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Im Rahmen der Pflichtexemplargesetzgebung für das Land Baden-Württemberg sind Publikationen aus Baden-Württemberg ablieferungspflichtig. Die BLB und die WLB sammeln und erschließen die in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erscheinenden Publikationen. Die BLB ist verantwortlich für die Regierungsbezirke Karlsruhe und Freiburg, die WLB ist verantwortlich für die Regierungsbezirke Stuttgart und Tübingen.
Aus der Ablieferungspflicht ergibt sich der Auftrag, die abgelieferten und in den Bestand aufgenommenen Publikationen dauerhaft zu erhalten. Die Erhaltungsverpflichtung wird in Feld 4233 der Verbunddatenbank eingetragen. Damit ist der überregionale Nachweis der jeweiligen Publikation als Pflicht=Archivexemplar verbunden. Dieser Kennzeichnungspflicht kommen seit dem Zugangsjahr 2020 bundesweit alle regionalen Pflichtexemplarbibliotheken laufend nach. Die retrospektive Erfassung ist in den einzelnen Bundesländern aufgrund technischer bzw. organisatorischer Umstände noch unterschiedlich weit vorangeschritten. Ziel ist die für eine kooperative Bestandserhaltung unerlässliche Kennzeichnung des Pflichtexemplars als des bundesweit auf verteilter Rechtsgrundlage abrufbaren Archivexemplars.
250 Jahre öffentlich
(2021)
Im Januar 1771 öffnete unsere Bibliothek mit einem Angebot von ca. 11.000 Bänden ihre Türen für die Allgemeinheit. Aus Anlass dieses Jubiläums zeichnen wir aus, was Sinn und Zweck unserer Institution ist: die Nutzung durch die Öffentlichkeit. Für die Badische Landesbibliothek ist das ein besonderes Datum, denn für unsere mehr als 500 Jahre alte Bibliothek gab es
anders als für andere Landes- und Universitätsbibliotheken keinen eigentlichen Gründungsakt, dessen Jubiläum wir in Abständen begehen könnten. Es ist schon seltsam: Mit Ausnahme der ersten Monate nach dem 3. September 1942, als die Bibliothek nach einem Bombenangriff dem Erdboden gleichgemacht und ihr Bestand zu 98 % vernichtet war, ist die Badische
Landesbibliothek in diesen 250 Jahren niemals irregulär geschlossen gewesen. Vor diesem historischen Horizont lässt sich ermessen, was es für sie bedeutet, der Öffentlichkeit aufgrund der Corona-Pandemie im Jubiläumsjahr ihre Dienste so weitgehend versagen zu müssen. Am 31. Dezember 1770 erließ Markgraf Karl Friedrich von Baden (Abb. 1)
für seine Hofbibliothek im Karlsruher Schloss eine erste Benutzungsordnung. 1765 hatte er die Bücher der ehemals Baden-Durlachischen Hofbibliothek in ein gerade fertiggestelltes Nebengebäude des Karlsruher Schlosses bringen lassen. Als er 1771 die Markgrafschaft Baden-Baden erbte, holte er auch die Bücher der Rastatter Hofbibliothek nach Karlsruhe.
Der gemeinsame Bestand wurde auf 20.000 Bände geschätzt, das war für die damalige Zeit recht ansehnlich. Als aufgeklärter Landesherr förderte Karl Friedrich Bildung, Kultur und Wissenschaft in besonderem Maße.
Recherche nach NS-Raubgut im Zeitschriftenzugang der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe 1942–1945
(2021)
Die Badische Landesbibliothek als eine der größten Regionalbibliotheken Deutschlands war während der Zeit des Nationalsozialismus, wie andere Kulturgut verwahrende Institutionen auch, in die staatlichen Strukturen zur Verwertung beschlagnahmter Kulturgüter aus jüdischem Vermögen eingebunden und profitierte davon. Bibliotheksdirektor Dr. Friedrich Lautenschlager wurde vom Generalbevollmächtigen für den Landeskommissarbezirk Karlsruhe zum Sachverständigen für die Begutachtung beschlagnahmter Sammlungen ernannt und begutachtete mehrere Bibliotheken, darunter auch die seines Amtsvorgängers Dr. Ferdinand Rieser, der aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 entlassen worden war. Mit der Zerstörung des Bibliotheksgebäudes am 3. September 1942 wurden sowohl die Bestände als auch das Verwaltungsschriftgut der Badischen Landesbibliothek vernichtet. Nur wenige im Luftschutzkeller gelagerte oder während des Bombenangriffs entliehene Druckschriftenbände und die bereits 1939 ausgelagerten Zimelien (Handschriften, Inkunabeln und rarifizierte Frühdrucke) überstanden dieses Ereignis unversehrt. Nach dem Bombenangriff wurde der Bestand mit Unterstützung durch die zuständigen Reichsbehörden rasch wiederaufgebaut. Buchhandel und Antiquariate, Behörden und Organisationen sowie private Verkäufer und Schenker boten der Bibliothek Bücher zum Wiederaufbau an. Heute noch vorhandenes NS-Raubgut befindet sich in diesen neu aufgebauten Beständen. Während des Jahres 2020 wurden die Zeitschriftenbestände ZA/ZB/ZC (allgemeiner Zugang) und OZA/OZB/OZC (Spezialbestand Oberrhein) systematisch auf NS-Raubgut bzw. verdächtige Provenienzen hin untersucht. Die Recherche begann mit der Auswertung der Steilkartei (Standortkatalog der Zeitschriften) und dem Abgleich der daraus ermittelten Daten mit den Zugangsjournalen und dem aktuellen Katalog für die Zugänge der Jahre 1942–1945. Im Anschluss wurden die ermittelten Zeitschriftenbestände per Autopsie untersucht. Die vorhandenen Provenienzmerkmale wurden aufgenommen und entsprechend dem Leitfaden für die Ermittlung von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut in Bibliotheken nach sechs Verdachtskategorien klassifiziert. Für die untersuchten 8.412 Bände ergab sich folgende Bilanz: 34,5 % der überprüften Bände sind als unbedenklich einzustufen. 64,4 % der Bände sind hinsichtlich ihrer Provenienz unspezifisch. Lediglich 1,1 % der Bände wurden mit NS-Raubgutverdacht klassifiziert und nur ein Band wurde als NS-Raubgut gesichert.
Die Regionalbibliotheken Deutschlands sind ein wichtiger
Akteur bei der Sicherung der textlichen Überlieferung. Sie haben sich daher dazu
verpflichtet, Bestandserhaltungsmaßnahmen und Archivierungsgarantien zu
übernehmen und in den Verbundsystemen zu dokumentieren. Dies erfolgt, nach
den Vorgaben eines neuen Datenmodells, im Feld 4233 des PICA-Internformats
bzw. im Feld 583 des MARC-Austauschformats. Die Badische Landesbibliothek
berichtet in diesem Aufsatz über erste Anwendungen bei der Massenentsäuerung regionaler Literatur, bei der Kennzeichnung physischer und elektronischer
Pflichtexemplare und bei der digitalen Langzeitarchivierung.
Seit Beginn ihrer Digitalisierung 2010 liegt ein Fokus der
Badischen Landesbibliothek auf regionalen Beständen aus und zu Baden. Unter
diesen finden sich auch Reisebeschreibungen und Bildbände aus dem 19. Jahrhundert
mit zahlreichen Ansichten von Städten, Landschaften, Kirchen, Burgen,
Plätzen und weiteren Baudenkmälern aus dem Oberrheingebiet sowie wissenschaftliche
Literatur zum Rhein. Die Abbildungen werden mit angereicherten
Normdaten verknüpft und mittels Zuweisung der entsprechenden Koordinaten
auf einer Landkarte verortet. Dadurch kann die Badische Landesbibliothek ihren
speziell an Bildzeugnissen interessierten Nutzerinnen und Nutzern verschiedene
Rechercheeinstiege anbieten: Zugriff auf die einzelnen Abbildungen bieten ein
alphabetisches Ortsnamenregister, ein Suchschlitz oder die Verortung auf einer
Landkarte.
Nadeln im Heuhaufen
(2020)
Musikalien, insbesondere die für Aufführungen notwendigen Stimmen, waren in der
Vergangenheit in erster Linie Gebrauchsgegenstände, die nach ihrer praktischen Verwendung vielfach als nicht sammel- oder archivwürdig angesehen, sondern oft makuliert oder ganz vernichtet wurden. Anders verhielt es sich mit den Libretti: Sie waren
Sammelobjekte von Privatleuten, fanden aber auch Eingang in höfische Bibliotheken.
Häufig sind schon Einzelexemplare prachtvoll und aufwendig gebunden, nicht selten
aber in Sammelbänden buchbinderisch zusammengefasst.
Der Verlust von fast allen musikalischen Quellen ist für den Fall der Hofmusik in
Rastatt zu beklagen. Nach der Zerstörung Baden-Badens im Pfälzischen Erbfolgekrieg
hatte Markgraf Ludwig Wilhelm hier ein neues Schloss errichten lassen. Mit dem
Rastatter Frieden von 1715 entfaltete sich in der Folge das höfische Leben, zu dem auch
eine bedeutende Hofkapelle zählte. Rastatt blieb bis zum Aussterben der Linie im Jahre
1771 für gut ein halbes Jahrhundert Residenz der katholischen Markgrafen von Baden-Baden.
Flirting with the forbidden?
(2020)
In an oft-quoted section of his Apology, written in 1125 at the request of his friend William of St Thierry, Bernard of Clairvaux mounts a strenous attack on Cluniae excesses in food, clothing, and buildings, ridiculing his rival order's large churches and their sumptuous paintings that catch the worshipper's eye and, as Bernard laments, dry up his devotion. Fiant haec ad honorem Dei - 'You might say', Bernard concedes, if only as a rhetorical gesture, 'these things are all to the honour of God; nevertheless, just as the pagan poet Persius inquired of his fellow pagans, I as a monk ask my fellow monks: "Tell me, oh pontiffs (as he said), what is gold doing in the sanctuary?" I say (folowwing the meaning, not the meter): "Tell me, poor men, if you really are poor: what is gold doing in the sanctuary?" - in sancto quid facit aurum?'
Wer zu orts-, familien- und personengeschichtlichen Themen recherchiert, der weiß oder ahnt, welche Herausforderung der Umgang mit historischen Zeitungsbeständen darstellt. Äußerst reizvoll zwar in berechtigter Erwartung wesentlicher Suchergebnisse, aber in der puren Masse doch auch erschlagend! Bemisst man den Umfang einer durchschnittlichen
Zeitungsausgabe mit acht Druckseiten und rechnet für die Durchsicht einer Einzelseite nur ganze dreißig Sekunden – und das ist wirklich sehr wenig für eine halbwegs sorgfältige Analyse der oftmals unübersichtlich strukturierten, auf Artikelüberschriften meist verzichtenden älteren Presseerzeugnisse –, so braucht es für jedes Exemplar mindestens vier Minuten und pro Jahrgang einer Tageszeitung demnach gut und gerne zwanzig Stunden. Mit vertretbarem Aufwand war daher bisher die Durchsicht vieler Jahrgänge oder mehrerer unterschiedlicher Blätter kaum zu bewerkstelligen.
Die Badische Landesbibliothek als eine der größten Regionalbibliotheken Deutschlands war während der Zeit des Nationalsozialismus, wie andere Kulturgut verwahrende Institutionen auch, in die staatlichen Strukturen zur Verwertung beschlagnahmter Kulturgüter aus jüdischem Vermögen eingebunden und profitierte davon. Bibliotheksdirektor Dr. Friedrich Lautenschlager wurde vom Generalbevollmächtigen für den Landeskommissarbezirk Karlsruhe zum Sachverständigen für die Begutachtung beschlagnahmter Sammlungen ernannt und begutachtete mehrere Bibliotheken, darunter auch die seines Amtsvorgängers Dr. Ferdinand Rieser, der aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 entlassen worden war. Mit der Zerstörung des Bibliotheksgebäudes am 3. September 1942 wurden sowohl die Bestände als auch das Verwaltungsschriftgut der Badischen Landesbibliothek vernichtet. Nur wenige im Luftschutzkeller gelagerte oder während des Bombenangriffs entliehene Druckschriftenbände und die bereits 1939 ausgelagerten Zimelien (Handschriften, Inkunabeln und rarifizierte Frühdrucke) überstanden dieses Ereignis unversehrt. Nach dem Bombenangriff wurde der Bestand mit Unterstützung durch die zuständigen Reichsbehörden rasch wiederaufgebaut. Buchhandel und Antiquariate, Behörden und Organisationen sowie private Verkäufer und Schenker boten der Bibliothek Bücher zum Wiederaufbau an. Heute noch vorhandenes NS-Raubgut befindet sich in diesen neu aufgebauten Beständen.
Während der Jahre 2017 bis 2019 wurde der Monographienbestand im Signaturenbereich 42 A/B/C – 50 A/B/C (allgemeiner Zugang) und O 42 A/B/C – O 50 A/B/C (Spezialbereich Oberrhein) per Autopsie systematisch auf NS-Raubgut überprüft. 37.211 Bände, die von Oktober 1942 bis Dezember 1950 in den Bestand aufgenommen wurden, wurden entsprechend dem Leitfaden für die Ermittlung von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut in Bibliotheken nach sechs Verdachtskategorien klassifiziert. Dabei ergab sich folgende Bilanz: 33,5 % der überprüften Bände sind als unbedenklich einzustufen. 65,6 % der Bände sind hinsichtlich ihrer Provenienz unspezifisch. Lediglich 0,8 % der Bände wurden mit NS-Raubgutverdacht klassifiziert und 0,1 % der Bände als NS-Raubgut gesichert.
Am 2. März 2007 wurde das baden-württembergische Pflichtexemplargesetz novelliert und die rechtliche Möglichkeit geschaffen, elektronische Pflichtexemplare zu sammeln. Damit war Baden-Württemberg Vorreiter in Deutschland. Die Anwendung beschränkte sich aber zunächst auf die BOA-Plattform (baden-württembergisches Online-Archiv), auf der von den Landesbibliotheken frei zugängliche elektronische Dokumente und Webseiten abgelegt wurden. Die Sammlung verlegerischer Netzpublikationen sollte nun in einer eigenen Umgebung realisiert werden: im Mai 2018 startete das Projekt E-Pflicht Baden-Württemberg mit finanzieller Unterstützung durch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Es ist in der zweijährigen Projektlaufzeit gelungen, ein System zur Ablieferung von E-Books, zu deren automatischem Ingest, zur Verbindung mit den zugehörigen Metadaten in der Verbunddatenbank des K10plus, zur Langzeitarchivierung und zur Nutzung und Präsentation inhouse zu entwickeln und auch in Produktion zu setzen. Über dieses System konnten bereits mehr als 60.000 E-Books in den Formaten PDF und EPUB angenommen und erfolgreich verarbeitet werden, darunter die Titel der meisten größeren Verlage des Bundeslandes.
At the Badische Landesbibliothek Karlsruhe (BLB) we offer a variety of e-resources
with different access requirements. On the one hand, there is free access to open
access material, no matter where you are. On the other hand, there are e-resources
that you can only access when you are in the rooms of the BLB. We also offer eresources
that you can access from anywhere, but you must have a library account
for authentication to gain access. To test the functionality of these access methods,
we have created a project to automatically test the entire process from searching our
catalogue, selecting a hit, logging in to the provider’s site and checking the results.
For this we use the End 2 End Testing Framework CodeceptJS.
Das gedruckte Zeugnis für das gesprochene Wort stand im Fokus der Reihe >>Bücherfunde<< an der Badischen Landesbibliothek. Die Veranstaltung mit dem Titel >>Zwei Frauen im Badischen Landtag: Marianne Weber und Marie Bernays<< fand im Rahmenprogramm zur Ausstellung >>Schlaglichter - 100 Bücher des Jahres 1918<< statt und verwies, als Ausblick zum Ende der Ausstellung zum Umsturz im Jahre 1918, auf die Schaffung einer neuen Verfassungsordnung im März 1919. Zusätzlich passten diese »Bücherfunde« auch zum Gedenken an das Jahr 1968 und den mit diesem Jahr verbundenen Emanzipationsbestrebungen. Ein kurzes Wort des französischen Philosophen Michel de Certeau bringt das Anliegen der Veranstaltung auf den Punkt: »En 1968 on a pris la parole comme en 1789 la Bastille.« Das gilt in noch viel größerem
Maße für die Jahre 1918/1919 in Deutschland, als die Frauen erstmals das aktive und das passive Wahlrecht erhielten. Dank dieser Mitspracherechte im Wortsinn war es möglich, dass sie in der Öffentlichkeit das Wort ergriffen und zur Politik Stellung nahmen.
Die Analyse von Nutzungszahlen und die darauf basierende
Berechnung einiger spezieller Indikatoren ermöglicht es, eine bestehende oder
neu eingeführte Etatverteilung noch praxisnäher und effizienter zu gestalten. Die
dazu notwendigen Schritte werden im Aufsatz mit Hilfe aktueller Daten aus der
Badischen Landesbibliothek erläutert.
Der Artikel geht folgender Frage nach: Inwieweit kann man in einer Bibliothek allein mit Hilfe
der Autopsie NS-Raubgut nachweisen, wenn nach einem Bombenangriff das eigene
Verwaltungsschriftgut nur noch bruchstückhaft vorhanden ist?
Mit der Zerstörung der Badischen Landesbibliothek (BLB) Anfang September 1942 wurden
sowohl die gedruckten Bestände als auch das Verwaltungsschriftgut beinahe vollständig
vernichtet. Die Kostbarkeiten der Bibliothek waren 1939 in verschiedene Depots ausgelagert
worden und überdauerten die Zerstörung des Gebäudes. Die Recherchen nach heute noch
vorhandenem NS-Raubgut erstrecken sich auf den für das Projekt ausgewählten Buchbestand
der Jahre 1942-1945, der sofort nach dem Bombenangriff und mit finanzieller Unterstützung
durch die zuständigen Reichs- und Landesbehörden für den Wiederaufbau erworben wurde.
Bei einem ersten Abgleich der noch vorhandenen Akzessionsjournale und der aktuellen
Katalogdatenbank wurde offensichtlich, dass die Zugangsjournale die tatsächlichen
Neuzugänge seit Ende 1942 nicht vollständig abbilden. Zur Ermittlung von NS-Raubgut muss
der ausgewählte Bestandsbereich daher per Autopsie systematisch auf verdächtige
Provenienzhinweise hin untersucht werden. Um die Erkenntnisse der Autopsie bewerten zu
können, müssen zusätzlich die ab 1942 entstandenen Bibliotheksakten und die Unterlagen
anderer Verwaltungsstellen in Bezug auf Abgabe- und Übernahmevorgänge gesichtet und
ausgewertet werden, da die BLB wie andere Kulturgut verwahrende Institutionen von
Beschlagnahmungen und Entwendungen profitierte.
Bei der wissenschaftlichen Bearbeitung des Donaueschinger Bestandes mittelalterlicher
Handschriften an der Badischen Landesbibliothek wurde kürzlich
die älteste überlieferte Papierhandschrift mit ausschließlich deutschsprachigen
Texten entdeckt: eine kleinformatige theologische Sammelhandschrift, die
bislang als um 1400 entstanden galt, aufgrund der Analyse ihrer Wasserzeichen
jetzt aber sicher auf den Zeitraum 1335–1340 datiert werden kann. Papier
als Beschreibstoff wanderte Ende des 13. Jahrhunderts aus China nach Europa
ein, verbreitete sich im 14. Jahrhundert auch im deutschen Sprachraum und verdrängte
im 15. Jahrhundert das bisher übliche Pergament fast vollständig. Bislang
galt als älteste, vollständig in Deutsch auf Papier geschriebene Handschrift ein
Münchener Codex, der auf das Jahr 1348 datiert ist. Die Karlsruher Neuentdeckung
ist um zehn Jahre früher anzusetzen.
Ernst-Lothar von Knorr (1896–1973) war ein hervorragender Geigenspieler und Komponist. Er wirkte darüber hinaus als Musikpädagoge und Direktor an der Jugend- und Volkshochschule in Berlin sowie an Musikhochschulen deutschlandweit. Seinen Berufs-weg als Hochschullehrer begann er nach seinem Kriegsdienst 1919 an der Heidelberger Musikakademie und beendete ihn 1969 ebendort als Leiter der Hochschule für Musik und Theater. Zudem war er Mitglied und Berater zahlreicher Musikverbände wie dem Berufsverband Deutscher Komponisten (BDK), dem Deutschen Komponistenverband (DKV) oder dem Verband Deutscher Musikerzieher und konzertierender Künstler (VDMK).
Anlässlich der im Jahr 2017 erstmals in Karlsruhe stattgefundenen Heimattage Baden-Württemberg konzipierte die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe die Ausstellung »Rheinheimisch
– Ausgewählte Erinnerungsorte am Oberrhein« (Laufzeit vom 8. November 2017 bis 3. Februar 2018), in deren Zentrum zwölf Erinnerungsorte der badischen Region standen.
Die Ausstellung »Schlaglichter – 100 Bücher des Jahres 1918« in der Badischen Landesbibliothek
zeigte vom 7. März bis zum 26. Mai 2018 eine Auswahl von hundert Büchern aus diesem Epochenjahr,
das mit dem Untergang der Monarchien und der Auflösung der Vielvölkerreiche zu Ende ging.
Alle Bücher sind entweder im Jahr 1918 neu erschienen – oder aber in einer den Zeitumständen angepassten
Neuauflage erstmals so herausgegeben worden. Es sind Bücher, für die trotz der schwierigen
politischen, militärischen und wirtschaftlichen Lage ein Absatz erwartet werden konnte. Und
auch wenn über vieles, was in diesem Jahr geschah, aus Zensurgründen nichts gedruckt werden
konnte, so sagen doch die Bücher von 1918 eine Menge aus über den Zeitgeist dieser Tage.
Insgesamt 28 Schlaglichter – zusammengestellt zu sechs Themenblöcken – fallen auf die Bücher
des Jahres 1918. Hinzugenommene Postkarten illustrieren die Einzelthemen höchst aufschlussreich.
Erarbeitet haben die Ausstellung sieben Bibliothekare und Bibliothekarinnen der BLB, die jeweils
aus ihrem eigenen Fachgebiet dazu beigetragen haben. So konnten sehr unterschiedliche Blickwinkel
eingenommen und vielfältige Aspekte beleuchtet werden.
Wer sang die Euryanthe?
(2017)
Auf gedruckten Zetteln, die deutlich kleiner waren als heutige Plakate, bewarb das Großherzogliche Hoftheater nach dem Vorbild vieler anderer deutscher Bühnen seine abendlichen Aufführungen. Die von Austrägern an Privathaushalte verteilten, später auch im öffentlichen Raum angeschlagenen Zettel informierten die Theaterbesucher vorab über das vorgesehene Theater- oder Musikstück und über die Verteilung der Rollen. Aufgrund dieser und weiterer Angaben geben uns die Theaterzettel Aufschluss über den Spielbetrieb vergangener Zeiten. Sie bilden heute eine wertvolle Quelle, die dank Digitalisierung und Internetpräsentation von allen am Theatergeschehen interessierten frei und komfortabel befragt werden kann.
Das Werk Martin Luthers ist heutzutage wohl nirgendwo so unmittelbar wie in seiner Bibelübersetzung. Ein besonderes Exemplar befindet sich im Besitz der Badischen Landesbibliothek: ein Druck aus Wittenberg, Luthers Wirkungs- und letzter Ruhestätte. Von ihr handelt dieser Gastbeitrag der leitenden BLB-Direktorin.
Der Beitrag beschreibt den derzeitigen Stand der Webarchivierung auf Landesebene in Baden-Württemberg. Die wesentlichen gesetzlichen
Grundlagen für die Sammlung und Archivierung von Webseiten und zugehörigen Einzeldokumenten sind vorhanden. Zugleich ist die inhaltliche Selektion
und technische Realisierung des Angebots eine umfangreiche Aufgabe, der sich
mehrere Landeseinrichtungen gemeinsam stellen.
Das ursprüngliche Zentrum des Lutherbibeldrucks
war Wittenberg. Bald
wurde aber auch in Frankfurt Geld mit
der Übersetzung des Reformators verdient.
Eine der Bibeln vom Main aus
dem Jahr 1560 gehört heute der Badischen
Landesbibliothek (BLB). Von ihr
handelt dieser Gastbeitrag der leitenden
BLB-Direktorin.
Mit großzügiger Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg konnte
die Badische Landesbibliothek Ende letzten Jahres eine besondere Kostbarkeit
mittelalterlicher Überlieferung erwerben: das 1540 entstandene Gebetbuch der
Benediktinerin Katharina Roeder von Rodeck.
Die von der Burg Rodeck im Ortenaukreis stammende Katharina Roeder hat
das Gebetbuch im nordbadischen Kloster Frauenalb eigenhändig und für den
eigenen Gebrauch niedergeschrieben und mit detailfreudigen Federzeichnungen ausgemalt. Insgesamt sechs ganzseitige farbige Federzeichnungen, zahlreiche prächtige Randbordüren sowie ein wohl nur kurze Zeit später eingebrachtes Pergamentblatt mit der Darstellung einer Mondsichelmadonna sind in der
Handschrift zu finden. Der Text selbst, dessen Anfertigung Katharina Roeder laut
Eintrag am Nikolaustag des Jahres 1540 beendete, ist bislang noch unerforscht.
Für die Regionalgeschichte Badens und die Frömmigkeitsgeschichte der Frühen
Neuzeit ist das Gebetbuch einer gebildeten Frau des 16. Jahrhunderts von außerordentlicher Relevanz.
Wann tauchen Tomaten oder Artischocken in der badischen Küche auf? Wann verschwinden
Singvögel und Flusskrebse daraus? Und wann ist das erste Mal die Rede von Kalorien?
Kochbücher sind eine erstrangige Quelle zur Alltags‐ und Kulturgeschichte und hervorragende
Gradmesser für soziale und regionale Differenzierungen. Sie bezeugen das Aufkommen und
Verschwinden bestimmter Speisen und Zutaten bzw. deren zeitweilig hohen oder geringen
gesellschaftlichen Stellenwert. Regionale Unterschiede und Geschmackspräferenzen werden
erkennbar. Rezepte zu bestimmten Gerichten zeigen über längere Zeiträume hinweg eine
veränderte Zusammensetzung der Zutaten bzw. von deren Mengen und Veränderungen der
Zubereitungspraxis. Zusatzstoffe und Fertigprodukte finden Eingang in die Ernährung und
verändern die Zubereitung und den Verzehr von Speisen dauerhaft. In Notzeiten werden
Lebensmittel „gestreckt“; es wird mit Ersatzstoffen experimentiert, und viele Rezepte der
Kriegsküche werden heute im Rahmen gesunder Ernährung wiederentdeckt.
Wissen vor Ort
(2016)
Seit Herbst 2010 setzt sich die Badische Landesbibliothek (BLB) intensiv für
die Stärkung der Informationskompetenz ihrer Nutzerinnen und Nutzer ein. Neben
den etablierten Aufgaben der BLB – Speicher des kulturellen Gedächtnis Badens,
Digitalisierungszentrum und Landesbibliographie – stehen die beiden Gebiete
Lernort und Teaching Library als Elemente der strategischen Ausrichtung im Fokus.
Die Verbindung von Raum und Serviceangeboten sowie die Personalentwicklung
werden als zentrale Faktoren für den Erfolg der Teaching Library gewertet.
Wer heute ein Kochrezept sucht, recherchiert im Web, legt das Smartphone neben
den Herd und schaltet es ab, sobald das
Essen auf dem Tisch steht. Ein Digitalisierungsprojekt der Badischen Landesbibliothek ermöglicht dies nun auch für die
Gerichte der alten badischen Küche. Hundert badische Kochbücher des Zeitraums
1770–1950 werden bis Juni 2016 digital
bereitgestellt sein. Vielfach sind es Unikate
in Baden-Württemberg, häufig aber darüber hinaus auch bundes- bzw. weltweit
einzigartig. Sie stammen von badischen
Autoren, sind in badischen Verlagen
erschienen oder von badischen Firmen
herausgegeben worden.
Gebete stets griffbereit
(2016)
Ende des Jahres 2015 erwarb die Badische Landesbibliothek eine herausragende Kostbarkeit: das handschriftliche
Gebetbuch der Katharina Roeder von
Rodeck. Die badische Benediktinerin hat
das kleinformatige Gebetbuch im Jahr
1540 eigenhändig und für den persönlichen Gebrauch niedergeschrieben. Seine spektakuläre Besonderheit besteht
darin, dass es als Beutelbuch erhalten
geblieben ist.
Beutelbücher sind in der mittelalterlichen
Malerei sehr häufig abgebildet, haben
sich im Original jedoch äußerst selten
erhalten. Insgesamt sind nur 23 mittelalterliche Beutelbücher bekannt. Aus dem
16. Jahrhundert existieren noch einige
Nachfahren dieses Einbandtyps. Eines
von ihnen ist das Gebetbuch der Katharina Roeder von Rodeck, gebunden in
Kalbsleder auf Buchenholz mit drei Bünden und einfacher diagonaler Streicheisenlinierung auf den Buchdeckeln. Sehr
wahrscheinlich wurde der Einband im
17. Jahrhundert erneuert. Deutliche Spuren von Handschweiß zeigen, dass das
Gebetbuch intensiv benutzt wurde.
Die Handschrift im Kleinstformat von 98
x 76 mm umfasst 206 Blätter aus Papier.
Auf jeder Seite hat sie zwischen 13 und
16 Zeilen untergebracht. Der Buchblock
wurde deutlich am Rand beschnitten,
der Schnitt blau eingefärbt.
Anlässlich des Reformationsjubiläums zeigen Badische Landesbibliothek und Evangelische Landeskirche die gemeinsame Ausstellung, die zugleich Auftaktveranstaltung der Feierlichkeiten zu diesem Thema in Karlsruhe ist. Sie illustriert anhand von Exponaten aus den reichen Beständen beider Institutionen die bedeutende Rolle des Buchdrucks bei der Verbreitung des reformatorischen Gedankenguts. Wesentliche Themen und Anliegen der Zeit von der Vorreformation bis zu den Nachwirkungen der Reformation im protestantischen und katholischen Bereich werden anschaulich aufbereitet und in ihrem jeweiligen Kontext vorgestellt.
Ende 2015 konnte die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe
auf fünf Jahre Kulturgutdigitalisierung zurückblicken. Mit einem Scanner
und einem Buchtisch sowie dem Digitalisierungssystem Visual Library gestartet,
konnte die hauseigene Werkstatt in der Folgezeit ihre Erstausstattung um weitere
Scantechnik und zusätzliche Softwaremodule aufrüsten. Mit Hilfe von Drittmittel-
finanzierten Projekten gelang es, die Digitalisierungsstrategie des Hauses, die
auf mittelalterliche Handschriften, Musikalien und regionales Schrifttum gerichtet
ist, erfolgreich umzusetzen. Der Aufsatz benennt die Inhalte der wichtigsten
Digitalisierungsprojekte, die zwischen 2011 und 2015 durchgeführt wurden.
In der Jubiläumsschrift zum 40. Jahrestag des Bestehens der Badischen Bibliotheksgesellschaft
e.V. im Jahr 2006 konnte eine beeindruckende Fülle von Fördermaßnahmen aufgezählt werden,
die die Badische Bibliotheksgesellschaft seit ihrer Gründung im Jahr 1966 für die Badische Landesbibliothek geleistet hatte. Doch auch seither ist sie stets bereitwillig eingesprungen, wenn
ihre Hilfe gebraucht wurde. Laufend wird ihre Unterstützung im Veranstaltungsprogramm benötigt, das die Badische Landesbibliothek und die Badische Bibliotheksgesellschaft nun seit
Jahrzehnten gemeinsam durchführen und das den Mitgliedern der Bibliotheksgesellschaft
vielfältige Ausstellungs‐, Konzert‐ und Vortragsaktivitäten anbietet, mit denen die Badische
Landesbibliothek profiliert an die Öffentlichkeit tritt. Aber auch durch Förderung von Erwerbungs‐, Erschließung‐ und Restaurierungsmaßnahmen trägt die Badische Bibliotheksgesellschaft
dazu bei, dass die Badische Landesbibliothek als Institution mit einer 500jährigen Geschichte und
herausragenden Sammlungsbeständen ihre weithin anerkannte Arbeit als Kultureinrichtung
leisten kann. Im Folgenden soll kurz über die vergangenen zehn Jahre berichtet werden.
Die Badische Landesbibliothek hat mehr als hundert badische Kochbücher aus dem Zeitraum 1770–1950 digitalisiert. Sie stammen von badischen Autoren, sind in badischen Verlagen erschienen oder von badischen Firmen herausgegeben worden. Eine Volltextrecherche und damit die Suche nach einzelnen Rezepten und Zutaten ist möglich und gibt Aufschluss über die Ernährungsgewohnheiten auf badischem Territorium. Bis zum 15. Oktober 2016 werden die Kochbücher außerdem in der Ausstellung »Das Kochbuch in Baden 1770–1950« im Original gezeigt; den Ausstellungskatalog mit allen Begleittexten finden Sie im Internet. Zur Ausstellung serviert die Badische Landesbibliothek außerdem ein reichhaltiges Begleitprogramm.
Ohne Parallele in der nunmehr 50-jährigen Geschichte der Badischen Bibliotheksgesellschaft ist jener kulturpolitische Eklat, der im September 2006 als badischer ,,Handschriftenstreit" begann und sich in den darauffolgenden Monaten zum baden-württembergischen „Kulturgüterstreit" auswuchs. Er begann just in jenem Jahr, als die Badische Bibliotheksgesellschaft (BBG) ihr 40-jährigesJubiläum mit einer
Ausstellung beging, in der neben sonstigen eindrucksvollen Erwerbungen, die mit Unterstützung der BBG erworben worden waren, einige Handschriften gezeigt wurden. In der als Begleitheft zu dieser Ausstellung veröffentlichten Jubiläumsschrift würdigte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die „bleibenden Verdienste" der BBG „beim Erwerb von Handschriften, Inkunabeln und alten Drucken".1 All dies geschah freilich im Mai 2006, als niemand etwas von den Ereignissen vier Monate später ahnte. Der Handschriftenstreit liegt inzwischen ein Jahrzehnt zurück, so dass es gerechtfertigt erscheint, seine Hintergründe und
seinen Verlauf ins Gedächtnis zu rufen.
Digital stöbern
(2016)
Es ist nicht das einzige, aber das vielleicht nachhaltigste Geschenk gewesen, das die Badische Landesbibliothek der Stadt Karlsruhe zu ihrem 300. Geburtstag gemacht hat: weit mehr als 900 000 Karlsruher Zeitungsseiten wurden im August 2015 frei ins Netz gestellt; weitere 50 000 Seiten folgen im Jahr 2016. Sie bieten seitdem jeder Bürgerin und jedem Bürger der Stadt, aber natürlich auch allen Interessenten weltweit, eine attraktive Fundgrube für Nachrichten über lokale und regionale, nationale und internationale Ereignisse, die einstmals eine Zeitungsmeldung für Wert befunden worden waren. Dies wird im Artikel an drei Beispielen illustriert.
Im Jahr 2015 konnte die Badische Landesbibliothek durch die Schenkung des Karlsruher Italiensammlers Klaus Gerhard Frank (1930–2015) einen bedeutenden Zuwachs im Bereich der Inkunabeln, alten Drucke und historischen Karten verzeichnen. Mehr als 3000 Werke einer seit den 1970er Jahren kontinuierlich gewachsenen Rom- und Italiensammlung gelangten in ihren Bestand. Dieses besondere Ereignis nahm die BLB zum Anlass für die Ausstellung »Bella Bibliotheca – Kostbarkeiten einer Karlsruher Italiensammlung«, die vom 26. Februar bis 18. Juni 2016 zu sehen war.
Angesichts neuer Herausforderungen und knapper werdender Mittel geraten die historischen Bestände als Träger des schriftlichen Kulturerbes zuweilen ein wenig aus dem Fokus. Doch gelingen hin und wieder trotz gestiegener Preise auch in diesem Bereich einzigartige Neuwerbungen. So ging es der Badischen Landesbibliothek Ende 2015: Sie konnte eine kostbare spätmittelalterliche Handschrift erwerben, deren Geschichte gleich mehrfach mit Baden und der BLB verbunden ist. Ermöglicht wurde dies durch die großzügige und unbürokratische Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Stiftung
Kulturgut Baden-Württemberg und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.
Die Digitalisierung historischer Bestände in Bibliotheken, Archiven und Museen ist längst keine Ausnahme
mehr, sondern die Regel. Für die geisteswissenschaftlichen Fächer bedeutet dies eine leichtere
Verfügbarkeit der forschungsrelevanten Quellen. Aus den digital verfügbaren Quellen ergeben sich
neue Forschungsmethoden, die unter dem Namen „Digital Humanities“ zusammengefasst werden. Die
Erschließung von Notenhandschriften und –drucken und ihre Bereitstellung im Internet stellt Bibliotheken
vor besondere Herausforderungen: Metadatenstandards müssen eingehalten werden und die
Langzeitarchivierung muss gesichert sein. Die Arbeit zeigt, dass digitale Musiksammlungen und
Musikbibliotheken für die Musikwissenschaft und das praktische Musikleben von großer Bedeutung
sind und deshalb sorgfältig aufgebaut werden sollten.
Bücher und mehr
(2015)
Die aus der Büchersammlung der badischen Markgrafen und Großherzöge hervorgegangene
Badische Landesbibliothek (BLB) ist eine zentrale Institution der Informationsinfrastruktur für die
Bildung und Wissenschaft in Baden‐Württemberg. Sie bietet ca. 2,6 Mio. Bände Literatur und
Medien aus allen Fachgebieten; der Zuwachs beträgt jährlich ca. 45.000 Einheiten, pro Jahr
erfolgen ca. 1 Mio. Entleihungen. Ihre Benutzerinnen und Benutzer können mit einer Vielzahl
von Datenbanken, E‐Books und elektronischen Zeitschriften arbeiten und haben überall im Haus
Zugang zum Internet. Mit diesen Dienstleistungen gewährleistet die BLB die aktuelle und
bedarfsgerechte Informationsversorgung von ca. 25.000 Benutzern vor Ort. Sie unterstützt die
Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region und ist kompetente Partnerin
von Behörden, Organisationen und Wirtschaftsunternehmen. Als Lehr‐ und Lernzentrum bietet
die BLB zugleich eine attraktive Lernumgebung, ihr Schulungsprogramm unterstützt aktiv den
Erwerb von Informations‐ und Medienkompetenz. Zu den wichtigsten Aufgaben der BLB gehört
die Sammlung, Erschließung und Bereitstellung der Publikationen aus und über Baden; mit ihrem
auf Vollständigkeit angelegten Bestand dokumentiert sie die Entwicklung der Region auf
einzigartige Weise.
Anlässlich des 300. Geburtstags der Stadt Karlsruhe zeigte die Badische Landesbibliothek vom
11. Februar bis zum 25. April 2015 die publikumswirksame Ausstellung »Karlsruher Tulpen-
KULTur. Markgraf Karl Wilhelm und seine Gartenkunst«, die von einem breit gefächerten
musealen Begleitprogramm umrahmt wurde. Im Zentrum dieser Ausstellung standen die renommierten
»Karlsruher Tulpenbücher«, die sich heute in der Badischen Landesbibliothek
sowie im Generallandesarchiv befinden und für die Öffentlichkeit nun erstmals gemeinsam
präsentiert wurden.
I. Von Weinbrenner erzählen. Nie zuvor wurde das umfangreiche Schaffen des Stadtplaners und
Architekten in dieser Vollständigkeit dokumentiert, Ausstellung in der Städtischen Galerie,
27. Juni 2015 – 4. Oktober 2015.
II. Stadt und Schloss vor 1945. Historische Fotografien aus Arthur Valdenaires Denkmalinventar,
Ausstellung in der Badischen Landesbibliothek, 13. Mai – 27. August
Als die Badische Landesbibliothek 22 Jahre nach ihrem Untergang endlich ein eigenes Gebäude beziehen konnte, um ihren Lesern in komfortabler Weise Literatur und Informationen zur Verfügung zu stellen, zählte der Bibliotheksbestand
immerhin wieder 327 000 Werke. Damit hatte er das Vorkriegsniveau beinahe wieder erreicht: Als die Bibliothek in der
Nacht vom 2. auf den 3. September 1942 im Bombenhagel auf Karlsruhe untergegangen war, hatte sie bei einem Verlust von 365 000 gedruckten Bänden nahezu einen Totalschaden erlitten. Allein die rechtzeitig an sichere Orte ausgelagerten Handschriften, Inkunabeln und sonstigen wertvollen Stücke waren gerettet worden, außerdem die zufällig gerade ausgeliehenen Titel und schätzungsweise 13 000 Bücher, die den Brand überstanden hatten.
Mit Blick auf das Jahrhundertgedenken zum Beginn des Ersten Weltkriegs hat die Badische
Landesbibliothek bereits im Jahr 2013 hundert zeitgenössische Bücher und Broschüren aus den
Jahren 1914‐1918 digitalisiert. Sie stammen aus badischen Verlagen oder beziehen sich auf das
Kriegsgeschehen in Baden. Seither hat sich die Titelzahl aufgrund von Benutzeraufträgen noch
erhöht. Die digitalisierten Titel sind zu finden unter: http://digital.blb‐karlsruhe.de.
Das Spektrum der Digitalisate reicht von amtlichen Denkschriften zu wirtschaftlichen Maßnahmen während des Kriegs oder zur Invaliden‐ und Hinterbliebenenfürsorge über Kriegspropagan‐
da, Kriegstagebücher, Kriegslyrik und Kriegspredigten bis hin zur Darstellung der Kriegserlebnis‐
se von Badenern an der Front und in Gefangenschaft. Ebenfalls dabei: das mit Hunderten von
Fotos ausgestattete Gedenkbuch der Stadt Pforzheim mit den Ehrentafeln der Kriegsopfer aus den
Jahren 1915‐1920 und das Ehrenbuch der Stadt Karlsruhe für ihre 5510 im Krieg gefallenen
Bürger aus dem Jahr 1930. Oder eine alphabetische Zusammenstellung der höchstzulässigen
Lebensmittelpreise in Karlsruhe nach dem Stand vom 15. Mai 1916. Eine kleine Auswahl der
digitalisierten Titel soll hier vorgestellt werden.
Mit Blick auf das Jahrhundertgedenken zum Beginn des Ersten Weltkriegs hat die Badische Landesbibliothek bereits im Jahr 2013 100 zeitgenössische Bücher und Broschüren aus den Jahren 1914–1918 digitalisiert. Sie stammen aus badischen Verlagen oder beziehen sich auf das Kriegsgeschehen in Baden. Seither hat sich die Titelzahl aufgrund von Benutzeraufträgen noch erhöht. Die digitalisierten Titel sind zu finden unter http://digital.blb-karlsruhe.de.
Die Badische Landesbibliothek zeigt bis Anfang Oktober 2014 eine Ausstellung zum Thema
„Die Feldpresse des Ersten Weltkriegs“. Soldatenzeitungen, die an der Front mit mobilen
Vervielfältigungsapparaten oder in den Druckereien besetzter Städte hergestellt wurden,
spielten im Ersten Weltkrieg eine besondere Rolle, da der Angriffskrieg an allen Fronten sehr
schnell in einen langwierigen Stellungskrieg überging. In den Gefechtspausen nahmen Lange‐
weile und Überdruss überhand. Das Bedürfnis nach Zerstreuung befriedigten vor allem auch die
Feldzeitungen, die von Soldaten für Soldaten hergestellt wurden. Schon die Zeitgenossen rühmten ihren hohen Wert als „Wellenbrecher gegen geistige Abspannung im grausamen Kriegslärm“.
Manche Redaktion von Feldzeitungen in den besetzten Gebieten entwickelte sich zur kleinen
Verlagsfirma mit Buchsortiment. Mit 30 solcher Unternehmen von allen Fronten, aus Schützengräben, Etappenorten, Genesungsheimen und Internierungslagern präsentiert die Badische
Landesbibliothek in ihrer Ausstellung beispielhaft das ganze Spektrum der Feldpresse des Ersten
Weltkriegs und den Ehrgeiz deutscher Frontsoldaten, den ersten Medienkrieg der Weltgeschichte publizistisch wirksam zu unterstützen.
Die Badische Landesbibliothek zeigt bis Anfang Oktober 2014 eine Ausstellung zum Thema "Die Feldpresse des Ersten Weltkriegs" (Abb. 1 ist das Plakatmotiv der Ausstellung). Soldatenzeitungen, die an der Front mit mobilen Vervielfältigungsapparaten oder in den Druckereien besetzter Städte hergestellt wurden, spielten im Ersten Weltkrieg eine besondere Rolle, da der Angriffskrieg an allen Fronten sehr schnell in einen langwierigen Stellungskrieg überging. In den Gefechtspausen nahmen Langeweile und Überdruss überhand. Das Bedürfnis nach Zerstreuung befriedigten vor allem auch die Feldzeitungen, die von Soldaten für Soldaten hergestellt wurden. Schon die Zeitgenossen rühmten ihren hohen Wert als "Wellenbrecher gegen geistige Abspannung im grausamen Kriegslärm".
Manche Redaktion von Feldzeitungen in den besetzten Gebieten entwickelte sich zur kleinen Verlagsfirma mit Buchsortiment. Mit 30 solcher Unternehmen von allen Fronten, aus Schützengräben, Etappenorten, Genesungsheimen und Internierungslagern präsentiert die Badische Landesbibliothek in ihrer Ausstellung beispielhaft das ganze Spektrum der Feldpresse des Ersten Weltkriegs und den Ehrgeiz deutscher Frontsoldaten, den ersten Medienkrieg der Weltgeschichte publizistisch wirksam zu unterstützen.
Im April 2014 erstand die Badische Landesbibliothek bei einer Auktion des Hauses Stargardt ein kleines Konvolut von eigenhändigen Briefen Karl von Rottecks, die dieser zwischen 1820 und 1829 aus Karlsruhe und Freiburg an den Leipziger Verleger Friedrich Arnold Brockhaus (1772–1823) bzw. dessen Söhne Friedrich (1800–1865) und Heinrich (1804–1874) schrieb.1 Sie betreff en Rottecks Mitarbeit an Brockhaus’schen Zeitschriften, Buchbestellungen, Abrechnungen und Zahlungen, werfen aber auch ein paar Schlaglichter auf Rottecks politisches Amt und seine kritische Sicht der politischen Verhältnisse in Baden.
Fehlplaziert!
(2013)
„Schokolate“ im Handschriftenbestand? Unzweifelhaft war das für die Verfasserin dieses
Beitrags von höchstem persönlichem Interesse. Schon beim ersten Hinsehen erwies sich
allerdings ein zweiter Umstand als gravierend: Da wo sie ist, gehört die Handschrift unter
dem Aspekt der Regionalität überhaupt nicht hin.
Detlev Hellfaier hat sich wiederholt mit Literaturarchiven, literarischen Nachlässen
und Autographen als Landesbibliotheksaufgabe befasst und dabei die „Region“ als ausschlaggebendes Kriterium für den Erwerb von Handschriften beschrieben.
Seit dem
19. Jahrhundert werden Autographen und Nachlässe als Zeugnisse des geistigen und
kulturellen Profils einer Region in den Landesbibliotheken gesammelt. Die Pflege, Ergänzung, Erschließung und Präsentation solcher Bestände ist genuin Aufgabe einer modernen Regionalbibliothek – so ist es nicht nur in Strukturempfehlungen festgehalten, so ist
es gängige Praxis. Dabei bemühen sich die Landesbibliotheken partnerschaftlich um das
Bilden zusammenhängender Bestandskomplexe hinsichtlich personaler, institutioneller
und thematischer Überlieferung. Ein solchermaßen systematischer Bestandsaufbau und
eine regionale Schwerpunktbildung liegen ja ganz grundsätzlich auch im Interesse der
Forschung.
Historisches Erbe in der Region? Bei der „Schokolate“ haben wir es mit einer Versprengten zu tun. Darum war sogar die Urheberschaft der Handschrift zeitweilig nicht
mehr bekannt. In Karlsruhe befindet sie sich ganz außerhalb ihres Entstehungskontextes,
sie blieb unzulänglich erschlossen und von der Forschung bisher unbemerkt.
Die Badische Landesbibliothek Karlsruhe (BLB) und die Württembergische Landesbibliothek Stuttgart (WLB) nehmen gemeinsam das Pflichtexemplarrecht für das Land Baden-Württemberg wahr. Zur Erinnerung: Seit der Änderung des Pflichtexemplargesetzes im Jahr 2007 sind auch digitale Publikationen der in Baden-Württemberg ansässigen Verlage an die beiden Landesbibliotheken abzugeben und von diesen entsprechend ihrer regionalen Zuständigkeit zu sammeln und zu archivieren. Die Plattform dafür
stellt das Baden-Württembergische Online Archiv BOA 18 dar, das vom Bibliotheksservice-
Zentrum Konstanz (BSZ) technisch betrieben und von BLB und WLB gemeinsam mit
dem Landesarchiv inhaltlich betreut wird.
Eine der prächtigsten und bekanntesten Handschriften der St. Galler Stiftsbibliothek ist das sogenannte Wolfcoz-Evangelistar (St. Gallen, Stiftsbibliothek 367), dessen künstlerischer „Wert den berühmtesten Werken der Schule ebenbürtig“ ist. Schlägt man den Codex auf, so beeindrucken die großen Initialen in Gold und Silber, die mit sicherer Hand und in gereifter Ornamentik umgesetzt werden. Auch die Schrift wird mit Edelmetallen verziert und fügt sich wegen ihres präzisen und breiten Duktus’ nahtlos in das prunkvolle Gesamtbild ein. Klar und raumgreifend erscheint dem Betrachter das Layout, was auf den Buchtyp und seine Funktion zurückzuführen ist. Das Evangelistar enthält Textabschnitte
– Perikopen – aus den Evangelien, die nach den Festen des Kirchenjahres geordnet sind und in der Messe verlesen werden. Die Handschrift steht also in der Öffentlichkeit, soll repräsentativ wirken und beim Vorlesen gut zu erkennen sein. In der Regel kam dem Diakon diese Aufgabe zu, „an Festtagen las vielfach der Bischof selbst“ die Perikope aus dem Evangelium vor. Der feste
Platz in der Liturgie sicherte diesem Buchtyp und so auch dem ‚Wolfcoz-Evangelistar‘ den „kostbarsten Ornat“.