333.7 Natürliche Ressourcen, Energie und Umwelt
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Von Brüssel nach Bregenz
(2005)
Das Ereignis war den regionalen Tageszeitungen keine Meldung wert: Am 22.
Dezember 2000 trat die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene und zuvor
vom Vermittlungsausschuss überarbeitete »Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen
der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik« (WRRJL 2000) in Kraft - ein Meilenstein in der
Geschichte des Gewässerschutzes in Europa. Im Unterschied zu den meisten anderen
europäischen Regelungen im Wassersektor richtet sie sich nicht nur an einen kleinen
Kreis von Betroffenen und Experten, sondern verlangt die Einbeziehung der interessierten Öffentlichkeit in die nationale und regionale Umsetzung. So wird die Richtlinie auch
unser Verhältnis zum Wasser als lebensnotwendiger Ressource, als Produktionsfaktor,
Energieträger, Erholungskulisse und als Lebensraum für Pflanzen und Tiere neu definieren
„Allerheiligen ist das Nationalparktor vor der Haustür“, titelte 2016 die Acher-Rench-Zeitung. Bei der Diskussion um die Ausweisung des „Nationalparks Schwarzwald“ hatte der damalige Landwirtschaftsminister Alexander Bonde betont, dass Allerheiligen mit den Wasserfällen „eine der spektakulärsten touristischen Attraktionen“ sei. Das Tor am Eingang der Wasserfälle markiert heute auch ein Portal des Nationalparks. Das Naturdenkmal der sieben Büttenschrofenfälle fehlt in keinem Reise- und Naturführer und lockt vor allem im Sommer unzählige Wanderer, Ausflügler und Schwarzwaldtouristen an. Im Jahr 1988 wurden 250 000 Besucher gezählt, die die Wasserfälle durchwanderten. Aus heutiger Sicht erscheint es daher kaum fassbar, dass vor rund 70 Jahren diese über 83 m in die Tiefe stürzenden Fälle zur Disposition gestellt wurden.
In der Dorfmitte, „Am Durbach“, zwischen Haus-Nummer 3 und 4, zweigt ein ausgebauter Weg, der „Schmiedweg“ (die
Schießgasse) nach Appenweier. Er führt zwischen den beiden Wohngrundstücken 3 u. 4 vorbei, und danach, südlich, gegenüber der Sackgasse „Im Stück“ und dem Friedhof, steht das schmale Transformatoren-Haus. Von hier wurde bis 1989 die
elektrische Versorgung von Ebersweier geregelt und heute (seit 1993) nun zweckentfremdet, doch sinnvoll, dient es als Unterschlupf von gefährdeten Tierarten.
Der Bodensee-Strandrasen
(2006)
Der naturnahe Uferbereich des Bodensees gilt als Biotoptyp mit deutlichem Flächenverlust und starker Abnahme der Biotopqualität und wird daher in der Roten Liste
der Biotoptypen Baden-Württembergs (Breunig 2002) als stark gefährdet eingestuft.
Die wohl bemerkenswerteste Pflanzengesellschaft dieses Lebensraumes ist die Strandschmielen-Gesellschaft (= Bodensee-Strandrasen), das Deschampsietum rhenanae Oberd . 1957 ex Th. Müller et Görs 1960. Es handelt sich um eine niedrigwüchsige Vegetation offener, wellenexponierter Kiesflächen, die im Regelfall ab dem Frühsommer ein
bis sechs Monate überschwemmt sind und im Winterhalbjahr trocken liegen. An diese
spezielle Wasserdynamik (eines Voralpen-Sees) sind einige Pflanzensippen besonders
gut angepasst, die als botanische Kostbarkeiten gelten, wie das Bodensee-Vergissmeinnicht (Myosotis rehsteineri) und die Strand-Schmiele (Deschampsia Iittoralis var. rhenana).
Ihre weltweiten Hauptvorkommen liegen in der schmalen Uferzone des Bodensees.
Am Bodensee sind derzeit etwa 2677 Boote, d.h. rd. 12 % des Bestandes in 44 Bojenfeldern und an 33 Einzelbojengruppen untergebracht (IGKB, 2003). Im Gegensatz zu
Häfen und Steganlagen sind Bojenfelder kostengünstig und einfach zu installieren, da
sie pro Liegeplatz nur aus einem Ankerstein, einer schweren Ankerkette und der Boje bestehen, an der das Boot befestigt ist. Bei schwankendem Wasserstand und wechselndem Windangriff ist die Ankerkette normalerweise nicht straff gespannt sondern schleift je
nach Stärke und Richtung der angreifenden Kräfte über den Boden. Dabei bildet sich eine
kreisförmige Störungszone (Schwoikreis), innerhalb derer die Unterwasserpflanzenvegetation weitgehend vernichtet und die Sedimentoberfläche freigelegt wird.
Die Schiffmühlen gehören mit den Brücken- und Ufermühlen zu den Flussmühlen. Die Schiffmühlen sind im weiteren Bodenseeraum wenig bekannt, weshalb sie im
Blick auf den Alpen- und Hochrhein für die Zeitspanne vom 15. bis 19. Jahrhundert
vorgestellt werden. Es gab auf dem Alpenrhein etwa 20 Vertreter und auf dem Hochrhein 8 - möglicherweise noch mehr. Grundsätzlich kann man sich verschiedene Typen vorstellen, doch gelangten auf den erwähnten Flussstrecken nur zweischiffige Anlagen mit einem oder zwei Wasserrädern zum Einsatz. Ihre Zahl war gegenüber jener
der Landmühlen sehr bescheiden, was auf bestimmte Nachteile zurückzuführen ist. Die
letzten Schiffmühlen gingen um 1900 ein.
Das Naturschutzgebiet liegt am Bodenseeufer im St. gallischen Rheindelta zwischen dem Dorf Altenrhein und der Mündung des Alten Rheins. Es ist ein letzter Rest
eines ursprünglich wesentlich größeren naturnahen Seeufers mit Röhricht, Seggenriedern und Pfeifengraswiesen. Ein alter Hochwasserdamm trennt das Gebiet in eine Seeuferfläche und drei landseitige Riedflächen. Bei den frühsommerlichen hohen Wasserständen ist die Seeuferfläche oft für Wochen überschwemmt. In einzelnen Jahren kann
die Überschwemmung auch ausbleiben. Der Wasserhaushalt der landseitigen Riedflächen wird durch die Niederschläge beeinflusst sowie durch den Grundwasserspiegel,
der durch eine Grundwasserpumpe reguliert wird. Landwirte mähen die Riedwiesen auf
der Seeseite und auf der Landseite des Dammes ab dem 15. September - teilweise erst in
den Wintermonaten. In Abständen von einigen Jahren wird abschnittsweise ein Pflege-Schnitt des Uferschilfröhrichts durchgeführt, wobei auch das Schwemmholz entfernt
wird.
Nutzung des Bodenseeufers
(2009)
Viele naturnahe Ökosysteme der mitteleuropäischen Natur- und Kulturlandschaft
sind durch Übernutzung mehr oder weniger stark degradiert. Dazu zählen auch Seen
und ihre Ufer, die gerade im zirkumalpinen Raum und in urbanen Ballungsgebieten einem erheblichen Nutzungsdruck u. a. durch Erholungsverkehr, insbesondere durch eine
Vielzahl von Wassersport-Tätigkeiten unterliegen. Vor diesem Hintergrund besteht die
Notwendigkeit, degradierte Lebensräume zu renaturieren,
mit der begründeten Annahme, dass naturnahe Lebensräume in der Lage sind, die Bedürfnisse künftiger Generationen besser zu erfüllen als degradierte
Im Pliozän und im Unterpleistozän (Eiszeitalter) vor 5 - ca . 1 Mio Jahren entwässerte der Alpenrhein auf hohem Niveau nach Norden zur Donau. Ab den Donau-Eiszeiten breitete sich in jedem Glazial der Rheingletscher im Vorland aus, was ab dem
Günz-Eiszeitenkomplex (vor vielleicht 1 Mio Jahren) jeweils zum Hochstau der westlichen Schmelzwasserströme und Zubringerflüsse wie der Thur führte. Wie die Deckenschotterrelikte zeigen, kam es dabei zum Überlauf nach Westen zum tief liegenden
Aare-Oberrhein-System. Gleichzeitig begannen die Eisströme das Bodenseebecken
etappenweise auszuschürfen. Nach dem Abschmelzen des Vorlandgletschers wurde jeweils in den Interglazialen wieder der Abfluss zur Donau frei, wobei sich wahrscheinlich
auch erste hoch spiegelnde Beckenseen gebildet hatten. Mit den jüngsten, den tieferen
Deckenschottern, war schliesslich das Überlaufniveau über dem Untersee au f +600 m
ü M abgesunken und lag damit niedriger als die Schwelle zwischen Bodenseebecken und
Donau im Raum Federsee mit mehr als 600 m ü M.
Am 10. Februar 2011 konnte das Natur- und Landschaftsschutzgebiet (NSG/LSG) „Hochholz-Kapellenbruch“ 20 Jahre nach der ersten Ausweisung als Schutzgebiet mit einer neuen Verordnung versehen und um
121 ha NSG-Fläche erweitert werden. Zwanzig Jahre
beharrliche Naturschutzarbeit hatten zu einer beeindruckenden naturschutzfachlichen Aufwertung dieses Teils
der Kinzig-Murg-Rinne zwischen Malsch (bei Heidelberg) und Wiesloch geführt: wo 1991 noch überwiegend
Ackerfächen auf anmoorigen Böden bestellt wurden,
fnden sich heute ausgedehnte Wiesen und Hochstaudenfuren. Weiter ist das Gebiet charakterisiert durch ein
Grabensystem mit gut entwickelten Schilf- und Röhrichtsäumen sowie Schwarzerlen-Eschen-Auwälder und Eichen-Hainbuchen-Sternmierenwälder. Detaillierte vegetationskundliche Kartierungen (Rösch 2009) legten es
nahe, nun auch den zentralen, bisher als LSG geführten
Bereich des Gebietes als Naturschutzgebiet auszuweisen. Die Unterschutzstellung würdigt das Erreichte,
richtet die land- und forstwirtschaftliche Nutzung auf
das naturschutzfachliche Ziel aus, reduziert Störungen
durch Freizeit-Aktivitäten und hilft, den zur Pfege dauerhaft erforderlichen Einsatz von Naturschutzmitteln zu
sichern. Die Wiederbesiedlung mit gebietstypischen
Vogelarten, die teilweise nur noch als Wintergäste zu
beobachten waren, ist angelaufen und wird weiter beobachtet werden.
Das Naturschutzgebiet „Auweinberge-Fuchsenloch“
umfasst auf 31,4 ha Lebensräume einer traditionellen
Kulturlandschaft an einem typischen südwestexponierten Steilhang des Neckars. Den besonderen Reiz
dieses Naturschutzgebietes macht die außerordentlich hohe Artenvielfalt eines kleinstrukturierten Mosaiks verschiedenster Lebensgemeinschaften aus. Das
Landschaftsbild ist geprägt von wärmeliebenden Gebüschen, mageren Wiesen und Halbtrockenrasen, alten Obstbaumbeständen und einem reich strukturierten
Waldsaum. Lesesteinriegel und Trockenmauern sind
Relikte früherer Weinbergsnutzung. Sie sind für den
Neckar-Odenwald-Kreis von besonderer Einzigartigkeit, denn die Weinbergsmauern sind überwiegend gut
erhalten und erreichen insgesamt eine Länge von über
4,7 km. Die Lesesteinriegel haben eine beachtliche
Größe von bis zu 50 m Länge und 10 m Breite erreicht.
Die im Jahr 2012 abgeschlossene Ausweisung von
drei neuen Naturschutzgebieten im Regierungsbezirk
Karlsruhe in Baden-Württemberg ist Gegenstand des
Beitrags. Flora und Fauna der Gebiete sowie deren
enge Verzahnung mit der historischen bzw. noch gegebenen Nutzung werden beschrieben, die wesentlichen
Inhalte der Verordnungen werden vorgestellt. Abschließend wird für die Beibehaltung eines dialogorientierten
und bürgernahen Unterschutzstellungsverfahrens plädiert. Das Ergebnis ist ein maßgeschneiderter und umfassender Schutz, der vor Ort während des Verfahrens
Akzeptanz gefunden hat.
Im Rahmen eines durch das Regierungspräsidium
Karlsruhe fnanzierten Kooperationsprojekts zwischen
der Arbeitsgruppe Pilze im Naturwissenschaftlichen
Verein Karlsruhe e.V., dem Staatlichen Museum für
Naturkunde Karlsruhe, dem Naturschutzzentrum Ruhestein und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
wird eine Inventarisierung der Pilzarten des Bannwalds
„Wilder See“ im NSG „Wilder See – Hornisgrinde“ (Baiersbronn, Nordschwarzwald) vorgenommen. Es ist
der älteste, bereits 1911 ausgewiesene Bannwald in
Baden-Württemberg; er umfasst 75 ha. Aus mykologischer Sicht sind vor allem die alten Abies alba-Bestände bedeutend. Am Beispiel dreier im Gebiet bereits
nachgewiesener und sehr seltener Pilzarten (der parasitische Rostpilz Thekopsora goeppertiana und die
Altholzzersetzer Hymenochaete fuliginosa und Cystostereum murrayi) wird dies veranschaulicht. Das Gebiet
ist Bestandteil der Gebietskulisse für den geplanten
Nationalpark Schwarzwald. An dem zunächst auf drei
Jahre angelegten Projekt sind zahlreiche Pilzexperten
aus Baden-Württemberg und anderen Bundesländern
beteiligt. In dieser Anfangsphase werden vorzugsweise
die in den einzelnen Vegetationstypen vorkommenden
Arten erfasst und eine Referenzsammlung im Pilzherbarium des Staatlichen Museums für Naturkunde
Karlsruhe angelegt. Besonders berücksichtigt werden
Pilzarten, die mit Weiß-Tanne (A. alba) als Parasiten,
Saprobionten oder Symbionten assoziiert sind. Längerfristig könnte das Gebiet als Referenzfäche für
mykologische Studien im Bereich der Taxonomie, „Versteckten Diversität“ und Populationsgenetik unter Einsatz moderner Techniken genutzt werden.
Trotz des steigenden Bedürfnisses nach unberührter
und geschützter Natur in unserer Gesellschaft wird
die Unterschutzstellung eines Gebiets meist von vielen Konflikten mit der betroffenen Bevölkerung begleitet und dadurch erschwert. Daher ist ein erfolgreiches Akzeptanzmanagement unumgänglich, damit
die Betroffenen die Schutzmaßnahmen als sinnvoll
und positiv erachten. Der folgende Artikel stellt eine
mögliche Vorgehensweise bei der Ausweisung neuer
Naturschutzgebiete vor, welche im Wesentlichen auf
Kommunikation und Beteiligungsmöglichkeiten basiert
und besonderen Wert auf einen echten Dialog zwischen allen Beteiligten legt. Ein Kontakt auf Augenhöhe ermöglicht es, die Interessen der Betroffenen zu
berücksichtigen; durch Einzelgespräche und die Arbeit
in Kleingruppen kann eine gestärkte Vertrauensbasis
erzeugt werden. Öffentliche Gebietsbegehungen mit
einem Fachmann stellen einen geeigneten Rahmen
dar, um auf zwischenmenschlicher Basis Konflikte
auszuräumen, auf Emotionen einzugehen und somit
die Akzeptanz für Naturschutzmaßnahmen zu steigern. Der Erfolg dieser Verfahrensweise kann durch
mehrere Beispiele aus dem Regierungsbezirk Karlsruhe belegt werden.
Auch 2013 konnten wieder neue Naturschutzgebiete
im Regierungsbezirk Karlsruhe ausgewiesen werden:
Das NSG „Streuobstwiesen Kleingemünd“ ist geprägt
durch einen teilweise sehr alten, 16 Hektar großen
Obstbaumbestand mit einem reichen Angebot an
Baumhöhlen und mulmigen Stammabschnitten sowie
das Fehlen intensiver Nutzungen. Sie zeichnen sich
durch das Vorkommen einer vom Aussterben bedrohten
Insektenart – des Körnerbocks Megopis scabricornis
– und weiterer in Baden-Württemberg gefährdeter
Tierarten aus, darunter der Wendehals (Jynx torquilla),
der Kleine Abendsegler (Nyctalus leisleri), das Große
Mausohr (Myotis myotis), die Breitflügel-Fledermaus
(Eptesicus serotinus) sowie die Sumpfschrecke (Stethophyma
grossum). Damit erfüllt das Gebiet die naturschutzfachlichen
Kriterien eines landesweit bedeutsamen
Naturschutzgebietes. Über die aktuellen
Artvorkommen hinaus hat das Gebiet überregionale
Bedeutung als Trittsteinbiotop für wandernde Arten
und für Arten, deren Verbreitungsareal sich aktuell auf
Grund des Klimawandels verschiebt. Seine Gefährdung
liegt im Wegfall oder der Intensivierung der Mahd
und der Zunahme privater Nutzungen.
Das NSG „Sauersbosch, Pfrimmersbach- und Märzenbachtal“
blickt auf eine bewegte Kulturgeschichte
zurück und ist eng mit der Gründung der Zisterzienserinnen-
Abtei des Klosters Lichtental im Jahr 1245
verbunden. Drei Bachtäler prägen das Gebiet, die
überregional bedeutende Lebensräume, Pflanzen- und
Tierarten aufweisen. Herausragend sind die großflächigen
Grünlandbiotope in sehr gutem Zustand. Diese
sind ausgebildet als Borstgrasrasen, Pfeifengras-Wiesen
und Magerwiesen bzw. -weiden mittlerer Standorte
sowie die verschiedenen Offenlandbiotope feuchter bis
nasser Standorte, insbesondere Nasswiesen, Kleinseggenriede
basenarmer Standorte und Waldsimsen-
Sümpfe. Als Besonderheit kommt die Stein-Zwenke
(Brachypodium sylvestre) als dealpine Art im Gebiet
häufig vor. 25 Brutvogel-, sieben Fledermaus-, 71 Wildbienen-,
23 Heuschrecken- und 31 Tagfalter- und Widderchen-
Arten zeichnen das Gebiet aus. Faunistisch
bedeutend sind insbesondere die Fledermäuse mit der
Bechstein-Fledermaus (Myotis bechsteinii), die Tagfalter
mit dem letzten Vorkommen des Goldenen Scheckenfalters
(Euphydryas aurinia) im Regierungsbezirk
Karlsruhe und die Baumsaft-Schwebfliege Brachyopa
bimaculosa, die weltweit erstmals aus dem Gebiet
beschrieben wurde. Das Gebiet hat eine sehr große
Bedeutung für die Bewahrung der Artenvielfalt und
Lebensräume in sehr hoher Qualität und ist ein Musterbeispiel
für die Schönheit und Eigenart einer durch
Wiesen geprägten Kulturlandschaft.
Ein kurzer Überblick über die urbane Pilzflora des Naturschutzgebiets „Alter Flugplatz Karlsruhe“
(2014)
Das innerstädtische Naturschutzgebiet „Alter Flugplatz
Karlsruhe“ (Baden-Württemberg, Deutschland) umfasst
rund 70 ha. Es zeichnet sich durch einen großen Anteil an
nährstoffarmen Mager- und Sandrasen aus. 2006 wurde
mit der mykologischen Bestandsaufnahme begonnen
und unregelmäßig Begehungen durchgeführt. Es konnten 246 Arten aus fünf Abteilungen nachgewiesen und
410 Belegexemplare im Pilzherbarium des Staatlichen
Museums für Naturkunde Karlsruhe (KR) deponiert
werden. Achtzehn Arten stellen gefährdete „Rote-Liste-Arten“ dar, vier Arten wurden erstmals für Baden-Württemberg nachgewiesen. In dem hier vorgelegten kurzen
Überblick werden Habitat und Methoden beschrieben,
seltene und vom Aussterben bedrohte Arten und Neomyceten aufgelistet und der Einfluss exotischer Gehölze
auf die pilzliche Artenvielfalt im NSG angesprochen. Die
vollständige Artenliste wird im Internet zur Verfügung
gestellt und kann regelmäßig aktualisiert werden.
2014 wurde im Regierungsbezirk Karlsruhe, Landkreis
Rastatt, das 63 ha große Naturschutzgebiet „Hilpertsau“
auf der gleichnamigen Gemarkung der Stadt Gernsbach ausgewiesen. Das Gebiet ist ein repräsentatives,
vergleichsweise gut erhaltenes Wiesental des Schwarzwaldes. Seine Schutzwürdigkeit begründet sich mit den
vorhandenen, in Baden-Württemberg bestandsgefährdeten Biotoptypen (Nasswiesen, Magerwiesen und
Borstgrasrasen, Streuobstwiesen, naturnahe Bachläufe, Quellen, in untergeordnetem Maß Hohlwege,
Trockenmauern und Steinriegel). Die 2012 nachgewiesenen Arten aus den Gruppen der Fledermäuse,
Vögel, Schmetterlinge und Heuschrecken werden
genannt. Zwei vom Aussterben bedrohte Fledermausarten (Große Bartfedermaus und Graues Langohr,
Myotis brandtii und Plecotus austriacus), neun stark
gefährdete Arten (Wendehals (Jynx torquilla), Waldlaubsänger (Phylloscopus sybillatrix), Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii), Nordfedermaus (Eptesicus
serotinus), Breitfügelfedermaus (Eptesicus nilsonii),
Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri), Großes Mausohr (Myotis myotis), Mauereidechse (Podarcis muralis)
und Sumpfschrecke (Stethophyma grossum)) sowie
weitere gefährdete Arten betonen die Schutzwürdigkeit
des Gebietes. Die Gefährdungen – im Wesentlichen
Aufgabe oder Intensivierung der Wiesennutzung, Vernachlässigung der Obstbäume und Freizeit-Aktivitäten
– sowie die Grundzüge künftiger, naturschutzfachlich
ausgerichteter Pflege werden vorgestellt.
2015 gelang es, im Regierungsbezirk Karlsruhe zwei
neue Naturschutzgebiete auszuweisen. Eines davon,
das Naturschutzgebiet „Nüstenbachtal, Hessental und
Masseldorn“ auf Gemarkungen der Stadt Mosbach,
wird hier beschrieben. Es umfasst auf ca. 149 ha die
Lebensräume der weitgehend naturnah verlaufenden
Talaue des Nüstenbachs mit den angrenzenden
Hangbereichen. Gegeben und typisch für das Landschaftsbild
der naturräumlichen Einheit „Bauland“ ist
ein kleinstrukturiertes Mosaik aus wärmeliebenden
Gebüschen, mageren Wiesen, Halbtrocken- und Trockenrasen
sowie ortsumschließenden Streuobstwiesen,
entstanden durch extensive landwirtschaftliche
Nutzung. Das neue Naturschutzgebiet ist aufgrund
der nachgewiesenen Artvorkommen von landesweiter
Bedeutung. Wir fanden eine vom Aussterben bedrohte
Art (das Graue Langohr Plecotus austriacus),
zwölf stark gefährdete Arten (Bienen- und Hummelragwurz
Ophrys apifera, O. holoserica, Wendehals
Jynx torquilla, Graues Langohr Plecotus austriacus,
Mopsfledermaus Barbastella barbastellus, Steinkrebs
Austropotamobius torrentium, Hirschkäfer Lucanus
cervus, Kurzschwänziger Bläuling Cupido argiades,
Großer Feuerfalter Lycaena dispar, Wegerich- und
Roter Scheckenfalter Melitaea cinxia und M. didyma,
Flockenblumen-Grünwidderchen Adiscita globulariae)
sowie sehr zahlreiche gefährdete Arten; keine der
umfassend untersuchten Artengruppen (Blütenpflanzen,
Fledermäuse, Vögel, Schmetterlinge und Heuschrecken)
war verarmt. Eine naturschutzfachliche
Besonderheit dieses Gebietes ist die Ausdehnung und
Qualität der Mähwiesen: Mit 53 ha stellen artenreiche
Ausprägungen des Lebensraumtyps der Mageren
Flachland-Mähwiese den weitaus überwiegenden
Anteil des Grünlandes im Gebiet. Sie sind in dieser
Ausdehnung und vor allem in zusammenhängender
Fläche so im Neckar-Odenwald-Kreis sonst nicht
mehr zu finden. Eine Ausweisung als Naturschutzgebiet
würdigt und schützt sowohl die Existenz der zahlreichen
gefährdeten Lebensraum-Typen und Arten als
auch die vorhandenen, nach Bundes- und Landesnaturschutzgesetz
besonders geschützten Biotope
und konkretisiert die zu ihrem Schutz notwendigen
Regeln. Gefährdungen bestehen durch Zunahme der
Freizeitnutzung und durch den Rückgang der heute
gegebenen, südlich der Ortschaft Nüstenbach vorbildlichen,
extensiven landwirtschaftlichen Nutzung.
Durch die Aufnahme in die höchste Schutzkategorie
der Kulturlandschaften Baden-Württembergs werden
dem Gebiet sowohl die angemessene ordnungspolitische
Aufmerksamkeit als auch die finanziellen Fördermöglichkeiten
des Landes gesichert.
Das Brombacher Tal südlich des Ortes Brombach
(Stadt Eberbach, Rhein-Neckar-Kreis) ist im Geltungsbereich
der neuen Naturschutzgebiets-Verordnung ein
landschaftlich reizvolles, von Wald umgebenes Wiesental
des bodensauren Odenwaldes.
2013 wurden die vorhandenen Lebensräume sowie die
Vögel, Reptilien, Amphibien, Heuschrecken, Schmetterlinge
sowie die im Brombach selbst lebenden Organismen
kartiert.
Die Ergebnisse belegen, dass das Tal als Lebensraum
sehr seltener, in drei Fällen in Baden-
Württemberg vom Aussterben bedrohter Tierarten
höchst schützenswert ist und die naturschutzfachlichen
Kriterien eines landesweit bedeutsamen Naturschutzgebietes
erfüllt.
Von zentralem naturschutzfachlichem Interesse war
der Nachweis mehrerer Exemplare der vom Aussterben
bedrohten Äskulapnatter (Zamenis longissima; alle
Angaben zur Gefährdung beziehen sich auf die Roten
Listen Baden-Württembergs). Der Nachweis sowohl
von zwei Jungtieren als auch von zwei geschlechtsreifen
Tieren belegt, dass die Äskulapnatter sich im
Brombachtal fortpflanzt. Damit wäre dies das erste Naturschutzgebiet
Baden-Württembergs, welches einen
Beitrag zum Schutz dieser extrem seltenen Art leistet.
Als weitere, vom Aussterben bedrohte Arten wurden
der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling Maculinea
teleius (neben seiner Schwesterart, dem gefährdeten
Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling M. nausithous)
sowie im Brombach die Köcherfliege Diplectrona felix
nachgewiesen. Fünf im Gebiet lebende Arten sind stark
gefährdet: die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii),
die Breitflügel-Fledermaus (Eptesicus serotinus),
das Große Mausohr (Myotis myotis), die Sumpfschrecke
(Stethophyma grossum) sowie im Brombach die
Köcherfliege Adicella reducta.
Das Brombacher Tal zeichnet sich darüber hinaus
durch eine artenreiche Schmetterlings- und Heuschreckenfauna
aus: 34 Schmetterlingsarten, davon 11 auf
der Roten Liste oder der Vorwarnliste, sowie 20 Heuschreckenarten,
davon 6 auf der Roten Liste oder der
Vorwarnliste, sind für ein derart kleines Gebiet hervorragende
Ergebnisse. Ebenfalls beeindruckend war
die Artenzahl und Individuendichte der im Brombach
lebenden Organismen.
Ursache hierfür ist der mindestens seit Mitte des 20.
Jahrhunderts fehlende Eintrag von Düngemitteln von
angrenzenden Landnutzungen. Derzeit wird das Tal
von Schafen beweidet, Äcker oder Gärten gibt es nicht.
2016 konnte das Regierungspräsidium Karlsruhe
das Naturschutzgebiet „Pfinzquellen“ ausweisen. Das
Naturschutzgebiet „Pfinzquellen“ liegt zwischen den
Ortsteilen Ittersbach, Langenalb und Feldrennach
der beiden Gemeinden Karlsbad und Straubenhardt
und umschließt den Norden des Ortsteils Pfinzweiler.
Es handelt sich um eine der letzten großen zusammenhängenden
Wiesenlandschaften des nördlichen
Schwarzwaldes.
Rund 220 ha, also etwa 75 % des gesamten Naturschutzgebietes,
sind Grünland. Es setzt sich aus den
nach der Roten Liste Baden-Württembergs gefährdeten
Nasswiesen basenarmer Standorte, den ebenfalls
gefährdeten Magerwiesen mittlerer Standorte, den
stark gefährdeten Pfeifengras-Streuwiesen sowie den
Fettwiesen mittlerer Standorte zusammen. Die Magerwiesen
zählen zu dem nach der europäischen Flora-
Fauna-Habitat-Richtlinie geschützten Lebensraumtyp
(FFH-LRT) „Magere Flachlandmähwiese“ (Code
6510), und die Pfeifengras-Streuwiesen zu dem FFHLRT
„Pfeifengraswiese“ (Code 6410). Naturschutzfachlich
besonders wertvoll sind die Nasswiesen und die
Pfeifengras-Streuwiesen im Feuchtbereich des Naturschutzgebietes.
Wie ihr Gefährdungsgrad anzeigt, verschwinden
diese Lebensräume in Baden-Württemberg
zusehends, sofern sie nicht durch Schutz- und Pflegemaßnahmen
aktiv erhalten werden.
Besonders herauszuheben sind die Wiesen auf Ittersbacher
Gemarkung, die durch ihren Reichtum an besonders
geschützten Pflanzenarten, wie z.B. diversen
Orchideenarten, Schlüsselblume und Heilziest ein botanisches
Highlight in der Region darstellen.
Aufgrund des offenen Charakters der Landschaft
und der aus den bestehenden Quellen entstandenen
Feuchtwiesen stellt das 290 ha große Areal nicht nur
einen wertvollen Lebensraum für seltene Pflanzenarten
dar, sondern ist besonders für bodenbrütende
Vogelarten ein unersetzlicher Lebensraum. Insgesamt
konnten im Gebiet rund 32 % der in Baden-Württemberg
brütenden Vogelarten festgestellt werden. Durch
seine große Vielfältigkeit bietet das Gebiet für eine
beeindruckende Anzahl von Vogelarten einen geeigneten
Lebensraum als Brut-, Nahrungs- und Winterquartier.
Nicht weniger als acht Fledermausarten
sowie 19 Heuschrecken-, 46 Tag- und 204 Nachtfalterarten
sowie viele weitere Tierarten haben hier ihren
Lebensraum.
Die Schutzwürdigkeit wird durch die große Vielzahl
an seltenen und hoch gefährdeten Tier- und Pflanzenarten
und Lebensraumtypen verdeutlicht. Bereits
bestehende Schutzkategorien wie das FFH-Gebiet,
ein Landschaftsschutzgebiet und zahlreiche nach § 30
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützte
Biotope
unterstreichen diese Feststellung. Die bereits
bestehenden rechtlichen Bestimmungen müssen jedoch
ergänzt und konkretisiert werden, um den Schutz
aller vorhandenen Lebensräume und Arten zu gewährleisten.
Die insbesondere für dichter besiedelte Räume
sehr hohe Vielfalt der Flora und Fauna des Gebietes
soll durch die Unterschutzstellung bewahrt, seine Lebensräume
sollen durch eine naturverträgliche Nutzung
(weiter) gepflegt und entwickelt werden.