920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Im Jahre 1991 wies Professor Hermann Brommer die Autorin auf den Riegeler Bildhauer Anton Anreith hin, der in Kapstadt (Südafrika) Karriere machte und dessen Wirken noch heute an vielen Stellen in der Stadt und der Kapregion zu sehen ist.
Auch die Suche nach Anton Anreith im Internet führt schnell nach Kapstadt. Während er in seiner Heimat nahezu unbekannt ist, findet er in der afrikanischen Kunstgeschichte Beachtung.
Bis heute ist der Name Johann Schilters (1632–1705) für die Germanistik eng mit dem Werk des Thesaurus antiquitatum Teutonicarum und mit dem ersten großen Wörterbuch des Alt- und Mittelhochdeutschen, dem Glossarium ad scriptores linguae Francicae et Alemannicae veteris, verbunden. Dem Sammeln, Dokumentieren und Präsentieren des alten und ältesten deutschen Sprachgutes hat Schilter, von Hause aus Jurist und (Rechts-)Historiker, einen beträchtlichen Teil seines Arbeitslebens gewidmet. Erst posthum jedoch mit einem Abstand von zwei Jahrzehnten war sein Werk durch ein Bearbeiter- und Herausgeberkollegium zum Druck gebracht worden. Die Bestimmung des tatsächlichen Anteils Schilters an dem Gesamtwerk und insbesondere an dem Wörterbuch war daher später von einigen Unklarheiten geprägt. Auf der Basis des gedruckten Werkes selbst wie auch bislang unbeachteter Quellenbestände aus dem Nachlass Schilters konnten seine Rolle und seine Leistung nun genauer definiert werden.
Die folgenden Beiträge gehen auf den Workshop „Johann Schilter (1632–1705) im Kontext seiner Zeit. Forschungsperspektiven interdisziplinär“ zurück, den Almut Mikeleitis-Winter (Leipzig) und Kai H. Schwahn (Hamburg) im März 2019 in Hamburg durchgeführt haben. Die Idee, Johann Schilter in den Mittelpunkt einer interdisziplinär angelegten Untersuchung zu stellen, gründet in dem intensiven Austausch der beiden Veranstalter im Rahmen ihrer Schilter-bezogenen Projekte. Ausschlaggebend war die Erkenntnis, wie sehr die Beschäftigung mit einem (zeittypisch) vielseitig interessierten Gelehrten wie Johann Schilter von unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen profitieren kann. Das gilt insbesondere angesichts der Bedeutung, die Schilter von Zeitgenossen in den Bereichen der Rechtsgeschichte, Sprachforschung, Lexikographie und Kirchengeschichte beigemessen wurde, die in der Forschung bislang aber kaum
Beachtung fand. Von dieser Hochschätzung zeugen zum einen Schilters umfangreiche Korrespondenzen, die er mit bedeutenden Gelehrten seiner Zeit über konfessionelle und territoriale Grenzen hinweg führte, zum anderen die intensive
Rezeption seiner Werke. Mit seinen Arbeiten gehört Schilter zu den Vertretern einer integrativ und überdisziplinär ausgerichteten gelehrten Beschäftigung mit dem Mittelalter, die zum Ende des 17. Jahrhunderts einsetzte.
Im Sommer des Jahres 1462 wurde der einem angesehenen Überlinger Geschlecht
entstammende Klaus Besserer auf Weisung des Rates seiner Heimatstadt in Haft
genommen. Schenkt man den späteren Darstellungen der städtischen Obrigkeit
Glauben, so war das Sündenregister des Patriziers zu diesem Zeitpunkt in der Tat
beachtlich. Mehrfach hatte Besserer in der Vergangenheit gegen den städtischen
Frieden verstoßen. Auch von betrügerischen Machenschaften ist in den Quellen
die Rede. Im Dezember 1461 hatte sich der Rat mit der Auseinandersetzung des
Patriziers mit Tristan Musierer zu befassen. In der burger stube zum Löwen hatte
Besserer einen Streit mit Musierer vom Zaun gebrochen und frävenliche wort an
Tristan geleit. Etliche Jahre später bestätigten Zeugen, die von einer kaiserlichen
Kommission vernommen wurden, diesen Vorwurf. Zugleich verwiesen sie aber
darauf, dass auch Musierer seinen Widerpart geschmäht und ihm vorgehalten habe, ain wissenklicber boßwicht zu sein. Während des lautstarken Wortwechsels
soll Besserer jedoch ainen blossen tegen under sinem mantel getragen haben, was
für die städtische Obrigkeit der eigentliche Anlass zum Einschreiten war. Die Verfehlungen des mehrfach auffällig gewordenen Bürgers ahndete der Rat schließlich
mit Ehren- und Geldstrafen.
Wilhelm Keil
(2003)
Wer heute über die »Wilhelm-Keil-Straße« in Ludwigsburg geht und Passanten nach
deren Namensgeber fragt, erhält in der Regel nur ein verständnisloses Schulterzucken
zur Antwort. Selbst in historischen Fachkreisen ist Wilhelm Keil zumeist nur ausgewiesenen Experten zur Geschichte der Arbeiterbewegung noch ein Begriff.
Finden sich auch unter den deutschen Abgeordneten nicht wenige zu Unrecht in der
Erinnerung verblasste Parlamentarier, so sticht das Vergessen im Falle Keils
insbesondere hervor, da seine politische Karriere eine Ausnahmeerscheinung in der
deutschen Parlamentarismusgeschichte bildet. Unter den gewählten deutschen
Abgeordneten des 20. Jahrhunderts gibt es wohl kaum einen Parlamentarier, der
gleichermaßen lange und einflussreich wie Wilhelm Keil sein Mandat ausübte und
zugleich der Nachwelt dermaßen unbekannt ist.
Kaum war bei der Leipziger Herbstmesse im September 1522 Luthers „Neues Testament“ – ohne jeden Hinweis auf den Übersetzer – bei Melchior Lotter d. J. erschienen, ging man in Wittenberg wegen des reißenden Absatzes daran, einen zweiten verbesserten Druck zu publizieren, der noch im Dezember desselben Jahres erschien. Doch praktisch gleichzeitig lag auch schon der erste Nachdruck des Baseler Druckers Adam Petri vor: Er enthielt nicht nur den gesamten Text mit den Kommentaren Luthers; er war auch mit großen und kleineren Bildinitialen am Anfang der einzelnen Bücher sowie Initialen entsprechend der Septemberbibel ausgestattet. Damit wurde die Leistungsfähigkeit des Baseler Druckhauses beeindruckend bewiesen: über den Neusatz hinaus gelang es, aus dem Stand die Ausstattung des Druckes durch die von Holbein d. J. entworfenen Holzschnitte der Initialen künstlerisch zu verbessern, Lücken zu schließen und kleinere Unstimmigkeiten zu korrigieren; allerdings fehlten die Illustrationen der Apokalypse, die in der Septemberbibel durch Lucas Cranach gestaltet
worden waren. Insgesamt 12 weitere Nachdrucke erschienen im Folgejahr 1523, von denen nur je eine Ausgabe in Grimma und Leipzig nicht in Süddeutschland entstanden waren, wobei demgegenüber allein in Basel 7, in Augsburg weitere 3 Ausgaben verlegt wurden. 1523 kamen als süddeutsche Druckorte Straßburg und Nürnberg hinzu; 1524, im Jahr der größten Zahl paralleler Bibel(teil)ausgaben, sind in Norddeutschland außerhalb Wittenbergs (8 Ausgaben) nur noch in Erfurt und Leipzig je 1 Druck erschienen, demgegenüber im süddeutschen Raum 36 Ausgaben (Augsburg 8, Basel 9, Hagenau 1, Kolmar 1, Nürnberg 6, Straßburg 8, Zürich 3; zusätzlich o. O. 1).
J. P. Hebel und Lörrach
(2002)
Seit der Eingemeindung Hauingens zur Stadt Lörrach 1975 beginnt dieses Thema bereits am 30. Juli 1759 mit der Trauung der Eltern Johann Peter Hebels in der Hauinger Kirche. Hier fand aber nicht nur die Hochzeit der Eltern in der Kirche und anschließend im Gasthaus „Zum Bad" statt, hier im „Bad" kam nach Pfarrer Richard Nutzingers Erzählung und Recherchen „Das Hanspeterli" von 1938 am 10. Mai 1760 auch Johann Peter Hebel zur Welt. Zahlreiche Belege dieser Wahrscheinlichkeit habe ich in der „Hauinger Chronik" von 2002 festgehalten. Ein weiteres Indiz liefert auch Gustav Oberholzer in seinem Artikel „Die Rechtsverhältnisse des Johann Jakob Hebel" (,,Das Markgräflerland" 1/1985), als der Vater J. P. Hebels beim Oberamt Lörrach 1759 zwecks Heirat mit Ursula Örtlin sich als Hintersass in Hausen bewarb. Dort heißt es wörtlich: ,,Jakob Hebels Heirat pressierte". Denn eine eheliche Verlobung sollte damals nur ein halbes Jahr dauern.
Bischof Burkhard von Basel, das Kloster St. Alban und ihre Beziehungen zu Lörrach und Umgebung
(2002)
Die Urahnen der Grafen von Straßburg waren die Herren von Fenis. In diese Familie gehört auch Bischof Burkhard von Basel. Er nannte sich zeitweilig auch „Burkhard von Hasenburg", weil er einige Zeit dort gelebt hatte. Der Lausanner Bischof Kuno war sein Bruder. Der Vater der beiden ist Graf Ulrich von Fenis. Bischof Burkhard, dessen verwandtschaftliche Beziehungen tief in den burgundischen Raum in die Gegend des Neuenburger Sees hineinreichten, war zuvor Kämmerer des Mainzer Erzbischofs. In den Urkunden des Klosters St. Alban in Basel erscheint zweimal ein Mangold von Fenis, ein jüngerer Bruder von Burkhard. Er wurde der Vater der ersten beiden Grafen von Neuenburg, deren Nachfahren zusammen mit Philipp, dem letzten Markgrafen von Hachberg-Sausenberg und Herrn von Rötteln, in der Schlosskirche bestattet und in einem lebensgroßen Denkmal verewigt sind. Das Herz Markgraf Philipps wurde bekanntlich 1503 in der Röttler Kirche in der Gruft Rudolfs III. beigesetzt.
Am 22. und 23. Oktober 1940 wurden fast alle badischen Menschen jüdischer Herkunft (und die aus der Pfalz und dem Saarland), über 6500 Menschen, unter der Regie der Gauleiter Wagner und Bürckel aus ihrem bisherigen Leben gerissen und nach Gurs im Südwesten Frankreichs gebracht. Unter den Deportierten befanden sich nur wenige, die bis dahin literarisch-künstlerisch tätig gewesen waren.
Berty Friesländer-Bloch, 1902 in Gailingen geboren, hatte eine Ausbildung in der Krankenpflege. Neben ihrer Arbeit in diesem Bereich verfasste sie erinnernd-beschreibende Texte und vor allem Stücke für die Bühne im regionalen Umfeld. Zusammen mit ihrem Mann und dem zweijährigen Sohn geriet sie an ihrem Geburtsort in die Maschinerie der Deportation.
Der wohl bekannteste, ins literarische Leben integrierte Schriftsteller unter den Deportierten war der 68-jährige, in Karlsruhe geborene Alfred Mombert, ein
Lyriker und Dramatiker. Er wurde zusammen mit seiner Schwester in Heidelberg in einen der Züge nach Gurs gezwungen. Unter den Deportierten befand sich auch der 6-jährige Herbert Odenheimer aus Bühl, der später den Namen Ehud Loeb annahm.
Der Hausheilige
(2010)
Marbach am Neckar wäre der Welt unbekannt geblieben – und das völlig zu
Recht –, wäre dort nicht seinerzeit Friedrich Schiller geboren worden. So aber ist der
Name der Stadt, ähnlich wie bei Stratford-upon-Avon und William Shakespeare,
untrennbar mit dem des Dichters verbunden, und die Stadt hat es verstanden,
daraus Kapital zu schlagen. Man gründete den Marbacher, später den Schwäbischen
Schillerverein (heute: Deutsche Schillergesellschaft), man errichtete ein Schiller-Denkmal, erbaute das Schiller-Nationalmuseum, schließlich das Deutsche Literaturarchiv. Dadurch hat die Welt neben Schiller einen zweiten Begriff, den sie mit
Marbach assoziieren kann: das Deutsche Literaturarchiv, das sich als Quelleninstitut
und Forschungseinrichtung mittlerweile internationaler Berühmtheit erfreut.
Obwohl das Literaturarchiv sich längst von Schiller emanzipiert hat, für die Epochen
der Jahrhundertwende oder des Expressionismus, für Exilliteratur oder DDR-Literatur,
für Verlagsarchive oder Philosophennachlässe und für vieles andere einsteht, obwohl
also dieses Institut vornehmlich den Phänomenen der Moderne zugewandt ist, bleibt
Schiller nach wie vor sein Hauspatron. Und trotz des Literaturmuseums der Moderne,
trotz zahlloser Sonderausstellungen zu wichtigen Autoren, Themen und Problemstellungen der deutschen Literatur ist die Schiller-Dauerausstellung im Schiller-Nationalmuseum das Marbacher Markenzeichen geblieben, ist die vierjährige Zeit
zwischen 2005 und 2009, als keine Schiller-Ausstellung dort zu sehen war, vom
Publikum als so etwas wie ein Interregnum, als schreckliche kaiserlose Zeit empfunden worden. Galt früher doch sogar die Regel, dass in Schwaben eine Heirat erst dann
richtig gültig war, wenn das Paar gemeinsam das Marbacher Schiller-Museum besucht
hatte. Nun und andererseits, die baubedingte Museums-Schließung der letzten Jahre
hat die Zahl der Eheschließungen in der Ludwigsburger Region nicht merklich
beeinflusst, so dass man annehmen kann, dass auch die öffentliche Wahrnehmung
des Marbacher Instituts als Schiller-Stätte allmählich schwächer wird. Jedoch bieten
Jubiläumsjahre wie das eben verflossene beste Gelegenheiten, die Verhältnisse wieder durcheinander zu wirbeln und Kafka und Döblin, Heidegger und Jünger, Celan
und Sebald, und wie sie alle heißen mögen, durch den bewährten Publikumsliebling
Schiller auf die Plätze zu verweisen. Man darf also gespannt sein auf die weitere
Entwicklung des Öffentlichkeitsinteresses.
Es war ohne Zweifel ein eindrucksvolles Schauspiel mit hochrangigen Teilnehmern,
das am Tag der Kreuzerhebung im Herbst, also am 14. September, vor genau 600
Jahren in dem gräflich-württembergischen Amtsstädtchen Marbach am Neckar stattfand. Erzbischof Johann II. von Mainz, Erzkanzler des Heiligen Römischen Reichs
in deutschen Landen und als solcher ein Kurfürst, stand da in großer Runde »mit
unser hande uff unser hertze geleit«. Anwesend bei der Zeremonie waren zwei weitere hochadelige Territorialherren, Markgraf Bernhard I. von Baden und Graf Eberhard III. von Württemberg, sowie zahlreiche Vertreter von Bürgermeistern, Räten
und Bürgern von Straßburg und 17 weiteren Reichsstädten, nämlich Ulm, Reutlingen, Überlingen, Memmingen, Ravensburg, Biberach, Schwäbisch Gmünd, Kempten, Dinkelsbühl, Kaufbeuren, Pfullendorf, Isny, Leutkirch, Giengen, Aalen, Bopfingen und Buchhorn. Diese Herren hatten ihre Finger zum Schwur erhoben (»mit
uffgebotten vingern«) und gemeinsam wurde »gelopt und gesworen«, eine am selben
Tag urkundlich abgefasste Vereinbarung »getriulich, war und stäte« zu halten.
Diese Vereinbarung ist unter der Bezeichnung »Marbacher Bund« bekannt
In den nachfolgenden Blättern ist das Leben und Wirken eines Mannes geschildert, der beim Uebergang vom 15. ins 16.
Jahrhundert angestaunt war, jetzt aber beinahe vergessen ist, oder nur flüchtig erwähnt wird, wenn von der ersten Zeit der Universität Tübingen die Rede ist. Bei der Alterthumsversammlung in Constanz 1862 wurde der Globus von Stöffler in der Lyceumsbibliothek daselbst allgemein bewundert. Niemand wußte Näheres von dem Verfertiger Joh. Stöffler Justingensis. Damals konnte ich Auskunft geben, denn schon in meiner Studienzeit in Tübingen (1837—40) hat mich Stöffler angezogen. Ich sah in ihm einen Gelehrten hohen Ranges und einen Mann, der im Gebiete der Naturwissenschaften eine hervorragende Stelle einnahm. Diese Sympathien für Stöffler wurden gesteigert, als ich in ihm einen Volksarzt kennen lernte, dessen Abhandlungen ihn und seine Zeit charakterisirten und die nachfolgenden Erscheinungen auf dem Gebiete der Heilkunde aufklärten.
Aus auffallend großen, wachen Augen blickt ein nach der ungefähr um 1760 bis 1780 in Mitteleuropa bestimmenden Mode gekleideter und frisierter Herr „in seinen besten Jahren", leicht
über die linke Schulter gewendet den Betrachter mit - so scheint es - freundlicher Skepsis und
zugleich fragend an. Das in einem schlichten, perlkranzgezierten Altgoldrahmen von ungefähr
20 x 22 cm gefasste, weder signierte noch datierte Bildnis erinnert mehr an einen feinsinnigen
Gelehrten als an einen tatkräftigen und vermögenden Handelsherrn, den der Porträtierte - entsprechend einer gut 120 Jahre alten Familienüberlieferung - darstellen soll. Danach handelt es
sich um Carl Franz Montfort, der sich im Lauf seines ungewöhnlich langen Lebens als erfolgreicher Kaufmann, vor allem aber als Inhaber verschiedener Ämter und Funktionen der städtischen Verwaltung Freiburgs um die Mitte des 18. Jahrhunderts einen Namen gemacht hatte, der
sich bis heute im historischen Bewusstsein der Stadt erhielt.
,,... ich habe nuhn den orth ausgelesen wohe mein residentz hinkommen solle ... es ist zu Bruchsal", teilt Kardinal Damian Hugo von Schönborn, der am 3. Dezember 1719 sein Amt als Fürstbischof von Speyer angetreten hatte, seinem „tres honore frere" Franz Erwein nach Wiesentheid mit. Diese seine Entscheidung, bereits am 3. Juli des folgenden Jahres Wohnsitz und Residenz vom „protestantischen", auf seine Rechte als Reichsstadt bedachten Speyer auf das rechtsrheinische Gebiet zu verlegen,
markiert den Beginn des „glanzvollsten Jahrhunderts" in der nunmehr über 1000 Jahre währenden (geschriebenen) Geschichte Bruchsals. Der Schlossbau sollte jedenfalls zur Basis einer gedeihlichen Stadtentwicklung werden.
Ist Fotografie Kunst? Diese Diskussion ist wohl abgeschlossen. Niemand, der sich ernsthaft mit dieser Gattung beschäftigt, wird diese Frage verneinen können. Den Gegenargumenten ist inzwischen einfach die Luft ausgegangen. Fotografie und Malerei?Dies ist die sehr viel spannendere Diskussion. Schon Walter Benjamin machte darauf aufmerksam, daß man nicht nur die Frage untersuchen müsse: welchen Einfluss hat die Malerei auf die Fotografie, sondern auch: wie verändert die Fotografie die
Malerei? Es gibt inzwischen soviele Bücher, Abhandlungen, Ausstellungen zu diesem Thema. Sie kennen sicher vieles davon. Ich möchte nur einen Aspekt herausheben, der mir im Zusammenhang mit den Fotografien von Bernhard Strauss wichtig erscheint.
Wilhelm von Scholz
(2010)
Als der Reformpädagoge Paul Geheeb am 18. April 1910 mit 15 Schülern die heute
noch bestehende Odenwaldschule in Oberhambach bei Heppenheim eröffnete, befanden sich unter diesen ersten Schülern auch die Kinder des Dichters Wilhelm von Scholz
(1874-1969), Irmgard (1897-1969) und Wilhelm (1899-1917). Der Dichter war 1890 als
16-Jähriger von Berlin nach Konstanz gekommen, nachdem sein Vater, der ehemalige
preußische Finanzminister Adolf von Scholz, dort seinen Ruhesitz erworben und umgebaut hatte, das direkt am See gelegene Schloss Seeheim. Nach Studium, eingeschobenem Militärdienst und Promotion in München zog Wilhelm von Scholz mit seiner
jungen Familie im Jahre 1900 von München nach Weimar und von dort 1907 wieder nach
Hohenschäftlarn bei München. Scholz machte sich bald einen Namen als Dramatiker,
Lyriker und Herausgeber von literarischen Werken. Nachdem ein Projekt in Hellerau bei
Dresden nicht zustande gekommen war, fand Geheeb beim Ehepaar Scholz Unterstützung bei seiner Suche nach einem Standort für eine neue Schule im Isartal, im Gespräch
war Ebenhausen. Ein gemeinsamer Bekannter von ihnen in Weimar war der belgische
Architekt Henry van de Velde. Als Geheeb jedoch die Zulassung im hessischen Oberhambach
erhielt, schickten sie ihre Kinder, die bis dahin Privatunterricht erhielten, dorthin,
zunächst auf Probe, da sie noch nie eine öffentliche Schule besucht hatten. Dem allgemeinen
Drill einer Staatsschule in München wollten sie ihre Kinder nicht aussetzen, die einen
bisher wenig organisierten Unterricht hatten, wie Scholz Geheeb kurz nach der Eröffnung
der Schule mitteilte. Geheeb hatte zuvor am Landerziehungsheim von Hermann Lietz in
Haubinda und danach an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf von Gustav Wyneken
unterrichtet.
Das Leben des Schauspielers Willy Schürmann-Horster (1900-1943) ist bis auf die
12 Monate seines Aufenthalts in Konstanz eigentlich ganz gut bekannt. Nach Schulzeit
und Besuch der Schauspielschule von Luise Dumont in Düsseldorf, an der auch Gustav
Gründgens Schüler war, spielte und inszenierte er ab 1920 im Rheinland politisch-revolutionäres Theater mit zeitgenössischen Autoren wie Maxim Gorki, Ernst Toller, Georg
Kaiser, Erich Mühsam, Bert Brecht und Friedrich Wolf, aber auch Georg Büchner. Daneben befasste er sich stets mit den Klassikern. Vorübergehend war er 1923 sogar Mitglied
der KPD, wurde aber nach seinen Aussagen im Prozess von 1943 wegen politischen Differenzen ausgeschlossen. Seine Theatergruppen trugen Namen wie »Jungaktivistenbund«
(1920), »Junge Aktion«, »Freie Volksbühne«, »Notgemeinschaft Düsseldorfer Schauspieler« und besonders erfolgreich die »Truppe im Westen«, ein 1930 entstandenes Schauspielerkollektiv. Die Witwe erinnerte sich später an ihn: Deutlich sehe ich Willy Schürmann
noch vor mir, den mitreißenden Regisseur bei der Gestaltung eines Aktschlusses: Die revolutionären Arbeitersehen dem Tode entgegen, schließen sich eng zusammen und singen: "Brüder in eins nun..."
Ein badischer Jurastudent tritt 1930 der NSDAP bei und beteiligt sich am Aufbau einer Ortsgruppe in Weil am Rhein. Als Verwaltungsjurist wird Dr. Fritz Vogt 1937 zum Bürgermeister von Meersburg ernannt, meldet sich aber im Herbst 1939 zur Wehrmacht. Er bewirbt sich um eine kommunale Funktion in den besetzten Ostgebieten, landet aber als Regierungsrat bei der deutschen Luftwaffe in Rom. Nach Kriegsende und Gefangenschaft wird er entnazifiziert, als minderbelastet eingestuft und ist als Rechtsanwalt tätig. Auf Grund des 131er-Gesetzes wird er 1958 wieder in den Staatsdienst übernommen, eine Karriere mit Brüchen, aber nicht untypisch für Juristen dieser Generation.
Ernst S. stammte aus dem Toggenburg und lebte seit 1938 mit seinen Eltern in Arbon, wo er bei der Firma Saurer eine Lehre als Dreher anfing. Sein Vater war Verwalter des Altersheims (Bürgerheim), vorher Aufseher in einer Strafanstalt. Mit dem Vater gab es wegen dessen strenger Erziehung immer wieder Streit, manchmal Schläge, es ging um das Geld, um das Nachhausekommen. Gelegentlich übernachtete er bei seinem Freund Max. Am Pfingstmontag 1941 erreichten die Auseinandersetzungen ihren Höhepunkt. Anstatt mit den Eltern spazierenzugehen, schrie der 18jährige: „Ich habe jetzt genug, ich wollte lieber dem Teufel zugehen“ und verließ aus Angst vor Prügeln fluchtartig das Haus. Nach einer anderen Version schrie er: „Lieber will ich sterben als unter deiner Zucht bleiben“, worauf sein Vater gesagt haben soll: „So stirb doch!“