230 Christentum, Christliche Theologie
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Brauchtum wurde von der „klassischen" Volkskunde traditionell im ahistorischen Zyklus von Jahres- und Lebenskreis angesiedelt. Die sozialen Kontexte und die historischen Bedingungen gerieten dabei aus dem Blickfeld. Bräuche wurden als Gemeinschaftshandeln verstanden, das vorgeblich in einer überzeitlichen Tradition steht. Dabei haben auch Brauchtumsformen einen kulturhistorisch benennbaren Ausgangspunkt und erfüllen innerhalb eines historisch beschreibbaren Zusammenhangs ihre spezifische Funktion. Das gilt auch für religiöses Brauchtum. Exemplarisch kann das am Beispiel der Nußbacher Wendelinuswallfahrt in den 1950er-Jahren gezeigt werden. Die Wallfahrt zum Vieh- und Bauernheiligen Wendelin kann im Kirchspiel Nußbach bis in das Jahr 1591 zurückverfolgt werden. Sie erreichte nach der Mitte des 18. Jahrhunderts ihren ersten Höhepunkt, als 1756 der Vorarlberger Barockbaumeister Johann Elmenreich die neue, spätbarocke Wallfahrtskapelle errichtet hatte. Um die Wallfahrt entstand ein reiches Brauchtum. Seit 1716 zogen Prozessionen hinter Kreuz und Fahnen von Nußbach hinauf auf den „heiligen Berg" des Renchtals. Im Zusammenhang mit Viehseuchen gelobten Nachbargemeinden wie Ebersweier, Urloffen und Appenweier eine jährliche Gemeindewallfahrt, nachdem sie von Viehseuchen verschont geblieben waren. Zur Wallfahrt gehörte oft ein stundenlanger Fußmarsch der Pilger, die teilweise von weit her aus den entlegenen Tälern des Schwarzwaldes kamen. Sie versuchten durch ein Wachsopfer die Fürbitte des Heiligen zu erlangen. Im 19. Jahrhundert boten Händler, die sogar aus Walldürn kamen, Devotionalien wie Versehgarnituren, Rosenkränze, geweihte Kerzen, Kreuze usw. an. Die Wallfahrt zum hl. Wendelin markierte den Abschluss des bäuerlichen Arbeitsjahres und wurde mit dem Dank für die gesegnete Ernte verbunden.
Die heiligen drei König mit ihrigem Stern,
die kommen gegangen, ihr Frauen und Herrn. Der Stern gab ihnen den Schein. Ein neues Reich geht uns herein. [Mit diesem oder einem ähnlich lautenden Lied zogen und ziehen Sternsinger oder Dreikönigsänger, früher ausschließlich in katholischen Gegenden, in der Zeit zwischen Neujahr und Dreikönigstag von Haus zu Haus, um ,,milde Gaben" einzusammeln. Schon die Abwandlung des vorigen Sterndreherliedes in folgenden Text bemerkt etwas süffisant, aber sicher realistisch, warum sie im 16. und 17. Jahrhundert auch „aktenkundig" geworden sind: ,,Die heiligen Drei König mit ihrigem Stern, die essen und trinken und zahlen nicht gern!" Bereits 1566 wurden die Verse gedruckt und Rüdesheimer Kinder haben den Text 1601 gesungen.
Das Dreikönigsingen in Haslach im Kinzigtal, sein überliefertes Liedgut und dessen Verbreitung
(2008)
Als „Sternsingen" bezeichnet man allgemein jenen Umgang, der zwischen dem 1. Januar und dem 6. Januar eines jeden Jahres von drei als Kaspar, Melchior und Balthasar verkleideten Burschen (in neuerer Zeit finden sich auch schon Mädchen darunter) durchgeführt wird. Dabei trägt diese Gruppe einen Stern mit sich. Der Sternsingerbrauch - so Prof. Dietz-Rüdiger Moser (München) in seinem Buch „Bräuche und Feste durch das ganze Jahr" (Verlag Herder/Freiburg) - kam erst in nachmittelalterlicher Zeit im Umkreis von Bischofszentren und Stiften auf, wo er zunächst von Kloster- und Chorschülern ausgeübt wurde. Allgemein aber soll sich das Sternsingen erst nach 1560, also nach dem Tridentinum verbreitet haben. Die Liedtexte für das Sternsingen kamen zwischen 1560/65 auf den Markt zunächst in Nürnberg, Regensburg und Straubing und zwar immer auf Flugschriften.
Das vom Heimleiter Hans-Jürgen Braun dem
Alten- und Pflegeheim St. Lioba gestiftete Wegkreuz hat auf dem Parkgelände zwischen Altenheim
und Kindergarten einen neuen Standort gefunden.
Die Christusfigur hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Der Vorbesitzer des Grundstücks Vöhrenbacher Straße 16, Rudolf Engesser,
hatte wohl einen Großonkel, einen aus Villingen
stammenden Klosterbruder Agadon Münch, im
Benediktiner Kloster Rheinau bei Schaffhausen.
Beim »Urkundenbuch der Abtei Sanct Gallen« handelt es sich um eines jener wenigen historischen Werke aus St. Gallen, die weltbekannt sind. Seine zwischen 1863 und
1955 erschienenen sechs Bände mit zusammen rund 5 200 Seiten enthalten Dokumente
aus der Zeit von um 700 bis 1463. Leider ist es betreffend der Anzahl der Urkunden nicht
so vollständig, wie es für die historische Forschung wünschbar wäre. Es wurden nämlich
seinerzeit vor allem jene Urkunden aufgenommen, die in St. Gallen lagen, die St. Gallen, besonders das Kloster, erhalten hatte. Die meisten in St. Gallen ausgestellten und
in den ganzen alemannischen Raum vergebenen Urkunden fehlen. Aber nicht nur diese
Urkunden, sondern zahlreiche andere, für die Geschichte von Stadt und Kanton St. Gallen sowie die engere und weitere Umgebung (Nachbarkantone, Vorarlberg, Süddeutschland usw.) bedeutende Stücke wurden nicht veröffentlicht, was ja dem Titel des Werks
entsprach.
... nous n’avons autre refuge qu’a sa providence – wir haben keine andere Zuflucht als in Gottes Vorsehung. Mit diesem Satz fasste Calvin einmal in einer Predigt (über 1 Tim 3,3–5) seinen Glauben und seine Hoffnung, ja seine theologische Weisheit insgesamt zusammen. Schlaglichtartig wird dadurch Calvins Lebensschicksal und die Eigenart seiner Reformation im Vergleich zu anderen Gestaltwerdungen der Reformation deutlich. Dieser Satz spricht einem Menschen aus tiefstem Herzen, der seit seinem 25. Lebensjahr ein Flüchtling war, anfangs selbst um seines Glaubens willen verfolgt wurde und über Jahre hinweg fast täglich Nachrichten von den verfolgten Brüdern und Schwestern in der französischen Heimat erhält. Calvins Reformation nimmt Gestalt an im Kontext von Verfolgung und Exil. Das ist ein erster Hinweis auf die Eigenart der Reformation Calvins
im Rahmen der europäischen Reformationsgeschichte.
500 m nordöstlich des alten Stadtkerns von Sinsheim erheben sich auf dem so genannten Michaelsberg, 30 m über der Talaue die Relikte des St. Michael geweihten Klosters. Die erste gedruckte Zusammenstellung der Klostergeschichte bietet Johann Goswin Widder im Jahre 1786. Eine der wichtigsten Quellenpublikationen, die Vorlage der so genannten „Sinsheimer Chronik", stammt von Friedrich Mone 1848 und drei Jahre später publizierte Karl Wilhelmi auf 144 Seiten die für die damalige Zeit sehr gute„ Geschichte der vormaligen freien adeligen Benedictiner-Abtei Sunnesheim". Zu nennen ist auch noch die Publikation eines Grundrisses und eines romanischen Türgewändes durch A. von Bayer 1851/55. Nach diversen archivalischen Einzelpublikationen in der „Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins" und anderenorts zwischen 1850 und 1874 ist die historische Datenzusammenstellung von Albert Krieger 1905 und die erste kunsthistorische Bearbeitung durch Adolf von Oechelhäuser 1909 zu erwähnen. Danach scheint das wissenschaftliche Interesse an dem Thema zu erlahmen.
Seit 1819 war Johann Peter Hebel (1760–1826) als erster Prälat der sich formierenden unierten Landeskirche des Großherzogtums Baden nicht nur deren Vertreter in der Ersten Kammer der Ständevertretung, sondern faktisch auch ihr ranghöchster Geistlicher. In dieser Funktion stand es in seinem Aufgabenbereich, zu Fragen des gottesdienstlichen Lebens, der Lehre und des christlichen Unterrichts Stellung zu nehmen. Dies hat er u. a. in zwei Gutachten getan, in denen er sich über die Einführung einer neuen Biblischen Geschichte und die Einführung eines neuen Gesangbuches äußerte.
Im Jahr 1967 erschien das von dem früh verstorbenen Historiker und Archivar Dr.
Alfons Schäfer (1930-1975 ) bearbeitete und von der Stadt Bretten anlässlich ihrer
1200-Jahrfeier als erster Band ihrer Stadtgeschichtlichen Veröffentlichungen herausgegebene
Brettener Quellenbuch. Dieses bildete die Grundlage für die von ihm,
seit 1973 Direktor des Generallandesarchivs Karlsruhe, verfasste, zehn Jahre später
als zweiter Band derselben Reihe veröffentlichten und von seinem Nachfolger Dr.
Hansmartin Schwarzmaier im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche
Landeskunde am Oberrhein parallel als vierter Band der Oberrheinischen Studien
herausgegebenen Brettener Stadtgeschichte. Deren Drucklegung erlebte ihr Verfasser
selbst leider nicht mehr. Nun sind die in seinem Quellenwerk zusammengetragenen
schriftlichen Zeugnisse zur Vergangenheit des einstigen Kraichgauvorortes
mit seinem Gaugrafensitz im so genannten „Burgwäldle" um eine 1152 vom
Wormser Bischof Konrad von Steinach (reg. 1150-1171) in Bretten - ,,zu Brettheim"
- ausgestellte Urkunde für das 1142 von dessen Amtsvorgänger Buggo von
Ahorn (reg. 1116-1149) gegründete Kloster Schönau im Odenwald zu ergänzen.
Reformation des Lebens
(2009)
Im Verlauf des Calvin-Jubiläumsjahres 2009 ist ein vor wenigen Jahren noch unabsehbar hohes Interesse an Johannes Calvin gewachsen. Dabei tritt deutlich zutage, dass sich eine Vielzahl der von Calvin angesprochenen theologischen Themen auf
ihre Wirkung für die Moderne und auf ihre Bedeutung für die kirchliche und gesellschaftliche Gegenwart befragen lassen. Das war 1909 durchaus anders: Beim 400. Calvinjubiläum wurde Calvin zu einem nicht geringen Teil für Propagandazwecke in Anspruch genommen. In Deutschland feierten die Reformierten Calvin in Analogie zum Lutherjubiläum 1883 auch deshalb, um sich der Bedeutung der eigenen Konfession zu versichern. Ähnliches lässt sich für die Schweiz sagen: Die sich über acht Julitage erstreckende zentrale Calvinfeier in Genf mit Vorträgen, Grußworten, Gottesdiensten, Ausflügen und Festumzug hinterließ einen zwiespältigen Eindruck, der im Elberfelder Reformierten Wochenblatt folgendermaßen wiedergegeben wurde: Das Festprogramm war derart reichhaltig, dass man es als eine Erleichterung empfand, dass infolge der ungünstigen Witterung nicht alle Teile zur Ausführung gelangen konnten. Im Jahr 2009 dominieren überwiegend historische und theologische Motive, um sich Calvin zu nähern und von ihm aus u.a. die Fragen nach dem Leben und der Lebensgestaltung zu reflektieren.