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In der großen Landesausstellung »Das Konstanzer Konzil 1414–1418« war im
Sommer 2014 im Konstanzer Konzilgebäude auch eine handgezeichnete Bodensee-Karte
zu sehen. Diese Karte ist weithin unbekannt. Selbst in der umfassenden Monographie
»Der Bodensee in alten Kartendarstellungen« von Arthur Dürst und Ugo Bonaconsa aus
dem Jahr 1975 wird sie nicht erwähnt. Die Karte war im Besitz der Benediktinerabtei St.
Blasien im Schwarzwald. Wie sie von Konstanz nach St. Blasien gelangt ist, ist nicht bekannt. Nach Aufhebung des Klosters bei der Säkularisation 1806 wanderten die Mönche
nach St. Paul im Lavanttal in Kärnten aus, wo ihnen das dortige Benediktinerstift zur
Verfügung gestellt wurde. Im dortigen Graphischen Kabinett wird die Karte bis heute
aufbewahrt.
Wer in Konstanz über Ulrich Richental spricht [1]
und dies – überdies – noch im Rahmen eines bemerkenswert lange und aufwändig zelebrierten öffentlichen Konzilsjubiläums tut, muss wissen, dass er über einen Zeit- und Augenzeugen spricht, der bis heute
die Erinnerung an das Konzil wie kein anderer prägt und bestimmt. Das heißt nicht, dass
er die wichtigste und zuverlässigste Quelle ist, aber es heißt, dass wir das historische
Ge schehen teilweise noch heute durch seine Augen sehen. Wie sehr dies der Fall ist,
hat Andreas Bihrer am 29. Mai 2014 im Rahmen einer Tagung der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg zu den Rahmenbedingungen und der
Rezeption des Konstanzer Konzils ausdrücklich betont [2]
.
Eine zuverlässige Wasserversorgung ist für eine erfolgreiche Stadtentwicklung unverzichtbar. In der mittelalterlichen Stadt gehörten Beschaffung, Nutzung und Entsorgung des Wassers zu den zentralen Aufgaben der Obrigkeit. In St. Gallen stellte diese
Herausforderung die Stadtbehörde indes vor erhebliche Probleme. Für eine kontinuierliche Wasserzufuhr sah sich die Kommune mit ungünstigen geologischen und topografischen Bedingungen konfrontiert. Anders als die Städte im Mittelland – wie Zürich, Bern
oder Luzern – konnte St. Gallen weder auf einen See, noch auf einen größeren Bach oder
Fluss als zuverlässige Wasserreserve zurückgreifen. St. Gallens Terrain setzt sich aus undurchlässigen Schichten von Mergel, Sandstein- und Nagelfluhfelsen zusammen, bedeckt mit mehr oder weniger tiefen Kies- und Sandbetten. Die südliche Talseite besteht
aus undurchdringlichen Schichtflächen, auf denen das Regenwasser, nachdem es die
Schutt- und Kiesmassen durchflossen hat, talwärts rinnt. An verschiedenen Stellen entspringt es in zahlreichen kleinen Quellen Richtung Stadt. Die nördliche Talseite hingegen ist unter der Schuttschicht aus sogenannten Schichtköpfen, nach oben weisenden,
abgebrochenen Felsschichten aufgebaut. Auf diesen Flächen fliesst das eindringende
Wasser in nördlicher Richtung von der Stadt weg und macht größere Quellbildungen
Richtung Talsohle unmöglich. Nur vereinzelt konnten am Nordhang kleinere Wasservorkommen wie beispielsweise die Leimatquelle genutzt werden. [1]
Zudem erlaubte die
erhöhte Lage der Stadt auf 670 Metern aus technischen Gründen lange Zeit die Nutzung
von tiefergelegenen, größeren Gewässern wie den Bodensee nicht. [2]
Zur Verfügung standen vorerst nur Grundwasser in geringen Mengen und kleinere Stadtbäche wie die Steinach und der Irabach. Ab dem 15. Jahrhundert wurden zunehmend Quellen außerhalb
der Stadt gefasst und ins Zentrum geführt.
Warum noch einmal Ernst S. wird man sich beim Lesen dieses Titels vermutlich
fragen. Im Dezember 2012 sprach ich – als St. Galler Alt-Stadtarchivar – im Rahmen der
vom Stadtarchiv St.Gallen organisierten Vortragsreihe »Stadtgeschichte im Stadthaus«
über »Ernst S. – 1942«. 2016 kam es aufgrund meiner Beschäftigung mit Ernst S. und
Niklaus Meienberg zu einer Zusammenarbeit mit der »Contact Film Zürich«, die einen
Kinofilm plante mit dem Arbeitstitel »Landesverräter Ernst S.«; ich wurde als »historischer Berater« engagiert. – Ebenfalls 2016 fungierte ich als »Experte« für die Hintergrundsendung »Doppelpunkt« des
Radio SRF 1 mit dem Arbeitstitel
»75 Jahre nach der Erschiessung des
Ernst S. – Nachhall einer umstrittenen
Hinrichtung«.
Es scheint passend, den folgenden Aufsatz mit einem bekannten Sprichwort einzuleiten: Habent sua fata libelli. Bücher haben ihr Schicksal und auch mittelalterliche
Handschriften erzählen zuweilen spannende Geschichten. Unter den Beständen der ehemaligen Dombibliothek Konstanz in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart befinden sich zwei Handschriften des frühen 9. Jahrhunderts, welche auf den ersten
Blick nur für wenige Spezialisten für die Überlieferung des lateinischen Bibeltextes relevant scheinen, die aber neue Erkenntnisse zur Präsenz der karolingischen Herrscher im
Bodenseeraum vermitteln.
Aus einem Reisetagebuch
(2019)
(Sebastián) Francisco de Miranda (y Rodríguez), am 28. März 1750 in der aufstrebenden Handelsniederlassung Caracas geboren, die 1777 zur Hauptstadt des spanischen
Generalkapitanats Venezuela aufstieg, und am 14. Juli 1816 im Gefängnis von La Carraca
bei Cádiz gestorben, war nicht nur der berühmte Wegbereiter und Vorkämpfer für die
Unabhängigkeit Ibero-Amerikas – el Precursor –, sondern zugleich ein Mann der Aufklärungszeit, der große Reisen unternahm und ein abenteuerliches Leben führte. [1]
Miranda,
ein Freimaurer und Liebhaber der Schönen Künste, war gebildet, hatte Latein studiert,
Griechisch gelernt und sprach neben Spanisch auch Englisch, Französisch und Italienisch. Er besaß eine beachtliche Bibliothek, verfasste viele Briefe, Anträge und Entwürfe,
führte Tagebuch und hinterließ ein voluminöses persönliches Archiv (63 Bände), das –
erst 1922 von Robertson wiederentdeckt – seit 2007 zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehört und
unter dem Namen Colombeia von der
Academia Nacional de la Historia de
Venezuela verwahrt wird. [2]
Das Tägermoos
(2019)
Das Thema Tägermoos, ein Konstanzer Grundstück auf Schweizer Hoheitsgebiet,
hat eine lange Vorgeschichte, die man nicht ganz ausblenden kann und zumindest ab
1831 einbeziehen muss. Der Tägermoos-Vertrag von 1831 zwischen dem Großherzogtum
Baden und dem Kanton Thurgau regelt mehrere Dinge. Er ist zunächst auch ein Grenzvertrag, der bei Konstanz die Grenze zwischen Baden und dem Thurgau festlegt. Im Prinzip wird die Grenze durch vier Worte definiert,
dem ehemaligen äußeren Festungsgraben folgend, und so wurde sie auch markiert. Dieser
Grenzverlauf hatte nur knapp 50 Jahre Bestand, er gilt heute noch so ungefähr vom Seerhein bis zum Anfang des Döbeles. Warum diese Grenzziehung später immer wieder
verändert wurde, soll auch gleich geklärt werden. Mit der Zuführung der Eisenbahnlinien von Romanshorn nach Konstanz und von Winterthur über Etzwilen nach Konstanz
in den 1870er Jahren benötigte der Konstanzer Kopfbahnhof ein Rangiergelände in Richtung Schweiz. Geklärt werden musste auch, wie und von wem das Ufer vor Kreuzlingen
genutzt werden durfte.
»Ja wenn der ganze Bodensee ein einzig Weinfass wär« oder »Mädle wenn vuu Konstanz bisch, warum kaasch Du it küsse …«: am Bodensee kennt fast jedermann diese seit
Jahrzehnten als schmissig erachteten Reime des Konstanzer Fasnachts-Komponisten Willi
Hermann, deren alljährliche gesangliche Darbietung in der Konzilsfasnacht vom SWR-Fernsehen bundesweit übertragen wird. Zweifellos handelt es sich bei ihm, der mit bürgerlichem Namen Wilhelm Hermann (1907–1977) hieß, um eine Ikone der Fasnacht am
Bodensee. Wirkmächtig hat er seine musikalischen Spuren am Bodensee und in der Ostschweiz, etwa in der Groppen-Fasnacht in Ermatingen, hinterlassen. Doch über seine Vergangenheit von vor 1945 war bislang rein gar nichts bekannt. Anlässlich seines Todes
schrieb die Konstanzer Tageszeitung »Südkurier« am 30. November 1977 unter Aussparung
der Jahre 1933 bis 1945: »Sein Wiener Aufenthalt [Ende der 1920er Jahre] hat sein späteres
musikalisches Schaffen beeinflußt. Als er 1949 aus langer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte ließ er sich in Konstanz nieder« [1]
. Mehr war vor über 40 Jahren wohl nicht in Erfahrung zu bringen und offensichtlich hat ihn auch niemand zu Lebzeiten jemals ernsthaft danach gefragt. Kollektiv wurde die NS-Vergangenheit beschwiegen, nicht nur in Konstanz.
Ein unbekannter Gartenplan
(2019)
Während einer Recherche im Fürstlich Quadt’schen Archiv in Isny stieß ich vor
einigen Jahren auf einen aufgerollten Gartenplan, der zwischen zahlreichen anderen verstaubten Rollen in einem Wandregal lagerte.[1]
Beim Öffnen der Rolle fiel sofort die große
Qualität der kolorierten Federzeichnung ins Auge, dann aber zur großen Überraschung
auch diese Signatur: Entworfen und gezeichnet von M. F. Weyhe aus Düsseldorf. Wie sich zeigen
sollte, war es ein beachtenswerter Fund, denn der Urheber des Plans war kein Unbekannter, sondern der angesehene Gartenkünstler Maximilian Friedrich Weyhe (Bonn 1775–
1846 Düsseldorf ), der Plan aber ein unbekanntes Werk, das aus unerfindlichen Gründen
vor mehr oder weniger als zweihundert Jahren in der Versenkung verschwunden und nur
durch den oben erwähnten glücklichen Zufall wieder ans Tageslicht gelangt ist.
Das 12. Jahrhundert zählt zweifellos zu den besonders fruchtbaren und ereignisreichen Zeiten der europäischen Geschichte. Damals fanden in allen wichtigen Belangen
durchgreifende Veränderungen statt; innerhalb weniger Generationen verwandelte sich
die Lebens- und Gedankenwelt so fundamental wie davor nicht und danach auf Jahrhunderte hinaus nicht mehr. Ein anhaltendes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum ermöglichte einerseits das Entstehen der europäischen Städtelandschaft und ihres Bürgertums, andererseits trug es die Entfaltung der höfischen und ritterlichen Kultur. In der
Kunst und der Architektur erlebte die Romanik ihre späte Blüte, doch wurde sie bereits,
von Nordfrankreich ausgehend, von der Gotik abgelöst. Die Dialektik, also die Kunst des
rationalen Argumentierens, war die Leitwissenschaft dieser Zeit; sie erlaubte es, das
Recht, die Philosophie und die Theologie zu verwissenschaftlichen. Zugleich organisierte sich der Wissenschaftsbetrieb selbst in den ersten Universitäten. Auf der politisch-herrschaftlichen Ebene setzte der allmähliche Aufstieg der Nationalstaaten ein; und mit
den Kreuzzügen griff Europa erstmals weit über seine Grenzen hinaus.