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Die Rassler und ihr Umfeld
(2017)
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts, besonders aber in der ersten Hälft e des letzten Jahrhunderts konnten die Schmuckhersteller die benötigten Arbeitskräfte nicht mehr allein aus der Bevölkerung der Stadt Pforzheim rekrutieren. Um das gestiegene Arbeitsvolumen zu bewältigen, waren die Unternehmen auf Arbeiter aus den umliegenden Gemeinden angewiesen. Diese Bijouterie-Arbeiter pendelten in einem teilweise mehrstündigen Fußmarsch morgens zur Arbeitsstätte und nach einem 11-stündigen Arbeitstag abends wieder in ihren Heimatort zurück. Sie prägten durch ihr Erscheinen das Stadtbild und verhalfen durch ihre Arbeit der Pforzheimer Schmuckindustrie zu ihren Weltruhm.
Am 21. Dezember 1867 verstarb in Schwetzingen der Mannheimer Naturforscher und Lyriker Karl Friedrich Schimper. Im Lauf seiner beruflichen Tätigkeit konnte er, gestützt auf eine außerordentlich Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, auch keine Details in ein großes Ganzes einzuordnen, grundlegende Forschungsergebnisse aufweisen. Er muss als Namensgeber für die wissenschaftlichen Begriff e: Eiszeit, Faltengebirge und Blattstellungstheorie angesehen werden.
Obwohl er offensichtlich im Umgang mit Anderen nicht immer eine gute Hand hatte, war er in Schwetzingen, seinem letzten Wohnort, ein angesehener Mitbürger und gesuchter Ratgeber. Seine wissenschaftliche Würdigung ist ihm leider bis heute versagt geblieben.
Déjà vu?
(2017)
Seit April 2017 fährt die Straßburger Straßenbahn wieder nach Kehl und die beiden sich am Rhein gegenüberliegenden Städte sind verkehrstechnisch so eng aneinander gebunden, dass Fahrgäste aus beiden Nationen beinahe unbemerkt und selbstverständlich die Landesgrenze überschreiten können. Vor knapp 120 Jahren gab es diesen Moment schon einmal, als die erste Trambahn der Straßburger Straßenbahn-Gesellschaft über den Rhein dampft und Marktfrauen wie Arbeiter aus Kehl und dem Hanauerland nach Straßburg beförderte. Besonders an Feiertagen und Wochenenden waren die Bahnen überfüllt, weil Touristen aus Straßburg im benachbarten Kehl Erholung suchten. Geradezu schwärmerisch pries am Vorabend des Ersten Weltkrieges das Adressbuch der Gesamtgemeinde Kehl von 1914 den öffentlichen Nahverkehr: »Die Verkehrsverbindungen mit dem nahen Straßburg sind vorzügliche«. Tatsächlich herrschten seinerzeit beinahe paradiesische Verhältnisse: Im Zehn-Minutentakt passierte die von Kehl kommende Straßenbahn die Rheinbrücke, von morgens 6 Uhr bis 12 Uhr nachts. Tatsächlich war die damalige Publikumserwartung an die Dienstleistung des öffentlichen Nahverkehrs deutlich höher als heute: Keineswegs zufrieden mit der bereits erreichten Zugtaktung, wollte die betreibende Straßburger Straßenbahn-Gesellschaft die Rheinüberfahrt im Fünf-Minutentakt bewältigen, scheiterte jedoch an bürokratischen Hemmnissen. Im Gegensatz zu heute erwies sich das Betreiben dieser Straßenbahnlinie keineswegs als Zuschussgeschäft , sondern als lukrative Angelegenheit. Wie auch heute musste damals eigens für die Tram eine neue Brücke gebaut werden, und es war für die Straßburger Aktiengesellschaft keine Frage, dass sie sich mit einem nicht unerheblichen Beitrag an den Baukosten beteiligte – eine Investition, die sich schon bald amortisieren sollte.
Die Geschichte der Goldschmiede- mit Uhrmacherschule beginnt im Jahr 1768. Aufgrund des Vorschlages des Unternehmers Autran wurde in Pforzheim eine staatlich finanzierte schulische Berufsausbildung eingerichtet. Andreas Koessler wurde durch den Marktgraf Karl Friedrich von Baden als erster Lehrer dieser Institution ernannt und trat am 12. September 1768 seinen Dienst an. Im Laufe der nächsten 250 Jahre entwickelte sich die Schule zu einer eigenständigen und international anerkannten Institution.
Alle zwei Jahre schreiben der Schwäbische Heimatbund und der Landesverein Badische Heimat den von der Wüstenrot Stiftung finanzierten Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg aus. Vergeben werden jeweils fünf gleiche Preise an private Bauherren, die im Rahmen von Gesamtsanierungen historischer Bauten denkmalpflegerisch besonders vorbildlich mit ihrem Eigentum umgegangen sind.
Das Land Baden-Württemberg hat in den vergangenen Jahren viele Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes umgesetzt. Der wichtigste Baustein an der oberen Donau ist das Hochwasserrückhaltebecken an der Breg in Wolterdingen, das als Schlüsselelement des Integrierten Donau-Programms ausgeführt wurde. Das Rückhaltebecken hat einen Stauraum von 4,7 Millionen Kubikmetern, ein Dammvolumen von 350 000 Kubikmetern, die Dammhöhe beträgt 18 Meter, die maximal überstaute Fläche 70 Hektar. Bauzeit 2006 bis 2012, Baukosten € 23 000 000.
Der Wieslocher Apotheker Johann Philipp Bronner steht am Anfang der Wissenschaft vom Weinbau, die er zwischen 1820 und 1850 etabliert hat. Es werden vor allem der Mensch und Wissenschaft ler aus der 1. Hälft e des 19. Jahrhunderts im Kontext seiner Zeit beleuchtet. Bronner steht exemplarisch für die Entwicklung der Naturwissenschaft en und ihrer Vertreter, welche sich mit der Geisteshaltung der Aufklärung auseinandergesetzt und konsequent angewandt haben. Aber auch der politische Bürger Bronner und seine Familie im Spannungsfeld der Standesgesellschaft zwischen Adel und den »niederen Ständen« im Vorfeld der badischen Revolution werden beschrieben. Die Historische Stadt-Apotheke Wiesloch ist das Vermächtnis Bronners am Ende seines Berufslebens.
Unser Verein wurde 1968 ins Leben gerufen, zu einem Zeitpunkt, als die Erosionserscheinungen der Sprachkenntnisse in der Region bereits alarmierende Ausmaße erreicht hatten. Wir setzen uns, im Geiste des bedeutenden Schriftstellers, dessen Namen unser Verein trägt, für eine Politik zugunsten einer "doppelten Kultur" ein, die von der Präsenz sowohl des Französischen als auch der Regionalsprache (Deutsch, bzw. die alemannischen und fränkischen Dialekte) geprägt ist: Unser Verein steht für eine Öffnung sowohl der französischen wie der deutschen Kulturwelt, für Qualitätsanspruch und Fortschrittsgeist. Er ist in seinem Engagement nicht parteilich festgelegt, hat aber ein starkes Bewusstsein für die politischen Konsequenzen seines kulturellen Schaffens und steht ferner für den Erhalt der Identität des Elsass und seiner Dialekte, ganz ohne Folklorismus oder Betrauern des Vergangenen. Wir möchten, dass jedwede Form von Nationalismus der Vergangenheit angehört und nehmen eine bewusst europäische und humanistische Position ein.
Die Fahrt der Bertha Benz beleuchtet in einzigartiger Weise das eher versteckte Wirken einer emanzipierten Frau am Ende des 19. Jhdt. Ihr unbedingtes Vertrauen in Carl Benz und ihre Söhne, ihre unbeirrbare Zielorientierung durch alle Höhen und Tiefen eines Unternehmerlebens verdeutlichen ihre Verstrickung in die Entwicklung des Automobils. Daneben werden auch die Rahmenbedingungen der technischen Entwicklung des Motorenbaus dargestellt. Im Mittelpunkt steht aber die Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum Bertha Benz die Fahrt überhaupt unternommen hat, die sie vernünftigerweise niemals hätte unternehmen dürfen.
Ein privates Unternehmen, die "Actiengesellschaft für Bahn-Bau und Betrieb", baute im Jahr 1900 die bis 1973 betriebene elektrische Straßenbahn zwischen Wiesloch und Heidelberg und machte damit der Großherzoglich Badischen Staatseisenbahn Konkurrenz. Reger Ausflugsverkehr am Wochenende und umfangreicher Gütertransport machten den Betrieb dieser Straßenbahn zu einem lukrativen Geschäft . Bereits im Jahre 1905 wurde die "Elektrische Straßenbahn" von der Stadt Heidelberg erworben und an die Heidelberger Straßen- und Bergbahn weiterverpachtet.
Die Wiedereinrichtung der Beletage von Schloss Bruchsal beinhaltete zunächst umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen, um die einstige Raumfolge der fürstbischöflichen Appartements wiederherzustellen. Die Räume erhielten eine szenografische, raumbildende Ausstattung mit reduziertem Stuck und seidenen Wandbespannungen. Die Einrichtung der 17 Räume erfolgte in Anlehnung an die historischen Inventare mit den im Krieg ausgelagerten Kunstgegenständen. Darunter befinden sich 38 kostbare Tapisserien, elegante Möbel und der verbliebene Teil der fürstbischöflichen Gemäldesammlung. Seit Ende April 2017 ist die zeremonielle Abfolge der Schlossräume und das einstige Leben am Hofe der Fürstbischöfe von Speyer im 18. Jahrhundert bzw. der Amalie von Baden im frühen 19. Jahrhundert wieder erlebbar.
Tief erschüttert haben wir vom Tod unserer Mitarbeiterin Dr. Anna Gräfin zu Stolberg-Stolberg am 8. Juli 2017 Kenntnis nehmen müssen. Die tückische Krankheit, die sie vor ca. zwei Jahren befallen hat und gegen die sie mit so viel Kraft gekämpft hat, war schließlich doch Siegerin gewesen. Am Freitag, den 14. Juli 2017 nahmen wir, unter Beteiligung von einigen Mitgliedern der Badischen Heimat, in Gernsbach, ihrem Geburtsort, in einer
Trauerfeier von ihr Abschied.
In diesem Jahr feiert das Fahrrad seinen 200. Geburtstag. Schon bald nach der ersten Ausfahrt in Mannheim begab sich Karl von Drais in den Schwarzwald, wo er die Bergtauglichkeit seiner neuen Laufmaschine vorführen wollte. Der Beitrag rekonstruiert die von Drais gewählte Route von Gernsbach nach Baden-Baden. Der aufstrebende Badeort schien dem Freiherrn besonders geeignet, um vor internationalem Publikum für seine Erfindung zu werben.
Eine der überregional bekannten Institutionen Wieslochs ist das Psychiatrische Zentrum Nordbaden (PZN). Es ging aus der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch hervor, die 1902 begründet und 1903 bis 1925 mit mehr als 50 Gebäuden im ehemaligen Bergbaugebiet und Weinbaugelände nördlich der Stadt realisiert wurde. Die flächengreifende Anlage besaß zu ihrer Zeit mustergültigen Charakter und war im ganzen Land nicht nur in Fachkreisen bekannt. Sie spiegelt die hohen Standards des Krankenwesens und der Sozialfürsorge um die Jahrhundertwende anschaulich wider und präsentiert ein architektonisches Ensemble, das typologische Vielfalt und stilistische Individualität auf hohem Niveau vereint. Die Bauten weisen Julius Koch als geschickten, wandlungsfähigen Krankenhausarchitekten aus. Die Gartenanlagen sind mit dem Namen des bekannten Kulturpädagogen Paul Schultze-Naumburg verknüpft. Wesentlich für die bauhistorische Würdigung ist noch immer die Magisterarbeit von Antje Mues (1994). Ergänzungen und Präzisierungen ließen sich aus der Privatkorrespondenz von Koch gewinnen, die nähere Auskünfte über die Planungsprozesse gibt. Neueinschätzungen ergaben sich aus Vergleichen mit der Anstalt in Berlin-Buch. Seit 1978 ist die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt in ihren historischen Teilen ein Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes Baden-Württemberg.
Seit der Besiedlung während der Bronzezeit und in der provinzialrömischen Periode hat Wiesloch ein beständiges Gedeihen erfahren. Mit der Marktrechtsverleihung in der 2. Hälft e des 10. Jahrhunderts wurde der Flecken zum ältesten Marktort in Nordbaden und zu einer blühenden Stadt im Spätmittelalter. Die zentrale Lage, der Bergbau und spezifisches Handwerk schufen die Voraussetzungen für eine weitere positive Entfaltung. Etliche Hochs und Tiefs bestimmen die Geschichte der Stadt, aus deren Mauern einige berühmte Persönlichkeiten stammen bzw. in ihr wirkten. Als badische Amtsstadt erfuhr Wiesloch einen rasanten Wandel zum kulturellen und administrativen Mittelpunkt in der Region. Diese fortschrittliche Entwicklung fand ihre Fortsetzung in der Erhebung zur Großen Kreisstadt in den 1970er Jahren und dauert bis heute an.
Manfred Boschs siebzigster Geburtstag am 16.10.2017 ist für die Badische Heimat Anlass, an seine Herausgeber- und Redaktionstätigkeit der »alten Allmende« zu erinnern. Die Zeitschrift war der »literarische Ausdruck eines neu erwachten Selbstbewusstseins der Provinz« (2/2008). Ausgangspunkt war das Lokale und Regionale, fand aber sein Korrektiv in einem »europäischen Horizont« (R. Böhme), erstreckte sich das Alemannische doch auf fünf Nationen.
Der berühmte Afrikaforscher Georg Schweinfurth hatte seine familiären Wurzeln im badischen Wiesloch. Aus seinem umfangreichen wissenschaftlichen Werk werden drei ganz unterschiedliche Forschungsbereiche vorgestellt, die Schweinfurths weites Interesse an den Kulturen des Niltales zeigen: vorgeschichtliche Steinwerkzeuge, die altägyptischen Pflanzenwelt des Pharaonenzeit und Textilfunde des 7. Jahrhunderts n. Chr.
Auch Diedelsheim, der größte der heutigen Brettener Stadtteile, kann 2017 das 1250-jährige Jubiläum seiner urkundlichen Ersterwähnung begehen. Unter dem Adelsgeschlecht der Kechler von Schwandorf und später unter kurpfälzischer Landesherrschaft war die Geschichte von Diedelsheim meist eng mit jener der Stadt Bretten verbunden. Seit 1975 nach Bretten eingemeindet hat sich Diedelsheim zu einem attraktiven Wohnstandort entwickelt, der in baulicher Hinsicht längst mit der Kernstadt zusammengewachsen ist.
Im Jahr 2017 begeht die Stadt Bretten das 1250-jährige Jubiläum ihrer urkundlichen Ersterwähnung im Codex des Klosters Lorsch. Im Laufe der seither belegbaren Stadtgeschichte erlebte Bretten unterschiedliche Landesherrschaft en sowie zahlreiche Höhen und Tiefen bei seiner Entwicklung. Zu den Konstanten der Stadtgeschichte gehörte die Verarbeitung zahlreicher Belagerungen, Eroberungen und Zerstörungen, was mit dazu beitrug, dass die Bevölkerung allem, was von außen kam, lange Zeit mit großer Skepsis gegenüber stand.
Mit der Einäscherung der Stadt am 13. August 1689 während des pfälzischen Erbfolgekriegs (1688–1697) verlor Bretten nicht nur sein mittelalterliches Stadtbild, sondern auch seine gesamten bis ins Hochmittelalter zurückreichenden städtischen Aufzeichnungen. Es blieb keine Urkunde, nicht ein Band der städtischen Amtsbuchserien und Rechnungen, kein einziges Aktenfaszikel erhalten.
Wie in allen Städten unterliegt das Stadtbild auch in Bretten einem steten Wandel. So zerstörten Kriegsereignisse wie der Stadtbrand 1689 Bretten fast vollständig. Andere Kriege verschonten hingegen Bretten, so dass z. B. nach dem Zweiten Weltkrieg in der Altstadt fast keine Verluste an Gebäuden zu beklagen waren. Dennoch ist die Verlustrate im 20. und 21. Jahrhundert nicht gering. Diese Veränderungsprozesse im Bereich der Brettener Altstadt sollen hier beschrieben und hinterfragt werden.
Im Gedenkjahr der Reformation wird der Blick auf jene Außenseiter der reformatorischen Bewegung gelenkt, die in jener Zeit als Wiedertäufer verfolgt wurden. Neben der Darstellung ihrer Lehren und Hauptvertreter in Süddeutschland und der Stellungnahmen der führenden Reformatoren wie Melanchthon und Brenz zu ihnen, wird ihre Präsenz im Kraichgau und insbesondere in Bretten dargestellt. Stand am Anfang ein hartes Urteil mit seinen Folgen, so haben sich in der Gegenwart die protestantischen Kirchen und die Täufer, heute Mennoniten genannt, einander in wesentlichen Fragen angenähert.
Die Rolle der Polizeien bei ihrer "Gleichschaltung" in den deutschen Ländern der ersten Monate 1933 wurde durch die vorausgegangene Entwicklung in Preußen, dem gewichtigsten deutschen Reichsland mit der Reichshauptstadt Berlin, geprägt. Die Verhältnisse in den anderen
Ländern unterschieden sich jedoch gegenüber Preußen zumindest in der Zeit zwischen der "Machtergreifung" der NSDAP mit Adolf Hitler am 30. Januar und den Reichstagswahlen am 5. März 1933 beträchtlich. Dies wird nachfolgend durch einen Betrag nachbereitet, der am Beispiel der Polizei in Karlsruhe die Entwicklung in Baden näher beleuchtet. Dort war der Gleichschaltungsprozess, im nationalsozialistischen Schrifttum als "Die Deutsche Erhebung in Baden" deklariert, im Zeitraum von nur einer Woche nach dem Wahltag vollzogen.
Schon zur Zeit Karls des Großen war Bretten offenbar ein begehrter Siedlungsort. Gelegen im malerischen Kraichgau, aber dennoch auf den wichtigen Verkehrswegen, den damaligen Handelsstraßen, bot der Ort schon zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 767 gute Lebensbedingungen. Bis heute ist Bretten diese verkehrsgünstige Lage erhalten geblieben – unweit von Bundesstraße und Autobahn, erreichbar über die Stadtbahn an den Linien Karlsruhe–Heilbronn und Bruchsal-Mühlacker mit Haltestellen im gesamten Stadtgebiet und einer guten Busanbindung.
Für den im Jahr 1909 gegründeten Landesverein Badische Heimat e. V. war bald klar, dass er von Freiburg aus Baden nicht annähernd gut versorgen konnte. Das Land musste gegliedert werden, um den verschiedenen Belangen von Mensch und Natur gerecht zu werden. Die Notwendigkeit der Gründung von Ortsgruppen, heute Regionalgruppen, wurde schon früh erkannt. Viele Ortsgruppen wurden ins Leben gerufen, die sich vor Ort um die heimatkundlichen Belange ihrer Landschaft mit ihren Bürgern kümmern sollten. So auch in Bretten im Jahr 1921.
Der Prunkkamm, um 1615 entstanden, ist ein exquisites und singuläres Artefakt der Augsburger Goldschmiedekunst des frühen 17. Jahrhunderts. Als repräsentatives Objekt und nicht zum Gebrauch bestimmt, war der überdimensionale Kamm einst Glanzstück einer fürstlichen Kunstkammer. Der doppelseitige Kamm besteht aus kostbarem Schildpatt der Karettschildkröte. Als Dekor der vergoldeten Spange dienen Blüten aus Email. Die schmalen Bordüren zeigen in Grubenemail u. a. Waffen und Musikinstrumente aus einem Heerestross von Musketieren. Der Kamm befand sich bis 1859 in der Kunstsammlung Großherzog Leopolds von Baden.
Ein schreckliches Gedicht
(2017)
Der badische Dichter Heinrich Vierordt (1855–1945) ist zu Recht kaum noch bekannt; seine Werke blieben schon hinter denen seiner Zeitgenossen weit zurück. Aber mit einem überaus blutrünstigen Gedicht, das er im ersten Jahr des Ersten Weltkriegs schrieb, erregte er Aufsehen, ja Entsetzen in Deutschland und darüber hinaus: Romain Rolland hat es in seinen Erinnerungen, Jaroslav Hašek in seinem berühmten Roman vom braven Soldaten Schwejk als abschreckendes Beispiel zitiert.
"Heimetsproch ùn Tràdition"
(2017)
Die Vereinigung "Heimetsproch ùn Tràdition" wurde im Jahr 1984 in Schlettstadt (Sélestat) im dortigen "Prälatenhof" gegründet. Der Gründer Charles Goldstein (1924–1989) versammelte Frauen und Männer, die sich zum Ziel setzten, unsere Kultur und Regionalsprache: Elsässer-ditsch, Lothringer-platt zu erhalten, zu fördern und ihr einen neuen Aufschwung zu geben. Heute zählt die Vereinigung 2000 Mitglieder und ist so die größte auf diesem Gebiet im Elsass geworden.
Die Kunst Bruchsal zu sein
(2017)
Der Autor stellt einige Überlegungen dazu an, was Stadtentwicklung als Entwicklung menschlicher Lebensräume heute bedeutet, welche Akteure dabei eine Rolle spielen, und was wesentliche Kriterien einer insbesondere nachhaltigen Stadtentwicklung sein könnten. Zum Schluss gibt er einen Ausblick auf die Ausstellung »Die Kunst Bruchsal zu sein«, die begleitend zum gesamtstädtischen Entwicklungskonzept Bruchsal 2025 gezeigt wird.
1769 wurde vom Mannheimer Hof ein wertvolles Fernrohr zur Beobachtung des Venus-Transits in St. Petersburg erworben. Das von Peter Dollond in London angefertigte Instrument war gut 3 m lang und besaß ein achromatisches Objektiv sowie vier auswechselbare Okulare von 50-, 100-, 150- und 160-facher Vergrößerung. Dazu gehörte auch ein Heliometer. Der Aufsatz zeichnet den wechselvollen Gebrauch des Teleskops bis 1923 nach und gibt einen Einblick in die Astronomie- und Technikgeschichte des 18. Jahrhunderts.
Albtraum Badische Alb
(2017)
Weil die Badische Alb ein gänzlich unbesiedeltes Waldgebiet ist, haben die vier umliegenden Städte Donaueschingen, Hüfingen, Blumberg und Geisingen sie per Flächennutzungsplanänderung als Windkraftkonzentrationszone ausgewiesen. In der Bevölkerung erregten sie damit
wenig Unmut, hielt man die Ausweisung doch für eine wenig realistische Pflichtübung in Sachen Energiewende, zumal da ein potenter Investor schon früh wieder abgesprungen war angesichts der eher bescheidenen Windhöffigkeit. Doch kurz vor Jahresschluss 2016 erteilte das
Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis doch noch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau von 13 gigantischen Windenergieanlagen zweier Betreiberfirmen. Erst jetzt wachte die örtliche Bevölkerung auf, formulierte Widersprüche und reichte beim Landtag eine Petition ein gegen die Umwandlung des in seiner ökologischen und landschaftlichen Wertigkeit heillos unterschätzten Waldgebiets in eine (Wind-)Industriezone. Ob sich der Albtraum noch abwenden lässt?
Das Elsass ist als Schlemmerland, als Einkaufs- und Wanderregion mit den vielen Burgen, als Region mit berühmten Museen und Sehenswürdigkeiten bekannt. Doch es hat noch anderes anzubieten. Das Elsass gilt als eine der Wiegen der deutschen Sprache seit dem 9. Jh. bis Ende des 16. Jh., als Kulturland. Als französische Gegend ist es ein Teil des rheinischen Humanismus und der Kultur. Viele Elsässer wollen nicht auf die deutsch-französische Zweisprachigkeit verzichten und setzen sich energisch dafür ein.
Wildbewegte, kriegerische Zeiten zu meistern und dazu ein ramponiertes Hochstift Speyer mit kaputtem Kaiserdom auf Vordermann zu bringen, gehörten zum schwierigen Lebensgeschäft des Fürstbischofs und Kardinals Damian Hugo von Schönborn. Der Erbauer des Residenzschlosses Bruchsal hinterließ mit St. Peter als Pfarr- und Grabeskirche für sich und seine Nachfolger einen eindrucksvollen Sakralbau und ein architektonisches Barock-Highlight. Festlich begangen wurde seinerzeit die Grundsteinlegung des fast ganz original erhaltenen Gotteshauses und im Frühjahr die 275. Wiederkehr dieses Ereignisses. Kein geringerer als Balthasar Neumann, der berühmte Treppenspezialist des Schlosses, plante dem Kirchen- und Landesfürsten in Personalunion trotz einschränkender Vorgaben ein Meisterwerk. Mancherlei Widrigkeiten, die Zeitläufe, die Finanzen und auch teilweise der oft kranke, abwesende, auch eigensinnige Bauherr selbst verhinderten die exakte Verwirklichung der im Karlsruher Generallandesarchiv aufbewahrten Pläne aus dem Würzburger Büro des "ausgeliehenen" Stararchitekten. Nachfolger Kardinal Franz Christoph von Hutten blieb dank gut gefüllt ererbter Geldschatulle die Vollendung der Schönborn-Bauten Schloss wie Kirche vorbehalten.
Wer sang die Euryanthe?
(2017)
Auf gedruckten Zetteln, die deutlich kleiner waren als heutige Plakate, bewarb das Großherzogliche Hoftheater nach dem Vorbild vieler anderer deutscher Bühnen seine abendlichen Aufführungen. Die von Austrägern an Privathaushalte verteilten, später auch im öffentlichen Raum angeschlagenen Zettel informierten die Theaterbesucher vorab über das vorgesehene Theater- oder Musikstück und über die Verteilung der Rollen. Aufgrund dieser und weiterer Angaben geben uns die Theaterzettel Aufschluss über den Spielbetrieb vergangener Zeiten. Sie bilden heute eine wertvolle Quelle, die dank Digitalisierung und Internetpräsentation von allen am Theatergeschehen interessierten frei und komfortabel befragt werden kann.
Im Jubiläumsjahr 500 Jahre Reformation geht die Baden-Badener Ausstellung eigene Wege. Während sonst das Geschehen des 16. Jahrhunderts, beginnend mit Luthers Thesenanschlag 1517, der Bedeutung der Reformation in unserer Zeit gegenüber gestellt wird, werden hier die 500 Jahre in einer einzelnen Stadt insgesamt in den Blick genommen. Es war eine »Reformation mit Hindernissen«, weil auf die reformatorische Bewegung eine Rekatholisierung folgte, die Markgrafschaft Baden-Baden lange rein katholisch geprägt war und erst seit 1832 eine evangelische Gemeinde in der Kurstadt existiert, die bis heute als Minderheit besteht.
Der Genremaler Johann Baptist Kirner wurde schon zu seinen Lebzeiten aufgrund seiner feinfühligen Interieurschilderungen und seiner sorgfältigen, geradezu dokumentarischen Erfassung der Alltagsgeräte und Trachten als bedeutender Chronist seiner Zeit und vor allem seiner Schwarzwälder Heimat geschätzt. Ausgebildet an der Königlich Bayerischen Akademie in München verstand er es, mit seinen oftmals mit einem humoristischen Unterton unterlegten Genredarstellungen das Bildbedürfnis seiner bürgerlichen Käuferschicht zu bedienen.
Die bei Albbruck über das Albtal führende Naturstein-Bogenbrücke der Eisenbahn ist ein technisches Kulturdenkmal. Denkmalwürdig ist sie nicht nur aufgrund ihres Alters (Bauzeit 1855/56) und ihrer großen Spannweite (30 m), sondern auch wegen ihres weitgehend erhaltenen Originalzustands. Trotzdem ist zu erwarten, dass die Brücke demnächst abgebrochen wird, weil der Deutschen Bahn AG ihre Erhaltung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten ist.
Eines der winzigsten, aber gerade deshalb sozialgeschichtlich besonders bedeutsamen Gebäude von Bruchsal konnte durch das gemeinsame Engagement eines Handwerker-Konsortiums, der Stiftung der Volksbank Bruchsal-Bretten und der Stadt Bruchsal gerettet und im Juni 2017 in umfassend saniertem Zustand der Öffentlichkeit übergeben werden. Das ehemalige Handwerkerhaus in der Bruchsaler Klosterstraße, im frühen 20. Jahrhundert bewohnt von einem Schusterehepaar mit insgesamt 13 Kindern, beherbergt nun eine Ausstellung zur Geschichte der Schuhmacherei, die original erhaltenen Gerätschaft en sowie im Obergeschoss eine Dokumentation zu Entwicklung und gegenwärtiger Bedeutung der Genossenschaften in der Region.
ECHT.Wiesloch
(2017)
Um gegen die ins Internet abwandernde Kaufkraft, zunehmende Leerstände und Konkurrenz der wachsenden Zahl von Malls oder Einkaufszentren in den Großstädten ein Zeichen zu setzen, hat Wiesloch im Jahr 2017 die Buy-local-Kampagne »ECHT. Wiesloch« ins Leben gerufen. Das Wiesloch Stadtmarketing e. V. bündelt die verschiedenen Maßnahmen, um die Innenstadt Wieslochs lebendig und attraktiv zu halten.
Er hat das Wort "Naturschutz" erstmals im heutigen Sinn verwendet: Philipp Leopold Martin, geboren am 5. November 1815. Er führte den Begriff "Naturschutz" in die deutsche Sprache ein und gilt somit als dessen "Erfinder". Dieser Vordenker des Naturschutzes hat bereits 1871
ein umfassendes Programm zum Natur- und Artenschutz vorgelegt. Anlässlich des 200. Geburtstages von Martin erschien in der (Schriften-)Reihe des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) die Nr. 417 der Sparte "BfN-Skripten", in welcher seine Leistungen gewürdigt und seine
Originalschriften zugänglich gemacht werden.
1934 gelang dem FC Germania Karlsdorf der Aufstieg in die Gauliga Baden. Damit stieß die Dorfmannschaft Karlsdorf in die erste Liga vor, in der sonst ausschließlich Vereine aus den Fußballhochburgen Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim und Freiburg spielten. Die Germanen standen als größtmöglicher Außenseiter im Interesse der badischen Zeitungen. Der Aufsatz analysiert das badische Zeitungswesen umfassend nach der Frage, wie insbesondere die städtische Presse über das Team aus der Provinz berichtete.
Als Jung-Stilling 1806 ins Karlsruher Schloss einzog, weil der Großherzog ihn als Seelsorger in seiner Nähe haben wollte, hatte er schon ein für ihn stets unter Gottes Führung stehendes Leben hinter sich, zuletzt vor allem als erwecklicher Schriftsteller. 1796 hatte Karl Friedrich
nach der Lektüre von Jung-Stillings Heimweh-Roman Verbindung zu ihm aufgenommen. Nach dem Tod seines Gönners 1811 wirkte Stilling weiterhin als Schriftsteller und pflegte viele persönliche Kontakte, darunter zu bedeutenden Zeitgenossen. Er starb als Rufer in einer Zeit,
in der für ihn das Weltende nahe war.
Leibarzt der Kaiserin
(2017)
Im 19. Jahrhundert und noch Jahre darüber hinaus zählte er zu den maßgebenden Bürgern der einstigen Sommerhauptstadt Baden-Baden. Die Berufung zum Leibarzt der deutschen Kaiserin verlieh ihm hohes Ansehen. Doch an seiner ehemaligen Wirkungsstätte scheint er in Vergessenheit zu geraten. Jetzt gibt die 100. Wiederkehr seines Sterbetages Anlass zu einer Rückbesinnung auf den Geheimen Sanitätsrat Dr. Paul Schliep.
Georg Peter Weygoldt (1889–1907) war ein strebsamer Mensch. Er stammte aus einfachen Verhältnissen, war Lehrer an verschiedenen Volksschulen und machte als Autodidakt das Abitur. Danach studierte Weygoldt evangelische Theologie und Philologie, und er wurde im badischen Oberland, in Lörrach, zum Kreisschulrat befördert, nachdem er zuvor kurze Zeit die höhere Bürgerschule in Weinheim geleitet hatte. Nach knapp 14 Jahren als Kreisschulrat wurde er als Stadtschulrat nach Karlsruhe versetzt. Hier gelang ihm als Nationalliberalem der Sprung in
die Zweite Kammer der badischen Ständeversammlung. Er wurde für den Wahlbezirk XI, der sich zum großen Teil aus Orten seines ehemaligen Schulbezirks in Südbaden zusammensetzte, ins Parlament gewählt. Nach wenigen Jahren als Schulrat in Karlsruhe wurde Weygoldt ein Mitglied des Oberschulrates in Karlsruhe, einer staatlichen Behörde für die Aufsicht über das gesamte Schulwesen in Baden. Er war ein Vorreiter der später qualitativ aufgewerteten Volks- und Berufsschulen.
Melanchthon wurde in der Gelehrtenwelt des europäischen Humanismus, die vor allem eine literarische Bewegung war, die sich an der Antike orientierte, groß. Bereits im Alter von 21 Jahren wurde er zum Professor für Griechisch an die Universität nach Wittenberg berufen. Schon bald geriet er jedoch in den Bannkreis der Reform-Ideen Martin Luthers und wurde in Folge zu einem der wichtigsten Mitstreiter für die Sache der Reformation. Melanchthon gilt heute als Reformator und Universalgelehrter von europäischem Rang.
Ein rätselhafter Todesfall
(2017)
Alexander Gortschakow zählte zu den bedeutendsten russischen Staatsmännern und Diplomaten des 19. Jahrhunderts. Zuweilen wurde er als politischer Gegenspieler Bismarcks bezeichnet. Im Privatleben schätzte er den aufstrebenden Kurort Baden-Baden. Hier verbrachte er Urlaubsaufenthalte, hier verlebte er stille Ruhestandsjahre. Sein ungeklärter Tod gibt noch immer Anlass zu mancherlei Verdächtigung. In dem nachfolgenden Beitrag soll versucht werden, zumindest die medizinische Todesursache aufzudecken.
Am 22. und 23. Oktober 1940 wurden fast alle badischen Menschen jüdischer Herkunft (und die aus der Pfalz und dem Saarland), über 6500 Menschen, unter der Regie der Gauleiter Wagner und Bürckel aus ihrem bisherigen Leben gerissen und nach Gurs im Südwesten Frankreichs gebracht. Unter den Deportierten befanden sich nur wenige, die bis dahin literarisch-künstlerisch tätig gewesen waren.
Berty Friesländer-Bloch, 1902 in Gailingen geboren, hatte eine Ausbildung in der Krankenpflege. Neben ihrer Arbeit in diesem Bereich verfasste sie erinnernd-beschreibende Texte und vor allem Stücke für die Bühne im regionalen Umfeld. Zusammen mit ihrem Mann und dem zweijährigen Sohn geriet sie an ihrem Geburtsort in die Maschinerie der Deportation.
Der wohl bekannteste, ins literarische Leben integrierte Schriftsteller unter den Deportierten war der 68-jährige, in Karlsruhe geborene Alfred Mombert, ein
Lyriker und Dramatiker. Er wurde zusammen mit seiner Schwester in Heidelberg in einen der Züge nach Gurs gezwungen. Unter den Deportierten befand sich auch der 6-jährige Herbert Odenheimer aus Bühl, der später den Namen Ehud Loeb annahm.
In der Weimarer Republik, insbesondere in deren Endphase, wurde die politische Auseinandersetzung in Karlsruhe wie in vielen deutschen Großstädten durch den Gegensatz von Nationalsozialisten und den Vertretern der anderen politischen Parteien beherrscht. Dabei unterschied sich die von beiden Seiten offen gezeigte
gegenseitige tiefe Abneigung qualitativ kaum.
Am 14. Juni 1920 starb Max Weber, Professor für Gesellschaftslehre, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie an der Universität München, im Alter von nur 56 Jahren. Schon die Nachricht in der Frankfurter Zeitung gab der allgemeinen Bestürzung Ausdruck, und auch alle späteren Nachrufe beklagten die Schwere des Verlusts, den Wissenschaft und Öffentlichkeit erlitten hatten. Das wissenschaftliche Werk des Toten wurde gewürdigt und gleichzeitig sein tiefes, unaufhebbares Anderssein respektiert.
Der Fall Brüsewitz
(2017)
Kurz nach Mitternacht vom 11. auf den 12. Oktober 1896 ereignete sich in Karlsruhe ein Verbrechen, das nicht nur die badische Hauptstadt wochenlang in Atem hielt, sondern in ganz Deutschland, ja selbst im benachbarten Ausland für Gesprächsstoff sorgte. Der Jahrzehnte später als „der rasende Reporter“ berühmt gewordene Journalist Alfred Kerr wähnte sich am 1. November 1896 in der Reichshauptstadt in einer Ära der Brüsewitze zu leben: Der Fall selbst wird hier noch immer so besprochen, als ob er mitten in Berlin und nicht in Süddeutschland
geschehen wäre. Zweimal debattierte der Deutsche Reichstag über den
Mord des Premierleutnants Henning von Brüsewitz an dem Mechaniker Theodor Siepmann und die dahinter stehenden Fragen, ob der Begriff der soldatischen Ehre über den Bestimmungen des Strafgesetzbuches anzusiedeln sei und inwieweit sich das Militär im Deutschen Kaiserreich als Staat im Staate gerierte. Dieser Grundsatzkonflikt, im Prinzip eine Kontroverse zwischen Moderne und Antimoderne, hätte sich leicht – wie das im Jahr 1913 bei der Zabernaffäre der Fall sein sollte – zu einer Verfassungskrise hochschaukeln können.
Mit einem feierlichen Wahlakt zelebrieren die Bischöfe, die sich zum Konzil in Rom getroffen haben, am 18. Juli 1870 in Anwesenheit von Pius IX. den Primat der Römischen Kirche. Am folgenden Tag, dem 19. Juli, bricht der von Bismarck zur Beschleunigung der deutschen Vereinigung provozierte Konflikt aus. So schreibt Emile Keller, Abgeordneter des Ober-Elsass: „Nun befinden wir uns im Krieg und die Unfehlbarkeit wird im Kanonendonner verkündet. Niemand kann voraussagen, was für Ereignisse noch geschehen werden. aber wenn man Katholik und Franzose ist, muss man Vertrauen in die Zukunft haben“. Als am 4. September die Republik in Frankreich ausgerufen wird, ziehen in Straßburg die deutsche Verwaltung und mit ihr eine Schar von ersten Beamten ein. Bald schon werden das Elsass und ein Teil von Lothringen von den Deutschen militärisch besetzt.
Im Frühling 1872 beginnen in Elsass-Lothringen Verhandlungen zwischen der deutschen Regierung und einigen höheren Töchterschulen. Fast ein Jahr nach dem Abschluss des Frankfurter Vertrags (10. Mai 1871) herrschen in den meisten höheren Töchterschulen immer noch die französische Sprache und der französische Geist vor, während in den Elementarschulen und in den höheren Knabenschulen das Deutsche als Unterrichtssprache schon eingeführt ist. Ziel des Oberpräsidenten Eduard von Moeller ist es deshalb, die Anstalten so umzugestalten, dass diese den Forderungen der deutschen Eingewanderten – der sogenannten Altdeutschen – im Bereich der Mädchenbildung genügen können. Gegen Bewilligung eines staatlichen Zuschusses sollen sich die Schulvorsteherinnen verpflichten, in jeder einzelnen Klasse für alle Schülerinnen ohne Unterschied 6 wöchentliche Stunden dem deutschen Sprachunterricht zu widmen und stufenweise das Deutsche zur Unterrichtssprache für die Schülerinnen bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahr zu erheben.
Rund 15 Jahre nach dem Abbruch der Rastatter Friedensverhandlungen im April 1799 veröffentlichte der großherzoglich-badische Geheime Rat Karl Wilhelm Ludwig Friedrich Freiherr Drais von Sauerbronn (1755–1830) eine Abhandlung über die damalige Kongresspolizei. Dass sich der Freiherr, der dieses außerordentliche Organ einst befehligt hatte, gerade im Jahr 1814 zur Drucklegung seiner Abhandlung entschied, war kein Zufall. Denn immerhin stand ein neuer Congress für der Deutschen Wohl bevor, der in groesserem Geist, in groesserer
Stadt, einen hoehern Character annimmt und sein Ziel sicherer treffen
wird. Zwar bedürfe dieser anstehende Kongress – so der Verfasser weiter – seiner kleinen Polizey-Geschichte nicht; ihr aber kann der Augenblick günstig seyn, indem man jezt von selbst und gern an ein Congressleben, das vor Kurzem erst unter sehr verschiedenen Umstaenden getrieben und genossen worden, vergleichend zurückdenkt.
Die Markgräfin Karoline Luise von Baden (1723–1783) war eine außergewöhnliche Kunstsammlerin. Ihre in nur wenigen Jahren zusammengetragene Gemäldesammlung sollte später den Grundstock der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe bilden. Dass ein Fürst oder eine Fürstin des 18. Jahrhunderts eine Gemäldesammlung aufbaute, war keinesfalls außergewöhnlich, wofür die Beispiele der großen
Sammlungen in Kassel, München oder Potsdam stehen; das außergewöhnliche an Karoline Luise war vielmehr ihr persönlicher Einsatz. Durch ein europaweites Netz an Kunstagenten war sie aufs Beste über den Kunstmarkt informiert. Sie erhielt kunsthistorische Literatur, Stichfolgen berühmter und bedeutender Sammlungen
sowie Kataloge diverser Kabinette und Galerien. Durch ihr eifriges Studium dieser Medien gelangte sie zu einem ausgeprägten Geschmack und einer auffallenden Eigenständigkeit im Urteil.
Bilder im Hausrat
(2017)
Ein Bild, so lehrt es der Duden, ist ein mit künstlerischen Mitteln Dargestelltes, Wiedergegebenes, Gemälde, Zeichnung oder Ähnliches. Ein Bild ist also nicht immer nur ein Gemälde, es schließt auch Ähnliches ein, und in diesem Sinne wird hier das Bild verstanden. Allerdings muss gleich einschränkend hinzugefügt werden, dass nicht von dem künstlerischen Wert der Bilder die Rede sein wird, die ja fast ausnahmslos verloren bleiben und nur in wenigen beschreibenden
Worten existieren, sondern allein von ihrer Ikonographie und kulturhistorischen Bedeutung in einem zivilen Stadtbürgertum. Hält man sich allein an den allgemeinen Bestand erhaltener Kunstwerke, bewegen wir uns auf einer sehr schmalen Basis, nur ein Bruchteil des ursprünglich Vorhandenen ist noch erhalten. Und dieses Wenige befand sich in den meisten Fällen in Kirchenräumen oder in fürstlichen Sammlungen, die eine gewisse Gewähr zur Erhaltung boten. Für eine
Kenntnis der Kunstwerke in Bürgerhäusern sind wir indessen allein auf schriftliche Dokumente angewiesen, wobei das reale Objekt allerdings unanschaulich, ein Phantom bleibt.
Die Pest in Durlach
(2017)
Seuchen mit epidemischen oder gar pandemischen Ausmaßen sind heutzutage in Europa nur aus Medienberichten oder vom Hörensagen bekannt. In der Frühen Neuzeit verursachte jedoch vor allem die Pest relativ zyklisch wiederkehrende, katastrophale Ereignisse, die das Leben der Menschen nachhaltig beeinflussten. Über die Mortalitätskrise hinaus gingen sie mit administrativen, wirtschaftlichen,
gesellschaftlichen und religiösen Folgen für den Alltag einher. Die historische Aufarbeitung gerade der frühneuzeitlichen Epidemien erfuhr in den letzten Jahren verstärkte Zuwendung, weshalb es sich nicht weiter um ein dringendes Desiderat der Forschung handelt. Ein Blick auf die jüngeren Arbeiten zeigt aber auch, dass hinsichtlich der Pestabwehr und des Umgangs mit Epidemien in den süddeutschen Territorien bislang noch keine angemessene Aufarbeitung erfolgt ist.
Einen signifikanten Baustein zur Geschichte der jüdischen Medizin im Spätmittelalter stellt der im Generallandesarchiv Karlsruhe unter der Signatur 67 Nr. 830 Bl. 147r –150v tradierte Vertrag dar, in dem die Territorialherren der Grafschaft Sponheim, der Kurfürst und Pfalzgraf bei Rhein, Ludwig V., der Pfalzgraf bei Rhein Johann und der Markgraf von Baden Philipp I., dem Juden Mayer Leui das Recht zusichern, zusammen mit seiner Familie zwölf Jahre unter ihrem Schutz und Schirm in der Stadt Kreuznach zu wohnen und Handel zu treiben.
Weshalb nur schrieb Goethe ein Drama über Götz von Berlichingen, nicht aber eines über Franz von Sickingen? Weshalb ein Drama über Götz, einen notorischen Unruhestifter und „Raubritter“ eher provinziellen Zuschnitts, der mit seinen aus der Zeit gefallenen Fehden ganz Oberdeutschland in Atem hielt, der mit seinem Engagement im Bauernkrieg scheiterte und der über dem anschließenden langjährigen Hausarrest auf seiner Burg Hornberg am Neckar alt wurde, einen Mann, dem – abgesehen von dem durch ihn selbst in Auftrag gegebenen Grabmal im Kloster Schöntal an der Jagst – bislang nur zwei Denkmäler gesetzt wurden, 1962 unterhalb der Burg Krautheim an der Jagst in Erinnerung an seinen dort entbotenen, viel zitierten Gruß, man möge ihn hinden lecken, und schließlich 1999, anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der örtlichen Burgfestspiele vor dem Rathaus in seinem mutmaßlichen Geburtsort Jagsthausen. Freilich: Zu Ehren sowohl Götz von Berlichingens als auch Franz von Sickingens hat bereits im späten 18. Jahrhundert der kunstsinnige, im Stil der Zeit mit einer literarischen
Tafelrunde die Ritterromantik pflegende fränkische Reichsritter Christian Freiherr Truchseß von Wetzhausen im Landschaftspark seines Schlosses Bettenburg in den Haßbergen ein Denkmal errichten lassen. Es wäre denkbar, dass Götz und Franz zu den Vorfahren des Truchsessen gehörten.
6. Juni 1494, ein warmer Frühsommertag – König Maximilian I., Nachfolger seines am 19. August 1493 verstorbenen Vaters, Kaiser Friedrichs III., näherte sich am vorgerückten Nachmittag jenes Freitags der Freien Reichsstadt Speyer. Es war der erste Besuch des nun alleinregierenden Königs im Reich, herausragende Festereignisse mit ihren Ritualen und performativen Akten für die Reichsglieder waren damit verbunden und zugleich die Erneuerung ihrer Privilegien, Rechte und Freiheiten.
Berichte von Italienern über ihre Erlebnisse und Eindrücke bei Reisen durch das Rheintal oder östlich davon liegende Regionen sind aus dem Mittelalter nur sehr wenige erhalten. Sehr detailreich in politischen und gesellschaftlichen Belangen sind die Schilderungen der Gesandtschaften an den Hof von König Ruprecht von der Pfalz, die sich in der Chronik des Buonacorso Pitti finden. Von Enea Silvio
Piccolomini, dem späteren Papst Pius II., sind mehrere Schriften mit Beschreibungen deutscher Verhältnisse erhalten, wobei der langjährige Aufenthalt auf dem Konzil in Basel einen Schwerpunkt bildet. Schließlich ist noch die Beschreibung Deutschlands durch den päpstlichen Kollektor Marinus de Fregeno zu erwähnen. Der zufällige Fund von fünf Briefen eines Florentiners, der sich im Jahre 1423 während zwei Monaten zwischen Mainz und der Bodenseeregion aufhielt, ist deshalb ein großer Glücksfall. Sie werden in einem Kodex in der
Biblioteca Nazionale Centrale von Florenz aufbewahrt, der ursprünglich aus dem Privatarchiv der Familie Lanfredini stammt und vor allem Briefe an Orsino Lanfredini aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts enthält. Es fehlen in diesen Texten zwar ausführliche Beschreibungen von Land und Leuten, doch zeigen die Briefe eindrücklich, wie sich ein Fremder in der unbekannten deutschen Umgebung zurechtzufinden versuchte.
Das Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland verzeichnet unter dem Stichwort Überlingen die Leopold-Sophien-Bibliothek. Ihr Grundstock ist die 1832 erfolgte Stiftung des Stadtpfarrers und Dekans Franz Sales Wocheler (1778–1848). Durch sie wurde die im Jahr 1553 erstmals erwähnte reichsstädtische Ratsbibliothek mit ungefähr 10.000 Bänden aus seiner Privatbibliothek vermehrt. Wie vielerorts, war auch in der Stadt am Bodensee die Ratsbibliothek teils aus der alten Pfarrkirchenbibliothek hervorgegangen.
Herrschaft bedeutet immer auch, Einnahmen zu erzielen und diese zu verwalten. Trotz aller technischen und wirtschaftlichen Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg unterscheidet sich das Mittelalter in dieser Hinsicht nicht wesentlich von modernen Gesellschaften. So war es auch für die Pfalzgrafen bei Rhein im späten Mittelalter von zentraler Bedeutung, ihre Position in der Region, im Reich und auch in Europa mit einer materiellen Basis zu stützen.
Adolf Kern
(2017)
Die Vorfahren von Adolf Kern stammen aus Ringsheim/Baden im Landkreis Ettenheim südlich von Lahr. Die Gemeinde gehörte zum Bistum
Straßburg, war also katholisch und wurde im 30jährigen Krieg von den
schwedischen Truppen Carl Gustavs gleich mehrfach zerstört, geplündert,
die Einwohner ermordet, die Kirchenbücher verbrannt. Nach dem 30jährigen Krieg siedelten sich viele Familien wieder in Ringsheim an, darunter
auch die Kerns. Sieben Generationen können zurückverfolgt werden bis in
die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Es waren überwiegend Handwerker,
auch Bauern und im 18. Jahrhundert über drei Generationen hinweg vor
allem Weber und Leinenweber.
Der Beitrag beschreibt den derzeitigen Stand der Webarchivierung auf Landesebene in Baden-Württemberg. Die wesentlichen gesetzlichen
Grundlagen für die Sammlung und Archivierung von Webseiten und zugehörigen Einzeldokumenten sind vorhanden. Zugleich ist die inhaltliche Selektion
und technische Realisierung des Angebots eine umfangreiche Aufgabe, der sich
mehrere Landeseinrichtungen gemeinsam stellen.
Casimir Schweizelsperg
(2017)
Über Caspar / Casimir Schweizelsperg gab es bislang nur sehr spärliche
Informationen. Seine Vita beginnt in der Musikgeschichte erst 1706,
als er
am Stuttgarter Hof unter Vertrag genommen wurde. Von den ersten 37
Jahren seines Lebens hatte man so gut wie gar keine Kenntnisse. Das ist auch
nicht verwunderlich, war er doch zeitlebens ganz offensichtlich darum
bemüht, sein Vorleben zu verheimlichen und seine Spuren zu verwischen.
Dazu gehörte auch, dass er seinen Vornamen bei Bedarf wechselte und
gegenüber den Taufmatrikeln der St. Nikolauskirche Rosenheim beliebig
abänderte. Die eingangs nach MGG zitierten Vornamen verwandte er erst
je nach den Orten seiner Anstellung etwa ab 1706. Nach den originalen
Taufmatrikeln wird er ›Casparus Schweizelsperger‹ genannt und in deren
Abschriften ›Kaspar Schweizelsperger‹. Neben Caspar und Casimir finden
sich folgende weitere Schreibweisen: Kaspar, Kasimir, Kasimirus, sowie
Schweizelsperger, Schweizelsperg, Schweizelsberg, Schweitzelsperg.
Inzwischen konnten durch intensive Recherchen die Jahre vor 1706 seiner
Vita weitgehend aufgeklärt werden.