannte „Judewegle“ bei Dörlinbach.
Die Erschließung der Wälder durch Wege ist eine notwendige
Kulturleistung mit unterschiedlichen Absichten. Ohne Wegebau könnte der Wirtschaftsfaktor Wald nicht genutzt werden.
Allerdings waren diese Wege früher nicht von solcher Breite
wie die heutigen, die schließlich auch einem Langholzfahrzeug
die Passage ermöglichen müssen. Zudem erfolgte der eigentliche Holztransport vom Schlag weg oft mit Pferden auf schmalem Weg zu einer hölzernen Rutschrinne, der Riese. Der Bau
von Spazier- und Wanderwegen ist erst eine Erscheinung des
beginnenden 19. Jahrhunderts. Denn die Romantik liebte das
Wandern durch die Natur. Heute haben Barfußpfade Konjunktur, Mountainbike-Trails, Walkingtouren, auch unterm Hohen
Horn. Einige willkürlich ausgesuchte Aspekte zu dieser „Unterwegsgeschichte“ in der Ortenau mögen die Vielfalt des Themas
andeuten. Aus autobiographischen Gründen des Verfassers soll
das Hohe Horn, der Hausberg Offenburgs, als Untersuchungsobjekt dienen.
Die Welt war wohl auch schon im Jahre 1825 recht klein, als
Dr. Johann Paul, Königlich Bayerischer ordentlicher „Profeßor“
zu Erlangen sein allgemeines „Alphabetisches Repertorium des
neuesten Wissenswürdigsten und Anwendbarsten aus den gemeinnützigsten und wichtigsten Wissenschaften“, ein allgemeines „Hand- und Hülfsbuch” für denkende Geschäftsmänner und gebildete Leser, in Erlangen herausbrachte. In diesem
Buch, in dem spezielles Wissen für alle Lebenslagen beschrieben ist, wurde auch eine Geschichte niedergeschrieben, die
eine historische Verbindung mit Goldscheuer hat. Allerdings
spielte sich diese nicht im Erscheinungsjahr des oben beschriebenen Buches, sondern bereits im Jahre 1819, also vor 194 Jahren, ab. Es handelt sich um die Geschichte einer „Wasserreisemaschine“, die ein Erfinder namens Xaver Michel aus Offenburg ersann, konstruierte und bei Goldscheuer unter Zeugen,
die aus der Gemeinde stammten, präsentierte.
Ob die Deutschen wirklich mit Hurra in den Ersten Weltkrieg
gezogen sind, ist umstritten. Für die Behauptung spricht eine
hohe Zahl von Kriegsfreiwilligen. In den ersten Tagen der Mobilmachung im August 1914 haben sich 1 Million junger Männer freiwillig zu den Waffen gemeldet, wie z. B. der aus Nonnenweier stammende Ludwig Frank. Der in Mannheim tätige
Rechtsanwalt gehörte zu den führenden Köpfen der Sozialdemokratie. Deren Anhänger wurden gelegentlich als Vaterlandsverräter beschimpft, weil sie die geplanten Rüstungsausgaben
nicht bewilligen wollten. In der „Stunde der Not“ wollten sie
nun mit ihrer Meldung zum Militär das Gegenteil beweisen.
Was für die römische Interpretation der einheimischen Götter
in der Zeit Cäsars Geltung hatte, gewann 100 Jahre später, als
die Römer die südwestdeutschen Gebiete erobert hatten, eine
noch größere Bedeutung: In der frühen Kaiserzeit des ersten bis
dritten Jahrhunderts fand der Merkurkult im keltischen und
germanischen Kulturbereich der römerzeitlichen Bevölkerung
eine äußerst große Verbreitung. Auch in der römischen Ortenau finden wir bei Kaufleuten, Handwerkern, Soldaten und
kleinen Leuten den sehr beliebten Gott vertreten. Er stand an
Passstraßen, Wegkreuzungen, auf den Hausaltären der Häuser
und als eine der Gottheiten auf den Viergöttersteinen. Im Offenburger Museum ist er allein dreimal vertreten. Der bedeutendste von ihnen und sicher einer der schönsten weit und
breit verkörpert den Gott in einer feuervergoldeten kleinen
Silberstatuette. Vor genau 80 Jahren durch Zufall ans Tageslicht
gekommen, soll uns der Offenburger Merkur aus der Kinzig
nun auf unserer Reise durch die römerzeitliche Ortenau und
ihre damaligen Verkehrswege vor 2000 Jahren begleiten: Mit
Merkur unterwegs soll auch die Geschichte von drei Jahrhunderten Römerzeit in unserer Region erkundet werden und mit
Merkur als Schutzgott findiger Archäologen auch der spannende Weg der Forschung besonders der letzten Jahrzehnte
erschlossen werden. Dabei wird Offenburg in seiner Bedeutung
als Stadt des Merkur, des Handels, des Verkehrs und der Kultur
schon in der Römerzeit noch deutlicher vor Augen treten.
Bootsflüchtlinge 1939
(2016)
Am 13. Mai 1939 stach das Transatlantik-Passagierschiff „St.
Louis“ der Hamburg-Amerika Line (Hapag) in Hamburg in See.
An Bord waren über 900 Juden. Unter den Passagieren war –
neben 21 noch jüngeren Kindern – auch die 4-jährige Sonja
Maier aus Malsch bei Ettlingen. Es sollte keine lustige Seefahrt
werden.
Sonja Maier war die Tochter von Ludwig Maier (geboren am
19. August 1901) aus Malsch bei Ettlingen und Freya Valfer
(geboren am 29. Mai 1910) aus der Poststraße 2 in Kippenheim.
Die Hochzeit der beiden fand am 15. Januar 1933 im Wohnort
der Braut statt – es sollte die letzte Eheschließung unter der
Chuppa in der Kippenheimer Synagoge sein.
Wer weiß heute noch, was ein Scharf- oder Nachrichter tat und
warum man ihm ungern begegnete? Wer weiß noch, dass es
einst eine Gesellschaftsordnung gab, die sich in Klassen oder
Stände unterschied? Wer weiß noch, dass damals Ehre so viel
wert war wie persönliches Kapitalvermögen? Es fällt schwer,
sich die Antworten auf diese Fragen vorzustellen.
Wer sich mit lokaler Geschichte befasst, stößt irgendwann
unweigerlich auf Gerichtsprozesse, bei denen Menschen für ihr
Tun (oder auch Nichttun) mit ihrem Leben bezahlten. Nach
erfolgter gütlicher, doch meist eher peinlicher Befragung (also
der Folter), wie das so lapidar heißt, erfolgte die Hinrichtung.
Ausgeführt wurde diese vom Scharf- oder Nachrichter, manchmal auch Henker genannt.
Im Frühjahr 1953 erwarb das Progresswerk Oberkirch A.G.
(PWO) die Konstruktionspläne des Untertürkheimer Rollerbauers Gottfried Gassmann. [1]
Unter der Projektleitung von Werner
Abel entwickelte man das Modell weiter zur Serienreife. Auf der
zweiten Internationalen Fahrrad- und Motorradausstellung in
Frankfurt im Herbst 1953 konnte erstmals der Prototyp des
neuen Rollers vorgestellt werden. [2]
Bis 1960 baute das in Stadelhofen ansässige Unternehmen Roller, zuerst den „Strolch“ und
dann dessen Nachfolge-Modell „Progress 200“. [3]
Am 5. September 1914 – rund fünf Wochen nach Ausbruch des
1. Weltkriegs – riefen das großherzoglich-badische Ministerium
für Kultus und Unterricht und der Badische Jugendwehrausschuss zur Bildung von Jugendwehren auf. [2]
Damit folgte Baden
dem preußischen Beispiel, wo schon am 16. August 1914 die
Errichtung von Jugendkompanien bekannt gegeben worden
war. [3]
Der Beitrag listet zahlreiche Neu- und Wiederfunde
von Flechten für Naturräume und größere Regionen
von Süddeutschland und angrenzenden französischen
Gebieten auf. Einige der Funde sind Erstnachweise für
Deutschland. Sie werden mit entsprechenden topographischen und ökologischen Daten und Herbar-Referenzen vorgestellt. Bemerkenswert sind u.a. der Wiederfund von Sclerophora farinacea, die in Deutschland 150
Jahre verschollen war, und die Zuordnung einer vielfach
gesammelten sterilen Flechte zu Biatora aureolepra, einer Art hochmontaner Nadelwälder. Ausführlicher wird
auf die Floristik des Candelariella efforescens-Aggregates im Gebiet eingegangen. Die Synonymisierung von
Lecidea scabridisca mit Rimularia mullensis und von Lecidea vezdai mit Miriquidica complanata wird erklärt.
Anlässlich des 175-jährigen Bestehens des Naturwissenschaftlichen Vereins Karlsruhe e.V.
(NWV) bereitete das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK) unter maßgeblicher
Beteiligung des ehemaligen Leiters der Entomologischen Jugendarbeitsgemeinschaft, Dr. Peter Müller, die kleine Sonderausstellung „175
Jahre Naturwissenschaftlicher Verein Karlsruhe
e.V.“ vor, welche am 10. November 2015 eröffnet
wurde. Vorgestellt wurden, neben der Historie
des Vereins, berühmte Naturwissenschaftler aus
dem 19. und 20. Jahrhundert, die Mitglieder des
NWV waren. Jede Persönlichkeit vertrat dabei
in der Ausstellung eine bestimmte naturwissenschaftliche Disziplin.
Hochmontane bis subalpine Lebensräume prägen das
Frankenthal als Teil des Réserve Naturelle Nationale
Frankenthal-Missheimle (Dep. Haut-Rhin, Frankreich).
Auf 40 ha Fläche wurden 2011 und 2012 insgesamt
187 Schwebfliegenarten und damit 84 % der aktuell
aus den Vogesen bekannten Arten nachgewiesen, wobei für zehn Arten der derzeitige Artstatus klärungsbedürftig ist.
Der Methodenvergleich von Malaise-Fallen und selektiven Handfängen zeigt, dass die Kombination beider
Methoden zur Gesamterfassung einen wesentlichen
Beitrag geleistet hat. Der zusätzliche Einsatz von Malaise-Fallen ist in potenziell sehr artenreichen Gebieten
fachlich sinnvoll.
2016 konnte das Regierungspräsidium Karlsruhe
das Naturschutzgebiet „Pfinzquellen“ ausweisen. Das
Naturschutzgebiet „Pfinzquellen“ liegt zwischen den
Ortsteilen Ittersbach, Langenalb und Feldrennach
der beiden Gemeinden Karlsbad und Straubenhardt
und umschließt den Norden des Ortsteils Pfinzweiler.
Es handelt sich um eine der letzten großen zusammenhängenden
Wiesenlandschaften des nördlichen
Schwarzwaldes.
Rund 220 ha, also etwa 75 % des gesamten Naturschutzgebietes,
sind Grünland. Es setzt sich aus den
nach der Roten Liste Baden-Württembergs gefährdeten
Nasswiesen basenarmer Standorte, den ebenfalls
gefährdeten Magerwiesen mittlerer Standorte, den
stark gefährdeten Pfeifengras-Streuwiesen sowie den
Fettwiesen mittlerer Standorte zusammen. Die Magerwiesen
zählen zu dem nach der europäischen Flora-
Fauna-Habitat-Richtlinie geschützten Lebensraumtyp
(FFH-LRT) „Magere Flachlandmähwiese“ (Code
6510), und die Pfeifengras-Streuwiesen zu dem FFHLRT
„Pfeifengraswiese“ (Code 6410). Naturschutzfachlich
besonders wertvoll sind die Nasswiesen und die
Pfeifengras-Streuwiesen im Feuchtbereich des Naturschutzgebietes.
Wie ihr Gefährdungsgrad anzeigt, verschwinden
diese Lebensräume in Baden-Württemberg
zusehends, sofern sie nicht durch Schutz- und Pflegemaßnahmen
aktiv erhalten werden.
Besonders herauszuheben sind die Wiesen auf Ittersbacher
Gemarkung, die durch ihren Reichtum an besonders
geschützten Pflanzenarten, wie z.B. diversen
Orchideenarten, Schlüsselblume und Heilziest ein botanisches
Highlight in der Region darstellen.
Aufgrund des offenen Charakters der Landschaft
und der aus den bestehenden Quellen entstandenen
Feuchtwiesen stellt das 290 ha große Areal nicht nur
einen wertvollen Lebensraum für seltene Pflanzenarten
dar, sondern ist besonders für bodenbrütende
Vogelarten ein unersetzlicher Lebensraum. Insgesamt
konnten im Gebiet rund 32 % der in Baden-Württemberg
brütenden Vogelarten festgestellt werden. Durch
seine große Vielfältigkeit bietet das Gebiet für eine
beeindruckende Anzahl von Vogelarten einen geeigneten
Lebensraum als Brut-, Nahrungs- und Winterquartier.
Nicht weniger als acht Fledermausarten
sowie 19 Heuschrecken-, 46 Tag- und 204 Nachtfalterarten
sowie viele weitere Tierarten haben hier ihren
Lebensraum.
Die Schutzwürdigkeit wird durch die große Vielzahl
an seltenen und hoch gefährdeten Tier- und Pflanzenarten
und Lebensraumtypen verdeutlicht. Bereits
bestehende Schutzkategorien wie das FFH-Gebiet,
ein Landschaftsschutzgebiet und zahlreiche nach § 30
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützte
Biotope
unterstreichen diese Feststellung. Die bereits
bestehenden rechtlichen Bestimmungen müssen jedoch
ergänzt und konkretisiert werden, um den Schutz
aller vorhandenen Lebensräume und Arten zu gewährleisten.
Die insbesondere für dichter besiedelte Räume
sehr hohe Vielfalt der Flora und Fauna des Gebietes
soll durch die Unterschutzstellung bewahrt, seine Lebensräume
sollen durch eine naturverträgliche Nutzung
(weiter) gepflegt und entwickelt werden.
Günther Müller †
(2016)
Günther Müller verstarb am 2. Dezember 2015
im Alter von 90 Jahren in Rheinstetten-Mörsch
bei Karlsruhe. Seine Liebe gehörte der Vogelwelt, dem Naturschutz und seiner Frau Maria,
die ihn bei vielen seiner Aktivitäten in der Freizeit
begleitete. Prägend für die Naturschutzverwaltung war insbesondere seine Zeit als Leiter der
Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspfege in Karlsruhe (BNL) von 1972 bis 1987.
Aber auch als ehrenamtlicher Naturschützer war
er sehr aktiv. Als Pensionär hatte er noch lange
Jahre im Karlsruher Naturkundemuseum einen
Arbeitsplatz.
Tokukobelba is proposed as a new genus in the oribatid
mite family Damaeidae Berlese, 1896. The species
Tokukobelba compta (Kulczyński, 1902) comb.
nov. is redescribed based on specimens collected in
Heidelberg in Germany. The distinguishing traits of
Tokukobelba, which include the presence of prodorsal
apophyses Aa and Ap, the occurrence of only 2 setae
on femur IV, and a solenidion coupled with the dorsal
seta d on the tibiae of legs I-IV are most unusual for a
damaeid mite. The taxonomy and evolutionary systematics
of the new genus are discussed. Evidence from
comparative morphology suggests a basal position of
Tokukobelba within its family.
Franz Kirsch †
(2016)
Wenn ein langjähriger aktiver Mitarbeiter stirbt, sozusagen ein „Mann der ersten Stunde“ wie Franz
Kirsch es war, so bedeutet das für den ehemaligen Projektleiter und Herausgeber der „Schmetterlinge Baden-Württembergs“ eine schmerzliche
Empfindung. In der Rückerinnerung an die jahrelange fruchtbare Zusammenarbeit bleibt sie als
solche bestehen. Zugleich führt sie noch einmal
die Lage vor Augen, in der sich vor etwa vierzig
Jahren die damals noch relativ zahlreichen Freizeitentomologen und Naturbeobachter befanden.
Die neue Art Micarea kemmleri Brackel wird beschrieben. Der lichenicole, nicht-lichenisierte Pilz wurde im
Herbarium Poll auf einem Beleg von Cladonia squamosa, gesammelt von C. A. Kemmler Mitte des 19.
Jahrhunderts, gefunden. Die neue Art unterscheidet
sich von den bekannten Micarea-Arten durch die Kombination von fehlendem Thallus, einem völlig farblosen
Apothecien-Schnitt und ellipsoiden, einzelligen Ascosporen mit einer Länge von unter 10 µm.
Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2015/2016 sind Digital
Natives. In erster Linie sind darunter Menschen zu verstehen,
die mit digitalen Technologien aufgewachsen und in ihrer
Benutzung routiniert sind. Die klassen- und stufenübergreifende Begabten-Arbeitsgemeinschaft Geschichte des Anne-Frank-Gymnasiums Rheinau hat in diesem Schuljahr die
übergreifende Leitfrage verfolgt, wie es in einer zunehmend
durch Digitalisierung und Technisierung geprägten Lebenswelt gelingen könnte, an die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichende Regionalgeschichte der jüdischen Bürgerinnen und
Bürger aus Rheinbischofsheim und (Neu-)Freistett zu erinnern.
Ebersweier, eine kleine Ortschaft im Herzen der Ortenau,
wurde im Jahr 1215 erstmals urkundlich erwähnt als Ebirswilre. Der Ort liegt in der Vorbergzone, am Eingang in das
Durbachtal. Noch vor 200 Jahren war Ebersweier ein reines
Straßendorf, das sich auf beiden Seiten des „Durbachs“ entlangzog. Seit 1973 ist die ehemals selbstständige Gemeinde
Ebersweier ein Ortsteil der Gesamtgemeinde Durbach.
Jahrhundertelang war der Weg über Ebersweier für die Bewohner des hinteren Durbachtals die einzige größere Verbindung ins Land. Spätestens mit dem Bau der Eisenbahnlinie,
dem Bahnhof Offenburg und dem Bahnhalt in Windschläg
gewann die Straße über Ebersweier zu den Bahnstationen zunehmend an Bedeutung. Andererseits gelangten aber auch
Fremde und „Schaulustige“ nur über Ebersweier zum Wahrzeichen des Durbachtales, dem Schloss Staufenberg.
Im Jahr 1864 erreichte den Schiltacher Floßmeister Abraham
Koch (1815–1878) [1]
, der sein Handwerk auf der Schwarzwälder
Kinzig ausübte, ein Auftrag besonderer Art: Er sollte begutachten, ob die hier praktizierte Art der „Gestörflößerei“ auf die
Ybbs, einen Alpenfluss in Niederösterreich, übertragen werden
konnte. Auftraggeber waren die Holzhändler André & Götz
frères in Straßburg. Sie kannten Koch von der Kinzigflößerei,
deren Holz großteils dorthin verkauft wurde. [2]
Die Straßburger
hatten die Absicht, die bisherige k. k. Domäne Waidhofen zu
erwerben, aufgrund ihrer riesigen Wälder [3], die bisher kaum
verwertet wurden. Voraussetzung war ein sicherer Abtransport
der Stämme, wofür bei den schlechten
Straßen nur der Wasserweg infrage kam.
Es war ein glücklicher Fund wider das Vergessen: ein Aktenfaszikel aus 147 Blättern, mit einer groben Schnur zusammengeheftet, die Seiten eng beschrieben mit Schreibmaschine und
einer sehr schönen und regelmäßigen, gleichwohl oft nicht
leicht lesbaren altdeutschen Schreibschrift. Über ein halbes
Jahrhundert lang hatte das Bündel im Schrank des katholischen Pfarrhauses in Schutterwald verborgen gelegen, und
nachdem ein neuer Pfarrer eingezogen war, bewahrte es nur
die glückliche Aufmerksamkeit eines Fußgängers vor der Vernichtung und dem endgültigen Vergessen auf einem Haufen
Sperrmüll am Straßenrand. Schließlich waren die Blätter über
einige merkwürdige Umwege auf mich gekommen.
Hätten Sie gedacht, dass Sie bei der Fahrt durch das altbadische
Oberrheintal von Karlsruhe nach Basel mindestens drei große
Mundartlandschaften durchqueren und Dutzende von Mundartlinien überschreiten? Statt der schnellen Autofahrt von
2 Stunden 13 Minuten können Sie aber auch das langsamere
Fahrrad für die von Google maps auf 197 km berechnete Strecke vom Karlsruher Schlossplatz bis zum Basler Barfüßerplatz
benutzen – und ganz nebenbei die Mundartsprecher in den
Dorfwirtschaften beim Bier oder Wein belauschen. Natürlich
können hier nicht alle typischen mundartlichen Lautungen
und Wörter aufgelistet werden, sondern einige besonders wichtige, die einen kleinen Einblick in den lautlichen, grammatischen und lexikalischen Reichtum der Mundarten am Oberrhein geben sollen.
„Omnia ad maiorem Dei Gloriam“ (Alles zur größeren Ehre
Gottes), so lautet der Leitspruch der Jesuiten, die bis zur Aufhebung ihres Ordens (1773) in der Markgrafschaft Baden wirkten.
Ihre Missionstätigkeit in der Niederlassung Ottersweier, von wo
aus sie auch die umliegenden Orte und darunter auch Bühl
betreuten, ist nun in dem zweibändigen von der Stadt Rastatt
in Auftrag gegebenen und von Hans Heid herausgegebenen
Werk „Die Jesuiten in der Markgrafschaft Baden (1570–1773)
Heidelberg 2015“ ausführlich dargestellt.
Fremde Heimat
(2016)
Vor 70 Jahren hatten Millionen Deutsche ihre Heimat verloren
und hofften auf eine Herberge im zerstörten Nachkriegsdeutschland. Städte und Dörfer haben unter großem Einsatz
die riesige Herausforderung gemeistert. Etwa 240 Personen aus
den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Grenze und aus Ost- und
Südosteuropa sind in Steinach mittellos angekommen. Eine
große Zahl konnte sich hier einrichten und Wurzeln schlagen.
Andere sind weitergezogen. Einige waren bereit über Erlebtes
und Überliefertes zu sprechen. Die Neubürger von damals
haben auf vielfältige Weise das dörfliche Leben wieder mit aufgebaut, mit gestaltet und auch bereichert. Sie waren in der
neuen Heimat angekommen. Mit diesem Aufsatz soll an die
Flüchtlinge und Vertriebenen von damals erinnert werden.
Unberücksichtigt bleiben die Schrecken und Leiden derjenigen, die beim Einfall der Roten Armee als Jugendliche für Jahre
zur Zwangsarbeit nach Russland verschleppt worden waren. Es
hätte den Betroffenen unnötige Qualen bereitet. Es fehlen
auch die Schicksale der Menschen, die die sowjetisch besetzte
Zone verlassen mussten und die Geschichten der Russlanddeutschen, was den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte
Die Eisenbahnstraße in Bühl
(2016)
Die Eisenbahnstraße entstand seit der Mitte des 19. Jahrhunderts und ist Bühls einzige Prachtstraße. Sie stellt in der Stadtbaugeschichte ein Novum dar. Bühl ist im Grunde ein Straßendorf, das sich entlang der Hauptstraße nördlich und südlich
der Pfarrkirche entwickelt hat. Die älteste erhaltene Ansicht der
Stadt wird im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrt und
stammt aus dem 17. Jahrhundert. [1]
Es ist eine Karte des windeckischen Forstes, bei der es sich um die Kopie einer älteren
Karte aus der Zeit um 1580 handelt. [2]
Auf diesem Plan sind die
Bühlotbrücke und rund 50 Häusern entlang der Straße zu
sehen. Auch eines der beiden Stadttore ist erkennbar. [3]
Im Jahre 1885 besuchte Amand Goegg aus Renchen – wohlbekannt aus den Darstellungen zum Aufstand in Baden 1849 –
mit seiner Schwester Anna in Mailand die Familie von August
Stigler und fand hier überaus herzliche Aufnahme. August
Stigler? Wer war das?
August Stigler wurde am 26. Juli 1832 in Renchen geboren. [2]
Sein Vater, Jakob Stigler, geboren am 31.3.1795 in Urloffen, [3]
war ein Sohn des dortigen „Kronen“-Wirts Franz Joseph Stigler
und dessen Ehefrau Franziska Geldreich. Die Stiglers sind seit
1650 in Urloffen als Gastwirte nachweisbar – Nachkommen
wurden in vielen Orten der Ortenau als Gastwirte ansässig. Die
Mutter von August Stigler, Katharina, war eine 1796 geborene
Tochter des Renchener „Salmen“-Wirts Franz Joseph Behrle.
Bereits im Mittelalter und vermutlich schon seit der Römerzeit kreuzten sich in Offenburg zwei wichtige Fernstraßen: Die alte Reichsstraße, die als Nord-Süd-Verbindung die
Handelszentren Frankfurt und Basel im Rheintal verband,
verlief entlang der hügeligen Vorzonen des Oden- und des
Schwarzwalds. [1]
Die West-Ost-Verbindung aus Frankreich
querte bei Straßburg – Kehl den Rhein, verlief ab Offenburg
durch das Kinzigtal und führte über Schaffhausen in die
Schweiz. [2]
Jeder muß wissen, worauf er bei einer Reise zu sehen hat und
was seine Sache ist“, schrieb Goethe, der ein eifriger Wanderer
und Reisender war. Worauf einer zu sehen hat: darauf wiesen
seit dem 19. Jahrhundert Reiseführer hin. Der älteste in deutscher Sprache ist der Baedeker von 1842. [1] Es ist reizvoll, sich
mit solch alten Begleitern auf die Reise in die Ortenau und
Umgebung zu machen. Der Bau der Rheintalbahn begann
1838, erreichte Offenburg 1844 und Freiburg 1845. Dennoch
war das Hauptreisemittel zu jener Zeit noch die Postkutsche.
Der „Eilwagen“ bediente täglich die Strecke Frankfurt–Basel. [2]
„Die große Strasse von Frankfurt nach Basel theilt sich in Rastadt; ein Zweig, die Rheinstrasse, geht rechts nach Kehl und
Strassburg; der andere, dem wir jetzt folgen wollen, zieht sich
links am Fuss der Hügel hin und wird die Bergstrasse (nicht zu
verwechseln mit jener nördlich von Heidelberg) genannt. Der
Eilwagen zwischen Frankfurt und Basel wechselt mit beiden
Wegen ein um den anderen Tag; sie vereinigen sich wieder in
Dinglingen.“ Ein „Eilwagen“ verband Kehl über Offenburg, das
schöne Landschaften darbiete, die allerdings denen des Höllentals nachstünden, durch das Kinzigtal und Donaueschingen
mit Schaffhausen, insgesamt 22 Meilen [3]
. Von Hausach wird
berichtet: Eine Straße führe von hier nach dem Badeorte Rippoldsau. … „Die Häuser mit breiten Dächern, die Volkstracht,
auch selbst die häuf g vorkommenden Cretins erinnern an
ähnliche Erscheinungen in der Schweiz.“ [4] Eine weitere Verbindung ging von Strassburg nach Süden über den Kniebis und die
Bäder von Griesbach und Rippoldsau. „Dieses ist der nächste
Weg von Strassburg nach Stuttgart und die Entfernung ungefähr um 1/3 geringer, als über Karlsruhe; der erste Theil des
Weges ist jedoch nicht im besten Zustande und wird daher
wenig befahren. Unser Weg durchschneidet 2 Stunden von
Kehl die grosse Frankfurt-Baseler Strasse.“
"Natus"
(2016)
Genau ein halbes Jahrhundert ist mittlerweile vergangen, seit die Lokalbahn durchs Bottwartal zum letzten Mal Berufspendler und wanderbegeisterte Tagestouristen beförderte. Im Jahr 1965 glaubten etliche Bürger im Bottwartal und manche Eisenbahnfreunde an eine Zukunft der Bahn: Die neue Diesellokomotive war da, an schönen Wochenenden waren die Züge pratzelvoll. Das Tal wurde zunehmend Ziel begeisterter Fahrgäste, Gutachten mahnten zum Erhalt der Verkehrsverbindung. Doch sang- und klanglos verkehrte am 24. September 1966, also vor 50 Jahren, der letzte planmäßige Personenzug auf der Bottwartalbahn. Und keine drei Jahre später lag vom einstigen Stolz des Bottwartals schon kein Meter Gleis mehr.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Strohgäu nur am äußersten Rand von Bahnstrecken berührt. Dabei hatte sich längst herausgestellt, dass die Eisenbahnstrecken – wie es ein Politiker damals ausdrückte – »die großen Schlagadern des
Landes sind, nach denen sich aller Verkehr richtet«. In den von Bahnstrecken erschlossenen Orten siedelten sich Gewerbe und Industrie an, hier wurden Arbeitsplätze geschaffen und allmählich konnte ein bescheidener Wohlstand entstehen. Es verwundert daher nicht, dass damals auch im Strohgäu – wie überall in Deutschland in eisenbahnfernen Gegenden – auf kommunaler Ebene Bestrebungen zum Bau von Nebenbahnen einsetzten.
»Die erste Probefahrt auf der Eisenbahn von Stuttgart nach Ludwigsburg fand gestern [30. September] statt. Früh ½ 8 Uhr verkündete das Pfeifen der Locomotive ihre Ankunft auf dem hiesigen Bahnhof. Die Fahrt auf der ganzen Strecke ging glücklich von statten. Der Locomotive waren angehängt ein Personen- und ein Packwagen. Weitere Probefahrten mit entsprechender Zahl von Personen- und Packwägen finden heute und morgen statt und es soll die Bahn am kommenden Samstag dem Staat zum Betrieb übergeben werden.« Diese bescheidene Notiz im Ludwigsburger Tagblatt vom 1. Oktober 1846 bedeutete das Ende der eher beschaulichen Zeiten für Ludwigsburg; modernere Zeiten kündigten sich mit dem Pfeifen der Lokomotive an. Stuttgart, bisher etwa zwei Postkutschenstunden von Ludwigsburg entfernt, war jetzt viermal am Tag in einer halben Stunde zu erreichen. Diesem historischen Ereignis ging eine landesweit gut zehnjährige Planungsphase voraus, über die in der örtlichen Presse erstaunlicherweise fast gar nicht berichtet wurde.
»1940 – Zur Erinnerung an alle behinderten Menschen aus diesem Heim, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft ermordet wurden. Zur dauernden Mahnung an uns, jeder Menschenverachtung und Unduldsamkeit zu wehren – 1997«. So lautet die Inschrift des Mahnmals am heutigen Behindertenheim Markgröningen, das zum hundertjährigen Bestehen der Einrichtung eingeweiht wurde, fast sechzig Jahre nach den Krankenmorden des Jahres 1940. Vorausgegangen waren Recherchen von Mitgliedern der Alexander-Seitz-Geschichtswerkstatt Marbach, die auch in Aufsätzen publiziert worden waren, und ein Vortrag vor Ort, der sich mit den damaligen Geschehnissen befasst hatte und zur Gründung des Arbeitskreises Mahnmal führte. Inzwischen sind weitere Jahre vergangen, und das Gedenken an die Deportationen vor mehr als 75 Jahren gab den Anlass, noch einmal näher nachzuforschen und einen Blick auf die damaligen Ereignisse und die damals agierenden
Personen zu werfen. Hierfür konnten weitere Quellen ausgewertet werden, die bei den ersten Forschungen von Rudi Maier und Klaus Schönberger noch nicht zugänglich waren und daher keine Berücksichtigung finden konnten.
Als König Friedrich von Württemberg (1754–1816) vor 200 Jahren, am 30. Oktober 1816, in Stuttgart verstarb, begann für das Ludwigsburger Schloss eine neue Zeitrechnung. Während Friedrichs Regierungszeit – von 1797 bis 1816 – diente die Schlossanlage mit den weitläufigen Gärten und den nahegelegenen Schlösschen Favorite und Monrepos als herrschaftliche Sommerresidenz und beliebter Aufenthaltsort des württembergischen Hofes in der warmen Jahreszeit. Alljährlich zum Osterfest im Frühjahr zog Friedrich mit seinem Hofstaat von seiner Haupt- und Winterresidenz, dem Neuen Schloss in Stuttgart, nach Ludwigsburg um und blieb meist bis Anfang Oktober, ehe die Kisten und Kutschen erneut gepackt wurden und alle wieder nach Stuttgart zurückreisten. Im Schloss und in der Stadt pulsierte in diesen Monaten geschäftiges Treiben, denn auch die Dienerschaft, der Adel sowie Künstler, Handwerker und Kaufleute hielten sich nun verstärkt in der Ludwigsburger Residenzstadt auf. Immer wieder wurden Botschafter, Gesandte, Familienmitglieder oder auch hochrangige Staatsgäste und Würdenträger empfangen und vereinzelt fanden größere Feste, Hofbälle und Truppenrevuen im Schloss beziehungsweise in der näheren Umgebung statt.
Im Rahmen seiner Magisterarbeit über die Gruftkapelle Thurn und Taxis in Regensburg befasste sich der Autor auch mit dem Architekten des Gruftbaues. Es war dies der thurn- und taxissche Baurat Carl Victor Keim. Als im Verlauf der Recherchen zutage kam, dass Keim einer umfangreichen Sippe von mehr oder weniger bekannten Künstlern und Architekten angehörte, bot es sich an, diese Sippe näher und im Zusammenhang zu untersuchen. Dieser Aufsatz soll sich jedoch ausschließlich mit dem Vertreter der ersten Generation, dem herzoglich württembergischen Premiermaschinisten Johann Christian Keim befassen. Den Vertretern der Folgegenerationen – den Söhnen Aloys Keim (* Ludwigsburg, † Nürnberg) und Franz Xaver Keim (* Ludwigsburg, † Regensburg), den Enkelsöhnen Carl Victor Keim (* Schwabach, † Regensburg), Hermann Keim (* Nürnberg, † Regensburg) und Carl Alexander Heideloff (* Stuttgart, † Haßfurt), dem Urenkel Adolf Keim (* Regensburg, † St. Ulrich-Ortisei) und dem Ururenkel Hermann Keim d. Jüngeren (* St. Ulrich-Ortisei, † St. Christina), die allesamt nicht mehr in Württemberg aktiv waren – sollen eigene Beiträge gewidmet werden.
1250 Jahre Ottmarsheim
(2016)
In der Oberamtsbeschreibung von 1866 heißt es über Ottmarsheim unter anderem: »Der im allgemeinen freundliche, meist aus mittelgroßen Gebäuden bestehende Ort ist reinlich gehalten« und hat auf der Hochebene über dem Neckartal eine »sehr angenehme, freie, jedoch etwas geschützte Lage«. Das Rathaus »mit Türmchen und Glocke auf dem First liegt von allen Seiten frei an der Hauptstraße in der Mitte des Orts und entspricht seiner Bestimmung«. Die 804 Einwohner des Dorfes sind »im allgemeinen kräftige, geordnete Leute, bei denen Sparsamkeit und Fleiß für die höchsten Tugenden gelten«. Ihre Haupterwerbsquellen »bestehen in Feldbau und Viehzucht«. Gutes Trinkwasser liefern »hinlänglich 3 laufende und 8 Pumpbrunnen«. Die Gemeinde ist schuldenfrei. Seit diese Sätze geschrieben wurden, sind 150 Jahre vergangen, und in diesen 150 Jahren hat sich sehr viel verändert: Aus den 804 Einwohnern von einst sind mittlerweile rund 2300 geworden. Die Landwirtschaft spielt heute auch in Ottmarsheim nur noch eine Nebenrolle. Um an gutes Trinkwasser zu kommen, muss man schon lange nicht mehr den mühsamen Weg zu den verschiedenen Brunnen auf sich nehmen, sondern genügt es, einfach den Wasserhahn aufzudrehen. Und Ottmarsheim ist auch nicht mehr schuldenfrei. 1971, bei der Eingemeindung nach Besigheim, lag die Pro-Kopf-Verschuldung bei 211 Mark, also rund 108 Euro, und heute ist sie noch um einiges höher.
Im Jahre 1979 – vor fast 37 Jahren – fand die vom Alemannischen Institut veranstaltete Tagung
„Kelten und Alemannen im Dreisamtal“ statt; der Band mit den Tagungsbeiträgen ist 1983
erschienen.[1] Neuere Entwicklungen machen es nun möglich, eine Bilanz zu ziehen und aufzuzeigen,
was seither erreicht worden ist.
In den 1190er-Jahren entstand vor Akkon ein Feldspital, aus dessen Personal binnen kurzer
Zeit der dritte große Ritterorden, der Deutsche Orden, hervorging. Die Ordensbrüder legten
Mönchsgelübde ab und widmeten sich als Ritter dem Kampf gegen ‚Ungläubige‘ sowie dem
Hospitaldienst. Zur Unterstützung dieser beiden Kernaufgaben entstanden schon bald Ordenshäuser
in Europa, vor allem nördlich der Alpen, so auch in Freiburg im Breisgau.
SI AN DIC VNT NIT AN MIC
(2016)
Im ersten der sechs „Bestandskataloge der weltlichen Ortsstiftungen der Stadt Freiburg im
Breisgau“, der die kunstgewerblichen Arbeiten aus Metall umfasst, findet sich die eingehende
Beschreibung einer Zinnplatte, die – als bisher einzige Arbeit – aufgrund des Beschau- und des
Meisterzeichens dem Freiburger Zinngießer Ludwig Dürckenheimer zugewiesen werden kann,
der das Stück für die Adelhauser Dominikanerinnen gefertigt hat – oder vorsichtiger formuliert:
deren Konvent als Vorbesitzer der Dürckenheimer-Arbeit (siehe Abb. 5) anzusehen ist.
Joseph Kränckel
(2016)
Am 27. August 1789 verstarb in Freiburg im Breisgau der aus dem Fürstbistum Eichstätt in Bayern
stammende Uhrmacher (Franz) Joseph Kränckel.[1] Im Sterberegister des Freiburger Münsters
lautet seine Berufsbezeichnung Geometrischer Revisor.[2] Die Verlassenschaftsakten nennen
ihn einen zünftigen Uhrenmacher und breysgau-landständischen geometrischen Revisor.[3]
Im November 1905 erhielt der 43-jährige, im neunten Semester in Straßburg lehrende und bislang
nur durch Arbeiten zur preußischen Reformzeit hervorgetretene Friedrich Meinecke einen
Ruf an die hiesige Albert-Ludwigs-Universität. Als er gut acht Jahre danach Freiburg im
Spätsommer 1914 wieder verließ, erwarteten ihn besondere akademische Ehren. Das Kollegium
der berühmten Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität hatte ihn zum neuen Inhaber des einst
von Johann Gustav Droysen zu höchstem Ansehen geführten Lehrstuhls bestimmt. Mit dieser
Berufung war Meinecke gleichsam in den Olymp deutscher Wissenschaft aufgestiegen.
Über Jahrhunderte, spätestens seit der frühen Neuzeit, gab es nach allgemeiner Auffassung
zwei Gruppen von hilfsbedürftigen Menschen. Auf der einen Seite standen die ‚unwürdigen‘
Armen: Sie konnten theoretisch arbeiten, taten dies aber nicht, was ihnen den Vorwurf der Faulheit
und Arbeitsscheu einbrachte. Hilfsleistungen wurden ihnen daher in der Regel verwehrt.
Auf der anderen Seite befanden sich die ‚würdigen‘ Armen, die unfähig waren, ihren Lebensunterhalt
selbst zu bestreiten. Diese Menschen, die aus Sicht ihrer Zeitgenossen unverschuldet in
Not geraten waren, bekamen Mitleid und Unterstützung.
In Freiburg konstituierte sich 1864 erstmals seit dem Niederlassungsverbot für Juden im 15.
Jahrhundert wieder eine jüdische Gemeinde, die sich zur viertgrößten in Baden entwickelte
und 1910 über 1.320 Mitglieder verfügte, was einem Anteil von 1,6 % der Stadtbevölkerung
entsprach.1 Die Gemeindemitglieder waren überwiegend im Handel und in den freien Berufen
tätig und dem mittelständischem Bürgertum zuzurechnen.
Der Bernshof in Günterstal
(2016)
In „Freiburg im Breisgau, die Stadt und ihre Bauten“, dem sogenannten „Architektenbuch“ aus
dem Jahr 1898, ist unter den „Privat-Bauten“ die damals gerade sieben Jahre alte „Villa Berns“
aufgeführt und abgebildet (vgl. Abb. 1).[1] „Ein Chalet im Tyroler Holzstyl“ lautete die Charakterisierung,
und als Eigentümer wurde ein Dr. Berns genannt. Auch im Reprint des „Architektenbuchs“
1998 erschien die Villa Berns als eines der vielen zumindest im Äußeren heutzutage
noch vorhandenen Privatgebäude.[2] Gegenüber den alten Aufnahmen ist die (auch „Bernshof“
genannte) Villa allerdings von der Schauinslandstraße aus kaum mehr sichtbar. Wer aber war
Dr. Berns, und wie kam er auf die Idee hier sein Landhaus erbauen zu lassen, das mit seinem
alpinen Gepräge keinerlei Ähnlichkeit mit den damals in Freiburg entstehenden Villen im historistischen
Stil aufweist?
Ecclesia und synagoga!
(2016)
Im Jahr 2013 habe ich mich in einem Aufsatz für so etwas wie eine Rückkehr zu einer älteren
Interpretationslinie der Geburtsszene im Vorhallen-Tympanon des Freiburger Münsters (zweite
Hälfte des 13. Jahrhunderts) stark gemacht (Abb. 1).[1] Und entsprechend argumentierte ich da
auch hinsichtlich des Pauluspfeilers (ca. 1310) im Hauptschiff dieses Kirchengebäudes (Abb. 2).
Diesen, richtiger: die Konsolfigur unter dem Apostel, erklärte noch der 1906 von Friedrich
Kempf und Karl Schuster publizierte Münsterführer als „kauernde Figur […] mit Judenhut“.[2]
Und bei der Geburtsszene deutete etwa Gustav Münzel die neben dem Bett Marias stehende Gestalt
als „die Christenheit oder, besser gesagt, die organisierte Christenheit, die Kirche“.3 Sofern
auf der gegenüberliegenden Seite der mit einem Judenhut ausgestattete Joseph seinen Platz hat
und sofern der Apostel Paulus natürlich als Christ zu begreifen ist, wäre bei solchen Interpretationen
also hier wie dort an die Motivik „Kirche und Synagoge“ zu denken.
Kunststaatssekretärin Petra Olschowski zeichnete
am 9. September 2016 zehn Persönlichkeiten mit
der Heimatmedaille Baden-Württemberg aus. Diese
wurden für ihr Engagement in der – auch grenzüberschreitenden
– Orts- und Regionalgeschichtsforschung
und der Landeskultur sowie für ihren
Einsatz in der Fasnetstradition, in Volksmusik und
Volkstanz sowie der Chorarbeit geehrt. Die Übergabe
der Medaillen bildet traditionell den Auftakt
der Landesfesttage im Rahmen der Heimattage
Baden-Württemberg, die dieses Jahr von der Stadt
Bad Mergentheim ausgerichtet werden.
Unter den zehn Trägerinnen und Träger der Heimatmedaille
war auch Dr. Sven von Ungern-Sternberg,
der Erste Vorsitzende des Landesvereins Badische
Heimat, der zugleich auch Vorsitzender des Münsterbauvereins
in Freiburg ist. Beide an sich getrennte
Funktionen führen in dem Bemühen um die Erhaltung
der kulturellen Leistungen und Bewahrung der
Identität der Regionen zusammen.
Ohne Parallele in der nunmehr 50-jährigen Geschichte der Badischen Bibliotheksgesellschaft ist jener kulturpolitische Eklat, der im September 2006 als badischer ,,Handschriftenstreit" begann und sich in den darauffolgenden Monaten zum baden-württembergischen „Kulturgüterstreit" auswuchs. Er begann just in jenem Jahr, als die Badische Bibliotheksgesellschaft (BBG) ihr 40-jährigesJubiläum mit einer
Ausstellung beging, in der neben sonstigen eindrucksvollen Erwerbungen, die mit Unterstützung der BBG erworben worden waren, einige Handschriften gezeigt wurden. In der als Begleitheft zu dieser Ausstellung veröffentlichten Jubiläumsschrift würdigte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die „bleibenden Verdienste" der BBG „beim Erwerb von Handschriften, Inkunabeln und alten Drucken".1 All dies geschah freilich im Mai 2006, als niemand etwas von den Ereignissen vier Monate später ahnte. Der Handschriftenstreit liegt inzwischen ein Jahrzehnt zurück, so dass es gerechtfertigt erscheint, seine Hintergründe und
seinen Verlauf ins Gedächtnis zu rufen.
Das Villinger Benediktinergymnasium war klein, selbst nach zeitgenössischen Maßstäben. Im Vertrag mit den Franziskanern 1670 war die Schülerzahl auf 12 beschränkt worden. Bei der feierlichen Grundsteinlegung der Kirche am 16. Mai 1688 konnten dann allerdings schon 16 „Jünglinge” aufgeboten werden, die ein szenisches Spiel aufführten. Die Franziskaner hatten deutlich mehr Schüler; auch waren sie es und nicht die Benediktiner, die ab 1711 in Villingen einen philosophischen Kurs, also den Übergang zum Universitätsstudium, anboten. Bei der Vereinigung der beiden Gymnasien 1774 traten 39 von 42 Franziskanerschülern zu den Benediktinern über. Für das Jahr
1783 sind dann 55 Schüler im Benediktinerlyzeum nachweisbar, 42 in den Gymnasialklassen und 13 im philosophischen Kurs. Bis zur Aufhebung von Kloster und Gymnasium 1806 pendelte sich die jährliche Schülerzahl bei 50 – 70 ein. Das ergibt im
Durchschnitt 8 – 12 Schüler pro Klasse – aus heutiger Sicht geradezu traumhafte Verhältnisse.
In den etwa 150 Jahren seines Bestehens durchliefen Hunderte von Schülern das Villinger Benediktinergymnasium. Sie brachten Leben an diesen Ort, erfüllten ihn mit Eifer und Hoffnungen und gewiss auch mit ihren Launen und Streichen.
Doch im Gedächtnis der Nachwelt sind viele nicht einmal mehr mit Namen bekannt, und hinter vielen Namen werden keine Person und keine Biografie mehr greifbar. Einige aber sind als die Persönlichkeiten, die sie später geworden sind, noch in Erinnerung – an den Orten, aus denen sie stammten, an den Stätten, an denen sie eine besondere Wirksamkeit entfalteten, und durch die Werke, die sie hinterlassen haben. Sie sollen in
elf Kurzbiografien, geordnet nach Geburtsjahren, vorgestellt werden.
In Deutschland sind heute Zustimmung zur Europäischen Union und Ablehnung zwei Seiten einer Medaille. Die stabile und mehrheitliche Zustimmung beruht auf der europäischen Geschichte. Seit dem großen Frieden in Europa, der den Dreißigjährigen Krieg beendet hat, dem Frieden von Münster und Osnabrück, den man auch den „Ewigen Frieden”
genannt hat, hat es in Europa nicht weniger als 48 Kriege gegeben. Jede Nachkriegszeit wurde wieder zur Vorkriegszeit.
Im 20. Jahrhundert wurden die europäischen Kriege zu Weltkriegen mit über 14 Millionen Toten im Ersten Weltkrieg und über 50 Millionen Toten im Zweiten Weltkrieg. Nach der totalitären Zerstörung der Städte, nach Vertreibung und
Flucht von Millionen Menschen aus ihrer angestimmten Heimat, nach der geistigen Verwüstung durch totalitäre Ideologien, kam es zur Besinnung im Denken der Überlebenden. Winston Churchill, Robert Schuman, Jean Monnet, Alcide de Gasperi,
Konrad Adenauer, Paul Henri Spaak haben mit Weitblick und Mut in schwierigster Nachkriegszei eine neue Politik eingeleitet. Die USA haben aus dem zerstörten Deutschland keine Reparationen herausgepresst, sondern mit dem Marshall-Plan geholfen und einen Neubeginn ermöglicht.
„Aus dem Abstand kommt vor…”
(2016)
2015 stand das Thema „Bürgerbeteiligung” stark in der öffentlichen Diskussion. Die Menschen sollten stärker in gesellschaftliche und politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Wie konnten Bürger in früheren Zeiten ihre Meinung gegenüber den Gremien kundtun? Mit Formulierungen wie „Aus dem Abstand wird bekannt” oder
„Aus dem Abstand kommt vor” werden in den Villinger Ratsprotokollen derartige Äußerungen eingeleitet. Dem Bürgermeister oder einem Ratsherrn waren ein Gerücht, eine Anregung, Wünsche oder Beschwerden zugetragen worden, die er dann im Rat vorbrachte. Viele Aspekte kamen so zur Sprache und Entscheidung. Neben Beschwerden über
Personen oder Ereignisse gab es auch Anzeigen, die die allgemeine Sicherheit und Ordnung betrafen. Auch die soziale Kontrolle in der Stadt wird in den eingebrachten Fällen sehr augenscheinlich. Für den modernen Leser bleiben die anzeigenden Personen anonym. Bei der Überschaubarkeit der
Stadt im 18. Jahrhundert kann aber durchaus vermutet werden, dass jeder im Rat wusste, woher der „Tipp” kam.
Auch heute noch können Interessierte einen Großteil der damaligen Verteidigungsanlagen in Augenschein nehmen: „Südwestdeutschlands besterhaltene mittelalterliche Stadtmauer” besitzt im 21. Jahrhundert noch drei von ehemals vier Stadttoren sowie 61% des ursprünglichen Mauerrings und schließt damit den mittelalterlichen Stadtkern beinahe völlig ein.
Dass dies keineswegs selbstverständlich ist, zeigt das Beispiel anderer, ehemals befestigter Städte in ganz Deutschland.
Diese wurden im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts häufig entfestigt, die Verteidigungsanlagen geschleift, das Gelände verkauft. Folgt man der Einschätzung vieler Historiker, sprachen damals gute Gründe für diesen Schritt. So waren beispielsweise die mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Befestigungsanlagen militärisch wertlos geworden, die Stadt benötigte zunehmend Siedlungsfläche oder Bürger plädierten für den Abriss aufgrund eines zeitgenössischen, ästhetischen Wandels. Angesichts dieser Argumente drängt sich geradezu die Frage auf, warum in Villingen anders verfahren wurde.
Das Kloster St. Ursula in Villingen ist seit dem Sommer 2015 Geschichte. Mit dem Auszug der letzten beiden Klosterfrauen der Ursulinen, Superiorin Schwester Roswitha Wecker und Schwester Sigrun Schachtner, sowie dem langjährigen Hausgeistlichen Pater Hermann, schloss sich Ende Juli 2015
die Klosterpforte am Bickentor für immer. Die drei letzten Klosterbewohner hatten in den letzten Jahren, nachdem 2013 die langjährige Superiorin Schwester Eva Maria Lapp starb, den Klosterbetrieb auch im hohen Alter noch aufrecht erhalten.
Aus dem Schuldienst an den St. Ursula Schulen hatten sich die Ordensfrauen des Klosters altersbedingt schon vor Jahren zurückgezogen. Schwester Sigrun, die seit 1966 im Kloster lebte und bis 2003 Mathematik und Physik unterrichtete, verbringt ihren Lebensabend im Ursulinen-Kloster im schweizerischen Brig. Superiorin Schwester Roswitha, die von ihren 2015 80 Lebensjahren 58 in St. Ursula lebte und arbeitete,
die letzten drei Jahre als Superiorin, zog in die Villinger Seniorenwohnanlage St. Lioba. Ebenso Pater Fuchs.
Literarisch, aber auch in den Erinnerungen alter Menschen war Kinderarbeit ganz selbstverständlich. Aber was heißt Kinderarbeit eigentlich? Normalerweise wurde im 19. und 20. Jahrhundert
unter Kinderarbeit die berufliche Tätigkeit von schulpflichtigen Kindern unter 14 Jahren verstanden. Die Altersgruppe zwischen 14 und 16 Jahren zählte zu den jugendlichen Arbeitern.
Die große Restauration und Wiedereinrichtung des Villinger Münsters 1905 bis 1909 beschäftigte neben den engagierten Stiftungsräten mit Pfarrer Josef Scherer die wichtigen Kunstwerkstätten der Erzdiözese Freiburg: Marmon in Sigmaringen, Moroder in Offenburg, viele Handwerker und
Künstler und darunter besonders Martin Feuerstein, königlich-bayerischer Akademieprofessor aus München, der nach Villingen seine beiden Meisterschüler Theodor Bayerl und den Freiburger Franz Schilling (1879 – 1964) mitbrachte. Alle drei haben bis heute gültige Werke im Münster hinterlassen. Martin Feuerstein malte die vier großen Bilder der Seitenaltäre, Theodor Bayerl die Bilder im Mittelschiff zwischen den Apostelfiguren, die sieben Freuden und die sieben Schmerzen Mariens. Franz Schilling entwarf die Fenster im Hochchor (nur teilweise erhalten), er malte auf den drehbaren Hochaltarflügeln die Bilder der vier Evangelisten und der vier abendländischen Kirchenväter. Sein größtes Werk in Villingen sind die beiden Wandbilder im unteren Chor: nach Norden das Jüngste Gericht und nach Süden die Schutzmantelmadonna.
Es war ‚Martins-Tag’. Der Tag des Heiligen aus Tours. Am Abend des 11. November wurden, wie seit vielen Jahren, im Nach-Spiel vom ‚hohen Roß’ herab in Stadt und Land viele ‚Mäntel zerteilt’, in strahlenden Kinderaugen spiegelten sich Lampions und auch in der Neckar-Stadt sangen helle Stimmen laut „Laterne, Laterne…”. An diesem Abend 2009 kamen Astrid Ihle, Simone Jung, Heiderose Langer und Wendelin Renn zum ersten Mal zusammen. Sie saßen im Restaurant Ochsen und sie aßen traditionell Martins-Gans. Die drei Kolleginnen von der Sammlung Grässlin in St. Georgen, vom Museum Biedermann aus Donaueschingen und von der Kunststiftung Erich Hauser in Rottweil hatte Wendelin Renn nach Schwenningen
eingeladen...
Dieser Artikel ist ein Zwischenbericht über Dr. Maulhardts Forschungen zum Leben und Sterben von Marian Lewicki (Marian) in Villingen. Er ist eine Zusammenfassung seines Vortrags am 24. April 2015 im Villinger Fidelisheim. Seine Recherchen, insbesondere was Lewickis Ermordung anbetrifft, sind noch nicht abgeschlossen. Die nachfolgende Darstellung
nutzt zum ersten Mal Quellen, die bisher verschlossen waren. Sie beinhalten vor allem zeitgenössische Dokumente, die beim International Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen archiviert
sind, sowie Aussagen der nächsten Angehörigen, die Dr. Maulhardt ausfindig machen konnte. Der ITS ist ein Zentrum für Dokumentation, Information und Forschung über die nationalsozialistische Verfolgung, Zwangsarbeit, den Holocaust sowie die Überlebenden nach dem Ende des Dritten Reichs.
Ein Datum muss vor allem korrigiert werden: Der Todestag von Marian ist der 5. März 1942. Auf dem Sühnekreuz steht fälschlicherweise 1943. Aber auch die Gestapoakten enthalten Fehler: So wird in diesen Unterlagen das Geburtsjahr mit
1908 angegeben, was mich beim Anblick des Fotos, auf dem Marian als Soldat zu sehen ist, irritiert hat. Tatsache ist, dass er am 29. April 1918 geboren wurde.
Als in den 1970er-Jahren der Magdalenenberg von einem Grabungsteam unter Leitung Konrad Spindlers untersucht wurde, fanden die Archäologen nicht nur jahrtausendealte Grabbeigaben der Kelten, sondern auch eine etwa 80 Jahre alte Eisenschaufel – ein heute archaisch anmutendes, von Rost zerfressenes Werkzeug, das die Erstausgräber des Jahres 1890 zurückgelassen hatten. Deren eigene Spuren waren zu archäologischem Fundgut, ihre Arbeit zu einem Teil der Geschichte geworden. Da mit dem „Keltenpfad” und der zugehörigen App jüngst Versuche unternommen wurden, den größten eisenzeitlichen Grabhügel Mitteleuropas stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, und da für die nähere Zukunft mit weiteren Vorhaben zu diesem Zweck zu rechnen ist, soll an dieser Stelle ein kurzer Blick ins vorletzte Jahrhundert geworfen werden. Dabei soll vor allem der Versuch unternommen werden, die Erstausgrabung des Magdalenenberges in ihrem geistesgeschichtlichen Kontext zu erläutern.
In der Blütezeit des deutschen Kaiserreichs (1871–1918) entstanden zahlreiche Villen und Häuser im sogenannten historistischen Stil mit dem bewussten Rückgriff auf Schmuckelemente der deutschen Vergangenheit. Diese Formensprache verflocht sich dann mit dem floralen Jugendstil und brachte besonders filigrane und großzügige Bauten hervor. In Villingen entstanden so neue Quartiere außerhalb der Stadtmauer wie das Romäus Gymnasium und das Villinger Krankenhaus in der Herdstraße, (Friedrichkrankenhaus). Weitere bedeutende Stadterweiterungen in dieser Zeit fanden auch in der Mönchweilerstraße, Vöhrenbacher Straße, Schillerstraße und dem Beneditkinerring statt.
Eine Unterhaltungselektronikindustrie im Schwarzwald gibt es heute nicht mehr. Wie die Uhrenindustrie verschwand sie fast völlig. Heute werden die innovativen und attraktiven Geräte der
Unterhaltungselektronik in Korea und in China produziert. An die Existenz einer Schwarzwälder Unterhaltungselektronik erinnert nur noch wenig und dies obwohl einer ihrer wichtigsten Vertreter, die Firma Saba, in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Arbeitgebern der Region gehörte.
Die Anfänge der Habsburger reichen mindestens bis in die 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts zurück, ihr politischer Aufstieg gründete in der Erlangung des römisch-deutschen Königtums durch Rudolf I. (1273-1291). Im späten Mittelalter verfügten
die habsburgisch-österreichischen Herzöge und Könige auch in Südwestdeutschland über die als Vorderösterreich bezeichneten südwestdeutschen Landesherrschaften, u.a. die Herrschaft Sigmaringen (1290), die Grafschaft Veringen (1291), die Stadt Bräunlingen (1305), die Schwarzwälder Herrschaft Triberg (1325), die Stadt Villingen mit ihrem Umland (1326) oder die Grafschaft Hohenberg (1381). Die habsburgisch-österreichischen Herzöge waren die Landesherren Vorderösterreichs, österreichische Landesteilungen und ungünstige politische Verhältnisse verhinderten indes die Umwandlung in einen geschlossenen Herrschaftskomplex zwischen Tirol und Vogesen, zumal sich die Schweizer Eidgenossenschaft in politischer Gegnerschaft zu den Habsburgern befand und durch ihren Schlachtensieg bei Sempach (1386) u.a. den Anschluss der Basler Lande an Vorderösterreich vereitelten
Traditionslokal „Torstüble”
(2016)
Nach vielen Jahren, während denen mal ein Grieche als Wirt, dann auch ein Musiker als studierter Posaunist, ein gelernter Koch aus Villinger Familie, dann mal ein Schwabe und zuletzt zwei Italiener mit dem Kochlöffel winkten und sie das Sagen in der Küche und an der Theke hatten, ist die Torstüble-Gastronomie seit Februar 2015 mit asiatischem Hintergrund zu neuem Leben erweckt worden. Das Lokal, dessen Namen nahezu jeder Villinger kennt, stellt auch ein Stück Villinger Geschichte dar, denn das Gasthaus zählt zu den ältesten am einst badischen Ort. Dass es nach wie vor einen exponierten Platz am Riettor hat, lockte schon zahlreiche Pächter, von denen jedoch einige fast ebenso schnell gingen wie sie kamen.
Als im Februar 2015 die Villingerin Inge Haase zum Thema „Gestaltung der Ringanlagen – früher und heute”, zu Springbrunnen, Fasanenteich und der Bepflanzung des früheren Stadtgrabens um 1900 den Namen ihres Ur-Großvaters las, des
ersten Villinger Stadtgärtners Karl Nüßle (geboren 1865), meldete sich die frühere Erzieherin mit großer Freude, denn: „Karl Nüßle war mein Ur-Großvater, dem ich in meiner frühesten Kindheit noch oft auf dem Schoß gesessen bin.” Und weil eben dieser Nüßle eigentlich als derjenige galt, der das „erste städtische Gartenamt” leitete, das es im heutigen Sinne noch gar nicht gab, und Inge Haase in der Fotoschachtel kramte und bestes Bildmaterial hervor zog, wird das über Jahrzehnte bis heute beeindruckende Werk von Karl Nüßle ein wenig intensiver betrachtet.
Als zu Beginn 2015 das Bürgerforum „Leben und Wohnen in der Villinger Innenstadt” den Vize-Chef des Stadtbauamtes, Erich Hargina, zu Gast hatte, durften die Gäste davon ausgehen, dass auch das Thema „Ring- und Grünanlagen” in Villingen schon längst auch eine Historie hat. Es sind zwar nur die wahrlich warmen Monate Mai bis Oktober, während denen der Radler großer Schwung zwischen Riettor und Romäus-Gymnasium unterwegs ist. Doch spätestens dann geht auch dem Passanten meist der Blick auf, dass die Grünflächen um die Villinger Stadtmauer von Frühjahr bis in den Herbst was Besonderes sind und nicht nur, weil hier auf historischem Boden ‚gewandelt‘ wird.
In historischen Zeiten, als Villingen noch eine „feste Stadt” war, lief hier der Wasser gefüllte Wehrgraben rings um die Altstadt. Der entnommene Aushub bildete einen breiten Wall, die sogenannte Fülle. Entlang dieser Fülle verlief eine feste zweite Mauer und ein weiterer Wassergraben mit 15 Metern Breite.