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Mit dem Bürgerbuch von 1356 bewahrt das Stadtmuseum in der ehemaligen Tonofenfabrik in Lahr ein wertvolles Zeugnis der Stadt- und Sozialgeschichte. Das Buch verzeichnet in mittelhochdeutscher Sprache 376 Namen von Bewohnern der Stadt ab dem Jahr 1356 (Dis sint die Burgere in der stat zuo Lare). Dazu listet es in Nachträgen bis um 1410 noch einmal mehr als 230 Namen weiterer Neubürger und sogenannter „Ausbürger“ auf: Das sind Personen, die das Bürgerrecht besaßen, ohne im städtischen Rechtsbezirk ansässig zu sein. Sie lebten Mitte des 14. Jahrhunderts in der Region rund um Lahr, etwa in Offenburg, Friesenheim, Schopfheim, Ettenheim, Rheinau, Dinglingen, Hugsweier, Burgheim, Kippenheim, Schuttern, Sulz, Ichenheim, Kürzell, Schutterzell, Ottenheim, Allmannsweier, Nonnenweier, Meißenheim, Altenheim und Müllen. Den Stand der Erforschung von Herkunft, Inhalt und Zweck des Bürgerbuchs hat zuletzt der ehemalige Stadthistoriker Thorsten Mietzner zusammengefasst.
Im Großherzogtum Baden war es üblich, dass eine Sitzungsperiode des Landtags, Badische Ständeversammlung genannt, feierlich beendet wurde. So geschah es am 26. Juni 1874 für den Zeitraum 1873/74. Um 11.30 Uhr versammelten sich die Mitglieder der beiden Häuser im Sitzungssaal der Zweiten Kammer. Am Portal des Ständehauses empfingen Deputationen der beiden Kammern Großherzog Friedrich I. (1826-1907) in Begleitung der Prinzen des Großherzoglichen Hauses und Allerhöchst Ihrer Flügeladjutanten. Mit mehrfachem Hoch wurden die „königlichen Hoheiten" beim Eintritt in den Saal begrüßt. In seiner Rede führte der Großherzog unter anderem aus: Dankbar erkenne ich das Zustandekommen einer Städteordnung, welche der in den größeren Städten des Landes tatsächlich schon bestehenden Einwohnergemeinde eine rechtliche Organisation gibt, die allen vorhandenen bürgerlichen Kräften freie Bewegung gestattet, zugleich die nöthigen Garantien für die Wahrung der verschiedenen gesellschaftlichen Interessen bietet und geeignet ist, den von so zahlreichen und wichtigen Aufgaben in Anspruch genommenen städtischen Behörden eine erhöhte Leistungsfohigkeit zu sichern. Nach der Rede wurde der Landtag für geschlossen erklärt. Als der Großherzog den Saal verließ, ertönte ein dreimaliges begeistertes Hoch.
An einem Kulturabend zum 750. Ortsjubiläum von Meißenheim im Jahr 2017: Die Programmmacherinnen und -macher haben sich im Programm auch einen Blick von außen auf ihr Dorf gewünscht. Die Autorin, aufgewachsen in Kürzell, hat den Part übernommen. Denn was ist mehr außerhalb von Meißenheim als Kürzell, hat sie als Frage scherzhaft ihrer Geschichte vorangestellt. „Nicht viel, ginge es nach manchen Meißenheimern und Kürzellern. Aber Frotzelei beiseite. Ich werde als Kürzellerin jetzt nicht auf Meißenheimer schimpfen. Ich werde einfach meine Geschichte mit Meißenheim vorlesen, in der es um Meißenheimer geht, um Würste, Sternsinger und um eine unsichtbare Hexe.“
Das Fachwerkhaus im Ried
(2020)
Obwohl die als erhaltenswerte Kleinode eingestuften Fachwerkhäuser seit eh und je zu den sichtbarsten und messbarsten Objekten der volkskundlichen Forschung gehören, blieben sie von all den Schätzen, die uns unsere Vorfahren hinterlassen haben, am längsten unbeachtet. Lange, da und dort sicherlich auch viel zu lange wurde nicht erkannt , dass die vielfach überaus kunstvoll gestalteten Fachwerkbauten nicht nur dazu da sind, ihrem jeweiligen Besitzer Unterkunft zum Arbeiten, Schlafen, Essen und Trinken zu bieten, sondern durch die teilweise kunstvollen Schnitzereien oder durch die verschiedenen Giebel, Lauben oder Erker den Betrachter erfreuen sollen. Später galt es als schicklich, Häuser mit denselben Schmuckformen, denselben Gesimsen oder denselben Tür- und Fensterumrahmungen zu errichten. Stein und Eisen trat an die Stelle von Holz, und der warme Farbton des Holzes musste den kälteren, leblosen Steinfarben weichen. Die Häuser mussten möglichst einfach, zweckmäßig, vor allem billig errichtet werden. Und so wurde lange Zeit fast ausnahmslos nur sachlich, nüchtern und, was am Schlimmsten war, fast durchweg nur stereotyp gebaut. Dadurch kam es, dass die Eigenarten der früheren Zeiten vielfach verschwunden sind und eine Straße fast völlig der anderen gleicht.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand sind in Ottenheim mit dem in der Rockelstraße stehenden ehemaligen „Forst Jägerhaus“ und der evangelischen Michaelskirche vermutlich nur noch zwei Gebäude vorhanden, die vor 1700 erbaut wurden. Während das Gotteshaus bereits 1326 erstmals urkundlich erwähnt wurde, lässt sich das Baujahr des „Jägerhauses“ durch die auf dem südöstlichen Eckpfosten deutlich eingekerbte Jahreszahl auf 1688 festlegen. Diese Einkerbung beweist, dass das Haus, obwohl es nach seinem heutigen Aussehen zu schließen sicherlich mehrmals eine bauliche Veränderung erfahren hat, nicht nur ein bemerkenswertes Alter besitzt, sondern noch vor 1700, also in der sogenannten Franzosenzeit errichtet worden ist. Dass das derzeit als das älteste Fachwerkhaus des Dorfes geltende Gebäude die furchtbaren Kriegsjahre nach 1688 überstehen konnte, ist sicherlich nur dem Umstand zu verdanken, dass es als markgräflicher Besitz den damals in Ottenheim eingesetzten herrschaftlichen Forstjägern als Dienstwohnung diente und insofern immer wieder instand gesetzt wurde.
Im 17. und 18. Jahrhundert beherrschte südlich von Seelbach das Schloss Dautenstein das Bild des Schuttertals. Der letzte Geroldsecker Graf Jakob kaufte 1584 das Anwesen für 4.000 Gulden. Er ließ das alte Wasserhaus abbrechen, welches während der Bauernkriege im 16. Jahrhundert zerstört wurde, und errichtete Ende des 16. Jahrhunderts einen stattlichen Neubau im Geschmack der Zeit. Nach den Worten seiner Tochter Anna-Maria war es ein „ansehlich Vnd cöstlich gebeuw, so Zue einer fürstlichen residenz genugsam gewesen“.
Bei Grabarbeiten anlässlich des Neubaues der katholischen Pfarrkirche in Oberschopfheim wurde im Jahr 1955 am Pfarrberg ein Keramikgefäß mit alten Münzen entdeckt. Der Münzschatz wurde im Pfarrarchiv Oberschopfheim verwahrt und geriet dort in Vergessenheit. Die Wiederentdeckung im Archiv erfolgte nach nahezu 60 Jahren im April 2012. Heute ist der Münzschatz wissenschaftlich ausgewertet und dokumentiert. Im Februar 2019 wurde das Klostermuseum in Schuttern eröffnet, dort ist heute der Münzschatz ausgestellt.
Die katholische Pfarrkirche St. Michael im Friesenheimer Ortsteil Oberweier wäre von ihrer Entstehungszeit her gesehen ein relativ junges sakrales Bauwerk, wäre da nicht der Kirchturm. Das Kirchenschiff wurde im Jahr 1877 erbaut. Über dem Turmportal ist jedoch unmissverständlich die Jahreszahl 1514 und die Meistermarke eines Steinmetzes eingeschlagen. Dieser Eintrag weist darauf hin, dass die heutige Kirche einen Vorgängerbau hatte, dessen Turm erhalten blieb. Die Meistermarke findet sich auch am Straßburger Münster, so dass angenommen werden kann, dass der Steinmetz ein Meister der Straßburger Münsterbauhütte war. Ein baugleiches Portal, wie das in Oberweier befindet sich übrigens auch an der Stiftskirche in Lahr als rechtes Seitenportal.
Die Entscheidung
(2020)
Über keinen Aspekt der neueren Lahrer Geschichte existieren mehr Legenden als über die „Flugplatzfrage“. Noch im April 2010 schrieb der Journalist Nicolas Scherger über die Lahrer Flugplatzpolitik, dass sich Lahr in den 1990er Jahren „selbst kastriert“ habe, da damals das „Potenzial für einen Verkehrsflughafen“ da gewesen sei, die Lahrer sich aber mit einem „Verkehrslandeplatz zufrieden gegeben“ hätten. Bereits mehr als zehn Jahre zuvor hatte IHK-Geschäftsführer und Flugplatz- Chef Wilhelm Peters in einem Brief an den neuen Lahrer Oberbürgermeister Dr. Wolfgang G. Müller geklagt, die Lahrer hätten die fliegerische Nutzung des Flugplatzes „total negiert“. Zitate wie diese ließen sich fast beliebig vermehren. Es ist in und um Lahr beinahe unumstößlicher Konsens, dass die Lahrer in den 90er Jahren entweder unfähig gewesen seien, eine kostendeckende und umfassende fliegerische Nutzung auf dem ehemaligen kanadischen Militärflugplatz zu installieren oder - dies die Alternativthese - von der „bösen“ Regierung, neiderfüllten Nachbarstädten und uneinsichtigen Fluggegnern daran gehindert worden wäre. An Mythen also ist in Lahr, wenn es um die Fragen des Flugplatzes geht, kein Mangel. Angesichts des Scheiterns des Verkehrslandeplatzes um 1995 herum wurden schnell Schuld- und auch Verschwörungstheorien geboren.
Lahr als Atomwaffenstandort?
(2020)
Die Enthüllungsstory „Lahrs atomares Geheimnis“ ließ eines der bestgehüteten Geheimnisse der Lahrer Militärgeschichte platzen. Von 1963 bis 1966 lagerten 15 Atombomben auf dem Flugplatz. Eine kleine, in Lahr stationierte US-Amerikanische Einheit (Detachment) der US Air Force Europe (USAFE) bewachte, pflegte und inspizierte die Bomben permanent. Im Kriegsfall sollte die französische Luftwaffe ihre Flugzeuge mit diesen Bomben bestücken und über festgelegten Zielen abwerfen. Der Rückzug Frankreichs aus der militärischen Integration sorgte für die Stationierung der Royal Canadian Air Force (RCAF). 1969 verlegte sie für ein Jahr US-Atomwaffen von Zweibrücken nach Lahr. Erst der Abzug der RCAF nach Söllingen sorgte für den Abzug der Nuklearwaffen. Die kanadische NATO-Brigade brachte aus ihrem vorherigen Standort keine Nuklearwaffen nach Lahr mit. Der Verdacht auf Nuklearwaffen auf dem Flugplatz keimte in der verschärften Situation des Kalten Krieges zu Beginn der 80er Jahre auf, war aber unbegründet.
Discotheken, Kneipen, Bars und Clubs - wo verbringen Jugendliche und junge Erwachsene ihre Abende und Nächte? Während die meisten dieser Einrichtungen den Zugang für unter 18-Jährige verwehren oder den Eintritt frühestens mit 16 Jahren gestatten, bietet und bot der Jugendclub schon früher die Gelegenheit, Grenzen zu testen und Freunde zu treffen. Den Drang, nach draußen zu gehen, etwas zu erleben und die Nächte durchzutanzen, gibt es nicht erst seit heute. Junge Erwachsene erwarten viel vom Leben, insbesondere vom Nachtleben. Die Jugendclubs gibt es noch, besonders in den Lahrer Ortsteilen, doch ironischer Weise sprechen junge Erwachsene heute nicht mehr vom „Club“, wenn sie diese ortsgebundenen Aufenthaltsorte nennen, sondern wenn sie in die Diskothek gehen. Die folgende Betrachtung befasst sich mit dem Lahrer Jugendclub „Ramsch“, der von 1969 bis 2003 in Lahr existierte. Die Faszination des „Ramsch“ hält bis heute an - zahlreiche ehemalige Mitglieder waren am 14. Oktober 2017 zur Ramsch-Revival-Party „Ramsch first! - Wise but not old" in den Schlachthof gekommen. Doch auch die heutigen Jugendclubs in Lahr und Seelbach sollen unter die Lupe genommen werden. Braucht es Jugendclubs heute noch?
Die Gemeinde Neuried dürfte weit und breit die einzige Kommune sein, die auf ihrer Gemarkung mit gleich drei thematischen Radwegen aufwartet: Dem Mühlenradweg, dem Skulpturenradweg und dem Bure-Radweg. Zu allen drei Radwegen gibt es einen Flyer mit einer Karte und weiteren Informationen zu den Haltepunkten. Die Flyer sind im Bürgerbüro in Altenheim und in allen Ortsverwaltungen kostenlos erhältlich oder können von der Homepage der Gemeinde heruntergeladen oder ausgedruckt werden (www.neuried.net). Es ist zu empfehlen, den Flyer bei der Radtour dabei zu haben, weil es immer mal wieder sein kann, dass es zu Lücken in der Beschilderung kommt. Oder die Beschilderung ist nicht ganz eindeutig. Auch dann hilft ein Blick in die Karte, um auf dem richtigen Weg zu bleiben.
Das hier gezeigte Bild von Ettenheim wurde schon mehrfach in Büchern abgedruckt, ohne dass der Maler genannt wurde. Auch über die Datierung gibt es verschiedene Meinungen. Als ich ein altes Bild von unserem Nachbarort Schweighausen sah, fiel mir eine große Ähnlichkeit mit dem Ettenheimer Bild auf. Das in Temperafarben gemalte Bild von Schweighausen stammt nachweisbar vom Überlinger Maler Joseph von Haubert. Vom Ettenheimer Bild gibt es leider nur noch ein altes schwarz/weiß-Foto, das die verstorbene Frau Maria Harden-Rauch geb. Henninger besaß und schon früher zu Kopierzwecken zur Verfügung stellte. Sie konnte sich noch an das Originalbild, eine Gouache (Maltechnik mit Wasserfarben) erinnern, das sie bei Verwandten in Stuttgart-Bad Cannstatt gesehen hatte, bevor es dort im 2. Weltkrieg vernichtet wurde. Es sei überwiegend grau (dunkelgrün?) und braun koloriert gewesen (Größe ca. 30 x 40cm). Sie vermutete, dass es aus dem Besitz der mütterlichen Vorfahren Märcklin ihres Stuttgarter Onkels Eugen Henninger stammt. Ein heute noch bekannter Vorfahre dieses Onkels ist der frühere Apotheker und Gründer des hiesigen Gesangvereins MGV 1843, Eduard Märcklin (1813-1883) gewesen.
In Spangenberg hatte die Straßburger Gesellschaft (der Meistersinger) einen
geistigen Führer, der ihr einen Vorrang unter den Schulen der damaligen Zeit
einräumte. So oder ähnlich lautet ein verbreitetes Urteil, das .sich besonders in
der Lokalforschung findet. Man stützt sich dafür auf die umfangreiche Abhandlung
Cyriacus Spangenbergs vom Jahr 1598, die den Titel trägt: VON
DER EDLEN VNND HOCHBERÜEMBTEN KUNST DER MUSICA, VNND DEREN ANKUNFFT,
LOB, NUTZ, VNND WIRCKUNG, AUCH WIE DIE MEISTERSENGER AUFFKHOMMENN
VOLLKHOMMENER BERICHT: ZU DIENST VNND EHREN DER LÖBLICHEN VNND EHRSAMEN
GESELLSCHAFFT DER MEISTERSINGER, IN DER LÖBLICHEN FREYEN REICHSSTATT
STRASZBURG. Gewidmet ist der Bericht den Straßburger Meistersingern.
Das Erscheinen dieser Schrift fällt mit der Wiederbestätigungsurkunde des
Magistrats von 1598 für die neukonstituierte Meistersinger-Gesellschaft zusammen.
„Mystik und Kunst" bezeichnet ein Aufgabengebiet, in dem verschiedene
Fachinteressen sich überschneiden, verschiedene Forschungsrichtungen je mit
ihrer Methode arbeiten und doch jede durch eine sich anbietende Kongruenz
der Form auf die Erkenntnisse der andern verwiesen wird. Ein Phänomen
fordert hier seine wissenschaftliche Erfassung in der ganzen Breite. Sobald man
sich diesem Anruf aber stellt, droht die Kongruenz sich dem Zugriff zu entziehen.
Seit längerer Zeit schon erkannte man daher die Notwendigkeit, die vielberufenen
Beziehungen zwischen Mystik und Kunst zu spezifizieren. Man hat sie
besonders abzulesen versucht an einem Beispiel, wo sich literarisch wie künstlerisch
reiches Belegmaterial anbot: bei den mystischen Lebensbeschreibungen
von Klosterfrauen einerseits und jener Gattung der bildenden Kunst andererseits,
die dieselbe Mentalität vorauszusetzen scheint, die Andachtsbilder. Beide
führen uns in den oberdeutschen Raum mit dem Schwerpunkt im Bodenseegebiet
und am Oberrhrein.
Die wichtigste Grundlage für das Verständnis der Sonderstellung unseres
kleinen aber traditionsreichen Landes im fernen Westen Österreichs ist ohne
Zweifel die Besiedlungsgeschichte. Sie wirft Licht auf die Eigenheiten aller
Lebensgebiete, angefangen vom Volkscharakter über die geistige Kultur zur
Wirtschaft und sogar bis zur selbständigen politischen Entwicklung. Dem
mittelalterlichen Landesausbau kommt im Werdegang Vorarlbergs ganz besondere
Bedeutung zu, wobei gewiß die älteren, in Jahrtausenden herangereiften
Anlagen nicht vernachlässigt werden dürfen. Diesen Ausbau darzustellen
ist freilich angesichts der bei weitem noch nicht lückenlosen wissenschaftlichen
Bearbeitung nicht einfach, und es ist auch vom Verfasser im
Folgenden nicht mehr zu erwarten als ein kurzer, orientierender Überblick
auf die wichtigsten Phasen, Räume und Probleme der Besiedlung.
Der Bearbeiter eines Mundartwörterbuchs ist manchmal im Zweifel, ob er diejenigen,
für die er „auch" zu schreiben glaubt, denn überhaupt erreicht, ob sie wissen, wo sie
in sprachlichen Zweifelsfällen Auskunft finden könnten, oder ob er nicht vielleicht
,,nur" für die Kollegen arbeitet.
Dieser Aufsatz soll daher nicht nur den Fachmann, den Dialektologen, ansprechen,
sondern er will besonders die Anrainer, Vertreter anderer, historisch oder philologisch
arbeitender Disziplinen, auf nützliche Arbeitsmittel aufmerksam machen
und ihnen einen Überblick über Bestehendes, einen Einblick in Aufbau und Voraussetzungen,
Zielsetzung und Besonderheiten der Dialektwörterbücher des alemannischen
Sprachraums geben.
Man hat nicht oft das Glück, auf anscheinend bisher noch unbekannte literarische
Mundarttexte zu stoßen, die zeitlich noch vor den Anfang des 19. Jahrhunderts
zurückreichen. In einem Schreibbüchlein des Pfullendorfers Johannes
Faigle, "burger undt schuemacher", aus den Jahren 1746-1769, das in der Bibliothek
des Studienhauses der Herz-Jesu-Priester in Freiburg/Br. aufbewahrt wird,
hat sich das im folgenden abgedruckte Hochzeitsgedicht in schwäbischer
Sprache gefunden. Weitere Suche brachte eine z. T. abweichende und kürzere
Fassung zutage, die - ebenfalls ohne Verfassernennung - zusammen mit einer
"Heyraths Abred" auf einem Flugblatt überliefert ist, das etwa in der Zeit zwischen
1780 und 1800 gedruckt worden ist.
Man hat früher in Mundartuntersuchungen sehr oft das Augenmerk nur auf
die „echte", die „gute, alte" Mundart gerichtet, und viele Mundartforscher
haben bis in die jüngste Vergangenheit hinein sich denn auch damit begnügt,
die Sprache der ältesten Ortseinwohner zu erfragen und sie in ihren „ohrenfälligsten"
Zügen darzustellen. In dieser Suche nach dem Alten, Unverfälschten
wurde und wird natürlich auch schon - implizit oder explizit - deutlich, daß
sich die Mundart wandelt und daß es zumindest von dem Moment an, wo man
an einem Ort Wandel konstatiert, auch keine homogene Ortsmundart mehr
geben kann.
Wann und durch wen Erzbischof Gröber von Fühlungnahmen zwischen
Reichsregierung und Kurie über ein Konkordat erfuhr, läßt sich nicht mehr
feststellen. Annehmen kann man, daß er zumindest Pressestimmen - deutsche
wie ausländische - aus dem Ende des Monats März und der ersten Aprilwoche
1933 über Konkordats-Absichten bzw. -Vermutungen kannte, die seit dem
Bekanntwerden der Oster-Reise Papens und Görings nach Rom und ihrer
Audienz bei Pius XI. (am 12. 4.) sich noch intensivierten.
Wichtige und traditionsreiche Träger landeskundlicher Forschung drohen im Zuge der aktuellen Transformation zu Open Access übersehen und von digitalen Publikationswegen ausgeschlossen zu werden. Es ist Aufgabe der Landesbibliotheken, die Interessen dieser Zielgruppe zu vertreten und Angebote zu entwickeln. Die Badische Landesbibliothek bietet mit RegionaliaOpen einen erfolgreichen Open-Access-Publikationsservice an. Dieser integriert sich in das übrige Serviceangebot der Bibliothek, ergänzt die Landesbibliographie mit Volltexten und stärkt die Verbindung zu den regionalgeschichtlich arbeitenden Akteuren.
Nachdem Kurfürst Carl Theodor (1724–1799) seinen Hof im Zuge der Wittelsbacher Erbregelung 1778 von Mannheim nach München hatte verlegen müssen, zogen nach und nach auch die zugehörigen Kunstsammlungen, darunter der berühmte Mannheimer Antikensaal, mit dorthin um. Dabei handelte es sich um eine Sammlung von Gipsabgüssen antiker Statuen, die im 18. Jahrhundert im Anschluss an die Mannheimer Zeichnungsakademie aufgestellt gewesen war.
Als Ersatz für den verlorenen Mannheimer Antikensaal wurde im Auftrag Karl Friedrichs von Baden (1728–1811) als neuem Landesherrn ab 1803 durch den badischen Gesandten Emmerich Joseph von Dalberg (1773–1833) ein Grundstock von nahezu zweihundert Gipsabgüssen in Paris erworben. Diese wurden als Teil der neu gegründeten „Großherzoglichen Gemäldegalerie“ im Mannheimer Schloss aufgestellt.
Ein Reisender, der die Sammlung dort bereits wenige Jahre nach ihrer Eröffnung besichtigt hatte, veröffentlichte seinen Bericht 1809 in der „Rheinischen Bundeszeitung“. Es handelt sich um den frühesten Zeitzeugenbericht zur Großherzoglichen Sammlung der Antikenabgüsse im Mannheimer Schloss, die dort bis zu ihrer weitgehenden Zerstörung im Zweiten Weltkrieg aufgestellt bleiben sollte.
Wie für die allgemeine Agrar- und Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters,
so hat auch für die Erforschung der agrarischen Verhältnisse des
Elsaß seit langem die Frage nach der wirtschaftlichen Lage der Bauern
und ihrer sozialen Stellung im Vordergrund des Interesses gestanden. Es
ist die Belastung der bäuerlichen Bevölkerung durch Abgaben und Dienste
an die Herren, das Besitzrecht an Grund und Boden in seiner Bedeutung
für die wirtschaftliche Lage der Bauern, das die Untersuchungsrichtung bestimmte.
Und aus dieser Blickrichtung auf die Belastung der Bauernwirtschaft
erklärt sich die Einbeziehung aller anderen Abgaben und Leistungen
öffentlich-rechtlicher und herrschaftlicher Natur in die Untersuchung, die an
und für sich mit den grundherrschaftlichen Verhältnissen und der agrarischen
Produktionsordnung im engeren Sinn nichts zu tun hat. So sehr der
Agrarhistoriker die Rechts- und Verfassungsinstitutionen mit heranzuziehen
hat, so ist gerade auf dem Boden der elsässischen Agrargeschichte bei den so
unendlich komplizierten verfassungsgeschichtlichen Verhältnissen eine Vermengung
von wirtschaftlicher Produktionsordnung und ihren Institutionen
mit der Rechts- und Verfassungsordnung von ganz besonderem Übel.
Die im Titel steckende Frage richtet laut Art. 130 des Stadtrechts von Ravensburg
aus dem Jahre 13651 der Rat an den zuziehenden Neubürger, um ihn vor
Illusionen zu bewahren. [...]
Der Artikel setzt sich, wie man sieht, mit einer Reihe von Tatbeständen auseinander,
die bei der Verleihung des Bürgerrechts an einen Ausmann von Bedeutung
sind. Von ihnen soll uns heute nur einer beschäftigen, nämlich der, bei dem es um den ,unverraiten ammann' geht. Der Grund unseres besonderen
Interesses an der Formel wird im Verlauf der folgenden Darlegungen, wie wir
hoffen, einsichtig werden.
Wie konnte ein Bauernsohn,
gar der Sohn eines leibeigenen Bauern, die ständischen Schranken der alten
Reichsverfassung durchstoßen und zum Prälaten und, wenn Reichsunmittelbarkeit
und Reichsstandschaft mit der Prälatur verbunden waren, zum geistlichen
Fürsten aufsteigen? Diese Problemstellung liegt - neben dem personen-,
familien- und landesgeschichtlichen Interesse, das unser Abt Blasius II. nach
Person, Stellung und Wirken beanspruchen darf - auch den heutigen Betrachtungen
zugrunde .
Das spätmittelalterliche Scheibenkreuz-Flurdenkmal von Rudenberg bei Neustadt im Schwarzwald.
(1984)
Als Nimbus ist das Scheibenkreuz, der viergeteilte Kreis, ein Christussymbol
und in Anlehnung an das Christus-Wort im Johannesevangelium 8,12 „ich
bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis,
sondern wird das Licht des Lebens haben" damit zugleich ein Zeichen
für das von Christus ausgehende Licht und Leben. Einen Überblick zur Verbreitung
des in Stein gehauenen und in der Art einer Stele aufrecht stehenden
Scheibenkreuzes (französisch: stele discoidale, englisch: disk-headed cross)
vermittelt ein kürzlich erschienenes erstes Inventar. Im deutschsprachigen
Raum muß man die zahlreichen mittelalterlichen Scheibenkreuz-Flurdenkmale
in Südniedersachsen sowie die wenigen gleichartigen Male in Westfalen, Thüringen und Sachsens von den Scheibenkreuz-Grabsteinen in Hessen aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktion voneinander trennen.
Das Land am Oberrhein im ausgehenden Mittelalter: Bettlerscharen vor den
Kirchen, Blinde, Lahme, Verstümmelte, Schwangere; Geistesgestörte, die man
vom Teufel besessen glaubt. [...]
Wer hat dieses, pandämonische Bild einer aufgewühlten Gesellschaft am Vorabend
der Reformation überliefert, jene Beschreibung, wie geschaffen als
Motivsammlung zu einem Film von Russel, Pasolini, Fellini und uns heutigen
wieder merkwürdig interessant? Sie findet sich in einem der eigenartigsten
Texte, den die Literaturgeschichtsschreibung zu verzeichnen hat: in dem um
1510 anonym gedruckten „Liber Vagatorum / Der Betler orden", der zur Gattung der „Gaunerbüchlein" rechnet und in der Enthüllung von Betrugspraktiken,
die den Gläubigen und Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche ziehen
sollten, das oben gezeichnete Bild zwar in karikierender Überzeichnung entwirft,
doch auch in der Darstellung des Scheins noch das zugrunde liegende
Sein mitabbildet, wo dieses nicht vergleichend direkt zur Sprache kommt.
Aus einer zähen Überlieferung an Ort und Stelle, aus chronikalischen und
urkundlichen Nachrichten des Mittelalters über den Bergbau im Kinzigtal
und seiner weiteren Umgebung hat sich die landesgeschichtliche Literatur des
18. und frühen 19. Jahrhunderts die Meinung gebildet, daß sich in dem
kleinen Tal des Prinzbaches, einem linksseitigen Zufluß der Kinzig, im Mittelalter
eine reiche Bergstadt befunden habe. Davon berichten 1766 REINHARD, 1816 KOLB. Wahrheit und Dichtung gehen wie in den meisten historischen
Darstellungen jener Zeit dabei bunt durcheinander. [...] Solche handgreiflichen Irrtümer und Obertreibungen
haben der Überlieferung vom Bestand einer Stadt Prinzbach in den Augen einer kritischen historischen Forschung der Folgezeit ebenfalls jede
Glaubwürdigkeit entzogen.
Von der kulturellen Leistung des Elsaß im Mittelalter zeugen heute noch
- jedermann verständlich und eindrücklich genug - eine Fülle von Baudenkmälern
im ganzen Lande. Von ihr berichten schriftliche Zeugnisse in
langer Reihe ebenso unmißverständlich. So ist man sich denn auch allgemein
bewußt, daß das Elsaß im Mittelalter ein reiches und blühendes Land, ein
Kerngebiet des deutschen kulturellen und künstlerischen Lebens war, vom
Frühmittelalter weg bis weit über die Reformationszeit hinaus. Weniger
bekannt und kaum gewürdigt ist die wirtschaftliche Leistung des Elsaß im
Mittelalter. Und doch ist es klar, daß die kulturelle Blüte nur in einem
wohlhabenden Lande möglich war und daß der Wohlstand nur durch entsprechende
wirtschaftliche Leistungen geschaffen werden konnte. Wo haben
wir diese zu suchen?
Die wirtschaftliche Entwicklung ist im Mittelalter von der Zeit des
Städtewesens weg, d. h. vom 11. Jahrhundert an, in entscheidender Weise
von der Industrie beeinflußt worden.[...]
Das deutsche Wirtschaftsgebiets des Mittelalters seinerseits
entsprach in seiner industriellen Leistung durchaus der Gestaltung in
ganz Europa. Es hat ebenfalls wohl in allen seinen Landschaften Industrien
von mehr als landschaftlicher Bedeutung aufgewiesen, dagegen sehr wenig
Industriezweige von wirklich gemeineuropäischer Bedeutung und ebenso
wenige wirkliche Industriebezirke.[...]
Umreißen wir nun den Bereich der Bodenseeleinwand näher:
Er hat in der heutigen Schweiz etwa die Kantone St. Gallen, Appenzell und
Thurgau sowie die angrenzenden Teile von Schaffhausen und Zürich umfaßt.
Rapperswil, Winterthur und wohl auch Schaffhausen sind hier die
westlichsten Punkte des eigentlichen Leinwandgebiets.
Mina Becker
(2021)
Wieder einmal mache ich Halt am Fuß des Schutterlindenbergs, in Lahr, wo ich in den 40er und 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts meine Schulzeit verbrachte. Der Rosenbrunnen in der Lahrer Altstadt ist das letzte Zeugnis der Anwesenheit von Mina Becker, die von 1912 bis 1956 mit ihrem Geist und ihren Impulsen das Leben in Lahr inspirierte und prägte. Sie war meine Großmutter. Die im Brunnentrog eingemeißelte Jahreszahl 1917 bedeutet mehr als das Jahr der Errichtung des Brunnens, das war 1919. Im September 1917 war Minas Mann Karl im Weltkrieg in Belgien gefallen, und sie veranlasste anstelle des alten, wohl baufälligen Brunnens die Neuerrichtung nach dem Entwurf des Karlsruher Architekturprofessors Gisbert von Teuffel. Dies entsprach einem Versprechen, welches sich die Eheleute für den Fall von Karls Tod im Krieg gegeben hatten. Auch in späteren Jahren war dieser Brunnen ein generationenübergreifendes Symbol. Ein Foto zeigt einen Teil der Familie im Sommer 1942 beim Holen des Taufwassers für die beiden neugeborenen Enkel.
Im Mittelalter wurden üblicherweise die Gräber um die Kirche herum angelegt. Lahr stellte insofern einen Sonderfall dar, weil es mehr als 200 Jahre lang keine Pfarrkirche in der Stadt gab. Innerhalb der Mauern befand sich nur die Schlosskapelle, die von solchen Gläubigen besucht wurde, die den langen Weg zur Burgheimer Kirche scheuten. Die Stiftskirche war eine außerhalb der Stadtmauern liegende Klosterkirche. Erst um etwa 1492 wurde sie die Pfarrkirche der Lahrer. Der Friedhof (Kirchhof) als Begräbnisstätte der Lahrer Bevölkerung entstand also am Ende des 15. Jahrhunderts. Zuvor war auf dem Burgheimer Friedhof bestattet worden.
Beschribung der Gärten bey dem Schloße Balthasarburg zu Rust, ohnweit dem Rhein, in der Reichsritterschaftlich ortenauischen, Reichefreyherrlichen von Boecklinischen Herrschaft. 1789. Unter diesem etwas sperrigen Titel ruht seit mehr als zwei Jahrhunderten im Familienarchiv der Boecklin, das im Staatsarchiv Freiburg deponiert ist, ein 24-seitiges Manuskript. Es sollte augenscheinlich von der Ausdrucksweise, vom Satzbau und von der Lesbarkeit der Handschrift her als Vorlage für eine Veröffentlichung dienen. Diese erschien dann tatsächlich 1790 in Hirsdifelds Kleiner Gartenbibliothek. Ein Autor ist dort leider nicht angegeben, sondern lediglich der Hinweis: Aus Ettenheim eingeschickt. Dieser Text wurde gestrafft, aber auch sprachlich flüssig und gut lesbar gestaltet. Insgesamt aber ist das Manuskript ausführlicher. Der damalige Besitzer von Schloss und Park Franz Friedrich Siegmund August Boecklin (1745-1813), im Familienkreis nur „Friedrich" genannt, hat an der Universität Straßburg Staatsrecht und Geschichte studiert . Daneben besuchte er philosophische, aber auch naturwissenschaftliche Vorlesungen und legte ein Examen in Botanik ab. Infolge seiner Heirat 1765 brach er sein Studium ab und übersiedelte bald darauf von Straßburg nach Rust.
Leopold(o) Richter
(2021)
In den Jahrbüchern 1973 und 1974 im „Geroldsecker Land" berichtet der in Lahr aufgewachsene Naturforscher und Künstler Leopold Richter über Flora, Fauna und Menschen im Amazonaswald. Diese bis heute gut lesbaren und im Bezug auf Naturschutz und das Zusammentreffen von indigenen Ureinwohnern und Europäern immer noch interessanten Texte dienten als eine wichtige Informationsquelle für die erste Ausstellung über Leben und Werk des 1896 in Großauheim (heute Stadtteil von Hanau) geborenen Richter, der 1932 nach Brasilien, später nach Kolumbien auswanderte. Noch bis Mitte 2021 ist die Ausstellung „Der Wald des Leopoldo Richter" im insgesamt sehenswerten kunst- und industriegeschichtlichen Museum Großauheim zu sehen. In einer der Vitrinen dort liegt: Eine Ausgabe des Geroldsecker Land. Es ist dies die erste Ausstellung in Deutschland mit Werken von Leopold Richter, der vom Heimat- und Geschichtsverein Großauheim herausgegebene Begleitband 1 ist die erste deutschsprachige Publikation über ihn. Erstmals werden in der Ausstellung Werke aus dem Nachlass von Heidi Stocker gezeigt, die eine weitere Facette zum künstlerischen Profil und zur abenteuerlichen Lebensgeschichte des 1984 in Bogota gestorbenen Auswanderers hinzufügen. Geboren in der Anfang des 19. Jahrhunderts noch selbständigen Gemeinde Großauheim kann man Richter wohl als Sohn der Stadt Hanau bezeichnen, doch bis vor kurzem wusste das nicht einmal der Geschichtsverein. Seine Jugend- und frühen Erwachsenenjahre hat Leopold Richter allerdings in Lahr verbracht, sein 2015 verstorbener Sohn lebte hier, immer wieder tauchte der Name Leopold Richter auf. In Kolumbien wird Richter als bedeutender Künstler in einem Atemzug mit Fernando Botero genannt und vielfach gewürdigt und ausgestellt. Doch in Lahr hat es nie eine Ausstellung mit seinen Werken gegeben. Warum eigentlich nicht?
Dr. med. vet. Heinz Krüger
(2021)
„Tiere haben oft Schmerzen, die sie uns nicht mitteilen können. Deshalb habe ich als Tierarzt eine Grundsatzbereitschaft, gleich an welchem Tier.“ Dieser Satz war für den am 19. September 2019 verstorbenen Ottenheimer Tierarzt Dr. Heinz Krüger sein ganzes, über 35 Jahre dauerndes Berufsleben die selbstauferlegte Verpflichtung gegenüber der Kreatur. Kranken Tieren zu helfen, sie wieder gesund zu machen, das war seine Berufung. Deshalb fühlte er sich bei seiner Arbeit mit allen Tieren ganz besonders verbunden. Die Freude war immer dann besonders groß, wenn er seinen großen und kleinen Freunden mit seiner medizinischen Kunst helfen konnte. Über viele Jahre hinweg war der Veterinär aus Leidenschaft ein mobiler „Viehdoktor“ und als einziger im gesamten Ried unterwegs. Sein Kombi-Pkw war fahrende Praxis, Apotheke und Büro in einem.
Die Geschichte der Kunstmühle in Seelbach, Teil 2, Die Gründung des Elektrizitätswerks Seelbach
(2021)
Im Jahrbuch 62 wurde in Teil I die Geschichte der Kunstmühle in Seelbach beschrieben, wie sie sich bis zum Tode des letzten Müllers der Kunstmühle im Jahre 1900 darstellte. Carl Franz Joseph Bertinet kam in der Nacht zum 5. Dezember 1900 tragisch ums Leben. In einem Zeitungsartikel vom 5. Dezember 1900 wurde berichtet, dass um ½ 6 Uhr im Dinglinger Bahnhofe außerhalb des für die Reisenden bestimmten Bahnsteiges auf dem Geleise Herr Müller B. aus Seelbach tot aufgefunden wurde. Carl Franz Joseph Bertinet hatte das Anwesen, die ehemalige herrschaftliche Obere Mühle in Seelbach, im Jahre 1887 gekauft. Unmittelbar nach dem Kauf stellte er den Antrag auf Abbruch, um ein neues Wohn- und Mühlgebäude sowie ein Ökonomiegebäude mit Wasch- und Backhaus zu errichten. Bereits 1892 wurde die Mühle in Betrieb genommen, im Januar 1893 brannte das Mühlengebäude jedoch vollständig nieder. Die Ursache könnte wegen Hochwasser in der rascheren Bewegung der Fruchtputzmaschine gelegen haben. Eine andere Entstehungsursache könnte auch die Selbstentzündung der Champagner-Gänge (Mahlsteine aus der Champagne) gewesen sein, die laut einem Gutachter „bei Leerlauf gerne Feuer geben“.
Ein Ortshistoriker ist natürlich immer sehr dankbar, wenn es zu einem Geschichtsthema Zeitzeugen gibt, die bereit sind, aus
vergangenen Tagen zu berichten. Bürger, Landwirt, Gemeinderat und Ortschaftsrat Wolfgang Kopp (1929 - 2017) war eine solche Person, die einverstanden war, sein Wissen an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Von 1965 bis 1995 war er für die Ortschaft Heiligenzell kommunalpolitisch tätig und gehörte ab dem 1. Januar 1972 dem Gemeinderat der neu gebildeten Gemeinde Friesenheim an. Wolfgang Kopp war es dann auch, der mir eines Tages ein altes Foto auf den Tisch legte und die Frage stellte, ob ich die sehr alte historische Heiligenzeller Rathausglocke kennen würde. Auf dem Foto konnte man eine kleine Glocke erkennen und einen Teil einer Umschrift ablesen: „Edel zu Strasburg“. Weiter meinte er, dass man auch die Jahreszahl 1742 ablesen könne. Eine Fotokopie des Bildes mit einer kleinen Notiz nahm ich glücklicherweise zu meinen
Geschichtsunterlagen, die dort jedoch eine längere Zeit ruhen sollte.
Eigentlich ist er gar kein richtiger Friedhof, der Waldfriedhof. Die Anwohner der umliegenden Gehöfte im Geisberg-Gebiet nennen den Ort „`s Friedhöfli“. Fünf behauene Steine mit zum Teil kaum lesbaren Inschriften gruppieren sich auf einer geebneten kleinen Anhöhe oberhalb des Wegs, im Halbkreis von einem Altfichtenbestand eingefasst. Auf der gegenüberliegenden Wegseite laden ein Tisch mit Bänken unter einer Eiche und ein plätschernder Brunnen zum Rasten und zum Genießen der Aussicht ins Kinzigtal.
Les Chevaliers du ciel
(2021)
Die Himmelsritter - „Les Chevaliers du ciel. Aus einem Donnerschlag, nur einen Steinwurf von der Sonne entfernt.“ Der französische Popstar Jean-Philippe Smet alias Johnny Hallyday, einst als Soldat in Offenburg stationiert, besang mit diesen Worten die französischen Luftwaffenpiloten. Im benachbarten Lahr prägten sie seit Ende 1946 das Straßenbild . Piloten, Bodenpersonal und Befehlsstab der „ler Division Aerienne" (1 DIVAR) ließen sich in der Kleinstadt nieder. Auf engem Raum lebten Sieger und Verlierer des vorangegangenen Weltkrieges zusammen, die sich hasserfüllt als Erbfeinde betrachteten. Es schien unwahrscheinlich, dass sie als Verbündete, viele sagen als Freunde, auseinandergehen. 1967 verabschiedeten sich
die „Chevaliers du ciel" aus Lahr, und nach zwei Dekaden brannte sich der Abschied von Freunden ins Gedächtnis der Stadt ein. Das wirft die Frage auf, wie sich die Garnison der „Chevaliers du ciel" auf das Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen auswirkte. Welche Rolle spielten sie, als die deutsch-französische Freundschaft abseits der großen Politik geknüpft wurde?
In den Kriegen der Amerikaner unter Georg Washington nach der Unabhängigkeitserklärung von 1776 gab es zunächst Rückschläge bis zu ihrem entscheidenden Sieg gegen die Engländer bei Yorktown im Jahr 1781. Frankreich unterstützte aufgrund eines Hilfsvertrages die amerikanischen Rebellen. Die französischen Truppen kämpften unter dem Befehl ihres Generals Rochambeau gemeinsam mit dem amerikanischen Heer unter Washington. Dabei setzten die Franzosen auch das vom Herzogtum Pfalz-Zweibrücken im Jahr 1757 errichtete Fremdenregiment „Royal Deux-Ponts" ein. Nach einem Geheimvertrag hatte das Herzogtum gegen die Zahlung von 80 000 Gulden ein Infanterieregiment aufzustellen, das in das französische Heer eingegliedert werden sollte. Die geworbenen Männer stammten vor allem aus dem Herzogtum selbst, aus dem Elsaß und aus Lothringen.
Coronajahr 2020, ein Virus erobert die Welt, Ansichten aus Lahr und Umgebung, Kurvendiskussionen
(2021)
Am 15. März 2020 waren meine Frau und ich trotz Bedenken auf der Feier zum 80. Geburtstag meines Cousins in Durbach. Wir hatten Glück, uns ist nichts passiert. Ein uns bekanntes Ehepaar, beide 71, saßen am 14. März bei einer 70. Geburtstagsfeier auf Burg Windeck mit einem Superspreader im Raum. Die Eheleute, die Jahrzehnte ihres Lebens gemeinsam verbracht hatten, starben beide am 6. April. Im April verstarb auch die Mutter meines ältesten Freundes. Alle drei Covid-19-Opfer starben nicht mit, sondern am Coronavirus - der letzte Satz ist leicht genervt gesprochen sich vorzustellen, da
Corona-Skeptiker diese persönliche Leiderfahrung oft für Betroffene schmerzlich relativieren.
April 2020. Das Jahr fühlt sich alt an. Ob es am ausgefallenen Winter liegt? An dem seit Wochen anhaltenden T-Shirt-Wetter? Oder an der ungewohnten kulturellen Ereignislosigkeit, wie ansonsten nicht einmal im Hochsommer? Viele Menschen haben viel Zeit, über solche Fragen nachzudenken, und sich selbst dabei zu beobachten, wie sie damit klarkommen, dass alles anders ist als sonst. Mit unabsehbaren Folgen anders. Während die sogenannten systemrelevanten Berufsgruppen wie Krankenpflegerinnen oder Verkäuferinnen zahlreiche Überstunden anhäufen, steht für den gesamten Bereich der Kultur die Welt still. Kein Konzert, kein Theater, keine Lesung, kein Museum, nicht einmal ein Heckenfest vom Musikverein, und sogar die Buchhandlungen und die Bibliotheken sind wochenlang geschlossen. „Stay home“ - kein Problem. Wohin sollte man auch gehen, außer in den Wald? Die einen beugen sich demütig der erzwungenen Ruhe, gehen in sich und in den Keller zum Aufräumen. Die anderen entwickeln symbolische Gemeinschaftsaktivitäten, die zuweilen in Stress ausarten. In der Anfangszeit gibt es Terminkollisionen zwischen Beethovens „Ode an die Freude" und dem Klatschen für Pflegekräfte vom Balkon. Dann wird per WhatsApp aufgefordert, eine Kerze ins Fenster zu stellen als Zeichen der Verbundenheit, Bekannte und Freunde animieren zum Liken und Weiterleiten von mehr oder weniger gelungenen Aufrufen, Bekenntnissen, Statements und Videobotschaften.
Covid-19 und die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus haben im Frühjahr 2020 vieles zum Stillstand gebracht. Nach und nach wurden erst Großveranstaltungen abgesagt und die Größe der erlaubten Zusammenkünfte immer stärker reduziert, bis selbst Familienmitglieder aus verschiedenen Haushalten sich nicht mehr persönlich treffen sollten. Was im Rückblick nach einem langsamen Abbremsen und „Herunterfahren" des öffentlichen Lebens aussieht, fühlte sich im Frühling an, als überschlügen sich die Ereignisse. Hamsterkäufe, immer neue Maßnahmen und neue Worte: Infektionsgeschehen, Betretungsverbot, Social Distancing. Dazu anfangs noch die Unsicherheit, wie lange diese Krise unser Leben bestimmen würde. Noch Anfang März ist unklar, ob es nicht Mitte April wieder möglich sein würde , die städtische Gedenkveranstaltung zu 75 Jahren Kriegsende wie geplant stattfinden zu lassen.
Coronajahr 2020, ein Virus erobert die Welt, Ansichten aus Lahr und Umgebung, Zurück zur Normalität?
(2021)
Angeblich bedeutet das chinesische Schriftzeichen für Krise auch gleichzeitig Chance. Ob das so ist, habe ich nicht überprüft, Richard von Weizäcker hat das in einer Rede einmal gesagt. Es ist auf jeden Fall ein schönes Bild, das mir gefällt. Anfang des Jahres hat niemand geahnt, was in diesem Jahr auf uns zukommen wird. Alles lief normal. Also so, wie wir glauben, dass es „normal" ist oder sein sollte. Eine Krise in Form einer Pandemie erschütterte dann unseren Planeten. Und die meisten nahmen und nehmen es dankenswerterweise ernst. Längst haben wir das Verständnis und den Glauben an das verloren, was in den USA geschieht oder in Brasilien. Nebenbei brennt der Urwald wieder mehr denn je. Stoff für mindestens eine Verschwörungstheorie. Die sind ja gerade schwer in Mode. Ich denke an die Bilder von Bergamo, das Bild von dem Massengrab, das sie in New York mit Baggern aushoben, um Sarg an Sarg darin zu stapeln. Ich denke an den Bericht eines Arztes in einer Straßburger Klinik, verzweifelt, erschöpft. Ich höre das erste Mal das Wort „Triage“. Ich denke an den Hollywood-Streifen „Pearl Harbour“, als die Krankenschwester den verletzten Soldaten mit dem Lippenstift Zeichen auf die Stirn malt, über Leben und Tot entscheiden muss, weil man nicht mehr allen helfen kann. Straßburg, ein paar Kilometer
von uns weg, nicht Hollywood!
Wer geglaubt hat, das Virus trifft nur alte Menschen, hat sich geirrt. Wer geglaubt hat, eine hochgebildete, zivilisierte Gesellschaft brächte genug Geduld, Disziplin und Vernunft auf, um mit erfolgversprechenden Gegenmaßnahmen die Pandemie rasch und nachhaltig zu stoppen, hat sich geirrt. Die Folge dieser und weiterer Irrtümer ist noch nicht absehbar. Das Virus grassiert und an Schuldfiguren fehlt es nicht: Bill Gates, Hillary Clinton, die Bundesregierung, die jüdische Weltverschwörung oder die geheime Herrschaft versteckter Reptilien. Masken werden als Maulkörbe verhöhnt, Billigflugtourismus und Saufpartys gelten als Menschenrechte. Auf Straßen und Plätzen wird ohne Masken und Abstand nach Rechtsaussen demonstriert, weil angeblich das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit abgeschafft sei.
Am 28. Januar 2020 wird in Deutschland der erste Erkrankte aus dem bayerischen Landkreis Starnberg gemeldet: Die neuartige Infektionskrankheit, die ihn befallen hat, bezeichnet die World Health Organization (WHO) am 11. Februar als Covid-19; das dazugehörige Virus erhält den Namen Sars-CoV-2. Im März sterben erstmals Deutsche daran, drei Wochen später gibt es in Italien und Spanien jeweils bereits fast 3500 Tote. Am 22. März einigen sich Bundesregierung und Länderchefs deshalb auf weitreichende Ausgangs-, Reise- und Kontaktbeschränkungen - den sogenannten Lockdown. Gegen diese staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie finden bald darauf in zahlreichen deutschen Städten Protestkundgebungen statt, am 25. April erstmals auch in der Ortenau.
Nie ist mir Stille so laut vorgekommen, wie in den ersten Frühlingsmonaten des Jahres 2020. Konnte man im Januar und Februar noch von einem laut summenden Getöse sprechen, verstummt die Welt im März nach einem lauten Paukenschlag vollends. Wörter wie „Lockdown“, „Risikogebiet“, „Maskenpflicht“, „Homeoffice“ und „Pandemie“ finden ihren Weg in die deutsche Alltagssprache, später auch in den Duden. Geschäfte und Restaurants schließen, offen hat nur noch was „systemrelevant“ ist. Zuhause bleiben lautet das gängige Credo, Straßen und Bahnen sind wie leer gefegt. Bis wir wieder aus dem Dornröschenschlaf erwachen, werden einige Monate vergehen. Dinge, die stets selbstverständlich schienen, sind plötzlich nicht mehr möglich. An diesem Punkt möchte ich ansetzen und mich mit der Frage beschäftigen: Trotz aller Entbehrungen - was hat uns die Pandemie gelehrt?
Das Jahr 2020 neigt sich langsam dem Ende zu; es sind zwar nur noch wenige Wochen, aber trotzdem entscheiden sich in dieser kurzen Zeit noch maßgebende Dinge, die den Kurs unserer globalen Zukunft vorerst lenken werden. In Anbetracht all der Nachrichten und Ereignisse, die es in den letzten Monaten zu erfahren gab, scheint die Erinnerung an den Jahresbeginn schon fast surreal - ich war zu Jahresbeginn noch auf einem Konzert: mit ganz vielen Menschen, die dicht an dicht standen, alle in einer Halle waren und dazu auch noch die gleiche Luft geatmet haben! Eine Erinnerung, die aktuell nicht vorstellbar und auch gedanklich kaum auszuhalten ist. Die Erfahrung der Corona-Pandemie hat sich beispielsweise in der Wahrnehmung von Menschenansammlungen und allgemein Körperkontakt niedergeschlagen: Schaut man sich heute einen Film an, in dem eine größere Menge an Menschen zu sehen ist, kann man seit der ersten Lockclown-Erfahrung gedanklich schon beinahe eine
Stimme „Corona!“ rufen hören.
Andreas Walter
(2021)
Andreas Walter wurde am 6. Mai 1818 in Mahlberg geboren. Er war das jüngste von insgesamt neun Kindern der Eheleute Andreas Walter, Bürger und Bäckermeister aus Lahr, und Salome, geb. Roesch, die ebenfalls Lahrerin war. Die Eltern bewirtschafteten bis 1808 ohne Erfolg das Gasthaus „Salmen“ in Lahr, das unterhalb des heutigen alten AOK-Gebäudes in der Obertorstraße stand und im Zuge des Baues der Nordtangente um die Jahrtausendwende weichen musste. Nachdem das Ehepaar zunächst ein weiteres Gasthaus bei Altenheim führte, betrieb der Vater im Anschluss als Hintersasse eine Ölmühle
in Mahlberg. Andreas jun. erlernte wie sein Vater das Bäckerhandwerk. Nach dessen Tod im Jahre 1844, die Mutter war schon zehn Jahre früher verstorben, entschloss sich der 26-Jährige, mittellos wie er war, nach Nordamerika auszuwandern.
Das internationale Bodensee-Jahrbuch versammelt aktuelle Forschung und Information zur Geschichte und Naturkunde des gesamten Bodenseeraums. Am 19. Oktober 1868 wurde in Friedrichshafen der „Verein für Geschichte des Bodensee’s und seiner Umgebung“ gegründet. Aus Anlass des 150. Geburtstages wird die Vereinsgeschichte von den Anfängen bis heute in ihrem historischen Kontext dargestellt. Aus einem Guss und ohne sich in Details zu verlieren, behandelt der Konstanzer Historiker Harald Derschka die Geschichte dieses international einmaligen, in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Liechtenstein grenzüberschreitend tätigen Vereins. Historische Fotos und Dokumente vertiefen den Erzählstrang. Im letzten Teil des Heftes sind sämtliche Hauptversammlungen, alle Präsidenten, Ehrenmitglieder und Funktionsträger erfasst. Ein Namenregister beschließt den Band. Anderthalb Jahrhunderte lang hat der Bodensee-Geschichtsverein die historischen, kulturellen und landschaftlichen Gemeinsamkeiten rund um den See untersucht, beschrieben und in seinem Vereinsleben verwirklicht. Damit hat er einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass wir trotz der modernen staatlichen Grenzziehung und den Verwerfungen zweier Weltkriege den Bodensee heute als die Mitte einer alten Kulturlandschaft betrachten dürfen. Das Jahrbuch wird unter der Schriftleitung von Jürgen Klöckler (Konstanz) herausgegeben vom Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung.