Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
Sprache
- Deutsch (295) (entfernen)
Gehört zur Bibliographie
- nein (295)
Schlagworte
- Freiburg im Breisgau (295) (entfernen)
Schau-ins-Land. – 92 (1974)
(1974)
Schau-ins-Land. – 93 (1975)
(1975)
Freiburg - das VI. Viertel
(2019)
Wer heute durch die Eisenbahnstraße geht, kann sich nicht vorstellen, dass dort einmal in der
Nummer 43 eine Zement- und Baufabrik betrieben wurde, die die gesamte Länge der Poststraße
bis zur Rosastraße eingenommen hat und nach der Firma Brenzinger der bedeutendste „bauindustrielle Großbetrieb“
Freiburgs war. Das völlige Verschwinden dieser Firma und die daraus resultierenden Veränderungen im Straßenbild veranlassten mich, die Entwicklungen in dem Quartier
zwischen Bismarckallee, Eisenbahnstraße und Rosastraße bis zum Colombipark zu untersuchen,
exemplarisch dargestellt an der Eisenbahnstraße.
Die Freiburger Adressbücher
bilden für die Analyse die wichtigste Quelle. Diese sind 1798
erstmals erschienen und enthalten schon seit 1806 ein Häuserverzeichnis mit den Namen der Besitzer. Seit 1877 sind zusätzlich auch alle Bewohner in den einzelnen Stockwerken verzeichnet.
Ab 1838 sind historische Stadtpläne für einzelne Jahre verfügbar.
Die ersten Ausgaben zeigen
noch einzelne Häuser und geben damit wertvolle Aufschlüsse über den Fortgang der Bebauung.
Bilder aus dem Stadtarchiv Freiburg und einzelne Informationen aus den Akten der städtischen
Verwaltung im Stadtarchiv Freiburg runden das Gesamtbild ab.
Der Kaiser in seiner Stadt
(1998)
Freiburg kann beispielhaft für eine wiederholt von der Pest betroffene Stadt gelten. Wissenschaftler verschiedener Disziplinen befassten sich mit den verschiedenen
Aspekten des Themas. Die Historiker erforschen die zahlreichen Pestepidemien vor
ihrem historischen Hintergrund – wenn auch einschränkend gesagt werden muss,
dass sicherlich für das eine oder andere Jahr keine schriftlichen Dokumente vorliegen.
Neben der Geschichtswissenschaft ist die Pest als Thema in anderen Fachbereichen,
wie der Medizingeschichte, der Kunstgeschichte, der Volkskunde oder der Botanik,
präsent. Eine exakte medizinische Definition der als Pest bezeichneten Epidemien ist
jedoch schwierig und wurde im Rahmen dieser Untersuchung nicht angestrebt.
Wenn heute vom „Historischen Kaufhaus“ in Freiburg die Rede ist, werden die meisten an das
mit prächtiger Schaufassade und Ecktürmchen zum Münsterplatz stehende Gebäude denken. In seinem Innenhof und dem sogenannten Kaisersaal im ersten Obergeschoss finden
heute Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Der älteste Kern des „Kaufhauses“ steht aber nicht am Münsterplatz, sondern an der Schusterstraße. Hier, in dem sogenannten „Hinteren“ oder „Alten Kaufhaus“, ist noch heute die
Marktaufsicht untergebracht. Während der Außensanierung dieses Bauteils im Sommer 2010
wurde der moderne Putz von den Fassaden zur Schusterstraße und zur Seitengasse (Kaufhausgässle) abgeschlagen. Darunter kamen reiche Baubefunde zutage, die ein neues Licht auf dieses
„Hintere Kaufhaus“ werfen. Weitere Aufschlüsse sind bei der Sanierung der Hoffassade zu erwarten, das Innere konnte bisher nicht untersucht werden.
So ist unbestritten keine
Urkunde erhalten, die als Freiburger Gründungshandfeste der Zeit von 1120/ 1122 zu
bezeichnen wäre und die von einer zeitgenössischen Hand geschrieben wurde. Ebenso
ist der als Alte Handfeste bezeichnete Text nicht einmal in dieser Form kopial überliefert.
Vielmehr ist das, was als Freiburger Gründungsurkunde gilt, das Ergebnis einer
Rekonstruktionsarbeit, die von einem im Tennenbacher Urbar der ersten Hälfte des
14. Jahrhunderts überlieferten Freiburger Stadtrechtstext ausgeht. Diese Stadtrechtsaufzeichnung
enthält insgesamt 55 Rechtssätze, von denen die weitaus größte Zahl
mit Sicherheit nicht aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts stammen kann. Aus dieser
Textmasse heben sich aber einige Sätze ab - nämlich ein Prolog, ein Epilog, der allerdings
im Urbar am Ende des ganzen Stadtrechtstextes steht, und die Artikel 1 bis 6
-und zwar dadurch, daß im Prolog Konrad von Zähringen ohne Nennung des Herzogstitels
als Gründer von Freiburg und Aussteller eines Privilegs genannt wird, während
in den anderen genannten Sätzen der Urkundenaussteller in subjektiver Form stilisiert
ist. In den übrigen Teilen des Tennenbacher Textes wird der Stadtherr nur in objektiver
Form genannt.
Eine Folge von Papstflucht und Herzogsächtung: Freiburg wird 1415 für zwölf Jahre Reichsstadt
(2017)
Am 1. September 1413 bestätigte der in Chur weilende König Sigismund der Stadt Freiburg im
Breisgau auf deren Bitten alle ihre Freiheiten, Rechte, guten Gewohnheiten, Briefe und Privilegien, die sie von römischen Kaisern und Königen empfangen hatte. Am selben Tag tat er dies auch
für die seit 1330 an Habsburg verpfändeten Reichsstädte Breisach, Neuenburg, Schaffhausen und
Rheinfelden. Die Annäherung zwischen König Sigismund und der habsburgischen Territorialstadt Freiburg erfolgte rund anderthalb Jahre vor der spektakulären Flucht Papst Johannesʼ XXIII.
und Herzog Friedrichs IV. von Österreich aus Konstanz im März 1415, mit deren Auswirkungen
auf den Oberrhein sich das im Juni 2015 vom Alemannischen Institut veranstaltete Kolloquium
beschäftigte. Der angesprochene Kontakt verdient Beachtung im Vorfeld von Freiburgs zwölfjähriger Zeit als Reichsstadt infolge der Ächtung des Habsburgers: Wenn Sigismund damals
Freiburg und den an Habsburg verpfändeten Reichsstädten seine Gunst erwies, motiviert durch
die territorialpolitisch und familiär bedingten heftigen Spannungen zwischen ihm und dem mächtigen Landesfürsten Herzog Friedrich IV. im Süden des Reiches, so baute er damit symbolisches
Kapital auf, das ihm wenig später Nutzen brachte.
Nach einer Phase der stiefmütterlichen
Behandlung der Nachkriegszeit im allgemeinen und der französischen Besatzungszone im besonderen wird seit den l980er Jahren intensiv über die Zustände im deutschen Südwesten in der Zeitspanne von 1945 bis 1952 geforscht. So entstand nach und nach ein Bild, welches anfänglich mit eher düsteren Farben ausgemalt wurde. [...] Dieser Trend hat sich bis heute fast ungebrochen gehalten. Für weitere Arbeiten bleibt, noch nicht
ausgemalte Flecken zu entdecken und mit Farbnuancen zu versehen, die im Endeffekt
vielleicht irgendwo zwischen düster und hell liegen. Auf diese Weise erhält im günstigsten Fall auch das Gesamtbild eine Komposition, die dem Betrachter neue Einsichten vermittelt. Diese Aufgabe wird von mir im folgenden für einen kleinen, eng umgrenzten Bereich angegangen. Ich möchte die Ernährungslage in Freiburg 1945 bis 1947 unter den beiden Gesichtspunkten untersuchen, die im Untertitel des
Aufsatzes anklingen: Den Gesichtspunkt der sozialen Problematik und den des sich
daraus entwickelnden deutsch-französischen Politikums.
Schon sechs Jahre vor der Zerstörung Freiburgs am 27. November 1944 lagen in den Schubladen der Planer Zeichnungen für eine Neugestaltung der Freiburger Innenstadt. Welche Ideen ließen sich daraus verwirklichen im Widerstreit der Meinungen?
„Ein Unglück, aber auch eine Gelegenheit", hieß es. Was sollte aus der zerstörten Stadt werden? Würde überhaupt eine Generation ausreichen, um die Zustände zu überwinden, die von Baracken und Behelfsbauten geprägt waren? Die Weichenstellung vor über 50 Jahren war entscheidend: es galt, den Charakter der Stadt zu erhalten, aber auch Raum für eine zukunftsfähige Entwicklung zu geben. Nicht die verkehrsgerechte Stadt war das Ziel, sondern Urbanität mit einer hohen Gestaltqualität.
Vor 50 Jahren konnte ein 16-jähriger Freiburger kaum zu leben begonnen haben und dennoch schon bei sehr vielem dabei gewesen sein, was man Geschichte nennt. Ein Leben lang wird so einer zu bedenken haben, was er in seinen ersten 16 Lebensjahren mit seinen Sinnen aufgenommen, und was er später über diese Jahre zu lernen hatte. Zu dem früh Gelernten sollte gehören, dass nach dem frühen Erleben und Überleben dieser reißenden Zeit ein bewusstloses Weg- und Weiterschwimmen im Zeitstrom nicht mehr möglich war.
Freiburg vor 50 Jahren: ,,Zeit des Aufbruchs zwischen Not und Normalität". Woran ist da zu denken bei den Stichworten: Not -Aufbruch - Normalität? ,,Not", das beschrieb der in Ebnet wohnende Abgeordnete Karl Joseph Rößl er 1949, vor 50 J ahren, im Personalhandbuch des Badischen Landtags mit folgenden Sätzen: ,,In Trümmern lag das Land, zerstört seine Städte und viele seiner Dörfer; aufgewühlt, zerstampft und zerfahren seine Ackerfluren. Tot, gefangen oder siech seine Männer, hungernd, frierend, vielfach ohne Obdach seine Frauen, seine Kinder, seine Greise! Ohne Recht und Gesetz, ohne Obrigkeit, der siegreichen Besatzungsmacht unterworfen!" - Dieses apokalyptische Bild stellt die Ausgangslage vor Augen, die unerhörte Not am Ende des Krieges, da auch die Stadt Freiburg am Ende schien.
Rückschritt oder Aufbruch?
(2001)
Das Jahr 1949 war auch für Freiburg und seine Einwohner ein Wendepunkt. Hunger und Not der ersten Nachkriegsjahre waren zu einem großen Teil überwunden - es ging wieder aufwärts. Wie konnte dieser Wandel innerhalb so kurzer Zeit vor sich gehen, und wie ist es den Menschen in der Stadt während dieser Jahre ergangen? Drei Themenbereiche sind der ersten krisenhaften Phase bis zur Wende gewidmet: Sie befassen sich mit dem sozialen Elend - Hunger, Krankheit und Wohnungsnot -, mit den Requisitionen, Demontagen und der Entnazifizierung und schließlich mit der französischen Besatzungsmacht, die diese Jahre mit geprägt hat.
Als Folge des Friedens von Preßburg fiel Freiburg am 1. Januar 1806 an Baden. Damit verlor die Stadt ihre jahrhundertealte Rolle als Hauptstadt der habsburgischen Vorlande und geriet unter die Herrschaft eines aufgeklärt-absolutistischen Fürsten,
der als Vasall Napoleons groß geworden war und mit dem sich der offenkundige Nachteil verband, dass er im nahen Karlsruhe residierte. Nach Lage der Dinge musste es der Stadt Freiburg zunächst darauf ankommen, sich auch unter badischer Herrschaft jene Privilegien zu sichern, mit der sie die milde Herrschaft Habsburgs im Laufe der Jahrhunderte ausgestattet hatte. Bereits am 17. Januar 1806 begab sich deshalb eine Ratsdelegation nach Karlsruhe. Unter vielen anderen Anliegen trug sie die Bitte vor den neuen Landesherren (der noch im gleichen Jahre zum Großherzog avancieren sollte), den Bestand von Universität und Gymnasium zu sichern. Denn ob sich Baden neben Heidelberg eine zweite Universität und noch ein weiteres Gymnasium würde leisten können, das stand zunächst dahin. Letzteres umso mehr, als die finanziellen Grundlagen des Freiburger Gymnasiums noch im gleichen Jahre wegbrachen (vgl. den vorigen Artikel).
Als 1805 für den vorderösterreichischen Breisgau die Zugehörigkeit zum Haus Habsburg ein Ende fand, kam auch auf das Gymnasium, das sich später Bertholdgymnasium nannte, eine große Veränderung zu. Bei der Eröffnung des neuen Schulgebäudes am 4. Januar 1866 bezeichnete es der damalige Schulleiter Wilhelm Furtwängler als eine Neugestaltung, die dem Großherzog Friedrich zu verdanken sei. ,,Vor allem erhielt die Anstalt jetzt das erste Mal eine selbständige, ihrem Wesen entsprechende Stellung. Der Staat übernahm die Sorge für Bestreitung des Aufwandes, für Besetzung der Lehrämter, für die Organisation des Unterrichtes. Die Abhängigkeit von der Universität, wie sie bis dahin noch bezüglich der Immatriculation, der
Disciplin und Jurisdiction bestanden hatte, hörte auf." Die Abhängigkeit von der Universität hatte tatsächlich über mehrere Jahrhunderte hindurch bestanden, und das Gymnasium war sogar eine Gründung der Freiburger Universität.
Der 15. Juli 1942 war ein Mittwoch. Reinhold Birmele, achtundzwanzigjähriger Gehilfe in der Gärtnerei Rappenecker, bearbeitete ein Grundstück in der Freiburger Beethovenstraße. Wegen epileptischer Anfälle in der Vergangenheit hatte er nicht als Soldat in den Krieg ziehen müssen. Nebenan, Nr. 9, lag der Garten, der zur Villa des ehemaligen Bankdirektors Hein gehörte. Birmele hatte schon oft dort gearbeitet. Nur flüchtig war er hingegen bisher der achtundfünfzigjährigen Hausgehilfin der Familie Hein, Maria Weber [Name geändert, H. H.], begegnet, die gerade in den Garten trat; er wußte nicht einmal ihren Namen. Sie kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, daß Frau Weber in St. Peter beheimatet war und Reinhold Birmele ihre dort verheiratete Schwester kannte. Sie habe jetzt Ferien und wolle ihre Schwester wieder einmal besuchen, meinte Birmele die Hausgehilfin zu verstehen. Ihm kam die Idee, sie zu fragen, ob sie nicht gemeinsam dorthin wandern wollten. Er war ein großer Naturfreund und jeden Sonntag draußen in den Bergen. Birmele wollte dann, nach dem Besuch der Bekannten in St. Peter, über den Kandel zurück nach Kollnau laufen, wo er wohnte. Eine richtige Verabredung war es wohl nicht, aber Birmele dachte, Maria Weber habe seinem Plan zugestimmt.
Ein Akt der Verzweiflung
(2000)
Die von langer Hand und unter strikter Geheimhaltung vorbereitete Deportation von 350 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus Freiburg nach Gurs schlug sich im Tagebuch der Polizeidirektion, das für den 22. Oktober 1940 auch den Besuch der Sicherheitsdienste (SD) von Mülhausen und Freiburg vermerkt, in einer siebenzeiligen Notiz nieder: ,,Dienstag, 22. Oktober und Mittwoch, 23. Oktober 1940: An beiden Tagen wurden die jüdischen Familien abtransportiert. Hierbleiben durften nur diejenigen Juden, bei denen entweder der Mann oder die Frau arischer Abstammung sind. Weiter blieben auch die Mischlinge hier. Zwei Juden haben Selbstmord verübt; eine Jüdin hat sich die Pulsadern durchschnitten und starb in der Klinik, ein Jude hat sich erhängt. Der Abtransport ging in aller Ordnung vor sich."
Alice Leimenstoll schrieb am 22. Oktober 1940 einen Brief an einen Verwandten. Darin heißt es: "Bei uns in Freiburg geht es seit Sonntag toll her. Jede Nacht haben wir Fliegeralarm ... Auch ist heute ein besonderer Tag. Denke Dir, sämtliche Juden
werden abgeholt und in Omnibussen fortbefördert. Mit der Polizei und Kriminal wurden sie im Hause geholt und dann auf Lagerplätzen gesammelt. Wie ich gehört habe, kommen sie nach Südfrankreich und von dort mit dem Schiff weiter. Sie konnten alle nur mit ein paar Habseligkeiten gehen, denn sie hatten nur ½ Stunde Zeit zum packen. Ich stelle mir das vor, wenn wir so fort hätten müssen und alles liegenlassen, was einem lieb und wert war: Wie ich gehört habe, sollen Leute, die ihr Hab und Gut durch Bomben verloren haben, in die Wohnungen kommen z.B. Berliner, Düsseldorfer ..."
Der Anlaßwar der schlimmste Überfall des Krieges. Am „schwärzesten Tag", dem 14. April 1917, erlebte die Stadt Freiburg einen Angriff durch britische und französische Flieger, bei dem elf Zivilisten und ein Soldat ums Leben kamen. Einige Tage
später bot die Bestattung der Opfer am Freiburger Hauptfriedhof die Gelegenheit, eine feierliche Kundgebung gegen die „ruchlose" Praxis des Feindes zu veranstalten, der den Krieg auf offene deutsche Städte übertragen hatte mit dem Ziel, Zivilisten zu terrorisieren und schuldlose Menschen aus der „friedlichen Arbeit in der Heimat" fortzureißen. Dementsprechend befanden sich unter den Teilnehmern auf dem Friedhof fast sämtliche Stadtprominente - leitenden Persönlichkeiten der Staats- und Stadtverwaltungen, des Militärs und der Universität, jeweils sieben geistliche Repräsentanten des Freiburger Katholizismus und Protestantismus sowie Vertreter der Holzgroßhandlung der Gebrüder Himmelsbach, deren Belegschaft allein neun Opfer
erbracht hatte.
Der Wechsel der Konfession in der Frühen Neuzeit hat bislang vor allem im Phänomen der Fürstenkonversionen des 17. und 18. Jahrhunderts das Interesse der Forschung gefunden. Im Mittelpunkt des Interesses standen einerseits die Beweggründe
der Konvertiten, unterschieden nach religiösen oder politisch-dynastischen Motiven. Zum anderen fanden die Auswirkungen des Konfessionswechsels eines Landesherrn auf seine Untertanen Aufmerksamkeit. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von
1555 galt das Prinzip, daß die Untertanen der Konfession des Landesherrn angehören sollten. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts hatte die Fürstenkonversion somit zumeist den Religionswechsel der Einwohnerschaft eines ganzen Territoriums
zur Folge. Am Oberrhein bietet die Markgrafschaft Baden-Baden ein Paradebeispiel für die erzwungene Konversion der Untertanen nach dem Konfessionswechsel ihres Landesherrn bzw. dem Regierungsantritt eines neuen Landesherrn mit anderer Konfession als sein Vorgänger. Bis 1634 wechselte das Territorium - und damit stets die Mehrheit der Untertanen - sechsmal das Bekenntnis.
Alemannische Heimat
(2002)
Gleich zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland begannen die neuen Machthaber die Presse, also auch die wissenschaftlichen Zeitschriften, gleichzuschalten, wodurch es für regimekritische Wissenschaftler zunehmend
schwieriger wurde, sich ungezwungen zu äußern. Eine Möglichkeit, dieser Einschränkung bedingt entgegenzuwirken, war die Veröffentlichung von Beiträgen in regimedistanzierten Tageszeitungen. Ein solches Beispiel stellte im südbadischen Raum die Freiburger Tagespost dar. Diese Zeitung erschien erstmals 1907 und stand der katholischen Kirche nahe, weswegen sie die Unterstützung des damaligen Freiburger Erzbischofs Konrad Gröber genoss. Im Januar 1934 begann die Tagespost, alle zwei Wochen ihrer Wochenendausgabe eine Beilage unter dem Titel Alemannische Heimat beizulegen. Ende Februar 1940 musste die Tagespost allerdings ihr Erscheinen einstellen.
Die Entstehung der vorliegenden Darstellung freimaurerischer Friedensarbeit in Freiburg und ihrer Einordnung in das kulturpolitische Stadtleben der Zwischenkriegszeit trifft zeitlich zusammen mit dem Gedenken an den Religionsphilosophen
Karl Christian Friedrich Krause ( 1781-1832) anlässlich seines 170. Todestages bei der Wieder-Einweihung eines gründlich restaurierten, 1881 von Dresdner Logenbrüdern gestifteten Denkmals durch Amtspersonen seines Geburtsortes Eisenberg/Thüringen in Anwesenheit zahlreicher hochrangiger in- und ausländischer Gäste. Immerhin hatten Krauses Erkenntnisoptimismus sowie sein fester Glaube an die sittliche Höherentwicklung des Menschen und der Gesellschaft - im spanischen Geistesleben als „Krausismo" bekannt - ihn als ersten „panentheistisch" überzeugten Freimaurer veranlasst, 1814 den Entwurf eines europäischen Staatenbundes als Basis des allgemeinen Friedens vorzustellen. Entsprechend wird Krause heute mit seinem in weiteren Veröffentlichungen „vorgeahnten Menschheitsbund" neben Lessing nicht nur als Schöpfer der humanistisch geprägten Freimaurerei in Deutschland angesehen, sondern auch als geistiger Vater übernationaler freimaurerisch-friedensstiftender Ideen. Und dies, obwohl sie nach dem Ende der Befreiungskriege gegen das napoleonische Frankreich als Rufe eines Einzelnen in der Bruderschaft ohne weiterreichende Wirkung verhallten.
Im Jahre 1683 wurde der Freiburger Stadtregierung ein Fall von Inzest in Zarten bekannt: Der Witwer Barthel Kühnlin sollte mit seiner unmündigen, 12 Jahre alten Tochter Maria Unzucht getrieben haben. Der Fall kam vor den Rat der Stadt Freiburg; der begann, von Amts wegen (ex officio) in dieser Sache eine Untersuchung durchzuführen. Der in Freiburg ansässige Bürger unterstand, wenn er nicht Geistlicher oder Student war, allein der Freiburger Gerichtsbarkeit, da die Stadt vom Landgericht eximiert war und mit ihrer nächsten Umgebung seit ihrer Gründung einen eigenen Gerichtsbezirk bildete. Es gab zwei Gerichte in Freiburg, das Gericht von Bürgermeister und Rat, und das Stadtgericht. Letzteres war, wie es im neuen Stadtrecht von 1520 festgehalten wurde, für alle Zivilangelegenheiten zuständig. Nach mehrmaligen Änderungen gehörten seit 1464 zur Blutgerichtsbarkeit 24 Ratsherren, drei geheime Räte als Ankläger und zwei Turmherren, die das Gefängniswesen verwalteten und Untersuchungsrichter waren.
Der Existenz von Gerichtsakten liegt ihr pragmatischer Zweck zugrunde. Weder sind sie einer lückenlosen Wiedergabe eines Falles verpflichtet, noch lässt sich aus ihnen zwangsläufig der Hintergrund einer Tat erschließen. Sie dienen einzig dem Ziel, normabweichendes Verhalten zu beurteilen. Für den Historiker, der sich mit Gerichtsakten der Frühen Neuzeit befasst, stellt die Beschäftigung mit dieser Quellengattung eine zweifelsohne reizvolle, jedoch zugleich schwierige Herausforderung dar. Für ihn gilt es nachzuvollziehen, was warum als deviant angesehen wird, und anhand seiner Befunde schließlich das deviante Verhalten zu erklären.
Die historische Kriminalitätsforschung in Deutschland hat in den letzten zehn Jahren ihren Rückstand zu den Nachbarländern teilweise aufholen können. Die Zahl der Forschungsüberblicke ist bereits recht groß, mittlerweile liegt auch die erste kompakte Einführung in dieses Forschungsfeld vor. Die Beschäftigung mit Devianz, mit abweichendem menschlichen Verhalten, hat sich als geeignet herausgestellt, neben Herrschaftsstrukturen auch das Alltagsleben unserer Vorfahren zu erforschen. Diese Arbeit will über die Analyse der Gerichtsakten eines Falles einen Beitrag zur Kriminalitätsgeschichte Freiburgs leisten. Die Grundlage der Untersuchung bilden dabei die Verhörprotokolle, die sich im reichen Criminalia-Bestand des Freiburger Stadtarchivs (StadtAF) befinden. Zudem wurden die Ratsprotokolle des betreffenden Zeitraumes und das Freiburger Vergichtbuch herangezogen. Aus dem Studium dieser Akten soll der Fall zuerst in seinen wesentlichen Zügen rekonstruiert werden. Es handelt sich dabei um einen Einbruchsdiebstahl, der aber einige ungewöhnliche Begleitumstände aufweist und bisher kaum umfassend gewürdigt wurde.
Das Stadtarchiv Freiburg und das Staatsarchiv Basel-Stadt bewahren eine Reihe so genannter Eheberedungen aus dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit auf. Das sind Verträge, mit denen die vermögens- und erbrechtlichen Modalitäten eines geplanten Eheschlusses nach dem lokal geltenden Recht geregelt wurden. Solche Dokumente verweisen, wie hier vorauszuschicken ist, auf die Sphäre des wohlhabenden Bürgertums der Kaufleute beziehungsweise der handwerklichen Oberschicht. Die Mehrheit der Stadtbevölkerung hingegen - seien es die Stadtarmut, die Kreise der Tagelöhner und Dienstboten oder jener zahlreichen Handwerker, die lediglich mittleren und unteren Einkommensklassen zuzurechnen waren - konnte wegen fehlender Kapitalgrundlage auf solche vertragliche Absicherungen verzichten, lebten die Ehepaare doch von ihrer beider Erwerbsarbeit, ohne dass sie wesentliche Ersparnisse bilden konnten.
Die Kunst zu lehren ist eine große und schwere Kunst. Sie ist nicht das Werk der bloßen Natur oder des Zufalls, sie ist das Resultat mehrjähriger Übung und Erfahrung, die jedoch immer besondere natürliche Anlagen voraussetzt. Friedrich Gedike, der diese Sätze 1790 schrieb, wusste, wovon er sprach: Als Direktor des Friedrichswerderschen Gymnasiums zu Berlin hatte
er 1787 auf Geheiß des Preußischen Unterrichtsministeriums mit dem Aufbau eines Seminariums begonnen, das in einem vierjährigen Kursus Universitätsabsolventen zu Lehrern ausbilden sollte. Gedikes Schöpfung wurde zum Urbild der heutigen Seminare für die Kandidaten des höheren Lehramtes. Sie gehört zu jenen Reformen vor der Reform, mit denen Preußen
sein Bildungswesen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts schrittweise und aus dem Geist der Aufklärung heraus erneuert hat.
In der Stadt Freiburg existierten bis zur Wende des 19. zum 20. Jahrhundert die zwei Freimaurerlogen „Freunde der edlen Aussicht" als Tochter der sogenannten humanitären Großloge ,,Zur Sonne" mit Sitz in Bayreuth sowie „Friedrich zur Treue" als Tochter der sogenannten altpreußischen Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln" mit Sitz in Berlin. Unter
der Großen Landesloge von Österreich hatte sich die Erstgenannte im April/Juni 1784 zunächst mit dem Namen „Zur edlen Aussicht" konstituiert, war im Jahre darauf der (englischen) Provinzialloge zu Frankfurt a. M. beigetreten und wirkte zwischen 1808 und 1813 im neuen Großorient des Großherzogtums Baden. Von 1793/94 bis 1808, von 1813 bis 1847/48 und von
1852 bis 1857 musste sie ihre Tätigkeit unter den jeweils herrschenden landespolitischen Vorgaben oder lokal bedingten Umständen einstellen. In der zweiten Schließungsphase (bis zur Bayreuther Eingliederung 1848, als sie die Bezeichnung „Freunde der edlen Aussicht" erhielt) konnten die Mitglieder im elsässischen Exil in Mülhausen arbeiten. Die Gründung der Zweitgenannten als zunächst freimaurerische Vereinigung erfolgte dagegen erst 1894. Der Berliner Obedienz (Großlogenkörperschaft) schloss sie sich erst 1897 an, bei endgültiger Aufnahme ihrer Arbeiten im Jahre 1898. Beide Bauhütten waren sogenannte reguläre, d. h. unter einer freimaurerisch regulären Patenschaft eingesetzte Logen; die eine ,humanitärer' Provenienz, in der die Aufnahme auch von Juden möglich war, die andere ,altpreußischer' Provenienz, in
welcher nur Christen auf genommen werden konnten.
Als Klara, Pfalzgräfin von Tübingen, geborene Gräfin von Freiburg, am 9. Juni 1358 die Herrschaft Freiburg an ihren Stiefonkel Egen II. von Freiburg verkaufte, fand nach nur 18 Monaten die erste und einzige weibliche Regentschaft über Freiburg ihr Ende. Dem Verkauf gingen eineinhalb Jahre gerichtlicher Auseinandersetzungen über den Rechtsanspruch der beiden Parteien auf die Adelsherrschaft voraus, deren Druck Klara letztendlich weichen musste. Es stellt sich die Frage, worauf Klara und Egen ihre jeweiligen Ansprüche gründeten, doch darüber hinaus gilt es zu bewerten, ob die Position Klaras als Stadtherrin vor dem Hintergrund der Chancen von Frauen auf Partizipation an Herrschaft allgemein eine außergewöhnliche Ausnahme darstellt.
Gleich wird's Grün
(2004)
Die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr sollten in Freiburg zum 1. Februar 1968 erhöht werden. Dies beschloss der Gemeinderat Mitte Dezember 1967, ohne zu ahnen, welche Lawine er damit lostreten würde. Die Entscheidung löste die bis dahin größten Demonstrationen aus, die Freiburg nach dem 2. Weltkrieg erlebt hatte. Sie standen im Zusammenhang mit den
weltweiten Bewegungen, die besonders in den Jahren 1967 und 1968 die Gesellschaften erschütterten.
Das südbadische Freiburg war für das Logenwesen in Deutschland durch seine humanitär ausgerichtete, heute erneut unter der Bezeichnung „Zur edlen Aussicht" arbeitende Bauhütte bereits im 19. Jahrhundert progressiv wegweisend. Darüber hinaus bis heute aufgrund seiner geographischen Lage mit einfachem freimaurerischen Zugang nach der Schweiz und Frankreich
Anlaufpunkt reisender Angehöriger der verschiedensten Obedienzen.
Der Peterhof
(2004)
Fremd und isoliert steht der Peterhof heute auf dem Campus der Freiburger Universität (Abbildung 1). Nichts weist mehr darauf hin, dass der ehemalige Stadthof des Schwarzwaldklosters St. Peter einst ein dreimal so großes Grundstück und zahlreiche Nebenbauten umfasste. Er gehörte bis ins 20. Jahrhundert zu den größten Liegenschaften in der Freiburger Altstadt. Erhalten hat sich von dieser Anlage das Hauptgebäude an der Niemensstraße mit tiefen Gewölbekellern, Wendeltreppe und Renaissancekapelle. Die in den Jahren 2003 und 2004 durchgeführte Sanierung des Gebäudes konnte für bauhistorische Untersuchungen genutzt werden, die Erstaunliches zu Tage förderten: Trotz schwerer Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg ließen sich im Peterhof umfangreiche Reste seiner achthundertjährigen Baugeschichte finden. Der einstige Klosterhof liegt im Südwesten der Altstadt nahe der ehemaligen Stadtmauer (Abbildung 2). Er war Teil eines dreieckigen Häuserquartiers, das von der Niemens-, Peter- und Löwenstraße eingefasst wurde. Der heutige „Peterhof' entstand aus mehreren Bauteilen (Abbildung 3): Drei ehemals selbstständige Gebäude bilden das Vorderhaus an der Niemensstraße mit einem hofseitigen Treppenturm. Ein Flügelbau zieht entlang der ehemaligen Peterstraße bis zu einer ursprünglich frei stehenden Kapelle.
Das Freiburger Studienseminar und die Gymnasiallehrerausbildung in Baden-Württemberg (Teil 2)
(2005)
Nach dem militärischen Zusammenbruch Deutschlands übernahm die französische Armee die Staatsgewalt im Südwesten des untergegangenen Reiches. In Freiburg, nunmehr Hauptstadt des Lande Baden (Pays de Bade), das zusammen mit Südwürttemberg-Hohenzollern und Rheinland-Pfalz die französische Besatzungszone bildete, residierte die Délégation Supérieure pour le Gouvernement Militaire de Bade. Sie unterstand wiederum dem Gouvernement Militaire de la Zone Francaise d'Occupation in Baden-Baden mit General Koenig als Oberbefehlshaber.
Polenvereine und Polenkomitees wurden in den Jahren 1831/32 zum festen Bestandteil der bürgerlichen Öffentlichkeit in Baden. Im Sommer 1831 leisteten sie wohltätige Hilfe für die polnischen Freiheitskämpfer, als diese sich gegen die russische Teilungsmacht auflehnten. Nach der Niederlage des Aufstandes im September 1831 suchten polnische Offiziere und Soldaten
politisches Asyl in Frankreich. Auf ihrem Marsch durch deutsche Länder Anfang 1832 sorgten zahlreiche Polenvereine für die Aufnahme der Geschlagenen Helden. Dabei lagen Wohltätigkeit und politische Demonstration, nämlich freisinnige und nationale Gesinnung, die sich vor allem in einer freiwilligen Vereinsgründung äußerte, dicht beieinander. Diese Verbindung
muss auch für bürgerliche Frauen sehr reizvoll gewesen sein. Ihr besonderes Engagement in der Polenhilfe wurde von den Zeitgenossen zwar ganz unterschiedlich kommentiert, aber unbemerkt blieb es nicht.
Den Touristen auf dem Freiburger Münsterplatz wird das Gebäude, um das es in diesem Beitrag gehen soll, kaum auffallen, steht es doch im Schatten der Alten Wache (heute Haus „des Badischen Weines"). Zudem verstellten drei Jahre lang Gerüste, Kräne und Baucontainer die Sicht auf das Haus. Dennoch ist es vielen Freiburgern bekannt, wurde es doch jahrzehntelang als Treffpunkt und Veranstaltungsort der katholischen Gesamtkirchengemeinde genutzt. Die Rede ist von der Kooperatur. Sie liegt in der im Zweiten Weltkrieg nicht zerstörten Südostecke des Münsterplatzes, zwischen Alter Wache und einem heute als Domherrenhaus genutzten Barockgebäude, schräg gegenüber dem Wentzingerhaus. Wer die Kooperatur genauer betrachtet, dem werden einige Besonderheiten an diesem Gebäude auffallen: Als erstes sticht die Maßwerkrosette in der Giebelfassade ins Auge. Spätestens dann wird einem bewusst, dass im Gegensatz zu den meisten anderen Häusern hier die Giebelseite zum Platz ausgerichtet ist. Auffällig sind auch die großen Fenster des ersten Obergeschosses mit aufwändigen spätgotischen Gewänden. In der ebenfalls mittelalterlichen Rückfront sitzt im Giebelspitz ein rundbogiges, romanisch anmutendes Doppelfenster. Diese und andere Auffälligkeiten sind durch eine verzwickte Baugeschichte bedingt, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Der gegenwärtige Umbau gab Anlass, das Gebäude intensiv zu erforschen. Dabei kamen überraschende Ergebnisses zu Tage.
,,Nie wird des Erasmus' Name in Vergessenheit geraten." Diese Prophezeiung konnte man kaum ernst nehmen, als sie 1499 kein Geringerer als ein Professor der ehrwürdigen Universität Oxford, John Colet, aussprach. Damals war Erasmus nur ein Regularkanoniker, also ein Mönch, wenn auch der besonderen Art, der nicht aus seinem in Holland gelegenen Kloster entsprungen war, aber nur noch sehr lose Beziehungen nach dorthin unterhielt. Tatsächlich sollte Colet Recht behalten. Schon zu seinen Lebzeiten wurde Erasmus berühmt und galt weit und breit als einer der gescheitesten Menschen Europas. Bis heute versuchen weiterhin zahlreiche Forscher, seine Persönlichkeit, seine Gedankenwelt und seine Werke zu ergründen. Wollte man alle wissenschaftlichen Arbeiten lesen, die über ihn geschrieben worden sind, müsste man ein riesiges Feld beackern, umfasst doch die Bibliographie mehr als 20.000 Bücher und Artikel.
Als Freiburg im Jahr 1120 das Marktrecht erhielt, war ein Aufschwung des städtischen Lebens gewjss zu erwarten. Neben dem wirtschaftlichen Erstarken bedeutete das vor allem auch die
Zuwanderung von Bürgern, die Errichtung von Häusern und anderen Bauwerken und eine
allgemeine Verdichtung des sozialen Lebens. Im 14. Jahrhundert hatte die Stadt Freiburg die
maximale Einwohnerzahl von 9.000 errejcht, die dann bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auf
ca. 6.000 Einwohner absank. 1 Das Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum und unter
schlechten hygienischen Bedingungen, wie es in einer mittelalterlichen Stadt der Fall war,
begünstigte die Entwicklung von Krankheiten und Seuchen. Der Aussatz z.B. ist nach der Ansicht
von Ernst Theodor Nauck in Freiburg seit 1252 überliefert.2 Hinzu kamen gebärende
Frauen, Verletzte, altersschwache Menschen und elternlose Kinder. Man darf davon ausgehen,
dass es im mittelalterlichen Freiburg eine beträchtliche Zahl an hilfsbedürftigen Personen gegeben
hat, die auf die öffentliche und kirchliche Fürsorge angewiesen waren.
Anlass zu dieser Arbeit gab ein Artikel von Manuela Müller in der „Badischen Zeitung" vom
13. Oktober 2004. In der Reihe „Wohnen im Denkmal (8)" wurde dort über „Die Erbprinzenstraße 15/ Alternativer Lebensraum im bürgerlich-städtischen Wohnbau der Gründerzeit" berichtet. Die angeschlossene Info-Box für den Leser enthielt unter anderem folgende Daten:
"Geschichte
1882: Die Erbprinzenstraße entsteht, erste Häuser sind die Nr. 1, 2 und 4.
1883: Das Haus 15 wird für die „Stahlhandlung en gros" August Bühne und Companion erbaut.
1885: Johann Carl Christoph Schleip, aus Thüringen stammender Gutsbesitzer, Konzertmeister,
später Privatier erwirbt das Haus und vermietet es."
Diese Angaben stehen im Widerspruch zur schriftlich überlieferten Lebensgeschichte des Urgroßvaters meines Mannes, Johann Carl Christoph Schleip, die uns als Hochzeitsgeschenk der
Familienältesten, Sunniva Bayne,
vorliegt. Da auch in neuerer Literatur keinerlei Hinweise auf
die Entstehung der Erbprinzenstraße und der daran erbauten Häuser aufzufinden waren, war
davon auszugehen, da die bezüglich mehr oder weniger Unkenntnis vorherrschte. Eine Korrektur von Seiten der „Badischen Zeitung" wurde abgelehnt. Ich hielt es daher für meine
Pflicht, genauer zu recherchieren und die Dinge in den richtigen Kontext zu stellen, zumal da
Doppelhaus Erbprinzenstraße Nr. 13/15 1982/83 al Baudenkmal der Gründerzeit in die Liste
der Kulturdenkmäler Baden-Württemberg aufgenommen wurde und die Familie des Erbauers, Johann Carl Christoph Schleip, in engem Zu ammenhang mit dem bekannten „Grabmal
des Mädchens mit den immer frischen Blumen" auf dem Alten Friedhof in Freiburg steht.
Freiburg i. Br. hat als Sitz von Buchdruckereien und Verlagen eine lange und bewegte Geschichte. Bis in die Gegenwart, man denke an Namen wie Herder oder Rombach, genießt
Freiburg als Druck- und Verlagsort im deutschen Sprachraum große Bekanntheit. Wenigen ist
dagegen die Tatsache geläufig, dass in Freiburg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
ein jüdischer Drucker, Israel Sifroni (auch Zifroni), mindestens sechs Bücher in hebräischer
und jiddischer Sprache veröffentlicht hat. Alle diese Bücher sind in hebräischen Lettern gedruckt, auch die jiddischen, da das Jiddische - obwohl eine auf dem Deutschen fußende Sprache - traditionell mit hebräischen Buchstaben geschrieben wird. Dass ein jüdischer Drucker
im 16. Jahrhundert in Freiburg wirkte, ist besonders bemerkenswert, weil nach den historischen Darstellungen Juden die Niederlassung in den habsburgisch-vorderösterreichischen
Gebieten in dieser Zeit allgemein untersagt war. Der folgende Beitrag soll nun - soweit es
die spärlichen Quellen erlauben - das Leben und Werk Israel Sifronis nachzeichnen, wobei
vor allem sein Wirken im Breisgau und die von ihm gedruckten Werke im Mittelpunkt
stehen sollen.
Blumen statt Bomben?
(2006)
Auszüge aus dem zeitgenössischen Gedicht „Le dernier cri " von Erich Kästner schildern
eindrucksvoll die Situation der Frauen im Krieg und in der Nachkriegszeit.
In der Forschung war das Thema dagegen lange vernachlässigt worden und rückte erst seit
den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts verstärkt in das Blickfeld der Geschichtswissenschaft.
Die Nachkriegsgeschichte von Frauen wird als „Geschichte der Enttäuschungen und Demütigungen" gesehen, es ist die Rede von der „Restaurierung der Geschlechterverhältnisse" in
den 50er-Jahren oder einem „gigantischen Rollback in Sachen Frauenbild". In jüngster Zeit
beurteilt man die Stellung der Frau in der Nachkriegszeit allerdings auch positiver und wertet diese Jahre als wichtige Etappe der Frauenemanzipation. Im Folgenden soll am Beispiel Freiburgs geprüft werden, welche Sichtweise der historischen Realität eher entspricht. Wie erlebten die Freiburgerinnen das Ende des Krieges? Bedeutete die „Stunde Null" Zusammenbruch
oder Befreiung für die Frauen? Ein besonderes Augenmerk der Untersuchung wird dabei auf
den Muttertag gelegt, der einen guten Indikator für das geltende Frauenbild darstellt.
Im Rahmen der Ikonographie des Handwerks dienen als dessen Zeichen in der Regel charakteristische Werkzeuge der verschiedenen Berufe, gelegentlich auch Erzeugnisse. Zu den eher seltenen Handwerkern zählen die Glaser. Meist gab es in kleineren Städten nur eine Familie, die das Glaserhandwerk betrieb, und demnach auch nur eine Glaserwerkstatt. Nur große Städte boten mehreren Glaserfamilien mit ihren Werkstätten ausreichende Arbeit und Existenz. Sie
waren in Glaserzünften zusammengeschlossen. In Freiburg im Breisgau bildeten sie eine eigene Meisterschaft unter dem Dach der Malerzunft. Das Freiburger Stadtarchiv verwahrt
noch heute das Siegel die er Bruderschaft der Glasermeister. Die Umschrift des Freiburger Glasersiegels beginnt oben rechts und lautet im Uhrzeigersinn gelesen (Abb. 1): SIGILL DER GLASER HANT(WERKER) IN FRIB(VRG) IM BRISGAV
Immer wieder wird von Freiburgern und von auswärtigen Besuchern danach gefragt, wer denn
der Stadtpatron von Freiburg sei: der Ritter Georg der Bischof Larnbert oder der Martyrer
Alexander? Zuweilen schließen sich die Fragen an, we1cher Alexander unter den vielen Heiligen dieses Namens gemeint sei oder ob „Unsere Liebe Frau" auch als offizielle Schutzpatronin der Stadt angesehen werden müsse und nicht lediglich als Patronin des Freiburger Münsters. Außerdem möchte man gern wissen, wann und auf welche Weise diese Heiligen zu
Schutzpatronen der Stadt erhoben worden sind, ob es in Freiburg Reliquien von ihnen gibt und
wo heute noch Darstellungen der Stadtpatrone zu sehen sind.
Auf diese Fragen überzeugende Antworten zu geben, fällt nicht leicht, weil seit der Erhebung der Freiburger Stadtpatrone einige Jahrhunderte vergangen sind und es nur wenige zuverlässige Quellen gibt, aber auch weil bisher lediglich Teilaspekte dieses komplexen Themenkreises untersucht worden sind. Der Freiburger Mediävist Klaus Graf warnt als Kenner
der Materie: ,,Wer sich mit solchen Stadt- und Ortspatronen befa[ss]t, betritt eine terra incognita."
In diesem Sinn äußert sich auch Hans-Jürgen Becker, Ordinarius für Europäische Rechtsgeschichte und Kirchenrecht in Regensburg; er stellt fest, dass die Bedeutung des Stadtpatrons
für die deutschen Städte bisher nur unzureichend erforscht ist und dass es sich bei diesem
Thema „um einen Grenzbereich zwischen Philologie, Lokalhistorie, Kunstgeschichte, Religionsgeschichte und nicht zuletzt Rechtsgeschichte handelt".
In der Nacht vom 2. auf den 3. September 2004 verbrannten in der Weimarer Herzogin Anna
Amalia Bibliothek mehr als 50.000 Bücher - überwiegend historische Drucke, aber auch über
2.000 Handschriften. 62.000 Bände wurden durch Feuer, Hitze, Löschwasser und -schaum unterschiedlich stark geschädigt. Inzwischen haben Restauratoren, Buchbinder und Bibliothekare beim Wiederaufbau der Buchbestände erste Fortschritte erzielen können: Schon wenige
Tage nach dem Brand wurde eine frei zugängliche Verlust- und Schadensdokumentation im Internet eingestellt, die seither laufend aktualisiert wird.
Die leichteren Fälle von Wasserschäden sind nach der Gefriertrocknung wieder im Magazin aufgestellt und stehen der Benutzung
zur Verfügung. Für die verschiedenen Fälle der schwereren Schäden liegt ein differenzierte
Restaurierungskonzept vor sogar die stark brandgeschädigten Bücher können, zumindest zum
Teil, gerettet werden. Wo eine solche Rettung nicht möglich oder unverhältnismäßig aufwendig wäre, tritt das Projekt der Ersatzbeschaffung für Totalverluste auf den Plan. Dabei werden
Geschenkangebote sowie Antiquariat - und Auktionskataloge auf Bücher durchgesehen, die
verbrannte Exemplare - soweit das überhaupt möglich ist - ersetzen sollen. Mehrere Tausend
verbrannte Werke konnten so durch bibliographisch identische Exemplare oder vergleichbare
Au gaben ersetzt werden. Sowohl für die Restaurierung als auch für die Ersatzbeschaffung
kann auf finanzielle Unterstützung der Unterhalt träger (Bund, Land Thüringen, Stadt Weimar)
sowie Spenden von Dritten zurückgegriffen werden.
Seit der an der Antike geschulten Renaissance sind wir gewohnt, bei der Neuanlage von Städten und Stadtteilen planmäßig vorzugehen, so dass regelmäßige Stadtstrukturen entstehen.
Auch viele Stadtgründungen de Mittelalters zeigen regelmäßige Grundrisse. Aber sind diese
Strukturen, wie wir sie heute vorfinden, tatsächlich Beweis für mittelalterliche Stadtplanung?
Dieser Frage möchte ich am Beispiel Freiburg nachgehen. Die Besiedlung begann in Freiburg um 1100. Zwei Jahrzehnte später erhielt die schnell wachsende Kommune da Marktrecht
durch die Herzöge von Zähringen. Anschließend wurde mit dem Bau der Marktstraße, der
Pfarrkirche und der Stadtmauer begonnen.
'Singule autem aree in longitudine centum, in latitudine quinquaginta pedes habebunt; et de
qualibet area .xii den.[ arii]publice monete annuatimin festo beati Martini iure censuali damono sunt perolvendi' heißt es in der 1218 verfassten Bestätigung de Freiburger Stadtrechts.
Es ist die erste urkundlich überlieferte Nennung der Hofstättengröße von 50 x 100 Fuß und der "Herrschaftsrecht" genannten Grund teuer von 12 Pfennig. Dieser Passus dürfte bereits in der
Bestätigung de Stadtrechts um 1152/53 gestanden haben. Möglicherweise galt sie auch schon
für den Siedlung beginn um 1100.
„Die kümmerliche Entfaltung des Freiburger Buchwesens hat zum provinziellen Milieu der
Stadt Freiburg im Spätmittelalter beigetragen''. So wird in der neuesten Freiburger Stadtgeschichte behauptet. Damit wird die Meinung Friedrich Kapp bestätigt, das „am Ende des 15.
Jahrhundert da Auftreten der Buchdruckerkunst in einigen kleinen deutschen Städten [darunter auch Freiburg] des Bemerkenswerten so gut wie nichts bietet". Auch Vera Sack berichtet über Freiburg: ,,So fasste auch der Buchdruck hier relativ spät in den 90er Jahren des 15.
Jahrhunderts Fuß und florierte nicht sonderlich '. Dies alles deutet auf einen eher marginalen
ja desolaten Zustand des Freiburger Buchwesens in der Frühzeit de Buchdrucks, der Inkunabelzeit hin. Sind diese Annahmen über die Bedeutung des Buchwesens in Freiburg berechtigt?
Durch welche Kriterien werden sie bestätigt? Durch die Anzahl der Drucker, die Zahl ihrer Publikationen und ihre Auflagen? Durch ihren Inhalt und durch die Qualität ihrer Werke? Durch
die Darstellung der geistigen Strömungen ihrer Zeit oder durch ihre Rezeptionsgeschichte, d.h.
ihre Nachwirkung?
Der Begriff „Incunabel" für den frühen Buchdruck, al er „noch in den Windeln lag", wurde von dem Münsteraner Domdechanten Bernhard von Mallinckrodt vor über 350 Jahren geprägt. Er hat sich für die „Wiegendrucke", die frühen Drucke bis zum Jahr 1500 durchgesetzt.
Die moderne Kommunikationswissenschaft sieht in dieser Zeit den Übergang von einem
scriptographischen Kommunikationsmittel, das nur dem Individuum oder einer kleine Gruppe
dient, zu einem typographischen Medium da durch eine Möglichkeit der Vervielfältigung
alle Bereiche der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit erfassen kann.
Am 27. November 1944 starben bei einem Luftangriff auf die Stadt Freiburg etwa 2.800 Menschen. Zu den Todesopfern zählte auch die Besatzung eines Bombers der Alliierten: sechs junge
Soldaten im Dienst der britischen Royal Air Force (RAF) und einer der Royal Australian Air
Force (RAAF). Bei dieser Maschine, deren Wrackteile in Freiburg gefunden wurden, handelte
es sich um eine Lancaster I, Serien-Nr. NG200, Kennung AS-V, die zur 166 Squadron der
RAF gehörte. Die Maschine war mit einem H2S-Bodenradar mit gekoppeltem Air Position
Indicator ausgestattet. Mithilfe dieser Gerätekombination waren präzise Bombenabwürfe
ohne Bodensicht möglich. Ein Warngerät, der sogenannte Fishpond, sicherte die Maschine vor
Jägerangriffen. Im Bombenraum befanden sich eine HC-Bombe zu 4.000 lbs und fünf SAP-Bomben amerikanischer Bauform zu je 1.000 lbs sowie fünf GP-Bomben und zwei MC-Bomben zu je 500 lbs. Somit betrug die gesamte Bombenfracht 12.500 lbs, etwa 6,25 Tonnen. Hinzu
kamen noch größere Vorräte an Munition (Kaliber 7,7 mm) im Innenraum des Flugzeugs für
die insgesamt zehn Maschinengewehre des Heck-, Mitteoben- und Frontstandes. Das Flugzeug
war im Oktober 1944 in Dienst gestellt worden und hatte erst 29 Flugstunden geleistet. Aufgrund dessen kann man davon ausgehen, dass der Bomber in technisch gutem Zustand war, als
er am 27. November 1944 in Kirmington, Mittelengland, um 16.00 Uhr Ortszeit zum Angriff
auf Freiburg startete und gegen 20.05 Uhr über der Stadt abstürzte.
Als am Morgen des 6. März 1933 am Freiburger Rathaus die Hakenkreuzflagge gehisst wurde,
bedeutete dies ein Fanal: Von jetzt an hatte die NSDAP mit ihren braunen Helfershelfern in der
SA und anderen Organisationen das Sagen, und zwar nicht nur in Berlin, wo tags zuvor die
Reichstagswahl zwar nicht ganz so überzeugend wie erwartet, so doch reichlich „braun" ausgefallen war, sondern auch in Freiburg, wo die NSDAP mit 35,8% zur stärksten Partei avancierte. Obwohl hier noch nicht wirklich installiert, hissten die Nazis trotz des durch den noch
amtierenden demokratisch gewählten Zentrums-Oberbürgermeister Karl Bender ausgesprochenen Verbots die Hakenkreuzfahne auf dem Balkon des Rathauses, also am zentralen Ort
kommunaler Machtausübung.
Frühstück oder Fastenmahl
(2008)
Die Städtischen Sammlungen Freiburg erwarben am 7. Dezember 1936 von dem Freiburger
Antiquar Matthias Göhringer ein Gemälde Johann Christian Wentzingers, das sich zuvor in
Breisgauer Privatbesitz befunden hatte. Das in Öl auf Leinwand gemalte, 49,5 cm
hohe und 123 cm breite Bild ist eines der wenigen eigenhändig signierten und datierten
Gemälde der Künstlers: Der Kasten in der linken Bildhälfte trägt an der Vorderkante die fragmentarisch erhaltene Beschriftung „J. C. Wen ... ger 1753". Das Bild ist vor dem Verkauf an die
Museen stark gereinigt worden. Die Farbe ist stellenweise bis auf die Grundierung mit rotem
Bolus abgerieben, die an einigen Stellen durchscheint. Dabei wurde offensichtlich auch ein Teil
des Namenszuges gelöscht. Das breite Format legt die Verwendung al Sopraporte nahe. Mehrere solcher über den Türen seines eigenen Hauses angebrachte Gemälde sind in Wentzingers
Nachlass verzeichnet.
Als Ende der 1990er-Jahre die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" auf den Weg
gebracht wurde, die Entschädigungsleistungen an ehemalige Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter in Deutschland aus Mitteln des Bundes und der Wirtschaft bereitstellen und
verteilen sollte, da war die Zwangsarbeitergeschichte und die Auseinandersetzung mit ihr in aller Munde. Sie wurde im Vorfeld der Gesetzgebung lebhaft und strittig diskutiert, und zwar
nicht nur hierzulande. Schon während der Auszahlung der 5, 1 Milliarden Euro aus dem
Stiftungsfond an die Betroffenen, die nach einem aufwendigen und mühseligen Antrag - und
Prüfungsverfahren zustande kam und die gewiss in vielen Fällen segensreich, in anderen aber
auch mit Härten und Enttäuschungen verbunden war, begann aber da öffentliche Interesse an
der Zwangsarbeiterthematik nachzulassen. Heute ist sie aus dem Bewusstsein des Normalbürgers bereits wieder weitgehend verdrängt.
Die Stadt Freiburg, die damals, auf dem Höhepunkt der Debatte im Mai 2001 , sozusagen als
Soforthilfe in Anbetracht de ich immer wieder verzögernden Au zahlungsbeginn eine eigene
städtische Entschädigungsleistung an ehemalige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen im
Stadtgebiet beschlossen hatte, ist allerdings immer noch mit dem Thema befasst. Erst 2007 hat
sich nämlich die russische Zwangsarbeiterstiftung bereitgefunden, sich mit der Stadt vertraglich über die Zahlung an ihre betroffenen Landsleute zu einigen, so dass nun endlich auch die
letzten Gelder fließen können.
Waren die Jahrhunderte des Mittelalters - wie der Aus-der-Feme-Blickende sagt - ,,finster"?
Es gab sicher zu allen Zeiten als „finster" zu bezeichnende Ereignisse. Strahlend sollte die Zeit
der Stadtgründungen genannt werden können: Freiheiten und Rechte u.a. waren die Errungenschaften der Stadtbürger. Sie besaßen, was der Landbevölkerung fehlte. Auf was die Städter
verzichten mussten, war Platz. Die Stadthäuser drängten sich auf engstem Raum. Möglichst
hoch gebaut und in die Straße hineinragend standen die Gebäude. Doch dieses Zusammenleben
in der engen Stadt barg auch Gefahren. Als die Pest um die Mitte des 14. Jahrhunderts aus dem
Orient das Abendland wie eine Welle überflutete und ein Drittel, teilweise sogar die Hälfte und
mehr Opfer forderte, war noch nicht bekannt, dass diese Seuche immer wiederkehren würde.
Sie blieb als andauernde Gefahr jahrhundertelang in der Stadt hängen. Wenn im Folgenden von
der Pest die Rede ist, dann sind damit grundsätzlich die großen Seuchen gemeint, die bis in das
19. Jahrhundert Europa heimsuchten und allgemein mit der Bezeichnung „Pest" belegt werden.
Ob es sich dabei um die von dem Bakterium „Yersinia pestis" verursachte Krankheit handelte,
muss aus heutiger Sicht in vielen Fällen angezweifelt werden. Sollte es sich dennoch um die
„richtige" Pest gehandelt haben, dann wurde diese durch Ratten, die auf den Handelsschiffen
in jeden beliebigen Hafen des Mittelmeeres gelangen konnten, mitgebracht. Im Rattenpelz aber
lebten Flöhe, die wiederum die Krankheitserreger der Pest trugen. Mit den Ratten und infizierten Kranken wanderte die Pest unerkannt von Ort zu Ort. Inmitten der eng zusammengebauten Häuser fühlte sich die Ratte und auch der Floh wohl. Dieser lebte vom Blut der Ratte
solange, bis das Pestbakterium in die Blutbahn der Ratte gelangte. Die Ratte starb und die
Flöhe suchten sich frisches Blut, am liebsten bei den menschlichen Hausbewohnern. So begann
die Menschenpest. Mit Fieber und schweren Kopfschmerzen brach sie aus. Nach und nach
erkrankten die Organe, an den Lymphknoten entwickelten sich die sogenannten „Pestbeulen"
und nach wenigen Tagen trat der Tod ein. Nach einiger Zeit verebbte die Pest, um dann wenige
Jahrzehnte später wiederzukehren. Verheerend war z.B. in Freiburg die Pest von 1564. Täglich
starben 20 bis 30 Personen. Vom Juli dieses Jahres bis Weihnachten starben ungefähr 2.000
Freiburger. Die Pestgeschichte Freiburgs soll nun mit der Geschichte der Umlandgemeinden
- jedoch ohne die Kaiserstuhlgemeinden - fortgesetzt werden.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Wasser in der
Stadt Freiburg im Breisgau vom 13. bis 16. Jahrhundert. Dieser Aufsatz bildet den ersten Teil
eines Forschungsprojektes zur Nutzung und Verwaltung des Elements Wasser und der mit ihm
in Verbindung gebrachten ideellen Vorstellungen in Sizilien und im Oberrheingebiet im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit. Bei dieser Vergleichsstudie werden die Städte Freiburg
und Catania berücksichtigt. Obwohl geografisch sehr unterschiedlich gelegen (Freiburg liegt
am Westrand Mitteleuropas, Catania dagegen im Herzen des Mittelmeerbeckens), weisen beide
Städte gemeinsame Charakteristika der Gesellschaftsentwicklung im spätmittelalterlichen
Europa auf. Um dies anzudeuten genügt es, die Entwicklung einer starken lokalen Identität als
Entgegensetzung zur Politik der großen Herrscherhäuser, die Prägung durch die römisch-katholische Kirche oder die Entwicklung eines ökonomischen Systems basierend auf dem
Warenaustausch mit den angrenzenden Gebieten als Beispiele anzuführen.
Zugleich erzeugen jedoch die unterschiedlichen geografischen und klimatischen Bedingungen gemeinsam mit den verschiedenen Unternehmungen der Habsburger in Zentraleuropa
einerseits und der Aragonesen im insularen Europa andererseits ein sich grundlegend unterscheidendes Verhältnis zum Wasser, sowohl in Anbetracht der theoretischen Darstellung, als
auch im praktischen Gebrauch.
Auf Schritt und Tritt sieht man sich in Freiburg an die Geschichte erinnert. Das ist wörtlich zu
verstehen. Man tritt auf Kanaldeckel, die das Bild eines Siegels der Stadt schmückt; man stutzt
angesichts von ,Stolpersteinen', die an Verfolgte des NS-Regimes erinnern. Freiburg steht zu
seiner Geschichte - dort mit Stolz, da nur mit Scham und Trauer. Wer nach baulichen Zeugen
der Vergangenheit fragt, hält mit dem Stadtplan, den Berent Schwineköper vor Jahrzehnten
erarbeitet hat, einen zuverlässigen Führer in Händen.[1] Aus der Fülle darin verzeichneter und anderer Erinnerungsmale soll eine Auswahl präsentiert werden.
Das Münster ist ein Ort, an dem Erinnerungen in vielerlei Gestalt sichtbar werden: in der
Architektur, in Skulpturen, Bild- und Glasmalereien, in Wappen, Epitaphien und weiteren Inschriften, in Sonnen- und Räderuhren, in liturgischen Geräten und vielem anderen. Im Münster
wollen Menschen Gottes Wort vernehmen und zu ihm beten; damit verweist es auf Wurzeln der
weltgeschichtlich einzigartigen Erinnerungskultur, die das Abendland, die von Rom geprägte
lateinische Christenheit, ausgebildet hat. Aus diesem Boden ist auch das Verlangen nach sichtbaren Zeichen der Erinnerung gewachsen, wie sie im Folgenden vorgestellt werden.
Die Entwicklung des heutzutage so bemerkenswert vielfältigen Freiburger Musiklebens erlebte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts einen bedeutenden Aufschwung. Zu jener Zeit, als es in
Freiburg weder Konzertagenturen noch ein ständiges Symphonieorchester gab, war man auf
die organisatorische Tätigkeit der Musikvereine angewiesen, welche sowohl durch eigene
Aufführungen wie auch durch Einladung auswärtiger Künstler das hiesige Konzertleben
bestritten. So war es etwa dem Engagement der „Liedertafel" und später des „Philharmonischen
Vereins" zu verdanken, dass Persönlichkeiten wie Felix Mendelssohn Bartholdy oder Franz
Liszt, und später einige seiner bedeutendsten Schüler, in der Breisgaustadt konzertierten und
somit deren Musikleben wesentlich bereicherten. Der am 22. Oktober 1811 im ungarischen Raiding (heute Burgenland/Österreich) geborene
Franz Liszt gilt bis heute als der Inbegriff des Klaviervirtuosen schlechthin. Nachdem er bereits
als „Wunderkind" durch sein Klavierspiel Aufsehen erregt hatte, inspirierte ihn die Begegnung
mit dem Violinvirtuosen Niccolo Paganini im Jahr 1831 dazu, dessen Kunstfertigkeit durch
eine umwälzende Weiterentwicklung der Spieltechnik auf das Klavier zu übertragen.
Die von den Nationalsozialisten eingeleitete Ausrottung der Sinti und Roma hat einen langen
Vorlauf in Europa und Deutschland. Sie konnte sich auf Vorurteile, auf Misstrauen und
Abneigung bis hin zu offener Feindschaft stützen, die sich seit dem Mittelalter in der
Bevölkerung entwickelt hatten und fest verwurzelt waren.
In Freiburg - wie überall in Deutschland - verlief die „Aussonderung aus der Volksgemeinschaft" nach 1933 fast reibungslos. Offene Proteste oder Widerstand gab es nicht. Im
Gegenteil! Obwohl viele Sinti wie auch die Juden als deutsche Staatsbürger integriert waren
und sogar im Ersten Weltkrieg die ihnen doch immer wieder abgesprochene patriotische
Gesinnung gezeigt hatten, konnten sich die Nazis stillschweigender Zustimmung weiter
Bevölkerungskreise zu ihrem Vorgehen sicher sein. ,,Das Feindbild ,Zigeuner' war", wie es
Reimar Gilsenbach formuliert, ,,altüberliefert, es war in der Masse der Deutschen stärker verinnerlicht als das Feindbild ,Jude' ... "[1]
Behördliche Erlasse gegen die Sinti und Roma gibt es seit dem Mittelalter und schon ein
erster Höhepunkt dabei ist mit dem Namen Freiburg verbunden. Zu den vielen
Beratungsthemen, die 1498 auf der Tagesordnung des von Kaiser Maximilian I. nach Freiburg
einberufenen Reichstages standen, gehörte auch die Frage, wie zu verfahren sei mit denen, "so
sich zcigeiner nennen und wider und für in die land ziehen etc." [2] Angeblich besaß man "glauplich
anzeig, dass sie eifarer, usspeer und verkuntschafter der cristen lant", also Spione der Türken,
die das Heilige Römische Reich bedrohten, seien. Alle Reichsstände wurden angewiesen, bis
Ostern 1499 die Sinti und Roma aus "den landen teutscher nacion" zu vertreiben. Wer sie danach
noch oder wieder im Reich antreffe, dürfe ungestraft gegen sie vorgehen.
Das spannende Jahr 1982
(2012)
Bonn, 1. Oktober 1982: Im Zuge der ersten erfolgreichen Praktizierung des sogenannten „konstruktiven
Misstrauensvotums" nach Art. 67 GG in der Geschichte der Bundesrepublik wurde
der sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidt gestürzt und der CDU-Vorsitzende
Helmut Kohl zu seinem Nachfolger gewählt. Bereits im Frühjahr 1982 wollte Schmidt offensichtlich
Mitglieder seines Kabinetts auf „die Zeit danach" einstimmen - mit einem Witz:
Selbst Ruheständler auf Sylt habe er einen ebenfalls beschäftigungslosen Staatsminister getroffen:
,,Als dieser ihm berichtete, er schreibe jeden Tag, um sich die viele Freizeit zu vertreiben,
zwei bis drei Seiten aus dem Telephonbuch ab, bittet ihn Schmidt: ,Ach, könntest du mir die
nicht abends zur Unterschrift vorlegen?'"
Am 9. Februar 1529 drangen zweihundert bewaffnete Bürger in das Basler Münster ein und zerstörten
in blinder Wut Kruzifixe, Marienbilder und Heiligendarstellungen. Von den Statuen ist
nichts übrig geblieben, weder in den Kirchen noch in den Vorhallen oder in den Säulengängen
und Klöstern. Alle Bilder sind übertüncht worden, Brennbares wurde auf den Scheiterhaufen
geworfen, anderes wurde in Stücke geschlagen. Weder Kostbarkeit noch künstlerischer Wert
setzten der Zerstörungswut irgendeine Grenze. Bald darauf wurde die Messe gänzlich abgeschafft,
man darf weder daheim far sich zelebrieren, noch in der Umgebung Messe hören. So
schildert Erasmus von Rotterdam am 9. Mai 1529 dem Nürnberger Patrizier Willibald Pirkheimer
den Bildersturm, den Höhepunkt der Reformation in Basel, die der Münsterpfarrer
Johannes Oecolampad (Hausschein) mit der Feier des Abendmahls unter beiderlei Gestalten
und der Verkündigung des Wortes Gottes allein auf der Basis der Heiligen Schrift eingeführt
hatte. Dieser Bildersturm von 1529 war für die Amtsträger und Anhänger der Alten Kirche der
letzte Anlass, die Stadt am Rheinknie zu verlassen: Der Bischof zog nach Pruntrut, das geistliche
Gericht nach Altkirch. Das Domkapitel übersiedelte nach Freiburg im Breisgau.
Völkerschauen in Freiburg
(2012)
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Völkerschauen in Freiburg, die zwischen 1875 und
1914 auf der Frühjahrs- und Herbstmesse sowie im Rahmen von drei Gastspielen des Zirkus
Sarrasani 1908, 1912 und 1930 stattfanden. Völkerschauen sind inszenierte Zurschaustellungen
von Menschengruppen ,fremder ' Kulturen in Europa und Nordamerika, ,,die unter kommerziellen
Gesichtspunkten zusammengestellt und als bürgerlich akzeptables Genre vermarktet wurden".
[1] 1874 veranstaltete der Hamburger Tierhändler Carl Hagenbeck (1844-1913) mit der
Zurschaustellung einer ,Lappländer-Familie' die erste Völkerschau. Die Idee ging auf. Das
Publikum war begeistert und kam in Scharen. Der große Erfolg bildete den Auftakt für über 400
Völkerschaugruppen, die in den folgenden Jahrzehnten auf Gastspielreise waren.[2] Die größten
und besucherstärksten Völkerschauen Deutschlands fanden in Hamburg und Berlin sowie in
den zoologischen Gärten der Großstädte statt. Sie waren Massenveranstaltungen, die bis zu
mehreren Zehntausend Besucher an einem einzigen Tag anlocken konnten. Doch die Zurschaustellung
,exotischer' Völkergruppen fand nicht nur dort statt.[3]
Am 16. August 1942 erhielten Adolf und Pauline Besag aus der Freiburger Erbprinzenstr. 8 ein
Einschreiben aus Karlsruhe von der Bezirksstelle Baden-Pfalz der Reichsvereinigung der Juden
in Deutschland (RJD): Auf behördliche Weisung eröffnen wir Ihnen, dass Sie zur Teilnahme
an einem am Samstag, den 22. August 1942 von Karlsruhe abgehenden Abwanderungstransport
bestimmt sind. Wir bitten Sie, die nachstehenden Anweisungen genau durchzulesen
und zu befolgen und in Ruhe die Vorbereitungen für Ihre Abreise zu treffen. Sie werden nach
Möglichkeit im Laufe der nächsten Tage von einem unserer Mitarbeiter aufgesucht, der Ihnen
mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Anträge auf Befreiung von der Teilnahme am Abwanderungstransport
sind zwecklos. Wir bitten daher, hierwegen weder schriftlich noch mündlich an
uns heranzutreten. Auch die Einreichung ärztlicher Atteste muss unterbleiben. Dass Anträge
an Behörden ohne Einholung einer Auskunft bei uns unzulässig sind, ist unseren Mitgliedern
bekanntgegeben worden. Sie müssen sich in Ihrer Wohnung am 21. Augustabreise bereithalten [...].
Am 20. Dezember 1812 erschien der erste Band der ,Kinder- und Hausmärchen' der Brüder
Grimm. In Hessen, der Heimat der Brüder, wurde deshalb 2013 ein Grimm-Jahr ausgerufen,
das mit zahlreichen Veranstaltungen und einer Landesausstellung in Kassel begangen wurde.
2014 ist auch für Freiburg an ein kleines Grimm-Jubiläum zu erinnern, dem ersten und einzigen
Besuch Jacob Grimms in der Stadt am 16./17. Januar 1814. Obwohl sich Jacob hier kaum
24 Stunden lang aufhielt, fing er recht gut die Stimmung ein, die in dieser Umbruchszeit, es ist
die Zeit des endgültigen Herrschaftsübergangs von Österreich an Baden, in der Stadt herrschte.
Er hielt diese Eindrücke in einem Brief fest, den er drei Tage später von Basel aus an den jüngeren
Bruder Wilhelm in Kassel richtete. Die insgesamt zwei Bogen im Quartformat sind von
Jacob mit seiner klaren Handschrift dicht gedrängt und nahezu randlos beschrieben. Obwohl
Reiseberichte über Freiburg gerade aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts mehrfach gesammelt
und gedruckt wurden, hat dieser Brief bislang erstaunlicherweise wenig Aufmerksamkeit gefunden.
Wer sich mit dem „Bundschuh" befasste, galt lange Zeit als gut beraten, sich den Arbeiten von
Albert Rosenkranz und Günther Franz anzuvertrauen.[1] Albert Rosenkranz hatte 1927 die vorhandenen Quellen zu den Bundschuh-Verschwörungen von 1493, 1502, 1513 sowie 1517
veröffentlicht und zugleich eine eingehende Schilderung jener vier „Erhebungen des südwestdeutschen Bauernstandes" gegeben. Sechs Jahre später ordnete Günther Franz den Bundschuh
- sich inhaltlich auf das „grundlegende" Werk von Rosenkranz stützend - in den Gang der
bäuerlichen Erhebungen vor dem Bauernkrieg von 1525 ein.
Die wissenschaftliche Tagung in Bruchsal 2002 (Anlass war die 500-jährige Wiederkehr des
Bundschuhs zu Untergrombach) machte erstmals Abstriche am gültigen Bild des Bundschuhs.
Rolf Köhn urteilte über die Arbeit von Rosenkranz: ,,Während seine Quellenausgabe bis heute
maßgeblich blieb, genügt seine Darstellung nicht mehr den Anforderungen der Geschichtswissenschaft."[2] Claudia Ulbrich leitete ihren Beitrag über den Untergrombacher Bundschuh sogar
mit dem Satz ein: "[ ... ] die Quellen lassen eine Rekonstruktion dessen, was sich 1502 in Untergrombach abgespielt hat, nicht zu."[3] Ich selbst habe eine Darstellung des Lehener Bundschuhs
von 1513 gegeben und dabei einige ältere Aussagen infrage gestellt.[4] Im Folgenden
greife ich die Ansätze von 2002 erneut auf und unterziehe den Lehener Bundschuh einer
nochmaligen kritischen Betrachtung. Ich glaube, dass ich die ältere Interpretation in zentralen
Punkten und mit größerer Bestimmtheit als 2002 revidieren kann.
Rund zwanzig Jahre ist es nun her, seitdem die „Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau"
veröffentlicht wurde. Das ist ein guter Zeitpunkt, um zu überprüfen, ob sich die
Konzeption bewährt hat. ,,Mit dem Ziel einer Gesellschaftsgeschichte der Stadt sollte im Mittelpunkt die Lebenswelt der Menschen stehen, die Darstellung der Verhältnisse, Vorgänge, Erfahrungen und Verhaltensweisen in ihren wechselseitigen Zusammenhängen." Immer wieder
wurden exemplarisch Aspekte der Lebensgeschichte einzelner Menschen geschildert, manchmal über mehrere Kapitel hinweg, um die Beziehungsgeflechte von Individuum und gesellschaftlicher Struktur herauszuarbeiten und zugleich deutlich zu machen, dass Menschen die
Geschichte prägen - ,,sie ,machen' sie und sie erleiden sie". In einer Gemeinschaftsaktion von
zahlreichen „freien" Autorinnen und Autoren sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Stadtarchivs Freiburg sollte mit unterschiedlichen Erkenntnisinteressen und Zugängen, Fragestellungen und Methoden, Sichtweisen und Stilmitteln die Vielgestaltigkeit der Stadtgeschichte
dargestellt werden. Um „die bewegenden Kräfte der Geschichte zu erfassen", war auch „auf
Alternativen der gesellschaftlichen Entwicklung", ,,auf das Mögliche, das nicht Wirklichkeit
wurde, und auf Untergegangenes" zu achten. Allen drei Bänden lag ein Grundschema zugrunde: Den ersten Teil des jeweiligen Bandes bildete ein chronologischer Durchgang durch die
Epochen im behandelten Zeitraum. In mehreren Kapiteln wurde er von „Schlaglichtern" ergänzt - kurzen, möglichst spannend erzählten Abschnitten zu interessanten Ereignissen und
Persönlichkeiten. In einem zweiten Teil wurden Themen vorgestellt, die eine systematische,
epochenübergreifende Betrachtung verdienten. Kontinuitäten, Brüche und grundlegende Veränderungen sollten hier besonders sichtbar werden. Nicht zuletzt war mit der Art der Darstellung beabsichtigt, die Leserinnen und Leser zur Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte anzuregen. 2 In den Rezensionen ist der grundsätzliche Ansatz der Freiburger Stadtgeschichte
überwiegend positiv gewürdigt worden.