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Ein unbekannter Gartenplan
(2019)
Während einer Recherche im Fürstlich Quadt’schen Archiv in Isny stieß ich vor
einigen Jahren auf einen aufgerollten Gartenplan, der zwischen zahlreichen anderen verstaubten Rollen in einem Wandregal lagerte.[1]
Beim Öffnen der Rolle fiel sofort die große
Qualität der kolorierten Federzeichnung ins Auge, dann aber zur großen Überraschung
auch diese Signatur: Entworfen und gezeichnet von M. F. Weyhe aus Düsseldorf. Wie sich zeigen
sollte, war es ein beachtenswerter Fund, denn der Urheber des Plans war kein Unbekannter, sondern der angesehene Gartenkünstler Maximilian Friedrich Weyhe (Bonn 1775–
1846 Düsseldorf ), der Plan aber ein unbekanntes Werk, das aus unerfindlichen Gründen
vor mehr oder weniger als zweihundert Jahren in der Versenkung verschwunden und nur
durch den oben erwähnten glücklichen Zufall wieder ans Tageslicht gelangt ist.
Das 12. Jahrhundert zählt zweifellos zu den besonders fruchtbaren und ereignisreichen Zeiten der europäischen Geschichte. Damals fanden in allen wichtigen Belangen
durchgreifende Veränderungen statt; innerhalb weniger Generationen verwandelte sich
die Lebens- und Gedankenwelt so fundamental wie davor nicht und danach auf Jahrhunderte hinaus nicht mehr. Ein anhaltendes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum ermöglichte einerseits das Entstehen der europäischen Städtelandschaft und ihres Bürgertums, andererseits trug es die Entfaltung der höfischen und ritterlichen Kultur. In der
Kunst und der Architektur erlebte die Romanik ihre späte Blüte, doch wurde sie bereits,
von Nordfrankreich ausgehend, von der Gotik abgelöst. Die Dialektik, also die Kunst des
rationalen Argumentierens, war die Leitwissenschaft dieser Zeit; sie erlaubte es, das
Recht, die Philosophie und die Theologie zu verwissenschaftlichen. Zugleich organisierte sich der Wissenschaftsbetrieb selbst in den ersten Universitäten. Auf der politisch-herrschaftlichen Ebene setzte der allmähliche Aufstieg der Nationalstaaten ein; und mit
den Kreuzzügen griff Europa erstmals weit über seine Grenzen hinaus.
Johann Nepomuk Zürcher
(2019)
Am Mittwochabend des 11. Dezember 1844 starb in Wil/St.Gallen der dortige Pfarrer Johann Nepomuk Zürcher. Der katholische »Wahrheitsfreund« brachte zwei Tage später eine kurze Nachricht über den Tod des Geistlichen, der »nach einer langwierigen
Krankheit« eingetreten sei. Nach mehreren Pfarrstellen sei er als Mitglied des St.Galler
Domkapitels »zum Kapitels- oder Bisthums-Vikar« ernannt worden. »Wenn er damals
seine richtige Stellung verkannte, so erschien er immerhin nur als ein mißbrauchtes
Werkzeug der kirchenstürmischen
Fraktion, die noch manchen seiner
Amtsbrüder in ihre Netze zu verstricken wußte, wovon später die meisten
wieder zur enttäuschenden Erkenntnis
geführt wurden« [1]
. Der liberale »Erzähler« schrieb: »In Wyl verstarb der
ehemalige Bisthumsverweser J. Nep.
Zürcher, ein Mann der älteren Toleranzschule. Darum wurde ihm viel Intoleranz zu Theil« [2]
. Auch die »Schweizerische Kirchenzeitung« erwähnt
Zürchers Amt als Bistumsverweser,
»in welchen Stellung er von Uebelgesinnten sich mißleiten ließ. Er wurde
nach Errichtung eines apostol. Vikariates dieses Amtes entledigt und zog
sich von dem Pfarrrektorat in St.Gallen auf die Pfarrei Wyl zurück. Guter
Wille wird ihm nicht abgesprochen,
wiewohl seine Wirksamkeit nicht immer verdienstlich war« [3].
Siggingertal im Linzgau
(2019)
Das Jahr 764 gilt als Gründungsjahr des südhessischen Klosters Lorsch, das sich
in der Folgezeit zu einem der bedeutendsten Klöster des deutschen Mittelalters entwickelte. Die Abtei erhielt bereits im 8. Jahrhundert eine größere Anzahl an Besitztümern
aus dem ganzen Südwesten, die gläubige Spender für ihr Seelenheil an das Kloster verschenkten. Diese Schenkungsurkunden sind im Lorscher Codex aus dem 12. Jahrhundert erhalten geblieben und bieten für eine Vielzahl von Orten in Südwestdeutschland die
ersten urkundlichen Nachweise. Im Linzgau erwarb das Kloster nur zwei Schenkungen
(Urkundennummer LC [1]
2470 und 2471) mit nur einem namentlich genannten Ort: Heichenstecge (Eichstegen, heute: Eichsteger Hof bei Untersiggingen). Die geringe Zahl ist
der weiten Entfernung und der Existenz anderer Klöster in der Umgebung, darunter St.
Gallen und später Salem, zu verdanken.
Des Weiteren existiert eine dritte Urkunde, die in früherer Zeit mit dem Linzgau in
Verbindung gebracht wurde: die Urkunde LC 2322. Tatsächlich gelang es – trotz einer
langen Forschungsgeschichte – bis heute nicht, die dort beschriebenen Orte zweifelsfrei
zu lokalisieren.
Konstanz am Bodensee
(2019)
»Ein paar KZ-Leute gingen heute an mir vorüber in ihren breit weiß-blau-gestreiften
Sträflingsanzügen. Sie bekommen alle die bei uns beschlagnahmten Anzüge. Überall sieht
man die nach dem ›Konstanzer Hof‹ weisenden Tafeln in Schablonenschrift: Centre
d’acceuil des prisonniers et déportés«, notierte der Konstanzer Lehrer Herbert Holzer am
15. Juni 1945 etwa zwei Monate, nachdem für Konstanz der Krieg zu Ende gegangen war. [1]
Dass Überlebende der nationalsozialistischen Verfolgung und Zwangsarbeiter aus allen
Herren Länder im Sommer 1945 im Konstanzer Stadtbild präsent waren, wundert angesichts der Tatsache nicht, dass die französische Besatzungsmacht rund 3 000 Verschleppte
oder Displaced Persons (DPs) in Konstanz und Umgebung sammelte, um sie zu repatriieren. Unter ihnen befanden sich auch jüdische DPs überwiegend aus Ost-und Südost-Europa. Aufgrund dieses Sachverhalts entwickelte sich Konstanz zu einem Zentrum jüdischen Lebens in der französischen Besatzungszone (FBZ), und zwar in dreifacher Hinsicht.
Erstens blieb Konstanz als Grenzstadt in den ersten Nachkriegsjahren Sammelpunkt für
ehemalige jüdische KZ-Häftlinge und Überlebende des Holocausts. Zweitens wurde es Sitz
der jüdischen Hilfsorganisation »American Joint Distribution Committee (AJDC)« in der
FBZ, die sich um die Versorgung dieses Personenkreises kümmerte. Schließlich wurde
Konstanz zum Sitz des einzigen jüdischen Zentralkomites (ZK) in der gesamten FBZ, das
sich vor allem für die Juden im Südteil der FBZ zuständig fühlte, wo schwerpunktmäßig
ähnliche Sammelpunkte für jüdische DPs in Konstanz-Egg, Gailingen, Biberach-Jordanbad, Saulgau, Lindau, Ravensburg und Freiburg eingerichtet wurden.
Man sollte annehmen, dass die Quellen zur Geschichte der Welfen vollständig publiziert und wissenschaftlich untersucht sind. Das gilt gerade auch für die in Weingarten, dem ältesten nachweisbaren Welfensitz und welfischen Hauskloster, aufgezeichneten Quellen. Sie wurden zusammengestellt vor allem in einer Handschrift aus der Zeit um 1200, die heute als Hs. D 11 in der Hochschul- und Landesbibliothek Fulda (= Hs. D 11) verwahrt wird, allgemein bekannt durch die Darstellung des Welfenstammbaums und durch die Abbildung Kaiser Friedrichs I. Barbarossa mit seinen Söhnen. Kaum beachtet und zum größten Teil seit 300 Jahren unpubliziert ist aber ein Werk, das an die Welfen-Texte der genannten Handschrift anschließt: »De Romanis imper[ator] ibus«, die »Weingartner Kaiserchronik«. Sie ist außerdem in einer zweiten, ebenfalls aus
Weingarten stammenden Handschrift aus derselben Zeit überliefert, heute Hs. B 3 der Hochschul- und Landesbibliothek Fulda (= Hs. B 3). Die »Weingartner Kaiserchronik« aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stellt sich dar als eine chronologisch angeordnete Liste der »römischen« Kaiser von Julius Cäsar bis zu Heinrich VI. († 1197). Als Grundlage hatte die Weltchronik des Honorius Augustodunensis »De imagine mundi« gedient. Bereits dort waren in die Kaiserliste einige herausragende Ereignisse oder Personen eingefügt worden. Die »Weingartner Kaiserchronik« erweiterte dieses Konzept durch die Aufnahme der Ahnen des Welfenhauses.
Bauen, gebaut, abgerissen
(2013)
In den Jahren 2014 bis 2018 gedenkt Konstanz in großem Rahmen des Konstanzer Konzils von 1414–1418 – zahlreiche Ausstellungen und Aktivitäten stehen bevor. So wurde denn auch im Jahr 2009 mit der Sanierung und dem Umbau des Konstanzer Kaufhauses begonnen, in dem jene entscheidende Papstwahl stattfand, und das auch zur 600-Jahr Feier Ausstellungen und Veranstaltungen beherbergen soll. Zu diesen Maßnahmen gehörte der Bau eines nördlich an das Kaufhaus anschließenden Kellers, in dem neue sanitäre Anlagen, Lager- und Technikräume untergebracht werden. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandene Platzanlage blieb dabei erhalten, so dass sich oberirdisch für den Betrachter nichts geändert hat.
Ab Ende des Jahres 1939, praktisch mit Kriegsausbruch, waren >Grenzbote< und >Front< - letztere allerdings mit einem zwischenzeitlichen Unterbruch von sieben Monaten - die einzigen verbliebenen Presseorgane der rechtsextremen Nationalen Front (NF), die weiterhin regelmäßig erschienen. Zusehends hatten sich die in der Grenzstadt Schaffhausen produzierten Zeitungen, zusätzlich zum ökonomischen Überlebenskampf, nun auch mit der staatlichen Pressezensur, der Abteilung für Presse und Funkspruch (APF) und deren Lektoren, auseinanderzusetzen. Allerdings wurden >Grenzbote< und >Front< erst erstaunlich spät, im Sommer 1943, endgültig verboten, und zwar - ohne Erwähnung inhaltlicher Verfehlungen, nota bene - gemeinsam mit den letzten verbliebenen frontistischen Gruppierungen.
Der Schiener Berg liegt auf der Halbinsel Höri. Während der (kleinere) Westteil bis zum Ramsener Quertal hin politisch zum Kanton Schaffhausen und damit zur Schweiz gehört, ist der mit Abstand größere Ostteil ein Teil des Landkreises Konstanz. Im Auftrag der Landeshydrologie und -geologie in Bern wurde zwischen 1998 und 1999 zur Erstellung des nördlich des Rheins gelegenen Anteils des Schweizer Kartenblattes 1:25 000 1033/1034 Steckborn-Kreuzlingen (Zaugg & Geyer, in. Vorb.) auch eine geologische Kartierung auf der Halbinsel Höri durchgeführt. Die nördliche Bearbeitungsgrenze verläuft in etwa parallel zur Schiener Berg-Nordrandverwerfung. Die Westgrenze des hierbei bearbeiteten Gebietes fällt ziemlich genau mit der deutschschweizer Grenze zusammen. Eine Darstellung der geologischen Verhältnisse des westlichen Schiener Berges findet sich auf dem Schweizer Kartenblatt 1:25 000 1032 Diessenhofen (Hübscher, 1961). Im Osten und Süden ist eine natürliche Begrenzung durch die Uferlinie des Bodensees gegeben.
Deutsche Anklage 1946
(2000)
Am 20. November 1945, ein halbes Jahr nach der militärischen Niederschlagung des »Dritten Reiches«, trat in Nürnberg ein Internationaler Militärgerichtshof zusammen, um über die gegen Hermann Göring, Rudolf Heß und zweiundzwanzig weitere führende Repräsentanten des Hitler-Regimes erhobene Anklage zu befinden. Den Angeklagten wurde zur Last gelegt, Verbrechen gegen den Frieden begangen zu haben, indem sie sich an der Planung, Vorbereitung und Durchführung von Angriffskriegen beteiligten; zweitens wurden sie als Kriegsverbrecher beschuldigt; drittens wurde ihnen zur Last gelegt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben, indem sie an der Ermordung, Ausrottung, Verschleppung und Versklavung der Zivilbevölkerung der überfallenen Länder beteiligt waren und an der Verfolgung von Menschen aus politischen, rassischen und religiösen Gründen. In über vierhundert öffentlichen Sitzungen wurden Zeugen gehört, Beweismittel ausgebreitet, wurden die Angeklagten vernommen, so dass sich ein klares und zugleich relativ differenziertes Bild von der Mitschuld und Mitverantwortung der Angeklagten an den ungeheuerlichen Verbrechen des NS-Regimes ergab.
Max Frisch bereiste 1946 und 1947 das zerstörte Europa. Über Berlin z.B. notierte er: »Ganze Quartiere ohne ein einziges Licht. Nicht abzuschätzen ist die Menge von Schutt; doch die Frage, was jemals mit dieser Menge geschehen soll, gewöhnt man sich einfach ab. Ein Hügelland von Backstein, darunter die Verschütteten, darüber die glimmernden Sterne; das letzte, was sich da rührt, sind die Ratten. Abends in die Iphigenie.«
Apathie und Trümmer
(2000)
Für die Zeit zwischen April 1945 und Herbst 1945, als es keine deutschen Zeitungen gab, die Verwaltung unter französischer Kontrolle stand und das öffentliche Leben erst wieder in Gang gebracht werden musste, sind wir auf deutscher Seite weitgehend auf persönliche Erinnerungen und Berichte von Betroffenen und Beteiligten angewiesen. Die 1. Französische Armee von General de Lattre de Tassigny begleiteten aber auch Kriegsberichterstatter, die nach der Besetzung nicht nur über das Auftreten der Armee, sondern vor allem auch über die Atmosphäre in Lindau und Konstanz berichteten, da sich hier bis zum 1. August 1945 die Spitze der frühen Besatzungsverwaltung befand. Und es kamen immer wieder auch
Schweizer Journalisten in das Bodenseegebiet und hielten dort die konkrete Lage und die Atmosphäre fest. Es ist also der Blick von außen, der hier erfasst werden soll.
Im April 1933 - mit Aufkommen des Frontismus in der Schweiz, also des Pendants zum deutschen Nationalsozialismus - vollzog die in Stein am Rhein (Kanton Schaffhausen) erscheinende Zeitung >Grenzbote< einen Wandel vom unbedeutenden Lokalblatt zum frontistischen Parteiblatt. Sie wurde in der Folge von der Erneuerungsbewegung Neue Front Schaffhausen (NeF), die sich kurz zuvor formiert hatte, immer mehr instrumentalisiert und ging, nachdem die bisherigen Eigentümer zuerst noch geblieben waren, später sogar ganz in deren Besitz über. Mit der Erneuerungsbewegung war der >Grenzbote< in der Folge eng verknüpft, sowohl personell als auch in punkto finanzieller Ressourcen. Um gekehrt war aber auch die Fronten-Zeitung ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der Erneuerungsbewegung, der sie als Mitteilungs- und Kampforgan diente und deren Aufkommen und Niedergang sie, in einer Art Symbiose, gewissermassen zyklisch nachvollzog. Als einzige rechtsextremistische Zeitung der Schweiz wurde der >Grenzbote< - anders auch als die >Front<, das spätere Partnerblatt - während des Zweiten Weltkrieges ohne Unterbruch herausgegeben und erst im Sommer 1943, zusammen mit den letzten verbliebenen frontistischen Gruppierungen, endgültig verboten. In vorliegender Arbeit soll nun aber vor allem die erste Zeit des >Grenzboten< als Frontenblatt, also jene in Stein am Rhein, und dann die Zeit in Schaffhausen bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges etwas näher betrachtet werden.
Bereits seit längerem lässt sich im Bereich der Forschungen zur Revolution von 1848/49 als ein »signifikantes Merkmal« eine »ausgeprägte Orientierung auf die Regionen und Städte« beobachten. Trotzdem weist die »Revolutionsgeographie« nach wie vor viele weiße Flecken auf, sodass auch im Jubiläumsjahr 1998 mehrfach fast programmatisch die Forderung nach weiteren regional- und lokalhistorischen Untersuchungen erhoben wurde. Im vorliegenden Aufsatz sollen Voraussetzungen, Erscheinungsformen und Nachwirkungen der Revolution von 1848/49 sowie die Reaktion der Bevölkerung auf die damaligen Ereignisse in der Vorarlberger Gemeinde Lustenau untersucht werden. Wir wollen dabei versuchen, »Geschichte nicht nur als Vorgeschichte des Heute, sondern auch als Nachgeschichte des Vorgestern zu begreifen« und den für die Zeitgenossen bestimmenden »Erkenntnishorizont« in unserer Betrachtung zu berücksichtigen, um so der gerade in Zusammenhang mit der Revolution von 1848/49 häufig zum Tragen kommenden Neigung der Historiker »zu rückwärtsgewandten Prophezeiungen« zu begegnen. Eines sei daher vorausgeschickt: Freilich kann hier weder ein »Modell« noch ein »typisches« Fallbeispiel der Revolution von 1848/49 vorgestellt werden.
Im Schwäbischen Landesmusikarchiv werden handschriftliche und gedruckte Musikalien aufbewahrt, die nahezu ausnahmslos in der Zeit zwischen ca. 1750 und 1850 angefertigt worden sind und aus verschiedenen Orten des südlichen Landesteils von Baden-Württemberg stammen. Der Schwerpunkt des Interesses lag bisher auf den Sammlungsteilen aus den ehemaligen. 1803 säkularisierten Klöstern Oberschwabens und - wenn auch in deutlich geringerem Umfang - den katholischen Pfarrämtern der Region; einige wissenschaftliche Arbeiten befassen sich v. a. mit dem erstgenannten, immer noch wenig erforschten Themengebiet, und auf der Grundlage von hier archivierten Noten wurden außerdem Konzerte veranstaltet bzw. Tonträger eingespielt. Damit blieb jedoch fast die Hälfte der Dokumente des Schwäbischen Landesmusikarchivs unberücksichtigt, denn neben den eben beschriebenen Beständen befinden sich hier auch noch Musikalien, die aus evangelischen Gemeinden desselben Gebiets nach Tübingen gelangt sind.
In der Frühneuzeitforschung, zumal der sozialwissenschaftlich orientierten, werden Ereignisse, Institutionen und Vorgänge der Vergangenheit gerne darauf hin untersucht, welchen Beitrag sie zur »Modernisierung« der abendländischen Welt leisteten. Nun sind die sozialwissenschaftlichen Modernisierungskonzepte nicht ohne weiteres auch für die geschichtswissenschaftliche Analyse geeignet. Augenfällig ist dies bei der Definition R. Bendix’, wonach »Modernisierung« überhaupt erst im 18. Jahrhundert eingesetzt habe; andere sozialwissenschaftliche Ansätze redefinieren den fraglichen Begriff mittels so fragwürdiger Kategorien wie der des »Fortschrittes«. Dabei wird häufig ein Bezugspunkt der gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Entwicklung konstruiert, auf welchen der Modernisierungsvorgang hinauslaufe. Unausgesprochen - oder auch ausgesprochen - sind es recht häufig die sozialen Zustände der Vereinigten Staaten von Amerika, die als vorbildlich »modern« angesehen werden und nun als Ziel einer gelungenen »Modernisierung« gelten. Problematisch hieran ist die unterschwellig positive Bewertung der Modernisierung, die zu einer Blindheit gegenüber dem Eigenwert und der geschichtlichen Relevanz vermeintlich »unmoderner« Phänomene führen kann.
Wie sah ein spätmittelalterliches Leprosorium aus und wie wurde es betrieben? Diesem Thema soll anhand des ehemaligen Sondersiechenhauses auf der Steig bei Schaffhausen nachgegangen werden. Der zeitliche Rahmen reicht von 1470, als das Haus gebaut wurde, bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die letzten Leprapatienten aufgenommen wurden. Das Grundkonzept der Arbeit besteht darin, dass das Sondersiechenhaus sowohl architektonisch als auch historisch untersucht wird. Das Zusammenführen dieser beiden Ansätze soll ein umfassendes Bild des Lepraspitals ergeben. Die vorliegende Arbeit stellt eine vorzeitig publizierte und verkürzte Fassung der medizinhistorischen Dissertation dar, die im Frühjahr 2002 erscheinen wird. Insbesondere die bauanalytischen Ausführungen sind auf ein Minimum beschränkt.
Bei der Suche nach Fragmenten deutscher Rechtstexte des Mittelalters konnten in der Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz Rückenfalze an einem Sammelband als Teile eines Registers zum Stadtrecht von Augsburg bestimmt werden. Wenn sie auch nur geringe Textspuren überliefern, so liegt ihr Wert darin, dass sie die Spur einer der wenigen Pergament-Handschriften dieses Textes überliefern, der meist in Papierhandschriften erhalten ist.
Das schon im Frühmittelalter vielfach belegte Wasserburg war lange Zeit ein Verwaltungszentrum des Klosters St. Gallen am nordöstlichen Bodensee. Im Laufe der Jahrhunderte musste jedoch St. Gallen seine Positionen mehr und mehr den lokalen Mächten überlassen: den Grafen von Montfort, dem Stift Lindau und der Reichsstadt Lindau. Im wesentlichen verblieb nur das Patronatsrecht über die Wasserburger Kirche beim Abt von St. Gallen, der Pfarrer von Wasserburg war und sich hier durch einen Vikar vertreten ließ.
Ratperts Casus sancti Galli wurden bis heute dreimal ediert: 1606 von Melchior Goldast, 1829 von Ildefons von Arx für die Scriptores-Reihe der Monumenta und 1872, nur dreiunddreißig Jahre später, nochmals von Gerold Meyer von Knonau in der sanktgallischen Reihe der MVG. Obwohl später keine neuen Textzeugen aufgetaucht waren, nahmen die MGH noch unter ihrem Präsidenten Friedrich Baethgen in den frühen fünfziger Jahren die St. Galler Klosterchronistik, deren Beginn Ratperts Text markiert, erneut in ihr Editionsprogramm auf. Die weniger infolge ihrer zahlreichen Verlesungen und Druckfehler, als aufgrund der Vermischung von Kommentar und Apparat als ungenügend empfundene Edition im Scriptores-Band II, die auch nach 1872 bis heute - da leichter greifbar als die MVG - von vielen Gelehrten herangezogen wurde und wird, war dabei nur ein Motiv für diesen Entscheid. Ein gewisses Unbehagen gegenüber der Sichtweise der St. Galler Frühgeschichte, wie sie in den ausgedehnten historischen Kommentaren und Exkursen Meyers von Knonau zum Ausdruck kam, hatte sich nämlich schon in den Arbeiten von Caro und Ganahl angemeldet und verdichtete sich in den Forschungen der Nachkriegszeit zur offenen Kritik. Meyer von Knonau, der seinen Text, um eine Bemerkung des früheren Stiftsbibliothekars von St. Gallen, Johannes Duft, aufzugreifen, »überkritisch kommentiert« hatte, investierte seine editorische Energie in den Nachweis, dass Ratpert in den ersten 15 Kapiteln seiner Casus überhaupt nicht zu trauen sei, dass hier vielmehr eine Tendenzschrift vorliege, deren Absicht sei, den ursprünglichen Status St. Gallens als konstanzisches Eigenkloster zu leugnen und im Sinne der sanktgallischen Hagiographie eine frühe Eigenständigkeit und die Privilegierung durch Karl Martell und Pippin zu konstruieren.