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In welcher Form gibt es Baden auch nach 60 Jahren Baden in Baden-Württemberg? Wir meinen, es gibt Baden in Baden-Württemberg auch weiterhin als "eine geistige und kulturelle Kraft , die aus vielfältigen Traditionen schöpft" (Hansmartin Schwarzmaier). Die gelungene
Formulierung weist daraufhin, dass Baden nicht nur Geschichte ist, sondern eine Kraft, die weiterwirkt. Diese Auffassung, so interpretieren wir, sieht sich in Übereinstimmung mit der baden-württembergischen Administration. "Baden-Württemberg ist ein gelungenes Land",
schreibt P.-L. Weinacht in dieser Publikation, "wenn es ihm gelingt, seine regionalen Profile zu schützen und ihnen die Voraussetzung dafür zu geben, dass sie sich in schwieriger Zeit wohlbedacht fortentwickeln können". "Wenn ans alte Land Baden erinnert wird, wenn das Badnerlied erklingt, wenn die gelbroten Fahnen aufscheinen", dann sollte die Stuttgarter Zentrale tolerant sein, schreibt ein Autor in dieser Publikation. Aber sind die beschriebenen drei badischen "Lebensäußerungen" nun alles, was man uns zugesteht, was wir uns zugestehen?
Das Eindringen in die Vergangenheit erscheint vielen mühsam, gerade die Jüngeren schieben so etwas beiseite. Doch wir müssen unser historisches Erbe entdecken, annehmen und weitergeben. Wer nicht weiß, woher er kommt, weiß nicht, wohin er geht. Geeigneten Einstieg bietet die örtliche Historie, anknüpfend an Gestalten und Gegenstände des nahen Umfelds. So beginnend, gelangt man von den Erkenntnissen zur engeren Heimat hin zu den Geschehnissen in der größeren Landschaft , von da zu den Abläufen in den umgebenden Regionen, darauf aufbauend zur Geschichte von Land und Staat. Einer solchen Geschichtspflege hat sich die Baden-Badener stadtgeschichtliche Zeitschrift AQUAE seit über einem Vierteljahrhundert verschrieben. Herausgeber der Hefte ist der lokale Arbeitskreis
für Stadtgeschichte.
Die Wirtschaft war ein wichtiger Schrittmacher des modernen Baden. Im 19. Jahrhundert bildete das Eisenbahnwesen einen Motor technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderung. Es stellte einen bedeutsamen Industriezweig dar und führte im
wahrsten Sinne des Wortes die heterogenen Landesteile zusammen. Neben politischen Entscheidungen wie der Gewerbefreiheit begründeten Industrie, Handel und Handwerk den Ruf des "Musterländles". Vor diesem Hintergrund stellt sich heute die Frage, welche
Auswirkungen die maßgeblich über die Wirtschaft vermittelte Globalisierung für die Raumschaft hat. Dem schließt sich die Frage an, welche Rolle die Zusammenarbeit am Oberrhein in diesem Rahmen spielen kann. Hierzu im Folgenden einige Gedanken aus wirtschaftlicher Sicht, wobei die Region um die einstige Landeshauptstadt besonders in den Blick genommen wird.
Baden und seine Bibliotheken
(2012)
Wenn man von Bibliotheken spricht, weiß sicher jeder Leser dieser Zeitschrift , wovon die Rede ist, nämlich von Buchsammlungen, deren
Name von dem griechischen biblos abgeleitet wurde und für das Buch steht, im englischsprachigen Raum vom lateinischen liber, was dort zur Library führt. Allerdings hat die Bezeichnung Bibliothek noch eine weitere Bedeutung, mit ihr wird auch die räumliche Hülle dieser Sammlung bezeichnet, der Raum oder das Gebäude. Und eben diese Bibliotheksgebäude gehören neben Gebäuden für das Wohnen oder den Gottesdienst zu den ältesten Gebäudetypen überhaupt. Und davon soll hier die Rede sein, wenn es auch solche Gebäude schon gab, als man noch gar keine Bücher kannte und es Baden als Bezeichnung für ein Territorium auch noch nicht gab.
Zu den traditionellen konstitutiven Elementen einer badischen Identität wie gemeinsamen sozialen, wirtschaftlichen, sprachlichen
oder konfessionellen Erfahrungen und vor allem der Zugehörigkeit zu einem hierarchisch gegliederten Personenverband mit der Herrscherfamilie an der Spitze, kam im 19. Jahrhundert die rechtliche und weitgehend auch politische Egalisierung der Badener auf der
Grundlage einer modernen Verfassungsordnung hinzu. Welche Bedeutung die Zeitgenossen diesem neuen konstitutiven Element
badischer Identität zumaßen, lässt sich anhand der Feiern aufzeigen, die zu den Jubiläen der badischen Verfassung von 1818 veranstaltet
wurden: zunächst in einem zeituntypisch kurzen Erinnerungszyklus von 25 Jahren sowie nach 50 und 100 Jahren jeweils in besonderen
politischen Krisenkonstellationen, in denen der Fortbestand der Verfassung in hohem Maße gefährdet erscheinen konnte.
Unter der Überschrift "Badische Sonne im Herzen" gab der Wahlberliner Kabarettist Tilman Birr am 8. März 2012 der "Badischen Zeitung" ein Interview. Er wurde gefragt, ob sich "die Freiburger auf den ein oder anderen Badner-Witz einstellen" müssten. Birr verneinte das: "Das liegt daran, dass ich den badischen Dialekt nicht imitieren kann. Dann sollte man es besser lassen." Recht hat er, denn außer dem sogenannten "Badischen Akkusativ" des Interviewers ("auf ein Badner-Witz einstellen") hätte er sich da noch andere Probleme eingehandelt. Die von ihm verwendete Bedeutung von "badisch" steht nicht einmal im "Badischen Wörterbuch".
In diesem Jahr werden 900 Jahre Baden mit einer großen Landesausstellung im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe und einer Vielzahl weiterer Veranstaltungen im Land gefeiert, Anlass: Die erstmalige Erwähnung der Markgrafen von Baden im Jahr 1112. Gut 600 Jahre später ließ einer der Nachfolger des ersterwähnten Markgrafen Hermann von Baden, Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679–1738), am 17. Juni 1715 unweit einer Residenz Durlach den Grundstein zu seinem neuen Schloss Karlsruhe legen, was bis heute als Gründungstag der gleichnamigen Stadt gilt. Letzte Sicherheit, dass tatsächlich Karlsruhe und die badische Identität Ernst Otto Bräunche eine neue Stadt beim Schloss entstehen sollte, gab der am 24. September 1715 veröffentlichte Gründungsaufruf, mit dem der Markgraf rasch zahlreiche Neubürger anzog.
900 Jahre Baden?
(2012)
Eigentlich hat es sich ja längst herumgesprochen: Das 900jährige Jubiläum, das in diesem Jahr mit einer großen Ausstellung des Badischen Landesmuseums und üppigem Rahmenprogramm begangen wird, ist kein Landes- sondern ein dynastisches Jubiläum. Nicht das Land und schon gar nicht sein Name werden in diesen Tagen 900 Jahre alt, vielmehr trat vor 900 Jahren die Dynastie, die dieses Land bis 1918 regierte, zum ersten Mal unter dem Namen Baden in Erscheinung – einem Namen, der in Wirklichkeit sehr viel älter ist.
Rede des Direktors des Badischen Landesmuseums zur Eröffnung der Landesausstellung am 16. 6. 2012
(2012)
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Generalbundesanwalt, sehr geehrter Prinz Bernhard, sehr geehrte Familie von Baden,
meine Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass das Badische Landesmuseum mit Ihnen heute das 900jährige Jubiläum Badens feiern darf. Das Badische Landesmuseum ist zwar vielleicht – trotz unserer 350 000 Sammlungsobjekten – nicht das größte unter den Museen Baden-Württembergs, wenn auch letztes Jahr wieder das bestbesuchte trotz der damaligen Baumaßnahmen im und vor dem Schloss; es ist aber gewiss das internationalste. Durch unsere
Antikensammlung und das Engagement für die orientalisch-islamischen Kulturen kooperieren wir mit Museen in Frankreich, Italien, Griechenland, Türkei, Tunesien und jetzt insbesondere Algerien und produzieren entsprechende Ausstellungen. Deswegen vernachlässigen wir aber keineswegs die Kernaufgaben im Bereich der badischen bzw. oberrheinischen Geschichte, Kunst und Kultur. Das zeigt der heutige Tag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
eine alte Redensart lautet: "Man muss die Feste feiern, wie sie fallen!« In diesem Jahr feiern wir nicht nur den 60. Geburtstag Baden- Württembergs, sondern auch 900 Jahre Baden. Ich bin gerne in die alte badische Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe gekommen, um mit Ihnen die Jubiläumsausstellung "Baden! 900 Jahre. Geschichten eines Landes" zu eröffnen. Eine Ausstellung, die uns breit und facettenreich, mit vielen Geschichten und Objekten zeigt, was Baden geprägt hat und ausmacht. Die zentrale Frage lautet: Wie wurden wir, was wir sind?