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„… den zahlreichen Besuchern ein dem Gewerbefleiße Sinsheims würdiges Bild zur Anschauung bringen“
(2020)
Die Stadt Sinsheim war auch als großherzoglich badische Amtsstadt eine eher kleine Stadt mit geringem Bevölkerungszuwachs im 19. Jahrhundert. Erst im 20. Jahrhundert erlangte die Stadt eine stärkere Bevölkerungsdichte, die sicherlich auch durch die Ansiedlung größerer Fabriken befördert wurde. Die Bevölkerungsentwicklung im 19. Jahrhundert bewegte sich stets unter der Zahl 3000 und erst seit 1900 knapp darüber.
„Staub, nichts als Staub“
(2020)
Am 24. März 1946 stimmten die Bad Rappenauer Gemeinderäte für Fritz Hagner als Gemeindeoberhaupt und wählten den kommissarisch von der amerikanischen Besatzungsmacht eingesetzten Nachkriegsbürgermeister Walter Staubitz ab. Durch die Ernennung des Antifaschisten Walter Staubitz zum Bürgermeister in Bad Rappenau wollten die Amerikaner nach der Hitler-Diktatur die Menschenwürde, das Rechtsstaatsprinzip und gleichberechtigte Mitwirkungsmöglichkeiten für alle Bürger absichern. Unter Achtung dieser Grundsätze entscheidet in einer freiheitlichen Demokratie die Mehrheit der Wähler, welchen Weg die Politik nimmt. Staubitz, der Bad Rappenau demokratisieren wollte, war selbst nicht demokratisch legitimiert und die Mehrheit der Bad Rappenauer unterstützte ihn nicht. Nach seiner Abwahl verabschiedete er sich durch die aus der Nazizeit verbliebenen Ortslautsprecher von der Bevölkerung. In Anspielung auf seine Vorgänger, Philipp Freudenberger (Bürgermeister 1895–1922) und Hermann Hofmann (Bürgermeister 1922–1945) resümierte er: „Freudenberger: die Freude; Hofmann: die Hoffnung; Staubitz: Staub, nichts als Staub“. Als Staubitz ab 1951 als Mitglied der kommunistisch ausgerichteten „Sozialdemokratischen Aktion“ für den Frieden eintrat und gegen die Westbindung der Bundesrepublik protestierte, entfernte er sich noch weiter von der Bevölkerungsmehrheit und wurde aus der SPD ausgeschlossen. Damit nicht genug: Die Generalbundesanwaltschaft warf ihm inmitten der McCarthy-Ära vor, durch einen Umsturz das System der sowjetischen Besatzungszone auf Westdeutschland übertragen zu wollen. Er kam in Untersuchungshaft auf den Hohen Asperg.
Im Jahr 2021 feiert die Evangelische Landeskirche in Baden nicht nur das Jubiläum ihrer Union, sondern auch 50 Jahre rechtlicher Gleichstellung im Pfarramt. Denn am 27. April 1971 wurde mit einem simplen, heute fast banal erscheinendem Satz Geschichte geschrieben: Pfarrer im Sinne der Grundordnung ist auch die Pfarrerin. Damit beendete die Landessynode 55 Jahre rechtlich legitimierter Diskriminierung von Theologinnen in der Evangelischen Landeskirche in Baden. Ein langer und steiniger Weg von der erstmaligen Zulassung einer Frau zu den theologischen Examina im Jahr 1916 bis zur ersten offiziellen badischen Gemeindepfarrerin im Dezember 1971. Der vorliegende Beitrag erläutert zunächst die grundlegenden Voraussetzungen zur Entstehung eines Theologinnenamtes, bevor die ersten Entwicklungsschritte dieses Amtes in Baden in Anlehnung an die Biographien von drei frühen badischen Theologinnen in den Blick genommen werden. Die Diskussion zwischen Landesbischof Julius Bender und Doris Faulhaber als Vertreterin des badischen Theologinnenkonvents im Zuge der Neuordnung der Landeskirche nach dem Zweiten Weltkrieg wird in einem eigenen Abschnitt vertiefend betrachtet. Im weiteren Verlauf werden
die wichtigsten gesetzlichen Regelungen bis 1971 vorgestellt.
Bald nach der durch die Französische Revolution und die napoleonischen Kriege ausgelösten politischen „Flurbereinigung" in Mitteleuropa, die in Deutschland mit Säkularisation und Mediatisierung das Ende der Kleinstaaterei und der Geistlichen Territorien brachte und im Wiener Kongress ihren Abschluss fand, kam es auch zu einer grundlegenden kirchlichen Neugliederung. Diese ging vom Gedanken des Staatskirchentums aus und hatte unter anderem das Ziel, die kirchlichen Verwaltungsstrukturen in Übereinstimmung mit den staatlichen zu bringen. Da die Errichtung, Neuumschreibung und Aufhebung von Bistümern in der römisch-katholischen Kirche gemäß Kirchenrecht Sache der höchsten kirchlichen Autorität ist, verständigten sich die Regierungen der neuen Staatsgebilde in der Folgezeit mit dem Heiligen Stuhl über die Anpassung oder Neugründung von Bistümern. Für das heutige Baden-Württemberg waren die „Frankfurter Verhandlungen" ab 1818 relevant, die zur Errichtung der Oberrheinischen oder Freiburger Kirchenprovinz durch die päpstliche Bulle „Provida solersque" vom 16. August 1821 und somit auch zur Gründung des Erzbistums Freiburg und des Bistums Rottenburg führten.
Es ist ein äußerst populäres und bekanntes „Volkslied“, das bis in die Gegenwart gesungen wird. Bekannte Schlagersänger
haben es auf ihre jeweils individuelle Weise interpretiert, so etwa Roy Black, Heino, Mireille Mathieu, Nana Mouskouri, Freddy Quinn und sogar Elvis Presley. Komponiert und publiziert hat das Lied Friedrich Silcher (1789–1860), wobei er wohl auf eine traditionelle Melodie zurückgegriffen hat. Erstmals erschienen ist es 1827 in Silchers zweitem Heft der „Volkslieder, gesammelt und für vier Männerstimmen gesetzt“.
Bereits im September 1945, nur rund vier Monate nach Kriegsende, erschien das Gesetzes- und Verordnungsblatt (GVBL.) der Badischen Landeskirche wieder – die erste Ausgabe vom 13. September 1945 umfasste lediglich drei Seiten: einziger Inhalt war der erste Brief des badischen Landesbischofs Julius Kühlewein an alle evangelischen Gemeinden, den er schon am 26. Juni 1945 verfasst hatte. Die letzte Ausgabe des Gesetzes und Verordnungsblattes vor dem Kriegsende war am 11. November 1944 in Karlsruhe veröffentlicht worden. Nach den schweren Bombenangriffen auf Karlsruhe am 27. September und am 4. Dezember 1944, bei denen auch das Dienstgebäude des Oberkirchenrates in der Blumenstraße schwer beschädigt worden war, konnte das Gesetzesblatt nicht mehr hergestellt werden. Das Gesetzes- und Verordnungsblatt gehörte zu den ersten Publikationen, die die US-Amerikaner in ihrer Besatzungszone genehmigten. Auf der letzten Seite trug das GVBl. in den ersten Nachkriegsjahren den Lizenzvermerk der US-Besatzungsbehörde Mit Genehmigung der Publications Control 7.8.45 beziehungsweise später Mit Genehmigung der Publications Control Nr. 4785. Die ersten Ausgaben des Gesetzes- und Verordnungsblattes der Evangelischen Landeskirche in Baden sind ein beeindruckendes atmosphärisches Zeugnis über die Sorgen und Nöte jener ersten Nachkriegsjahre.
Johann Schilter hatte sich seit 1672 nicht nur als Hofrat in den Diensten der Ernestiner, sondern auch als Privatdozent an der Universität Jena einen Namen gemacht. Berichte über seinen geplanten Umzug von Jena nach Frankfurt am Main und seinen damit verbundenen Rückzug ins Privatleben zu Beginn des Jahres 1685 riefen daher gemischte Reaktionen bei seinen Korrespondenzpartnern hervor. Während sich die einen bestürzt über seine Pläne äußerten, beglückwünschten ihn die anderen zur neu gewonnen freien Zeit, die ein Dasein als Privatgelehrter mit sich bringe. Der Rückzug von Gelehrten – sei es ins ruhige Studierzimmer oder in die Geistesabwesenheit – war ein gängiges Element des frühneuzeitlichen Gelehrtenhabitus. Was bewog aber einen Gelehrten wie Schilter im fortgeschrittenen Alter von 40 Jahren dazu, seine Familie und Teile seiner
Bibliothek in Jena zurück zu lassen?
Berichte aus den Kirchenbezirken sind für die kirchliche Zeitgeschichtsforschung auch in Baden von großer Bedeutung, geben sie doch oft ein sehr ausführliches, durchaus selbstkritisches und beinahe flächendeckendes Bild der Landeskirche in
einer bestimmten Epoche ab. Der hier vorliegende Bescheid des Oberkirchenrates vom Juli 1982 behandelt die Hauptberichte der Bezirkssynoden, die 1981 zum Thema „Amtshandlungen der Kirche als Herausforderung zu missionarischem Handeln“ getagt hatten. Es ist der erste Bescheid in der Ära von Landesbischof Klaus Engelhardt (1980–1998) und gleichzeitig für lange Zeit der letzte Bescheid des Oberkirchenrates auf die Berichte aus den Bezirkssynoden. Das nächste Mal gab es einen solchen Bescheid erst wieder 1995 zum Sonderthema der Synoden „‚… Als Mann und als Frau‘ – in Kirche und Gesellschaft“. Bis 1963 waren diese Bescheide und die Themen der Bezirkssynoden allgemein-kirchlich gehalten, später gab es dann spezifische Fragestellungen. Aufgrund der Thematik bieten die Berichte von 1981 ein interessantes Bild der volkskirchlichen Situation in Baden zu Beginn der 1980er, das zwischen scheinbarer Stabilität („Beim Sterben ist die Welt noch in Ordnung“) und deutlichen
Krisensymptomen oszillierte.
„Bald fahr ih zue Wasser …“
(2020)
Im Besitz des Schiltacher Heimatforschers Julius Hauth (1899–1988) befand sich die Fotokopie eines handschriftlichen Blattes, überschrieben mit „Flößer-Schnadahüpfel“, über dessen Herkunft er keine Angaben hatte. Auf seiner maschinenschriftlichen Transkription vermerkte Hauth „Verfasser unbekannt“, auch zur Datierung machte er keine Angaben.
Wer zu orts-, familien- und personengeschichtlichen Themen recherchiert, der weiß oder ahnt, welche Herausforderung der Umgang mit historischen Zeitungsbeständen darstellt. Äußerst reizvoll zwar in berechtigter Erwartung wesentlicher Suchergebnisse, aber in der puren Masse doch auch erschlagend! Bemisst man den Umfang einer durchschnittlichen
Zeitungsausgabe mit acht Druckseiten und rechnet für die Durchsicht einer Einzelseite nur ganze dreißig Sekunden – und das ist wirklich sehr wenig für eine halbwegs sorgfältige Analyse der oftmals unübersichtlich strukturierten, auf Artikelüberschriften meist verzichtenden älteren Presseerzeugnisse –, so braucht es für jedes Exemplar mindestens vier Minuten und pro Jahrgang einer Tageszeitung demnach gut und gerne zwanzig Stunden. Mit vertretbarem Aufwand war daher bisher die Durchsicht vieler Jahrgänge oder mehrerer unterschiedlicher Blätter kaum zu bewerkstelligen.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob es keine Unterlagen gibt, denen man belastbare Hinweise oder gar Fakten über die
Entstehung und Gründung des Honauer Kirchenchors entnehmen kann. Im Pfarrarchiv gibt es weder das Protokoll einer Gründungsversammlung noch den Entwurf oder gar die Reinschrift einer Satzung, die sich die Gründungsmitglieder des Kirchenchores dereinst selbst gegeben hätten. Daher steht zu befürchten, dass das Jahr und die Umstände der Gründung des Honauer Kirchenchors für immer im Nebel der Geschichte verborgen bleiben. Ein Ergebnis, das nicht befriedigen kann.
»Treu« bis in den Tod
(2020)
Das Geheimnis um den 2006 bei der Großherzoglichen Grabkapelle in Karlsruhe aufgefundenen Grabstein ist gelüftet. Es handelt sich um den Gedenkstein für den 1917 verstorbenen Lieblingshund der Großherzogin Luise von Baden. Der Fund ermöglicht erstmals einen Blick auf die Memorialpraxis für verstorbene Haustiere am Karlsruher Hof und bezeugt die besondere Liebe der Großherzogin zu ihrem schwarzen Großpudel namens »Treu«.
Im Gegensatz zu manch großem städtischen Gottesacker ist den Dorf- und Kleinstadtfriedhöfen oft nicht viel mehr als eine Randnotiz der Ortschronik gewidmet. Dabei bietet das Friedhofs- und Bestattungswesen auch für kleinere Kommunen unter ortstopographischen, denkmalpflegerischen und personengeschichtlichen Aspekte durchaus bemerkenswerte Forschungsansätze. Für die Stadt Ditzingen gibt der vorliegende Aufsatz eine erste Bestandsaufnahme, mit einer knappen Rückschau auf die vor- und frühgeschichtliche Fundsituation und einer ausführlicheren Einführung in die neuzeitliche Friedhofsgeschichte der Ortsteile.
Das Deutsche Reich kapitulierte am 8. Mai 1945 erst, als fast ganz Deutschland durch alliierte Truppen besetzt worden war und Adolf Hitler sich zuvor durch Selbstmord der Verantwortung entzogen hatte. Allerdings war der totale Kriegseinsatz der meisten Deutschen schon seit Monaten längst zum Teufel, wie der Freiburger Oberbürgermeister Kerber in einer internen Besprechung Anfang 1945 ausführte. Am Beispiel Freiburgs lässt sich nach der Zerstörung weiter Teile der Innenstadt durch den britischen Luftangrif vom 27. November 1944 zeigen, wie es dem NS-System immer weniger gelang, die Menschen von der eigenen Politik zu überzeugen. Zwar kam es zu keinem aktiven Widerstand und einige wenige glaubten immer noch an die
angekündigten Wunderwaffen, aber die meisten Menschen versuchten nur noch, das eigene Leben zu retten. Durch die gute archivalische Überlieferung lässt sich zeigen, wie die Stadtverwaltung immer weniger in der Lage war, ein geordnetes Leben aufrecht zu erhalten und die Menschen zu schützen und zu versorgen. Immerhin blieben der Stadt sinnlose Kämpfe beim
Einmarsch der Franzosen weitgehend erspart.
Der Titel des Aufsatzes mag den Leser überraschen, sind doch die Herren von Wolfach gewöhnlich für ihr insgesamt geschlossenes Territorium im mittleren bis oberen Kinzigtal bekannt. Dennoch gab es eine Zeitlang eine Beziehung auf die
Schwäbische Alb, ganz in den Osten des heutigen Baden-Württemberg. Darauf hat schon 1992 Hans Harter aufgrund seiner
umfangreichen Quellenstudien zum Adel und zur Besiedlungsgeschichte im Kinzigtal hingewiesen.
Die geschichtliche Bedeutung des Augsburger Religionsfriedens „als die auf das Reich […] bezogene Lösung jenes universellen Problems, das eine gute Generation zuvor mit der Reformation aufgebrochen war“, ist unstrittig. Sein berühmter
Grundsatz ‚Cuius regio, eius religio‘ – wenn so auch erst 1612 von dem Greifswalder Juristen Joachim Stephani formuliert – prägte über ein Jahrhundert die konfessionelle Landkarte des Reiches. Der Religionsfrieden sprach den Reichsständen die
Entscheidung über das in ihrem Herrschaftsgebiet geltende Bekenntnis zu und dehnte damit den Landfrieden dauerhaft auf den religiös-kirchlichen Bereich aus. Der Blick der Forschung fokussierte sich denn auch auf geschlossene Territorien wie Sachsen, Württemberg u. a. m., was nicht zuletzt der günstigen Quellenlage geschuldet war. Hierzu hat Axel Gotthard zurecht angemerkt, dass der Religionsfrieden zwar den Religionsbann der Reichsstände komplettierte, für die „Schütterzonen“ des Reiches aber genug Fragen offenließ. Man darf hinzufügen, hätten seine Schöpfer auch nur den Versuch unternommen, all die offenen Fragen zu lösen, er wäre schwerlich auf den Weg gebracht worden. Zu diesen „Schütterzonen“ zählte nicht zuletzt Franken mit der Präsenz zahlreicher reichsritterschaftlicher Herrschaften. Für solche Räume findet sich im Zedlerschen Universallexikon den Begriff „Territorium non clausum“.
Max Himmelheber und Felix Wankel waren bedeutende Erfinder in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Es wird den Faktoren nachgegangen, die möglicherweise für ihre Innovationen entscheidend waren, insbesondere der gemeinsamen Herkunft aus der »Kriegsjugendgeneration« am Oberrhein, der »Technikafinität« der 1920er-Jahre und der Prägung durch die
Jugendbewegung. Auch darüber hinaus finden sich zahlreiche Parallelen. Nicht zu unterschätzen ist die Förderung Beider durch das Reichsluftfahrtministerium.
Zwangsarbeit in Derdingen
(2020)
Auch 75 Jahre nach der NS-Zeit gibt es im Kraichgau ein höchst unterschiedliches Herangehen an die Aufarbeitung der Naziverbrechen in den örtlichen Heimatbüchern und Ortschroniken. Manche Kommunen haben diese Zeit schonungslos und detailliert aufgearbeitet und die notwendigen Quellen offengelegt, andere beschweigen diese Zeit bis heute, insbesondere was das Thema Zwangsarbeit betrifft. Dazu zählt Derdingen (erst ab 1964 „Oberderdingen“). Im „gültigen“ Heimatbuch des ehemaligen NS-Rektors und NSDAP-Funktionärs Gustav Brandauer zu den „einschneidenden
Veränderungen“: „Sie hier darzustellen ist unnötig, da sie in allen Orten Deutschlands mit geringen Schattierungen dieselben waren. Das nationalsozialistische Regime endgültig zu werten, muß auf den Zeitpunkt verschoben werden, an dem einmal alle Archive geöffnet sind und deren Auswertung durch unvoreingenommene Experten im Ergebnis vorliegen wird.“ Das hindert ihn nicht, wenig später vom „bislang ungeheuerlichsten Opfergang unseres Volkes“ zu schreiben und von den Hunderten von Derdingern, die zu den Fahnen strömten, „um ihr Heldentum in allen Erdteilen unter Beweis zu stellen“ und von den Kriegsfolgen durch die „widerlichen Exzesse“ der „Schwarzen in der französischen Armee“ und durch die „im Ort verbliebenen Fremdarbeiter aus Osteuropa, besonders die Polen“. Doch wer hat diese Menschen nach Derdingen geholt? Wer hat von der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft profitiert, und warum war Derdingen ein lokales Zentrum von Lagern mit Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern, Zuchthausgefangenen und KZ-Häftlingen mit Stacheldraht, Wächtern und einer Anzahl von Toten? Darüber liegt bis heute eine „Omerta“ aller Beteiligten. Es war eben doch kein „normaler Ort“.
Dendrophagus crenatus (Coleoptera: Silvanidae) ist
Teil einer Gemeinschaft xylobionter Käfer, die fast ausschließlich in totholzreichen und vom Menschen wenig
beeinflussten Wäldern zu finden sind. Die Art kann als
Zeiger für naturnahe Strukturen in den Höhenlagen des
Schwarzwaldes interpretiert werden. Ausgehend von
ersten Nachweisen in den ehemaligen Bannwäldern
am Wilden See und am Hohen Ochsenkopf in den Jahren 1995/96 liegen nun aus fast allen Bereichen des
Schutzgebiets Nachweise von D. crenatus vor. Erstmals
werden diese Funde aus dem Gebiet besprochen und
Erkenntnisse zur Nutzung des Lebensraums diskutiert.
Die Vorkommen befinden sich in einer Höhenlage zwischen 730 und 1070 m. Dabei fanden sich Käfer und
deren Larven häufig unter der Rinde abgestorbener
stehender und liegender Fichten und Kiefern, seltener
an Tanne, Buche und Eberesche. Als boreomontan verbreitete Totholzkäferart findet D. crenatus bedingt durch
die dynamischen Prozesse im Nationalpark Schwarzwald sehr gute Lebensraumbedingungen vor.