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Lassen Sie mich mein Grußwort mit zwei kurzen Zitaten aus einer römischen Verlautbarung beginnen: „Durch die angemessene Nutzung aller von den kirchlichen Gemeinschaften hervorgebrachten Kulturgüter ist es möglich, den Dialog der Christen mit der heutigen Welt weiterzuführen und auszubauen.“ So heißt es in einem Schreiben, das die „Päpstliche Kommission für die Kulturgüter der Kirche“ am 2. Februar 1997 an alle Diözesanbischöfe gerichtet hat. An anderer Stelle im gleichen Text lesen wir: „Die in den Archiven enthaltene Dokumentation ist ein Erbe, das erhalten wird, um weitergegeben und genutzt zu werden.“ Eigentlich bezieht sich die Päpstliche Kulturgutkommission in diesem Schreiben auf die Archive als Institutionen, also auf Bistums-, Dekanats- oder Pfarrarchive. Doch der Auftrag, das Erbe zu erhalten, es zu nutzen und weiterzugeben, scheint mir ebenso gut auch für gedruckte „Archive“ zu passen und zu gelten – so wie eben unser „Freiburger Diözesan-Archiv“, und natürlich gilt es auch für diejenigen, die es produzieren und publizieren, also für den „Kirchengeschichtlichen Verein“ und seine Mitglieder.
Der Frankfurter Mediävist Johannes Fried hat einmal angesichts eines anderen Jubiläums – es handelte sich um das 50-jährige Bestehen des renommierten Konstanzer Arbeitskreises – betont, wer über das Mittelalter nicht hinausdenke, verstehe vom Mittelalter nichts. Das gilt cum grano salis auch für unser Thema. Es lässt sich von vornherein nicht auf die Epoche des Mittelalters eingrenzen. Vieles – und das gilt wohl für große Teile der Kirchen-, Religions-, Frömmigkeits- und Theologiegeschichte – beginnt zwar im Mittelalter, setzt sich aber bis in die Gegenwart fort. Das gilt für die Geschichte der Diözese und ihrer Kirchen, für die Bischöfe, für die Klöster, für die Gemeinden, für das religiöse Brauchtum, für die Frömmigkeit, die Pfarreien, die historischen Landschaften, die Kunstdenkmäler usw.
Wenn hier ein kurzer Blick auf die Vorsitzenden geworfen werden soll, so nicht, weil mit diesen gleichsam der ganze Kirchengeschichtliche Verein zu fassen ist oder gar auf diese Persönlichkeiten zu reduzieren sei. Die Vorsitzenden waren oftmals Exponenten dessen, was in einer bestimmten Zeit an Geschichtszugängen und -vorstellungen, auch im spezifisch landeskirchengeschichtlichen Bereich, gedacht wurde. Am Anfang des Kirchengeschichtlichen Vereins stand ein historisch interessierter Pfarrer, Dekan Wendelin Haid aus Lautenbach im Renchtal. Dieser Geistliche verstand es, seinen Kontakt zu Historikern und Theologen, zu Geistlichen und anderen Gebildeten zu nutzen, um für eine Vereinsgründung zu werben. Dabei erhielt der Verein, wie schon angesprochen, mit seiner Zeitschrift, dem Freiburger Diözesanarchiv, das nach Vorarbeiten seit 1865 ziemlich regelmäßig erscheinen konnte, sein eigentliches Profil und Forum. Als Organisation dafür stand ein sogenanntes Comité von Gelehrten zur Verfügung. Die Schriftleiter, zunächst Pfarrer Wendelin Haid, dann der Freiburger Alttestamentler Prof. Dr. Joseph König brachten ihre – wie es hieß – „lokalhistorischen“ Interessen und Kompetenzen ein.
Zwei zerstrittene Gesandte
(2012)
Im Februar 1819 machte sich eine deutsche Gesandtschaft auf den Weg nach Rom, um dort Dokumente zu übergeben, die nach dem Willen der entsendenden deutschen Staaten zur Errichtung der Oberrheinischen Kirchenprovinz führen sollten. Die beiden Gesandten waren der württembergische Freiherr Philipp Moritz von Schmitz-Grollenburg und der badische Freiherr Johann V. von Türckheim. Die beiden Adligen brachen als alte Freunde gemeinsam auf und kamen getrennt und zerstritten zurück. Die Geschichte und die Ergebnisse dieser zunächst erfolglosen Gesandtschaft sind längst detailliert und erschöpfend aufgearbeitet. Nun sind aber im Familienarchiv der Freiherren von Türckheim neue Unterlagen aus dem Besitz des badischen Emissärs aufgetaucht, die den bisherigen Blick ergänzen und gleichzeitig einen persönlicheren Eindruck von Johann V. erlauben. Neben zahlreichen Briefen und Arbeitsmaterialien Türckheims handelt es sich hierbei um ein ausformuliertes, eigenhändig geschriebenes Tagebuch, in dessen Fokus die Verhandlungen und deren Inhalt stehen, sowie mehrere Tagebuchnotizen zur Reise und zu einzelnen touristischen Ausflügen. Im Folgenden soll der Schwerpunkt auf dem Verhältnis der beiden Gesandten liegen. Der Inhalt der politischen und kirchenrechtlichen Verhandlungen soll dabei nur am Rand berührt werden — so weit, wie es zum Verständnis der Vorgänge notwendig ist. Für alles andere sei auf die im Fußnotenapparat angeführte Literatur verwiesen. Im Fokus stehen die Dokumente aus dem Familienarchiv von Türckheim. Daneben wurde aber auch die staatliche Überlieferung im Generallandesarchiv Karlsruhe und im Hauptstaatsarchiv Stuttgart herangezogen.
Die Mainzer Erzdiözese war — ähnlich wie ihr Suffragan Konstanz — von enormen Ausmaßen. Sie reichte von der Nahe im Südwesten bis zur Saale im Nordosten, vom südlichen Niedersachsen bis zum Odenwald. Flächenmäßig war zwar die Diözese Konstanz größer, hinsichtlich der Zahl der Pfarreien stand aber das Erzbistum Mainz an erster Stelle. Die Verwaltung des Erzbistums Mainz zeigte im Spätmittelalter stark entwickelte regionale Strukturen, deren Ausprägung wohl auf die Größe der Diözese zurückzuführen ist. Für die geistliche Verwaltung und die Pfründenvergabe waren die Archidiakone und ihre Offiziale zuständig. Wie die Pfründenbesetzung vonstatten ging, welche Instanzen daran beteiligt waren und welche Quellengruppen Auskunft über diese Vorgänge geben können bzw. zur Verfügung stehen, soll exemplarisch für die Mainzer Archidiakonate Fritzlar und Erfurt aufgezeigt werden.
Orden sind ein „Grundmodul der europäischen Geschichte". In Distanz zur Welt lebten die Mönche doch in und von der Welt, mussten sich mit ihr auseinandersetzen und nahmen Einfluss auf sie. Sie unterwarfen sich nach Max Weber als Erste einer durchgängig rational gestalteteten, methodisch durchgeplanten Lebensweise. Sie verwalteten effektiv ihren Besitz, sie übermittelten die Bildung der Antike dem Mittelalter, sie entwickelten strenges wissenschaftliches Denken, sie schufen bewundernswerte Kunstwerke, sie sorgten für Bedürftige. In sich einander ablösenden Gründungwellen stellten sich neue Orden neuen Aufgaben ihrer Zeit. Sie sind folglich nicht nur ein Phänomen der. Kirchengeschichte, sondern ein wichtiges Strukturelement vormoderner Geschichte allgemein und damit ein ebenso wichtiges Objekt der Profangeschichte. Ihre Bedeutung ist gerade in Oberschwaben kaum zu überschätzen, da etwa ein Drittel dieser Landschaft von Äbten regierte Klosterterritorien waren. Aber es gab nicht nur die großen Prälatenklöster. Von den etwa 50 Männerklöstern der Region waren knapp die Hälfte Konvente der Mönchsorden im engeren Sinne und der regulierten Chorherren, die andere Hälfte Konvente der Bettelorden.