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Am Ende des Jahres 2001 zählte der Landkreis Karlsruhe - als viertgrößter Landkreis Baden-Württembergs - über 416 000 Einwohner, die in insgesamt 32 Städten und Gemeinden leben. Als größte Kommune innerhalb des Landkreises, mit rund 41 500 Bürgerinnen und Bürgern, liegt Bruchsal rund 15 Kilometer nördlich der ehemaligen Landeshauptstadt Karlsruhe.
Büchenau - ein Straßendorf
(2002)
Südwestlich - ca. 6 km von der Kernstadt Bruchsal entfernt - liegt Büchenau, seit dem 1. Juli 1972 Stadtteil von Bruchsal. Da das Dorf schon einmal, wohl in der Zeit seiner Gründung, zum sehr ausgedehnten Gemarkungsverband Bruchsal gehört hat - wie auch Forst und Neuthard -, sind die Büchenauer jetzt wieder ganz eng mit der Geschichte der Gesamtstadt Bruchsal verbunden. Quasi hat die Stadt Bruchsal ihre Söhne und Töchter wieder. Büchenau ist wohl die jüngste Siedlungsgründung unter den eingemeindeten Ortschaften Bruchsals, denn aus der Frühzeit liegt bis jetzt nur ein einziger Fund vor, eine vermutlich aus der Bronzezeit (etwa 2000-1000 v. Chr.) stammende Bronzespange. Dieser Fund reicht nicht aus, um über eine frühgeschichtliche Besiedlung der Gemarkung etwas auszusagen. Auch über eine Besiedlung in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung fehlt bis jetzt jede Spur.
Den Geist der Heimat kann niemand erfassen, der sich nicht auch einmal in die Betrachtung des Ruheortes der Verstorbenen versenkt hat. Bruchsal hat einen der schönsten und gepflegtesten Friedhöfe in unserer Gegend. Ein ganz eigenartiger Zauber liegt über der alten Begräbnisstätte hinter der St. Peterskirche. Von alten Bäumen überschattet, stehen noch manche altehrwürdige, teils aus bodenständigem Gestein geschaffene Grabmäler, und verkörpern noch Geschichten alter vergangener Bruchsaler Geschlechter. Leider sind die Inschriften der ältesten Grabdenkmäler stark verwittert. Es wäre deshalb eine verdienstvolle Aufgabe, sie zu sammeln und der Nachwelt zu erhalten.
,,... ich habe nuhn den orth ausgelesen wohe mein residentz hinkommen solle ... es ist zu Bruchsal", teilt Kardinal Damian Hugo von Schönborn, der am 3. Dezember 1719 sein Amt als Fürstbischof von Speyer angetreten hatte, seinem „tres honore frere" Franz Erwein nach Wiesentheid mit. Diese seine Entscheidung, bereits am 3. Juli des folgenden Jahres Wohnsitz und Residenz vom „protestantischen", auf seine Rechte als Reichsstadt bedachten Speyer auf das rechtsrheinische Gebiet zu verlegen,
markiert den Beginn des „glanzvollsten Jahrhunderts" in der nunmehr über 1000 Jahre währenden (geschriebenen) Geschichte Bruchsals. Der Schlossbau sollte jedenfalls zur Basis einer gedeihlichen Stadtentwicklung werden.
Die Synagoge Bruchsal
(2002)
Wer sich zur Aufgabe macht, über ein jüdisches Bauwerk zu recherchieren, das durch nationalsozialistischen Terror zerstört worden war, kann sich nicht nur auf architektonische Beschreibungen des Gebäudes beschränken. Letztlich sind nicht die toten Steine wichtig, sondern die damit verbundenen menschlichen Schicksale. Sucht man Spuren jüdischen Lebens in der lokalen Vergangenheit, steht man vor einer Reihe von Fragen. Gibt es bereits fundierte Publikationen zum Thema? Existieren
noch bisher unveröffentlichte schriftliche Quellen - sei es in Privatbesitz oder in Archiven? Welche noch lebenden Zeitzeugen könnten befragt werden? Wie groß ist die Offenheit und Aufgeschlossenheit für eine Recherche vor Ort? Lokale Geschichtsschreibung sollte nicht die Aufgabe Einzelner sein, sondern als vorrangiges Anliegen jeder Gemeinde aktiv und zielstrebig vorangetrieben werden. Eine systematische Erschließung aller möglichen Quellen steht bislang noch aus. Historische Recherche darf dabei keine Tabus kennen, muss aber gleichzeitig sachlich und umfassend dokumentieren.
Die Geschichte der Entstehung der International University in Germany ist nicht lang, da ihre Initiatoren ihr, sobald es ihnen möglich war, ein Ende setzten, dass heißt: wir wollten die Gründungsphase so schnell wie möglich beenden und aus dem chaotischen politischen in ein strukturiertes und überschaubares akademisch-unternehmerisches Umfeld gelangen. Dennoch ist diese Entstehungsgeschichte nicht uninteressant. Denn sie ist eine komplexe, von bildungspolitischem Idealismus unsererseits und Widerstand, Angst und Frustration einzelner Vertreter der bestehenden staatlichen Institutionen andererseits, vom unermüdlichen Einsatz uns unterstützender Personen wie auch von bewusstem Verhinderungswillen geprägte letztliche „Erfolgsstory".
Kulturförderung ist heute eine wesentliche Aufgabe des modernen Staates, der Länder und der Gemeinden. Dazu gehört unter anderem die Förderung von Museen aller Art, wie den großen Landesmuseen, den Kreismuseen oder den kleineren ortsgebundenen Heimatmuseen. Eine wesentliche Aufgabe der Museen ganz allgemein ist es, Kulturgut der Nachwelt zu
erhalten, zu inventarisieren und zu dokumentieren. Ein weiterer Teil ist das Aufbereiten von Sammlungen für den Museumsbesucher in ständige Schausammlungen oder zeitgebundenen Sonderausstellungen, sei es naturwissenschaftlicher oder kultureller Art. Dabei haben sich im Laufe der Zeit große und kleinere Museen auf ganz bestimmte Sammelgebiete
spezialisiert, andere wiederum geben sich als Universalmuseen.
Zwischen Baden und Kurpfalz
(2002)
Die Anfänge der Stadt Heidelsheim liegen im Dunkeln. Wann genau hatte der deutsche König - wohl zur Zeit der Staufer - die Siedlung zur Stadt erhoben beziehungsweise ausgebaut? 1241 wird der Ort als Reichsstadt sichtbar. Doch das Interesse des Königs an seiner Stadt hielt nicht lange an. 1311 genehmigte nämlich der König die Verpfändung Heidelsheims an Graf Konrad von Vaihingen und an Markgraf Rudolf IV. von Baden. Was bedeutete dies für die Stadt? Heidelsheim hatte nun plötzlich drei Stadtherren oder besser gesagt zwei Pfand- und einen Stadtherrn. Denn der König blieb weiterhin nominell Stadtherr, wenn er auch kaum noch stadtherrliche Funktionen ausübte. Mit der Pfandschaft waren vor allem Nutzungsrechte und genau definierte Einkünfte verbunden. Verpfändungen von Städten, gerade durch den König, waren an der Tagesordnung. Durch die Verpfändung erhielt der König vom Grafen von Vaihingen 800 Pfund und vom Markgrafen von Baden 1000 Pfund - oder Dienste in angemessener Größenordnung. Der König nahm nämlich für die Reichspfandschaften bei der Vergabe normalerweise gar kein Geld des Gläubigers.
Hervorgegangen ist die Obergrombacher Burg aus einem grundherrlichen Hof (im Mittelalter „Bauhof" genannt) der fränkischen Landnahme (Anfang 6. Jahrhundert). Aufgrund seiner Größe hatte der „Bauhof" eine beherrschende Stellung im Ort. An einen Burgbau ist indes nicht vor 1200 zu denken. Als Erbauer könnte der Eigentümer des „Bauhofes" in Frage kommen. Plausibler erscheint allerdings, daß die Grundherrschaft - das Grombachtal geriet im 12. Jahrhundert zunehmend in den Einflußbereich speyrischer Territorialpolitik - den Burgbau veranlaßte und einen Lehnsmann als Herrschaftsträger einsetzte, den Ortsherrn. Die Burg schützte sowohl die wichtigste Straße im Grombachtal, die „Hohe Straße", die im
Spätmittelalter dem Hochstift als Geleitstraße vom Nordschwarzwald kommend ab Singen (Remchingen) - Wöschbach - Jöhlingen - Obergrombach - Bruchsal beträchtliche Einnahmen bescherte, als auch die Südflanke Bruchsals, wo die Bischöfe von Speyer ab 1091 des öfteren residierten. Darüber hinaus bot sie den domkapitularischen Dörfern Jöhlingen,
Unterwössingen und Wöschbach Schutz. Die Grenzlage Obergrombachs - Heidelsheim, Gondelsheim, Weingarten, Heimsheim und Oberwössingen gehörten zu anderen Herrschaften - mag ein Übriges zum Burgbau beigetragen haben. Diese erste Burg muß man sich wesentlich einfacher vorstellen, als die heute sichtbaren Reste, die mehrheitlich aus dem 15. Jahrhundert stammen. Sie bestand im Wesentlichen aus dem Bergfried und aus dem ummauerten Bereich der heutigen Oberburg.
Die Entstehung des Landes Baden-Württemberg vor fünfzig Jahren war bekanntlich eine schwierige Geburt und in staatsrechtlicher Hinsicht nicht ohne Mängel. Daher ist es kein Wunder, daß auch die Frage der Namengebung nicht
einfach zu lösen war. Die Diskussion darüber betraf zwar weit weniger Wichtiges als der Abstimmungskampf um die
Staatsbildung selbst, sie geriet auch ungleich weniger heftig und wurde nicht zusätzlich vor Gericht ausgetragen. Dennoch scheint es von Interesse, diesen Namensstreit ins Gedächtnis zu rufen. Schließlich ist der Name für jedes soziale Gebilde ein wichtiges Element der Identität und des Selbstverständnisses. Im Falle des Landes Baden-Württemberg bildet die Auseinandersetzung um den Namen auch ein bemerkenswertes Nachspiel zur Volksabstimmung vom 9. Dezember 1951. Sie läßt etwas von den Intentionen der Abstimmenden in den einzelnen Landesteilen erkennen.
Klöster gehörten seit dem frühen Mittelalter zu den konstituierenden Elementen von Herrschaft. Beschränkte sich ihre Stiftung noch im 10. Jahrhundert auf Initiativen ranghoher geistlicher und weltlicher Würdenträger aus der Umgebung des Königshauses, so entwickelten seit der Jahrtausendwende insbesondere im Südwesten des Reiches zunehmend Grafen und edelfreie Adelige ein Interesse an Gotteshäusern. Unter dem Einfluss der päpstlichen Partei in dieser Region vollzog sich dabei ein grundlegender Wandel. Denn seit Mitte des 11. Jahrhunderts erbaten Stifter für ihre Klöster nicht mehr, wie bisher, den Schutz des Reiches, sondern den des Apostolischen Stuhls. Sie orientierten sich dabei an den Ideen der Reform. Im Zuge dieser Bewegung entstand auch die Abtei St. Peter. Sie liegt östlich von Freiburg im Breisgau auf einer gewellten Hochfläche des Schwarzwaldes unweit des vermutlich ältesten Verbindungsweges vom Breisgau auf die Baar und zum Bodensee durch das heutige Höllental. Hauptakteur ihrer Stiftung war Herzog Bertold II. († 1111), der Begründer der Zähringerlinie. Auch nach ihrem Aussterben spielte die Pflege ihrer memoria in der Abtei immer wieder eine bedeutende Rolle bis zu deren Aufhebung im Jahr 1806.
Im 19. und 20. Jahrhundert hat sich das Große Wiesental zu einem der am stärksten industrialisierten Schwarzwaldtäler entwickelt. Heimgewerbliche Flachsspinnerei und Leinwandweberei sowie nachfolgend die hauptsächlich von Schweizer Unternehmern aufgebaute Baumwollverarbeitung im Verlagssystem hatten hier bereits vorindustriell Fuß gefasst, und es war am Hochrhein und im Wiesental eine vom Textilgewerbe geprägte Region entstanden. Der industrielle Umbruch veränderte die Wirtschafts- und Sozialstrukturen sowie den Lebensalltag der Bevölkerung und formte das Siedlungs- und Landschaftsbild gründlich um. Aus einer bäuerlich-kleingewerblichen wurde in wenigen Jahren rasch eine hochgradig industriell überprägte Kulturlandschaft. Strukturelle Umbrüche kennzeichnen die Entwicklung bis in die jüngere Vergangenheit: Mit dem Niedergang der ehemaligen Leitindustrie ab den 1970er Jahren setzte ein neuerlicher Strukturwandel im Tal ein.
Die Holzgewinnung, der Holztransport und der Holzverkauf spielten im Einzugsgebiet der Kinzig, im Speziellen der oberen Kinzig, seit dem Spätmittelalter eine große Rolle. Sie prägten die Wirtschaftsstruktur und die sozialen Verhältnisse, aber auch die Landschaft. Das Flößereiwesen wird in der Region als immaterielles Kulturerbe in vorbildlicher Weise gepflegt. Die materiellen Hinterlassenschaften hingegen sind nur teilweise bekannt und damit nicht in gebührendem Umfang Gegenstand der Heimatpflege. Daher war es ein dringliches Anliegen regionaler Akteure, insbesondere von Dr. Hans Harter, Thomas Kipp und Willy Schoch, diese Lücke ein Stück weit zu füllen und eine entsprechende Studie in Auftrag zu geben. Im Rahmen dieser Studie sollte eine Dokumentation des Gesamtsystems der Holzbringung im Einzugsgebiet der oberen Kinzig erstellt werden (Übersicht in Abb. 1). Das Ziel war, die funktionalen Zusammenhänge der Einzelelemente, die dem Holztransport dienten, in ihrer Sachgesamtheit zu erfassen und darzustellen. Eine Kompletterfassung aller Elemente im Untersuchungsgebiet war jedoch nicht vorgesehen. Vielmehr sollten ein Eindruck über die Dichte der Bauten abgeleitet sowie Besonderheiten des Gebietes herausgearbeitet werden. Wir berücksichtigten die Quellflüsse und Seitenbäche der Wassereinzugsgebiete der Kinzig, der Wolfach und der Schiltach.
Die Neubauten im mondänen Luftkurort St. Blasien und ein Kurhausbau im benachbarten Dorf Menzenschwand werden um 1900/1910 im Schwarzwaldstil oder im Schwarzwaldheimatstil erbaut. Wir sind es gewohnt die Bauten dieser Zeit und Stilstufe in der materialgerechten Farbigkeit zu sehen, die vor allem seit den 1930er Jahren üblich wurde: braunes Holz,
grüne Fensterläden, weiß getünchter Verputz und Naturstein in der jeweiligen Eigenfarbigkeit. Für St. Blasien und das benachbarte Dorf Menzenschwand gibt es durch kolorierte Postkarten, einigermaßen tradierte Farbfassungen und einzelne Befunduntersuchungen Hinweise auf eine lebensfrohe Farbigkeit und auf Farbkombinationen, wie sie für den Jugendstil charakteristisch sind. Diese Beispiele werden weiter unten vorgestellt.
Auch im digitalen Zeitalter liegen sie in Buchhandlungen aus: Werbekataloge, die das Lesepublikum über Neuerscheinungen und das lieferbare Programm eines Verlags informieren. Das Angebot allein sagt bereits viel über das werbende Unternehmen aus, Käuferansprache und Gestaltgebung ergänzen gezielt die Außenwirkung. Der vorliegende Beitrag stellt den ehemaligen Baden-Badener Herbert Stuffer Verlag anhand seines Prospektarchivs vor und zeigt, dass Verlagskataloge mehr als nur eine Produktpalette abbilden.
Die Familiengeschichte von Johann Gottfried Tulla umfasst einen Zeitraum vom Dreißigjährigen Krieg bis ins erste Drittel des 19. Jahrhundert und geht über sieben Generationen. Die Auswertung der Kirchenbücher zeigt nicht nur genealogische Daten, sondern auch das Leben der Menschen. Dies in Verbindung mit der Zeitgeschichte bringt uns die Familie Tulla näher – und
im zweiten Teil vor allem die Karlsruher Familie um den Ingenieur Johann Gottfried Tulla.
Wolterdingen - Breg-Brücke
(2021)
Wenn alle Genehmigungen beisammen, wenn alle Argumente ausgetauscht, wenn alle Diskussionen geführt sind, bleibt als ein letzter Versuch die Darstellung des bevorstehenden Verlustes – und die Hoffnung auf eine späte Korrektur getroffener Entscheidungen. »Technische Kulturdenkmale« haben es ohnehin nicht leicht, von der Öffentlichkeit wahrgenommen oder gar geschätzt zu werden. Zu sehr ist man in der Welt des Alltags mit dem steten Dies und Das beschäftigt und setzt das Funktionieren der Technik einfach voraus. Schlösser und Burgen werden in der Freizeit besucht, die Technik bleibt im Hintergrund – und wird auch an Sonn- und Feiertagen als Selbstverständlichkeit hingenommen. Dabei ist eine Maschine oder ein Bauwerk als Beispiel für eine Epoche der Technik aus der Sicht der Technikhistoriker oft ebenso interessant, wie es ein Schloss oder eine Burg für eine Epoche der Kunst- oder Landesgeschichte ist.
Die BBBank wurde am 12. November 1921 als Badische Beamten-Genossenschaftsbank eGmbH gegründet. Aus der Selbsthilfeeinrichtung für badische Beamte ist in hundert Jahren eine bundesweit erfolgreiche Privatkundenbank geworden. Durch die bewegte Geschichte ziehen sich Werte und Traditionen: So ist die BBBank bis heute die Hausbank für den öffentlichen Dienst und als Genossenschaft vor allem ihren Mitgliedern verpflichtet. Mit ihrer Zentrale in Karlsruhe ist die Bank zudem in Baden verwurzelt geblieben.
»Am Anfang war Napoleon.« Für die Markgrafschaft Baden galt das »allerdings in besonderem Maße«. »Über die historische Stunde des Napoleonzeitalters hinaus« schufen die Reformkräfte der Rheinbundzeit »ein funktionsfähiges und weit über ein Jahrhundert bestandskräftiges Staatswesen« (V. Rödel). Das Zeitalter Napoleons mag im »raschen Zuge vorübergerauscht«
sein, »aber die Grundlagen einer neuen gesellschaftlichen Ordnung und eines neuen Geistes blieben bestehen« (F. Schnabel, Die Geschichte des 19. Jahrhunderts).
Karl Reinfried kann als bedeutender Heimatforscher der Geschichte der Ortenau bezeichnet werden. Dies kommt durch seine annähernd 200 Publikationen zu den entsprechenden Themen zum Ausdruck. Nach seinem Tode griff beispielsweise Ernst Huber in seinem in der »Ortenau« veröffentlichten Beitrag auf die Forschungen von Reinfried zurück. Dies wird ebenfalls im folgenden Abschnitt dargestellt. Schließlich stehen die historischen Impulse Reinfrieds in Form seiner Publikationen in der »Ortenau« zur Erörterung an. In einer abschließenden Beurteilung soll analysiert werden, weshalb die heimatgeschichtlichen Publikationen Reinfrieds in der »Ortenau« auch heute noch von Bedeutung sind.
Ein Torfprofil vom Westabfall der Hornisgrinde im Nordschwarzwald mit Meesia triquetra Ångstr.
(2000)
Ein Bohrkern von 80 cm Länge aus einem Quellmoor vom Westrand des Nordschwarzwaldes östlich Sasbachwalden
wurde auf Pollen, Großreste mit Schwerpunkt auf den Moosen und einige chemische Parameter untersucht. Die Moose zeigen die Entwicklung von einem offenen Rasen mit Calliergon cuspidatum und Philonotis cf. fontana, in den noch oft grobes Material eingeschwemmt wurde, zu einem Sphagnum palustre-Rasen, der schließlich in einem Holcus lanatus-Bestand mit wenigen Moosen endet. Als Besonderheit findet sich im oberen Bereich des Profils Meesia triquetra, die bis 6 cm unter der Oberfläche nachgewiesen werden konnte und damit wohl an der Bohrstelle bis in dieses Jahrhundert hinein existierte. Die wichtigsten Begleiter sind die Sektion Subsecunda der Torfmoose und Tomenthypnum nitens. Das Profil begann nach der Datierung anhand der Pollen um Christi Geburt. Der Rückgang der Nutzung der Kastanie für Rebpfähle und der Gerbstoffgewinnung spiegelt sich in einem massiven Anstieg ihres Pollens wieder. Ebenso belegt wird die Zunahme der Kiefer in der Rheinebene und die Zunahme der Fichte auch in den tiefen Lagen.
Enthält: Die Geologisch-Mineralogische Abteilung (S. 33–39; Lászlo Trunkó, István Baranyi & Eberhard Frey), Die Botanische Abteilung (S. 40–44; Georg Philippi & Adam Hölzer), Die Entomologische Abteilung (S. 45–50; Fritz Brechtel), Die Zoologische Abteilung (S. 51–59; Ludwig Beck und Mitarbeiter), Die Museumspädagogik (S. 60–63; Monika Braun)
Wer signifikante Unterscheidungsmerkmale zwischen katholischem und evangelischem Kircheninnenbau aufzählen will, läuft schnell Gefahr, sich in einer Defizitliste zu verlieren: Kein Tabernakel, kein „ewiges Licht“, kein Klerikergestühl, keine Heiligenfiguren, keine Kommunionschranken und keine Beichtstühle in evangelischen Kirchengebäuden, jedenfalls solchen aus nachreformatorischer Zeit. Keine Beichtstühle? Von der Beichte wird so gelehrt, dass man in der Kirche die
privata absolutio beibehalten und nicht wegfallen lassen soll. Dementsprechend sind in evangelischen – in der Regel lutherischen – Kirchengebäuden noch vereinzelt historische Beichtstühle anzutreffen, so in Niebelsbach im Enzkreis (Beichtstuhl des 18. Jahrhunderts), um ein Beispiel aus Baden-Württemberg anzuführen, dem weitere aus anderen Kirchenregionen an die Seite gestellt werden können. Keine Kommunionschranken? Zwar bedürfen evangelische Kirchengebäude keiner Lettner, keiner Abschrankungen zwischen einem Bereich für den „Klerus“ und einem Bereich für das „Kirchenvolk“. Im Gegenteil: Das Grundprinzip des Priestertums aller Gläubigen kennt keinen Klerus im Sinne der Amtsvorstellungen der römisch-katholischen Kirche und dementsprechend keine Sonderbereiche im Kirchengebäude für „Geistliche“, auch wenn evangelische Pfarrer bis weit in das 20. Jahrhundert hinein als „Geistliche“ bezeichnet wurden, und dies ganz offiziell.
Gleichgültig, wen man als den wichtigsten Träger der Reformation bewertet, ob Fürstenreformation oder – wie G. D. Dickens es sehen wollte – die Glaubensneuerung als „urban event“, als Magistratsreformation, nie ist bezweifelt worden, dass zwischen ihr und der Intensivierung und Ausweitung der öffentlichen Gewalt ein enger Zusammenhang – genauer – eine Wechselwirkung – bestand: Auf der einen Seite die Schaffung eines lutherischen Kirchenregiments unter Nutzung des politischen Potentials, auf der anderen die Stabilisierung der politischen Macht durch das Obrigkeitsverständnis der Reformatoren; im Ergebnis: Der frühneuzeitliche Obrigkeitsstaat auf dem Fundament eines konfessionell homogenen Untertanenverbandes. Geradezu paradigmatisch wird dies in der Vorrede zur Großen Kirchenordnung des Herzogtums
Württemberg von 1559 zum Ausdruck gebracht: Wie wir uns dann vor Gott schuldig erkennen [… ] wie auch des Gott, der Allmechtig, in seinem gestrengen Urteil von uns erfordern würdet, vor allen dingen unser undergebne Landtschafft mit der reinen Leer des heiligen Evangelii, so den rechten friden des Gewissens bringt unnd die hailsame waid z(o)m ewigen Hail unnd Leben ist, versorgen.
Im Zug der Schulreform der 1860er Jahre erließ die Regierung des Großherzogtums Baden am 8. März 1868 ein Gesetz den Elementarunterricht betreffend, mit dem die freiwillige Vereinigung der örtlichen Konfessionsschulen zu konfessionell gemischten Gemeinschaftsschulen geregelt wurde. Die Schulreform wurde von den badischen Protestanten begrüßt, während der Freiburger Erzbischof sie mit seinen konservativen Gefolgsleuten, den „Ultramontanen“ bzw. „Klerikalen“ bekämpfte. Liberale Katholiken befürworteten die Reform. Leimen gehörte zu den ersten Gemeinden, die eine
Gemeinschaftsschule einführten. Hier waren die Umstände dafür besonders günstig. Seit 1837 war die politische Gemeinde von der vorgesetzten Behörde aufgefordert worden, das katholische Schulhaus neu zu bauen. Das gab 1841 den Anstoß zum Kauf des Seligmannschen Hauses, in dem a) sämmliche Schulen, b) die Lehrer mit ihren Wohnbedürfnissen und c) die Gemeinde mit Versammlungs-Zimmer und Registratur untergebracht wurden. Die Amtsräume der Gemeinde befanden sich hauptsächlich im Ostteil des ersten Stockes. Im Erdgeschoss fanden zwei Schulräume Platz und in den restlichen Räumen wurden Lehrerwohnungen eingerichtet. Das Zusammenleben von Lehrern und Schülern unter einem Dach hatte im Lauf der nächsten zweieinhalb Jahrzehnte offenbar zur Folge, dass gegenseitige konfessionelle Vorurteile abgebaut wurden.
Heidelberg war nach West-Berlin und Frankfurt am Main eines der größten Zentren der Studentenbewegung Ende des 1960er Jahre. Dies ist umso überraschender, da die Stadt mit damals knapp über hunderttausend Einwohnern sich von ihrer Größe her
weder mit Frankfurt noch gar mit Berlin vergleichen ließ. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnete Heidelberg 1968 gar als Brennpunkt der Studentenrevolte, die Neue Zürcher Zeitung sprach von einer Zitadelle des Aufruhrs. Dies hatte verschiedene Ursachen, eine davon war sicher die hohe US-amerikanische Militärpräsenz in Heidelberg und im nahe gelegenen Mannheim. Im Heidelberger Stadtteil Rohrbach befand sich über Jahrzehnte hinweg in der Campbell-Kaserne das US-amerikanische Hauptquartier für Europa USAREUR (United States Army Europe). Diese hohe militärische Präsenz von tausenden amerikanischer Soldaten auf dem Höhepunkt des Vietnam-Krieges inmitten einer Universitätsstadt führte zu einer enormen Politisierung der Heidelberger Studentenschaft.
Sich mit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zu beschäftigen bedeutet, eine „Geschichte, die noch qualmt“, zu betrachten, wie die Historikerin Barbara Tuchman einmal den Gegenstand der jüngsten Zeitgeschichte metaphorisch umschrieben hat.
Folgt man der klassischen Definition von Hans Rothfels, so umfasst die Zeitgeschichte jene Jahrzehnte, die von einer noch lebenden Generation von Zeitzeugen bewusst miterlebt und mitgestaltet worden ist. Danach sind wohl die meisten hier Anwesenden Zeitzeugen der Kirchengeschichte der 1990er Jahre. Die kirchliche Zeitgeschichte unterscheidet sich von der übrigen Kirchengeschichtsforschung u. a. durch den Zugriff auf eine besondere Quellengattung: die Auskünfte der Zeitzeugen. Durch Interviews können Detailinformationen, atmosphärische und biographische Hintergründe sowie zeitgenössische Deutungsmuster ermittelt werden. Die Kommunikation zwischen Zeitzeugen und Historikern bietet
viele Chancen, sofern die strukturell unterschiedlichen Rollen der beiden akzeptiert werden. Der Zeitzeuge gibt innerhalb seines partikularen Erfahrungshorizonts seine subjektive Wahrnehmung von zeitgeschichtlichen Ereignissen wieder. Während der Zeitzeuge Geschichte erinnert, will der Historiker sie erforschen. Gebunden an wissenschaftliche Standards und kontrolliert von einer Fachöffentlichkeit analysiert er auf einer breiten Quellenbasis multiperspektivisch historische Ereignisse, Strukturen und Prozesse. Die neunziger Jahre sind bislang von der kirchlichen Zeitgeschichtsforschung allenfalls gestreift worden. Grund hierfür ist die zumeist 30jährige Sperrfrist für kirchliche und staatliche Akten, die für diesen Zeitraum noch nicht abgelaufen ist. Dennoch lassen sich anhand publizierter Quellen erste geschichtswissenschaftliche Streifzüge durch dieses Jahrzehnt unternehmen.
Kaum war bei der Leipziger Herbstmesse im September 1522 Luthers „Neues Testament“ – ohne jeden Hinweis auf den Übersetzer – bei Melchior Lotter d. J. erschienen, ging man in Wittenberg wegen des reißenden Absatzes daran, einen zweiten verbesserten Druck zu publizieren, der noch im Dezember desselben Jahres erschien. Doch praktisch gleichzeitig lag auch schon der erste Nachdruck des Baseler Druckers Adam Petri vor: Er enthielt nicht nur den gesamten Text mit den Kommentaren Luthers; er war auch mit großen und kleineren Bildinitialen am Anfang der einzelnen Bücher sowie Initialen entsprechend der Septemberbibel ausgestattet. Damit wurde die Leistungsfähigkeit des Baseler Druckhauses beeindruckend bewiesen: über den Neusatz hinaus gelang es, aus dem Stand die Ausstattung des Druckes durch die von Holbein d. J. entworfenen Holzschnitte der Initialen künstlerisch zu verbessern, Lücken zu schließen und kleinere Unstimmigkeiten zu korrigieren; allerdings fehlten die Illustrationen der Apokalypse, die in der Septemberbibel durch Lucas Cranach gestaltet
worden waren. Insgesamt 12 weitere Nachdrucke erschienen im Folgejahr 1523, von denen nur je eine Ausgabe in Grimma und Leipzig nicht in Süddeutschland entstanden waren, wobei demgegenüber allein in Basel 7, in Augsburg weitere 3 Ausgaben verlegt wurden. 1523 kamen als süddeutsche Druckorte Straßburg und Nürnberg hinzu; 1524, im Jahr der größten Zahl paralleler Bibel(teil)ausgaben, sind in Norddeutschland außerhalb Wittenbergs (8 Ausgaben) nur noch in Erfurt und Leipzig je 1 Druck erschienen, demgegenüber im süddeutschen Raum 36 Ausgaben (Augsburg 8, Basel 9, Hagenau 1, Kolmar 1, Nürnberg 6, Straßburg 8, Zürich 3; zusätzlich o. O. 1).
Erhalten oder verändern?
(2018)
In den Jahren 2011/12 wurde im Zuge der Innenrenovierung der Friedenskirche von 1910 in Heidelberg-Handschuhsheim deren Innenraum umgestaltet: Eingebaut wurde eine große, unregelmäßige Stufenanlage aus weißem Stein, die bei Chorkonzerten durch zusätzliche Podeste aus Holz ausgeglichen und ergänzt werden muss. Nach der Umgestaltung folgen nun der alte Taufstein von 1910, ein moderner dunkler Altar aus Bronze, ein Ambo aus gleichem Material als Kanzel und die Orgelempore als Prinzipalien in einer Linie hintereinander. Auch der ursprüngliche Kirchenraum hatte in noch strengerer Weise eine Architekturkonzeption entsprechend dem sogenannten Wiesbadener Programm von 1891/92 aufgewiesen. Die jetzige Neugestaltung war auf der einen Seite innerhalb der Kirchengemeinde sehr umstritten, wurde andererseits aber mit zwei Architekturpreisen ausgezeichnet. ‒ Die noch konsequenter nach dem Wiesbadener Programm im Jugendstil erbaute Lutherkirche von 1907 in der Karlsruher Oststadt wurde von April 2017 bis zum Sommer 2018 ebenfalls renoviert, richtiger: saniert, jedoch nicht umgestaltet, sondern in ihrer ursprünglichen Raumgestaltung erhalten. Die „Innneraumsanierung“
wurde durch die Denkmalstiftung Baden-Württemberg finanziell gefördert.
Das Großbottwarer Rathaus
(2020)
Wann aus dem Dorf »Bodebura«, nördlich der Martinskirche und westlich der Kleinen Bottwar gelegen, die Stadt »Bothebur«, später »Botwar« genannt, wurde, wissen wir nicht genau. Es gibt keine Gründungsurkunde, aber ein paar Anhaltspunkte. Wir können davon ausgehen, dass es sich um eine geplante Neugründung einer Stadt handelt, östlich neben dem alten Dorf gelegen. Und dass diese Stadt, vermutlich von Albrecht von Lichtenberg gegründet, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden ist. Dies lässt sich aus dem Vergleich von zwei Urkunden erschließen: 1247 bestätigt Papst Innozenz IV. dem Kloster in Oberstenfeld die Schenkung eines Grundstückes in »Villa de Botebor«, also im Dorf Bottwar, und 32 Jahre später erhält das Stift Oberstenfeld in einer Jahrzeitstiftung Grundstücke »juxta muros civitatis Bothebur«, also neben den Mauern der Stadt Bottwar.
Im Gegensatz zu manch großem städtischen Gottesacker ist den Dorf- und Kleinstadtfriedhöfen oft nicht viel mehr als eine Randnotiz der Ortschronik gewidmet. Dabei bietet das Friedhofs- und Bestattungswesen auch für kleinere Kommunen unter ortstopographischen, denkmalpflegerischen und personengeschichtlichen Aspekte durchaus bemerkenswerte Forschungsansätze. Für die Stadt Ditzingen gibt der vorliegende Aufsatz eine erste Bestandsaufnahme, mit einer knappen Rückschau auf die vor- und frühgeschichtliche Fundsituation und einer ausführlicheren Einführung in die neuzeitliche Friedhofsgeschichte der Ortsteile.
Ludwigsburg geht baden
(2020)
»Hoher Adel! werthes Publikum! Subsignierter ladet nun Sie aufs freundlichste zum Baden ein. Auf den Wiesen, die er nun gepachtet, Führen Treppen in den Neckar ein; Es sind Müh und Kosten nicht geachtet! Auch 5 Häuschen, ganz bequem und rein, Stehen grün bedeckt zu jeder Zeit Jedem Badelustigen bereit. Nebst dem wartet auf mit Trank und Speiß Und empfiehlt sich bestens Philipp Heuß.« Mit diesem entwaffnend holprigen Gedicht machte der Wirt des auf der Hohenecker Neckarseite gelegenen Brückenhauses am 4. Juni 1822 im »Ludwigsburger Wochenblatt« auf die Eröffnung seiner Badeanstalt aufmerksam. Vermutlich hat der interessierte Leser von 1822 den Inhalt des Gedichtes mit Freude zur Kenntnis genommen, erwartete ihn doch im kommenden Sommer ein erfrischendes Bad im Neckar. Uns Lesern von heute bleibt allerdings einiges an der gereimten Anzeige unklar.
Die Taxordnung von 1669
(2020)
1669 erließ die Stadt Marbach eine Taxordnung, die Anfang 1670, also vor 350 Jahren, der Bürgerschaft durch Verlesen kundgetan wurde. Das Schriftstück hat sich glücklicherweise trotz des Stadtbrandes 1693 bis heute erhalten. Tax ist ein anderes Wort für Gebühren oder Steuern, das heißt, in der Taxordnung wurden für Waren und Dienstleistungen sowohl Preise und Löhne als auch Abgaben festgelegt. Wie war die Situation in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts? Besonders
traumatisch war der Dreißigjährige Krieg, der Württemberg besonders stark zerstört hatte. Nach dem Friedensschluss im Jahr 1648 konnte endlich der Wiederaufbau beginnen und die Einwohnerzahl nahm langsam wieder zu. Ein Großteil der Felder und Weinberge lag brach, viele Gebäude waren zerstört und die Finanzkraft der einst blühenden Wirtschaft war für lange Zeit geschwächt. Die Kriegshandlungen, Hunger und Seuchen hatten die Bevölkerung stark dezimiert.
Im Mittelalter wurden von Klerus, Klöstern und Bruderschaften Mitgliederlisten geführt, die als Anfänge kirchlicher Register gelten können, wenngleich sie aus verschiedenen Motiven heraus entstanden sind. Die im 14. Jahrhundert in Frankreich und Italien erstellten Taufmatrikeln sind allerdings als Beginn einer Kirchenbuchführung anzusehen. Für den deutschen Sprachraum gelten die im späten 15. Jahrhundert angelegten Taufregister von St. Theodor in Basel (1490), Annaberg in Sachsen (1498) und Augsburg (1504) als ein solcher vorreformatorischer Ansatz der Kirchenbuchführung. Ebenso bilden Memorial- und Totenbücher, die Verstorbene aufführen, eine Form von Kasualregistern, wie z. B. die seit der Mitte des 15. Jahrhunderts geführten Nürnberger Totengeläutbücher (von St. Sebald 1439–1572, St. Lorenz 1454–1515). Sie beruhten jedoch auf ortskirchlichem Recht, und ein geordnetes Kirchenbuchwesen kam trotz der Versuche mehrerer Teilsynoden nicht zu Stande.
Am 21. November 1808 fand in Heidelberg eine Feier zur Vereinigung zweier bis dahin bestehender Gymnasien, des reformierten und des katholischen Gymnasiums, und damit die Eröffnung eines neuen Großherzoglichen Gymnasiums statt. Aus diesem Anlass hielt als Mitglied der über ein Jahr vorher innerhalb des badischen Innenministeriums konstituierten „Generalstudienkommission zur Vereinheitlichung des konfessionell gegliederten höheren badischen Schulwesens“ der Reformierte Johann Ludwig Ewald eine Rede. In Erinnerung an das 1546 gegründete erste reformierte Gymnasium illustre in Heidelberg gab die Nachfolgeschule, das Kurfürst-Friedrich-Gymnasium, 1996 zum
450jährigen Jubiläum der Gründung eine umfangreiche Festschrift heraus, in der sich allerdings nur ein Aufsatz mit der Schulgeschichte beschäftigt. Aus den ersten zwei Jahrzehnten der Schulgeschichte gibt es acht Quellenschriften, welche für das Aufsatzthema relevant sind. Überwiegend handelt es sich um Gelegenheitsschriften geringen Umfangs; von ihnen beleuchten sechs ausschließlich die Heidelberger Schulsituation und deren Bildungsziele. Die ersten vier dieser Quellen wurden bisher in der Literatur nicht berücksichtigt. Daher erscheint dieser Aufsatz gerechtfertigt.
Die Geschichte der evangelischen Gottesdienste und der evangelischen Gemeinde in Neuenheim reicht deutlich weiter zurück als die der 1902 errichteten Johanneskirche. 1556 wurde wie in der übrigen Kurpfalz auch in Neuheim eine neue reformatorische Kirchenordnung verbindlich eingeführt. Die Gemeinde wurde von Heidelberg aus gottesdienstlich und seelsorgerlich bedient. 1573 ist erstmals ein eigener Pfarrer für Neuenheim erwähnt. Nach dem 30jährigen Krieg wurde die Gemeinde von Handschuhsheim aus versorgt, zwischen 1737 und 1808 von den Senioren des Sapienz-Kollegs,
gewissermaßen eines theologischen Studienhauses, betreut, von 1808 bis 1834 von Ziegelhausen. 1821 schloss sich auch in Neuenheim die reformierte Gemeinde mit der kleinen lutherischen zur unierten Kirchengemeinde Neuenheim zusammen, die Filiale von Ziegelhausen blieb. Von 1834 bis 1867 war Neuenheim wieder Filialgemeinde von Handschuhsheim. 1867 wurde in Neuenheim eine selbstständige Pfarrei begründet, behielt jedoch bis 1918 mit Handschuhsheim eine gemeinsame Vikarsstelle. Als Vikar war 1865 der Bauernsohn (Karl) Robert Schneider (*1839 in Oberweiler) nach Neuenheim gekommen, er wurde dann auch der erste Pfarrer der Gemeinde, in der er dann bis zu seinem Tod 1913 bleiben sollte. Das Pfarrhaus befand sich in der Bergstraße 7. 1929/30 konnte das Gemeindehaus in der Lutherstraße errichtet werden, in dem sich außer den Gemeindesälen und einem Zimmer für eine Krankenschwester auch eine Pfarrwohnung befand.
„Semper Apertus“
(2012)
On 5 August 1947, two years after the occupying American army had shut it down, the University of Heidelberg recognized Prälat Hermann Ludwig Maas (1877–1970) on his seventieth birthday with a doctorate honoris causa. The document which the Rektor, Prof. Hans Freiherr von Campenhausen, presented to Maas supported the honor with half a dozen reasons why he was worthy of the title Doktor, but the laudatio made no mention of the university’s debt to Hermann Maas that arose in the summer of 1945. Years later, when Maas was a walking, living legend in his own city, the popular press remembered that Maas and members of the Theological Faculty taught uninterruptedly during the Summer Semester of 1945 while other faculties
slumbered. Maas and his colleagues helped the university live up to its heralded motto: semper apertus.
Als „Zeitzeuge“ soll ich erzählen, wie ich die Kriegs- und Nachkriegszeit und die Kirche in dieser Zeit erlebt habe. Ich will es versuchen. Es ist allerdings für mich gewöhnungsbedürftig, Zeitzeuge für Nachgeborene zu sein. Es ist ein deutliches
Zeichen des Alters! Allzu viel darf man von mir nicht erwarten, wenn es um die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegszeit geht. Ich bin 1934 in Freiburg geboren und in Lahr in einem kleinbürgerlichen Elternhaus aufgewachsen. Am Kriegsende war ich 11 Jahre, gehöre also zu der bevorzugten Generation, die am Kriegsgeschehen nicht mehr aktiv beteiligt war. Es sind darum nur Kindheitserinnerungen, die ich aus der Kriegszeit weitergeben kann. Auch in den ersten Jahren der Nachkriegszeit war ich noch ein Junge, dann Heranwachsender, der allerdings in der kirchlichen Jugendarbeit, vor allem durch die Schülerarbeit, als Jugendleiter und als Helfer im Kindergottesdienst entscheidend geprägt worden ist und intensive Erfahrungen mit Kirche gemacht hat. Als ich 1953 mit dem Theologiestudium begonnen habe, waren immer noch Nachwirkungen des Krieges zu spüren. Man freute sich, wenn man am Studienort ein nahrhaftes Paket von zu Hause bekommen hat. Man begegnete noch Kommilitonen, die spät aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden waren oder als Flakhelfer die letzte Kriegszeit erlebt und in dieser Zeit sich dann für den Beruf des Pfarrers entschieden hatten. In die Studienzeit fallen auch die ersten Begegnungen mit der Landeskirche – durch den damaligen Ausbildungsreferenten Heidland, später mit Oberkirchenrat Hof.
Etwas Romantik klingt im Titel an, aber es geht hier nicht darum die Vergangenheit zu verklären sondern wir versuchen ein Licht zu werfen auf die tief greifende Veränderung und Verwandlung der religiösen Landschaft in Deutschland, die man Reformation nennt und deren Nachwirkung und Folge es ist, dass es hier im Kraichgau evangelische Gemeinden bis heute gibt.
Wer sich diesem Thema widmet, muss bei David Chyträus – eigentlich David Kochhaf – beginnen, einem Pfarrersohn aus Menzingen. Chyträus besuchte die Lateinschule in Gemmingen, studierte Theologie in Wittenberg, wurde dort von Melanchthon gefördert und schließlich zum Professor in Rostock berufen. In seiner berühmten Rede de Craichgoia von 1558 hat er ein Loblied auf den Kraichgau gesungen, zu einer Zeit, in der noch alles in Blüte stand und jene furchtbaren Kriege und
Verwüstungen noch fern waren.
Melanchthonstraße Nr. 1
(2003)
Die Brettener Altstadt ist nicht eben arm an sehenswerten baulichen Zeugnissen der Geschichte. Der Pfeiferturm und der Simmelturm der mittelalterlichen Stadtbefestigung sind hier zu nennen, ferner die aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer Burg der Kraichgau-Grafen entstandene Stiftskirche, das aus dem späten 16. Jahrhundert stammende Gerberhaus und die Fachwerkhäuser auf der Marktplatz-Nordseite, die ebenso wie der stattliche „Schweizer Hof" in der Fußgängerzone aus der Wiederaufbauära nach dem Stadtbrand des Jahres 1689 stammen. Demgegenüber nimmt sich das erst zwischen 1897 - dem
400. Geburtstag Philipp Melanchthons - und 1903 in historisierendem Stil errichtete Melanchthon-Gedächtnishaus vergleichsweise jung aus.
Vier Generationen lang stellte ausschließlich die Familie Müller die Lehrer in
Truchtelfingen. Vor dieser Zeit liegt das örtliche Schulwesen völlig im Dunkeln. Selbst die weit zurückreichenden Kirchenbücher helfen nicht weiter.
Mitte des 16. Jahrhunderts ist der früheste planmäßige Unterrichtsbetrieb im
Orte anzunehmen analog der allgemeinen Schulentwicklung im Lande. Durch
den nachmaligen Dekan in Herrenberg wissen wir, dass eine Schule in Truchtelfingen jedenfalls im Jahr 1653 bereits bestanden hatte [1]
. Weitere Aufhellung
bringt ein Brief aus dem Jahre 1718. Der damalige Schreiber, M. Julius Nördlinger, Pfarrer in Tailfingen, berichtet über äußerst ungute Truchtelfinger
Schulverhältnisse. Die Kinder seien durch die beiden Lehrer äußerst unbefriedigend unterrichtet worden [2].
Wie ein Rund umgibt die Eppinger
Altstadt den Kirchhügel, auf dem sich
die Stadtpfarrkirche „Unsere Lieben
Frau“ erhebt. Obwohl immer wieder
Brände die Stadt heimgesucht haben,
sind die mittelalterlichen Straßenführungen bis heute weitgehend erhalten.
Dieser Beitrag, der ursprünglich als Vortrag gehalten wurde, beschäftigt sich
mit der wechselvollen Geschichte der
Bebauung auf und um den Kirchhügel
sowie mit der Funktion von Gebäuden,
soweit mir davon Nachrichten zugänglich waren. Bei der Bemühung von
Originalquellen stößt man immer wieder
auf Überraschungen, und man wird
gezwungen, liebgewonnene bisherige
Auffassungen in Frage zu stellen. Viele
Fragen können auch nicht endgültig
beantwortet werden.
Eine der bedeutendsten Familien in
Eppingen im 17. und 18. Jahrhundert
waren die Gugenmus. Als Ratsherren,
Kirchenälteste, Kollektoren der geistlichen Güterverwaltung, Stadtschultheißen oder gar als Lehnsmann der
Grafen von Öttingen für das in Eppinger
Besitz befindliche Dorf Mühlbach hatten
sie über mehr als ein Jahrhundert
großen Einfluss auf die städtische Politik. Noch heute erinnern Inschriften an
einigen Gebäuden an sie. Zwar wurden
die Gugenmus in der bisherigen Literatur über Eppingen immer wieder einmal
in unterschiedlichen Zusammenhängen
erwähnt, aber bis heute gibt es noch
keine umfangreichere monographische
Abhandlung über dieses Geschlecht.
Lediglich ein kleiner Aufsatz mit genealogischem Schwerpunkt über sie ist
bisher in der von der Stadt Bretten herausgegebenen Festschrift zum 90.
Geburtstag des Heimatforschers und
Genealogen Otto Bickel1 erschienen,
und zwar deshalb in Bretten, weil man
sich dort heute noch an Johann
Stephan Gugenmus, den dort geborenen Reformer der pfälzischen Landwirtschaft, erinnert.
Die südlich von Ravensburg gelegene ehemalige Prämonstratenserabtei Weißenau
beherbergt heute eine Einrichtung des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg.
Zu der erstaunenswert gut erhaltenen barocken Klosteranlage gehörte einst ein Sommersitz der Äbte, der sogenannte Rahlenhof, der sich in Sichtweite der Abtei auf einer kleinen Anhöhe über dem Schussental erhebt. Das beträchtliche Alter der Hofstelle, die 1145
mit dem Namen »Herwigesruti« erstmals ins Licht der Geschichte rückt, ist eng mit der
Gründung des Klosters verknüpft, das eine Dotation des welfischen Ministerialen Gebizo des Reichen von Peißenberg-Ravensburg war. Der Lehenbauer und Anführer eines
bewaffneten Haufens im Bauernkrieg, namens Stefan Rahl, gab dem Hof schließlich ab
1525 den zweiten, bis heute offiziell gültigen Namen [1]
. Passiert man das Schussental, so
erregt ein auf halber Anhöhe gelegener barocker schlossartiger Komplex die Aufmerksamkeit des Betrachters, der in den letzten Jahrzehnten von den Tangenten zweier Umgehungsstraßen in die Zange genommen worden ist. Momentan beherbergt das
Schlössle das Berufsbildungswerke Adolf Aich, während im nördlichen Bereich ein Demeter-Hof das übrige Gelände bewirtschaftet.
Zur Erschließung der Alpen für den Gebirgstourismus haben der Deutsche und
Österreichische Alpenverein seit den 1870er-Jahren eine Vorreiterrolle übernommen.
Was ursprünglich von einem kleinen Kreis von Bergbegeisterten mit bescheidensten Anfängen zur »leichteren Bereisbarkeit« des Gebirges angestrebt wurde, entwickelte sich in
den Ostalpen zu einem Netz von rund 55.000 Kilometern Bergwanderwegen. [1]
Bei einem
solchen Gesamtumfang in einem Gebiet von ca. 45.000 Quadratkilometern ist es allerdings kaum mehr möglich, die Entwicklungsgeschichte der Alpenvereinswege von den
Anfängen bis zur Gegenwart in einem gerafften Überblick hinreichend zu konkretisieren. Im Rückblick auf die vergangenen eineinhalb Jahrhunderte ist es schwierig genug,
den wechselnden Einflüssen und Anforderungen im Rahmen der verkehrsgeschichtlichen und touristischen Gesamtentwicklung die nötige Beachtung zu schenken. Am Beispiel Vorarlberg bietet der alpine Bodenseeraum dennoch günstige Voraussetzungen,
sich mit der facettenreichen Geschichte der Alpenvereinswege von den Anfängen
bis zur Gegenwart näher zu befassen. In diesem am leichtesten überschaubaren
Gebirgsland der Ostalpen lässt sich zugleich ein bis in die Gründungszeit des Alpenvereins
zurückreichendes Zusammenwirken von österreichischen und deutschen Sektionen
verfolgen.
Bei meinem Heiligenberg-Aufenthalt im Herbst 2009 kam ich mit jüngeren Menschen ins Gespräch, die schon seit vielen Jahren in Heiligenberg wohnen: Sie waren gut
informiert über die Geschichte Heiligenbergs, jedoch von der früheren Existenz des
Heiligenberg-Instituts hatten sie keine Kenntnis. Diese Unkenntnis ist natürlich nicht
verwunderlich, liegt doch das Ende der Instituts-Zeit bereits 40 Jahre zurück. Die nur 26
Jahre währende Geschichte des Instituts konnte sicherlich auch keine Verankerung im
kollektiven Gedächtnis Heiligenbergs bewirken. Außerdem weist nichts mehr auf die
frühere Existenz des Instituts hin, keinerlei Spuren, kein Hinweisschild, nichts. Dennoch
war ich im Moment bestürzt darüber, dass diese für meine Kindheit und frühe Jugend so
bedeutsame vitale Welt des Institutes in Vergessenheit geraten war. So kam ich zu dem
spontanen Entschluss, diese versunkene Welt wenigstens auf dem Papier zu erhalten.
»Im Schatten der mächtigen Twielfestung« – so charakterisierte der Burgenforscher
Arthur Hauptmann die Situation der kleinen, im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Ruine
Staufen bei Hilzingen unweit des Hohentwiel. [1]
Die wenig spektakuläre Lage auf einer
flach ansteigenden Phonolithkuppe, der geringe Umfang der Burg und die nur wenigen
erhaltenen Reste ließen die Burg in der Forschung im Vergleich zu den bekannten Hegauburgen ins Hintertreffen geraten. Hingegen sind von der Burg relativ viele historische
Ansichten bekannt, vor allem als Beiwerk auf Darstellungen des Hohentwiel, so dass für
Rekonstruktionsversuche eine verlockende Quellenbasis besteht. Die Voraussetzung für
jeden Wiederherstellungsversuch ist allerdings ein aussagekräftiger Grundriss, der von
der Burg Staufen bislang, im Unterschied zu fast allen Burgen der Umgebung, nicht existierte. Mit dieser Darstellung wird erstmals ein maßstäblicher Grundriss der Burgruine
vorgelegt und in einem neuen Rekonstruktionsversuch ein verändertes Bild dieser Burg
präsentiert. Dabei zeigt sich, dass die Burg Staufen einst einen deutlich mächtigeren Eindruck erweckt haben muss, als es bisherige Rekonstruktionsversuche nahelegten.
Der Verkehr über die Rätischen Alpen war in den längsten Zeiten seiner Geschichte
überwiegend ein Verkehr von Fußgängern. Diese haben im Bereich der vorgeschichtlichen Urpfade allerdings nur bescheidene Spuren hinterlassen. Das änderte sich nach
dem Entstehen der römischen Provinz Rätien, als schon aus militärischem Interesse auf
sichere Alpenübergänge Wert gelegt wurde. Je häufiger zum Überqueren des Gebirges
Reit- und Saumtiere zum Einsatz kamen, desto höhere Anforderungen waren an die
Wegverhältnisse sowie an geeignete Rast- und Pferdewechselstationen zu stellen.
Solchen Bedürfnissen entsprach zwischen der Via Claudia Augusta durch den Tiroler Alpenraum und dem Großen St. Bernhard lange Zeit vor allem die Septimer/Julier-Verbindung im Übergangsgebiet von Ost- und Westalpen. In diesem zentralen Bereich
des Alpenbogens ließ sich das Gebirge zwischen Mailand und Augsburg auf kürzestem
Wege mit nur einmaligem größerem Auf- und Abstieg überqueren. Zudem ließen sich
gefährliche Schluchtstrecken verhältnismäßig leicht umgehen.
Der heutige Bodensee ist im Zusammenhang mit dem Abschmelzen der Eiszeitgletscher entstanden. Vor 24 000 Jahren, im Maximum der letzten Eiszeit, erfüllte der bis
1200 m mächtige Rhein-Vorlandgletscher den gesamten Bodenseeraum zwischen Isny
und Schaffhausen. Im Bodenseegebiet und im Rheintal schürfte der Gletscher den Felsboden bis unter den Meeresspiegel aus, fortsetzend, was die Eisströme früherer Eiszeiten begonnen hatten.
Während dem ersten bedeutenden Rückschmelz-Stadial von Stein am Rhein vor
19000 Jahren entstand in einem eisfrei gewordenen Zungenbecken bei Hemishofen als
kleiner Zungenbeckensee der Ur-Bodensee. Dem weiter zurückweichenden Rheingletscher folgte in direktem Kontakt der laufend ausgedehnter werdende See. Ein weiterer
bedeutender Rückschmelzhalt stellte sich vor 18000 Jahren bei Konstanz ein. Hier sind
die Frontmoränen und ihr Vorfeld für die Seeteilung in Obersee und Untersee verantwortlich.
Im Obersee und anschliessend im Rheintal erfolgte das Abschmelzen sehr rasch.
Um 16 500 v.h. war das Alpenrheintal bis Reichenau westlich Chur eisfrei und wurde vom
Bodensee eingenommen. Dieser erreichte damit seine grösste Ausdehnung mit mehr als
der doppelten Fläche gegenüber heute.
Von den abtauenden Gletschern hinterlassener Schutt wurde von den Fliessgewässern
in gewaltigen Mengen in den Riesensee verfrachtet, insbesondere weil damals eine
vor Erosion schützende Vegetationsdecke noch weitgehend fehlte. Bereits um 16 000
trennte der Ill-Schuttfächer einen Rheintalsee vom Bodensee ab. Ähnliches vollbrachten
Landquart und Seez kurz danach, sodass sich um 15 000 eine Phase mit vier Seen im
Rheintal-Seezgebiet einstellte: Bodensee, Rheintalsee, Churer See, Walensee. Die Rheintalseen
wurden bis 8000 v.h. vollständig zugeschüttet. Einzig der Walensee überdauerte
dank grosser Tiefe bis heute sowie, nicht zu vergessen, der Bodensee.
Bis zur Römerzeit hatte sich die Rheintalebene bis Rheineck (Ad Rhenum) –
Höchst – Bregenz (Brigantium) vorgeschoben. Seither entstanden zuerst das Rohrspitz-Delta, ab 900 n.Chr. dasjenige des Rheinspitz bei Altenrhein. Der im Jahr 1900 mit dem
Fussacher Durchstich direkt in den Bodensee geleitete Rhein begann umgehend in der
untiefen Bucht ein neues Delta zu bilden. Um die Verlandung zu verhindern, wurden
die Rheindämme um die jüngste Jahrhundertwende bis zum Abfall in das tiefe, zentrale
Seebecken vorgebaut.
Trotzdem geht die Zuschüttung des Bodensees unaufhaltsam weiter. Gemäss
groben Berechnungen dauert es mindestens 40 000 Jahre bis der Obersee bis Konstanz
verfüllt sein wird. Zudem muss parallel zur Aufschüttung das gesamte Rheintal um rund
70 m aufgelandet werden, damit der Rhein bis Konstanz fliessen kann.
Die Schlussgedanken zur Zukunft des Bodensees betreffen zwei gegensätzliche
Visionen:
1. Es geht gemäss der Periodizität der Eiszeiten einer nächsten Grossvergletscherung
entgegen. In diesem Fall wird der Bodensee durch den Rhein-Vorlandgletscher ausgelöscht.
2. Umgekehrt wird bei weiterer Klimaerwärmung um prognostizierte 4 °C keine
Eiszeit mehr eintreten, was dann zur vollständigen Verfüllung des Bodensees führen
wird.