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Gegen den Strich
(2017)
„Freiburger Künstler zeigt Todtnauer Bürsten auf der Biennale“ war der Beitrag der Badischen
Zeitung vom 7. Mai 2015 zum Auftakt des renommierten Kunstfestivals von Venedig betitelt.
Und tatsächlich geschah dort vom 9. Mai bis 22. November 2015 eine Musealisierung besonderer
Art, die man anschließend 2016 auch in Freiburg zu sehen bekam. Denn Marcello Martinez-Vega
hatte aus Bürsten, Halbfabrikaten, Schablonen und Mustern – genauer aus den Produktionsrückständen und Resten des Musterlagers der im Jahr 2000 geschlossenen Todtnauer Bürstenfabrik
Fridolin Wissler (Wissler Bürsten GmbH) – reichhaltiges Material für sein künstlerisches Projekt
eingesetzt: Aus historischen Fragmenten generierte er im Palazzo Moro eine moderne Installation
und wies diesen Ablagerungen von Firmengeschichte damit neue, dynamische Bedeutungen zu.
Das „Schwarzwaldmädel“
(2005)
Am 7. September 1950 hatte in den Stuttgarter
Universum-Lichtspielen ein Film
Premiere, der Kinogeschichte schrieb – das
„Schwarzwaldmädel“. Über Nacht wurden
seine Protagonisten Sonja Ziemann und Rudolf
Prack zu Stars und stiegen neben Maria Schell
und O. W. Fischer, Romy Schneider und
Karlheinz Böhm sowie Ruth Leuwerik und
Dieter Borsche zum Traumpaar des deutschen
Films jener Dekade auf. 16 Millionen Besucher
zog es in die Kinosäle – kein deutscher Kinofilm
war seither erfolgreicher.
Ob am Sonntag, dem 14. Mai 1848 die Besucher des badischen Residenztheaters in emotionale
Wallung gerieten, lässt sich nicht mehr ermitteln. Es gibt dazu aus der Karlsruher Presse keine
Berichte. Allerdings ist dies stark zu vermuten, denn man führte „Dorf und Stadt“ auf, jenes
Theaterstück, das in der Saison 1847/48 in
allen Staaten des Deutschen Bundes sensationellen Zuspruch erfuhr und bis dato nicht erlebte Besucherscharen ins Theater lockte. Geschrieben hatte es die heute völlig unbekannte
Charlotte Birch-Pfeiffer (1800–1868), damals
Starautorin des deutschen Theaters. Während
ihr Rührstück die Verbrüderung zweier gegensätzlicher Lebenswelten zelebriert, waren
an fast gleicher Stelle nur zwei Monate zuvor
politische Welten aufeinandergestoßen, und
dies macht den besonderen Reiz des Karlsruher „Theaterfrühlings“ aus. Am 1. März 1848
nämlich erhoben Tausende Anhänger der freiheitlich-demokratischen Bewegung um den
charismatischen Advokaten Friedrich Hecker
vor dem Badischen Landtag im Karlsruher
Ständehaus die Forderungen der vorangegangenen Mannheimer Versammlung: Abschaffung von Adelsprivilegien und Befreiung der
Bauern. Der sogenannte Karlsruher „Petitionensturm“ bildete in Baden den Auftakt zur
„Märzbewegung“, und die Massenpräsenz von
nahezu 20.000 Demonstranten signalisierte
das Mobilisierungspotential der jungen Demokratiebewegung.
„Wir leben in einem hastigen Zeitalter.
Umwälzungen, welche früher Decennien und
Jahrhunderte brauchten, gehen heutzutage in
Monaten vor sich, und kaum hat der Zeitgenosse
oft die nötige Muße, zu bemerken, daß
sich um ihn her etwas anders gestaltet hat.
Gerade in dieser nämlichen schnellebigen Zeit
hat sich der geschichtliche Sinn […] mächtig
entwickelt und entfaltet“1. Obwohl nahezu 110
Jahre alt, scheint diese Feststellung und das
Erleben eines sich beschleunigenden Alltags
auch unsere Gegenwart treffend zu beschreiben.
Sie trifft die Mentalität und Stimmung
jener Zeit, in der um 1890 der Lenzkircher
Kaufmann Oskar Spiegelhalder begann, im
Schwarzwald Alltagsgegenstände seiner Vergangenheit
zu sammeln. „[…] Ich war bald als
eine Art von Halbnarr bekannt. Denn das was
ich kaufte, betrachtete man als alten Krust
und wertlosen Kram“2 notierte er selbst dazu.
Noch waren wachsende Müllberge als Folgen
der modernen Konsumgesellschaft nicht sichtbar,
jedoch stapelten sich in den Speichern der
Menschen bereits jene Dinge, die außer
Gebrauch gekommen waren. Ein Paradies für
Sammler jeglicher Couleur, und einer ihrer
Großen war Oskar Spiegelhalder aus Lenzkirch.
Am 9. 10. 1909 kaufte der badische Staat
seine „zweite Schwarzwaldsammlung“, und auf
dieses Ereignis lohnt es sich aus vielerlei
Gründen zurückzublicken – nicht zuletzt, weil
es viele Bezüge zur Entstehungsgeschichte
jenes Vereins gibt, dessen hundertstes Jubiläum
2009 ebenfalls gefeiert wird, des „Landesvereins
Badische Heimat e. V.“ Auch die Person
Oskar Spiegelhalders selbst verknüpft sich mit
der Geschichte der „Badischen Heimat“, war er
1909 doch eines ihrer Gründungsmitglieder.
Spiegelhalder war passionierter Volkskundler
und damit Anhänger einer Wissenschaft und
eines Tätigkeitsfeldes, dem sich auch die „Badische
Heimat“ verschrieb: der Sicherung, Erforschung
und Darstellung historischer Alltagskultur.
Kleider machen Leute
(2019)
Als der Maler Rudolf Gleichauf (1826–1896) vor nun 150 Jahren – genauer am 15. Dezember
1869 – für die Fertigstellung von fünf Aquarellen mit Kostümdarstellungen aus St. Georgen eine
letzte Abschlagszahlung des festgesetzten Honorars von 2.300 Gulden aus der badischen Staatskasse erhielt, endete ein Projekt besonderer Art.
Denn über neun Jahre hinweg hatte Gleichauf auf dem Gebiet des damaligen Großherzogtums Baden ‚Trachten‘
als spezifische Kleidungsformen des ländlichen Raums erforscht und dokumentiert. In mehreren Reisen durchstreifte er dazu in großherzoglichem Auftrag das Staatsgebiet und fertigte zwischen 1861 und 1869 insgesamt 39 Aquarelle sowie eine darauf bezogene
105-seitige handschriftliche Beschreibung des Aussehens und der Kosten von 13 unterschiedlichen Kostümen an, die „Beschreibung Badischer Landestrachten“. Entgegen der ursprünglichen
Planung wurden nur wenige Motive als Lithografie reproduziert und der zugehörige Text blieb
bis heute unveröffentlicht.
Aus Anlass seines eigenen 100-jährigen Jubiläums legt das Badische Landesmuseum Karlsruhe, in dessen Besitz sich Aquarelle und Autograf heute befinden, 2019 eine kommentierte Edition dieses Werkes vor, dessen Zugang im Jahr 1869 zugleich den Auftakt einer eigenständigen
volkskundlichen Sammlung bildete.
Architektonische Konzeption und bildnerischer Schmuck zeichnen den Rottweiler
Kapellenturm als „einen der schönsten gotischen Türme von Prag bis Paris" aus.
Sein kunstgeschichtlicher Rang ist so hoch, daß die Forschung von einem eigenen
Rottweiler Stil sprechen konnte, welcher während der Entstehungszeit des Turmes
entwickelt wurde und nach Augsburg, Schwäbisch Gmünd und Esslingen und
über die Grenzen der Kunstlandschaft Schwaben hinaus weiterwirkte.
Kunstwerke aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis in der Sammlung Dursch im Rottweiler Dominikanermuseum
(2006)
Nach den musealen Veränderungen der letzten Jahre in Donaueschingen verfügt in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg wohl das Dominikanermuseum Rottweil mit der Sammlung Dursch über den bedeutendsten Schatz spätmittelalterlicher Kunst. Es handelt sich um mehr als 170 Exponate, welche der katholische Kirchenrat Dr. Georg Martin von Dursch (1800–1881) gesammelt hat und die seit 1851 für 140 Jahre in der Rottweiler Lorenzkapelle ausgestellt waren, bis sie
zusammen mit den Funden aus Arae Flaviae, der römischen Vorgängerstadt des heutigen Rottweil, 1991 in einem Museumsneubau am Platz des einstigen Rottweiler Dominikanerklosters eine sachgerechte und würdige Unterbringung gefunden haben. Dies war nur möglich, weil das Land Baden-Württemberg die Stadt Rottweil bei der Erfüllung dieser Aufgabe tatkräftig unterstützt hat. Umgekehrt war das Land zu seinem Engagement deshalb zu bewegen, weil die Rottweiler Römerfunde und die Holzbildwerke der Sammlung Dursch in ihrer überregionalen Bedeutung als unstrittig anerkannt galten. Allerdings hat der von der Stadt Rottweil zu tragende laufende Museumsbetrieb die Finanzen der Großen Kreisstadt inzwischen so belastet, dass zuletzt die Öffnungszeiten des Dominikanermuseums auf sechs Nachmittage pro Woche beschränkt wurden.
Das Spätmittelalter brachte auch auf der Baar Schritt für Schritt die immer weiter gehende Ablösung der Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft. Eine nicht unwichtige Rolle spielten dabei Juden - durchaus nicht begeistert, sondern von christlicher Seite in dieses Tätigkeitsfeld gedrängt, andererseits jedoch mit unübersehbarer beruflicher Kompetenz. In Erscheinung tritt dabei schon 1324 der Jude Jacklin von der Rottweiler Gemeinde, der immerhin Kaiser Ludwig den Bayern zu seinen ,,Kunden" zählen konnte. In der Mitte des 15 . Jahrhunderts ist in ähnlichem Zusammenhang Leo oder Löw der Jude von Villingen zu nennen.
Zu Ferdinand von Freiburg
(2017)
Im XXXI. Jahrgang dieser Zeitschrift wurde 2008 vom Verfasser des vorliegenden Beitrags erstmals in groben Zügen die Geschichte der Villinger Familie Freiburger (Fryburger, von Freiburg) skizziert. Auf Grund der dürftigen Quellenlage
musste diese Darstellung der Geschichte der Familie für das 17. Jahrhundert vergleichsweise unvollständig bleiben, vor allem was Ferdinand von Frieburg betraf, von dem sich allenfalls zusätzlich zeigen ließ, dass er in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges und in den Jahren danach in Villingen eine gewisse Rolle gespielt haben muss.
Die Antwort auf die Frage, wann welcher Komtur
an der Spitze des Johanniterhauses in Villingen
stand, hängt naturgemäß von der Nennung der
betreffenden Persönlichkeiten in datierten Archivalien
ab. Aus diesem Grund weist die Reihe der
Villinger Komture bisher zeitliche Lücken auf.
Werden neue Nennungen greifbar, so lassen sich
solche Lücken eingrenzen oder ganz schließen.
Dies gilt auch für das 16. Jahrhundert, aus dem bis
1571 schon folgende Villinger Komture mit ihrer
„Regierungszeit“ bekannt gewesen sind:
Wilhelm von Remchingen 1485 – 1513
Gabriel von Breitenlandenberg 1518
Philipp Schilling von Cannstatt 1523
Wolfgang von Masmünster 1523 – 1536
Rudolf von Rüdigheim 1539 – 1541
Georg Andreas Kechler
von Schwandorf 1546 – 1571
Im Rahmen von Forschungen zur kirchlichen Kunstgeschichte fiel dem Verfasser 2012 in der katholischen Pfarrkirche St. Blasius im heutigen Donaueschinger Teilort Aasen am rechten Seitenaltar ein Oberbild auf (vgl. Abb.). Schon aus stilistischen Gründen kann es unzweifelhaft dem Rottweiler Barockmaler Johann Achert (ca.1655–1730) zugeschrieben werden, der mit seinem Werk in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit nicht nur bei Spezialisten der Kunstgeschichte gefunden hat. Achert wird in den Quellen ungefähr seit 1680 greifbar. Er hat ein aufschlussreiches Skizzenbuch hinterlassen, großformatige Altarblätter für die Stadtkirche in Weil der Stadt und für Kirchen in Solothurn und Freiburg i.Ü. gemalt, für Klöster wie Salem, Beuron, St. Blasien, Rottenmünster oder Wittichen gearbeitet und zahlreiche Aufträge aus den Kreisen von Adel und Klerus
erhalten. So können heute mehr als 140 Werke des Meisters namhaft gemacht werden. Seine Rottweiler Werkstatt wurde durch seinen Sohn Jakob Christoph (1690–1750) weiterführt.
Am oberen Neckar erlangten die niederadligen Herren von Bern im 13. und 14. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung - zuerst als Besitzer einer Burg und später auch in der aufstrebenden Stadt Rottweil. Mit Wilhelm von Bern, der in Rottweil 1406 bei der Besieglung einer Urfehde erstmals fassbar wird, beginnen sie im 15. Jahrhundert, sich endgültig aus dem Rottweiler Raum zurückzuziehen, um bis zu ihrem Aussterben im mittleren und unteren Kinzigtal eine beachtliche Rolle zu spielen. Den Weg in diese Gegend wiesen wohl alte Verbindungen zu den Fürstenbergern und die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem „Rottweiler" Zweig und jenen Bernern, die bereits vor der Mitte des 14. Jahrhunderts in Haslach wichtige Stadtämter bekleidet hatten. Von Bedeutung mag ferner gewesen sein, dass mit Konrad von Blumberg zwischen 1398 und 1415 ein Verwandter von Wilhelm von Berns Gemahlin das politisch immer noch gewichtige Schwarzwaldkloster Gengenbach als Abt leitete. Wilhelm von Bern erscheint nämlich in der Ortenau erstmals im Jahre 1418 mit zwei Nennungen als Schultheiß von Zell am Harmersbach, den einzusetzen als Privileg den Gengenbacher Äbten zustand.
Der Johanniterorden
(2007)
Gründung und Anfänge
Vergleichsweise dicht ist die Überlieferung zur
Gründung des Johanniterhauses Villingen. Es lässt
sich glaubhaft belegen, dass Graf Heinrich I. von
Fürstenberg am 2. September 1253 „das ritterliche
Haus zu Villingen“ stiftete. Sicher gingen dem
Vorbereitungen voran, die sich über ein gutes
Jahrzehnt erstreckt haben können. 1257 befreite
die Villinger Bürgerschaft dann im Einverständnis
mit Graf Heinrich von Fürstenberg als Stadtherrn
das Johanniterhaus von allen Lasten und Dienstbarkeiten sowie von jeglicher Wehr- und Schutzpflicht. Außerdem wollten die Villinger Rechtssachen der Kommende vor ihrem Stadtgericht
immer bevorzugt behandeln. Noch im gleichen
Jahr gab Graf Heinrich seine Zustimmung, dass
jedermann bei den Villinger Johannitern eintreten
und ihnen seinen Besitz übereignen könne.
Die Herrenkramersche-Krippe
(2003)
Rottweil ist eine Stadt mit Krippentradition. Unter
ihren Kirchenkrippen fällt in der Kapellenkirche
die Altarkrippe des Asam-Schülers Joseph Firtmair
mit ein Meter hohen Brettfiguren von etwa 1730
ins Auge. Noch vor 100 Jahren gab es auch in
jedem alten Rottweiler Stadtviertel zwei oder drei
Krippen in Bürgerhäusern, die in der Weihnachtszeit zum Besuch einluden. Die wichtigste und
„volkskundlich interessanteste“ unter ihnen ist
sicher die „Herrenkramersche Krippe“.
Zu den ältesten, reichsten und vornehmsten
Familien der spätmittelalterlichen Stadt Rottweil
zählten die Freiburger oder Friburger. Ihr Name
dürfte auf die Herkunft der Familie aus Freiburg im
Breisgau oder Freiburg in der Westschweiz hinweisen. 1243 kommt der Name „Freiburger
(Vriburgere)“ in Zürich vor1. Schon im Jahre 1300
erreichte Eberhard Freiburger Amt und Würde
eines Rottweiler Schultheißen. Bis 1550 saßen
danach nicht weniger als 14 männliche Angehörige
der Familie im Rottweiler Rat und vier stiegen
sogar zur Würde eines Bürgermeisters der
Reichsstadt auf.
Die Verbindungen Straßburgs mit dem Gebiet der heutigen Ortenau waren und sind vielfältig. Neben den politischen Verknüpfungen – jahrhundertelang hatte das Hochstift Straßburg rechtsrheinisches Besitztum – ist insbesondere die kulturelle
Ausstrahlung der Stadt nach Mittelbaden bedeutsam. Beispielhaft wird hier an das Wirken der Straßburger Orgelbauer Andreas Silbermann und seines Sohnes Johann Andreas im 18. Jahrhundert erinnert. Anlass dazu ist das 250-jährige Jubiläum der Johann Andreas Silbermann-Orgel in Ettenheimmünster in diesem Jahr. Diese Orgel ist mit mehr als 4/5 Originalsubstanz die besterhaltene Silbermann-Orgel in Baden!
Am 13. Juli 1790 flüchtete Kardinal Louis Rene Edouard Prince de Rohan-Guemene, Fürstbischof von Straßburg, von der Revolution vertrieben in sein rechtsrheinisches Territorium nach Ettenheim. Hier residierte er bis zu seinem Tod im Jahr 1803. Wie er flohen viele Menschen aus allen Gesellschaftsschichten über den Rhein. Ettenheim wurde Haupterwerbsplatz für ein geplantes Emigrantenheer. Die rasche Ansammlung der vielen Fremden und Soldaten verursachte große Schwierigkeiten: Ihre Unterbringung war ein nahezu unlösbares Problem; die Neuankömmlinge wurden in Wirtshäusern einquartiert und, da diese rasch überfüllt waren, auf die Privathäuser verteilt; teilweise mussten die einheimischen Bürger ihre Wohnungen räumen. Provisorische Lager, auch dürftige Zeltlager, wurden errichtet. Zusätzliche Probleme traten durch widrige Witterungsverhältnisse auf. Durch den gewaltigen Zuzug von Fremden und den ständigen Durchzug von Soldaten wurden unbekannte ansteckende Krankheiten eingeschleppt. Seuchen brachen aus. Die Medizin, das Gesundheitswesen allgemein, wurde von besonderer Bedeutung für die Menschen vor Ort.
Die Tagebücher des Ettenheimer Bürgers und Chirurgus Joann Conrad Machleid sind die wertvollsten Quellen für die Geschichtsforschung der Stadt Ettenheim in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, einem Zeitraum, der für diese Stadt von großer Bedeutung war. Joann Conrad Machleid hat zwei großvolumige Tagebücher hinterlassen, Diarien, wie er sie nennt. Sie umfassen insgesamt 1144 Seiten, meistens eng beschrieben. Die beiden Bücher befinden sich noch heute im Familienbesitz. Der erste Band beginnt im Jahr 1755. Der zweite Band endet im Jahr 1794, kurz bevor Machleid starb. In diesen beiden Bänden berichtet Machleid über all die Geschehnisse, die er für so wichtig erachtete, dass er sie aufschrieb. Teilweise reichen seine Aufzeichnungen auch weit in die Vergangenheit zurück und beruhen dann auf mündlichen Überlieferungen. Dadurch blieb das Wissen über viele Ereignisse im Stadtgeschehen erhalten, was ohne seine Aufzeichnungen sicher verloren gegangen wäre.
Das Schulwesen in Ettenheim hat eine lange Tradition. Bezüglich
seiner Geschichte von den frühen Anfängen bis zum Ausgang des
18. Jahrhunderts ist unser Kenntnisstand jedoch recht dürftig.
Ursächlich ist die Vernichtung sämtlicher Urkunden und Akten
bei der Zerstörung der Stadt 1637 im Dreißigjährigen Krieg. Dabei
wurde das wertvolle mittelalterliche Stadtarchiv vollständig ein
Raub der Flammen.
Mit diesem Handicap hat die gesamte Ettenheimer Geschichtsforschung zu kämpfen.
Nur dem (aus archivalischer Sicht) glücklichen Umstand, dass
die Stadt rechtsrheinischer Amtssitz des Straßburger Bischofs und
der Abt des Klosters Ettenheimmünster Zehntherr in Ettenheim
war, ist es zu verdanken, dass dadurch wichtige Urkunden in Abschriften in den entsprechenden Archiven erhalten blieben.
Die von 1486 bis 1493 währende Doppelregierung Kaiser Friedrichs III. und
König Maximilians ist maßgeblich geprägt durch den Konflikt des Sohnes mit
den flämischen Städten. Indem der politisch noch recht unerfahrene Maximilian
den englischen Handel protegierte, schädigte er deren wirtschaftliche Prosperität.
Zugleich ignorierte er ihr Mitspracherecht in Fragen der Finanzpolitik und des
Steuerrechts. Auch die militärische Auseinandersetzung mit der französischen
Krone machte den Römischen König in Flandern denkbar unbeliebt. Als sich
Maximilian 1487/1488 in Brügge aufhielt, kam es zu einer dramatischen Zuspitzung
der Lage: Aus Angst vor einer Besetzung der Stadt durch heranrückende
deutsche Landsknechte schlossen die Einwohner ihre Stadttore und nahmen den
König am 5. Februar gefangen. Die königstreuen Magistrate Peter Lanchals und
Jan van Nieuwenhove wurden ihrer Ämter enthoben und wenige Tage später
enthauptet. Weitere Städte schlossen sich dem Aufstand (unter der Führung
Gents) an.