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Wenn wir versuchen, uns um 1200 Jahre zurückzudenken, treffen wir auf eine völlig andere Welt. Im Jahre 819, im
sechsten Regierungsjahr des Kaisers Ludwig des Frommen (814–840), des Sohns und Nachfolgers Karls des Großen, war die
Welt anders als die unsrige, nicht nur hinsichtlich der technischen Möglichkeiten, die sich in den letzten zwei Jahrhunderten besonders schnell verändert haben. Vielmehr herrschten damals auch andere staatliche, verfassungsmäßige und rechtliche Verhältnisse, insbesondere hinsichtlich der Rechte des Einzelnen. Diese Andersartigkeit können wir hier nicht darstellen, sondern lediglich anzudeuten versuchen. Zunächst ist aber zu fragen, warum Asperg nur 1200 Jahre alt sein soll. Ist der Ort
auf dem Berg nicht älter? Die vielbeachtete Keltenausstellung, die 2008 hier gezeigt worden ist, hat doch belegt, dass der Berg schon vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden besiedelt war. Zeugen dafür sind die Grabstätten der Keltenfürsten: das Kleinaspergle, der Grafenbühl, der rekonstruierte Grabhügel von Hochdorf und die anderen. Von jedem dieser Grabhügel ergibt sich eine Sichtbeziehung zum Asperg. Schon deswegen kann kein Zweifel daran sein, dass die hier Begrabenen einst auf dem Asperg residierten. Es muss zudem ausreichend Leute gegeben haben, die diese Grabhügel in wochen-, wahrscheinlich aber monatelanger Arbeit aufschütteten. Dies setzt eine gesellschaftliche Organisation voraus, über die man jedoch so gut wie nichts weiß, außer dass es gewiss oben und unten gegeben hat, also eine ständisch gegliederte Gesellschaftsstruktur.
Francis Rapp
(2020)
„Ohne Ihren kritischen Geist aufzugeben, bitte ich Sie meine Aussage mit Wohlwollen und ein bisschen Nachsicht entgegen zu nehmen.“ Gemäß seiner sprichwörtlichen Bescheidenheit beginnt Francis Rapp, Professor an der Universität Straßburg, Mitglied des „Institut“, Primus inter pares im Elsass, seinen Beitrag über die elsässische Geschichtsschreibung zwischen 1945 und 1970 (Revue d’Alsace 2007, S. 49). Dieses sich wiederholende Ritual kündigt aber keine vertrauliche Mitteilung, sondern ein äußerst seltenes Lippengeständnis an die eigene Geschichte an: „Ich gehörte zu denen, die sich an diesen (französischen) Farben erfreuten.“ Hinter dieser Aussage versteckt sich ein Schweigen, eine Zäsur in seinem Leben. Francis Rapp unterlässt es zu sagen, dass er 1926 in Straßburg geboren ist und dass sein Jahrgang, 1944 achtzehn Jahre alt, zur Hälfte in die Wehrmacht und zur anderen Hälfte in die SS eingezogen wurde. Und man wird nur über Umwege erfahren, dass er gehungert hat, um nicht fort zu müssen, dass er davon an bleibenden Schäden litt, die ihn daran hindern werden seinen Lebenstraum zu erfüllen, nämlich Offizier in der französischen Luftwaffe zu werden.