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Am Linkerskopf in den Allgäuer Hochalpen sind wie in zahlreichen anderen Gebieten der deutschen Alpen die Grat- und Gipfelbereiche durch Jahrzehnte lange Schafbeweidung stark eutrophiert und massiv geschädigt. Darauf wurde auch im Rahmen der Alpenbiotopkartierung hingewiesen. Der Linkerskopf zählt zu den floristisch artenreichsten Gebieten Bayerns. Im Rahmen eines naturschutzfachlichen Projekts wurde deshalb die Beweidung oberhalb der Enzianhütte ab 2004
teilweise, seit 2005 vollständig eingestellt. Als Ersatz für die Gipfellagen wurde eine Fläche um die Linkersalpe mit Weidezaun abgegrenzt, in der die Schafe seit 2004 eingepfercht wurden. Als Pflegemaßnahme wurden in 2004 und 2005 stark verlägerte, von Rasenschmiele (Deschampsia cespitosa) dominierte Bereiche um die Linkersalpe jeweils einmalig gemäht. 16 vegetationskundliche Dauerbeobachtungsflächen sollen den Einfluss der Nutzungsänderungen dokumentieren.
In durch die Beweidung stark degradierten Flächen der Linkersalpe ließen sich zwei Jahre nach der Nutzungsumstellung auf Mahd erste Tendenzen zur Aushagerung und Auflichtung der stark verfilzten Deschampsia-Bestände erkennen. In den durch Schafskot stark eutrophierten Gipfellagen des Linkerskopfes zeigte sich in der Vegetationsperiode 2005 ein erster Vernarbungsprozess. Zwar dominierten als Hauptbestandsbildner weiterhin die Stickstoffzeiger Alchemilla subcrenata und Poa alpina, jedoch konnten bereits einzelne wertgebende Arten, wie Ligusticum mutellinoides und Erigeron uniflorus in die Flächen einwandern. An den Extremstandorten der Windkanten und Gratlagen war der Schafskot bereits durch Winderosion und Schneeverfrachtung größtenteils abgetragen, so dass vermutlich auch der Stickstoffgehalt im Boden zurückgegangen ist oder zumindest nicht weiter erhöht wurde. Am benachbarten Einödsberg wurden ebenfalls vegetationskundliche Untersuchungen nach Nutzungsumstellung von intensiver Schafbeweidung auf extensive Rinderälpung durchgeführt. Auch dort zeigten sich erste Regenerationsprozesse der Vegetation. Damit liegen für die Allgäuer Hochalpen erste Erkenntnisse
zu ökologisch verträglicheren Nutzungsformen des bedeutendsten alpinen Diversitätszentrums der Bayerischen Alpen vor. Regelmäßige vegetationskundliche Aufnahmen der Dauerbeobachtungsflächen (ein Monitoring) erscheinen aus naturschutzfachlicher Sicht unverzichtbar, zumal bisher keinerlei vergleichbare Erkenntnisse aus dem alpinen Bereich der Bayerischen Alpen zur Verfügung stehen.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Einfluss der Beweidung auf die Flora und Fauna der Alpe Einödsberg in den Allgäuer Alpen wurden zwischen 2003 und 2008 die Laufkäfer (Coleoptera: Carabidae) untersucht. Es handelt sich dabei um die intensivsten Aufsammlungen mittels Bodenfallen in den Bayerischen Alpen. Im Rahmen des sechsjährigen Projektes wurden fast 40.000 Individuen von 65 Arten bestimmt. In diesem Artikel wird eine kommentierte Artenliste vorgestellt sowie die festgestellten Zönosen und die Phänologie der Arten diskutiert. Dabei entsprechen die phänologischen Daten mit einer ausgeprägten Frühjahrsaktivität nach der Schneeschmelze den Erwartungen für Hochgebirgsstandorte. Bei den festgestellten Arten und Zönosen konnten zum einen mehrere Arten in ungewöhnlicher Höhe nachgewiesen werden. Des weiteren zeigt
sich, dass die Trennung in Arten des Offenlandes und Waldarten für Gebirgsstandorte wenig sinnvoll ist und andere Faktoren, z.B. das Mikroklima, für die Präsenz oder Absenz von Arten bestimmend sind.
Von 2003 bis 2008 wurden im Weidegebiet der Alpe Einödsberg südlich von Oberstdorf Spinnen mit Bodenfallen erfasst. Ziel der Untersuchung war die Spinnen-Taxozönose der vorherrschenden Vegetationseinheit Borstgrasrasen zu erfassen und im Vergleich mit anderen im Gebiet auftretenden Offenlandgesellschaften (Lägerfluren, Milchkrautweiden, Fettweiden, alpine Kalkrasen) sowie Grünerlengebüschen und Fichtenwäldern zu charakterisieren. Von besonderem Interesse war die Beurteilung der Entwicklung der durch die vorausgehende intensive Schafbeweidung geprägten Spinnenfauna im Lauf der seit 2001 durchgeführten extensiven Beweidung mit Jungrindern. Dazu wurden auch nahe gelegene, seit längerem unbeweidete Referenzstandorte vergleichbarer Lage in den Allgäuer Alpen besammelt. Die Spinnenfauna der Alpe Einödsberg erscheint artenreich. Insgesamt wurden 158 Arten nachgewiesen, darunter zahlreiche bisher nur selten
gesammelte und gefährdete Arten. Zwischen 11 und 36 Arten wurden während einer Vegetationsperiode an einzelnen Standorten gefangen. Am artenreichsten waren die tief gelegenen Kalkrasen mit Latschen, die langjährig unbeweideten, gleichzeitig thermisch begünstigten Standorte, aber auch einige der am stärksten durch Schafbeweidung veränderten Gratstandorte. Typisch für alpine Gebiete ist die hohe Frühjahrsaktivität, die aber im Gebiet durch enorm hohe Fangzahlen der Männchen von vier Wolfspinnenarten (Alopecosa pulverulenta, Pardosa amentata, P. oreophila, P. riparia) extrem ausgeprägt war. Die extreme Dominanz dieser Arten kann wohl auf die langjährige intensive Schafbeweidung zurück geführt werden, hat aber erstaunlicherweise nicht zu einem erkennbaren Rückgang der Artenvielfalt, weder an einzelnen stark veränderten Standorten noch im gesamten beweideten Gebiet, geführt. Entsprechend hat auch die seit 2001 deutlich
extensivierte Beweidung zu keiner eindeutigen Veränderung der Artenvielfalt und Diversität der Spinnen im Untersuchungszeitraum geführt. Beobachtungen an einzelnen Standorten lassen dennoch vermuten, dass sich über längere Zeit die Dominanzverhältnisse ändern werden und weitere alpine Arten (wieder) einwandern können. So sind Effekte der Beweidung auf zwei Lycosiden-Arten erkennbar: die Charakterart subalpiner Almwiesen Pardosa riparia nahm ebenso wie die alpine Pardosa oreophila insgesamt zu, am stärksten unter Beweidung am Grat. Die kontrollierte Beweidung stellt ein geeignetes Mittel dar, eine zunehmende Verbuschung durch Grünerlen zu verhindern und ein Mosaik verschiedener Vegetationstypen, Störungsintensitäten und Kleinsthabitate als Grundlage einer hohen Artenvielfalt zu erhalten.
Wir berichten über ein abgeschlossenes 6-jähriges Projekt zur Bestandserhebung der Flora und Fauna auf einer beweideten Alpe im Allgäu. Die erhobenen Daten dienen als Grundlage für die Sicherung, Entwicklung und Restituierung der stark gefährdeten Lebensgemeinschaften im Natura 2000-Gebiet „Allgäuer Hochalpen“. Die vegetationskundlichen Untersuchungen zeigen einen Verlust von Artenvielfalt und eine Veränderung der Pflanzengemeinschaften durch die langjährige intensive Beweidung mit Schafen. Seit der vor Projektbeginn erfolgten Nutzungsumstellung auf extensive Rinderbeweidung mit experimentell nicht beweideten sowie gemähten Flächen haben sich in bestimmten Vegetationseinheiten die Deckung einzelner Arten und die Zusammensetzung der Artengemeinschaft je nach Nutzung unterschiedlich verändert. In den artenarmen Lägerfluren am Grat konnte v.a. durch Mahd die Rasenschmiele zu Gunsten anderer Arten zurückgedrängt werden. Insgesamt zeigen sowohl Mahd wie auch langfristig die Beweidung positive Effekte in den am stärksten von der früheren Schafbeweidung veränderten Flächen. In den Brachen war dagegen keine Veränderung zu beobachten. In den zoologischen Untersuchungen wurden laufaktive Arthropoden mit Bodenfallen erfasst und davon die Hundert- und Tausendfüßer (Chilopoda, Diplopoda), Spinnentiere (Araneae, Opiliones, Pseudoscorpiones,
Acari: Oribatida), Ameisen (Formicidae), Heuschrecken (Saltatoria) und Laufkäfer (Carabidae) ausgewertet. Tagfalter wurden durch Beobachtung mit Fernglas und vereinzelte Fänge erfasst. Die Ergebnisse zeigen eine große Artenvielfalt im Untersuchungsgebiet und ergaben viele neue Erkenntnisse zum Vorkommen naturschutzrelevanter Arten. Der Artenverlust durch die Vornutzung scheint geringer zu sein und die verlägerten, botanisch verarmten Gratstandorte sind noch
artenreich. Verändert ist aber die Struktur der Taxozönosen. So sind z.B. die Spinnenzönosen extrem von wenigen Wolfspinnenarten dominiert. Die geomorphologischen und mikroklimatischen Bedingungen üben einen starken Einfluss aus, die aktuelle extensive Beweidung zeigte weniger klare Effekte. Eine gerichtete Entwicklung (zunehmender Artenreichtum,
Erholung) der Tiergemeinschaften war bisher nur bei den Laufkäfern zu beobachten. Die stärkste Veränderung der Artenzusammensetzung der Pflanzen- und Tiergemeinschaften ist bei Nutzungsaufgabe durch die zu erwartende z.T. sehr rasch fortschreitende Ausbreitung der Grünerle zu erwarten.
In Waldböden sind nicht nur chemische und physikalische Eigenschaften für die Bodenbiozönose wichtig, sondern auch
die Dynamik der organischen Streuauflage. Diese kann durch die Erfassung von Variablen aus dem Stickstoff- und Kohlenstoff-Kreislauf charakterisiert werden. Untersucht wurden dazu vier Bodendauerbeobachtungsflächen im Niedersächsischen Flachland, die Probennahme fand vier mal jährlich über zwei Jahre statt (1998 - 2000). Der Abbau von Zellulose und die Stickstoffmineralisationsleistungen wurden ein mal ermittelt. Über Korrelationskoeffizienten wurden die Zusammenhänge zwischen den Variablen, die ein Maß für die Versauerung sind, dem historischen Alter der Wälder und den Endprodukten der Stickstoff-Mineralisation dargestellt. Es ergaben sich keine deutlichen Zusammenhänge zwischen dem Grad an Versauerung und den Abbauleistungen. Der Ammonium-Gehalt war positiv mit der Menge an organischem Material und negativ mit dem mikrobiellen Zelluloseabbau gekoppelt. Es konnte keine Förderung mikrobieller Leistungen durch Ammonium festgestellt werden. Bildung von Nitrat und die höchsten N-Umsatzraten wurden nur in ehemals als Acker genutzten Standorten nachgewiesen. Die Kontinuität des Lebensraums des Waldbodens in den historisch alten Wäldern war ein wichtiger Einflussfaktor für die N-Mineralisation.
Neben Regenwürmern, denen weltweit eine besondere Rolle beim Abbau der organischen Substanz, der Nährstoffrückführung sowie der Bodenbildung und -Strukturierung zukommt, prägen in tropischen Landökosystemen Termiten und Ameisen als soziale Insekten durch ihren Individuen-und Artenreichtum die Bodenfauna. Als sogenannte Ökosystem-Ingenieure formen sie durch ihre Fraß-, Grab- und Nestbauaktivität sichtbar ihren Lebensraum und bestimmen zusammen mit den anderen Makrofauna-Vertretern (Regenwürmer, Asseln und Tausendfüßer) die Dynamik der Nährstoffkreisläufe.
Während eines Zeitraums von 5 Jahren (1981 - 1985) wurden Abundanz, Biomasse, Vertikalverteilung und Altersstadienverteilung der Enchytraeen eines Moderbuchenwalds im nördlichen Schwarzwald (Stadtwald Ettlingen) mittels Aufschlämmung erfasst (= Standardprogramm). Durchschnittlich leben an diesem Standort 46.000 lnd/m2 mit einer Biomasse von 1,31 g Trockengewicht (= 8,80 g Frischgewicht) pro m2. Die Populationsdynamik der Tiere verläuft, insbesondere bei der Biomasse, sehr regelmäßig mit Sommerminima und Wintermaxima und wird im Allgemeinen nur durch extreme klimatische Umstände verändert. Parallel zum Standardprogramm wurden auf unmittelbar benachbarten Flächen im Stadtwald Ettlingen im Rahmen des Chemikalienprogramms zwei Umweltchemikalien (PCP, 2,4,5-T) in jeweils 2 Konzentrationen (1 bzw. 5 g/m2) zweimonatlich für 2 Jahre (1982 - 83) ausgebracht. Während dieser Zeit sowie in der ebenfalls zweijährigen Erholungsphase (1984 - 85) wurden die Auswirkungen der Chemikalien auf die Populationsdynamik der Enchytraeen untersucht. In der Applikationsphase wurde die Zahl der Enchytraeen durch die Chemikalien stark reduziert. Die Wirkung trat dabei konzentrationsabhängig und schichtspezifisch auf. Außerdem beeinflussten die beiden Stoffe die Altersverteilung der Enchytraeen. Gewöhnungseffekte waren mit Ausnahme auf der 2,4,5-T(1)-Fläche nicht feststellbar. Wichtigster Faktor bei der Erklärung der Wirkung der Chemikalien ist ihr geochemisches Verhalten (Löslichkeit, Adsorption, Akkumulation) im Boden. Bis auf die Fläche mit der hohen PCP-Konzentration hatten sich Abundanz und Biomasse zwei Jahre nach Ende der Applikation weitgehend der Kontrolle wieder angeglichen. Dabei traten teilweise erhebliche Überschussreaktionen (mehrere hundert Prozent!) über Kontrollniveau auf, deren Höhe mit der vorhergehenden Wirkung umgekehrt korreliert war. Diese Zunahme ist eine Reaktion der Enchytraeenzönose auf den durch die Chemikalien bedingten Abbaurückstand der Streu, wie sie in ähnlicher Form in anderen Belastungssituationen auch gefunden wurde. Abschätzungen der energetischen Parameter (z.B. Respiration) der Enchytraeenzönose legen nahe, dass die gefundenen Beeinträchtigungen sich auch auf der Ebene ökosystemarer Funktionen (speziell des Streuabbaus) niederschlagen können. Die differenzierte Reaktion der Enchytraeen des Stadtwalds Ettlingen nach Applikation zweier Umweltchemikalien sowie Erfahrungen aus der Literatur belegen ihre Eignung als Monitororganismen in ökotoxikologischen Freilandstudien.
Die Wirkung des Fungizids Carbendazim auf den Streuabbau wurde am Beispiel des Abbaus von Heu, Buchenlaubstreu
und Cellulose untersucht. Carbendazim wurde in Labor-, Mikrokosmos- sowie in Freilandexperimenten in Konzentrationen
zwischen der maximalen praxis-üblichen und der 100-fachen Dosis eingesetzt. Bei allen drei untersuchten Substraten bewirkte Carbendazim einen verzögerten Abbau, der im Wesentlichen auf die toxische Wirkung von Carbendazim auf Lumbriciden zurückzuführen war. Die Effekte auf den mikrobiellen Streuabbau waren weniger deutlich und quantitativ nur nachweisbar, wenn keine Regenwürmer am Streuabbau beteiligt waren. Mikroorganismen und Mesofauna konnten die fehlende Abbauleistung der Regenwürmer im betrachteten Zeitraum quantitativ nicht kompensieren.
Naturmuseen haben traditionell die Aufgabe, Schätze der uns umgebenden Natur zu bewahren und der Öffentlichkeit einen Zugang zu ihnen zu eröffnen, der zuallererst auf Anschaulichkeit beruhen sollte. Hierfür ist das Auswahlprinzip des Naturalienkabinetts noch immer nicht überlebt: Der Besucher erwartet Großes, Schönes, Skurriles, Exotisches für ein ergötzliches Betrachten. Dort, wo die Grenzen der Erkennbarkeit (Ludwig Beck betont oft: der Mensch ist ein Augentier)
oder des Ekels und der Lächerlichkeit überschritten werden (die Regenwürmer hat schon Goethe zum Ziel faustischen Spottes gemacht), geht der Schauwert gegen Null. Welche Chance soll also das “einförmige Wurmgewimmel” im Boden, sollen millimeterkleine Bewohner der Bodenstreu im Besucherinteresse haben? So ähnlich hat wohl die Frage gelautet, die sich Direktor Dr. Erwin Jörg stellen musste, als sich 1975 ein Bodenzoologe um die Stelle des Leiters des Bereiches Zoologie im Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe bewarb. Schlimmer noch: Es war ein Professor der Universität Bochum, der seine Erfahrungen aus Südamerika bezog und unmissverständlich forderte, Bodenbiologie am Museum Karlsruhe zu etablieren. Was aber kann ein Universitätsmensch mit ausstellungsfernen Forschungsideen Nützliches an einem Museum leisten?
Transkriptionsrichtlinien "Digitalisierung und Volltexterkennung der ehemals Reichenauer Inkunabeln"
(2024)
Im Rahmen des Projektes „Digitalisierung und Volltexterkennung der ehemals Reichenauer Inkunabeln“ digitalisierte die Badische Landesbibliothek die 243 Titel umfassende Inkunabelsammlung aus der ehemaligen Bibliothek des Klosters Reichenau und erschloss diese mit Hilfe des Texterkennungssystems Transkribus. Die Digitalisate und Volltexte sind über die Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek verfügbar. Nachfolgende Transkriptionsrichtlinien wurden innerhalb des Projektes für die computergestützte Transkription von Inkunabeln und Frühdrucken definiert. Insbesondere liegen sie dem
Trainingsmaterial der auf der Transkribus-Plattform veröffentlichten Texterkennungsmodelle „Latin Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61337), „Latin/German Bilingual Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61316) und „German Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61285) zu Grunde. Das Projekt wurde von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg gefördert.
Es gäbe manche inhaltliche oder biographische Rechtfertigung dafür, sich dem Werk von Uta Ohndorf Rösiger über Hans Thomas „Rätseldrachen“ zu nähern, über das spielende Kind im aufgesperrten Drachenmaul. Alle Versuche wären aber nicht so überzeugend wie die völlig unwissenschaftliche Methode des Märchens, nämlich des an unvermuteter Stelle aufgefundenen „Schlüssels“, mit dessen Hilfe etwas Rätselhaftes sich plötzlich erschließen kann. Die Welt des Märchens ist für Uta Ohndorf Rösiger so wichtig, daß sie unmöglich etwas gegen eine Märchenmethode haben kann. Märchen sind für sie nicht eine feenhaft schöne Gegenwelt, sondern eine tiefgründig verschlüsselte Form der Auseinandersetzung mit der Rätselhaftigkeit oder auch mit der Härte des Daseins. So wie z. B. der Tiefenpsychologe und Theologe Eugen Drewermann nachdenkliche Bücher über Märchen schreibt, um damit zur Bewältigung des realen Lebens beizutragen. Es ist das Märchen als Grundmuster des Daseins, das für Uta Ohndorf Rösiger von der Kindheit an bis heute eine zentrale Rolle spielt. Natürlich
hat sie sich auch mit den orientalischen Märchen vertraut gemacht, und eine begeisternde Entdeckung für sie war die Hörspielfassung von Tolkiens Hobbits-Märchen in mehr als 30 grandiosen Fortsetzungen, wo die Hobbits z. B. einmal auf ihrer abenteuerlichen Fahrt in einer finsteren Höhle auf einer Wand plötzlich eine Edelsteinschrift leuchten sehen, ... und sie
können sie nicht entziffern.
Christian Meichelt
(2000)
Christian Meichelt. geb. 1776 in Nürnberg, gest. nach 1830, wird erstmals in einem Bayerischen Künstlerlexikon des Jahres 1810 genannt. Aber schon damals waren wohl die genauen Geburtsdaten nicht mehr zu ermitteln. Weitere Handbücher übernehmen und ergänzen Daten. Es wird auch auf seine Jugendzeit eingegangen, in der er ein begabter und fleißiger Schüler gewesen sein soll. Nagler berichtet ausführlich darüber. Im Künstlerverzeichnis Thieme/Becker wird schließlich alles stark verkürzend und nur in wenigen Worten unter der Überschrift Kupferstecher und Miniaturmaler Christian Meichelt zusammengefasst.
Nahe bei Zarten, Kirchzarten, Hinterzarten - dem alten Tarodunum, der schon vom römisch-ägyptischen Geographen Ptolemaios auf seiner Weltkarte ca. 120 Jahre nach Christus genannten Fluchtburg der Kelten - liegt, wunderschön eingebettet zwischen den nahen Bergen des Dreisamtales, die kleine Kapelle der alten Buchhändler-Familie Herder. Eines der Familienmitglieder, Dr. Theophil Herder-Dorneich ließ die Gebetsstätte 1968 - nach glücklich überstandenem 2. Weltkrieg - als Grablege für sich und andere Familienmitglieder errichten. Die Kapelle ist voller Symbolik, dient mehreren Konfessionen als Raum für den Gottesdienst, - im Volksmund trägt sie den Namen „Vaterunser-Kapelle“. So steht es auch groß an der Eingangstür. Die Kapelle will den Menschen „ein Zeichen am Wege sein, wie es einst die Feldkreuze waren“.
Johannes Kaiser
(2000)
Am 15. Mai 1976 im Kolpingsaal in Freiburg lernte ich Johannes Kaiser kennen. Er trug neben seinem allerersten Gedicht „Z’Obe an de Wiese“ dieses „Abschid“ vor, mit dem er den 1. Preis beim Wettbewerb „Jungi Mundart“ in der Sparte Lyrik errungen hatte. Ich war hin- und hergerissen. Hingerissen von diesem Gedicht, das Gefühle genauso zum Ausdruck bringen konnte, wie ich sie gerne ausgedrückt hätte, es aber nicht konnte. Diese ersten beiden Strophen: hinreißend. Und dann
dieses Jüngelchen da vorne, sanft wie ein Engel, lang gewelltes Haar, genauso wie ich es auch in meiner schon lange zurückliegenden Jugend getragen hatte. Ich war ja schon 21 geworden, und er war ganze vier Jahre jünger, ein absoluter Jungspund also, und dann so ein reifes Gedicht! Gerade deswegen war ich auch so hergerissen, neidisch auf dieses gelungene Gedicht, wo doch alle meine Versuche bisher im bloßen Benennen großer Gefühle stecken geblieben waren. Neidisch auch auf das Alter und den Erfolg des soviel Jüngeren und auf was weiß ich noch alles mehr. Das setzte sich
eine ganze Weile so fort. Er war der Igel, immer schon da, wohin ich mich gerade erst aufmachte. Er las vor mir in Hausen, kam im Radio, im Fernsehen, veröffentlichte seinen ersten Gedichtband: „Singe vo dir und Abraxas“, 1980, in einem richtigen Verlag, im Verlag Moritz Schauenburg, Lahr. Ich wollte, wenn ich schon nicht schneller sein konnte, wenigstens schnellstens nachziehen, schrieb ich inzwischen doch auch gute Gedichte, und zwar in einer ganz anderen Art. Aber mein Vater bremste mich wohlweislich. Du hast Zeit. Hast du überhaupt schon genug Gedichte, zu denen du voll stehen kannst?
Naturpark Südschwarzwald
(2000)
Nach den Ausführungen in der baden-württembergischen Naturschutzgesetzgebung handelt es sich bei einem Naturpark in erster Linie um ein großräumiges Gebiet, das als vorbildliche Erholungslandschaft entwickelt und gepflegt werden soll. Dieses Gebiet sollte sich überwiegend durch seine Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft auszeichnen. Im Naturpark Südschwarzwald stehen daneben, und dies ist eine völlig neue Variante der Auslegung des ursprünglichen Naturparkgedankens, vor allem die Bemühungen um die nachhaltige und naturverträgliche Entwicklung des ländlichen Raumes im Vordergrund. In dieser Absicht wurde am ersten Februar 1999 in Titisee der Trägerverein des mit knapp 322 000 Hektar größten deutschen Naturparks, der Naturpark Südschwarzwald e. V. gegründet. Der Naturpark Südschwarzwald wurde damit von den fünf Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Lörrach, Waldshut-Tiengen, dem Schwarzwald-Baar-Kreis und dem Stadtkreis Freiburg sowie von rund 100 Städten und Gemeinden, Verbänden und Vereinen, Wirtschaftsbetrieben und Privatpersonen aus der Taufe gehoben.
Ereignisse im „Makrokosmos“ der großen politischen Abläufe finden ihren Niederschlag im Geschehen des „Mikrokosmos“ der kleinsten Zelle des Staates, der Kommune, wo sie zumeist unregistriert, teils vergessen in den Ecken und Speichern gebündelt lagern, aus denen man sie nur trickreich und bei der Administration insistierend herausluxieren kann. So geschehen hier und dies ist die Voraussetzung zu einer „späten Nachlese“ als Ergänzung bzw. unter Zugrundelegung einer bereits an anderer Stelle unter Verwendung anderen Archivmaterials von außerhalb erfolgten Mitteilung zur „48er“ Revolution im Amtsbezirk Triberg.
Vor Ort lagern in Triberg über die Ereignisse der „48er“ VII Faszikel handschriftlicher, vorwiegend diskontinuierlicher inkohärenter, fragmentarischer Dokumente, die deshalb ähnlich einem Puzzlespiel zum näheren Verständnis der Ereignisse zusammengesetzt werden mußten.
"Theologen, Maler, Musiker"
(2000)
Anläßlich einer der jährlichen Routinefahrten in den „traumhaft-sonnigen Blütenfrühling“ nach Weinheim an der Bergstraße -
das wie ein „Stadtmärchen“ aus Franken imponiert und als „wunderschönes altes Städtchen“ von K. Demmel besungen wird,- von „den Göttern herrlich bedacht mit jedem Gut“ , - wo froh bewegtes Leben der Corpsburschen auf der Wachenburg oder Burg Windeck (ehemalige Lorscher Klosterfeste, sagenumwoben) und mit lustigem studentischen Treiben in den engen Fachwerkgassen zur Pfingstzeit das „Städtchen“ jährlich romantisiert - sendete der SWR im Autoradio Kammermusik von Ermanno Wolf-Ferrari -; apropos kam dabei noch der Hinweis auf väterliche Wurzeln des Komponisten in Weinheim. Ein new look! - , der spätestens dann zur Evidenz wurde, als man im Weinheimer Stadtarchiv genealogische Hinweise im Text- und Bildband vom Leben des Malers und Komponistenvaters August Wolf fand, dessen Vorfahren Theologen und fürstliche
Bedienstete waren (2A).
In Karlsruhe, der Residenz des Großherzogtums Baden, waren im 19. Jahrhundert zahlreiche bedeutende Druckereien angesiedelt, unter denen die Hasper’sche, was den Fortschritt - nicht die Größe - anbelangt, eindeutig herausragt. Der Druck des ersten badischen Papiergeldes, aller badischen Briefmarken sowie vieler anderer fälschungssicherer Druckerzeugnisse stammen von Wilhelm Hasper. F. Wilhelm Hasper wurde am 31. Juli 1796 in Annaberg in Sachsen geboren, wo bereits sein Vater eine kleine Druckerei betrieb. Er besuchte vier Klassen des dortigen Lyzeums und mußte seinem unbemittelten Vater nach Beendigung der Schulstunden schon ab dem zehnten Lebensjahr bei der Arbeit zur Hand gehen. Seine Lehre trat er
1810 bei dem Buchdrucker C. Tauchnitz in Leipzig an, den Hasper später selbst als „Vater der teutschen Typographie“ bezeichnet.
Manfred Markus Jung
(2000)
Seine Handschrift, nach vorn strebend, mit weichen Zügen, in warmen, runden Schwüngen füllt sie das Papier. Da ist nichts Flüchtiges, Verwischendes. Die Anfangsbuchstaben seines Namens sind aus der Tiefe geholt, so als ob er zuerst Luft holt, bevor er loslegt. Als ob er zuerst eine Schreibstrecke des Nachdenkens bräuchte, um anzufangen. Die kleinen ns sind
gerade an der Kippe. Sie schließen sich nicht, wie es vorgeschrieben wäre, sie sind leicht dem u zugeformt. Eine behutsame Offenheit, nicht mit der Tür ins Haus fallend, aber auch nicht verschlossen. Spätestens wenn die Gedichte Stimme werden, sich vom Geschriebenen in den Raum lösen, dann liegt alles offen. Er wählt fast immer schwarze Stifte, ob Kuli oder Feder. Schwarz. Was man schwarz auf weiß... Es hat etwas Gesetztes. Vielleicht auch er. Vor allem aber, man muß diese Texte auch immer wieder sehen. Mundart wird bei ihm zu Lesart.