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2009 jährt sich zum 80. Male das Bestehen
der St. Hedwig-Klinik in der Mannheimer
Innenstadt. Anlässlich dieses Jubiläums soll die
Gründungsgeschichte der den Einheimischen
vor allem als Geburtsklinik wohl vertrauten
Institution erstmals ausführlich dargelegt werden.
Die unter schwierigsten Bedingungen ins
Leben gerufene Einrichtung ist ein bis heute
lebendiges Denkmal der Wohltätigkeit in den
wirtschaftlichen Notzeiten der Zwischenkriegsjahre
und zugleich ein seltenes Beispiel
für die Umnutzung eines Patrizierhauses zu
einem Krankenhaus. Das Studium der gut
versteckten Akten der Klinik hat aufgezeigt,
dass der Mannheimer Prälat Joseph Bauer
diesem Projekt seine besondere Aufmerksamkeit
geschenkt hatte und bis zu seinem Tod tief
mit dem Haus verbunden blieb. Außerdem
wird erstmals die Rolle der tief religiösen Lanz-
Tochter Emily Bumiller dargelegt, einer heute
zu Unrecht vergessenen Wohltäterin, ohne
deren Engagement es die Klinik in dieser Form
niemals gegeben hätte.
Organisierte Heimatpflege hat im deutschen
Südwesten eine rund ein Säkulum umfassende
Tradition. Der Schwäbische Heimatbund
und der Landesverein Badische Heimat,
beide „Kinder“ der um 1900 einsetzenden
„Heimatschutzbewegung“, schicken sich in
diesem Jahr an, jeweils ihr 100-jähriges
Bestehen zu feiern. Bescheiden nimmt sich da
die Geschichte des Arbeitskreises Heimatpflege
Regierungsbezirk Karlsruhe aus, der seit
nunmehr 25 Jahren im Nordosten des Bundeslandes
Baden-Württemberg das Ziel verfolgt,
all jene Kräfte zu fördern und zu bündeln,
denen es um die Förderung des Geschichtsbewusstseins,
den Erhalt von Traditionen, den
Denkmal- und den Naturschutz geht. Regierungspräsident
Dr. Trudpert Müller (1920–
1991), der erste von mittlerweile fünf Vorsitzenden
des Arbeitskreises – seit der Gründung
1984 steht immer der jeweilige Leiter oder die
Leiterin des Regierungspräsidiums Karlsruhe
an der Spitze des AK Heimatpflege –, formulierte
es so: „Seit seiner Gründung haben sich
der Arbeitskreis und alle in ihm zusammengeschlossenen
Vereinigungen zum Ziele gesetzt,
das Heimatbewusstsein von unten her zu
stärken, von der örtlichen Ebene her, von dort,
wo die Traditionen gewachsen sind, wo sich
Geschichte realisiert hat.“
1. ABSCHIED FÜR IMMER?
„Die Fenster und Läden wurden geschlossen,
die Leitungen abgestellt. Der Polizist,
der manchmal oben bei mir zum Rechten
sah, bemerkte, dass ich noch Butter, Brot,
Käsekuchen, Äpfel einpacken sollte. So als Proviant
für ein paar Tage – als ob es mir ums
Schlucken gewesen wäre.
Die Türen wurden geschlossen, mit Papierstreifen
versiegelt. Ohne zu fragen, lud ich
unser Gepäck auf das Wägele, das das Mädchen
ziehen half. Ihre eigenen Sachen stellte sie im
Nachbarhaus ab. Wir standen schon vor der
hinteren Haustüre (für Lieferanten und Menschen
2. Klasse), die Polizei hinter uns, als
Pfarrer W. bestürzt durch den Garten kam,
nach wenigen Worten verstand, uns die Hand
drückte, ein Wort mit auf den dunklen Weg
gab, der alten Vierundachtzigjährigen und uns
Jüngeren. Dann gingen wir zum Auto. Ich
noch einmal an unserem Haus vorbei. Frau
Amtsrichter Kehrle begegnete uns. Hinter
einem Vorhang bewegte sich eine Gestalt. Wir
gingen stumm und tränenlos. Marie und ich
mit dem Wägele voraus.“
Schon drei Jahrhunderte alt ist der Gedanke,
das Haus mit all seinen Aspekten zu untersuchen.
Dies ist Aufgabe der Hausforschung.
Am Anfang stehen Namen verdienter Männer
wie Justus Möser (westfälischer Amtmann
1775, 1786), Georg Landau 1855 (Archivar in
Kassel), Moritz Heyne (Göttingen, 1899),
August Meitzen (Berlin, 1868, 1882), Karl
Rhamm (Innsbruck, 1897, 1909), Rudolf
Meringer (Graz, 1905). Sie beschäftigten sich
mit der Hausforschung aus beruflichem
Interesse oder der Neigung zu Heimat und
Bauernhaus und konnten in verschiedenen
Zeitschriften ihre Meinungen austauschen.
Standen sie im Staatsdienst, so untersuchten
sie zunächst das eigene Gebiet unter Beachtung
der Länder- oder Provinzgrenzen und
teilten die Hauslandschaften nach diesen Kriterien
ein. Waren sie Volkskundler, befassten
sie sich mit dem Leben, den Sitten, Gebräuchen
und Gegenständen.
Im Rahmen einer Festveranstaltung in
Anwesenheit des für die Landesdenkmalpflege
zuständigen Wirtschaftsministers Ernst Pfister
wurde am 6. April dieses Jahres im Hospitalhof
in Stuttgart der Denkmalschutzpreis Baden-
Württemberg 2008 verliehen, die landesweit
wichtigste Auszeichnung für private Denkmaleigentümer.
Der unter der Schirmherrschaft
von Ministerpräsident Oettinger stehende
Preis, 1978 als Peter-Haag-Preis für den württembergischen
Landesteil ins Leben gerufen
und nunmehr bereits zum dreißigsten Mal vergeben,
umfasst seit neun Jahren auch Baden,
nachdem der Landesverein Badische Heimat
seit 2000 gemeinsam mit dem Schwäbischen
Heimatbund als Auslober auftritt. Auch dieses
Mal war es die Wüstenrot Stiftung, die durch
ihre großzügige finanzielle Unterstützung die
Preisvergabe erst möglich machte.
Ein hübsches 12-zeiliges Gedichtautograph
Ferdinand Freiligraths auf einem
Albumblatt gelangte unlängst über den
österreichischen Autographenhandel in die
Lippische Landesbibliothek in Detmold, die
in ihrem Literaturarchiv eine der umfangreichsten
Sammlungen zu diesem im Jahre
1810 in der lippischen Residenz geborenen
Dichter bewahrt. Das Blatt trägt am Schluss
in der markanten ausgeschriebenen Hand
des Lyrikers eine dreizeilige Widmung, seine
Unterschrift sowie Ort und Datum. Da das
Gedicht keinen Titel aufweist, liegt die
Zuordnung nicht unmittelbar auf der Hand.
Bei näherem Hinsehen handelt es sich
jedoch um die Übersetzung zweier Strophen
des 18-strophigen Gedichts „Epistle to
William Simson“, das der schottische Dichter
Robert Burns (1759–1796) im Mai 1785
verfasst hat. Schon als junger Mann von
diesem fasziniert, hatte Freiligrath die
Epistel übersetzt und ihr den unverfänglichen
Titel „An einen Freund“ gegeben.
Bevor einiges zum Entstehungsumfeld
dieser poetischen Reminiszenz zu sagen ist,
folgen zunächst die Verse:
„Was bedeutet uns Baden?“
(2009)
1. DAS BADEN DER „ERINNERUNGSPOSTEN“
UND DER „IDENTITÄTSKERNE“
In einem Interview der Badischen Neuesten
Nachrichten mit dem Landesvorsitzenden von
Ungern-Sternberg wurde auf die politische
Zurückhaltung der badischen Heimat bei aktuellen
Fragen in der Vergangenheit hingewiesen.
In Zukunft dagegen hält es der Vorsitzende
für angezeigt, „sich zu Wort zu melden,
sobald es um badische Belange geht“.
Die Option für die Notwendigkeit der politischen
Stellungnahme des Landesvereins ist
über 25 Jahre alt. Schon 1982 schrieb L.
Vögely: „Wir werden in Zukunft mehr Stellung
beziehen müssen und unsere Meinung deutlicher
zu sagen haben, damit wir helfen, das zu
erhalten, was lebensnotwendig ist: eine menschengerechte
Heimat“ (BH 2/1982, S. 179).
Wenn sich der Landesverein in Zukunft zu
Wort melden will, sobald es um badische
Belange geht, muss gefragt werden, was denn
nach 57 Jahren „Baden in Baden-Württemberg“
unter Baden zu verstehen sei.
Am 9. November 1918 gab Reichskanzler
Prinz Max von Baden [1867–1929] ohne eine
formelle Erklärung von Kaiser Wilhelm II.
[1859–1941] abzuwarten dessen Abdankung
bekannt. Zugleich übertrug er die Regierungsgeschäfte
auf den Reichstagsabgeordneten
Friedrich Ebert [1871–1925]. Am selben Tag
rief Philipp Scheidemann [1865–1939] vom
Berliner Reichstag die Deutsche Republik aus.
Einen Tag später, einem Sonntag, wurde eine
provisorische Landesregierung in Karlsruhe
unter dem Mannheimer Sozialdemokraten Anton
Geiß [1858–1944] gebildet. Die Ausarbeitung
einer neuen Landesverfassung nahm die
vorläufige badische Landesregierung zügig in
Angriff. Sie entschied sich, einen vorläufigen
Entwurf nicht selbst zu erstellen, sondern dies
einer Arbeitsgruppe zu überlassen. Die abschließende
Ausarbeitung der neuen Verfassung
sollte durch eine verfassungsgebende
badische Nationalversammlung erfolgen, deren
Wahl am 22. November 1918 angeordnet
und auf den 5. Januar 1919 festgesetzt wurde.
Im 19. Jahrhundert wanderten alleine in
den Jahren 1840–1883 etwa 219 000 Badener
nach Amerika aus. Durch wirtschaftliche
Reformen, eine stark anwachsende Bevölkerung,
die durch Realerbteilung im Westen
und Südwesten herbeigeführte Bodenzersplitterung
und die Gewerbefreiheit im Handwerk
stiegen sowohl die transnationale als
auch die interne Migration sprunghaft an. Zu
den entscheidenden Auslösern der rapide
anwachsenden Auswanderung können die
Teuerungs- und Ernährungskrisen in den
1830er und 1840er Jahren gezählt werden, die
durch Missernten und anhaltenden Lohndruck
entstanden sind. Die Landwirtschaft, das hausindustrielle
Gewerbe und das Handwerk konnten
die enormen Bevölkerungsmassen nicht
mehr beschäftigen, und das aufstrebende
Fabrikwesen war noch nicht imstande das
Überangebot an Arbeitskräften aufzunehmen.
Landesvorsitzender der Badischen Heimat
von Ungern-Sternberg eröffnete im Regierungspräsidium
Freiburg, Basler Hof, die Wanderausstellung
anläßlich des 100 jährigen
Jubiläums des Landesvereins. Anwesend waren
Minister Willi Stächele MdL, Regierungspräsident
Julian Würtenberger und Oberbürgermeister
Dr. Dieter Salomon, als Vertreter
des Landes Baden-Württemberg, des Regierungspräsidiums
Freiburg und der Stadt
Freiburg.
An den Anfang meines Vortrages stelle ich
eine idealisierte Abbildung des im 18. Jahrhundert
über die Grenzen Hollands hinaus
berühmten Naturalienkabinetts des Levinus
Vincent (1658–1727). Dieser Kupferstich,
welcher der Beschreibung seiner Sammlung:
Wondertooneel der Nature, Amsterdam 1706
vorangestellt ist, verdeutlicht den Luxus und
die Vielfalt eines zeitgenössischen Naturalienkabinetts.
Levinus Vincent, ein durch den
Tuchhandel reich gewordener Amsterdamer
Bürger, sammelte naturalia (Muscheln,
getrocknete und in Weingeist eingelegte Präparate,
Insekten) und artificialia (ethnografische
Gegenstände, Gemälde und Blumenbilder),
die er in Schränken, in Vitrinen oder
offen in einem als Galerie gestalteten Raum in
Amsterdam präsentierte. Mit dieser Sammlung
wandte er sich an ein breites, bürgerliches
Publikum. Deshalb druckte er den Katalog der
Sammlung in Niederländisch und in Französisch.
Er konnte für drei Gulden oder für
zwei Gulden und den Eintrittspreis zu seiner
Sammlung erworben werden.
Bruder Eusebius Kassel
(2009)
… fast allein in der Schwellung und
Schwingung der Hügelketten (…) scheint der
Süden sich auszudrücken. Aber so wellen sich
auch die Rebenhügel zwischen Schwarzwald
und Rhein. Und wie dort grünen auch um Assisi
Eichen und großblättrige Linden; flammt der
Mohn im hohen Korne auf, wiegt sich die Kornblume,
noch tiefer zwischen den Halmen verborgen;
umkränzen die Reben zerfallene Burgen.
Reinhold Schneider, Assisi
Was konnte einer erwarten, der im Jahre
1878, am 11. Februar, in Würmersheim geboren
wurde? In einem Dorf, das damals 350 Einwohner
hatte und von dem es noch ein halbes
Jahrhundert später1 hieß, es gehöre „zu den
geringsten, unansehnlichsten und eines zivilisatorischen
Anstrichs am meisten bedürftigen
Gemeinden“ und sei „wie eine vergessene Siedlung“?
Und in einem winzigen Häuschen in der
Auer Straße Nr. 1? Und als achtes von zwölf
Kindern (drei Jungen, neun Mädchen in dichter
Folge) des Mesners Johann Kassel und
seiner Frau Katharina, geb. Martin? Andreas
Kassel konnte nicht viel erwarten.
Schöne Tage in Bretten
(2009)
Historische Staatsgrenzen zwischen deutschen
Ländern bereiteten ihren Bürgern oft
bedrückende Erfahrungen, ihre Überwindung
glückliche Augenblicke. Das wissen wir nicht
erst als Zeitgenossen von „Mauerbau“ und
„Wiedervereinigung“. Deutsche Kleinstaaterei
gegen Ende des 18. Jahrhunderts machte beispielsweise
auch Friedrich Schiller, dessen
250ster Geburtstag heuer gefeiert wird, das
Leben schwer (Abb. 1). „Die Grenze“, berichtet
Andreas Streicher in seinen (posthum erschienenen)
Mitteilungen über „Schillers Flucht“
aus Stuttgart, wurde „mit einer Freude betreten,
als ob rückwärts alles Lästige geblieben
wäre und das ersehnte Eldorado bald erreicht
sein würde“. Angenehme Gegenden und das
muntere Wesen und Treiben der rüstigen
Bewohner beflügelten offenbar den jungen
Dichter. Die unmittelbar bevorstehende Ankunft
im „freundlichen“ Bretten verwandelte
sein „bisher etwas düsteres Gemüt“ zur „gefälligsten
Heiterkeit“.
"Wanderausstellung der Badischen Heimat
gibt ereignisreichen Jahren ein Gesicht“, so
schrieb der Südkurier in seinem Artikel zur
Ausstellung. Nach Freiburg, Karlsruhe und
Mannheim war die Ausstellung vom 3. 9.–
15. 10. 09 in der Galerie der Bürger- und
Narrenzunft Tiengen im Schloss zu sehen. Am
Mittwoch, 2. 9. 09 wurde die Ausstellung im
Schlosskeller eröffnet.
Die Ausstellungseröffnung traf trotz
Ferienzeit auf großes Interesse. Alle Plätze
waren besetzt, als Bürgermeister Manfred Beck
die Gäste begrüßte. Die Eröffnungsrede hielt
Heinrich Hauß. Seit 1982 ist er Chefredakteur
der Vierteljahreszeitschrift der Badischen Heimat.
Unter seiner Leitung etablierte die
Badische Heimat ein hochwertiges Medium,
denn Hauß verlangt von seinen Autoren bei
allen historischen Themen immer auch ein
Gespür für Aktualität.
"Bi uns cha me au alemannisch schwätze“.
So steht es auf dem kleinen blauen „Bäpperli“,
das zum Markenzeichen der Muettersproch-
Gsellschaft geworden ist und das dem Verein
einen festen Platz in der heimatverbundenen,
südbadischen Vereinslandschaft eingebracht
hat.
Das war nicht immer so. Die Muettersproch-
Gsellschaft war bei ihrer Gründung ein
zartes Pflänzchen, das gepäppelt werden musste.
Anfang der 1960er-Jahre traf sich ein
Arbeitskreis von alemannischen
Mundartdichtern,
dessen Motor der aus Sulzburg
stammende Hubert
Baum war. Mit zu dem
Dichterzirkel gehörten Karl
Kurrus (Endingen), sowie
Richard Gäng (Freiburg),
der Hausacher Eugen Falk-
Breitenbach und der Stühlinger
Hans Matt-Willmatt
sowie die Dichterinnen Ida
Preusch-Müller (Müllheim),
die Elsässerin Lin Ritter-
Potyka, die aus Obereggenen
stammende Lina Kromer, sowie Hedwig
Salm und Gertrud Albrecht (beide Freiburg).
Was hat Sie an der Aufgabe, die Mannheimer
Kunsthalle zu leiten, besonders gereizt
und was reizt Sie, nachdem Sie mit Stadt und
Institution nun einige Erfahrungen gesammelt
haben, immer noch oder noch mehr?
Dr. L.: Zunächst war es ja die Geschichte
der Kunsthalle und deren vorhandene Substanz:
Fünf großartige Direktoren, die eine
bedeutende internationale Sammlung zusammengetragen
haben. Die Sammlung beginnt
im Impressionismus, geht dann weiter
über Expressionismus zur Neuen Sachlichkeit.
Der Begriff „Neue Sachlichkeit“ wurde ja aus
diesem Haus heraus formuliert.
Es reizt mich natürlich, hier im 21. Jahrhundert
anzuknüpfen, die Sammlung zu aktualisieren
und weiter zu entwickeln.
Diese Sammlung ist das Herzstück des
Museums und alle Gedanken, die wir uns über
das Programm machen, entwickeln wir aus
dieser Sammlung heraus.
In wohl kaum einer anderen Region
Deutschlands wird das Erscheinungsbild der
Kulturlandschaft derart eng mit der Vorstellung
einer zugehörigen Bauernhausarchitektur
verbunden, wie das für den
Schwarzwald gilt. Der bekannte Schwarzwälder
Hausforscher, Volkskundler und Gründer
des „Freilichtmuseums Vogtsbauernhof“ in
Gutach/Schwarzwaldbahn Prof. Hermann
Schilli setzte einem Gutachten aus dem Jahre
1960 folgende Feststellung voraus: Der
Schwarzwald verdankt seine Sonderstellung
unter allen deutschen Mittelgebirgen nicht
seiner Natur – sondern seiner Kulturlandschaft.
Diese wird geprägt durch: 1. Den
Schwarzwaldhof, 2. das Flurbild.1 Was Schilli
hier mit wenigen Worten zum Ausdruck bringt
– die ästhetisch-harmonische Einheit von
Schwarzwaldhaus und Landschaft – veranschaulichen
insbesondere die Abb. 1 und 2,
sicher aber auch die übrigen, in diesem Beitrag
einbezogenen inzwischen historischen bildlichen
Einzeldarstellungen der unterschiedlichen
Schwarzwälder Haustypen.
Eine „bescheidene Mannschaft“ von 35 Mitarbeitern
betreut mit „sorgfältig überdachter
und eingeteilter Zeitplanung“ unter der Leitung
eines Ingenieurs mit schweren Schneepflügen,
mit Splitt- und Sandstreuwagen sowie
einem Opel-Blitz-Wagen mit Unfallmaterial die
65 km lange Autobahnstrecke zwischen Achern
und Riegel. So steht es in einem Artikel aus
dem Ortenauer Heimatblatt vom 20. Januar
1962, in dem ausführlich über den damaligen
Winterdienst auf der Rheintal-Autobahn berichtet
wurde. „Die noch junge Fahrbahn“, so
hieß es dort weiter, „will liebevoll behandelt
werden, wenn nicht schon bald die ersten Reparaturen
fällig sein sollen“.
Ein vergessener Künstler
(2009)
Im Oktober 2009 fand im Foyer der „Metzger-
Gutjahr-Stiftung“ in Emmendingen eine
Gedächtnisausstellung für den Maler Hans
Freiherr von Geyer zu Lauf statt, der vor 50
Jahren, im August 1959, in Freiburg bei
einem Verkehrsunfall tödlich verunglückte.
Er hat ein überschaubares Werk hinterlassen,
für dessen Sammlung und Pflege seit nunmehr
25 Jahren der „Freundeskreis Geyer zu
Lauf“ e. V. mit seinen Vorsitzenden Bernd
Kellner und Ursula Kissel in der Großen
Kreisstadt tätig ist.
Den Besucher empfingen zwei Arbeiten:
„Freiburg vor der Zerstörung“ und „Herbst-
Waldstück“ mit dem Hebbel-Gedicht „Dies ist
ein Herbsttag, wie ich keinen sah. Die Luft
steht still, als atmete sie kaum. Und dennoch
fallen fern und nah die schönsten Früchte ab
von jedem Baum. O stört sie nicht, die Feier
der Natur. Es ist die Lese, die selber hält; denn
heute löst sich von den Zweigen nur, was von
dem milden Strahl der Sonne fällt“. Es sind
dies grundsätzliche Schlüssel für die Bildaussagen
des Künstlers.
Als der Schwäbische Heimatbund 1978 den
„Peter-Haag-Preis“ stiftete, um damit private
Eigentümer in Württemberg für die vorbildliche
Sanierung ihrer historisch bedeutsamen
Gebäude zu ehren, konnte niemand ahnen,
welche Zukunft diese Auszeichnung haben
würde. Dreißig Jahre später ist sie eine feste
Institution im Land geworden. Seit 2000
gemeinsam mit dem Landesverein Badische
Heimat vergeben und auch auf Baden ausgedehnt,
kann die heute „Denkmalschutzpreis
Baden-Württemberg“ genannte Anerkennung
auf eine stolze Bilanz zurückschauen, wurden
doch in dieser Zeit nicht weniger als einhundertdreißig
Bauten prämiert. Die Dokumentation
aller preisgekrönten Objekte aus
drei Jahrzehnten ist für jedermann im Internet
über die Seiten des Schwäbischen Heimatbundes
abrufbar. Bilder und Texte beleuchten
dort eindrücklich, welch mannigfaltigen Denkmälerbestand
der deutsche Südwesten aufzuweisen
hat und welch bedeutende Rolle neben
Land, Kommunen und Kirchen gerade auch
den Bürgern selbst bei der Bewahrung der
Zeugnisse der Geschichte zukommt, die für
unsere kulturelle Identität und für das Aussehen
unserer gebauten Umwelt so wichtig
sind.
Ein böhmischer Jude in Baden
(2009)
Am 22. November 2009 war die 160. Wiederkehr
von Fritz Mauthners Geburtstag, des
bei Juden und Christen oft Unbekannten, Vergessenen
oder gar Verschwiegenen. Die Fachwelt
hat Mauthner vor etwa fünfzig Jahren
wieder entdeckt. Dann erschien das grundlegende
Werk von Joachim Kühn 1975, von
dem aus die Beschäftigung mit Mauthner bis
heute kontinuierlich anstieg. Seines 150.
Geburtstages wurde mit Festakt, Symposion
und einer Ausstellung 1999 in Braunschweig
gedacht und im November 2009 hat Ludger
Lütkehaus Fritz Mauthner in Freiburg vorgestellt.
Unsere bescheidene Absicht ist es, an
ihn zu erinnern und Interesse zu wecken, aber
auch etwas Licht auf die Vorkommnisse während
seiner letzten Lebensjahre in Meersburg
zu werfen, wo dem Menschen Fritz Mauthner
Unrecht geschehen ist. Die verordnete Kürze
lässt eine ausführlichere Darstellung kaum
zu. Diese sei zu gegebener Zeit einem Beitrag
an anderer Stelle vorbehalten.
Justinus Kerner am Bodensee
(2009)
Das Thema Reisen wurde um die Wende
zum 19. Jahrhundert allgemein sehr beliebt:
Reisen als Suche, Reisen um sich selbst zu finden,
Reisen in die Abgründe der menschlichen
Seele. Es waren die Anfänge der rein wissenschaftlichen
Reisen, nur durchgeführt zur
Erlangung von Erkenntnis, nicht zur Erschließung
oder Sicherung von Rohstoffen und
Märkten und nicht zur Annektion von Land.
Der Universalgelehrte Alexander von Humboldt
(14. 9. 1769–6. 5. 1859) führte seine Forschungsreisen
durch. Joseph von Eichendorff,
Jurist und Dichter, (10. 3. 1788–26. 11. 1857)
erzählt in seiner Novelle „Aus dem Leben eines
Taugenichts“ wie der Held durch die Lande
reist, um doch zuletzt sein Glück zu Hause zu
finden. Der schwäbische Lyriker und Arzt
Justinus Kerner (18. 9. 1786–21. 2. 1862)
schrieb an den Naturforscher und Schriftsteller
Adelbert von Chamisso (30. 1. 1781–
21. 8. 1838) 1837: „Sie umsegelten die Welt als
Naturforscher und ich trieb mich und treibe
mich als Forscher in den Nachtgebieten der
Natur herum und suche die Schatten des
Mittelreiches auf!“
Was die Badische Heimat über viele Zeitschriften
hinaushebt, ist die erfreuliche Tatsache, dass man
immer wieder Leute trifft, die einen auf einen Aufsatz
ansprechen. Die Gespräche kann ich nicht wiedergeben,
aber ich habe auch Zuschriften von Kollegen
bekommen, die Probleme der Deutung und vielleicht
Grundsätzliches zur Lektüre solcher Bildwerke aufzeigen.
Sie sind gewissermaßen die Diskussion nach
der Führung (s. Badische Heimat 3/2008, S. 336–347).
Ich gebe sie hier wieder und hebe anschließend die mir
wichtigsten Gesichtspunkte heraus. Es ist wohl nicht
möglich, alle anzusprechen.
„Wir leben in einem hastigen Zeitalter.
Umwälzungen, welche früher Decennien und
Jahrhunderte brauchten, gehen heutzutage in
Monaten vor sich, und kaum hat der Zeitgenosse
oft die nötige Muße, zu bemerken, daß
sich um ihn her etwas anders gestaltet hat.
Gerade in dieser nämlichen schnellebigen Zeit
hat sich der geschichtliche Sinn […] mächtig
entwickelt und entfaltet“1. Obwohl nahezu 110
Jahre alt, scheint diese Feststellung und das
Erleben eines sich beschleunigenden Alltags
auch unsere Gegenwart treffend zu beschreiben.
Sie trifft die Mentalität und Stimmung
jener Zeit, in der um 1890 der Lenzkircher
Kaufmann Oskar Spiegelhalder begann, im
Schwarzwald Alltagsgegenstände seiner Vergangenheit
zu sammeln. „[…] Ich war bald als
eine Art von Halbnarr bekannt. Denn das was
ich kaufte, betrachtete man als alten Krust
und wertlosen Kram“2 notierte er selbst dazu.
Noch waren wachsende Müllberge als Folgen
der modernen Konsumgesellschaft nicht sichtbar,
jedoch stapelten sich in den Speichern der
Menschen bereits jene Dinge, die außer
Gebrauch gekommen waren. Ein Paradies für
Sammler jeglicher Couleur, und einer ihrer
Großen war Oskar Spiegelhalder aus Lenzkirch.
Am 9. 10. 1909 kaufte der badische Staat
seine „zweite Schwarzwaldsammlung“, und auf
dieses Ereignis lohnt es sich aus vielerlei
Gründen zurückzublicken – nicht zuletzt, weil
es viele Bezüge zur Entstehungsgeschichte
jenes Vereins gibt, dessen hundertstes Jubiläum
2009 ebenfalls gefeiert wird, des „Landesvereins
Badische Heimat e. V.“ Auch die Person
Oskar Spiegelhalders selbst verknüpft sich mit
der Geschichte der „Badischen Heimat“, war er
1909 doch eines ihrer Gründungsmitglieder.
Spiegelhalder war passionierter Volkskundler
und damit Anhänger einer Wissenschaft und
eines Tätigkeitsfeldes, dem sich auch die „Badische
Heimat“ verschrieb: der Sicherung, Erforschung
und Darstellung historischer Alltagskultur.
Die deutschsprachige Burgenforschung hat eine lange Tradition. Unter dem Einfluss verschiedenster Fachdisziplinen entwickelten sich thematische Zeitkonzepte, welche bis heute Ansätze, Begriffe und Bewertungen prägen. Der Beitrag untersucht Periodisierungsvorstellungen in der Burgenforschung im Rückgriff auf (forschungsgeschichtlich einflussreiche) Objekte aus dem Südwesten, v.a. der Schwäbischen Alb. Ziel ist die Sensibilisierung für die Bedeutung großer disziplinärer Erzählungen sowie kleinräumiger Narrative.
Inkl. Exkurs zur Geschichtsvermittlung.
Bereits am 13. März 1958, knappe fünf Jahre bevor am 22. Januar 1963 der Élysée-Vertrag, auch bekannt als deutsch-französischer Freundschaftsvertrag, geschlossen wurde, entschieden sich die Bürgermeister und Ratsmitglieder zweier Städte – links und rechts des Rheins – der Städte Gengenbach sowie Obernai dazu, einen Bund der Freundschaft zu schließen, der bis heute andauern und halten sollte. Es handelt sich bei diesem transnationalen Bündnis um die älteste Städtepartnerschaft zwischen einer badischen und einer elsässischen Stadt. In dem vorliegenden Aufsatz werden die Anfänge der Städtepartnerschaft, die tragenden Grundpfeiler sowie der Stand der Partnerschaft in der Gegenwart nachgezeichnet.
Am 8. September fand in Freiburg im Historischen Kaufhaus im Kaisersaal die Eröffnungsveranstaltung zum Tag des offenen Denkmals 2018 statt. Den Festvortrag zum Thema »Die Kulturlandschaft Oberrhein als gemeinsames kulturelles Erbe« hielt der aus Baden-Württemberg stammende Kunsthistoriker Prof. Dr. Marc C. Schurr von der Universität Straßburg, der auch
Präsident des Straßburger Münsterbauvereins ist. Der Text seines Vortrags ist hier abgedruckt.
Die am Landgericht in Mannheim A 1, 2–3 angebrachte Stadtpunkte-Tafel soll an Friedrich
Engelhorn erinnern, der dort ein 1961 abgerissenes Palais errichtet hatte. Die vom Mannheimer
Institut für Stadtgeschichte gestaltete Tafel wird allerdings Engelhorn nicht gerecht. Neben
diversen eklatanten Fehlern sind vor allem negative Wertungen aneinandergereiht, während
wichtige Fakten aus seinem Leben und nicht zuletzt zum Wohle Mannheims verschwiegen
werden. Trotzdem erfolgte bisher keine Korrektur.
Der Kunstschreiner und Zierratenschnitzer Ferdinand Hundt als Hofschreiner in Schloss Bruchsal
(2018)
Der künstlerisch hochbegabte Ferdinand Hundt kam 1751 als Hofschreiner nach Bruchsal. Zuvor schuf er für die Würzburger Residenz und in Schloss Seehof bedeutende Werke des fränkischen Rokoko. Unter Fürstbischof von Hutten prägte seine Ornamentik an Wänden, Türen und Supraporten sowie zahlreiche Möbel die repräsentative Wirkung in der Beletage. Erhalten
gebliebene Möbel zeigen bis heute die hohe Qualität seiner Schnitzwerke. Thematisiert wird die Zuordnung Bruchsaler Möbel an Ferdinand Hundt, dessen Bezug zu den Hutten-Schreibschränken sowie seine Bedeutung für Schloss Bruchsal als »Juwel des Rokoko«.
Für die Grenz- und ehemalige Garnisonsstadt Rastatt ändert sich zu Beginn der Weimarer Republik Vieles: Die Stadt wird entmilitarisiert, die wirtschaftliche Situation durch das Handelsembargo geschwächt. Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Notstandsarbeiten prägen den Alltag. Trotz der schwierigen Situation Rastatts zieht das Moderne ein. Ein Stadtteil im Stil
der Gartenstadt entsteht, mit dem ersten Kino kommen moderne Medien hinzu und bürgerschaftliche Kunst und Kultur bereichern das Leben.
Karlsruhe ist eine Planstadt der Neuzeit. Sie erblickte als landesfürstliche »Kopfgeburt« das Licht der Welt. Zahlreiche künstlerische, wissenschaftliche und kulturhistorische Einrichtungen legen von der Aufgeschlossenheit des Hofes gegenüber den »Musen« Zeugnis ab. Als »Musenhof« bezeichnete folgerichtig schon Voltaire die Stadt bei seinem Besuch von Markgräfin Caroline Luise im Jahre 1758.
Beim dritten Landtag, 1822, war das Ständehaus noch nicht fertig und die Karlsruher Museumsgesellschaft gab den Volksvertretern Herberge. Sie lehnten aber hier das Kriegsbudget ab, obwohl es nur etwas über eine und eine halbe Million Gulden betrug. Heute ist die Sorte bürgerlicher Abgeordneten, die so was ablehnen, längst ausgestorben. Dafür versagte der Großherzog allen von dem oppositionellen Landtag beschlossenen Gesetzen seine Sanktion, und man trennte sich in voller Disharmonie. Erst am 24. Februar 1825 – Mirabeau-Liebenstein war indes geheimer Referändär in Karlsruhe geworden und tagte schon zwei Jahre nicht mehr mit – wurde das eigene Ständehaus für den Landtag eröffnet, ein Haus, in welchem in den zwanziger, dreißiger und vierziger Jahren tapfer gestritten wurde um Volksfreiheit, und das viele bedeutende Männer aus- und eingehen sah in dem halben Jahrhundert seines Bestehens.
Am 25. August 2018 luden die Erinnerungsstätte Ständehaus und die Stadtbibliothek Karlsruhe
zu einem »Fest für Alle« in das Neue Ständehaus ein. Dieses war 25 Jahre und drei Tage
zuvor am 22. August 1993 auf dem Restareal des 1944 bei einem Luft angriff schwer getroffenen
ersten Deutschen Parlamentsgebäudes eingeweiht worden. Zur Geschichte des Neuen Ständehauses
hatte das Stadtarchiv die kleine Ausstellung »25 Jahre Neues Ständehaus. Fotos und
Fakten« zusammengestellt. Die Besucherinnen und Besucher erwartete den ganzen Tag über
ein buntes Programm. Im Ständehaussaal sprachen der Karlsruher Oberbürgermeister Dr.
Frank Mentrup, die Leiterin der Stadtbibliothek Andrea Krieg und Dr. Ernst Otto Bräunche,
Leiter von Stadtarchiv & Historische Museen Karlsruhe unter dem Motto »Vergangenheit trifft
Gegenwart für die Zukunft« über 25 Jahre Neues Ständehaus. Die folgenden Ausführungen
orientieren sich an dem Trialog im gut besuchten Ständehaussaal.
Klaus-Jürgen Matz (1999) und Rainer Brüning (2010) haben Arbeiten zur Biografie des badischen
Reformers und Innenministers C. F. Nebenius publiziert. Matz in einer komprimierten
Fassung in der »Neuen Deutschen Biografie« und Brüning in einer ausführlichen Form in
»Lebensbildern«. Anlässlich der 200-Jahrfeier der Badischen Verfassung, deren »maßgeblicher
Entwurf« von Nebenius stammt, ist es angemessen, auf beide Arbeiten hinzuweisen und, von
ihnen ausgehend, einige Charakterisierungen der »Staatsarbeit« von Nebenius in den Mittelpunkt
zu stellen.
Die Verfassung von 1818 mit dem ersten Landtag von 1819 in Bezug zu setzen, scheint angezeigt,
da es beim ersten Landtag doch um die Auslegung der Verfassung durch Regierung und
Liberale ging. Sollten Verfassung und Kammern »Hilfsorgane des Staates« sein oder sollte die
Regierung im Sinne der Liberalen »Vertragspartner« sein. Gelang es der Kammer die Verfassung
»extensiv auszulegen und fortzuentwickeln«? Der erste Landtag von 1819 realisiert den
Verheißungscharakter der Verfassung mit dem Beginn parlamentarischer Arbeit. Alle Themen
der nächsten drei Jahrzehnte werden auf dem ersten Landtag von Ludwig von Liebenstein angesprochen.
Mit dem Gedenken an Liebenstein verweisen wir auch auf den Historiker Franz
Schnabel, der vor 90 Jahren eine biografische Studie des Abgeordneten des ersten Landtages
geschrieben hat.
Der folgende Artikel zeigt die Ergebnisse des Schulprojekts »Badische Verfassung 1818«, das bereits im vergangenen Heft angekündigt wurde. Der erste Teil befasst sich mit der Frage, welchen Sinn ein solches Projekt haben kann, zum anderen wird kurz darauf eingegangen, wie Schulen und Lehrer gefunden wurden, die bereit waren, das Thema im Unterricht oder als
Projekt in ihren Klassen umzusetzen. Der zweite Teil gibt einen Überblick über die Projekte, die bereits durchgeführt wurden und diejenigen, die noch geplant werden.
Der »Arbeitsgruppe Verfassung 2018« hat in Zusammenarbeit mit der Stadt Karlsruhe zwei Veranstaltungen organisieren können, eine Feier vor dem Schloss am 22.8.2018 und einen Festakt im Gartensaal des Schlosses am 5.9.2018. Das Team hält es für gerechtfertigt, die professionelle Arbeit in der Publikation zu dokumentieren, da besonders die Kooperation mit
der Stadt Karlsruhe beispielhaft auch für zukünftige Veranstaltungen badischer Anliegen mit gelb-rot-gelber Färbung gelten kann.
Johann Peter Hebel war als Gymnasiallehrer und Prediger nach Karlsruhe berufen worden. Er machte in der Lutherischen Landeskirche Badens als Pastor Karriere und wurde mit dem Titel Prälat der oberste Geistliche seiner Kirche. Nach dem fürstlichen Erlass einer Verfassung im Juli 1818, als es galt, die zwei Kammern der Ständeversammlung zu besetzen. Auf katholischer Seite wurde – als Bistumsverweser – der Freiherr von Wessenberg ernannt, auf evangelischer Seite Hebel, der als Prälat den Rang eines Landesbischofs besaß. Die Kirchen waren für ihn – anders als für den Freiburger Rechtsprofessor Rotteck – keine Repräsentanten des (damals noch als verfassungswidrig geltenden) Demokratie-Prinzips, sondern des Gemeinwohls.
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat anlässlich des 200. Jubiläums der Badischen Verfassung eine Ausstellung im Generallandesarchiv Karlsruhe unter dem Titel »Demokratie wagen? Baden 1818–1919« ausgerichtet und einen entsprechenden Begleitband herausgebracht. Ausstellung und Begleitband entwickeln einen »Gang durch die badische Demokratiegeschichte« unter den Aspekten der politischen Partizipation der badischen Bevölkerung und der Durchsetzung und Geltung allgemeiner Bürger- und Menschenrechte. Ausstellung und Begleitband verstehen sich als historisch-politischer Beitrag zur Bildungsarbeit des Landearchivs. Unmittelbarer Anlass sind die aktuellen Gefährdungen der Demokratie
und der individuellen Freiheitsrechte.
Der Vortrag wurde am 17. Oktober 2018 unter dem Titel: »Aktualisierende Gedanken zur frühkonstitutionellen Badischen Verfassung« bei einer Feier von Regierungspräsidium und Badischer Heimat im Basler Hof in Freiburg gehalten. Durch die Verfassung vom 22. Juli 1820 ist das badische Volk geboren worden, ein Volk von Landesstaatsbürgern im Reichsverband.
Königliche Hoheit, Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die mit Abstand häufigste Frage, die Besucher des Bundesverfassungsgerichts stellen, lautet: Warum hat das Gericht seinen Sitz – ausgerechnet – in Karlsruhe? Die hierin zum Ausdruck kommende Verwunderung hat Tradition, wenngleich ihr Ton im Laufe der Zeit milder geworden ist. Schon Hermann Höpker-Aschoff , der erste Präsident des Gerichts, beschwerte sich beim damaligen Bundesjustizminister darüber, »in die dörfliche Einsamkeit einer ehemaligen Residenzstadt verbannt« worden zu sein.
Verehrte und geschätzte Festversammlung, lassen Sie uns auf eine Zeitreise zum 100. Geburtstag der Ersten Badischen Verfassung gehen: Wir befinden uns im August des Jahres 1918. Das Großherzogtum Baden feiert in Karlsruhe das Jubiläum. »Feiern« ist für das Jahr 1918 freilich eine unpassende Beschreibung! Das Ende des Ersten Weltkrieges rückt näher. Die Zahl der Toten und Verwundeten geht längst in die Millionen. Das Kaiserreich liegt am Boden. Die
militärische Katastrophe steht bevor. Die wenigsten Teilnehmer der damaligen Jubiläumsfeier konnten sich vorstellen, dass mein Urgroßvater, Prinz Max, zwei Monate später Reichskanzler werden würde. Für nur vier Wochen! Dass drei Monate später das Kaiserreich zusammenbrechen sollte. Dass meine Familie nach gut 800 Jahren Regentschaft ihren Thron verlieren sollte. Und die Erste Badische Verfassung mit der Abschaffung der Monarchie ihre Gültigkeit verlieren sollte. Der hundertste Geburtstag der Verfassung war zugleich ihr Ende!
Liebe Gäste, wir feiern heute ein wichtiges historisches Ereignis – mit etwas Verspätung. Das Jubiläum 200 Jahre badische Landesverfassung fiel aber auch mitten in die parlamentarische Sommerpause. Großherzog Carl kann man dafür keinen Vorwurf machen. Als er am 22. August 1818 die Verfassung unterzeichnete, hatte es im heutigen Baden-Württemberg
schließlich noch keine Parlamente gegeben. Die badische Verfassung war die erste, die eine solche Vertretung schuf. Der
22. August dieses Jahres ist daher auch der Startpunkt für ein Projekt des Staatsministeriums mit dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg. Unter dem Stichwort »des Volkes Stimme« finden Sie Kalendereinträge aus 200 Jahren
Partizipation. Das Projekt präsentiert die badische Verfassung als Ausgangspunkt. Als Wurzel, aus der alles Weitere gewachsen ist, was es seitdem in diesem Land an Reformen, Umbrüchen, Bürgerbewegungen gegeben hat
Die am 22. August 1818 erlassene badische Verfassung wird mit einigem Recht als die freiheitlichste des deutschen Frühkonstitutionalismus bezeichnet. Sie war Voraussetzung für eine Entwicklung, die Baden zu dem Land werden ließ, in dem im 19. Jahrhundert liberales und demokratisches Gedankengut schnell und nachhaltig Fuß fassen konnte. Heute gültige demokratische Normen formulierten seinerzeit die Abgeordneten im Badischen Ständehaus erstmals hier in Karlsruhe, von wo sie in die anderen deutschen Länder wirkten.
Es ist für den Oberbürgermeister der ehemaligen Residenzstadt natürlich eine außergewöhnliche Ehre, diese besondere Feierstunde zum 200jährigen Verfassungsjubiläum des Landes Baden heute hier mitgestalten zu dürfen, und ich danke gleich zu Beginn allen denen, die diese Feierstunde ermöglicht haben. Das sind Prof. Robert Mürb, stellvertretend für die Vereinigung Baden in Europa, und Herr Hauss, stellvertretend für den Verein Badische Heimat. Ohne Sie gäbe es diese Feierstunde
nicht, ohne Sie wären wir heute nicht hier. Herzlichen Dank für diese Einladung, Sie haben es Event genannt, ich sage, es
ist eine tolle festliche Feierstunde.
Am 22.8.1818, vor 200 Jahren, unterschrieb Großherzog Karl die badische Verfassungsurkunde.
Es war ein Werk des aufgeklärten Absolutismus, das das monarchische Prinzip herausstellte.
Trotzdem war die badische Bevölkerung durch die Wahl der Abgeordneten zur Zweiten Kammer
an der staatlichen Willensbildung beteiligt, denn die Zweite Kammer der badischen
Ständeversammlung gewährte den Bürgern indirekte Kompetenzen bei der Gesetzgebung, der
Steuerbewilligung und der Budgetprüfung. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurden die
Rechte der Badener erweitert, aber die Staatsform blieb weiterhin eine Monarchie, in der der
Großherzog die Macht auf sich vereinigte. Erst 1919 nach dem ersten Weltkrieg und einer Revolution
bekam das Land Baden mit der Verfassung vom 21. März 1919 eine neue Staatsform,
die der Demokratie. Und alle Bürger Badens hatten nun die gleichen Rechte und Pflichten,
egal ob Männer oder Frauen, Arme oder Reiche, Christen oder Juden.
Natur, Landschaft, Heimat
(2018)
Nach dem Ende der »Karriere des alten Naturbegriffs« gilt, dass sich Natur nur zeigt, wenn wir ein bestimmtes Verhältnis zu ihr einnehmen. Die bisherige Landschaftsinterpretation als »ökologisches System« soll abgelöst werden durch eine »neue Gewichtigkeit« in der Bewertung von Natur und Landschaft. Der Begriff von Landschaft muss weit über bloße Ökologie hinausgehen. Emotionaler Zugang zur Natur und Akzeptanz des schützenwerten Naturgutes bei den Bürgern wird von der Hinwendung zur Idee der »heimatlichen Natur« erwartet. Heimat erhält im Zusammenhang mit Landschaft einen neuen Stellenwert im Naturschutz. Dabei ist die ästhetisch betrachtete Landschaft durch einen landschaftlichen »Aktionsraum« abzulösen, etwa im Sinne von Biotopvernetzungen.
»Schnell wie die Rhône, breit wie die Loire, eingebettet wie die Maas, verwinkelt wie die Seine, historisch wie der Tiber, königlich wie die Donau, geheimnisvoll wie der Nil, mit Gold bestückt wie ein Fluss Amerikas, von Legenden und Fabelwesen umwoben wie ein Fluss in Asien: le Rhin, der Rhein«, schreibt Victor Hugo. Der Franzose reiste in den Jahren 1838 und 1839 von Koblenz nach Schaffhausen: »Les Français écrivent Coblentz par politesse pour les Allemands, les Allemands écrivent
Coblence par ménagement pour les Français.«
Das Jubiläum gab Anlass zu einer Tagung, die unter der Leitung von Präsident Jean Marie Woehrling am 26. Mai 2018 im FEC (Foyer de l’Etudiant Catholique) stattfand. In zahlreichen
Beiträgen und persönlichen Zeugnissen von engagierten Akteuren aus der Politik, dem Verbandswesen, der Kulturszene und dem Bildungsbereich wurde der langjährige Einsatz der Gesellschaft zugunsten der Zweisprachigkeit und der Bewahrung der regionalen Kultur des Elsass gewürdigt. Es wurde nicht nur Bilanz gezogen über das, was in der Vergangenheit – trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten – faktisch erreicht werden konnte, sondern auch Forderungen und Bekenntnisse formuliert, das Engagement auch in Zukunft mit Leidenschaft weiterzuführen.
Ich denke, es ist sinnvoll, wenn ich Ihnen zur Eröffnung der Ausstellung „100 badische Jahre“ einen kurzen Überblick über diese badischen Jahre zu geben versuche. Zu berücksichtigen ist, dass von den 100 badischen Jahren der Ausstellung über die Hälfte der badischen Jahre Jahre Badens in
Baden-Württemberg sind. Der Titel meines Vortrages lautet „100 badische Jahre – und ein Jahr“. Mit dem einen zusätzlichen Jahr ist das Jahr 2010 gemeint, das Jahr nach dem Jubiläum. Wir sehen die 57 Jahre Badens in Baden-Württemberg im Rückblick durchaus kritisch und meinen, 2010 eine
neue Perspektive für den Landesverein Badische Heimat realisieren zu sollen. Die 57 Jahre von 1952 bis 2009 – Gründung Baden-Württembergs bis zum Jubiläum des Landesvereins – betrachte ich verkürzt unter dem Thema: „Kulturelle Betätigung und politisches Engagement des Landesvereins Badische Heimat“
Der Landesverein Badische Heimat hat zusammen mit der Muettersproch-Gsellschaft das Alemannische Wörterbuch für Baden herausgegeben, das als Band 2 seiner neuen Schriftenreihe soeben erschienen ist. Ich vertrete den Präsidenten des Landesvereins, Herrn Dr. Sven von Ungern-Sternberg, der zu seinem großen Bedauern heute verhindert ist. Die Aufnahme dieser Buchvorstellung in die Alemannische Woche in Oberried lag auch deshalb nahe, weil Herr Bürgermeister Franz-Josef Winterhalter auch Präsident der Muettersproch-Gsellschaft ist. Auch für diese bin ich kein Fremder, ich bin schon fast seit ihrer Gründung Vereinsmitglied.
In einem Essay zur Geschichte der Badischen Heimat anlässlich ihres 100. Jubiläums titelte Wolfgang Hug: „Seit 100 Jahren schafft der Landesverein ,Badische Heimat‘ badische Identität“. Heinz Siebold schrieb in „Was ist die badische Heimat?“ – „Aber was ist Baden? Wo ist Heimat? Und wozu braucht es überhaupt einen Verein Badische Heimat? Eine ,badische Identität‘ gibt es in Wirklichkeit nicht. Südbadische Alemannen und nordbadische Pfälzer oder Franken haben keine gemeinsame Sprache und gemeinsame kulturelle Wurzeln sind – wenn überhaupt – sehr weit zurückliegend“. Angesichts solcher divergierender Statements ist es wohl angebracht, Überlegungen zur Identität und insbesondere zur Option einer badischen Identität anzustellen. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die Option einer badischen Identität im politisch verfassungslos gewordenen Baden mit dem Wunsch der Landesregierungen, eine baden-württembergische Identität zu konstruieren, korrespondiert. „Die Änderung des Kontextes ändert auch immer den
Text“ (Hans Waldenfels).
Beim Festakt würdigte Ministerpräsident Günther Oettinger vor allem den Einsatz der Vereine für Naturschutz, Landschaftspflege sowie die Förderung der Landes-, Volks- und Heimatkunde. Durch kompetente und erfolgreiche Bildungsarbeit haben beide Vereine das Wissen um Wert und Bedeutung der Heimat wachgehalten. Bemerkenswert ist, dass beide Vereine ohne institutionelle Förderung eigenständig und kooperativ in der Vergangenheit arbeiteten. Oettinger wies darauf hin, dass, wer in der Welt erfolgreich sein wolle, Wurzeln brauche. Im Sinne der Vielfalt in der Einheit begrüßte Oettinger die Existenz zweier Heimatvereine im Lande Baden-Württemberg. Mit Blick auf die ins Land Zugewanderten unterschied der Ministerpräsident zwei Formen von Heimat. Einmal der Ort, an dem man geboren ist und der Ort, der einem im Laufe der Zeit ans Herz gewachsen ist.
Der französische Schriftsteller und Politiker Maurice Barrès (1862–1923) schrieb über die kulturelle Situation im Elsass: „Das Elsass und die beiden Ufer des Rheins sind das Schlachtfeld eines ewig währenden Kampfes zwischen der germanischen und der lateinischen Zivilisation. […] Mit diesem Streit um den Besitz des Rheins steht es wie um den Kampf zwischen Sonne und Regen, der sich fortwährend wechselnd entwickelt ohne jemals
einen dauerhaften Zustand zu erreichen.“. Die spezifische Situation der Kunst und Kultur in Straßburg um 1900 ist ohne die Berücksichtigung des historischen Hintergrunds nicht zu verstehen. Das Elsass war in seiner Geschichte Schauplatz mehrerer Kriege zwischen Deutschland und Frankreich. Diese führten zu einem mehrmaligen Wechsel der Staatszugehörigkeit der Bevölkerung. Als Folge des Krieges 1870/71 wurden das Elsass
und Nordlothringen als „Reichsland Elsass-Lothringen“ dem neugegründeten Deutschen Reich angegliedert. 1873 wurde der frankophile Oberbürgermeister von Straßburg von den Militärbehörden abgesetzt und der Gemeinderat aufgelöst. Der Deutsche Otto Back leitete dann als „Bürgermeisterei-Verwalter“ und direkter Vertreter des deutschen Kaisers die städtischen Angelegenheiten bis 1906.
Wohl jeder der schon einmal mit Naturseide irgendwie in Berührung kam, lobt auch sein anschmiegsames und verführerisches Wohlgefühl. Der Faden für das zarte Gewebe kommt aus der Seidenraupenzucht, die mit der Seidenraupe, einem Nachtschmetterling (Bombyx mori), und deren Futterpflanze, den
Blättern des Weißen Maulbeerbaums (Morus alba), auf das Engste verbunden ist. Jedoch der Werdegang des Seidengewebes ist das arbeitsintensivste
Bekleidungsmaterial der Welt.
Die Orangerie in Munzingen
(2018)
Über den Architekten der zum Munzinger Schloss gehörenden, um 1750 erbauten Orangerie ist nichts bekannt. Als Baumeister des »Pflanzenhauses« kommt zwar der Basler Architekt Johann Jakob Fechter in Betracht, der zur gleichen Zeit das Schloss im Rokokostil umgestaltete. Allerdings zeigt die Munzinger Orangerie keine Ähnlichkeit mit den von Fechter konzipierten Orangerien in Basel und Ebnet (das dortige »Pomeranzenhaus« ist bereits im 19. Jahrhundert wieder abgerissen worden), wahrscheinlich ist sie nicht von Fechter entworfen worden.
Die im Stadtarchiv Freiburg vorhandenen Inventarien geben über den Pflanzenbestand der damaligen Orangerie Aufschluss, in der Hauptsache handelte es sich, wie der Name sagt, um
Zitruspflanzen. Die Nutzung des Baus zur Überwinterung der Exoten wurde bis zur Jahrhundertwende 1900 beibehalten. Danach dauerte es über 80 Jahre, bis das zwischenzeitlich
unter Denkmalschutz gestellte Gebäude verkauft und unter Wahrung der orangerietypischen Fassade zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. Die Orangerie Munzingen ist das stattlichste, aus dem 18. Jahrhundert stammende Beispiel dieses Bautypus im südlichen Baden, sie weist bereits klassizistische Züge auf.
Im Gedenken an den Historiker und Verfasser der »Badischen Geschichte« Wolfgang Hug wurde in diesem Aufsatz zurück auf seine dezidierten Einschätzungen und Interpretation von Begriffen wie badische Identität, badische Liberalität, badisches Lebensgefühl. »Aufgeräumte Geschichte« geblickt. Wolfgang Hug vermied dabei jeglichen »zwanghaft badischen Gestus«.
»Baden in Baden-Württemberg«
(2018)
Fast fünfzig Jahre lang, nach der Neugründung des Bundeslandes Baden-Württemberg, hat der Politologe P.-L. Weinacht sich mit der Frage beschäftigt, wie das reiche politische und kulturelle Erbe Badens in Baden-Württemberg lebendig erhalten bleiben kann. Er hat die Vorstellung entwickelt, dass dies sich am Besten »in einem Wettbewerb in Partnerschaft« mit dem ganzen Land verwirklichen lasse. 2012 kommt er zu dem Schluss, dass die Badener nicht weiterhin die »Zentralitätsverluste« beklagen sollten, sondern »die südwestdeutsche Randlage als Chance zur neuen Zentralität am Oberrhein« begreifen sollten. Die Zukunft der badischen Regionen am Rhein liegt in der Einbettung in den europäischen Kontext. Das Anliegen der »Altbadener« sieht er am Besten symbolisiert in dem Sinnspruch »Victrix causa diis placuit, sed victa Catoni« (Lukan).
Am 22. August 2018 jährt sich zum 200. Mal der Tag, an dem Großherzog Carl in Bad Griesbach kurz vor seinem Tod die freiheitlichste Verfassung seiner Zeit unterschrieb und erst damit der Staat Baden wirklich und unanfechtbar gegründet wurde. Dass dieses Ereignis vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Karlsruhe gebührend gefeiert werden würde, davon
gingen sowohl die Regionalgruppe der »Badische Heimat« als auch deren bewährter »Kooperationspartner«, die »Landesvereinigung Baden in Europa« aus. Als wir uns aber Anfang Dezember 2017 beim Land und bei der Stadt nach dem Stand der Planungen erkundigten, erfuhren wir, dass dieses Ereignis nicht im Bewusstsein der ehemaligen Residenzstadt und
schon gar nicht des Landes Baden-Württemberg war, denn es waren weder ein Festakt noch sonstige Aktivitäten geplant. Und das, obwohl durch »900 Jahre Baden«, den Stadtgeburtstag und die Heimattage genug Aufmerksamkeit auf Karlsruhe und die badische Geschichte gezogen worden sein sollte.
Tourismus der besonderen Art
(2018)
Ab September 1945 fuhren regelmäßig ab Paris Sonderzüge, die Mitglieder einer gewerkschaftlichen Tourismus-Organisation für zwei Wochen in den Schwarzwald, an den Bodensee, nach
Oberschwaben und nach Tirol brachten. Die Logistik lag bei der französischen Besatzungsarmee. Die Unkosten der deutschen Seite betrachtete man als vorgezogene Reparationsleistung.
Es ist die Rede von »moralischer und materieller Wiedergutmachung«.
Grenzüberschreitende Kulturkooperation ist eine spezielle Form regionaler Kulturarbeit. Im PAMINA-Raum ist dies von besonderer Bedeutung. In diesem Raum sind die Teilregionen
des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein, der Südpfalz und des Nordelsass zu einer europäischen Grenzregion zusammengefasst: Gerade »in einem Raum, der in der Vergangenheit zahlreiche Grenzverschiebungen erlebt hat, ist es wichtig das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Menschen zu stärken, indem man sich auf die gemeinsamen kulturellen Wurzeln bezieht. Zu früherer Zeit war das Gebiet des Eurodistrikts RegioPamina ein einheitlicher Raum und der Rhein ein verbindendes Element. Diese kulturellen Wurzeln gilt es verstärkt zu reaktivieren. Für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist der Kulturbereich besonders wichtig, da er es am ehesten schafft, auf Grenzen zu verzichten. Denn die vielfältigen Themen rund um die Kultur beschäftigen die Menschen ganz natürlich über Landesgrenzen hinweg und bringen sie zusammen.«
900 Jahre Sankt Märgen
(2018)
Die Gemeinde Sankt Märgen beging das Gründungsjubiläum des bis 1806 am Ort bestehenden Klosters mit einer historischen Ausstellung. Das genaue Gründungsdatum ist nicht bekannt, doch es war um das Jahr 1118, dass Bruno, der Propst des Straßburger Domkapitels, im Schwarzwald ein Kloster gründete, das er der Gottesmutter Maria weihte.
Die Familie Benckiser, die sich seit Ende des 16. Jahrhunderts in Rotensol urkundlich nachweisen lässt, war seit 1619 im württembergischen Herrenalb ansässig. Mehrere Mitglieder der Familie bekleideten sowohl in Rotensol als auch in Herrenalb das Amt des Bürgermeisters, in Herrenalb betrieben sie zudem die Klosterherberge. Der Mann, der durch seinen ungewöhnlichen Unternehmergeist das Schicksal der nächsten vier Generationen entscheidend beeinflussen sollte, war Johann Adam Benckiser.
Marchivarum: So nennt sich seit 2018 das vormalige Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte, das mit dem umgebauten Weltkriegsbunker Ochsenpferch ein neues Domizil bezogen hat. Mit dem Umzug hat sich auch das Aufgabenspektrum des Stadtarchivs erweitert; so wird es künftig eine stadtgeschichtliche Ausstellung und ein NS-Dokumentationszentrum vorhalten. Damit etabliert sich eine neue Einrichtung in Mannheim, die gleichermaßen Bildung, Kultur und Forschung vereint. Um diese Neuausrichtung auch in der Firmierung aufzugreifen, wurde als neuer Name »MARCHIVUM. Mannheims Archiv – Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung« ausgewählt.
40 Jahre Öko-Institut
(2018)
In dem Artikel wird die Entwicklung des Öko-Instituts beschrieben, das im letzten Jahr sein 40. Jubiläum feierte. Anlass für die Gründung des gemeinnützigen Instituts waren die Auseinandersetzungen um das geplante Atomkraftwerk Wyhl. Das Öko-Institut hat sich vom umstrittenen Außenseiter-Institut zu einem der weltweiten Think Tanks im Bereich Umwelt
und Klimaschutz entwickelt, parallel zu den Änderungen in der Umweltbewegung und Umweltpolitik und auch der Green City Freiburg.
Die Zeitspanne 1806 bis 2006 bezeichnet nicht, wie fälschlicherweise behauptet, „200 Jahre Baden“, sondern erinnert daran,
dass vor zweihundert Jahren Baden zum Großherzogtum erhoben worden ist und dass in den nächsten 112 Jahren die badische Geschichte „beispielhafte Bedeutung“ (Gerd Hepp) erlangte.
Das im Frühjahr 1228 in Rom für Konrad von Lorsch, den letzten benediktinischen Fürstabt der Reichsabtei Lorsch, von dem mittellateinischen Dichter Magister Heinrich von Avranches (ca. 1189/90–1262/63) geschriebene Gedicht HvA 43 (R 114-117) war bereits Gegenstand mehrerer Untersuchungen. Abt Konrad galt bisher in seinem Lorscher Amt von 1214 bis 1226 als urkundlich sicher belegt, während die Quellen über seine familiäre Herkunft schweigen. Er dürfte aber einer bisher nicht ermittelten edelfreien, laut des Gedichts Magister Heinrichs von Avranches HvA 43, Vers 36 mit dem dort als consobrinus bezeichneten Mainzer Erzbischof Siegfried II. von Eppstein (im Amt 1200–1230) verwandten oder verschwägerten Familie entstammen, in welcher der Name Konrad in seiner Generation einem nachgeborenen, nicht zu weltlicher Herrschaft bestimmten Sohn verliehen worden war, sei es, dass der Name vom Großvater auf den ältesten Enkel, in der Sohnesgeneration aber auf den Nachgeborenen vererbt wurde, sei es, dass ein Nachgeborener ihn von der Mutterseite ererbt oder von einem Paten erhalten hatte.
Eine etwas vernachlässigte Quelle, die Auseinandersetzung mit der Zeit vor der
Reformation betreffend, hat uns der Zürcher Chorherr Felix Hemmerli (1388–
1458) hinterlassen, der zu den eher unterbewerteten Literaten des 15. Jahrhunderts
gehört. Erst in jüngster Zeit wurde eine sich auf Archivstudien stützende,
modernen Ansprüchen genügende Studie zu seiner Person vorgelegt. Von Sebastian
Brant rezipiert, sind drei Inkunabeldrucke (bzw. über 450 Exemplare)
der Hauptwerke Hemmerlis bekannt, der mit rund 40 Schriften unter den Autoren
seiner Generation quantitativ hervorragt, wobei er für die Mentalitätsgeschichte
der Geistlichkeit, des Adels und des Landvolks in Schwaben gleichermaßen
wie für kirchenrechtliche und kulturgeschichtliche Fragen (etwa für das
Bäderwesen) von Interesse ist.
In ganz Europa erfuhr die bruderschaftliche Bewegung ab dem 13., besonders
aber im 14. und 15. Jahrhundert einen Aufschwung. Straßburg stellte keinen
Sonderfall dar – die Zahl der Bruderschaften, gleich welcher Natur, wuchs stetig.
Den ersten Nachweis für eine Handwerksbruderschaft in Straßburg stellt eine
Urkunde über die Bruderschaft der Kürschnergesellen aus dem Jahr 1404 dar.
Danach sind im 15. und 16. Jahrhundert mindestens 25 weitere Handwerksbruderschaften
in der Stadt entstanden – unter ihnen die Bruderschaft der Zimmerleute.
Sie wurde am 29. November 1508 vom Stadtrat zugelassen und gründete
sich am Großen Spital, wo sie einen St. Anna-Altar in der St. Erhardskapelle bauen ließ.
Im Bernadotteschen Familienarchiv im Stockholmer Schloss, in der Sammlung
König Gustafs V., sind die Tagebuchaufzeichnungen Königin Victorias, geb.
Prinzessin von Baden (1862–1930), von den Revolutionstagen in Karlsruhe im
November 1918 als besonderes Promemoria für den König aufbewahrt. Wie
König Gustaf V. (1858–1950) die Nachrichten – oder eher den Mangel an Nachrichten
– aus Karlsruhe während den Revolutionstagen empfand, hat der schwedische
sozialdemokratische Marineminister Baron Erik Palmstierna (1877–1959)
in seinem Tagebuch vom 16. November 1918 beschrieben: Der König sah während
der Kabinettssitzung völlig zerstört aus. Er soll schlaflos sein. […] Die
Notiz des Tages, dass man das Schloss in Karlsruhe zu stürmen versucht hat,
wirkt sich wahrscheinlich auch nicht gerade beruhigend auf die Nerven aus.
In Deutschland hatten die ausgebliebenen Siege, die Militarisierung der
Staatsleitung und die Kriegsmüdigkeit den Weg für die Revolution im Jahr 1918
bereitet. Während die Revolution in mehreren deutschen Ländern durch eine
negative Fixierung auf den Fürsten bedingt war, war in Baden das Gegenteil der
Fall. Großherzog Friedrich II. (1857–1928), der Bruder Königin Victorias, war
zwar weder bedeutend noch besonders populär. Lothar Machtan bezeichnet ihn
sogar als ein „farblosen Epigonen seines legendären Vaters“, jedoch richtete
sich die Unzufriedenheit gar nicht gegen ihn als Person.
Sie haben das Recht, Ihr Buch ein Epos zu nennen, schrieb Lion Feuchtwanger
am 10. Dezember 1956 an die Schriftstellerin Ingeborg Wendt, die kurz zuvor
ihren Debutroman „Notopfer Berlin“ bei Rowohlt veröffentlicht hatte. Feuchtwanger
empfand in seinem kalifornischen Exil tiefe Freude bei der Lektüre: Sie
haben das, was man nicht lernen kann, den Griff, der eine Gestalt packt und hinstellt,
und den Blick, der ein großes Ganzes begreift, sodass ein Bild daraus wird,
das einem bleibt. „Notopfer Berlin“ war ein Großstadtroman über die unmittelbare
Nachkriegszeit, in dem Wendt autobiographische Erlebnisse literarisch verarbeitete.
Dabei zeigte sich die enge Verwobenheit zwischen ihrer Heimat bis
1947, Berlin, und ihrem Exil in Baden-Baden, wo das Werk entstand. Nicht ohne
Grund wurde sie deshalb in einer Rezension als „Weltstädterin im Exil“ bezeichnet,
die das „belebende Reizklima Berlins allzu lange entbehren musste“.
Im Folgenden soll das Schriftstellerehepaar Ingeborg und Herbert Wendt im
Rahmen einer Gruppenbiographie in den Blick genommen werden. Beide waren
am versuchten Aufbau eines demokratischen Deutschland in Berlin 1945 bis
1947 beteiligt, Ingeborg als Mitbegründerin des Demokratischen Frauenbundes,
Herbert als Mitglied im Präsidialrat des Kulturbundes und – gemeinsam mit Victor
Klemperer, Heinrich Mann und Anna Seghers – im Redaktionskollegium der
Zeitschrift Aufbau. Ihre Flucht führte sie 1947 nach Baden, wo Herbert mit Alfred
Döblin zusammenarbeitete, bevor beide in den 1950er Jahren ihren schriftstellerischen
Durchbruch erlebten.
Gib das Beste an Denken, Wissen und Arbeiten, […] warmes menschliches Empfinden
und Verstehen! […] Alle Frauenarbeit […] sollte in diesem Gedanken
wurzeln, denn es [sind] Teile des Besten und Reichsten, was weibliches Menschentum
dem Dasein zu geben hat.
Diese Aufforderung, die sich auf die Mitarbeit von Frauen im weiten Feld der
Sozialen Arbeit bezieht, würde die geneigte Leserschaft heutzutage vermutlich
schwerlich einer progressiven feministischen Öffentlichkeitsarbeit zuordnen.
Doch entstammen diese Worte aus dem Jahr 1907 tatsächlich einer emanzipativ
gesinnten Zeitungsrubrik namens Beiträge zur Frauenfrage, die von Seiten der
bürgerlichen Frauenbewegung bestückt wurde und einmal wöchentlich im
Mannheimer General-Anzeiger erschien, um über den Status quo der angestrebten
Gleichberechtigung von Frau und Mann vor Ort sowie im In- und Ausland zu informieren.
Anlässlich der 64. Jahrestagung 2017 der Kommission für geschichtliche Landeskunde
in Baden-Württemberg in Reutlingen befasste sich eine Arbeitsgruppe
mit der Verbindung von Geschlechter- und Landesgeschichte. Die Anwendung
der Kategorie Geschlecht erfordert zunächst zu klären, worin ihre Erklärungskraft
im Allgemeinen und in der Landesgeschichte im Besonderen besteht. Es
ist der Verdienst der Frauengeschichte, die sich in den 1970er Jahren in den USA
und Europa entfaltete, den zuvor überwiegend männlich besetzten Geschichtsraum
mit Frauen angereichert sowie weibliche Handlungsspielräume und
Sichtweisen überhaupt erst sichtbar gemacht zu haben. Natürlich wurde auch
schon zuvor über einzelne Frauen, vorzugsweise Angehörige der Dynastien, geforscht
und geschrieben. Doch in der Regel waren es männliche Autoren, deren
Frauenbild die Darstellung ihrer Protagonistinnen sichtlich einfärbte. Erkennbar
wurde erst mit der Frauengeschichte, dass das, was man dachte und wie man
handelte, in der Regel nicht alle, sondern eben zumeist auch nur Mann betraf.
Mission (Glaubensbotschaft) ist das Werk der Ausbreitung der christlichen Kirche
als des Reiches Gottes unter den Richtschriften durch die Missionare.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts gründeten zahlreiche Initiativen in ganz
Deutschland protestantische Missionsvereine. Der Arbeit der Missionare in den
Missionsgebieten widmet sich die deutsche Kolonialgeschichtsschreibung, die
sich mit dem Einfluss der Missionare auf die kolonisierten Einheimischen beschäftigt.
Dagegen sind die Tätigkeiten der protestantischen Missionsvereine in
den deutschen Heimatgemeinden und deren Wirkung auf die deutsche Bevölkerung
weitestgehend unerforscht. Der vorliegende Aufsatz stellt einen Versuch
dar, diese Lücke mit einer Regionalstudie zu Südbaden zu füllen.
Im Großherzogtum Baden gab es vor dem Ersten Weltkrieg eine beträchtliche
Anzahl von auswärtigen Konsulaten, von denen aus naheliegenden Gründen das
Gros die Residenzstadt Karlsruhe bzw. das Industrie- und Handelszentrum
Mannheim als Amtssitz wählte. Konsulate gab es aber auch in einer Stadt wie
Freiburg im Breisgau. 1914 zählte man dort vier ausländische Konsulate, drei von
südamerikanischen Republiken, eines vom Kaiserreich Japan. Das japanische
Konsulat war das jüngste unter den genannten Konsulaten und dasjenige mit der
kürzesten Existenz. Im Jahr 1909 eingerichtet, fiel es im August 1914 dem Ersten
Weltkrieg zum Opfer, als Deutschland und Japan in einem kurzen Krieg auf
einem Nebenschauplatz in Ostasien gegeneinander kämpften. Vor dem Ersten
Weltkrieg gab es im Deutschen Reich insgesamt acht japanische Konsulate. Gemeinsam
war diesen Konsulaten, dass sie durchweg als Honorarkonsulate von
deutschen Geschäftsleuten geführt wurden. Die Ausnahme bildete lediglich das
spätere Generalkonsulat in Hamburg, das unter der Leitung eines professionellen
japanischen Diplomaten stand.
„Republikanische Tugenden“
(2018)
Die im Jahr 1898 verfassten Lebenserinnerungen des Bezirksarztes Hugo Wolf
(1830–1900) aus Mosbach tragen den bezeichnend einschränkenden und im Anspruch
ausgesprochen bescheidenen Titel Einiges aus meinem Leben. Auf einleitende
Ausführungen über die Motive und die Ziele für die Niederschrift seiner
Erinnerungen verzichtet der Autor. Es finden sich keine Floskeln der Bescheidenheit
oder kokette Demutsadressen an den Leser, mit denen in Autobiografien
gerne eröffnet wird: Warum man zum Beispiel trotz eines eher schmucklosen
Lebens sich nun doch seinen Lebenserinnerungen gewidmet habe. Wolf bemüht
weder seine Kinder, denen er Wegweisendes für die Zukunft anvertrauen will.
Noch zielt er auf die Allgemeinheit, der die Lektüre der Erinnerungen in der zukünftigen
Gestaltung des gesellschaftlichen oder politischen Lebens zum Vorteil
gereichen könnte. Wolf reflektiert auch nicht über den Sinn oder die Grenzen
autobiografischen Schreibens. Sein Bericht bleibt nüchtern, er schreibt Geschehenes
– oder besser formuliert – Erinnertes auf. Und wie die Recherche ergibt:
zwar nicht immer, aber meist doch recht zuverlässig und genau.
Umpfenbach liegt an derjenigen Stelle Bayerns, von der aus, wendet man sich
nach Norden, Osten oder Süden, man sogleich ins ehemalige Baden gelangt.
Diese besondere Lage – man könnte auch von Abgelegenheit sprechen – hängt
mit der wechselhaften Geschichte zusammen, der dieses kleine Dorf am Beginn
des 19. Jahrhunderts unterworfen war. Die Fülle der Quellen, die diesen Vorgängen
zu danken sind, erlaubt tiefe Einblicke in die historischen Umstände jener
Umbruchszeit, und man kann sich auf diese Weise gut hineinversetzen in die Haltung der Beteiligten, die damals noch nichts wissen konnten vom Untergang
des ersten französischen Kaiserreichs und von der Neuordnung Mitteleuropas
durch den Wiener Kongress.
Individuum und Dynastie
(2018)
SUBSISTE VIATOR
AD GLORIOSUM MORTIS, ET MARTIS TROPHÆUM
QVOD
LUDOVICO WILHELMO
LUDOVICUS GEORGIUS
EX FILIALI AMORE ET GRATIDVDINIS AFFECTV
PARENTI EXSTRVXIT […]
Mit diesen Worten wendet sich die Inschrift auf dem im Jahr 1753 errichteten
Epitaph für Markgraf Ludwig Wilhelm in der Stiftskirche von Baden-Baden
(Abb. 3) an den Rezipienten. Subsiste viator: Diese bereits in griechischen Grabepigrammen
verbreitete rhetorische Formel fordert den Besucher auf, seine Wanderung
zu unterbrechen und innezuhalten, um der Taten des Verstorbenen und
zugleich der eigenen Sterblichkeit zu gedenken.
Normen für Kessel und Köche
(2018)
Das Heidelberger Schloss dürfte zu den mit am besten erforschten Residenzen
des Alten Reichs gehören. Historiker haben sich ihm ebenso gewidmet wie Vertreter
der Kunstgeschichte und Bauforschung. Arbeiten zum Hauptsitz der pfälzischen
Kurfürsten im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit sind in großer
Zahl vorhanden. Entsprechend gut ist die bauliche Hülle erschlossen. Wesentlich
schwieriger ist es allerdings, dem Alltag der Menschen näherzukommen, die im
Mittelalter am Heidelberger Hof lebten.
Die von 1486 bis 1493 währende Doppelregierung Kaiser Friedrichs III. und
König Maximilians ist maßgeblich geprägt durch den Konflikt des Sohnes mit
den flämischen Städten. Indem der politisch noch recht unerfahrene Maximilian
den englischen Handel protegierte, schädigte er deren wirtschaftliche Prosperität.
Zugleich ignorierte er ihr Mitspracherecht in Fragen der Finanzpolitik und des
Steuerrechts. Auch die militärische Auseinandersetzung mit der französischen
Krone machte den Römischen König in Flandern denkbar unbeliebt. Als sich
Maximilian 1487/1488 in Brügge aufhielt, kam es zu einer dramatischen Zuspitzung
der Lage: Aus Angst vor einer Besetzung der Stadt durch heranrückende
deutsche Landsknechte schlossen die Einwohner ihre Stadttore und nahmen den
König am 5. Februar gefangen. Die königstreuen Magistrate Peter Lanchals und
Jan van Nieuwenhove wurden ihrer Ämter enthoben und wenige Tage später
enthauptet. Weitere Städte schlossen sich dem Aufstand (unter der Führung
Gents) an.
Nikolaus von Kues und Heidelberg – es gibt verschiedene Gründe, die genannte
Beziehung zum Thema eines Vortrags zu machen. Sie gedenken heute – vielleicht
stellvertretend für die ganze Universität – eines Ereignisses, das damals
gewiss mehr noch als heute von großer Bedeutung für einen jungen Menschen
war, von Bedeutung sicher auch für eine so junge Universität wie die Heidelberger,
die sich im Wettstreit mit konkurrierenden Universitäten, hier besonders
mit der nur zwei Jahre jüngeren Kölner Universität zu behaupten hatte. Da ging
es um jeden Studenten, und so war wohl auch die Einschreibung des noch ganz
unbekannten 14- oder vielleicht auch schon 15-jährigen Nikolaus Krebs aus Kues
an der Mosel hochwillkommen. In der 62 Immatrikulationen verzeichnenden
Liste zum Studienhalbjahr 1415/16 steht an 59. Stelle: Nycolaus Cancer de
Coeße. Der Vermerk clericus Treuerensis dyocesis weist den jungen Studenten
als Kleriker der Diözese Trier aus. Er war Akolout, besaß also den obersten
der vier unteren Weihegrade, die den drei höheren, zum Priesteramt führenden
Weihestufen vorausgingen.
Seewangen
(2009)
Der Riederner Pfarrer Johann Nepomuk Bickel hat im Jahr 1749 eine Zählung der in den acht Ortschaften der von ihm pastorierten Pfarrei ansässigen Mitglieder der Kirchengemeinde vorgenommen und das Ergebnis dieser Zählung schriftlich festgehalten: Er selbst war einer der vier Regularkanoniker der 1638 dem thurgauischen Augustinerchorherrenstift Kreuzlingen inkorporierten Propstei Riedern, denen die Seelsorge in dem schon 1697 als „amplissima parochia“1 bezeichneten Kirchspiel oblag, das sich vom Riedersteg im Schlüchttal bis auf den Rötenberg hinauf erstreckte und mit 1400 Seelen ebenso volkreich wie ausgedehnt war. Der eine halbe Wegstunde von der Riederner Pfarr- und Propsteikirche Sankt Leodegar entfernt gelegene Filialort Seewangen, bestehend aus zehn Häusern und der 1720 erbauten Peter-und-Paul-Kapelle2, hatte am weiteren Wachstum der Kirchengemeinde so gut wie keinen Anteil. Von den 1538 Seelen, die sie im Jahr 1809 zählte3, wohnten 71, nur drei mehr als sechzig Jahre zuvor, in Seewangen.
Der Davidenhof in Seewangen
(2009)
Nachdem „der Allmechtig Gott kurtz verflossner zeit den Ehrwürdigen Geistlichen Herren Georgen Hen[n]er seeligen gewesten Probsten des würdigen Gottshauses zu Riedern, vsser disem zeitlichen Jammerthal zue seinen Göttlichen gnaden beruoffen“ hatte, ersuchte die „gantze kirchen gemeind daselbsten“ den Bischof von Konstanz, Jakob Fugger (1567–1626), anlässlich der bevorstehenden Ernennung des Chorherrn Peter Hug zum Nachfolger des verstorbenen Propstes am 28. Juli 1607, die drei Jahre später ins Werk gesetzte Vergrößerung der Riederner Pfarr- und Propsteikirche Sankt Leodegar zu veranlassen: „Dieweil zu diser zeit bey vns des Volcks vil, hergegen die kirchen also klein, Inmassen zu ettlichen mahlen vil Mannß vnd Weybs Personen so der heilligen Mesß vnd zu erhören das wort Gottes zubesuochen vnd demselben bey zuwohnen begehren, nicht in die kirchen khommen könnden, sondern, ohn angesehen das vnser ettliche einen feren weg zur kirchen haben, solche Artzney Leybs vnd der Seelen vnderweilen entmanglen müessen, Als gelangt an E. Fr. g. vnser vnderthenigs demüettiges bitten, die wöllen gnedige anordnung thuon, das solche kirchen ettwas grösser gemacht werden möge, darmit vnsere Seelen desto baß gespeist werden mögen.“
Nach mehrjähriger Planung und Umbauzeit steht das Freiburger Augustinermuseum Anfang des kommenden Jahres (2010) vor der Wiedereröffnung. Damit kann nach Fertigstellung des 1. Bauabschnitts das Museum mit der Fülle der mittelalterlichen Exponate und Gemälde des 19. Jahrhunderts wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Diese werden in der ehemaligen Klosterkirche einen neuen Platz finden. Das alte Konventsgebäude dagegen soll anschließend in zwei weiteren Bauabschnitten saniert werden. Im vergangenen Juli, beim Augustinertag, konnten
sich viele Schaulustige vom Baufortschritt überzeugen und die Umgestaltung des ehemaligen Kirchengebäudes begutachten. Seit längerer Zeit ist das aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammende hohe Klostergebäude in Freiburgs Innenstadt eingerüstet, mit Bauzaun versehen und durch einen „Staubmantel“ den Blicken entzogen. Dahinter allerdings gestalten das Architektenbüro Christoph Mäckler und die Architektin Christine Paarmann-Steinmetz vom städtischen Gebäudemanagement das moderne Augustinermuseum, ein Mittelpunkt für die Kulturlandschaft im Südwesten unserer Region. Dank der Unterstützung durch das Land Baden-Württemberg, die Landesstiftung BAWÜ und die Erzdiözese Freiburg sowie einer beispiellosen Initiative des Kuratoriums „Augustinermuseum Freiburg“ und des bürgerschaftlichen Engagements konnte das große Projekt des Umbaus in Angriff genommen werden.
Eva Eisenlohr wurde am 25. April 1891 in Freiburg geboren, und sie verstarb dort am 26. September 1977. Ihr Leben währte 86 Jahre, fünf Monate und einen Tag. Es war keine einfache Zeit für eine gewissenhafte, kunstschaffende Frau. Eva Eisenlohr war das dritte von fünf Kindern der Eheleute Marie und Heinrich Eisenlohr. Ihr Vater war Landgerichtsdirektor in Freiburg. Er stammte aus Pforzheim, ihre Mutter, eine geborene Schindler, kam aus Breisach. Die Familie empfand sich als eine der Badischen Familien, die durch ihre Leistung und die ihrer Kinder am Aufbau und an der Gestaltung ihres noch jungen Landes teilhaben wollten. Heinrich Eisenlohr bemühte sich, dass seine Kinder eine gute Ausbildung erhielten, ging aber auf Berufswünsche der Kinder ein.
Unsere Geschichte ereignete sich in dem Dorfe Goldscheuer, gelegen im Ried westlich von Offenburg und Lahr. Der Ortsname zeigt an, dass hier vor Zeiten die Goldwäscherei betrieben worden ist. Nach dem letzten Kriege, es war in den Jahren 1961−64, hatte man in der Merkurstraße die Kirche Maria, Hilfe der Christen erstellt, einen nüchterner Zweckbau, neben dem sich ein freistehender Campanile erhob. Im Laufe der Jahre ging nun der Besuch seitens der Gläubigen mehr und mehr zurück, am Ende sollen nur noch drei Prozent der Katholiken regelmäßig zur Messe gekommen sein. Zudem war an dem Gebäude umfangreicher Sanierungsbedarf entstanden. Auch wurde diese Filialkirche nur während der Gottesdienste geöffnet, denn in einiger Nähe standen zwei weitere Kirchen den Katholiken offen. So drohte Schließung.
Ernst Köpfer (1878–1954)
(2012)
Das Bernauer Hochtal Sanft nach Südosten abfallend zieht sich das Hochtal der Bernauer Alb vom Herzogenhorn, dem zweithöchsten Berg des Schwarzwaldes, in Richtung Sankt Blasien, kurz zuvor vereinigt mit der vom Feldberg kommenden Menzenschwander Alb. Darin eingebettet hat
Bernau seine einzigartige und sonnenreiche Lage in einer Höhe von 900 bis 1000 m, wo die Teilorte "locker und gefällig hingestreut, wie von Gottes Hand" liegen, so beschreibt es der Wander-Schriftsteller Wolfgang Abel. Das war nicht immer so, als vor etwa 10–12 000 Jahren das Feldberg- / Herzogenhorn-Massiv in der letzten Eiszeit noch von mächtigen Gletschern von 300 m Stärke bedeckt war. Als diese abschmelzend nach Südwesten abzogen, hinterließen sie ein abgeschliffenes von Moränen bedecktes Trog-Tal, wobei die ausschürfende Wirkung zum Ende des Gletschers erheblich abnimmt. Ganz allmählich hat sich dann im Laufe von tausenden von Jahren dieses U-förmige Tal durch die natürliche Sukzession in ein dichtes, geschlossenes Waldgebiet gewandelt, das sich lange der menschlichen Besiedlung entzog.
Der Maler und Architekt Alfred Siekiersky (1911–1991) gehört zu den zahlreichen Absolventen der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe, die sich später einem Brotberuf zuwandten, die aber jede freie Minute für die künstlerische Tätigkeit nutzten. Bis zu seinem Tod 1991 entstand eine Vielzahl an Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Pastellen. Die Arbeiten Alfred Siekierskys sind geprägt von einer gleichwohl gegenstandsbezogenen wie abstrahierten Formensprache, die Strukturen großzügig zusammenfasst. Seine Gemälde zeigen ein sicheres Gespür für Komposition und einen feinen Sinn für Farbwerte und ihre nuancenreiche Abmischung.
Das Land am Rand, am Rhein
(2012)
Baden ist, wer wüsste es nicht, ein Land, das am Rand liegt: es ist "der westlichste Westen Deutschlands" und selber "ganz nach Westen gewendet". Und hier, eben im Westen, fließt der Rhein, der es von der Schweiz, von Frankreich und schließlich noch von der deutschen Pfalz trennt. "Das Badische ist in den Rhein gefaßt", und die Kurve, die es beschreibt, "macht das Badische vollends zu einer natürlichen Einheit".
Die Wiederherstellung Badens und die Bildung eines Südweststaats sind Projekte der Besatzungszeit. Sie nahmen Gestalt an, als die Westmächte im 1948 "ihren" Ministerpräsidenten die Aufgabe stellten, die für Besatzungszwecke
zusammengeschusterten Ländchen in Länder zu verwandeln, die geeignet wären, dem geplanten Weststaat, also der späteren Bundesrepublik, ein nützlicher Unterbau zu sein. Weil sie dabei Rufer in der Wüste waren, regten sie an, eine entsprechende nachholende Möglichkeit im Grundgesetz vorzusehen. Daraus wurde Art. 29 GG. Ein weiteres Fenster öffneten württembergische Vertreter im Parlamentarischen Rat: Artikel 118 GG sollte – unabhängig von Art. 29 GG und unter der Voraussetzung, dass die Hohen Kommissare es erlaubten – zu einer vorgezogenen, auf den Südwesten beschränkten Neugliederung führen können.
50 Jahre wurde die Heimatbuchreihe des Landkreises Rastatt im letzten Jahr nun alt oder jung, je nachdem von welchem Standpunkt aus man dies betrachtet. "Alt", weil diese schon fast ein Menschenleben umfassende Zeitspanne doch außergewöhnlich lang ist. "Jung" weil das Heimatbuch immer wieder sein Erscheinungsbild gewandelt und sein inhaltliches Konzept geändert hat. Gefeiert hat der Landkreis dies anlässlich der Heimattage Baden-Württemberg bei einer Buchvorstellung im Mai 2011 im Friedrichsbau der Stadt Bühl. War das Heimatbuch zu Beginn seiner Existenz ein Band, der sich zunächst sehr umfänglich mit der Geschichte unseres mittelbadischen Raumes beschäftigt hat, so hat sich
dies über die fünf Jahrzehnte seiner Existenz hinweg bis heute gewaltig geändert.
Ernst Krieck
(2012)
Am 19. März 2012 jährte sich zum fünfundsechzigsten Mal der Todestag des Pädagogen Ernst Krieck. Der Ort seines Ablebens war durch die Rolle bedingt, die er als führender Ideologe des nationalsozialistischen Regimes gespielt hatte. Krieck starb im amerikanischen Internierungslager Moosburg an der Isar, wo er auf den Abschluss seines Entnazifizierungsverfahrens wartete.
Wer immer sich mit "badischer Geschichte" befasst, der wird für sich selbst und für seine Leser klären müssen, welchen Raum er zu beschreiben gedenkt. Zahlreiche Autoren haben
diese Aufgabe auf recht verschiedene Weise gelöst. Vor allem waren es historische Jubiläen, die den Anlass dafür boten, sich mit "Baden" zu beschäftigen, so wie dies in den Jahren 2002 und 2006 der Fall war, als man der 200. Wiederkehr der Schaffung des Kurfürstentums und des Großherzogtums Baden gedachte – wie übrigens auch des Nachbarlandes Württemberg, das wie Baden zum Kurstaat und danach zum Königreich erhoben wurde. Zum ersten Großherzog wurde der
bisherige Markgraf Karl Friedrich von Baden, dessen 200. Todestag im Jahr 2011 wiederum den Anlass zu einem Jubiläum bot, das den Gründer des modernen Baden feierte. Diese Daten markieren denn auch den tiefgreifendsten Einschnitt, den es in der neuzeitlichen Geschichte des deutschen Südwestens und auf der Landkarte der deutschen Länder gegeben hat. Erst seit diesem Zeitpunkt gibt es das
Land Baden in jenen von nun an festliegenden Grenzen, die alle politischen Veränderungen bis zum 2. Weltkrieg überdauert haben,
Das Badische Landesmuseum
(2012)
Im Jubiläumsjahr 2012 gibt die Große Landesausstellung "Baden! 900 Jahre. Geschichten eines Landes" zum ersten Mal überhaupt einen umfassenden Überblick über neun Jahrhunderte badischer Landesgeschichte, von den Anfängen im Mittelalter bis zur Frage, was Baden heute noch ist. Dafür wurden aus dem ganzen Land und aus den angrenzenden Regionen Objekte zusammen getragen, von denen viele normalerweise nicht zu sehen sind, weil sie entweder in Magazinen von Archiven oder Depots von Museen lagern oder sich sogar in Privatbesitz befinden. Nicht zuletzt das Haus Baden selbst hat das Ausstellungsprojekt durch Leihgaben unterstützt. Somit ersetzt diese Landesausstellung eine Reise durch ganz Baden, bei der man aber immer noch nicht alles zu sehen bekommen würde, was hier gezeigt wird.
Die heutige Literarische Gesellschaft e. V. wurde am 13. September 1924 im Heidelberger Gasthaus "Zum Ritter" unter dem Namen "Deutscher Scheffelbund e. V." gegründet. Zur Gründungsfeier hatte Eck Freiherr von Reischach-Scheffel, der Ehemann von Scheffels Enkelin Margaretha von Reischach-Scheffel, geladen. Zum Vorsitzenden wählte man den renommierten Heidelberger Germanisten und Universitätsprofessor Friedrich Panzer. In seiner Satzung machte es sich der Scheffelbund zum Ziel, ein deutsches Scheffelmuseum und Archiv einzurichten, ein Jahrbuch herauszugeben sowie die Hohentwiel-Festspiele ideell und möglichst auch materiell zu unterstützen und bei denen junge, aufstrebende Talente die Aufführung ihrer Werke realisieren konnten.
Friedrich Keim 1852–1923
(2012)
In einem Besichtigungsbericht des badischen Oberschulrats über das Karlsruher Mädchengymnasium und dessen Leiter vom Dezember
1907 heißt es: Direktor Keim, der daneben einer übergroßen Höheren Mädchenschule mit 743 Schülerinnen vorsteht, hat "ein väterlichfreundliches Herz, ohne patriarchalische und pastorale Allüren, echt männlich, wissenschaftlich, ernst. Lehrer und Lehrerinnen sehen in ihm das vollendete Muster und Vorbild. Seine Erziehungsgrundsätze bringt er mehr durch sein Beispiel, als durch Vorschriften zu allgemeiner Anerkennung. Jeder Individualität gönnt er ihre Rolle … Auch den Schülerinnen wird viel Freiheit gegönnt. Sie dürfen z. B. Wahlsprüche, in Holz gebrannt, in die Klassenzimmer hängen, wobei der Humor sein Recht bekommt. In einer Klasse hing z. B. der Spruch "Stelle dich nicht dümmer an als du bist".
Mit der Wahl seines ersten Ministerpräsidenten Reinhold Maier (FDP/DVP) an der Spitze einer kleinen Koalition mit SPD und GB/BHE
wurde das Land Baden-Württemberg am 25. April 1952 gegründet. Seither sind diesem ersten Regierungschef des noch immer jüngsten
deutschen Bundeslandes acht Männer – bis auf den gegenwärtigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann alle aus der CDU – im
Amt gefolgt. Von den somit neun Herren der Stuttgarter Villa Reitzenstein, dem Amtssitz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten, kam nur ein einziger – Hans Karl Filbinger – aus Baden, derweil die übrigen acht aus dem württembergischen Landesteil stammten.
Der 16. Mai 1933 muss als einer der Tiefpunkte der badischen Geschichte angesehen werden. An diesem Tag wurden sieben Karlsruher
SPD-Funktionäre auf einer öffentlichen Schaufahrt vom grölenden nationalsozialistischen Mob verhöhnt und anschließend ins Konzentrationslager Kislau deportiert. Unter den Opfern dieser nationalsozialistischen Inszenierung befanden sich u. a. der ehemalige
badische Innenminister Adam Remmele sowie der ehemalige Justizminister und Staatsrat Ludwig Marum. Beide Männer hatten wesentlichen Anteil an der Formierung und Konsolidierung der ersten deutschen Demokratie in Baden und waren stets als konsequente Gegner des rechten wie linken Radikalismus hervorgetreten.