920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Johann Michael Moscherosch
(2001)
Zu seiner Zeit brauchte man Johann Michael Moscherosch (1601-1669) nicht vorzustellen. Seine Schriften, besonders die „Gesichte Philanders von Sittewalt" (in der Erstauflage 1640) wurden, kaum auf dem Markt, berechtigt und als ,,Raubdruck" unberechtigt sofort nachgedruckt, in Frankfurt, in Wien, ja selbst in den Niederlanden. Sie standen in allen größeren Bibliotheken Europas, auch in der königlichen Bibliothek in Paris. Auch sein Hauvaterbuch „lnsomnis Cura Parentum" - trotz des lateinischen Titels in deutscher Sprache geschrieben - wurde mehrfach aufgelegt und ins Dänische übersetzt. In den nachfolgenden Jahrhunderten wurde es stiller um Moscherosch. Doch seine Schriften sind inzwischen zwar nicht alle, auch manche nicht in voller Länge, aber doch zu einem guten Teil in Neuauflagen wieder erhältlich. Hier soll von der politischen Tätigkeit Moscheroschs die Rede sein. Denn er würde, könnte man ihn heute sprechen, auf seine Verdienste in diesem Bereich wohl mehr den Akzent legen als auf seine gedruckten Werke. Es geht um sein Wirken als Fiskal (Frevelvogt) der Stadt Straßburg und um sein Amt als ältester Rat im Regierungskollegium der Grafschaft Hanau-Lichtenberg.
Johann Martin Hermann
(2003)
Die Auseinandersetzung mit Johann Martin Hermanns Arbeiten in den Bereichen Schreinerei und
Bildhauerei stehen bisher fast ausschließlich im
Zusammenhang mit der Erforschung anderer Meister wie Johann Martin Winterhalter, Johann
Michael Feuchtmayr und Joseph Christian oder der
Betrachtung des Villinger (Kunst-)Handwerks allgemein.[1]
Eine eigenständige ausführliche Darstellung zum Villinger Schreiner steht noch aus. Dies
betrifft vor allem die kunsthistorische Einschätzung
seiner noch vorhandenen Arbeiten.[2] An dieser
Stelle kann auch nur ein kurzer Überblick geboten
werden.[3]
Die nachstehenden Quellen spiegeln Beobachtungen eines Zeitzeugen, der im 19. Jahrhundert als bedeutender Jurist, ja als »Taufzeuge« des damaligen öffentlichen Rechts galt. Seine grundlegenden Werke wie die Arbeit zum Völkerrecht gehörten zum Literaturfundus von Anwälten und Diplomaten. Weniger bekannt ist Klübers Tätigkeit für den badischen Hof, dem er in einflußreichen Ämtern diente. Man gewinnt Informationen, oft mit einer eigenwilligen Position vorgestellt, über politische
und kulturhistorische Vorgänge aus seinen Briefen, die ein Müllwerker im Abfall vor der Entsorgung gerettet und dem Generallandesarchiv Karlsruhe zugeleitet hat, hier erstmals in der Originalform zitiert.
Habent sua fata scholae – nicht nur Bücher,
auch Schulen haben ihre Schicksale. Und sie
könnten in Zukunft entscheidende Einschnitte
erfahren, wenn man in der gegenwärtigen Bildungsdiskussion
an jene Vorstellungen denkt,
z. B. die Gymnasien, auf die beiden Oberklassen
beschränkt, in Einheitsschulen untergehen
zu lassen. Nicht vom Standpunkt der
Pädagogik oder in Sorge um wissenschaftlichen
Nachwuchs sei hier die Rede. Zu bedenken
ist, weiche kulturelle Tradition einer Bildungsinstitution
verloren ginge, die bis in
unsere Tage wirksam ist. Darum ein Blick ca.
250 Jahre zurück, wo in der Aufklärung das
Gymnasium und seine Lehrer exponierte
Kulturträger waren.
Über Leben und Wirken Johann Laurentius Höltzlins ist bisher wenig bekannt, obwohl die Zahl der mit seinem Namen verbundenen und erhaltenen, gleichwohl noch
weitgehend unbeachteten Druckschriften nicht klein ist.
Geplant sind drei Teilaufsätze, aufgeteilt anhand dieses Schrifttums, in welchen Leben und Wirken Höltzlins in
geschichtlicher Folge näher dargestellt werden.
Dabei wird die bisher meist ganz in den Vordergrund gerückte Frage, wie sich
Höltzlin als Oberhofprediger und Beichtvater Karl Wilhelms zu den erotischen
Eskapaden des Landesherrn und Karlsruher Stadtgründers verhalten hat und ob er
wegen seiner angeblichen Stellungnahme zur Bigamie des Fürsten vom Hof entfernt
wurde, nur gestreift.
Ende 1719 wurde Höltzlin, weiterhin Oberhofprediger und in Karlsruhe wohnen bleibend, erster Stadtpfarrer in Pforzheim, der zu der Zeit größten Stadt der Markgrafschaft und ehemaligen Residenzstadt, und zugleich Superintendent, 1720 dann
Spezialsuperintendent einer großen um Karlsruhe herum gelegenen Region, von Langensteinbach bis Staffort. In der Historia vitae von Anfang 17224 findet sich nichts von dem, was ihn im Herbst 1721 betraf: seine Anhörung am 17. Oktober 1721 (eine amicale Unterredung) zur Frage der Polygamie des Landesherrn, also zu Höltzlins Verhalten angesichts des ausschweifenden „Lebenswandels“ des Markgrafens. Erst im Februar 1722 folgte dann seine Entlassung aus den Pflichten des Oberhofpredigers, obwohl bereits am 18. Dezember eine Dienstveränderung mit unserm bißherigen OberHofPrediger Laurentio Hölzlin (sic) auf das Spezialat Auggen besoldungsmäßig geregelt worden war.
Schlagen wir in den musikalischen Lexika der vergangenen 250 Jahre nach, dann finden wir unter Bode nur einen Vertreter dieses Namens: Johann Joachim Christoph Bode (1730–1797), Hautboist in einem kurhannovrischen Regiment in Celle, dann Redakteur, Buchdrucker und zeitweise gemeinsam mit Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) Buchhändler in Hamburg. Hier betätigte er sich auch als Übersetzer von Opern- und Oratorientexten. 1773 brachte er die deutsche Ausgabe von Charles Burney‘s bedeutender Schrift „Tagebuch einer musikalischen Reise“ heraus. Ab 1778 lebte er als Geschäftsführer und Gesellschafter der Witwe des dänischen Staatsministers von Bernstorff in Weimar. Geehrt mit Hofrat- und Geheimrattiteln der Höfe von Sachsen-Meiningen, Sachsen-Gotha und Hessen-Darmstadt war Bode Zeit seines Lebens mit bekannten Persönlichkeiten wie dem Reformpädagogen Johann Bernhard Basedow (1724–1790), den Dichtern Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (1737–1823), Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) sowie Lessing befreundet und pflegte außerdem Kontakt zu den Weimarer Größen Herder, Goethe und Schiller. Als engagierter Freimaurer bekleidete er in der Hierarchie des Ordens hohe Ämter und stand den Illuminaten nahe. Neben seinen schriftstellerischen Tätigkeiten widmete er sich auch der Komposition und veröffentlichte 1754 und 1757 in Leipzig „Zärtliche und schertzhaffte Lieder mit ihren Melodijn“. So lag es auf der Hand, ihm, der sich während seiner Hamburger Zeit auch als Virtuose auf dem Violoncello und dem Fagott profiliert hatte, sämtliche unter Bode bekannten Werke zuzuschreiben, ganz gleich, ob Instrumentalwerke oder Lateinische Kirchenmusik, wobei sich die Frage stellt, welche Beweggründe der Lutheraner Johann Joachim Christoph Bode, der sich zeitlebens im lutherisch geprägten Umfeld
in Hamburg und Weimar bewegte, gehabt haben sollte, lateinische Kirchenmusik (Messen, Miserere, Motetten) zu komponieren.
Actum Donnerstags, den 20. Januar Anno 1701, so eröffnet Stadtschreiber Rudolf Wagenseil seine Protokolle des Ehrsamen Rates der Stadt Lahr, die bis zum 30. Dezember 1704 reichen. Lahr besitzt damit eine lebendige Quelle seiner Stadtgeschichte für die ersten Jahre des 18. Jahrhunderts. Annelore Hey hat die teilweise schwer lesbaren 727 Seiten für den Historischen Arbeitskreis Lahr transscribiert. Dankenswerterweise kann ich für die Daten und wörtlichen Zitate dieses Aufsatzes auf Frau Heys Arbeit zurückgreifen.
Die Lebensgeschichte von Johann Jacob
Lumpert zeichnet das Bild eines wohlhabenden Bürgers der Stadt Eppingen, der
zugleich im Dienst der kurpfälzischen
Regierung stand.
Seine Jugend (geboren um 1620-1625) fiel
in die schreckliche Zeit des 30-jährigen
Krieges. Die Kurpfalz, zu der Eppingen
gehörte, wurde von kaiserlichen und bayerischen Truppen erobert, dann wogte der
Krieg hin und her. Auch nach dem Friedensschluss von 1648 waren noch französische Besatzungstruppen im Land, in
Eppingen als Verbündete.
Johann Jacob Heber (1666-1724) - ein Feldmesser und Kartograf im Bodenseeraum und in Oberschwaben
(2001)
Im 18. Jahrhundert war in den Territorien Südwestdeutschlands die Durchführung einer Steuerreform ein sehr wichtiges Thema. Beschwerden der Untertanen
über Steuerungerechtigkeiten veranlassten die Regierungen dieser großen und kleinen Staaten, eine solche Reform durchzuführen. Da die Steuer in erster Linie aus
dem landwirtschaftlichen Ertrag ermittelt wurde, war die Vermessung der landwirtschaftlichen Grundflächen eine unerlässliche Voraussetzung für eine gerechte
Besteuerung. Durch die sogenannten Renovationsvermessungen erfolgten die Ermittlung der nutzbaren Flächen und die Darstellung der Vermessungsergebnisse in
Verzeichnissen und in großmaßstäbigen Flurkarten. Allerdings fielen die Ergebnisse dieser Vermessungen sehr verschieden aus. Vielfach blieben die Reformprojekte unvollendet. Neben diesen Vermessungsarbeiten für ein Steuerkataster waren
natürlich auch Vermessungen für topografische Landesaufnahmen und im Laufe
des 18. Jahrhunderts in vermehrtem Umfang auch für Vereinödungen, eine frühe
Vorstufe der heutigen Flurneuordnung, durchzuführen. Für diese umfangreichen
und vielgestaltigen Aufgaben wurden zahlreiche Feldmesser benötigt. Ein durch
große Leistung und fachliches Können herausragender Vertreter dieses Berufsstandes war der Feldmesser und Kartograf Johann Jacob Heber.
Nicht nur im württembergischen Oberschwaben gab es einen politischen Flickenteppich, sondern auch im entgegengesetzten Teil unseres Landes im badischen Norden. Dort gaben die Dörfer Ober- und Unterschüpf der kleinen
Herrschaft Schüpf, die heute im Gebiet der erweiterten Stadt Boxberg im
Main-Tauber-Kreis liegt, ihren Namen.
Wie aber kommt ausgerechnet in diese entlegene Gegend ein Name aus der
Mitte des Landes, aus Altwürttemberg, der zudem in seiner Titulatur noch den
Namen eines Ortes im schweizerischen Thurgau trägt?
Bei dem Träger handelt es sich um Johann Jacob Freiherr v. Bernhausen zu
Hagenwil, später zu Schüpf, dessen genealogische Daten im Folgenden
zunächst vorgestellt werden sollen.
Johann Heinrich Jung-Stilling gehörte zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Literaten seiner Zeit. Seine Werke hatten auch in denjenigen Landschaften des deutschen Südwestens, die Anfang des 19. Jh. zum Großherzogtum Baden zusammengefügt wurden, eine breite Leserschaft. Jung-Stilling war in Baden nicht nur literarisch wirksam. Er war dort gegen Ende seines Lebens auch wohnhaft und nahm persönlich Einfluss auf kirchliche Zusammenhänge. In zwei Abschnitten wird im Folgenden der
Einfluss Jung-Stillings in Baden nachgezeichnet. Zunächst wird Jung-Stillings Wirken zu Lebzeiten in Baden betrachtet. In einem zweiten Abschnitt geht es um die Frage, wie die Bedeutung Jung-Stillings für die Badische Erweckungsbewegung ab
den 1820er Jahren zu bewerten ist.
Am 20. März 2020 jährte sich der Geburtstag von Johann Gottfried Tulla zum 250. Mal. In der Vergangenheit führten solche Jubiläen regelmäßig zur Veröffentlichung von Biografien, die sich meistens auf die berufliche Entwicklung und das Wirken des Ingenieurs Tulla bezogen. Wie sah seine Familie aus, wer waren seine Vorfahren, hatte er Geschwister? Solche Fragen wurden oft nur unvollständig beantwortet. Dieser erste Teil widmet sich der Familie Tulla vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts.
Das Leben des Johann Gottfried Tulla, Pfarrerssohn und Ingenieur, war nicht spektakulär. Und ebensowenig spektakulär ist sein Lebenswerk, die Rektifikation, die Begradigung des Oberrheins. Der fließt heute so selbstverständlich durch die Landschaft, als wenn er schon immer so geflossen wäre. Wasserbau war ein eher unauffälliges Geschäft, nicht zu vergleichen mit prächtigen Kirchen, neugotischen Brauereien oder wuchtigen Fabrikhallen, wie sie das 19. Jahrhundert liebte. Dennoch: die Kunst oder die Technik des Wasserbaus hat - und sicher nicht zufällig exakt in der Zeit Tullas - einen beredten Fürsprecher gefunden, der dem nüchternen Schaufeln in der Erde, dem Buddeln im Schlamm seine menschliche Würde und seinen poetischen Glanz verliehen hat. Faust, zweiter Teil, fünfter Akt. Ein gewaltiger Dammbau soll neues Land gewinnen. ,,Wie das Geklirr der Spaten mich ergetzt! Es ist die Menge, die mir frönet, Die Erde mit sich selbst versöhnet, Den Wellen ihre Grenze setzt, Das Meer mit strengem Band umzieht."
Die Familiengeschichte von Johann Gottfried Tulla umfasst einen Zeitraum vom Dreißigjährigen Krieg bis ins erste Drittel des 19. Jahrhundert und geht über sieben Generationen. Die Auswertung der Kirchenbücher zeigt nicht nur genealogische Daten, sondern auch das Leben der Menschen. Dies in Verbindung mit der Zeitgeschichte bringt uns die Familie Tulla näher – und
im zweiten Teil vor allem die Karlsruher Familie um den Ingenieur Johann Gottfried Tulla.
Johann Georg Schultheiß
(2020)
Johann Georg Schultheiß (1809–1872), ein in seiner Heimatstadt St. Georgen im
Schwarzwald wegen seines vielfältigen öffentlichen Wirkens bis heute bekannter
Bürger, dessen Name in einer Straßenbezeichnung verewigt ist, gehörte in den
1830er Jahren als Student zu den nicht wenigen „Individuen, welche sich politischer Umtriebe“ hingaben. Deshalb geriet er gemeinsam mit anderen, heute ungleich bekannteren Opfern der damaligen „Demagogenverfolgung“ wie Georg
Büchner oder Philipp Jakob Siebenpfeiffer, mit denen zusammen er auf einer
Fahndungsliste der Zentralbehörde für politische Untersuchungen in Frankfurt
a. M. stand, ins Visier der Obrigkeit und erfuhr strafrechtliche Verfolgung, Exil
und polizeiliche Überwachung, wie sich aus archivalischem Material in den
Beständen des Generallandesarchivs Karlsruhe (GLA) und des Staatsarchivs
Freiburg (StAF) rekonstruiert lässt.
Im Rahmen eines anlässlich des 70. Geburtstags von Professor Hermann Brommer (1926-2012)
entstandenen Beitrags zu einer bis dahin nahezu unbeachtet gebliebenen Gruppe von Archivalien, die sich im verwandtschaftlichen Umfeld des aus Merdingen (bei Freiburg) stammenden
Barockbildhauers Johann Baptist Sellinger (1714-1779) ansiedeln ließen, nahm ich vor einigen
Jahren die Gelegenheit wahr, beiläufig auf einen aus der Nachbargemeinde Gündlingen gebürtigen Johann Georg Binz hinzuweisen, der in den 60er-Jahren des 18. Jahrhunderts als Freiburger
Student bezeugt ist.' Da mir zum damaligen Zeitpunkt weder verlässliche Informationen zur genealogischen Zugehörigkeit noch nähere Hinweise zu späteren Lebensstationen des Genannten
vorlagen, beließ ich es seinerzeit vorläufig bei einer knappen Randnotiz. Nicht zuletzt dank der
Recherchemöglichkeiten, die das moderne Internet heute bietet, war es mir in der Zwischenzeit
möglich, nicht nur die Lebensspuren Johann Georgs weiterzuverfolgen, sondern auch einige
weiterführende familiengeschichtliche Daten und Fakten zu seinen direkten Nachfahren zu
eruieren. Die folgenden Ausführungen stellen eine erste Zusammenfassung der dabei erzielten
Resultate dar.
Es gibt verschiedene Wege, sich mit Geschichte zu beschäftigen. Einer davon ist der Zugang über Biographien. Ob ich die Vergangenheit geistesgeschichtlich oder sozialgeschichtlich deute, ob ich nach Verfassungen, Gesetzen oder Bekenntnissen frage, immer ist der Mensch der Agierende und der Reagierende, Täter und Opfer. Er ist Träger neuer Ideen und Verteidiger der alten. Er findet Verhältnisse von seinen Vorfahren vor und gestaltet neu für seine Nachkommen, er ist Kind seiner Zeit und gleichzeitig prägt er seine Zeit. Was ich intellektuell sezieren und unterscheiden kann, fließt zusammen in der Existenz eines Menschen. In einer Biographie muss darum beides zum Ausdruck kommen: was der Mensch vorfindet und was er selbst beiträgt. Nun gibt es einen Faktor, der den Menschen in doppelter Hinsicht prägt, der seine Verhältnisse, die Bedingungen, die er vorfindet, mitbestimmt, und gleichzeitig seine körperlichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten bedingt: die Familie. Neben der „Biographie“ eines Einzelnen ist darum auch die „Oikographie“ einer Familie, eines Geschlechts, von Interesse, vor allem dann, wenn Familien Geschichte geprägt haben. Betrachtet man die Geschichte der badischen Landeskirche, dann sind es bestimmte Namen, die unter den Pfarrern, später auch Pfarrerinnen, immer wieder auftauchen, seit dem 16. Jahrhundert begegnen uns beispielsweise die Familien Fecht, Hitzig, Sachs oder Eisenlohr und bis in die heutige Zeit hinein Bender, Kühlewein oder Schmitthenner. Nicht immer sind Vater und Sohn gleichermaßen bedeutsam in ihrem Beitrag für die Geschichte, nicht immer folgt der Sohn dem Vater in das geistliche Amt, manchmal sind es erst Enkel oder Urenkel, und nicht immer übernimmt der Nachkomme automatisch die theologische Position seiner Vorfahren, oft muss er sich nicht nur mit dem theologischen Erbe seiner Zeit, sondern mit dem theologischen Erbe der Väter auseinandersetzen, um eine eigene Position zu finden. Und dennoch findet man immer wieder auch das Familientypische.
Eine Familie, die unsere badische Kirche und Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert geprägt hat, ist die Familie Frommel. Zahlreiche Theologen, Künstler und andere Gelehrte hat sie hervorgebracht. Der vorliegende Aufsatz porträtiert den ersten Pfarrer der Familie, Johann Christoph Frommel (1724-1784), und macht durch kurze Lebensskizzen einiger seiner Nachkommen beispielhaft deutlich, wie stark Pfarrfamilien vom 18. bis 20. Jahrhundert kulturprägend und –tragend waren.
Anlass zu dieser Arbeit gab ein Artikel von Manuela Müller in der „Badischen Zeitung" vom
13. Oktober 2004. In der Reihe „Wohnen im Denkmal (8)" wurde dort über „Die Erbprinzenstraße 15/ Alternativer Lebensraum im bürgerlich-städtischen Wohnbau der Gründerzeit" berichtet. Die angeschlossene Info-Box für den Leser enthielt unter anderem folgende Daten:
"Geschichte
1882: Die Erbprinzenstraße entsteht, erste Häuser sind die Nr. 1, 2 und 4.
1883: Das Haus 15 wird für die „Stahlhandlung en gros" August Bühne und Companion erbaut.
1885: Johann Carl Christoph Schleip, aus Thüringen stammender Gutsbesitzer, Konzertmeister,
später Privatier erwirbt das Haus und vermietet es."
Diese Angaben stehen im Widerspruch zur schriftlich überlieferten Lebensgeschichte des Urgroßvaters meines Mannes, Johann Carl Christoph Schleip, die uns als Hochzeitsgeschenk der
Familienältesten, Sunniva Bayne,
vorliegt. Da auch in neuerer Literatur keinerlei Hinweise auf
die Entstehung der Erbprinzenstraße und der daran erbauten Häuser aufzufinden waren, war
davon auszugehen, da die bezüglich mehr oder weniger Unkenntnis vorherrschte. Eine Korrektur von Seiten der „Badischen Zeitung" wurde abgelehnt. Ich hielt es daher für meine
Pflicht, genauer zu recherchieren und die Dinge in den richtigen Kontext zu stellen, zumal da
Doppelhaus Erbprinzenstraße Nr. 13/15 1982/83 al Baudenkmal der Gründerzeit in die Liste
der Kulturdenkmäler Baden-Württemberg aufgenommen wurde und die Familie des Erbauers, Johann Carl Christoph Schleip, in engem Zu ammenhang mit dem bekannten „Grabmal
des Mädchens mit den immer frischen Blumen" auf dem Alten Friedhof in Freiburg steht.
Der aus Hessen [1]
stammende Johann Bidenbach [2]
, der 1534 bis 1540 als Untervogt in Brackenheim amtierte, war nicht nur der Stammvater einer bedeutenden Gelehrtenfamilie [3]
sondern als Nachkomme eines württembergischen Grafen ein begehrter Ahnherr. Umso erstaunlicher ist es, dass sich bisher, soweit
ich dies übersehen kann, noch niemand die Mühe gemacht hat, die zahlreich
vorhandenen Quellen zusammenzutragen, um ein zutreffendes Bild von
Bidenbach und seiner Familie zu zeichnen.
Vermutlich haben kleine Landgemeinden ein Problem damit, einzelne Persönlichkeiten aus ihren Reihen durch Ehrungen herzuvorheben. Für Überauchen,
heute ein Teilort der Gemeinde Brigachtal, trifft dies jedenfalls zu. Wie sonst ließe
es sich erklären, dass man in ganz Überauchen vergeblich nach öffentlichen
Zeichen sucht, die in irgendeiner Form auf den wohl größten Sohn aus diesem
Ort hinweisen? Es könnte daran liegen, dass in kleinen Gemeinden ein Personenkult deshalb verpönt ist, weil man einfach zu eng miteinander verbunden ist
und niemand für etwas „Besseres“ gehalten wird. Überauchen hatte im 18. Jahrhundert, also zu Lebzeiten von Johann Baptist Krebs, gerade einmal 200 Einwohner, die sich auf weniger als 30 Familien verteilten. Herrschaftlich war es
Villingen unterstellt, rein katholisch und agrarisch geprägt. Möglicherweise lag
es auch daran, dass die Eltern nicht zu den wenigen privilegierten Grundbesitzern gehörten, sondern Taglöhner waren. Nicht auszuschließen ist, dass jener
Johann Baptist Krebs einfach zu viele Besonderheiten hatte, die für seine
Mitmenschen eher suspekt waren, sodass man darüber lieber schwieg, was zur
Folge hatte, dass das Ausnahmetalent einfach in Vergessenheit geriet. Dies wurde
wahrscheinlich noch dadurch begünstigt, dass dieser Sohn armer Leute aus Überauchen vom katholischen Vorderösterreich, wo er eigentlich als Pfarrer wirken
sollte, in das protestantische Stuttgart gezogen war, um dort an der herzoglichen,
später königlichen Oper zu singen. Noch schwerer sollte wiegen, dass er sich zur
Freimaurerei hingezogen sah und über 30 noch heute gehandelte Bücher mit mystischen, auch okkulten und esoterischen Inhalten schrieb. Dieser Umstand war
in kirchlichen Kreisen zur damaligen Zeit ein Tabu. Dies tat er zwar unter
diversen Pseudonymen. Es dürfte jedoch der katholischen Geistlichkeit nicht völlig verborgen geblieben sein, dass sich hinter den Namen Kerning oder Gneiding
jener Johann Baptist Krebs aus Überauchen verbarg.
Johann Baptist Knebel
(2020)
In der Kaiserzeit und während der Weimarer Republik kam es öfter vor, dass katholische Priester im badischen Landtag als Abgeordnete tätig waren. So war auch der katholische Pfarrer Johann Baptist Knebel von 1909–1912 Abgeordneter des badischen Parlaments. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und wurde in seiner Jugendzeit bildungsmäßig von seinem Heimatpfarrer und dadurch auch wirtschaftlich von der katholischen Kirche gefördert. Denn ohne diese Unterstützung hätte Knebel nicht studieren und Pfarrer werden können. Wegen seiner Sprachbegabung kam er zur Politik und wurde Abgeordneter der Zentrumspartei im badischen Landtag. In der ersten der zwei Sitzungsperioden seiner Parlamentstätigkeit war er politisch sehr aktiv, in seiner zweiten Sitzungsperiode trat er im Landtag meist nur noch als Besserwisser und Aufklärer auf. Und hier kündigte sich das Ende seiner politischen Laufbahn an, das er wohl entweder einem Streit mit den Verantwortlichen der Zentrumspartei und/oder dem Ärger mit seinem kirchlichen Dienstvorgesetzten verdankte.
Der Genremaler Johann Baptist Kirner wurde schon zu seinen Lebzeiten aufgrund seiner feinfühligen Interieurschilderungen und seiner sorgfältigen, geradezu dokumentarischen Erfassung der Alltagsgeräte und Trachten als bedeutender Chronist seiner Zeit und vor allem seiner Schwarzwälder Heimat geschätzt. Ausgebildet an der Königlich Bayerischen Akademie in München verstand er es, mit seinen oftmals mit einem humoristischen Unterton unterlegten Genredarstellungen das Bildbedürfnis seiner bürgerlichen Käuferschicht zu bedienen.
Der äußere Radius seines Lebens war auch nach damaligen Verhältnissen bemessen klein; er erstreckte sich vom Bodensee und der schwäbischen Ostalb bis an den Neckar und den Südschwarzwald im Breisgau, wo er in Freiburg fast drei Jahrzehnte lang als Professor für Moraltheologie und Katechetik sowie später als Domkapitular und Domdekan wirkte. Hinzu kamen während einiger Jahre, in denen er von seiner Freiburger Universität als Abgeordneter in den Badischen Landtag entsandt wurde, regelmäßige Besuche in der Residenzstadt Karlsruhe. Johann Baptist Hirscher wurde am 20. Januar 1788 als erstes von sechs Kindern einer einfachen Bauernfamilie in der Nähe von Bodnegg im heutigen Kreis Ravensburg geboren. Seine schulische Bildung erhielt er auf Anregung des örtlichen Geistlichen in der Prämonstratenserabtei Weissenau. Nach deren Aufhebung im Jahr 1803 wechselte er an das Konstanzer Lyzeum, wo er dem Generalvikar der damaligen Diözese Konstanz Ignaz Heinrich von Wessenberg begegnete, der ihn nachhaltig prägte und schon früh auf seine Begabung aufmerksam wurde. Das sich anschließende Theologiestudium in Freiburg war freilich nur von kurzer Dauer, da der junge Hirscher aus finanziellen Gründen die Universität nach zwei Jahren verlassen musste. Seine ultramontanen Gegner haben ihm später, als er längst zu den führenden katholischen Theologen in Deutschland zählte und als viel gelesener religiöser Schriftsteller anerkannt war, oft seine angeblich lückenhafte wissenschaftliche Ausbildung und seine nur oberflächliche Kenntnis der scholastischen Autoren vorgehalten. Nach dem Besuch des Meersburger Priesterseminars erhielt Hirscher am 22. September 1810 im Konstanzer Münster die Priesterweihe.
Johann Arnold Mathy
(2016)
Johann Peter Arnold Mathy (1755–1825), wie der ganze Taufname lautet, ist durch das Interesse der badischen Geschichtsschreibung an seinem Sohn Karl Mathy (1807–1868) bekannt geworden. Karl Mathy war einer der Führer der badischen Liberalen um die Mitte des 19. Jahrhunderts, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, Staatssekretär in der dort gebildeten Reichsregierung, großherzoglicher Handelsminister, zuletzt Leitender Staatsminister. Sogleich nach Karl Mathys Tod hat Gustav Freytag, der angesehene Publizist und Verfasser historischer Romane, eine Biographie über seinen Freund geschrieben (1870), die mit einem längeren Kapitel über den Werdegang des Vaters beginnt.
Freytag besaß durch seine Freundschaft mit Mathy Verbindung zur Familie und konnte auf deren Schilderungen und den Nachlass zurückgreifen. Indessen hatte schon der für die preußische Rheinprovinz wichtige Rheinische Antiquarius 1854 auf Johann Arnold Mathy hingewiesen. Zu dessen 100. Todestag im Jahre 1925 brachte der Enkel Ludwig Mathy im Rahmen einer Familiengeschichte mehrere Beiträge über seinen Vorfahren ein, die dessen Bild bereichern. Damit
liegen die Grundlagen für jede Beschäftigung mit Arnold Mathy vor.
Die Tagebücher des Ettenheimer Bürgers und Chirurgus Joann Conrad Machleid sind die wertvollsten Quellen für die Geschichtsforschung der Stadt Ettenheim in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, einem Zeitraum, der für diese Stadt von großer Bedeutung war. Joann Conrad Machleid hat zwei großvolumige Tagebücher hinterlassen, Diarien, wie er sie nennt. Sie umfassen insgesamt 1144 Seiten, meistens eng beschrieben. Die beiden Bücher befinden sich noch heute im Familienbesitz. Der erste Band beginnt im Jahr 1755. Der zweite Band endet im Jahr 1794, kurz bevor Machleid starb. In diesen beiden Bänden berichtet Machleid über all die Geschehnisse, die er für so wichtig erachtete, dass er sie aufschrieb. Teilweise reichen seine Aufzeichnungen auch weit in die Vergangenheit zurück und beruhen dann auf mündlichen Überlieferungen. Dadurch blieb das Wissen über viele Ereignisse im Stadtgeschehen erhalten, was ohne seine Aufzeichnungen sicher verloren gegangen wäre.
Fast hätte er es geschafft, der eindrucksvollen
Galerie von Literaten, die in Baden-Baden
gelebt oder sich doch hier regelmäßig zur Kur
aufgehalten haben, die Reihe der Fjodor
Dostojewski, Justinus Kerner, Reinhold
Schneider, Werner Bergengruen – um nur die
bekanntesten Namen zu nennen – um eine
leichtfüßige, zumindest in vielfachen Farben
schillernde Figur zu bereichern.
Jemand, der malt
(2001)
Jemand, der malt, spricht in Bildern, also in Farben, Formen und Figuren; ihnen mit Worten zu entsprechen fällt dem, der schreibt, schwer. Denn die Worte dürfen sich nicht vor die Bilder stellen oder gar an deren Stelle treten wollen (was aber leider oft geschieht); sie müssen den Weg beschreiben, der zu ihnen hin und in sie hinein führt, und dann verstummen. Wer sie gehört oder gelesen hat, darf sie auch wieder vergessen - sobald er zu sehen beginnt. Dazu sind sie da, und sonst zu nichts.
,,En Alsace/Im Elsass ... ": Mit diesen Worten beginnt die Autobiographie Les mots (1964) von Sartre (1905-1980), jenes „Erz-Parisers", der den einen Teil seines Lebens an der Seine verbrachte und im anderen sich dorthin zurücksehnte. Kann
man sich Sartre am Oberrhein vorstellen, durch ein elsässisches Fachwerkdorf schlendernd, womöglich am Tresen einer
„Winstub" sitzend? In das gängige Bild, das viele sich von dem französischen Dichter-Philosophen machen, passt dies zumindest nicht. Doch die Familie von Sartres Mutter stammt aus dem Elsass, er selbst verbrachte hier entscheidende Wochen
und Monate seines Lebens: als Knabe vor und nach dem Ersten Weltkrieg, als Romancier und Soldat im Kriegsjahr 1939/40 und als weltberühmter Denker und diskreter Besucher in der Nachkriegszeit. Vor allem aber spielt das Elsass eine nicht zu unterschätzende Rolle in seinem Werk: als realer Produktionsort literarischer und philosophischer Schriften (z.B. L'age de raison, L'etre et le neant) sowie als fiktionaler Schauplatz seiner Romane und Erzählungen (z.B. La mort dans l'ame, Les mots).
Im Sommer 1959 gab Erzbischof Weber
von Straßburg einen Empfang für katholische
Studenten aus Freiburg im Breisgau. Ich war
eine der eingeladenen Studentinnen. Es war
noch nicht selbstverständlich, dass man nach
Frankreich eingeladen wurde, und wir empfanden
es als ein großes Ereignis. Zuerst hielt
Erzbischof Weber eine kurze Rede. Ich muss
gestehen, dass ich vergessen habe, was er
gesagt hatte. Es ist davon auszugehen, dass es
mit der deutsch – französischen Aussöhnung
zu tun hatte. Dann haben wir uns der Reihe
nach persönlich dem Oberhirten von Straßburg
vorgestellt, und wie es zu jener Zeit
üblich war, ist jeder vor ihm niedergekniet und
hat den Bischofsring geküsst. Er wechselte mit
jedem der Gäste einige persönliche Worte. Ich
war ziemlich in der hintersten Reihe und, als
für mich der aufregende Augenblick kam, ich
den Bischofsring küssen durfte und meinen
Namen nannte, verließ Bischof Weber seine
vornehme Zurückhaltung.
Die drei Protagonisten dieser Tagung sind im Abstand jeweils eines halben Jahrhunderts geboren: Friedrich Reiser 1401, Jakob Wimpfeling 1450, Sebastian Franck 1499. Wimpfeling ist Reiser und wohl auch Franck nie begegnet, aber Wimpfeling
wusste von Reiser, und Franck wusste von Wimpfeling. Als Reiser 1458 in Straßburg als rückfälliger Ketzer verbrannt wurde, besuchte der junge Wimpfeling die Lateinschule seiner Heimatstadt Schlettstadt. Erst vierzig Jahre später interessierte ihn jene Ketzerverbrennung aus einem nicht bekannten Grunde sehr. Sein Freund Geiler von Kaysersberg stellte 1497 in Straßburg Nachforschungen über „diesen Friedrich“ an und übermittelte das Ergebnis nach Speyer, wo Wimpfeling damals als Domprediger wirkte. Vier Jahre später machte Wimpfeling, der inzwischen in Straßburg lebte, von den Informationen Geilers Gebrauch im zweiten Buch seiner Schrift „Germania“, mit der er beim Rat der Stadt dafür warb, dass dieser zum Wohle Straßburgs ein Gymnasium für die 15- bis 20jährigen als Ausbildungsstätte für die künftige Führungsschicht einrichten möge. Diese sollte einmal mit derselben Weisheit regieren, die der Stra?burger Rat schon in früheren Zeiten bewiesen habe. Wimpfelings Aufzählung vorbildlicher Maßnahmen schockierte damals nicht, sie entsprach vielmehr gängiger Regierungslehre.
Im vorliegenden Band werden die beiden Familienverzeichnisse der Pfarreien
Nöttingen und Remchingen der Öffentlichkeit in Druckform zugänglich
gemacht, die Pfarrer Jakob Petri im Jahr 1696 nach kriegsbedingtem Verlust
der alten Kirchenbücher neu anlegte. Die genealogische Forschung für das
Pfinztal wäre ohne diese beiden Verzeichnisse ein gutes Stück ärmer; sie hat
Jakob Petri also bis heute Außergewöhnliches zu verdanken. Doch wer war
dieser Jakob Petri? Als Seelsorger für mehrere Dörfer hat er während seiner
langen Amtszeit auch die schweren Jahre zweier Erbfolgekriege miterlebt. Im
Folgenden soll sein nicht ganz alltäglicher Lebenslauf nacherzählt werden,
wobei auch seine familiäre Herkunft Berücksichtigung findet.
Jakob Müller
(2003)
Jakob Müller hat zu Beginn des 17. Jahrhunderts das Langhaus der Stadtkirche gebaut und damit das Bild von Neckarbischofsheim bis auf den heutigen Tag nachhaltig geprägt. Müller war jedoch nicht in erster Linie Baumeister, sondern Bildhauer. Nur zweimal trat er auch als Architekt auf. Außer der Stadtkirche in Neckarbischofsheim baute er auch die Kirche des Schlosses Liebenstein bei Neckarwestheirn, die im Jahr 1599 errichtet wurde.
Jakob Ebner erlebte als Militärpfarrer den Ersten Weltkrieg ausschließlich an der Westfront. Seine Einsatzorte belegen deutlich, dass er an vielen heiß umkämpfen Brennpunkten im Einsatz war und den Krieg mit den unermesslichen Leiden der Soldaten im wahrsten Sinne des Wortes an vorderster Front erlebt hat. Näher eingegangen und durch historisches Kartenmaterial erläutert wird auf seine Einsätze im Priesterwald, am Loretto, in der Champagne, an der Somme, an der Aisne sowie am Kemmelberg in Flandern, wobei auch sehr viel Wert darauf gelegt wird, die Ereignisse im allgemeinen Zusammenhang »Erster Weltkrieg« zu sehen. Ein besonderer Abschnitt versucht mit der Beschreibung der »emotionalen Schlüpflöcher « eine Erklärung dafür zu finden, auf welche Weise Jakob Ebner die traumatischen Kriegserlebnisse bewältigen konnte.
Wenn ich an den Herrn Oberpfarrer denke - so wurde er trotz Verwandtschaft in unserer Familie genannt - erscheint vor meinem geistigen Auge der ernste, würdige und gütige Mann mit dem großen Hansjakobhut und dem langen schwarzen Priesterrock, der hinreißend erzählen konnte. Seine Erzählungen bei all den Familienfesten, an denen er immer als Gast teilnahm, blieben mir in Erinnerung. Bei jeder Erstkommunion, Hochzeit, Beerdigung und sonstigen Familientagen in der Familie, wie z. B. die Goldene Hochzeit meiner Großeltern, war der Herr Oberpfarrer einfach nicht wegzudenken. Er, der heimat- und erdverbundene bäuerliche Mensch, sprach für meine Ohren „hochdeutsch“.
1837 erscheint das Handwörterbuch der praktischen Apothekerkunst von Wilhelm Ludwig Bachmann. Es ist „den ausgezeichneten Chemikern Herrn Hofrath und Professor Dr. Andreas Buchner sen. in München und Herrn Apotheker Jakob
Bernhard Trautwein in Nürnberg aus reiner Liebe, Freundschaft und Verehrung gewidmet".
Jacob Kast (um 1540-1615)
(2001)
Wir sind heute hier zusammengekommen, um die Erinnerung an den Kammerrat, Murgschiffer und Holzgroßhändler Jacob Kast von Hörden wach zu halten. Er lebte im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, einer Epoche des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit. Es ist das Zeitalter der Renaissance, einer Periode grosser geistiger wie religiöser Umwälzungen.
Sie bricht mit dem mittelalterlichen Traditionalismus, führt zu einer optimistischeren Grundhaltung und vermittelt neues Lebensgefühl. Allgemein kommt es zu wirtschaftlichem und demographischem Wachstum. Gleichzeitig erfolgt der Ausbau von Flächenstaaten und Landesherrschaften.
Jacob Burckhardt am Bodensee
(2005)
Der bedeutendste Schweizer Historiker des 19. Jahrhunderts, der Basler Jacob
Burckhardt (1818-1897), verfasste ein Werk über »Die Zeit Konstantins des Grossen«, den
»Cicerone« und ein Buch über »Die Kultur der Renaissance in Italien«; unser Jahrhundert
kennt ihn als den Verfasser der »Weltgeschichdichen Betrachtungen«.
Burckhardts Biograph Werner Kaegi schrieb: »Es war ein besonderer Augenblick
in seinem Leben, als er sich entschloß, den Text auszuarbeiten, den er in der Folgezeit
dreimal als Vorlesung gehalten und dann wieder fallen gelassen hat. Erst nach seinem
Tode sollte das Werk, zu dem er jetzt die Feder ansetzte, den Weg über die Welt hin antreten. [...] Burckhardt war inzwischen fünfzigjährig geworden. Er muß das Gefühl gehabt
haben, es sei jetzt an der Zeit, die bisherige Weltentwicklung, wie er sie als Gelehrter
kannte, zusammen mit den Dingen, die er selbst erlebt hatte, als Ganzes zu überschauen
und darüber vor den Studenten zu sprechen. Er tat es im Winter 1868/69 vor 3° Zuhörern in einer einstündigen Vorlesung, die er angekündigt hatte: Über das Studium der
Geschichte« Diese Vorlesung gab Jakob Oeri 1905 als »Weltgeschichtliche Betrachtungen« heraus.
J. P. Hebel und Lörrach
(2002)
Seit der Eingemeindung Hauingens zur Stadt Lörrach 1975 beginnt dieses Thema bereits am 30. Juli 1759 mit der Trauung der Eltern Johann Peter Hebels in der Hauinger Kirche. Hier fand aber nicht nur die Hochzeit der Eltern in der Kirche und anschließend im Gasthaus „Zum Bad" statt, hier im „Bad" kam nach Pfarrer Richard Nutzingers Erzählung und Recherchen „Das Hanspeterli" von 1938 am 10. Mai 1760 auch Johann Peter Hebel zur Welt. Zahlreiche Belege dieser Wahrscheinlichkeit habe ich in der „Hauinger Chronik" von 2002 festgehalten. Ein weiteres Indiz liefert auch Gustav Oberholzer in seinem Artikel „Die Rechtsverhältnisse des Johann Jakob Hebel" (,,Das Markgräflerland" 1/1985), als der Vater J. P. Hebels beim Oberamt Lörrach 1759 zwecks Heirat mit Ursula Örtlin sich als Hintersass in Hausen bewarb. Dort heißt es wörtlich: ,,Jakob Hebels Heirat pressierte". Denn eine eheliche Verlobung sollte damals nur ein halbes Jahr dauern.
Zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Karlsruhe gehören drei Bilder an der Wand: Ein großes fast düsteres Ölbild in opulentem Goldrahmen: An einem einfachen Holztisch in einer Bauernstube sitzt ein ernster, dunkelhaariger Mann. In seiner rechten Hand hält er die Hand eines Mädchens, das mit scheu gesenktem Blick und verlegen mit der linken Hand nach der Schürze greifend, vor ihm steht. Die beiden anderen Ölgemälde sind etwas kleiner. Das eine zeigt einen ernsten, braunhaarigen Mann mit Bart und klaren grauen Augen in dunklem Anzug, das andere eine freundlich lächelnde Frau in einem schlichten trachtenähnlichen Kleid. Sie sitzt an einem Tisch und hält in der linken Hand eine Tasse, in der sie mit einem Löffel in der rechten Hand rührt.
Irma Guggolz zum 85sten
(2009)
,,Des hält sie net aus!" war mein erster Gedanke,
als Irma Guggolz mir eröffnete, dass sie
Sulzfeld verlassen und in die Nähe der Familie
ihres Sohnes ziehen wolle. Doch sie hat es ausgehalten!
Seit sechs Jahren lebt Irma Guggolz
nun schon im Schwabenland, in Merklingen,
um es genau zu sagen. Ihr Talent, die Fähigkeit,
formvollendete Mundartgedichte zu
schreiben, hat sie mitgenommen und erfreut
nun seit sechs Jahren die Menschen auf der
Alb mit ihren Ideen, ihren Gedanken, ihren
Gedichten.
Irdene Leidenschaft
(2019)
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kannte man in der südlichen Oberrheinebene typische Hafner- oder Töpferorte, in deren Umgebung an geologisch aufschlussreichen Lagerstätten beidseits der Vorbergzonen des Schwarzwalds und der Vogesen geeignete Tonerden zur keramischen Produktion gewonnen wurden. Zu ihnen zählte auch die kleine Landschaft Staufen am Ausgang des Schwarzwälder Münstertals, nur wenige Kilometer südlich von Freiburg im Breisgau gelegen und vor allem durch Dr. Fausts jähes Ende im örtlichen Gasthaus >>zum Löwen<< weithin bekannt geworden. Nur wenige Hafner übten zu dieser Zeit noch ihr altüberliefertes Handwerk aus, das in vergangen Jahrhunderten sogar in einer Hafner-Bruderschaft organisiert gewesen war.
Nachdem Markgraf August Georg, der letzte seines Stammes, im Jahre 1771 in Rastatt gestorben war, wurde sein katholisches
Ländchen mit dem der evangelischen Vettern in Karlsruhe vereinigt - was freilich nicht allen gefiel. Vor allem die Witwe des
Verstorbenen, Markgräfin Maria Viktoria, versuchte das konfessionelle Erbe zu wahren und zu mehren; und so kaufte sie die
ehemalige Residenz der Jesuiten in Ottersweier und richtete in ihr eine Mädchenschule ein. Zu ihrer Leitung berief sie die „Regulierten Chorfrauen des Heiligen Augustinus von der Kongregation Unserer Lieben Frau", die 1597 in Lothringen gegründet worden waren und sich 1731 in Altbreisach niedergelassen hatten. Am 21. Oktober 1783 wurde das Institut feierlich eröffnet. Es folgten gute, dann aber immer schwierigere Jahre, sodass man schließlich beschloss, die Schule nach Offenburg zu verlegen, wo sie im Jahre 1823 das ehemalige Franziskanerkloster bezog. Hier blühte sie nun förmlich auf, zusammen mit dem ihr angeschlossenen, ,,von den Töchtern des badischen Landes mit Vorliebe besuchten Pensionat".
In Wieden
(2012)
In Wieden, einem sonst nicht sehr bekannten Dorf im Schwarzwald, amtierte von 1884 bis 1892 der Pfarrer Konrad Gröber. Er stammte aus Meßkirch und hatte dort einen Bruder, der Alois hieß und Schreiner war; und dieser hatte eine Tochter und zwei Söhne, von denen einer wiederum Konrad hieß. Auch dieser Konrad wollte Priester werden; der Vater war dagegen,
der Onkel in Wieden aber dafür, und daher ging’s dann doch von Meßkirch nach Konstanz aufs Gymnasium, nach Freiburg auf die Universität, und schließlich sogar noch nach Rom ins ›Collegium Germanicum et Hungaricum‹. Dort hat der junge Gröber von 1893 bis 1898 ein Tagebuch geführt, das ein Rom beschreibt, das es längst nicht mehr gibt; das aber auch, aus der Erinnerung, die Orte beschreibt, an denen er seine Kindheit und Jugend verbrachte – und so auch Wieden.
In Schulen nichts Neues?
(2004)
Als einen „kommenden Mann" hatte Willy Hellpach, badischer Minister für Kultus und Unterricht 1922-24, den Leiter des Goethe-Gymnasiums Karlsruhe Karl Ott bezeichnet, „ein junger, zukunftsträchtiger, von reichen Gesichtern erfüllter Erzieher". In der Tat lohnt auch heute noch eine Begegnung mit Otts Schriften angesichts des neuen Bildungsplans des baden-württembergischen Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport, von dem es im Vorwort heißt, es sei „ein pädagogischer
Meilenstein in der Entwicklung unserer Schulen".
In Sachen Benedikt Gillmann
(2004)
Im 122. Jahresheft der Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins »Schau-ins-Land«
erschien kürzlich ein Aufsatz, in dessen Mittelpunkt Benedikt Gillmann (1823-1897), ein in
den Jahren 1871 bis 1874 als Verwalter (>Verweser<) der Schwarzwaldpfarrei Wittichen (nordöstlich von Haslach i.K.) nachweisbarer Priesterkollege des Kinzigtäler Volksschriftstellers
Heinrich Hansjakob (1837-1916), stand. Die im Rahmen dieses Beitrags referierten Forschungsergebnisse konfrontierten uns unter anderem mit dem Problem, ob ein Hinweis dieses über Jahre hinweg auch am Bodensee tätigen Heimatdichters, der sich in seiner im Todesjahr Gillmanns veröffentlichten Erzählung >Der Fürst vom Teufelstein< findet, unabhängig
von der schon seit geraumer Zeit kontrovers diskutierten Frage nach den illegitimen Nachkommen des Autors zu interpretieren ist oder aber Bezüge erahnen läßt, die, recht besehen,
neue Aspekte dieser berühmt-berüchtigten »wunden Stelle« im Leben Heinrich Hansjakobs
zu Tage fordern könnten. Vor allem die im Erzbischöflichen Archiv Freiburg lagernde Personalakte Benedikt Gillmanns erwies sich nun bei der fortgesetzten Spurensuche als außergewöhnlich ergiebig, so daß ich mich im Anschluß an die weitere Durchsicht dieses in jeder
Hinsicht als gewichtig zu bezeichnenden Konvoluts nun in die glückliche Lage versetzt sehe,
das bewegte - um nicht zu sagen: spektakuläre - >Vorleben< des Witticher Pfarrverwalters, den
Hansjakob in seiner Erzählung >Der Vogtsbur< an markanter Stelle in Erscheinung treten läßt,
eingehender würdigen zu können, als dies auf der Basis der bislang bekannt gewordenen
Quellenzeugnisse möglich war.
In der Todesanzeige der Schüler und Freunde des Verstorbenen ist als Motto ein Zitat von Augustinus (Conf. IX, 10) gewählt worden, das aus dem Abschiedsgespräch mit der Mutter Monnica genommen ist: die Nähe zum Ewigen, als der Tag nahte, da sie aus diesem Leben scheiden sollte. Mutter und Sohn standen in Ostia am Tiber allein, gelehnt ans Fenster, von wo man in den inneren Garten des Hauses sah. „Et dum loquimur et inhiamus illi, attingimus eam toto ictu cordis — Und da wir also davon sprachen und danach verlangten, berührten wir das Ewige leise und wie mit einem vollen Schlag des Herzens“. Eine bewegende, ja erschütternde Metapher. Auf diese Weise ist das Wesen von Karl Suso Frank im Zentrum erfaßt und seine Gründung in den großartigen Texten der Kirchenväter und den Quellen der alten Kirchengeschichte, die er über Jahrzehnte gelehrt und erschlossen hat. Denn sein besonderes wissenschaftliches Interesse galt der Erforschung der Ursprünge der christlichen Askese und der Geschichte des Mönchtums. Dieses Wissen hat er in zwei wichtigen Werken versammelt:„Grundzüge des christlichen Mönchtums“ und „Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche“ — in viele Sprachen übersetzt. Geborgen in einer großen Familie war er mit sieben Geschwistern aufgewachsen in der Bescheidenheit und Einfachheit der Eltern, die als Korbmacher das Brot verdienten.
Vor 180 Jahren verstarb der badische
Oberst und „Bändiger“ des Rheins, Johann
Gottfried Tulla, in Paris.
Als am 27. März 1828 Johann Gottfried
Tulla in Paris verstarb, verlor das Großherzogtum
Baden seinen fähigsten und weit über
die Landesgrenzen hinaus bekannten Straßenund
Wasserbauingenieur seiner Zeit. Seine
letzte Ruhestätte fand Tulla fernab seiner
badischen Heimat auf dem Friedhof Montmartre
in Paris. Der Grabstein, der im Auftrag
des Großherzogs von Baden errichtet wurde,
zeigt den Rhein in seinem natürlichen und
„rectifizierten“ Verlauf als Erinnerung an den
Wasserbauer Tulla sowie eine Bogenbrücke
und ein aufgeschlagenes Mathematikbuch mit
dem Satz des Pythagoras als Sinnbild für den
Brücken- und Straßenbauer Tulla.
Tullas Ende war von großen Leiden bestimmt,
was der von Philipp Jakob Scheffel verfasste
Nekrolog von 1830 eindrucksvoll darlegt.
Wolfgang Hug war ein außerordentlicher Mensch und ein außerordentlicher Lehrer und Historiker. Vor allem hat er Geschichte und Vergangenheit nicht nur vorbildhaft erforscht, sondern er hat vielen Generationen von Studierenden Geschichte auch zu lehren gelehrt. Viele, die das eine können, können das andere nicht. Wolfgang Hug konnte beides. Ich habe ihn leider nicht mehr als Lehrer und Kollegen, sondern nur noch als emeritierten Professor, der ab und zu an „seiner“ Hochschule vorbeischaute, kennengelernt. Näher sind wir uns erst im Kirchengeschichtlichen Verein der Erzdiözese Freiburg gekommen, dessen Mitglied er bis zuletzt war. Zuweilen hat er mir großzügigerweise auch geschichtsdidaktische Zeitschriften, Bücher und Fachliteratur ins Postfach legen lassen, von denen er glaubte, dass er sie nicht mehr benötige. Ge- freut hat mich, als er mich nach der Verabschiedung seines verdienten Kollegen und Nachfolgers Gerhard Schneider, bei der ich, noch nicht lange im Amt, am 20. Juli 2008 ein paar ehrende und wertschätzende Worte im Schlossbergrestaurant sprechen musste, brieflich im Nachhinein lobte. Ich hätte, wie er es formulierte, genau getroffen, was den Scheidenden auszeichnet, ich hätte es „auf eine überaus gewinnende Art zum Ausdruck gebracht“.
In memoriam Peter Sperling †
(2008)
Am 18. Juli 2008 verstarb nach kurzer schwerer Krankheit der Journalist PETER SPERLING im Alter von 74 Jahren. Den Karlsruhern war er als Sprecher des Forschungszentrums Karlsruhe und nach seiner Pensionierung als Pilzberater
am Naturkundemuseum eine vertraute Persönlichkeit. PETER S PERLING wurde am 2.4.1934 in Saaz im Egerland (heute Tschechien) als eines von zwei Kindern des Juristen Dr. FRIEDRICH SPERLING und der Hausfrau LIESL SPERLING geboren. Nach Kriegsende siedelte er mit Vater und Schwester Hannelore nach Bayern über, wo er 1953 in Augsburg seine Abiturprüfung ablegte und anschließend in Würzburg Physik und Chemie studierte. Schon als Student verdiente er sich Dank
pädagogischer Fähigkeiten durch Examensvorbereitungskurse für Pharmazie- und Medizinstudenten und durch journalistische Tätigkeiten das Geld für den Lebensunterhalt.