Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
Sprache
- Deutsch (6927)
- Englisch (65)
- Mehrsprachig (38)
- Französisch (4)
Gehört zur Bibliographie
- nein (7034)
Schlagworte
- Geschichte (1211)
- Zeitschrift (1019)
- Baden (340)
- Heidelberg (322)
- Freiburg im Breisgau (296)
- Biografie (291)
- Karlsruhe (215)
- Kirchengeschichte (204)
- Villingen im Schwarzwald (197)
- Katholische Kirche. Erzdiözese Freiburg (180)
„Im Jahre 1940“, so schrieb die Heidelbergerin Marie Baum (1874-1964) aus dem Rückblick von 1952, „traf die Juden als erste eines größeren Bezirkes die Austreibung in ein unbekanntes Schicksal; sie wurden in das in den Pyrenäen im damals noch unbesetzten Frankreich gelegene Lager Gurs verbracht, einer Unterkunft von übelster Beschaffenheit.'“ „Übelste Beschaffenheit“ - das klingt noch sehr maßvoll, geradezu euphemistisch, wenn man sich die Bedingungen vor Augen führt, in die sich die über 6.500 badischen und pfälzischen Juden, darunter etwa 400 aus Heidelberg und Umgebung, in Gurs einfinden mussten. Das Lager, einige Jahre zuvor zur Internierung republikanischer Kämpfer des spanischen Bürgerkriegs errichtet, bestand aus hunderten von Baracken hinter Stacheldraht und versank im Schlamm, Familien wurden durch die strenge Aufteilung in Frauen und Männer getrennt. Im harten Winter 1940/41 starben bereits viele der aus Baden Kommenden, meistens ältere Menschen: Wer eine Zukunftsperspektive anderswo gesehen hatte, war meist schon vor Oktober 1940 emigriert. Doch trotz der vielen Toten pro Tag in Gurs, trotz der späteren Transporte in die Vernichtung nach Osten: Etwa ein Viertel der badischen Juden hatte die Chance, Gurs zu überleben, durch Flucht, durch Auswanderung noch aus Frankreich in andere Länder. Aber das konnte in Heidelberg am 22. Oktober 1940 niemand wissen, als in den frühen Morgenstunden Polizisten an den Wohnungstüren jüdischer Einwohner klingelten und die Nachricht überbrachten, man habe sich innerhalb einer oder zweier Stunden mit wenig Gepäck am Bahnhof einzufinden. Auch Maximilian (1877-1940) und Zilla Neu, geb. Baruch (1885-1940) wussten es nicht, und zu Illusionen hatten sie keinen Anlass. Sie handelten entschlossen. Wahrscheinlich hatten sie kaum Zeit, auf die eigene Geschichte zurückzublicken.
Zu Beginn der 1980er Jahre bat mich ein befreundeter Antiquar, Reproduktionen von Bildern aus einer Mappe zu machen, die er bei einer Auktion ersteigert hatte. Die Blätter der Mappe wurden anschließend einzeln verkauft. Erst kürzlich stieß ich in meinem Archiv wieder auf diese Dias, die heute der einzige Beleg für den Inhalt der vollständigen Mappe sind. Es handelte sich um 74 kolorierte Bilder von Philibert de Graimberg, dem Sohn des in Heidelberg gut bekannten Kunstsammlers, Zeichners und so genannten ,Retters der Schlossruine‘, Graf Charles de Graimberg-Belleau (1774-1864).
Vater Graimberg war 1810 als französischer Emigrant nach Heidelberg gekommen und hat durch sein Engagement und seine eigenen Bilder verhindert, dass diese Ruine vollends zum Steinbruch verkam. Durch seine zahlreichen Detailzeichnungen, die er vervielfältigte und in seinem am Kornmarkt gelegenen Cabinett ausstellte, trug er zum Ruhme Heidelbergs und der Schlossruine wesentlich bei. Die Romantik tat ein Übriges. Man muss all die Namen derer nicht nennen, die durch Gedichte, Gemälde und Erzählungen Anteil hatten an dieser Strömung. Seltsamerweise gibt es über Philibert de Graimberg kaum Nachrichten. Sein Name ist bekannt, aber man weiß im Allgemeinen wenig über ihn, obwohl er eine große Anzahl Veduten der Stadt und ihrer Umgebung angefertigt hat: Weinheim in malerischen Darstellungen, Reiseberichte aus der Pfalz und dem Neckartal.
Sühne für die Schuld Europas
(2011)
„Die Heidelberger Universität war die erste, auf welche ein Jude (Spinoza) als Professor der Philosophie berufen worden; sie war die erste, auf welcher ein Lehrstuhl für Natur- und Völkerrecht (für Pufendorf) errichtet wurde; möge ihre hochwürdige theologische Fakultät die Erste seyn, welche durch Ertheilung der Doctorwürde an einen, dem in Nordamerika mishandelten und verachteten Menschenstamm Angehörigen, dazu beiträgt, eine, wider Natur- und Völkerrecht an diesem Stamm von Europa verwirkte Schuld zu sühnen!“ Diese Bitte richtete Friedrich Wilhelm Carove, ein freisinniger katholischer Schriftsteller, am 17. November 1849 für James William Charles Pennington an die Theologische Fakultät der Universität Heidelberg.
Am 1. August 1859 starb Johann (oder Hans) Lorenz Küchler in seinem 51. Lebensjahr in Nidau (Schweiz) an einem Schlaganfall. Der Heidelberger Anwalt war Mitbegründer und Vorstand sowohl der Deutsch katholischen Gemeinde als auch des Turnvereins, des Gewerbevereins und des Kreditvereins in Heidelberg gewesen. Als mutiger Verteidiger von Aufständischen vor dem Mannheimer Standgericht 1849 war er überregional bekannt geworden. Sein Freund Jakob Venedey verfasste sogar eine Biografie, die bald nach Küchlers Tod erschien. Das war eine Würdigung, wie sie keinem anderen Heidelberger jener Zeit zuteil wurde und uns relativ gut über sein Leben informiert. Wie kam es zu diesem Text? Jakob Venedey (1805-1871) war einer der bedeutendsten deutschen demokratischen Politiker und Publizisten seines Jahrhunderts. Küchler könnte ihn schon 1832 beim Hambacher Fest kennen gelernt haben. Fast gleichzeitig gingen sie Ende 1832 bzw. Mitte 1833 ins Exil nach Paris. Dort wurde Küchler Mitglied im „Bund der Geächteten“, den Venedey leitete. Eine enge familiäre Verbundenheit entstand dann, als beide 1856 bis 1858 in Heidelberg wohnten und auch ihre Frauen Freundschaft schlossen.
Ein Platz für Menschen
(2011)
Im vergangenen Jahr (2010) fanden, in Kooperation zwischen der Arbeitsgruppe „Kunst Heidelberg“, der Architektenkammer und dem Stadtplanungsamt, verschiedene Veranstaltungen zum Thema „Kunst im Öffentlichen Raum“ statt, die fortgesetzt werden und über die theoretische Erörterung hinaus möglichst auch zu konkreten, sinnvollen und durchdachten Ergebnissen führen sollen - zweifellos eine begrüßenswerte Initiative. Manche Diskussionsbeiträge konnten freilich so verstanden werden, als hätte Heidelberg auf diesem Gebiet bislang nichts Bemerkenswertes vorzuweisen. Dass dem nicht so ist, zeigen im Bereich der Altstadt etwa Beiträge wie der - im Volksmund so benannte - „Spaghettibrunnen“ des Berliner Künstlerpaares Matschinsky-Denninghoff am Bismarckplatz oder der Sebastian-Münster-Brunnen von Michael Schoenholtz auf dem Karlsplatz. Beides Arbeiten, die durchaus Anspruch auf überregionale Beachtung erheben können, und dies gilt erst recht für die künstlerischen Beiträge im Neuklinikum und im Universitätscampus des Neuenheimer Feldes.
Im Nachlass Domenico Martinellis findet sich eine Skizze des Straßengrundrisses der Heidelberger Kernaltstadt, deren Autor aber nicht der berühmte italienische Architekt (1650-1719) selbst ist. Kurfürst Johann Wilhelm hatte ihm einen Auftrag zur Gestaltung des Wiederaufbaus der Stadt Heidelberg nach den Zerstörungen von 1689 und 1693 in Aussicht gestellt, aber dann doch nicht erteilt. Welchen Zustand Heidelbergs dieser Plan wiedergibt, wurde seit seiner Entdeckung unterschiedlich beurteilt. 1978 deutete Jörg Gamer den Plan als Darstellung eines künftigen, regulierten Straßennetzes; insbesondere an der „gestaffelten Führung“ der Straßenfronten von Haupt- und lngrimstraße meinte er neue Elemente der Stadtgestaltung ausmachen
zu können. Carmen und Thomas Flum haben 2009 in ihrem Katalogbeitrag zur Ausstellung „Heidelberg im Barock“ diese Deutung zurückgewiesen und mit einer Argumentation, die hauptsächlich auf der fehlenden Winkelgenauigkeit der Skizze fußt, begründet, dass die Skizze kein Entwurfsplan ist, sondern „den Zustand Heidelbergs um 1700“ darstellt.
Erich von Baeyer (1909-1990)
(2011)
Am Anfang war ein Bild: Das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin (ZKJM), richtete 2010 ein Symposium mit einem Begleitbuch zu seinem 150. Geburtstag aus. Dafür war im Universitätsarchiv Heidelberg (UAH) ein Bild des damals 36-jährigen ersten Direktors Dr. Theodor von Dusch aus mehreren Fotografien ausgesucht worden. Beim Herausgehen aus den hinteren Räumen stießen wir auf die dort aufgehängte Karikatur Ernst Moros (1874-1951), des ersten Ordinarius für Kinderheilkunde in Heidelberg, signiert „v. B. 1932“. Welche Person und Geschichte sich hinter den Initialen verbergen, war im ZKJM, aber nicht im UAH bekannt.
"Die Juden werden abgeholt."
(2011)
Ende Oktober des Kriegsjahres 1940 waren Vorgänge in Baden und in der Pfalz selbst für höchste Repräsentanten des NS-Regimes in Berlin von außergewöhnlichem Interesse. Für den Chef des Reichssicherheitshauptamtes Reinhard Heydrich, der später Hauptorganisator der „Endlösung der Judenfrage“, also der systematischen Ermordung der europäischen Juden wurde, war die Verschleppung von 6504 Juden aus dem deutschen Südwesten in die noch unbesetzte Zone Frankreichs ein erster Schritt zu diesem Ziel und Anlass für eine Erfolgsmeldung.
Aufgewachsen in einer aufstiegsorientierten Familie besucht er das altsprachliche Gymnasium einer mittelbadischen Stadt und legt eine hervorragende Abiturprüfung ab. Anschließend studiert er an der Universität Heidelberg Geschichte, Deutsch und Französisch; sein Studium schließt er sowohl mit dem Staatsexamen als auch mit der Promotion ab. Nach der Referendarzeit unterrichtet er als Studienassessor an verschiedenen Schulen und wird Studienrat an einem Mannheimer Gymnasium. In der Folgezeit engagiert er sich in einer bürgerlich-konservativen Partei, wird in seinem Wohnort zum Stadtrat und zum Landtagsabgeordneten gewählt. Seine vielfältigen Aktivitäten helfen ihm dabei, Schulleiter eines neu gegründeten Gymnasiums zu werden. Unermüdlich weist er auf die Raumnot seiner Schule hin, bis die Stadtverwaltung einen Neubau genehmigt. Den Einzug in das neue Gebäude und die folgenden Jahre erlebt er als würdige Krönung seiner Lebensleistung. So könnte ein Lebensweg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlaufen sein. Ganz anders sieht das Schicksal des Mannes aus, dem sich der folgende Aufsatz widmet. 1899 geboren, erlebte er die Kriege und politischen Systemwechsel, die die deutsche Geschichte in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts prägten. Wie wirkten sich Umbrüche und Katastrophen dieser Jahrzehnte auf die berufliche und private Existenz eines „Normalbürgers“ aus? Welche politischen und staatlichen Entscheidungen warfen ihn aus der gewohnten Bahn und stellten ihn vor völlig neue Herausforderungen? Wie reagierte er darauf, welche persönlichen Charaktermerkmale wurden sichtbar? Schließlich: Welche Folgen hatte dies für seine Familie? Diese Fragen - soweit es die Quellenlage erlaubt - aufzuklären und eine individuelle Lebensgeschichte im Kontext der allgemeinen und lokalen Entwicklung darzustellen, ist das Ziel der Studie. Wie bei jeder historischen Biographie wird das dabei gewonnene Bild bis zu einem gewissen Grad fragmentarisch, vielleicht auch widersprüchlich bleiben.
Hunderte von Kindern wurden während der NS-Zeit Opfer verbrecherischer medizinischer Forschung. Am bekanntesten sind in diesem Zusammenhang wohl die Zwillingsversuche Josef Mengeles in Auschwitz. Doch nicht nur in mehr oder weniger abgelegenen Konzentrationslagern wurde an Kindern und Jugendlichen geforscht, sondern auch mitten in der Gesellschaft: Im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Krankenmord an Psychiatriepatientinnen und -patienten und an behinderten Kindern nutzten manche Psychiater und Hirnforscher die „Gunst der Stunde“, um ihren wissenschaftlichen Zielen näher zu kommen. Bekannt in der Öffentlichkeit wurde in den letzten Jahren in diesem Zusammenhang besonders die 1940 eingerichtete Wiener „Jugendfürsorgeanstalt“ „Am Spiegelgrund“: Noch in der Nachkriegszeit hatte der Psychiater Heinrich Grass an den konservierten Gehirnen ermordeter Kinder geforscht, und erst im Jahr 2002 konnten diese bestattet werden. Doch solche Forschung entsprach nicht etwa einem abseitigen Interesse einzelner fehlgeleiteter Wissenschaftler, Vertretern einer vermeintlichen Pseudowissenschaft: Renommierte Forschungsinstitute, namentlich Kaiser-Wilhelm-Institute, Vorgänger heutiger Max-Planck-Institute, arbeiteten damals mit psychiatrischen Einrichtungen bei der Forschung an „Euthanasie“-Opfern zusammen. Neben der Heil- und Pflegeanstalt Görden in Brandenburg gilt dies auch für eine Universitätsklinik, die Heidelberger Psychiatrisch-Neurologische Klinik, die sich zuvor in ihrer bis 1878 zurück reichenden Geschichte wegen ihrer bekannten Lehrstuhlvertreter und ihrer wissenschaftlichen Aktivität vor allem auf psychopathologischem Gebiet einen überregionalen Ruf erworben hatte. Eine weitere Gemeinsamkeit verband die Gördener Anstalt unter dem Kinderpsychiater Hans Heinze mit der Heidelberger Klinik, geleitet von Ordinarius Carl Schneider, der aus der Anstaltspsychiatrie stammte, später den von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel ärztlich vorgestanden hatte, und dann in die Elite der NS-Psychiatrie aufgestiegen war: An beiden Institutionen wurden 1942 spezielle Forschungsabteilungen eingerichtet, die der Dienststelle der Kanzlei des Führers in der Berliner Tiergartenstraße 4 („T 4“), die die Krankentötungen seit 1939 zentral koordinierte und organisierte, unterstanden. Die beiden Forschungsabteilungen standen auch untereinander in enger Verbindung.
Die Inanspruchnahme und Instrumentalisierung von Schillers literarischem Werk und freiheitlichem Ideengut schritt durch die bürgerliche Emanzipationsbewegung von den Befreiungskriegen der Jahre 1813/15 über Wartburgfest von 1817, den Vormärz mit Hambacher Fest und 1848er Revolution unaufhaltsam fort. Da die Reaktion seit den Jahren um 1830 alle patriotischen Regungen erstickte, gewann zugleich die Ideologisierung Schillers stetig an Boden, zumal seine ästhetische Freiheit in der Restaurationszeit keine politische Heimat gefunden hatte. Die politisch-nationale Deutung des Schillerschen Gedankenguts trieb bisweilen bizarre Blüten, zugleich fanden sich intellektuelle Überformungen von einiger Tragweite. Zu letzterer Kategorie gehören die Arbeiten des in Heidelberg tätigen Gelehrten und Politikers Georg Gottfried Gervinus (1805-1871), der sich maßgeblich mit Schillers Dichtung und ästhetischer Theorie auseinandersetzte.
Die Gründungsgeschichte der lutherischen Gemeinde in Heidelberg nach dem Dreißigjährigen Krieg und der Bau der Providenzkirche sind untrennbar mit der Person Kurfürst Karl Ludwigs von der Pfalz verknüpft. Obwohl er selbst der reformierten Konfessionsrichtung angehörte, gestattete er die Etablierung einer lutherischen Gemeinschaft in seiner Residenzstadt und förderte sie durch die Bauerlaubnis zu einer eigenen Kirche, zu der er persönlich den Grundstein legte. Diese großzügige und tolerante Geste eines Herrschers des siebzehnten Jahrhunderts gegenüber einer konfessionellen Minderheit war dabei keineswegs die Regel und Zeitgenossen rühmten die für die Epoche ungewöhnliche Einstellung des pfälzischen Kurfürsten. Vor allem die ältere Forschung erklärte die Bauerlaubnis fast ausschließlich aus seinem aufgeschlossenen Charakter und daraus folgend aus seinem Toleranzverständnis. Gerade im Fall der Heidelberger Providenzkirche spielte aber noch eine Reihe von weiteren innenpolitischen und privaten Beweggründen eine wichtige Rolle.
Justus Reuber, aus einer alteingesessenen westfälischen Patrizierfamilie stammend, welche zuletzt auf dem Gut Engar bei Warburg wohnte, ist in seiner Heimat sowie auch in Heidelberg heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Er wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts für fünf Jahre Kanzler der Kurpfalz. Eine überaus verantwortliche Position - denn unser ehemaliges Territorium mit der Hauptstadt Heidelberg war eines der sieben Kurfürstentümer des alten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Kirchennamen sind weit mehr als Orts- und Flurnamen von programmatischer Bedeutung. In ihnen spiegeln sich neben theologischen und frömmigkeitsgeschichtlichen Aspekten stets auch die Kraftlinien territorialer Herrschaft, kultureller Einflüsse und sozialer Schichtung. Da die Kirchenpatrozinien mit der Siedlungsgeschichte eng verzahnt sind und daher weit in Zeiten zurückreichen, für die es nur wenige Quellen
gibt, kann ihre Erforschung wichtige Ergänzungen zur schriftlichen und zur archäologischen Überlieferung beitragen.
100 Jahre Zupfgeigenhansl
(2010)
Anlässlich des Jubiläums des Wandervogelliederbuches „Zupfgeigenhansl“, das vor 100 Jahren in Heidelberg herausgegeben wurde, fand vom 10. Oktober bis zum 23. Dezember 2009 eine kleine Ausstellung statt. Auftraggeber waren der Heidelberger Geschichtsverein e.V. und das Kulturamt der Stadt Heidelberg in Zusammenarbeit mit dem Pfadfinderbund Nordbaden e.V. und dem Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg, das die Räumlichkeiten am Karlsplatz zur Verfügung stellte. Der Titel lautete: „100 Jahre Zupfgeigenhansl - Hans Breuer und der Wandervogel in Heidelberg“.
Bevor der Gemeinderat am 15. April 2010 einen Antrag auf Zulassung des Projekts Stolpersteine annahm, hatte er am 19. März 2009 zunächst die Verwaltung beauftragt, ein Konzept zur „Allgemeinen Kultur des Erinnerns“ vorzulegen. Ein erster Entwurf des Gutachtens wurde bei einer Anhörung zum Thema „Erinnern“ am 28. September 2009 im Großen Rathaussaal den Vertreter/inne/n von Institutionen, Vereinen und Initiativen, die sich in Heidelberg mit dem Thema befassen, vorgestellt. Das Gutachten wurde auf Grundlage der Ergebnisse der Anhörung überarbeitet und als Verwaltungsvorlage den Gemeinderatsgremien vorgelegt. In die hier abgedruckte Version sind nun auch die Ergebnisse der Beratungen und Beschlüsse des Gemeinderats vom 15. April 2010 eingearbeitet.
Bittbrief an Conze
(2010)
Eine der bemerkenswerten Erscheinungen der 68er Protestbewegung waren die Flugblätter. Schnell geschrieben, mit einfachen technischen Mitteln billig hergestellt und sofort verteilt waren sie ein immer zahlreicher genutztes Medium für eine neue, von den bis dahin wirksamen Instanzen unabhängige Öffentlichkeit. An manchen Tagen wurden an der Mensa gut mehr als ein Dutzend unterschiedlicher Texte verteilt: Berichte, Kritiken, Polemiken, manchmal Satiren, und sie wurden gelesen. Dabei meldeten sich nicht nur die politischen Gruppen zu Wort. Auch Einzelne nutzten die Chance, gelesen zu werden, wurden zu Autoren von politisch, manchmal auch literarisch auffälligen Texten und verteilten sie eigenhändig.
Kommt man in Heidelberg mit jemandem aus der älteren (oder der mittleren) Generation ins Gespräch, der in der unmittelbaren Nachkriegszeit Kinder großzog bzw. damals selbst noch Kind war, hört man nicht selten den Namen von Frau Dr. Sandels, wenn von Kinderärzten die Rede ist. Oft ist dann der Namen verbunden mit Bruchstücken einer besonderen Geschichte: die Kinderärztin sei Jüdin gewesen und habe während der NS-Diktatur lange Zeit versteckt gelebt. Dass in ihrer Patienten-Klientel entschiedene Hitler-Gegner eine wichtige Rolle spielten und sie weiterempfahlen, ist nicht verwunderlich.