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Im folgenden Beitrag soll anhand zweier Beispiele - der Lonza-Werke GmbH Waldshut und der Aluminium GmbH Rheinfelden - die Rolle Schweizer Industriebetriebe am Hochrhein zur Zeit der NS-Herrschaft beleuchtet werden. Schwerpunkte sind dabei die Einbindung in die deutsche Kriegswirtschaft und der Einsatz von Zwangsarbeitern, über deren Entschädigung zur Zeit bekanntlich heftig diskutiert wird.
Im April 1999 trat bei Bauarbeiten in der Mannheimer Kreuzkirche unter dem Altar der Grundstein von 1933 ans Tageslicht. In der in ihm verborgenen Kassette befanden sich neben den üblichen Grundsteinbeigaben eine von den damaligen Vertretern der Kirchengemeinde verfaßte Urkunde mit einem den Nationalsozialismus verherrlichenden Text. Er war am 17.10.1933 in den Grundstein eingelegt worden. Der Bezirk Mannheim der Badischen Heimat ließ die örtliche Presse von dem Fund wissen. Unter der Überschrift „Erinnerungen an ,unselige Tage‘“ berichtete der Mannheimer Morgen am 24.4.99 über den Fund.
Im Sommer 1944 näherten sich amerikanische und französische Truppen vom Westen her dem Elsaß, das damals als Reichsgebiet galt und zusammen mit Baden einen Gau bildete. Am 28. August ließ daher das Badische Innenministerium einen Runderlaß an die Landräte über den Bau einer „Schutzstellung West". Es sollten Hitlerjungen im Alter von 14 bis 18 Jahren eingesetzt werden, nicht länger als zwei bis drei Wochen. Zur Beaufsichtigung, Unterstützung und Betreuung der Jugendlichen werden HJ-Führer, politische Leiter, Lehrer und Gesundheitspersonal zum Einsatz gebracht ... Die Errichtung der Schutzstellung West wird zunächst öffentlich nicht erörtert; eine propagandistische Auswertung ähnlich wie in Ostpreußen ist zunächst nicht vorgesehen. In der Umgebung der Baustellen konnte die gesamte Bevölkerung herangezogen werden. Trotz der Geheimhaltungsvorschrift wurde wenige Tage später ein öffentlicher Aufruf publiziert. In ihm ist der Kreis der Betroffenen stark erweitert. Es werden nun alle männlichen Personen von 14 und 65 Jahren und alle weiblichen Personen von 16 bis 50 zur Herstellung einer Vogesenstellung und der Verteidigungsbereitschaft des Westwaldes einberufen. Dieser Aufruf stammt von der Gauleitung. Das Kompetenzgerangel beginnt also schon im Vorfeld, ein Rundbrief des Innenministers und ein Aufruf des Gauleiters stehen sich gegenüber.
Es waren hauptsächlich drei Gründe, die mich bewogen, neben der Fülle bislang publizierter Bild- und Textdokumente zum französischen Deportations- und Internierungslager Gurs nach weiteren Belegen zu suchen: Zum einen die Vorbereitung auf eine fünftägige Gedenkstätten-Gruppenreise im Herbst 2000, die mich über Orleans und Oradour-sur-Glane (b. Limoges) nach Gurs, ca. 13 km nordwestlich von Oloron-Ste. Marie an der Route D 936, ins Departement Pyrenees-Atlantiques und von dort via Noe (b. Toulouse) in das gleichermaßen berüchtigte ehemalige Lager Les Milles östlich von Aix-en-Provence und schließlich nach Carpentras geführt hat. Zusammengenommen anläßlich des sechzigsten Jahrestages der Deportation von sechseinhalbtausend badischen und saarpfälzischen Juden am 22. Oktober 1940. Zum anderen war es meine Vermutung oder eher Zuversicht, aufgrund positiver Erfahrungen bei der Beschaffung von westalliierten Aufklärerfotos zur Totalbombardierung meiner Heimatstadt Halberstadt im nordöstlichen Harzvorland am 8. April 1945 sowie zum fünf Kilometer weiter südlich gelegenen, am 11. April von US-Truppen befreiten KZ Langenstein-Zwieberge, daß solche Senkrechtluftaufnahmen aus zumeist 6 bis 9 Kilometer Höhe auch für Orte außerhalb der reichsdeutschen Grenzen, also für die von der Wehrmacht besetzten Gebiete existieren müßten. Fotodokumente jedenfalls, die das von den ehemals
Internierten so intensiv erinnerte kilometerweite Ausmaß des hier interessierenden südwest-französischen Lagers Gurs besonders deutlich werden ließen. Drittens lag mir daran, mit Hilfe der mutmaßlich zu beschaffenden Luftbilder die bislang publizierten lediglichen Lagerskizzen bzw. -pläne nebst zugehörigen Erläuterungen zu verifizieren, sie authentisch belegt zu
ergänzen und die Fotodokumente anhand eigener Erkenntnisse während der Gedenkstättenbesichtigung - soweit es die Zeit unserer Gruppe dort zuließ -, sachlich weitgehend korrekt zu beschriften.
Vier Fotos aus Lörrach
(2002)
Es könnte ein Bühnenbild sein, zum Beispiel eine Opernschlussszene, in der noch einmal alle Personen auftreten und sich dorthin gestellt haben, wo der Regisseur sie haben will. Vom in der Mitte die Hauptdarsteller, in ihrem Rücken, teils direkt hinter ihnen stehend, das mitspielende Volk, teils, um die Bildchoreografie zu steigern, von zwei Fenstern im ersten Stock eines die Szene abschließenden Hauses aus zuschauend. Eine grandiose Finalmusik ist zu hören, denn die Vernunft und das Gute haben gesiegt, und alle Beteiligten singen sich in den Triumph der Menschlichkeit hinein, ehe der Vorhang fällt und begeisterter Applaus aufrauscht. Nichts von alledem. Das Foto zeigt vier ältere Frauen und drei Männer in Wintermänteln, Hüten und Handgepäck, deren Blicke ins Leere fallen. Am linken Bildrand ist ein Uniformierter zu sehen, er hat den Mund geöffnet und erhebt den Zeigefinger der rechten Hand.
Vorbemerkung: Aus Anlass des 60. Jahrestages der Deportation Bruchsaler Juden in das südfranzösische Lager Gurs 1940
haben sich in den Monaten September bis November 2000 an der Bruchsaler Balthasar-Neumann-Schule II 22 Schüler des Berufskollegs Fachhochschulreife (JBKFH) im Alter von 22 bis 28 Jahren mit diesem Thema auseinandergesetzt. Im Generallandesarchiv Karlsruhe und im Stadtarchiv Bruchsal wurden Akten und Dokumente zu diesem Thema eingesehen. Im Rahmen der vorliegenden Sozialstudie sollten die Fragen herausgearbeitet werden: wer waren diese Menschen,
die man deportierte, welcher Schicht entstanden sie, lassen sich Veränderungen der Sozialstruktur im Bruchsal der 1930er Jahre erkennen?
"Geschichte ist das, was ein Zeitalter am anderen interessiert". Dieser Satz wird Jacob Burckhardt (1818-1897), dem bekannten Schweizer Historiker, zugeschrieben. Er ist in mehrfacher Weise Kern- und Angelpunkt der Geschichtsdidaktik: zum einen ist klar, dass es dort, wo kein Interesse (im ursprünglichen lateinischen Sinn von inter esse), keine Fragestellung auf Schülerseite besteht, um den Lernerfolg schlecht bestellt ist. Zum anderen muss in einem propädeutischen, wissenschaftlich ausgerichteten Geschichtsunterricht deutlich werden, dass Geschichte nichts Vorgegebenes, sondern Rekonstruktion der Vergangenheit mit Hilfe von Quellen und wissenschaftlicher Quellenkritik ist. Geschieht dies nicht, so werden die Aufträge von Schulgesetz, Bildungs- und Lehrplänen nicht erfüllt. Zum Idealbild des mündigen Bürgers kann die Beschäftigung mit Geschichte beitragen, indem sie dazu verhilft, die gegenwärtige Welt besser zu verstehen, in der gegenwärtigen Welt reflektiert handeln zu können, an den Quellen und durch Quellenkritik bestimmte Fähigkeiten wie z. B. Kritikfähigkeit und analytisches Denken zu erwerben sowie die persönliche und gesellschaftliche Identitätsbestimmung und die Werte, die ihr zugrunde liegen, besser zu verstehen.
Die Synagoge Bruchsal
(2002)
Wer sich zur Aufgabe macht, über ein jüdisches Bauwerk zu recherchieren, das durch nationalsozialistischen Terror zerstört worden war, kann sich nicht nur auf architektonische Beschreibungen des Gebäudes beschränken. Letztlich sind nicht die toten Steine wichtig, sondern die damit verbundenen menschlichen Schicksale. Sucht man Spuren jüdischen Lebens in der lokalen Vergangenheit, steht man vor einer Reihe von Fragen. Gibt es bereits fundierte Publikationen zum Thema? Existieren
noch bisher unveröffentlichte schriftliche Quellen - sei es in Privatbesitz oder in Archiven? Welche noch lebenden Zeitzeugen könnten befragt werden? Wie groß ist die Offenheit und Aufgeschlossenheit für eine Recherche vor Ort? Lokale Geschichtsschreibung sollte nicht die Aufgabe Einzelner sein, sondern als vorrangiges Anliegen jeder Gemeinde aktiv und zielstrebig vorangetrieben werden. Eine systematische Erschließung aller möglichen Quellen steht bislang noch aus. Historische Recherche darf dabei keine Tabus kennen, muss aber gleichzeitig sachlich und umfassend dokumentieren.
Zeitgenossen und Historiker bezeichneten die Geschichte der evangelischen Kirche im Nationalsozialismus als Kirchenkampf, als Kampf widerchristlicher Kreise in Staat und Partei gegen die Kirche. Diese eindeutige Frontstellung entsprach dem früh gepflegten kirchlichen Selbstbild, aber nicht der historischen Realität. Stattdessen dominierten Widersprüche, die sich theologisch mit Defiziten in der politischen bzw. der Staatsethik erklären lassen, das Bild: weitgehende Zustimmung zur Politik des Regimes und Einspruch gegen die staatliche Religionspolitik, um die Institution Kirche zu erhalten; amtliches Schweigen und individueller Protest gegen staatliches Unrecht; unermüdliches Einfordern von Rechtstiteln durch die Kirche trotz früher eigener Unterdrückungserfahrung und der Tatsache, dass Zusagen von Partei und Staat nur von taktischer Natur und Rechtsbrüche an der Tagesordnung waren.
Die Arbeit befasst sich mit der Neuordnung der „Vereinigten Evangelisch-protestantischen Landeskirche Badens“ nach Kriegsende. Sie basiert darauf, dass sich zwischen 1933 und 1945 in Freiburg Widerstand gegen das totalitäre Regime früh organisierte, und will zeigen, wie sich der Freiburger Widerstand auf den Wieder- und Neuaufbau der badischen Landeskirche ausgewirkt hat. 1945 waren einzig der Landesbischof und zwei Oberkirchenräte noch verfassungsgemäß besetzt, Bischof D. Julius Kühlewein und die Oberkirchenräte Dr. Otto Friedrich und Gustav Rost. Um nach dem Krieg die Ordnung wiederherzustellen beschloss der Evangelische Oberkirchenrat (EOK) im Juli 1945, die Zuständigkeit des Erweiterten Oberkirchenrates (ErwOKR), die 1934 im Verlauf der Eingliederung der Landeskirche in die Reichskirche an den EOK übertragen worden waren, wieder herzustellen. Verfassungsgemäß musste der ErwOKR dafür zunächst mit Hilfe der Landessynode neu gebildet werden. Da nach 1934 jedoch keine verfassungsgemäße Landessynode mehr bestand, wurde dem Landesbischof die Ernennung aller sechs (zuvor waren es vier) Mitglieder des ErwOKR übertragen.