020 Bibliotheks- und Informationswissenschaften
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Zu den Beständen des Stadtarchivs Bretten gehört ein kulturgeschichtlich wertvolles Büchlein mit dem barock ausladenden Titel Andächtige Uebung der Todangst-Bruderschaft Unseres am H. Kreuz sterbenden Erlösers Jesu Christi, welche zu gemeiner Auferbauung und zu Erlangung eines seligen Sterbstündleins aufgerichtet und gehalten wird zu Bretten in der Pfarrkirche zum H. Martyrer Laurentius, Welche im Jahr 1771 von einem hiesigen Bürger gestiftet, von Ihro
Hochfürstlichen Eminenz Franz Christoph genehmigt, und 1772 den 1. Jenner angefangen, nachgehends aber von Jhro Päbstl. Heiligkeit Pius VI. im Jahr 1775 den 11. Merz bestättiget, und auf den ersten Sonntag jeden Monats nebst zwey Titularfesten mit vollkommenen Ablässen begnädiget worden. 1776. Das Andachtsbüchlein hat ein Format von 13x8,5 cm, umfasst 56 paginierte Seiten und ist in Kursiv gedruckt.
Der Vertrag zwischen Fürstenberg und Villingen von 1501/1516 - eingebunden in Pergamentfragmente
(2008)
Zwischen den Pergamentfragmenten des Stadtarchivs Villingen-Schwenningen, die Edith Boewe-Koob beschreibt, befinden sich Abschriften eines Vertrages, den das Haus Fürstenberg und die Stadt Villingen im Jahre 1501 geschlossen haben. Der
Vertrag wurde über einen längeren Zeitabschnitt zwischen den beiden Parteien ausgehandelt und wohl erstmals im Jahre 1501 als Konzept niedergeschrieben. Der endgültige Vollzug durch Besiegelung fand jedoch erst im Jahre 1516 durch Friedrich Graf zu Fürstenberg statt. Hintergrund des Vertrags waren jahrzehntelange Auseinandersetzungen zwischen dem Hause Fürstenberg, das bis zum Jahre 1326 der Stadtherr von Villingen war und der Stadt Villingen über Macht und Einfluss in und um Villingen. Die aufstrebende Stadt versuchte ihren Einflussbereich auszudehnen und denjenigen ihres ehemaligen Stadtherrn zurückzudrängen. Dies gelang ihr offensichtlich auch. Im Einzelnen ging es um die Ausdehnung des Hoheitsbereichs der Stadt, um Geleit- und Zollrechte, die Verfolgung flüchtiger Eigenleute, die Zuständigkeit von Gerichten, um die gegenseitige Anerkennung von Münzen und von Gerichtsurteilen. Jagdgerechtigkeiten, Zugang zu den Märkten, Ausleihe von Henkern und die zukünftige Schlichtung von Streitigkeiten waren weitere Vertragspunkte .
Bücherschätze
(2020)
Seit fünfzehn Jahren wird im Markgräfler Museum Müllheim eine wissenschaftliche Regionalbibliothek mit den Schwerpunkten Geschichte und Kunst des Markgräflerlandes aufgebaut. In kurzer Zeit ist sie auf rund 7000 Bände angewachsen. Ein bedeutender Neuzugang ist die »Badische Bibliothek« der Familie Blankenhorn, die Erich Blankenhorn ausgebaut und geordnet hat. 2016 hat die Familie dem Markgräfler Museum diese wertvolle Privatbibliothek als Schenkung übergeben – mit 772 lateinischen und deutschen Geschichtsbänden, religiösen Traktaten sowie Büchern zu wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und literarischen Themen der Region. Das älteste Werk datiert von 1599.
Der Froschmäusekrieg
(2009)
Als der neue Direktor des Großherzoglichen Gymnasiums in Offenburg, Professor Franz Weißgerber, im Jahre 1841 seine Schulbibliothek „genauer durchforschte", machte er im Katalog der Bücherei eine aufregende Entdeckung, die er unter der Überschrift „Alterthumsfreunden zur Nachricht" des Jahresprogramms für das Schuljahr 1841/42 (Seite VI) der Öffentlichkeit vorstellte. Er hatte beim Vergleich mehrerer klassischer Schulautoren eine „sehr alte Ausgabe der Batrachomyomachie" ( = Homers „Froschmäusekrieg") entdeckt. Bei einer genaueren Untersuchung fand er heraus, dass
sie um zwei Jahre älter war, als die bislang als älteste geführte Florentiner Ausgabe des Chalkondylas von 1488, die der gelehrte Altphilologe Weißgerber entweder kannte oder ebenfalls in der Bibliothek vor Augen hatte. So wurde der neue Direktor, der bereits seit 1834 als Gymnasiallehrer an der Schule unterrichtete, schon in seinem ersten Amtsjahr zum Entdecker eines bedeutenden Wiegendrucks aus dem Erbe der Klosterbibliothek. Begeistert beschreibt er sie als „besser in der Anordnung der Verse", der „Lesearten" und der „Scholien" (= Kommentare), die er „roth gedruckt" über dem Text lesen konnte. Sein Fazit: ,,Diese Ausgabe ist die wahre editio princeps (= Erstausgabe), höchst interessant und würdig, neu edirt zu werden." Ob Weißgerber, der als kritischer Herausgeber altgriechischer Lyrik dazu sicher in der Lage gewesen wäre, sich dieser verlockenden Aufgabe tatsächlich unterzogen hat, ist nicht bekannt.
Im Literaturband der Ortenau 2013 darf ein berühmter und prächtiger Vergil aus der Historischen Bibliothek der Stadt Offenburg nicht fehlen. Seit 1000 Jahren wird der große römische Dichter in der Klosterlandschaft der Ortenau mit ihren bedeutenden Benediktinerklöstern abgeschrieben, mit bunten Initialen ausgemalt, studiert und somit der Nachwelt überliefert und, später nach den Handschriften gedruckt, der Nachwelt bewahrt. Und auch in der heutigen Schullandschaft des Ortenaukreises mit ihren zahlreichen lateinsprachigen Gymnasien wird Vergil in der Oberstufe als Sternchenthema der Leistungskurse immer noch gelesen, übersetzt, interpretiert und im Abitur geprüft. Die nahen Universitäten bieten immer wieder Vorlesungen zur augusteischen Literatur und namentlich zu Vergil an. Aus den Klosterbibliotheken des ehemaligen Franziskanerklosters in der Langen Straße, heute Klostergymnasium „Unserer Lieben Frau", und des alten Kapuzinerklosters in der Gymnasiumstraße, heute Grimmelshausen-Gymnasium, sind eine Reihe wertvoller Vergilausgaben zu uns gekommen, die
jetzt wohlgehütet und wohlklimatisiert Bestandteile der Historischen Bibliothek der Offenburger Stadtbücherei sind.
2009 wurde in Offenburg der sensationelle Fund
eines venezianischen Buches aus dem Jahre 1486
präsentiert, das als erster Druck eines Werkes
griechischer Literatur gilt, und neben der Amerikakarte Waldseemüllers aus dem Jahre 1507
wegen seiner Einmaligkeit zu den Kostbarkeiten
der Historischen Bücherei der Stadt Offenburg
zählt (Abb. 1). Hier soll nun der Bestand eines der
bedeutendsten lateinischen Dichter der augusteischen Klassik vorgestellt werden, wie ihn uns die
humanistischen Schulbüchereien der beiden mittelalterlichen Offenburger Klöster hinterlassen
haben. Ovid (43 v. Chr. - 18 n. Chr.) als der
jüngste, sicher auch der modernste und für uns
aus vielen Gründen interessanteste Dichter der
frühen Kaiserzeit ist in der antiken und mittelalterlichen Überlieferung ebenso stark vertreten,
wie seine Zeitgenossen Horaz und Vergil. Bedeutende andere Dichter dieser Epoche, wie der
heute immer noch lesenwerte Catull mit seinem
schmalen Opus und die eindrucksvollsten Vertreter der römischen Liebeselegie, Tibull und Properz, sucht man
allerdings in den Beständen der Klosterschulbibliothek vergebens:
Sie kamen wegen ihrer Thematik als Schulautoren nicht infrage
und wurden als solche nicht tradiert. Zwei neue Aspekte der
Ovidinterpretation anhand der hier vorhandenen Editionen sollen die Vorstellung des Offenburger Bestandes ergänzen.
Der Hausheilige
(2010)
Marbach am Neckar wäre der Welt unbekannt geblieben – und das völlig zu
Recht –, wäre dort nicht seinerzeit Friedrich Schiller geboren worden. So aber ist der
Name der Stadt, ähnlich wie bei Stratford-upon-Avon und William Shakespeare,
untrennbar mit dem des Dichters verbunden, und die Stadt hat es verstanden,
daraus Kapital zu schlagen. Man gründete den Marbacher, später den Schwäbischen
Schillerverein (heute: Deutsche Schillergesellschaft), man errichtete ein Schiller-Denkmal, erbaute das Schiller-Nationalmuseum, schließlich das Deutsche Literaturarchiv. Dadurch hat die Welt neben Schiller einen zweiten Begriff, den sie mit
Marbach assoziieren kann: das Deutsche Literaturarchiv, das sich als Quelleninstitut
und Forschungseinrichtung mittlerweile internationaler Berühmtheit erfreut.
Obwohl das Literaturarchiv sich längst von Schiller emanzipiert hat, für die Epochen
der Jahrhundertwende oder des Expressionismus, für Exilliteratur oder DDR-Literatur,
für Verlagsarchive oder Philosophennachlässe und für vieles andere einsteht, obwohl
also dieses Institut vornehmlich den Phänomenen der Moderne zugewandt ist, bleibt
Schiller nach wie vor sein Hauspatron. Und trotz des Literaturmuseums der Moderne,
trotz zahlloser Sonderausstellungen zu wichtigen Autoren, Themen und Problemstellungen der deutschen Literatur ist die Schiller-Dauerausstellung im Schiller-Nationalmuseum das Marbacher Markenzeichen geblieben, ist die vierjährige Zeit
zwischen 2005 und 2009, als keine Schiller-Ausstellung dort zu sehen war, vom
Publikum als so etwas wie ein Interregnum, als schreckliche kaiserlose Zeit empfunden worden. Galt früher doch sogar die Regel, dass in Schwaben eine Heirat erst dann
richtig gültig war, wenn das Paar gemeinsam das Marbacher Schiller-Museum besucht
hatte. Nun und andererseits, die baubedingte Museums-Schließung der letzten Jahre
hat die Zahl der Eheschließungen in der Ludwigsburger Region nicht merklich
beeinflusst, so dass man annehmen kann, dass auch die öffentliche Wahrnehmung
des Marbacher Instituts als Schiller-Stätte allmählich schwächer wird. Jedoch bieten
Jubiläumsjahre wie das eben verflossene beste Gelegenheiten, die Verhältnisse wieder durcheinander zu wirbeln und Kafka und Döblin, Heidegger und Jünger, Celan
und Sebald, und wie sie alle heißen mögen, durch den bewährten Publikumsliebling
Schiller auf die Plätze zu verweisen. Man darf also gespannt sein auf die weitere
Entwicklung des Öffentlichkeitsinteresses.
Die Geschichte der Gründung des Klosters Mariental in Steinheim an der Murr ist
schon mehrfach thematisiert worden. Zu der von Berthold von Blankenstein und
seiner Gattin Elisabeth durchgeführten frommen Stiftung sind gleich mehrere
urkundliche Zeugnisse überliefert und doch wurde in der Literatur eine »eigentliche Gründungsurkunde« vermisst. In der Tat ist in einem Teil der einschlägigen
Dokumente von der geplanten, in anderen von der bereits vollzogenen Klostergründung die Rede. Gewissermaßen an der Schnittstelle zwischen beiden Gruppen steht jene, heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufbewahrte Urkunde, in der
die Stifter Berthold und Elisabeth von Blankenstein eine Reihe von Verfügungen
bezüglich ihrer Stiftung treffen. Einerseits wird in dem Stück eine bereits gegründete Kirche der Nonnen (ecclesiam sanctimonialium, quam ... fundavimus) erwähnt, andererseits wird deutlich, dass Kloster und Klausur noch nicht eingerichtet sind. Bestimmungen hinsichtlich der Klostervogtei, einem im Wortsinn grundlegenden Element der Klosterverfassung, sind ebenfalls hier zu finden. Dies lässt
vermuten, dass unsere undatierte Urkunde zwischen der von Bischof Heinrich
von Speyer am 31. Dezember 1254 ausgestellten Genehmigung für die Klostergründung und Klosterausstattung5 und der am 18. November 1255 vom Propst
von Beutelsbach auf Weisung des Papstes vollzogenen Inkorporation der Steinheimer Pfarrkirche mit allem Zubehör in das Kloster Mariental einzuordnen ist. Da
die Forschung heute bei Gründungsvorgängen allgemein von einem »gestreckten
Verlauf« ausgeht, dürfen wir das von Berthold und Elisabeth von Blankenstein
ausgestellte Dokument, in dem sich der Stifterwille manifestiert, durchaus als
»Gründungsurkunde« des Klosters Mariemal in Steinheim betrachten. Bemerkenswert ist, dass eine Bestimmung der Klostergründer mindestens drei Jahrhunderte überdauert hat: In der 1577 von der württembergischen Klosterhofmeisterei
aufgenommenen Beschreibung der Baulichkeiten im Klosterbezirk findet sich eine
Vorschrift hinsichtlich der Benutzung der Klostermühle in genau der Form, wie
sie 1255 festgelegt wurde.
Es ist eine „Heimkehr auf Zeit", wenn im Herbst 2003 eine kostbare Auswahl von Buchschätzen aus der ehemaligen Salemer Klosterbibliothek für einige Wochen an den Bodensee zurückkehrt, auch wenn sie nur eine Ahnung vom einstigen Reichtum an illuminierten Pergamenthandschriften, an Drucken und kostbar gebundenen literarischen und wissenschaftlichen Werken des im Jahre 1824 auf 50 000-60 000 Bände geschätzten Bestandes geben kann.
Der Nachlass des Prälaten Hans Bornhäuser fand, nachdem bereits 2008 kleinere Teile eines „Nachlasses Bornhäuser“ durch den verstorbenen Prälat i.R. Gerd Schmoll übergeben worden waren, im Februar 2013 mit der Übernahme des Hauptnachlasses von der Witwe Ilse Bornhäuser in Freiburg seinen Weg in das Landeskirchliche Archiv Karlsruhe.
Der Bestand beinhaltet 283 Verzeichnungseinheiten mit einem Umfang von insgesamt 1,9lfden. Metern und
einer Laufzeit von 1900 bis 1987. Er umfasst Dokumente aus dem beruflichen wie aus dem persönlichen Leben.
Hans Bornhäuser entstammte einer religiös geprägten Familie: Am 21. Februar 1908 wurde er als erstes Kind des Pfarrers
Wilhelm Bornhäuser und dessen Frau Helene geb. Gonser in Uiffingen bei Boxberg geboren. 1910 wurde der Vater an die Stiftsanstalten in Freiburg versetzt, wo Hans Bornhäuser seine Kindheit und Jugend verbrachte. 1926 nahm er das
Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte an der Universität Marburg auf, wo sein Onkel Karl Bornhäuser als Theologieprofessor wirkte. Während seiner Studienzeit verbrachte Hans Bornhäuser einige Semester an der Theologischen Schule in Bethel und an der Universität Erlangen.
Bei der Suche nach älteren Literaturquellen sind in den letzten Jahren zwei gegenläufige Trends zu beobachten. Zum einen ist es bei den verschärften Sicherungs- und
Sicherheitsstandards zunehmend schwieriger und teurer geworden, Originale zur
Einsicht oder gar in die Hand zu bekommen. Erfreulicherweise wurden im Zeitalter der Digitalisierung aber auch neue Zugänge zur alten Literatur geöffnet, von
denen mancher „Bücherwurm“ früher nicht zu träumen gewagt hätte.
So wie der Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar derzeit mit
Hochdruck an der Digitalisierung seiner kompletten Schriftenreihe arbeitet, haben
andere Institutionen ihren Schriftenbestand (oder zumindest dessen Inhaltsangaben)
schon vor Jahren mehr oder weniger profimäßig durch den Scanner laufen lassen
und – nun wird es wichtig für den Bücherwurm! – ins Internet gestellt.
Köpfe und Knöpfe
(2007)
Am 12. Mai 2007 feiert das Mannheimer Stadtarchiv – Institut für Stadtgeschichte mit einem großen Fest unter dem Motto „Köpfe und Knöpfe“ seinen 100. Geburtstag. Mit den Köpfen sind sowohl die Protagonisten der Stadtgeschichte als auch die Menschen im Archiv selbst gemeint – mit den Knöpfen jene uns heute immer selbstverständlichere Tastatur des Computers, mit denen wir die digital vorliegenden Informationen des Archivs abrufen können. Einige Wegmarken dieser Entwicklung einer städtischen Einrichtung, die heute als Kultur- und Verwaltungsinstitution mit einem reichhaltigen Informationsangebot
aufwarten kann, seien nachfolgend kurz beschrieben und ein Ausblick in die nahe Zukunft gewagt.
Im vergangenen Jahr feierte unser Bundesland seinen fünfzigsten Geburtstag. Allenthalben wurden besondere Veranstaltungen, Vorträge und Events organisiert, und auch die Stadt Mannheim beging das Landesjubiläum auf vielfältige Weise. Große Beachtung fand dabei die Plakatausstellung des Stadtarchivs, eröffnet auf dem Mannheimer Stadtfest am
24. Mai 2002 mit dem abgeleiteten Slogan eines Wahlplakats zur Volksabstimmung von 1951: Mannem vorne - erst recht im Südweststaat. Die Ausstellung erinnerte an den „heißen" Wahlkampf, an jene entscheidende Abstimmung in den damaligen Bundesländern Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern am 9. Dezember 1951. Damals war der nordbadische Abstimmungsbezirk, vor allem Mannheim, das berühmte Zünglein an der Waage. Mit 63% votierten die
Mannheimerinnen und Mannheimer für den Südweststaat. Das Bundesland Baden-Württemberg konnte entstehen. Die Wanderausstellung mit den Wahlplakaten der frühen 50-er Jahre fand nach mehreren Stationen innerhalb Mannheims sowie in Laudenbach an der Bergstraße sogar den Weg bis in die Landeshauptstadt: Zum Abschluss wurde sie ab dem 3. Dezember 2002 auf Einladung der SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag gezeigt.
»Warhafftige und Erschröckliche Geschicht ...« Mit diesen Worten beginnt ein
kleiner, achtseitiger Druck in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. [1]
Er handelt von einer Familientragödie, die sich am 12. Januar 1590 in
Lauffen am Neckar in der Familie des Conrad Hermann zutrug. Der Lauffener Bürger Wendel Rösch hat sie in Gedichtform gebracht und bereits am
1. Februar desselben Jahres veröffentlicht.
Seit Oktober 1999 wurden die Druckwerke der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen in verschiedenen Auktionshäusern versteigert oder anderweitig auf dem Antiquariatsmarkt angeboten. Die Donaueschinger Bibliothek war seit 1855 auch Standort der umfangreichen Büchersammlung des Gelehrten Joseph Maria Christoph Freiherrn von Laßberg (1770-1855). Das Land Baden-Württemberg hat große Anstrengungen unternommen, die wichtigsten
Teile der Laßbergschen Bibliothek zu erwerben und für die Öffentlichkeit zu bewahren. Diese Bücher haben in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe eine neue Heimat gefunden, wo sich bereits ein Teil seines Nachlasses, seiner Handschriften, vor allem die deutschsprachigen Schätze des Mittelalters und deren Abschriften, und auch viele seiner Inkunabeln befinden.
Sehr geehrte Damen und Herren, heute können wir einen freudigen Tag für unser Land in der Badischen Landesbibliothek
feiern: Historische Dokumente, ein Teil südwestdeutscher Geschichte, bleiben im Original für Wissenschaft und Forschung, für die Öffentlichkeit erhalten. Bibliotheken und Archive werden häufig als Gedächtnis unserer Gesellschaft zitiert. Deshalb ist es gut, daß das Erbe Laßbergs an gedruckten Büchern in der Badischen Landesbibliothek zugänglich bleibt. Und zwar im Kontext, im Zusammenhang mit Laßbergs Nachlaß, seinen deutschen Handschriften und mittlerweile knapp 1000 neu erworbenen Bänden aus Laßbergs Bibliothek. Laßbergs gedruckte Bücher, das möchte ich besonders hervorheben, sind neben seltenen Rara nicht einfach Drucke, die es anderen Ortes auch gibt, sondern sie zeigen die Spuren seiner Arbeit, insbesondere seiner Beschäftigung mit dem Mittelalter und dessen deutscher Literatur. Sie sind damit wichtige und einzigartige Quellen, vergleichbar mit dem Briefwechsel. Damit nenne ich bereits ein Thema, das im Mittelpunkt unserer Ausstellung steht.
Die Digitalisierung historischer Bestände in Bibliotheken, Archiven und Museen ist längst keine Ausnahme
mehr, sondern die Regel. Für die geisteswissenschaftlichen Fächer bedeutet dies eine leichtere
Verfügbarkeit der forschungsrelevanten Quellen. Aus den digital verfügbaren Quellen ergeben sich
neue Forschungsmethoden, die unter dem Namen „Digital Humanities“ zusammengefasst werden. Die
Erschließung von Notenhandschriften und –drucken und ihre Bereitstellung im Internet stellt Bibliotheken
vor besondere Herausforderungen: Metadatenstandards müssen eingehalten werden und die
Langzeitarchivierung muss gesichert sein. Die Arbeit zeigt, dass digitale Musiksammlungen und
Musikbibliotheken für die Musikwissenschaft und das praktische Musikleben von großer Bedeutung
sind und deshalb sorgfältig aufgebaut werden sollten.
Anlässlich des Jubiläums zum 1.300-jährigen Bestehen des Benediktinerklosters auf der Reichenau digitalisiert die Badische Landesbibliothek die ca. 240 Titel umfassende Inkunabelsammlung aus der ehemaligen Klosterbibliothek und erschließt diese in maschinenlesbarer Form. Ermöglicht wird dieses Projekt, das nicht nur von hoher landesgeschichtlicher Bedeutung ist, sondern mit einem Umfang von ca. 70.000 Seiten auch quantitativ neue Maßstäbe hinsichtlich der computergestützten Volltexterkennung von Wiegendrucken setzt, durch die Förderung der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg. Es ist angesiedelt in den Abteilungen Regionalia und Sammlungen.
Transkriptionsrichtlinien "Digitalisierung und Volltexterkennung der ehemals Reichenauer Inkunabeln"
(2024)
Im Rahmen des Projektes „Digitalisierung und Volltexterkennung der ehemals Reichenauer Inkunabeln“ digitalisierte die Badische Landesbibliothek die 243 Titel umfassende Inkunabelsammlung aus der ehemaligen Bibliothek des Klosters Reichenau und erschloss diese mit Hilfe des Texterkennungssystems Transkribus. Die Digitalisate und Volltexte sind über die Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek verfügbar. Nachfolgende Transkriptionsrichtlinien wurden innerhalb des Projektes für die computergestützte Transkription von Inkunabeln und Frühdrucken definiert. Insbesondere liegen sie dem
Trainingsmaterial der auf der Transkribus-Plattform veröffentlichten Texterkennungsmodelle „Latin Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61337), „Latin/German Bilingual Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61316) und „German Incunabula (Reichenau)“ (Modell-ID 61285) zu Grunde. Das Projekt wurde von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg gefördert.
Vorbemerkung: Institutionen, staatliche Körperschaften zumal, haben nicht
anders als Menschen ihren individuellen Charakter. Geprägt werden sie
durch die Persönlichkeiten, die sie als Leiter über Jahre oder Jahrzehnte
führen. Dies gilt für eine Einrichtung wie eine wissenschaftliche Bibliothek,
die durch regelmäßige Erwerbungen stetig wächst und dadurch ein eigenes
inhaltliches Profil entwickelt, im Besonderen. Es lohnt sich daher, im Lichte
der Rede, die der erste Direktor der Karlsruher Hofbibliothek, Friedrich
Valentin Molter, am 1. Januar 1770 gehalten hat und die der eigentliche
Gegenstand dieses Beitrages ist (Abb. 5), zunächst ihren Autor in den Blick
zu nehmen. Schließlich hat Molter die Entwicklung der öffentlichen Hofbibliothek über fast vierzig Jahre, von 1770 bis 1808, verantwortet. Bereits seit 1756 war er für die fürstliche Privatbibliothek zuständig, die zum Kern
der späteren Hofbibliothek werden sollte.