Die 100 zuletzt veröffentlichten Dokumente
Von Ostpreußen ins Ried
(2005)
Die gewaltsame Vertreibung von Menschen aus einer vertrauten Lebenswelt, die ihnen Identität gibt und die sie über Generationen hinweg als Heimat betrachten, ist ein Verbrechen und wird stets ein Verbrechen bleiben - egal wie die Gründe und Beweggründe dafür auch immer sein mögen. Die Massenvertreibung als systematisch angewandtes Instrument zur Durchsetzung kriegerischer und politischer Ziele ist jedoch eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Hierbei hatte Hitlerdeutschland einen großen Anteil. Denn als mit dem Einbruch sowjetischer Armeen in die deutschen Ostgebiete die Geißel des Zweiten Weltkrieges auf Deutschland zurückschwang, traf sie das Volk, in dessen Namen der Krieg entfesselt worden war. 14 Millionen Frauen, Kinder und alte Mensehen wurden Opfer von Flucht, Verschleppung und Vertreibung. Für sie ging es im Winter 1944/45 ums nackte überleben. Wer in Ostpreußen und Pommern brennende Heimat hinter sich ließ, hoffte, die Hafenstädte Swinemünde, Danzig oder Pillau lebend zu erreichen. Wer das Glück hatte, auf eines der übervollen Schiffe zu gelangen, glaubte sich gerettet. Doch der Leidensweg war damit noch lange nicht zu Ende.
Während des "Dritten Reiches" wurden mehr als 300 Jüdinnen und Juden aus den einstigen jüdischen Gemeinden in den Dörfern und Städten der südlichen Ortenau umgebracht. Sehr viele weitere wurden verschleppt, vertrieben oder in die Emigration gezwungen. Annähernd die Hälfte der Opfer stammte aus den jüdischen Landgemeinden Altdorf, Diersburg, Durbach, Friesenheim, Kippenheim, Nonnenweier, Rust und Schmieheim, die bis zu ihrer Zerschlagung eine fast 250-jährige Geschichte aufzuweisen hatten. Die vollständige Zerstörung der jüdischen Gemeinden der Region hatte unter anderem zur Folge, dass sich nur noch wenige Dokumente privaten Charakters aus jüdischem Besitz erhalten haben, die für die Forschung zur Geschichte des Landjudentums als historische Quellen herangezogen werden können. Die plötzlich erfolgte Deportation der meisten jüdischen Einwohner/innen im Oktober 1940 brachte mit sich, dass viele Familiendokumente zurückgelassen werden mussten, die danach zerstört oder in alle Winde verstreut wurden. Auf diesem Hintergrund wird man insbesondere die Überlieferung fotografischer Quellen zum Ortenauer Landjudentum in jedem Einzelfall als Besonderheit bezeichnen können, handelt es sich bei Fotografien doch um das Erinnerungsmedium schlechthin. Eine diesbezügliche Bestandsaufnahme fällt hier für jedes der früheren Ortenauer "Judendörfer" verschieden aus. Einen außergewöhnlichen Quellenfund konnte man in Diersburg vermelden, wo unlängst zwei erhalten geliehene Fotoalben der Familie Bruchsaler bekannt wurden.
Im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland drei Auswanderungswellen. Die erste große Übersee-Auswanderung fand in den Jahren von 1846 bis 1857 statt, die zweite von 1864 bis 1873 und die dritte von 1880 bis 1893. Wie bereits zur Zeit der ersten beiden Auswanderungswellen waren auch während der dritten die Vereinigten Staaten von Amerika das Hauptziel der Auswanderer. In Baden sind in den Jahren zwischen 1810 und 1900 rund 500.000 Menschen nach den USA ausgewandert. Umgekehrt sind in den Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert etwa 5 Millionen Deutsche aufgenommen worden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass heute allein 60 Millionen Amerikaner deutscher Abstammung sind. Dies ist rund ein Fünftel aller US-Bürger, nach den Engländern und noch vor den Iren die zweitgrößte ethnische Gruppe in den Vereinigten Staaten. Zu der gewaltigen Auswanderungsbewegung im 19. Jahrhundert trug auch das obere Schuttertal einen im Verhältnis zur Einwohnerzahl beachtlichen Anteil bei. Nicht weniger als rund dreißig Prozent der Bevölkerung von Schuttertal, Dörlinbach und Schweighausen (circa 900 Personen) haben ihre Heimat verlassen, um sich in Nordamerika eine neue Existenz aufzubauen. Welche Ursachen haben nun dazu geführt, dass so viele Schuttertäler ihre Zukunft jenseits des Atlantiks suchten?
Fremde kommen ins Land
(2005)
Als die Römer im Jahr 15 v. Chr. über die Alpen nach Süddeutschland vorstießen, trafen sie eine nur sehr dünn, weitgehend sogar gänzlich unbesiedelte Landschaft an. Von der einst hier blühenden keltischen Zivilisation, die mit großen befestigten Städten (lat. oppida) sowie mit ländlichen Einzelgehöften das Siedlungsbild geprägt hatte, fanden die römischen Soldaten nur noch geringe Überreste vor. Auch das Gebiet der heutigen Ortenau war damals, wie archäologische Forschungen zeigen, nahezu menschenleer. Warum es im Verlauf des 1. Jhs. v. Chr. zu einer massiven Siedlungsausdünnung, ja sogar zur Verödung ganzer Landstriche gekommen war, ist vorläufig noch unbekannt. Mit der Ankunft der römischen Truppen änderte sich jedenfalls das Siedlungsbild im gesamten südwestdeutschen Raum grundlegend: Im Umfeld der Militäranlagen entstanden rasch die ersten zivilen Ansiedlungen und schon bald prägten Städte, Dörfer - und vor allem Tausende von römischen Gutshöfen (lat. villae rusticae) - das landschaftliche Erscheinungsbild. Die schnelle Erschließung und Aufsiedlung des Landes war nur durch eine gewaltige Einwanderungswelle fremder Siedler möglich, von denen offenbar eine größere Anzahl aus Gallien, dem heutigen Frankreich, stammte. Dies überliefert zumindest der römische Geschichtsschreiber Tacitus in seinem berühmten Werk "Germania", wobei er zugleich anmerkt, dass die Neuankömmlinge damals nicht den allerbesten Ruf besassen: die gallischen Einwanderer seien nämlich, so Tacitus, äußerst abenteuerlustige Menschen gewesen, die, von wirtschaftlicher Not angetrieben, den Boden unter recht zweifelhaften Umständen in Besitz genommen hätten. Doch welche Zeugnisse besitzen wir tatsächlich über die geographische Herkunft der ersten römischen Siedler in der Ortenau?
Um 1985 hat das Ausländer- und Staatsangehörigkeitsamt des Ortenaukreises ca. 3.000 ältere Verfahrensakten an das Kreisarchiv Ortenaukreis abgegeben. Die Akten wurden vorwiegend zwischen 1870 und 1939 von den Landratsämtern Lahr und Offenburg geführt und nach der Kreisreform vom Ortenaukreis übernommen. Inhaltlich behandeln sie Vorgänge über die Verleihung (Einbürgerung) bzw. die Aufhebung (Ausbürgerung) der badischen Staatsangehörigkeit. Die Akten sind badisch geheftet und wurden alphabetisch nach den Nachnamen abgelegt. Eine formelle Unterscheidung zwischen Aus- oder Einwandererakten wurde von den Behörden damals nicht vorgenommen. Den größten Teil des Bestands machen die Einzelfallakten über die Aufnahme in den badischen Staatsverband aus. Ein geringerer Teil behandelt auch die Entlassung im Rahmen von Auswanderungen. Daneben bestehen mehrere Sammelakten über die Ausstellung von Heimatscheinen in den Gemeinden der früheren Landkreise Lahr und Offenburg, die für einen Aufenthalt im Ausland bzw. für die dortige Einbürgerung benötigt wurden. Die Akten lagerten zunächst mehrere Jahre unbeachtet in den Archivmagazinen. Erst im Laufe des Jahres 2003 wurden sie im Rahmen eines Verzeichnungsprojektes erschlossen und damit der historischen Forschung zugänglich gemacht. Bereits bei der ersten Sichtung des Archivbestandes wurde dessen bleibender Wert festgestellt. Die historische Bedeutung der Einwandererfälle steht den Auswandererschicksalen in nichts nach. Während die Auswanderer im Ausland ihr Glück versuchten, so haben umgekehrt auch die Einwanderer bei uns ein neues Leben begonnen. Sie haben hier sich beruflich und mitunter auch gesellschaftlich engagiert. Ihre Nachkommen leben heute unter uns und belegen die Integration von Immigranten innerhalb eines Gemeinwesens. Die Einbürgerungsakten enthalten dabei wichtige Informationen über Herkunft, Beruf, Alter und familiäre Verhältnisse dieser Neubürger. Familienforscher können anhand der Einwandererakten die Herkunft bzw. den Weg einer Familie nachvollziehen. Heimatforscher können außerdem die Zuwanderung in den Orten und den Einfluss der Neubürger auf die Entwicklung unserer Städte und Gemeinden untersuchen. Dadurch werden die Staatsangehörigkeitsakten zu wichtigen Quellen zur Orts- und Sozialgeschichte. Der folgende Aufsatz wird dies an Beispielen erläutern und zugleich das Einbürgerungsverfahren beschreiben, wie es vor allem im Kaiserreich und in der Weimarer Republik üblich war.
Migration ist in der Regel ein Moment, das viele entweder mit Auswanderung oder mit der Einwanderung von Ausländern verbinden. Es scheint dementsprechend mit der klassischen Regional- oder Lokalgeschichte nur wenig zu tun zu haben. In zahlreichen Lokalgeschichten taucht es nur am Rande auf, und zwar in der Regel dann, wenn es emotional besetzt ist. Hierzu gehört die Auswanderung im 19. Jahrhundert, besonders nach 1849 oder die Einwanderung und Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen nach 1945. Systematische und konkrete Untersuchungen der Wanderungsgeschichte von Städten - angefangen von Zuwanderung in Mittelalter und früher Neuzeit bis hin zu den Gastarbeitern der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts - gibt es weniger und wenn, dann als Spezialuntersuchung, nicht jedoch als selbstverständlichen Bestandteil jeder Stadt- und Ortsgeschichte. Ein wesentlicher Grund dafür scheint bereits der konzeptionelle und mentale Ansatz der sogenannten Heimatgeschichte zu sein. Denn der Grundgedanke der Heimatgeschichte ist die Immobilität. Dies lässt sich schon an der Zentralmetapher des Heimatgedankens zeigen: die Wurzel. Kein Bild, keine Metapher wird so oft bemüht, wenn es um Heimat geht, wie die der Wurzel. Die Entwurzelten, das sind die Heimatlosen, doch die, die fest im Boden der Heimat verwurzelt sind, dort wachsen und gedeihen, das seien die eigentlichen Träger des Gedeihens einer Landschaft, einer Region, eines Ortes.
Seit Jahren leiden die großen christlichen Kirchen unter einem starken Rückgang ihrer Mitgliederzahlen. Die Daten hierzu sind beachtlich. Im Jahre 2021 verließen in Deutschland etwa 360.000 Katholiken und etwa 280.000 Protestanten ihre Kirche. Die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland berichtete am 22. Juni 2022 und nannte es eine historische Zäsur, dass erstmals in der Geschichte der Kirche in Deutschland die Mehrheit der Bevölkerung kein Kirchenmitglied mehr sei. In einer Umfrage von YouGov vom 22. bis 24. März 2021 benannten die Befragten als Hauptgründe für ihren Austritt Kirchensteuer, Missbrauchsvorwürfe, kirchliche Moralvorstellungen und Entfremdung von der Kirche. Diese Entwicklung und ihre Auswirkungen sind bis in die einzelnen Seelsorgeeinheiten und Kirchengemeinden und auch gerade dort zu spüren. Kirchengebäude werden zu groß oder überhaupt nicht mehr gebraucht und aufgegeben. Ihre Unterhaltung wird zur drückenden Belastung der Kirchengemeinde, und notwendige größere Sanierungsmaßnahmen können kaum mehr getragen werden. So scheint es auch in den Kirchengemeinden in Ichenheim zu liegen. Seit einiger Zeit wurden und werden zwischen der Katholischen und der Evangelischen Kirchengemeinde Gespräche geführt. Ihr Hauptziel: die katholische Kirche St. Nikolaus künftig - wieder - als Simultankirche durch beide Konfessionen zu nutzen. Aus dem Gebäude der evangelischen Kirche soll im Gegenzug ein gemeinsames Gemeindezentrum entstehen.
Friesenheim feiert im Jahr 2022 mit seinen fünf Ortschaften Friesenheim, Heiligenzell, Oberschopfheim, Oberweier und Schuttern seinen fünfzigsten Geburtstag. Eigentlich kein Alter für eine Gemeinde. Alle Ortschaften können natürlich auf eine lange historische Vergangenheit zurückblicken. Der Ortsteil Schuttern geht bereits auf das Jahr 603 zurück. Ein Mönch Offo soll der Sage nach das Kloster Schuttern gegründet haben. Für den Ortsteil Oberschopfheim gibt es eine urkundliche Ersterwähnung für das Jahr 762, leider kann die Echtheit dieser Urkunde nicht nachgeprüft werden. Für die Orte Friesenheim und Heiligenzell gibt es eine Ersterwähnung für das Jahr 1016. Beide Ortschaften wurden durch Kaiser Heinrich II. dem Bistum Bamberg geschenkt. Eine urkundliche Ersterwähnung für die Ortschaft Oberweier gibt es für das Jahr 1064; leider wird dieses Datum auch angezweifelt.
Karl Zuber (1830-1911)
(2023)
Venedig, diese faszinierende Stadt am Adriatischen Meer, die von allen Seiten vorn Wasser umgeben ist, war seit langen Zeiten Anziehungspunkt tüchtiger Menschen aus dem Bereich nördlich der Alpen. Bis in das 13. Jahrhundert und noch früher sind Spuren von Menschen feststellbar, die schon bald eine „deutsche Gemeinde“ bildeten. Sie integrierten sich in das Leben der Stadt und wurden so ein wichtiger Bestandteil des international geprägten Gemeinwesens. Dies ist bis auf den heutigen Tag so geblieben. Zunächst waren es Kaufleute, die sich für kürzere oder auch manchmal längere Zeit dort aufhielten, um ihre Geschäfte abzuwickeln. Es folgten Handwerker, die sich in Bruderschaften zusammenschlossen, und Dienstleistungspersonal. Sogar aus deutschsprachigen Regionen stammende Glasbläser ließen sich noch im 19. Jahrhundert in Venedig nieder, um in den Betrieben auf der Insel Murano ihre Existenzen zu sichern. Auch kam es in dieser Zeit zu mehreren Firmengründungen deutschsprachiger Unternehmer. Es waren Einzelpersonen, aber auch ganze Familien, die sich auf den Weg in diese Stadt der Sehnsüchte machten. Mitte des 19. Jahrhunderts war Venedig verhältnismäßig leicht erreichbar, da es schon die ersten Eisenbahnverbindungen in der damals so noch nicht existierenden Nation Italien gab. Die wichtige Bahnstrecke von Mailand nach Venedig wurde am 11. Januar 1846 mit der Errichtung der Lagunenbrücke „Ponte della Liberta“ durch eine habsburgische Eisenbahngesellschaft fertiggestellt. So war es für Karl Zuber, als er sich Mitte der 1850er-Jahre dorthin aufmachte, kein größeres Problem, die Stadt an der Lagune zu erreichen.
Das Stadtarchiv Lahr verfügt über eine ganze Reihe sehr dichter Quellen aus der Zeit um 1700. Dazu gehören zum Beispiel Gemeinderatsprotokolle oder umfangreiche Güterverzeichnisse. Im Mittelpunkt dieses Artikels stehen die sogenannten Contractprotokolle. Sie wurden von der Autorin gesichtet und tabellarisch zusammengefasst. Hier sollen sie beschrieben und erläutert werden.
Öffentliche Bäder sind im Gespräch. In den letzten Jahren gerieten Bäder immer wieder in unterschiedlichem Kontext in die Schlagzeilen. Mal waren es Ausschreitungen wie in Kehl im Jahre 2019 oder die Debatte, ob Frauen auf die Oberteile ihres Bikinis verzichten dürfen, wie in Freiburg. In Lahr wurde darüber diskutiert, ob bei den Verlustgeschäften der Bäder sie nicht besser privatisiert oder gar ganz geschlossen werden sollen. Bäder bieten also Räume für soziale Auseinandersetzungen und sind Ausgangspunkt vieler Debatten. Dennoch, der Gedanke an ein Bad löst andere Assoziationen aus: Die einen denken an Körperhygiene, Planschen, so manch andere ans Schwimmen, um sich fit zu halten bis zum erbitterten Wettkampf der Olympioniken. Als die Lahrer Zeitung im Sommer 1952 Ein Bad! Ein Königreich für ein Bad! mit den Worten Richards III, die ihm einst William Shakespeare in den Mund legte, stöhnte, dachte sie wohl an das Abkühlen im Badewasser an einem Sommertag. Lahr hatte zu diesem Zeitpunkt kein modernes Freibad, im Gegensatz zu Ettenheim, Offenburg, Emmendingen oder Freiburg. Die Lahrer Bevölkerung - oder wenigstens ein Teil - sehnte sich danach, wie der Artikel der Lahrer Zeitung 1952 nahelegte. Lahr hatte also auch in den 50er-Jahren eine öffentliche Baddebatte, ihr Produkt war das 1957 eröffnete Terrassenbad.
Der Dorfschmied in Schuttern
(2023)
Der Schmied ist einer der ältesten Berufe der Menschheitsgeschichte. Er wurde vor allem als Waffen-, Werkzeug- und Gerätehersteller geschätzt und gesucht. Im ländlichen Raum war der Schmied bis ins späte 20. Jahrhundert ein unverzichtbarer Handwerker mit breitem Spektrum - zum Beispiel als Beschlagschmied für Wagen und Ackergeräte, als Hufschmied, Kunstschmied, Schlosser und Werkzeughersteller. Das Schmiedehandwerk lebt neben der guten Ausbildung vor allem von der eigenen Praxis. Das ist seit Beginn der Eisenherstellung vor etwa 2800 Jahren so geblieben. In früheren Zeiten war, was den Einsatz von Gebrauchsgegenständen ebenso wie Waffen und unterschiedlichen Werkzeugen angeht, die Bedeutung der Haltbarkeit und Zuverlässigkeit viel größer als heute.
was bleibt
(2023)
Die Erinnerung an meine Kindheit auf dem Dorf malt Bilder voller Ruhe, vom Spielen in der Natur, beschaulich und friedlich. Und dann von Panzern, die in Kolonnen durch den Ort und den Berg hinauf dröhnen, vom krachenden, im Tal wiederhallenden Donnern überfliegender Kampfflugzeuge, vom wiederkehrenden Schreck und dem beunruhigenden Gefühl über die militärische Präsenz. Ich bin 1985 geboren und in Ettenheimmünster aufgewachsen. Dass meine Geburtsstadt Lahr da bereits fast 90 Jahre von verschiedenen Garnisonen geprägt und gezeichnet wurde, die kanadischen NATO-Truppen schon seit bald 20 Jahren hier stationiert waren und noch neun weitere Jahre bleiben sollten und was das für die Menschen und die Region bis heute bedeutet, würde ich mir erst viel später bewusst machen.
Die Böcklin waren rund fünf Jahrhunderte Ortsherren in Rust, ursprünglich Bürger der Stadt Straßburg und höchst wahrscheinlich nicht-adeliger Herkunft. Ihr Aufstieg in den gesellschaftlich höheren Stand bahnte sich im 14. Jahrhundert mit der Übernahme von adeligen Lehen und mit der Anerkennung als Edelknechte an und vollendete sich im 15. Jahrhundert mit der Erlangung des Ritterschlags sowie der Anerkennung der Turnierfähigkeit der Familie 1485. Seit dem 16. Jahrhundert gehörte sie zur Reichsritterschaft. Wesentlich gefördert wurde der Aufstieg der Böcklin in der ständisch gegliederten Gesellschaft durch ihre Eheverbindungen mit dem adeligen Patriziat der Reichsstadt Straßburg und dem elsässischen Adel. Seit 1266 sind sie als Hausgenossen, das heißt als Mitglieder der mit dem Münz- und Wechselmonopol der Bischöfe von Straßburg betrauten Genossenschaft belegt und gehörten damit zur wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Oberschicht der Reichsstadt Straßburg. Sie hatten hier nicht nur - ungeachtet ihrer anderen Residenzen beiderseits des Rheins - bis zum Ende des 18 . Jahrhunderts einen ihrer Hauptwohnsitze, sondern übernahmen auch seit 1450 insgesamt 109 mal das Amt des Stettmeisters, dem als Vertreter des Straßburger Stadtadels im Mittelalter die vornehmste Rolle zukam, seit dem 16. Jahrhundert aber fast nur noch Repräsentationspflichten oblagen und Ehrenrechte zustanden.
Michael Goldau
(2023)
In der Zeitschrift Readers Digest gab es lange Zeit die Rubrik „Menschen, die man nicht vergisst“. Immer wenn ich diese Aufsätze gelesen habe, habe ich mich gefragt, wer wohl zu den Menschen gehört, die ich nicht vergessen werde. Michael Goldau ist so ein Mensch. Er hat bis zu seinem plötzlichen und unerwarteten Tod im März 2015 sämtliche Artikel die von mir im Jahrbuch „Geroldsecker Land“ veröffentlicht wurden konstruktiv und kritisch begleitet.
Die Rinderzucht im Ried
(2023)
Die bäuerliche Landwirtschaft ist der älteste Beruf in der Geschichte der Menschheit, der sich aus dem urzeitlichen Hirtentum entwickelt hat. Nach wie vor ist es die Aufgabe des Landwirts, die Menschen mit Lebensmitteln oder mit Rohstoffen für die Lebensmittelproduktion zu versorgen. Durch Funde wurde belegt, dass das älteste aller landwirtschaftlichen Nutztiere die Kuh ist. Sie stammt von dem in historischer Zeit ausgestorbenen Auerochsen ab, der zusammen mit dem Wisent seit der letzten Eiszeit in Europa verbreitet war. Wie Knochenfunde belegen, waren die Rinder kleinwüchsig und in ihrem Körperbau dem europäischen Steppenrind ähnlich. Bis heute sind die von diesen domestizierten Tieren gelieferten Milch- und Fleischprodukte essenzielle, für viele Menschen gar unentbehrliche und existenzwichtige Lebensmittel. Selbst das Fell und die Knochen werden industriell verarbeitet.
Ernst Feist
(2023)
Eine bemerkenswerte Lebensgeschichte, eng mit Lahr verbunden und doch etwas in Vergessenheit geraten... Es war 1919, eine Zeit der Depression und Unruhe in Deutschland nach dem verlorenen Krieg, als durch den Versailler Vertrag das Elsass wieder französisch wurde. Dies hatte vielfältige Auswirkungen, so auch auf die Elsässische Tabakmanufaktur in Straßburg. Josef Feist und sein Sohn Ernst verloren quasi über Nacht einen Teil ihrer wirtschaftlichen Grundlage der Zigarettenfabrik und den deutschen Markt, denn in Frankreich galt nun wieder das staatliche Tabakmonopol. So machte sich der Sohn Ernst Feist auf die Suche nach einem Standort auf deutschem Boden und wurde in Lahr mit der nun leerstehenden Kaserne fündig. Er gründete die „Badische Tabakmanufaktur“ und nahm die Marke „Roth-Händle“ gleich mit. Ernst Feist blieb mit seiner Frau in Straßburg wohnen, auch als 1933 die Tochter Laura geboren wurde. Sein Fahrer Emil holte ihn jeden Morgen mit dem schwarzen „Adler“ in Straßburg ab und fuhr ihn abends wieder nach Hause, sofern der bei den Mitarbeitern hoch angesehene und beliebte Direktor nicht in der Wohnung auf dem Gelände der Fabrik nächtigte.
Seit 1972, also seit fünfzig Jahren, erklingt in der Kuhbacher Pfarrkirche eine Orgel, die mehr als hundert Jahre älter ist als die 1908 erbaute Kirche. Erbaut 1794 vom Rastatter Orgelbauer Ferdinand Stieffell für die evangelische Kirche in Liedolsheim (heute Teilort von Dettenheim, Kreis Karlsruhe), wurde sie dort Mitte der 1960er Jahre abgebaut, weil sie nicht mehr instandgesetzt werden konnte, heißt es in der Festschrift zum 250-jährigen Bestehen der Kirche 1987. Warum konnten die Kuhbacher die Orgel restaurieren und die Liedolsheimer nicht? Und wie kam die Orgel überhaupt nach Kuhbach, noch dazu in eine katholische Kirche? Das versucht dieser Beitrag nachzuvollziehen, dessen Informationen vor allem auf Zeitzeugenerzählungen, Zeitungsberichte und Unterlagen der Kirchengemeinde zurückgehen.
Vor 200 Jahren, 1822, tat Brasilien seinen entscheidenden Schritt in die Unabhängigkeit von Portugal. Im gleichen Jahr machten sich 85 Menschen aus Lahr und Umgebung auf den Weg nach Brasilien, auf der Suche nach einer besseren Zukunft in einer neuen Heimat. Ziel war das Landgut Mandioca in der Nähe von Rio de Janeiro, das zu einem landwirtschaftlichen Mustergut, einer „Wohlstandsinsel“ entwickelt werden sollte. Bedauerlicherweise konnten die Erwartungen aber nicht erfüllt werden. Angeführt wurde diese mutige Gruppe von Georg Heinrich von Langsdorff.
Am 25. Mai 1874 wurde in (Schwanau-)Nonnenweier der spätere Landtagsabgeordnete und Reichstagsabgeordnete, Rechtsanwalt Dr. jur. Ludwig Frank, geboren. Seine Eltern, der Vater Samuel Frank und die Mutter Fanny entstammten Rabbinerfamilien, und niemand ahnte damals, welch bedeutende Rolle der kleine Ludwig einmal in der deutschen und internationalen Sozialdemokratie spielen werde. Nach Schulzeit in Lahr und juristischem Studium in Freiburg leistete Ludwig Frank seinen Militärdienst in der Zeit vom vom 01. April 1894 bis zum 1. April 1895 als Einjährig-Freiwilliger beim Infanterie Regiment 113, ebenfalls in Freiburg, ab. So war es ihm möglich, auch während seiner Militärdienstzeit seine Studien fortzusetzen.
Kaum ist das Motiv auf dem originalen Papierabzug noch erkennbar. Der Zerfallsprozess des fotografischen Materials hat der Aufnahme bereits beträchtlich zugesetzt, es ist schwierig, die Einzelheiten des Bildes zu erkennen. Nur die Bearbeitungsmöglichkeiten der modernen digitalen Computertechnik lassen uns den Inhalt der Fotografie eindeutiger erkennen: Ein schon alter Mann mit langem weißem Bart sitzt auf dem großen Treppenaufgang seines Wohnhauses in Diersburg. Das Bild strahlt eine gewisse Ruhe aus. Der alte Mann ist in schlichtes Schwarz und Weiß gekleidet, trägt eine Mütze auf dem Kopf, die Kleidung wirkt festlich. In der Hand hält er eine lange Pfeife, die er zum Mund führt. Wir sehen eine Gestalt aus einer längst vergangenen Zeit. Das Bild zeigt den zum Zeitpunkt der Aufnahme hoch betagten jüdischen Bäckermeister Zadok Maier aus Diersburg. Die Fotografie (im Original: 14cm x 8,5cm) dürfte um die Jahrhundertwende, kurz davor oder kurz danach, aufgenommen worden sein, da Zadok Maier im Jahr 1910 gestorben ist. Es handelt sich demzufolge um die älteste bislang bekannte Fotografie eines Mitglieds der jüdischen Gemeinde Diersburg und gleichzeitig um eine der ältesten (möglicherweise sogar um die älteste) Personenfotografien jüdischer Bürger aus Ortenauer Landgemeinden überhaupt. Die bislang bekannte fotografische Überlieferung aus den Ortenauer Judendörfern beginnt, was Personenfotos anbelangt, mit wenigen vereinzelten Quellen im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, es folgen dann verschiedene Fotos aus den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Eine umfangreichere fotografische Überlieferung aus den jüdischen Landgemeinden der Ortenau setzt erst mit den Bildern von jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs ein, in dessen Verlauf sich die Fotoproduktion offenbar steigerte.
Hofmühlen im Schuttertal
(2006)
Hofmühlen sind im Schuttertal selten geworden. Von den ehemals zahlreichen Bauernmühlen entlang der Schutter und entlang der Bachläufe in den Seitentälern stehen nur noch wenige. Die Landwirtschaft hat durch Rationalisierung, Technisierung und Umstrukturierung neue agrarstrukturelle Formen angenommen und die Wassermühlen überflüssig gemacht. Oft versteckt zwischen Sträuchern, Erlen, Weiden und Eschen stehen bzw. standen die Mühlen abseits vom Hofgebäude, unterhalb des Spannweihers oder am Bach im Talgrund. Die gebündelte Kraft des im gestelzten Kähner lautlos dahinströmenden Wassers, das eigenartige Knarren des sich rasch drehenden Wasserrades oder das geräuschvolle, gleichmäßige Plätschern des ungenutzten Wassers im Radkasten hatte etwas Faszinierendes an sich. Nicht umsonst waren die Wassermühlen für die Menschen schon immer von guten und bösen Geistern bewohnt, von Sagen umwoben und in Liedern besungen. Selbst für die Maler und Dichter waren die Mühlen stets ein romantischer, märchenhafter, ja mystischer Ort, dessen Zauber sie in vielen Bilder, Gedichten und Balladen festgehalten haben.
Ilvesheim
(2024)
Der Ort Ilvesheim stand im frühen Mittelalter in enger Beziehung mit der Gründerfamilie des Klosters Lorsch. Er ging im 12. Jahrhundert an die Pfalzgrafschaft über, wird Sitz der Erligheim, die hier ein erstes Schloss errichten. Quellenstudien erlauben einen detaillierten Blick in die Verhältnisse im 17. Jahrhundert. Mit dem Übergang der Pfälzischen Kurwürde an das Haus Pfalz-Neuburg kommen die Herren von Hundheim in den Besitz des Orts und erweitern das Schloss.
Zur Geschichte des Instituts für Geographie und Geoökologie am Karlsruher Institut für Technologie
(2024)
Die Geschichte der Geographie wird wissenschaftlich auf verschiedene Arten geschrieben. Zum einen erzählen Geschichten von Institutionen wie Hochschulen und Berufsverbänden von verschiedenen Organisationsformen der Wissensproduktion. Zum anderen zeichnen biographische und autobiographische Beschreibungen Orte und Wege von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nach. Eine andere Form erzählt Geschichte entlang zentraler geographischer Ideen und Konzepte. Diese Formen von Chronologien und Disziplingeschichten werden in den vergangenen Jahren um Betrachtungsweisen erweitert, die auf den sozialen und relationalen Charakter von Wissensproduktion hinweisen. Dazu zählen Arbeiten, die sich wissenschaftlichen Netzwerken von Forschenden widmen, um zu verstehen „wie in der Geographie zusammengearbeitet wird“. Einen Schritt weiter gehen durch die Science and Technology Studies inspirierte Arbeiten, welche die soziale Konstitution von Wissen durch empirische Untersuchungen zu Praktiken seiner Produktion untersuchen. Hier wird deutlich, wie die Genealogie von Geographie von fachinternen und -externen Ideen, technologischen Entwicklungen und Apparaten, Mobilität und Austausch, Materialien und Institutionen, von Macht und Menschen beeinflusst wird. Ein besonderes Anliegen der Geschichtsschreibung der Geographie ist die Rolle von Orten und räumlichen Bezügen verschiedener Maßstabsebenen für wissenschaftliche Praktiken. Nach der herausragenden Arbeit zur Geographiehistorie in Deutschland von D. Schultz finden sich seit etwa 2000 wieder vermehrt Arbeiten zur Disziplingeschichte. Insbesondere U. Wardenga, Koordinatorin des Forschungsbereichs Historische Geographie am Institut für Länderkunde in Leipzig, und die Arbeitsgruppe um B. Michel in Halle treten mit historiographisch geschulten und politisch-kritischen Analysen hervor. „Institutsgeschichten“ stellen eine besondere Textform der Wissenschaftsgeschichte dar. Fokussiert auf die Zeitläufte einer einzelnen wissenschaftlichen Institution hat diese Form der historischen Beschreibung weniger die Aufgabe, zum wissenschaftlichen Diskurs beizutragen, als vielmehr eine kontextbezogene Darstellung lokaler Spezifika zu liefern, die zuerst der öffentlichen Außendarstellung dienen und
nebenbei Wirkungen in die beschriebene Institution entfalten können soll. Es braucht dazu unter anderem interessierte Adressatinnen und Adressaten, konkrete Anlässe, eine Plattform zur Veröffentlichung sowie Autorinnen und Autoren, die bereit sind, archivarisch zu arbeiten, verschiedenen Hinweisen nachzuspüren und wissenschaftsökonomisch weitgehend zweckfrei zu schreiben. Entsprechend bleiben historische Darstellungen einzelner geographischer Institute die Ausnahme. Ende 2022 stellen von den 63 auf der Seite des Verbands für Geographie an deutschsprachigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen geführten Instituten in Deutschland nur neun eine Geschichte auf ihren Webseiten dar. In meist wenigen Absätzen werden dabei in der Regel Daten zentraler Ereignisse wie die Gründung oder die Änderung von Organisationsstrukturen, Informationen zu mehr oder weniger herausragenden Personen und die inhaltlichen Schwerpunkte des Instituts referiert. Auch die vorliegende Darstellung versteht sich als eine „Institutsgeschichte“, die gleichwohl eine ausgedehntere, faktendichte Kontextualisierung geographischer Praktiken zum Ziel hat, die sich sensibel gegenüber den Ansätzen und Erkenntnissen der disziplinären Geschichtsschreibung zeigt.
Heute liefern Wettersatelliten, die in 36.000 Kilometer Höhe die Erde umkreisen, zuverlässige Wetterdaten. Das Wunderwerk der Technik heißt Meteosat-7 und Meteosat-8. Gesteuert und kontrolliert werden die Satelliten von der für Erdbeobachtung, Wetter, Klima- und Umweltschutz zuständigen europäischen Organisation Eumetsat in Darmstadt. Die Daten, die die Satelliten alle 15 Minuten zur Erde senden, fließen dann ein in die Prognosen vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Vor 60 Jahren, als das Wetter noch in Seelbach „gemacht“ wurde, war dagegen alles ganz anders. Erinnern wir uns! Am 1. März 1946 zog die letzte französische Besatzung von Seelbach ab. Die von der Besatzungsbehörde beschlagnahmten Zimmer und Wohnungen wurden freigegeben, jedoch gleich wieder belegt. Zum 1. April 1946 erfolgte nämlich die Verlegung einer deutschen Wetterwarte nach Seelbach. Die Kontrollmächte hatten beschlossen, in der amerikanischen, britischen, russischen und französischen Zone für die militärische und zivile Luftfahrt Wetterdienste einzurichten. Als „wetterbestimmende“ Zentrale für die französische Besatzungszone wurde Seelbach ausgewählt. Obwohl der Standort im Schuttertal aus Sicht der Meteorologen nicht ideal war, wurde das „Zentralamt des Deutschen Wetterdienstes in der französischen Besatzungszone“ in Seelbach etabliert und im ehemaligen Gasthaus „Zum Ochsen“, im Haus von Zigarrenfabrikant Otto Krämer am Klosterplatz untergebracht.
Vor- und frühgeschichtliche Siedlungsspuren im oberen Schuttertal - und eine rätselhafte Skulptur
(2006)
Lange Zeit waren die Lokal- und Regionalhistoriker der Meinung, dass das Schuttertal erst im 11. Jahrhundert erschlossen und besiedelt wurde. Sowohl kelto-romanische Flurnamen im oberen Schuttertal als auch die jüngsten Entdeckungen von möglicherweise vor- und frühgeschichtlichen Megalithanlagen und Kultstätten legen jedoch die Vermutung nahe, dass die Höhen des Schuttertals bereits lange vor der Zeitenwende besiedelt gewesen sein dürften. So werden die Ringanlagen auf dem Heubühl (534,6 m ü.d.M.), Gemarkung Dörlinbach, und die Viereckschanze auf dem Ringheidenbühl beim Streitberg (430 m ü.d.M.), Gemarkung Schweighausen, von den Forschern der regionalen Archäologie der spätkeltischen Zeit zugeordnet. Welche Bedeutung einem Mauerwerk mit den ungewöhnlichen Ausmaßen von 48 x 96 m und einer Mauerstärke von 80 cm im Dörlinbacher Wald, Gewann Schwiebing, beigemessen werden muss, ist noch offen. Die im Grundriss rechteckige Anlage mit sorgfältig gesetzten Steinen liegt ungewöhnlicherweise am Hang. Inmitten der ummauerten Fläche entspringt eine Quelle. Diese Quelle ist in dem quellarmen Sandsteinhang des Heubühls die einzige, die auch in trockenen Jahreszeiten Wasser führt.
Das Ausmaß, in dem die militärische Aufrüstung für den Zweiten Weltkrieg in das Landschaftsgefüge und in die natürliche Umwelt der südlichen Ortenau eingegriffen hat und welche Folgeschäden die Städte, Dörfer und Kommunen der Region durch die Truppenbewegungen der Wehrmacht zu tragen hatten, ist bislang nur unzureichend dokumentiert. Mit dieser Schnittstelle zwischen Umweltgeschichte und Militärgeschichte liegt ein noch kaum erforschtes Terrain der Ortenauer regionalgeschichtlichen Forschung vor. Da deren Fokus in den letzten Jahren überwiegend auf der Forschung zum Kriegsende lag, gibt es insbesondere zu den verschiedenen Bau- und Landschaftsarbeiten der Wehrmacht, die im Zusammenhang mit der umfangreichen Kriegsrüstung des nationalsozialistischen Staates im Vorfeld des Angriffs auf Polen 1939 sowie für den Westfeldzug im Frühjahr 1940 standen, wenig genaue Kenntnisse. Lediglich zu dem landschaftsverändernden Großprojekt der Erbauung des sogenannten Westwalls in den Jahren 1936 bis 1939 liegen vereinzelte Beschreibungen für den Bereich der Ortenau vor. Hier hat inzwischen eine intensive Diskussion über den gegenwärtigen Umgang mit den noch übrig gebliebenen sichtbaren Spuren dieses militärischen Bollwerkes eingesetzt. Der Bau des Westwalls wurde seit 1938 logistisch von der „Organisation Todt“ koordiniert, die die Arbeiten großen Baufirmen als Subunternehmen übertrug. Für den Westwall-Bau waren in großem Umfang Einheiten des Reichsarbeitsdienstes (RAD) sowie Kolonnen von Bauarbeitern hinzugezogen worden, deren Versorgung und Unterbringung die „Deutsche Arbeitsfront“ (DAF) übernommen hatte. Seit Kriegsbeginn waren dann in der Ortenau für weitere Aufrüstungsarbeiten Baueinheiten der Wehrmacht im Einsatz.
Caroline Mattmüller heißt die neue Breisgauer Weinprinzessin. Die junge Winzertochter wird den badischen Wein ab dem Herbst 2005 für die Dauer eines Jahres im In- und Ausland repräsentieren. Zur guten Gewohnheit gehört es jedoch auch, dass die Breisgauer Weinprinzessin es sich nicht nehmen lässt, alljährlich im Weinort Friesenheim das Bürgerfest zu eröffnen. Die NOVA mit Sternenbergmarkt kann im Jahr 2005 bereits auf eine 25jährige Tradition zurückblicken. Mit 15.346 Hektar Rebfläche ist Baden das drittgrößte von 13 Weinanbaugebieten in Deutschland. Unser Badner Land ist durch die südliche Lage "von der Sonne verwöhnt" und dadurch für den Weinbau prädestiniert. In den insgesamt neun badischen Weinanbaugebieten Badische Bergstraße, Kraichgau, Tauberfranken, Bodensee, Markgräflerland, Kaiserstuhl, Tuniberg, Breisgau und Ortenau wurden im Jahre 2003 insgesamt 1.069.740 hl Wein produziert. Der Mostertrag pro Hektar lag bei 69, 7 hl. Die größten Weinanbaugebiete finden sich in Südbaden; nach dem Anbaugebiet Kaiserstuhl und dem Markgräflerland folgen an dritter Stelle in Baden die Ortenau mit 2.647 ha und an vierter Stelle der Breisgau mit 1.643 ha Weinanbaufläche. Die Gemeinde Friesenheim gehört politisch und geographisch zum Ortenaukreis, weinbaumäßig besteht jedoch die Zugehörigkeit zum Breisgau; in die Zentralkellerei nach Breisach wird auch die größte Menge des Friesenheimer Weines abgeliefert. Die in Friesenheim beheimateten Winzergenossenschaften Friesenheim und Oberschopfheim sind im Bereich Breisgau die nördlichsten Winzergenossenschaften. Das Weinbaugebiet Breisgau bezieht sich auf das Anbaugebiet zwischen Freiburg und Lahr mit dem Glottertal und einigen Gemeinden des nordöstlichen Kaiserstuhls.
Auf den ersten Blick erscheint es fast überflüssig, sich mit dem Thema Offenhaltung auseinander zu setzen. Scheint es doch so, als ob sich alle einig seien. In der öffentlichen Diskussion sind eigentlich alle für die Offenhaltung der Landschaft. Der Erhalt unserer (Kultur-)Landschaft genießt Aufmerksamkeit. Dennoch muss bei allen Bekenntnissen zur Offenhaltung eine starke Macht am Werke sein, die den Wald wachsen lässt und vormals offene Flächen mit stetig wachsendem Wald bedeckt. Was geschieht also? Zunächst bedarf der Begriff "Offenhaltung" der Landschaft einer etwas genaueren Betrachtung. Er suggeriert nämlich etwas, was gar nicht gemeint ist. Offenhaltung klingt nach einer bewusst vorgenommenen Handlung, dem offen Halten der Landschaft. Es muss aber bei einer realistischen Betrachtung festgestellt werden, dass die Offenhaltung nicht etwas ist, das so und zum Selbstzweck durchgeführt wird, sondern sie ist lediglich das Abfallprodukt der landwirtschaftlichen Nutzung. Es mag Ausnahmen geben, die diese Regel bestätigen, aber: Niemand hält Fläche offen, damit diese offen bleibt, sondern Fläche bleibt offen, weil sie landwirtschaftlich genutzt wird. Hier beginnen auch schon die Probleme.
"Biodiversität" oder "Biologische Vielfalt" ist zu einem der Schlüsselbegriffe des Naturschutzes geworden. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich 1992, wie 181 andere Staaten auch, mit Unterzeichnung des "Übereinkommens über die Biologische Vielfalt" auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro völkerrechtlich verbindlich zu ihrer Erhaltung verpflichtet, "denn sie ist schlichtweg die Überlebensstrategie auf unserem Planeten". Biodiversität wird oft mit "Artenvielfalt" wiedergegeben, was aber zu stark verkürzt ist. Wenn im folgenden Beitrag Tier- und Pflanzenarten im Mittelpunkt stehen, so sind diese immer im Zusammenhang mit der Biozönose (Lebensgemeinschaft) der naturräumlichen Einheit Mittlerer Schwarzwald (auch: Mittlerer Talschwarzwald) zu sehen. Hierbei handelt es sich nirgendwo um eine Natur-, sondern immer um eine Kulturlandschaft, die der Mensch geschaffen hat, weiterhin gestaltet und verändert. Der folgende Überblick über ausgewählte, für das Schuttertal typische oder wichtige Tier- und Pflanzenarten basiert auf meinen nunmehr über 30jährigen, nicht systematischen Beobachtungen und auf Ergänzungen von weiteren Beobachtern, die jeweils im Anhang genannt sind. Die faunistische und floristische Arbeit, lange Zeit Selbstzweck, später in erster Linie Grundlagenforschung für naturschutzpolitische Forderungen, konzentrierte sich wegen des größeren Gefährdungspotentials und wegen des Vorkommens spektakulärer Arten lange Zeit vor allem auf die Rheinebene oder die höchsten Schwarzwaldlagen. Das Schuttertal stand und steht noch, wie der gesamte "niedere" Schwarzwald, etwas im Schatten der Beobachtungstätigkeit, die aber in den letzten Jahren intensiviert wurde. Systematische Untersuchungen fehlen weitgehend oder sind noch nicht abgeschlossen bzw. ausgewertet. Auch die verschiedenen amtlichen Kartierungen enthalten oft nur Momentaufnahmen, geben aber dennoch manche wertvollen Hinweise.
Im Jahr 1984 hat der damalige DBV (Deutscher Bund für Vogelschutz), heute NABU (Naturschutzbund Deutschland), den Weißstorch zum "Vogel des Jahres" erklärt, um auf die beängstigenden Bestandseinbrüche dieses typischen Kulturfolgers aufmerksam zu machen. Im gleichen Jahr starteten DBV und das Land Baden-Württemberg ein gemeinschaftliches Projekt mit dem Titel "Bestandsstützung und Wiederansiedlung des Weißstorchs in Baden-Württemberg". Das Projekt war auf 10 Jahre begrenzt. 1994 wurde der Weißstorch wieder zum "Vogel des Jahres" gewählt und es wurde ein Resümee über die vergangenen 10 Jahre gezogen: Die Population konnte durch Freilassung von Projektstörchen aus Baden-Württemberg und dem nahen Elsass sowie durch Bestandstützungsmaßnahmen erheblich gesteigert werden. Allerdings wurde das zweite Projektziel nach Auffassung des NABU nur unzureichend erreicht, nämlich den Nahrungslebensraum zu verbessern und auszuweiten. Der NABU Baden-Württemberg als Verband erklärte das Projekt deshalb für gescheitert und war nicht bereit, es in bisheriger Form weiter zu führen. Einzelpersonen und Einzelgruppen, auch innerhalb des NABU, wollen das Projektziel jedoch weiter verfolgen. Der Verfasser dieses Aufsatzes zählt sich hierzu.
"Raupen auf dem Vormarsch - Raupen fressen die Wälder kahl": in vielen mitteleuropäischen Zeitungen gab es in diesem Jahr solche oder ähnliche Schlagzeilen. Auch die Ortenau blieb nicht verschont von gefräßigen, ewig hungrigen Raupen. Wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr verbreitete sich der Eichenprozessionsspinner. Er schädigt die Eichen, vor allem aber kann er den Menschen gefährlich werden, wenn sie mit den feinen Härchen, die die Raupe bedecken, in Berührung kommen. Sie sind giftig und können beim Menschen schwere allergische Reaktionen, Ausschläge und Asthmaanfälle hervorrufen. Nun wird kaum jemand die Raupen in die Hand nehmen, aber die Härchen werden vom leichtesten Windhauch durch die Luft getragen. Damit ist jeder gefährdet, der sich in der Nähe von Eichen aufhält. In diesem Jahr wurden deshalb Sport- und Spielplätze gesperrt, Veranstaltungen im Freien abgesagt, betroffene Badeseen wurden gemieden und Jogger änderten ihre Routen.
Mit diesem Band setzt der Verfasser die systematische Erfassung und sprachwissenschaftliche Erschließung der Siedlungsnamen Baden-Württembergs fort, nachdem er bereits entsprechende Bände über die Kreise Esslingen, Stuttgart/Ludwigsburg und Reutlingen vorgelegt hat. Ähnlich wie beim Historischen Ortsnamenbuch von Bayern sollen nacheinander Namenbücher über die einzelnen Kreise des Landes erscheinen, die sich jedoch abweichend von der bayerischen Konzeption als rein sprachwissenschaftliche Arbeiten verstehen. Siedlungsgeschichtliche Schlußfolgerungen werden nach Ansicht des Verfassers besser erst nach dem Vorliegen mehrerer derartiger Bände und in interdisziplinärer Zusammenarbeit gezogen. Die Bearbeitung der Ortsnamenbücher soll rasch voranschreiten. Das Manuskript über die Siedlungsnamen des Stadtkreises Ulm und des Alb-Donau-
Kreises befindet sich in Bearbeitung. Die Namen werden bis zur Erreichung der heutigen Form belegt, für das 14. bis 17.Jahrhundert im wesentlichen aus ungedruckten archivalischen Quellen, und hinsichtlich ihrer Bildungsweise und Entwicklung erklärt. Die Art der Erfassung der urkundlichen Belege entspricht den Richtlinien für die Neubearbeitung von Förstemanns Altdeutschem Namenbuch. Die heutigen Mundartformen sind vom Verfasser neu aufgenommen worden.
Mit diesem Band setzt der Verfasser die systematische Erfassung und sprachwissenschaftliche Erschließung der Siedlungsnamen Baden-Württembergs fort, nachdem er bereits einen Band über den Kreis Esslingen vorgelegt hat. Ähnlich wie beim Historischen Ortsnamenbuch von Bayern sollen nacheinander Namenbücher über die einzelnen Kreise des Landes erscheinen, die sich jedoch abweichend von der bayerischen Konzeption als rein sprachwissenschaftliche Arbeiten verstehen. Siedlungsgeschichtliche Schlußfolgerungen werden nach Ansicht des Verfassers
besser erst nach dem Vorliegen mehrerer derartiger Bände und in interdisziplinärer Zusammenarbeit gezogen. Die Bearbeitung der Ortsnamenbücher soll rasch voranschreiten. Das Manuskript über die Siedlungsnamen des Kreises Reutlingen ist abgeschlossen, der Kreis Tübingen in Arbeit. Die Namen werden bis zur Erreichung der heutigen Form belegt, für das 14. bis 17. Jahrhundert im wesentlichen aus ungedruckten archivalischen Quellen, und hinsichtlich ihrer Bildungsweise und Entwicklung erklärt. Die Art der Erfassung der urkundlichen Belege entspricht den Richtlinien für die Neubearbeitung von Förstemanns Altdeutschem Namenbuch. Die heutigen Mundartformen der Ortsnamen sind vom Verfasser neu aufgenommen worden.
Die Malaria begleitet die Menschen seit Urzeiten. Schon der antike Arzt Hippokrates hatte beobachtet, dass die Seuche Malaria überwiegend in feuchten Gegenden auftritt und empfahl deshalb, sich nicht in Sumpfgebieten anzusiedeln und wenn es dennoch notwendig wäre, die Sümpfe zu entwässern. Trotzdem sah das Gros der Menschheit (einschließlich der Heilkundigen) in der Krankheit jahrtausendelang einen Gewaltakt übernatürlicher Mächte. Auch nachdem der bedeutende altrömische Universalgelehrte Marcus Terentius Varro durch Beobachtungen zum Schluss gekommen war, dass „bestiolae“, allerkleinste Tierchen, die in sumpfigen Regionen heimisch sind, die Schuld für die gefürchteten Fieberanfälle trügen, hielten Ärzte und Naturforscher bis weit in die Neuzeit hinein schwärende Dämpfe und giftige Ausdünstungen über Moorgebieten als alleinverantwortlich für die Ursache der Krankheit. Nach dieser Boden-Luft-Theorie wurde Malaria durch ein so genanntes Miasma, das in Sumpfgegenden aus dem Boden entweicht, ausgelöst. Nicht umsonst bezeichnete im Jahre 1573 ein italienischer Mediziner namens Torti die Krankheit als „male aria“, was nichts anderes bedeutet als „böse Luft“. So blieb es dem 19. Jahrhundert vorbehalten, den komplexen Lebenszyklus des Malariaerregers aufzuklären und Moskitos der Gattung Anopheles als Vektoren zu identifizieren und so den Zusammenhang zwischen Krankheitserregern und Infektionen aufzudecken.
Eine ganz alltägliche Straßenszene ist scheinbar auf dem Eingangsbild zu sehen. In das Zentrum des anonymen Holzschnitts ist eine Musik-Gruppe platziert, bestehend aus vier bewaffneten Spielmännern und zwei singenden Kindern. Seitlich davon lugt eine Frau parterre aus dem Fenster: Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht wirft sie Unrat auf die Straße. Hier schreit sie uns förmlich an, die Unachtsamkeit und Unsauberkeit des mittelalterlichen Menschen - so hat man sich den 'verwahrlosten' Alltag der mittelalterlichen Stadt vorzustellen! Doch wie alltäglich war das auf dem Holzschnitt Gezeigte wirklich? Dieser Beitrag prüft, ob das heute vorherrschende Bild der „schmutzstarrenden“ Stadt des Mittelalters berechtigt
ist. Oder ob dieser Vorwurf ein Stereotyp bedient, das zumindest in wissenschaftlicher Perspektive differenziert gesehen werden kann. Der Ansicht von der im Mittelalter angeblich geradezu charakteristischen Nachlässigkeit der Städte in der öffentlichen Reinlichkeitspflege sind Belege gegenüberzustellen, die zeigen, dass zumindest offiziell Schmutz unerwünscht und Sauberkeit sehr geschätzt waren. Mit den Untersuchungen von Ulf Dirlmeier, Klaus Grewe und Ernst Schubert sollten Gegenpositionen zu den bekannten Vorurteilen über die hygienisch heruntergekommene Mittelalterstadt dargestellt werden, die es ermöglichen, zu differenzierten Urteilen über die damaligen Verhältnisse zu kommen. Um aber den Themenkomplex „Stadt - Mensch - Abfall“ besser zu verstehen, beginne ich zunächst mit einem Überblick zur Institution der „Mittelalterlichen Stadt“. Kennt man die Verhältnisse und Aufgaben dieses Gemeinwesens, fällt es leichter, sich ein angemessenes Bild über den damaligen Umgang mit Dingen, die als Müll, Abfall oder 'Unlust' galten, zu machen. Anschließend soll die methodische Frage beantwortet werden, welche Quellenmaterialien überhaupt noch zur Verfügung stehen, um den Untersuchungsgegenstand „Entsorgung in der Stadt“ wissenschaftlich aufzuarbeiten. Der Hauptteil befasst sich mit Themen der „Wasserver- und -entsorgung“, „Straßenpflasterung“, „Fäkalienentsorgung“ und „öffentliche Straßenreinigung“. Die
Ergebnisse sollen am Ende die durch das Titelbild aufgeworfene Frage „Wie schmutzig war das Mittelalter?“ klären helfen. Auch wäre zu fragen, ob die gewonnen Erkenntnisse in den Kontexthistorischer Alltagsforschung zu stellen sind, bzw. ob ein 'erweiterter', auf die Entsorgungsproblematik sensibilisierter Ansatz ausreichend Auskunft über das alltägliche Leben mittelalterlicher Städte geben kann.
Auch Lahr hat seine große literarische Epoche gehabt. Es war die Zeit, als Ludwig Eichrodt nach Lahr kam. Er war 1871 zum Oberamtsrichter am Amtsgericht ernannt worden und schrieb in seinen Mußestunden jene humorigen Lieder für das Allgemeine Deutsche Kommersbuch, die bei den deutschen Studentenschaften so großen Anklang fanden. Um ihn scharten sich Lahrer Autoren, die schon zuvor etwas bekannt geworden waren, Friedrich Geßler eben, der sich schon als Zweiundzwanzigjähriger durch die Entdeckung des Grabes von Friederike Brion und durch das Friederike Album, mit dem die Errichtung einer Gedenkstätte in Meißenheim finanziert werden sollte, einen Namen gemacht hatte. Dazu kam Ludwig Auerbach, der aus Pforzheim stammte, aber in Seelbach eine Stofffabrik betrieb, zwar noch wenige von seinen Gedichten veröffentlicht hatte, aber später mit dem Lied O Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön so etwas wie eine badische Nationalhymne dichtete. Das Dreigestirn in Lahr erwarb sich so viel Ansehen, dass Viktor von Scheffel, der renommierte Erfolgsschriftsteller, von Lahr als dem „Schutter-Athen“ sprach - ein uns heute eher befremdendes Lob, das aber doch anzeigt, dass man die eigene Kultur am Maßstab der Vorbild gebenden antiken Kultur maß.
Von Napoleon gefürstet
(2007)
Am 12. Juli 1806 unterzeichneten 16 süd- und westdeutsche Herrscherhäuser mit Napoleon die Rheinbundakte. Mit der Bildung des Rheinbundes traten die Mitgliedsstaaten aus dem Heiligen Römischen Reich aus, das kurz darauf mit der Niederlegung der Kaiserwürde durch Franz II. sein förmliches Ende fand. Zu den Mitgliedsstaaten des Rheinbundes gehörte auch das Territorium Hohengeroldseck, die Herrschaft des Grafen Philipp von der Leyen. Mit der Unterzeichnung der Rheinbundakte wurde Philipp von der Leyen souveräner „Fürst von der Leyen, Graf zu Hohengeroldseck“. Man wundert sich! Was waren die Gründe, die dazu führten, dass die kleine, politisch völlig unbedeutende Grafschaft Hohengeroldseck in den Rheinbund aufgenommen wurde? War Philipp von der Leyen ein kluger politischer Kopf oder verdankte er seinen Fürstentitel ausschließlich einflussreichen Beziehungen?
Das Jahr 1806 findet zur Zeit eine außergewöhnliche Beachtung in der Öffentlichkeit: bundesweit, aber auch im deutschen Südwesten erinnern zahlreiche Gedenkartikel in den Medien und weithin beachtete Ausstellungen (Berlin, Magdeburg, Karlsruhe, Rastatt, Sigmaringen usw.) sowohl an das Ende des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ als auch an die Gründung des Rheinbundes am 12. Juli 1806, eines Zusammenschlusses von meist süddeutschen Klein- und Mittelstaaten unter dem Schutz von Napoleon Bonaparte. Die Rheinbundstaaten waren wenige Wochen zuvor aus dem Staatsverband des Reiches ausgetreten und hatten sich von Kaiser und Reich losgesagt. Zu den 16 Gründungsmitgliedern zählten im deutschen Südwesten neben den Häusern Baden, Württemberg, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen und Hessen-Darmstadt auch das Haus von der Leyen. Der Graf von der Leyen stand nun dem kleinsten Rheinbundstaat vor, einem Miniterritorium von ca. 4.000 Einwohnern in sieben Dörfern und trug von nun an den Titel: „Wir von Gottes Gnaden Fürst von der Leyen, Graf von Hohengeroldseck, Herr zu Ahrenfeld usw.“. Seelbach wurde somit Residenz, das Schloss Dautenstein gleichsam Residenzschloss.
Die Geschichte Badens ist über Jahrhunderte gut dokumentiert. Die Archive sind gefüllt, Personen und Ereignisse sind teilweise bis ins Kleinste erforscht. Eine Gestalt aus der badischen Geschichte aber gibt der historischen Forschung bis heute Rätsel auf. Es ist der tollpatschige junge Mann, der an Pfingsten 1828 in Nürnberg auftauchte, nur schwerfällig sprechen, aber flüssig seinen Namen aufschreiben konnte: Kaspar Hauser. Wer sich näher mit Kaspar Hauser beschäftigt, wird auf zwei Schwierigkeiten stoßen: auf ungewöhnliche Lücken in den Beständen der Historiker und auf die Weigerung, verfügbare Daten zugänglich zu machen. Einer Antwort auf die seit über eineinhalb Jahrhunderten ungeklärte Frage, wer Kaspar Hauser war - ein Betrüger oder der badische Erbprinz - kann man daher nur näherkommen, wenn man die zugänglichen Indizien und Daten genau untersucht und sie neu auswertet.
Vom Ruster Amerika
(2007)
Denkt man an den Begriff „Amerika“, so verbindet man mit ihm einen Erdteil und sucht diesen auf einem Globus oder einer Weltkarte. Nur wenige Menschen kämen auf den Gedanken, auf einer Flurkarte der Gemeinde Rust nachzusehen. Aber genau dort am nördlichen Rand der Gemarkung, an die von Kappel grenzend, liegt das Gewann „Amerika“. Zur Herkunft und Bedeutung dieses Flurnamens gibt es im Ort verschiedene Erklärungsversuche. So wird beispielsweise gesagt, dass dort die Auswanderer des 19. Jahrhunderts nach Amerika die Boote bestiegen hätten, um auf dem Taubergießen über den Rhein nach Holland zu gelangen, von wo aus die Reise in die neue Heimat beginnen sollte. Doch ein Blick auf eine zeitgenössische Karte zeigt, dass dieser Erklärungsversuch wenig tauglich ist, denn es gibt Einstiegsstellen, die näher am Dorf liegen. Warum sollte man also an das Ende der Gemarkung fahren, wenn man es näher und bequemer haben konnte. Allerdings gibt uns die Verbindung zu den Auswanderern einen Hinweis. Er führt uns jedoch nicht zu jenen Menschen, die im Zuge der großen Auswanderungswelle Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Heimat verlassen haben, denn bereits auf einer 1828 erschienenen Rheinlaufkarte lässt sich die Bezeichnung „Nord-Amerika“ finden. Wenn also ein Zusammenhang zwischen dem Flurnamen und Auswanderungen besteht, dann weist er auf die Jahre 1816/17 hin.
Ein recht altes Dokument, das einige Informationen über die Stadt Ettenheim birgt, liegt in den Archives Departementales du Bas-Rhin in Straßburg und stammt aus dem Jahr 1312. Es wird im Findbuch unter „Kaufbrief des Amtmannes Burkhardt zu Ettenheim“ aufgeführt. Dieser Kaufbrief ist auf Pergament geschrieben und hat eine Größe von 37 cm auf 52,5 cm. Die Siegel sind leider abgerissen und fehlen. Zu diesem Original liegt eine Übersetzung „Fidimirte Copey. Kauffbrieffs Burckhardten Fustungs deß Amptmanns zue Ettenheim, Gegen Herren Rudolphes von Dellmeßingen Thumbherren der Kirchen zue Straßburg. Über Güetter, Äcker, Jaucharten, Matten, Zinß unnd Gartten“ vor, die „Georg Meyer vonn Hagennauw Straßburger Bistumbs, auß Römischer Keiserlicher Mayestat authoritet und gewaltsam, Offner geschworner Notarius, mit disser manier Eignen Hand“ erstellt hat. Diese Übersetzung wurde der Schrift nach im 16. oder 17. Jahrhundert angefertigt. Auch die Verwendung des Wortes „wydembs“ statt der in früheren Jahrhunderten üblichen Form „widern“ weist in diesen Zeitraum.
Die Deportation von 5.617 jüdischen Kindern, Frauen und Männern in Baden am 22. und 23.10.1940 war von langer Hand vorbereitet gewesen. Die jüdische Bevölkerung in Baden wurde von der Gestapo und SS-Einheiten mit Fahrzeugen der Wehrmacht zu Sammelplätzen gebracht und von dort aus über Belfort in das unbesetzte Frankreich abgeschoben. Der Chef der Sicherheitspolizei, Heydrich, Berlin, meldet am 29.10.1940 dem Auswärtigen Amt in Berlin: „Der Führer ordnete die Abschiebung der Juden aus Baden über das Elsass und der Juden aus der Pfalz über Lothringen an. Nach Durchführung der Aktion kann ich Ihnen mitteilen, dass aus Baden am 22. und 23.10.1940 mit 7 Transportzügen und aus der Pfalz am 22.10.1940 mit 2 Transportzügen 6.540 Juden im Einvernehmen mit den örtlichen Dienststellen der Wehrmacht, ohne vorherige Kenntnisgabe an die französischen Behörden, in den unbesetzten Teil Frankreichs über Chalon-sur-Saone gefahren wurden. Die Abschiebung der Juden ist in allen Orten Badens und der Pfalz reibungslos und ohne Zwischenfälle abgewickelt worden. Der Vorgang wurde von der Bevölkerung kaum wahrgenommen.“
Frieda Unger
(2007)
Als ein „Zeitalter der Extreme“ hat der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert einmal bezeichnet. Dementsprechend neigen wir dazu, auch im Rückblick die Menschen dieses Jahrhunderts „extrem“ zu beurteilen - wir suchen nach den Guten oder den Schlechten, nach schwarz oder weiß, Grautöne scheint es nicht zu geben. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir Geschichte häufig unter letztlich moralischen Gesichtspunkten betrachten und dabei ganz automatisch die tendenziell zweiwertige Logik und Ethik des Abendlandes anwenden: Entweder, etwas ist gut oder etwas ist schlecht, ein Drittes scheint es nicht zu geben. Die Wirklichkeit aber ist anders. Luther etwa war ein überzeugter Antisemit, Männer des Widerstandes vom 20. Juli nahmen am Völkermord in Osteuropa teil. Paulus war zuvor ein Saulus, Josef Stalin besiegte immerhin den Faschismus. Die katholische Kirche rechtfertigte den Völkermord an den Indianern Südamerikas, Willy Brandt die Berufsverbote, Bismarck die Bombardierung Paris' und die islamische Hisbollah unterhält ein segensreiches Netz der Caritas und sozialen Hilfe. Endlos könnte man so weiter machen, um am Ende festzustellen: Nicht Schwarz oder Weiß ist die Welt, sondern grau, in den mannigfaltigsten Abstufungen.
Viele Chroniken der Orte, die an der Schutter liegen, berichten immer wieder, wie sehr der Fluss in den vergangenen Jahrhunderten, vor allem bei dem gefürchteten plötzlich auftretenden Hochwasser das Leben sowie Hab und Gut der Anwohner ruinierte. Viele Aufzeichnungen enthalten Berichte, dass bei den Überschwemmungen Häuser zerstört, Ernten vernichtet worden, Feldfrüchte verdarben und Felder und Wiesen durch das flache Gefälle von durchschnittlich 7% nur langsam abfließende Wasser verschlammten. Und dabei ist die Schutter auf ihrem 55 Kilometer langen Weg von ihrer Quelle unterhalb des Hünersedel bis zu ihrer Mündung in die Kinzig, wenige Kilometer bevor diese bei Kehl in den Rhein mündet, eigentlich ein Fluss, der bei Lahr den Schwarzwald verlassen hat, gemächlich durch die Oberrheinische Tiefebene fließt und dabei eine gewisse Idylle vermittelt. Unterwegs stauen zahlreiche Einbauten für Mühlen und zu anderen Wassernutzungen sein Nieder- und Mittelwasser. Bei Hochwasser sind die lichten Weiten dieser Einbauten und der teilweise an den Mühlen vorhandenen Umlaufkanäle nicht weit genug, um die Wasserwellen ohne erhebliche Stauwirkung ableiten zu können. Hinzu kommt, dass für das geringe Gefälle die schadlose Abführung der Hochwässer das Profil des gesamten Wasserlaufs erheblich zu eng ist.
Außer Brot gesetzt
(2007)
Seit über 100 Jahren bestimmt das Thema Arbeitslosigkeit und Arbeitsmarkt die zentralen sozialpolitischen Auseinandersetzungen. Erst in jüngster Zeit wird es von den Diskussionen um die Gesundheitspolitik etwas in den Hintergrund gedrängt, ohne jedoch - etwa im Kontext um die ersten Bilanzen der Hartz-IV-Reformen - an grundsätzlicher Brisanz zu verlieren. In einer „Industriestadt“ wie Lahr setzten die Diskussionen sehr früh ein und es überrascht deshalb kaum, dass die Stadt zu den ersten in Deutschland gehörte, die über einen städtischen „Arbeitsnachweis“ - später sagte man: Arbeitsamt - verfügte. Dieser Aufsatz rekonstruiert die Entwicklung der Lahrer Arbeitsmarktpolitik im Zusammenhang mit der Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Nicht oder nur am Rande behandelt werden Themen wie Berufsbildung oder Arbeitskonflikte. Anderes kann nur kursorisch behandelt werden, weil der Platz in einem Aufsatz begrenzt ist, doch sollte zumindest ein Blick auf die zentralen (Lahrer) Quellenbestände möglich sein. Zu den - sicher schwerwiegenden - Mängeln dieses Aufsatzes gehört auch, dass über die soziale und psychologische Situation der Arbeitslosen selbst, ihre Erfahrungen und Kämpfe, ihre Verzweiflung und Resignation kaum etwas mitgeteilt wird. Obgleich die Lahrer Quellen hierzu durchaus umfangreiche und qualifizierte Untersuchungen zulassen, muss dies aus Platzgründen einer eigenen Untersuchung vorbehalten sein.
Wer die Hindenburgstrasse in Seelbach entlanggeht, dem fällt auf, dass die dicht an dicht stehenden kleinen Häuser Nummer 10 bis 29 alle gleich aussehen. Vor allem in der unteren Häuserreihe sehen sie sich zum Verwechseln ähnlich, mit stets gleichen Hausmaßen, einem markanten Sandsteinsockel, einer Hausfront mit zwei Fenstern und der Eingangstüre rechts sowie einer Hofeinfahrt links von jedem Haus. Was nur noch wenige wissen: Die kleinen Häuser wurden erbaut als Arbeitersiedlung für Zigarrenarbeiter, die in der nahen Zigarrenfabrik Christian Himmelsbach beschäftigt waren, in dem großen Gebäude an der Hauptstraße schräg unterhalb der Siedlung. Eine Ausstellung der „Kommission Bahnhöfle“ zur Baugeschichte Seelbachs widmete sich 2003 unter der Überschrift „Bürgerhäuser - Arbeitersiedlung - Gaststätten“ erstmals dem Thema, zeigte Fotos und Dokumente zur Entstehungsgeschichte. Wie kam es zum Bau dieser Arbeitersiedlung, eigentlich ein Phänomen der großen Industriereviere, in einem Dorf? Wer waren die treibenden Kräfte? Wie waren die Arbeiterhäuser konzipiert? Wie wurden sie finanziert? Was zeichnete die heute noch gerne bewohnten Häuschen aus?
Christian Himmelsbach
(2007)
Die Lebensverhältnisse in Seelbach waren zur Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt von Arbeitslosigkeit, Armut und Hungersnot, vom Aufstand des Seelbacher Proletariats im Revolutionsjahr 1849 und von der großen Bereitschaft zur Auswanderung nach Nordamerika. Mit ernüchternden Worten beschreibt der Lahrer Stadtpfarrer und Dekan Ludwig Fecht 1852 im „Lahrer Wochenblatt“ das soziale Elend, das er bei einem Besuch in Seelbach angetroffen hat. „Schon in Steinbach beginnt die herzergreifende Noth ... Im nahen Seelbach sind 300 Personen jeden Augenblick zur Auswanderung bereit, wenn sie die Reisemittel dazu hätten ... In welchen Bettelort hat sich dieses Seelbach aus einer gewissen Wohlhäbigkeit durch traurige Schicksale verwandelt! Nur 30 Familien ungefähr können noch zur besseren Klasse gezählt werden. Zwei Drittel der Familien liefern Bettler und Bettelkinder. Und die Mühlen sind alle Morgen im Belagerungszustand von Kindern besetzt, die eine Handvoll Mehl suchen ...“ Die notvollen Lebensverhältnisse in Seelbach änderten sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Wilhelm Leser (1860), Franz Krämer (1864) und Christian Himmelsbach (1872) damit begannen, Zigarrenmanufakturen zu gründen. Diese Zigarrenbetriebe boten Frauen und Männern am Ort erstmals geldwerte Verdienstmöglichkeiten außerhalb der Land- und Forstwirtschaft. Bis dahin war die Mehrheit der arbeitsfähigen Männer und Frauen in Seelbach gezwungen, gegen geringe Geld- oder Naturalentlohnung als Knecht und Magd oder im Taglohn auf den Bauernhöfen im
Schuttertal ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Auch die familiären Verhältnisse des Christian Himmelsbach boten wenig Aussicht auf eine existenziell erfolgreiche Zukunft. Nichts deutete darauf hin, dass der Sohn des Wittelbacher Leinewebers Christian Himmelsbach in Seelbach eine Zigarrenfabrik gründen wird, die in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg bis zu 800 Menschen beschäftigte. Wider alle Erwartungen wurde Christian
Himmelsbach nach seiner erfolgreichen Firmengründung auch noch 1886 von den Seelbachern zum Bürgermeister gewählt. Während der nahezu 25-jährigen Amtszeit des eingebürgerten Wittelbachers erlebte die Gemeinde Seelbach einen bis dahin nicht gekannten wirtschaftlichen Aufschwung, der in der baulichen Entwicklung des Seelbacher Ortsbildes bis heute sichtbar ist.
Wer heute von Waldberufen spricht, meint damit meist die Berufsgruppen der Forstwirte und Sägewerker, vielleicht auch noch die der Forstrevierleiter. Viele andere Waldberufe und Bewirtschaftungsformen sind heute meist völlig in Vergessenheit geraten. An diese will dieser Beitrag erinnern. Und auf ein Projekt aufmerksam machen, welches derzeitig in Bad Rippoldsau-Schapbach am Entstehen ist: Das Waldkulturhaus, welches die traditionsreichen Methoden der Waldbewirtschaftung, vor allem das Flößen und den Riesbetrieb, veranschaulichen will. Das vom Schwarzwaldverein, Ortsgruppe Bad Rippoldsau, initiierte und nunmehr im Ortsteil Holzwald zur Umsetzung gebrachte Projekt will Schulklassen und Wandergruppen helfen zu entdecken, wie die Arbeit im Wald einst aussah, und zugleich umweltpädagogische und ökologische Ansätze verwirklichen.
Feierabend - Fernsehabend, Sportverein oder Disco, an heißen Tagen Terrassenbad? Von solchen heute selbstverständlichen Freizeitvergnügungen konnten unsere Vorfahren vor 200 Jahren nicht einmal träumen, denn es gab sie nicht, weder die Wörter noch die Sachen, auch nicht das Wort Freizeit. Das sucht man vergeblich in den Wörterbüchern der Zeit - die Freizeit wurde wohl erst 1823 von Friedrich Fröbel (1782-1852), dem Vater des Kindergartens, „erfunden“ und gleichbedeutend mit Mußestunden verwendet. Auch das Wort Sport hatte noch nicht seinen Weg von England nach Deutschland gefunden. Knapp genug waren sie, die Mußestunden, die arbeitsfreie Zeit der Männer - und Frauen - um 1800, ob sie nun als Bändelwirker, Strumpfstricker, Knopfmacher, Zinngießer, Weiß- oder Rotgerber, als Taglöhner oder Handelsgehilfe arbeiteten. Arbeitszeiten bis zu elf Stunden waren damals üblich - und das an sechs Tagen in der Woche, was eine 66 Stundenwoche bedeutete. Zieht man von der verbleibenden Zeit noch die Arbeit im eigenen Garten, auf dem Acker oder im Weinberg ab, dann reduziert sich die freie Zeit noch einmal um etliche Stunden.
Nach dem Stadtbrand, der am 15. September 1677 von den Truppen des jungen Marschalls Crequy verursacht wurde, ist die Stadt wahrscheinlich nicht so stark zerstört worden, wie man bislang angenommen hat. Der erste Schrecken hat das Unglück etwas größer erscheinen lassen, schrieb Ferdinand Stein in seiner Geschichte der Stadt Lahr im Jahre 1827. Man kann davon ausgehen, dass Lahr zu einer Anzahl von kleinen Städten gehört hat, die durch den Marquis de Villars vor der totalen Zerstörung gerettet wurden. Die Zuwanderungen nach dem 30-jährigen Krieg, die im dritten Lahrer Bürgerbuch eingetragen sind, setzten im Jahr 1662 ein und wurden nur in den Jahren 1674 bis 1678 unterbrochen, um 1679 verstärkt wieder anzusteigen. Wenn die Stadt total zerstört worden wäre, wäre es nicht möglich gewesen, sie in einem Jahr soweit aufzubauen, dass für diese Zuwanderer Unterkunftsmöglichkeiten vorhanden gewesen wären.
Seit einigen Jahren trifft sich im Lahrer Stadtarchiv regelmäßig ein Arbeitskreis „18. Jahrhundert in Lahr“, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Lahrer Geschichte jener Zeit methodisch zu untersuchen. Ein Ergebnis jenes Arbeitskreises, die Bevölkerungsgeschichte Lahrs in der Zeit des sog. Absolutismus, wird hier in einem Werkstattbericht vorgestellt. In frühen Zeiten hatten die Lahrer und ihre Stadt wohl ganz besondere Beziehungen nach oben. Sonst wären sie nicht - entgegen der für die ganze übrige Schöpfung geltenden Ordnung - in drei Geschlechtern, nämlich als Männli, Wibli und Lohrer, geschaffen worden. Und der Herrgott persönlich hätte sich wohl kaum um das Bürgerrecht in der Stadt beworben. Denn, so steht es im Bürgerbuch der Stadt Lahr von 1356: „Dis sint die Burgere in der stat zuo Lare: // Unser here Got ist burger an der stat zuo Lare.“
Bauern, Handwerker, Händler
(2007)
Im Jahre 73 n. Chr. wurde das Gebiet der heutigen Ortenau Bestandteil des Imperium Romanum. Damals erschlossen römische Truppen das Kinzigtal mit einer Fernstraße, die von Straßburg über Rottweil an die obere Donau führte. Schon bald folgten den Soldaten zivile Einwanderer ins Land, das zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend siedlungsleer war, nun aber für fast zwei Jahrhunderte eine wirtschaftliche Blütezeit erleben sollte. Zu den wichtigsten Grundlagen des hoch entwickelten römischen Wirtschaftssystems zählten vor allem das staatliche Münzwesen, die reichsweit gut ausgebaute Infrastruktur und besonders die Schrift; kulturelle Errungenschaften, die erstmalig mit den Römern in die Ortenau kamen. Mit den Neuankömmlingen kamen aber nicht nur neue Wertvorstellungen, sondern auch eine Vielzahl neuer Berufe ins Land. Wir kennen heute über 540 verschiedene römische Berufsbezeichnungen - eine beeindruckende Zahl von Tätigkeiten, die bereits die Vielfalt und Komplexität des römischen Wirtschaftslebens erahnen lässt. Sicherlich wurden nicht alle dieser Berufe in der Region unmittelbar um Lahr herum ausgeübt, zumal sich unter den Angaben auch einige durchaus exotische Tätigkeiten wie z.B. der murilegulus (Purpurschneckenfischer) finden. Die Ausübung der meisten römischen Handwerke - wie z.B. der putearius (Brunnenbauer), der cuparius (Küfer) oder der acutiator (Schleifsteinhersteller) -, um hier nur einige Beispiele zu nennen, sind jedoch im Oberrheintal gut vorstellbar, auch wenn die archäologischen Nachweismöglichkeiten für solche Tätigkeiten oft sehr schwierig sind.
Arthur Strebler
(2008)
Sonnenauf- und -untergänge, Fachwerkhäuser, Landschaftsaufnahmen, Gewitterstimmungen, Blumen, Tiere und vor allem immer wieder Personen, egal ob es nun Aufnahmen vom Alltag der einfachen Menschen waren oder Portraits prominenter Zeitgenossen - Arthur Strebler hat alles fotografiert und dokumentiert. Im Laufe der Jahre wurde seine Fotosammlung so zu einer einmaligen historischen Dokumentation. Am 23. Juni ist Arthur Strebler 87jährig im Lahrer Klinikum, nahe seines Wohnhauses in der Lahrer Amtmann-Stein-Straße verstorben. Neben seiner Familie und den ungezählten Menschen, die Arthur Strebler mit seinen Fotografien erfreut hat, trauert auch das „Geroldsecker Land“ zusammen mit zahllosen Heimatfreunden um einen Menschen, der diesem Jahrbuch über viele Jahre hinweg wie kein anderer mit seinen mit viel Liebe zum Detail gemachten Fotografien das Gesicht gegeben hat. Von 1974 an hat er den Zauber der Landschaft von den Höhen des Schwarzwaldes bis hinunter zum Rhein eingefangen und hat damit dem Almanach seine fotografische Ausstrahlung und bildhaften Charakter verliehen. Durch sein fotografisches Können verbunden mit seiner Liebe zur Landschaft und den Menschen, die darin wohnen, leben und arbeiten, gestaltete er das Jahrbuch immer wieder mit zu einem kleinen Kunstwerk.
SteinDruckSachen
(2008)
Lahr wurde und wird zum Teil immer noch als „Schächtilistadt“ bezeichnet. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass hier alles in ein „Schächtili“, eine kleine Schachtel, passen würde. Es ist auch kein Hinweis auf eine besondere Stadtarchitektur. Gemeint ist vielmehr die im 19. Jahrhundert in Blüte stehende und neben der Tabak- und Zichorienverarbeitung prägende Kartonagenindustrie, die Herstellung der Schächtili eben. Doch wer etwas verpackt, muss auch angeben, was in der Verpackung steckt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch das Druckgewerbe beinahe zeitgleich in Lahr seinen Aufschwung nahm. Denn nicht nur der Buchdruck, der mit Johann Heinrich Geiger schon im ausgehenden 18. Jahrhundert in Lahr seine Grundlagen bildete, sondern gerade der Merkantildruck wurde im 19. Jahrhundert in Lahr zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Voraussetzung dafür war aber die Erfindung der Lithographie.
Seit dem Erscheinen des von Werner Volke zusammengestellten und sehr detailliert kommentierten Dokumentebandes ist es um Gotthold Stäudlin wieder still geworden. Dabei bietet doch gerade dieser Band erstmals eine breite, unverzichtbare Grundlage zur Erforschung von Stäudlins Leben und Werk. Wie dem Vorwort Volkes zu entnehmen ist, blieben Versuche durch Wilhelm Hemsen und Willy Bauer, eine Monographie zu Stäudlin abzufassen, entweder unausgeführt oder wenigstens unveröffentlicht. Auch das in der von Walter Grab bei Metzler herausgegebenen Reihe „Deutsche revolutionäre Demokraten“ für Herbst 1972 angekündigte Buch mit dem Titel „Oberdeutsche Jakobiner; Cotta, Posselt, Stäudlin“ von Michael-Peter Werlein ist nicht erschienen. Die jüngsten, auf das Elsass und die Schweiz bezogenen Forschungsarbeiten zur jakobinischen Publizistik nähren die Hoffnung, dass bald auch eine auf Baden und Württemberg konzentrierte Arbeit hervorgebracht werden könnte, in der Stäudlin der ihm gebührende Platz eingeräumt sein würde, zumal er als politischer Schriftsteller in beiden Landesteilen tätig war.
Hüwe un Drüwe vum Bächel
(2008)
Dieses sich als Selbstläufer entwickelnde Projekt sieht sich als Versuch, die Geschichte des Westwalls sowie der Maginotlinie im Spiegel der badischen und elsässischen Zeitzeugen aufzuarbeiten. Grenzüberschreitende Themen unserer jüngeren Vergangenheit unterliegen natürlicherweise emotionalen Stimmungen, besonders im Rahmen einer auf Zeitzeugen basierenden Dokumentation. Oft sind es bittere Wahrheiten, die Jahrzehnte unter der Oberfläche schlummerten und bei einer solchen Aufarbeitung ans Tageslicht dringen. Das gleichberechtigte Miteinander in Form einer produktiven Symbiose von wissenschaftlicher Geschichte und Heimatforschung halte ich aus diesem Grunde für mehr als geboten, um das „Ganze“ nicht in eine tendenziöse Bahn gleiten zu lassen. Dieses vertraute Gefühl des gegenseitigen Verstehens und Verbundenseins der „Rieddörfler“ vom linken und rechten Oberrheinufer stellte jene Sicherheit und Basis dar, um sich auf ein solches Projekt einlassen zu können. Ein Blick in die diversen Dorfsippenbücher oder das Studieren der Rheinverläufe vor Tulla verdeutlicht uns ganz dezidiert, dass mehr Verbindendes als Trennendes für unsere Region und deren Menschen steht. Badener und Elsässer verfügen über eine facettenreiche gemeinsame Geschichte.
Grundlage für die Untersuchung heutiger ortstypischer Familiennamen in Lahr ist das Bürgerbuch von 2007. Es werden vor allem diejenigen Namen untersucht, die etwa mindestens 60- bis 70-mal im Bürgerbuch verzeichnet sind. Die relative Namendichte ist der Prozentanteil eines Namens an der Gesamtzahl innerhalb eines bestimmten Bereichs. In der "Kleinregion Stadt Lahr" wird jeweils auf die ortsteil-bezogene Häufigkeit innerhalb der Gesamtbevölkerung der acht Gemarkungen von Lahr eingegangen. Hierdurch lassen sich ortstypische Namenfelder erkennen. Dazu werden die in dem Familiennamen-Atlas von Baden-Württemberg niedergelegten Ergebnisse mit herangezogen. Die Stadt Lahr hat über 43.000 Einwohner, zwei Drittel davon leben in der alten Stadtgemarkung Lahr (einschließlich Dinglingen). Von den weiteren sieben Stadtteilen, die bis 1971 selbständige Gemeinden waren, ist Sulz mit 8 % die bevölkerungsreichste Ortschaft. Ein Sonderfall ist die seit 1969 neu entstandene Gemarkung Langenwinkel, die sich nach der Umsiedlung von etwa 200 Einwohnern aus "Alt"-Langenwinkel an einem andern Standort entwickelt hat. Die jetzige verzehnfachte Einwohnerzahl von Langenwinkel lässt keine Schlüsse auf ortstypische Namen zu.
In meinem Werkstattbericht "Lahrs Bevölkerung im 18. Jahrhundert" habe ich die Rekonstruktion der bislang nicht bekannten Einwohnerzahl der Stadt in der Zeit von 1684 bis 1804 dargelegt. Danach hatte Lahr zu Beginn des 18. Jahrhunderts etwa 1.500 bis 2.000 Einwohner, an dessen Ende waren es zwischen 4.400 und 4.800. Durch die Einträge in den Kirchenbüchern sind die meisten von ihnen namentlich bekannt. Ihr Wirken wird in der Geschichtsschreibung als recht beachtlich dargestellt. Lahr hatte in diesem Jahrhundert "seine große Zeit". Schauen wir die zahlreichen Namen näher an, fällt uns bald deutlich ein Aspekt des Lebens im 18. Jahrhundert auf, im Unterschied zu unserem 21. Jahrhundert: In sich geschlossen war dieses evangelisch geprägte System der Stadt Lahr mit seinen Familien, deren Namengebung und Berufstradition. Diese Geschlossenheit wurde auch nicht aufgebrochen durch die vielfältigen wirtschaftlichen Beziehungen - besonders stark nach Straßburg - und durch die Zuwanderungen, vor allem aus den evangelischen Nachbarregionen. Die Beamten der badischen und der nassauischen Herrschaft und der Kirche erscheinen zwar ebenfalls in den Kirchenbüchern, sie waren aber nicht in die Bürgerschaft integriert.
Der alte Brauch des Scheibenschlagens in Ettenheimweiler, über den Robert Furtwängler schon irn "Geroldsecker Land" 1982 ausführlich berichtete, hat sich in dem zu Ettenheim gehörendem Dorf bis heute erhalten. Den Zeitpunkt, zu dem die jungen Männer des schon 926 als colonia Wilo" erwähnten Ortes zum ersten Mal am Sonntag nach Fastnacht ihre runden geschnitzten Scheiben über einen "Schiewebock" ins Tal geschleudert haben, kennen wir jedoch nicht. So bleibt nur ein Blick auf die Nachbargemeinde Altdorf, wo zwar heute kein Scheibenschlagen mehr stattfindet, ein solcher Brauch aber schon im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts durch Flurnamen nachweisbar ist. Die entsprechenden Funde hat Albert Geppert 1976 im Altdorfer Ortssippenbuch veröffentlicht: "auf dem Schiebenbühlberg" und "auf dem Schiebenbühl" (1773 ), "auf dem Scheibenberg" (1780) und "auf dem Schiebenberg" (1791 ). So leistet in Ermangelung anderer Quellen die Flurnamensforschung willkommene Hilfe bei der Frage, wann der Brauch des Scheibenschlagens in unserer unmittelbaren Heimat schon ausgeübt wurde.
Geschichtliches Wissen ist in der Regel ein Ergebnis fleißiger Quellenforschung, sorgfältiger Darstellung und - endloser Diskussionen. Und es ist dennoch - oder gerade deshalb - offen für neue Sichtweisen, kann und darf widerlegt werden. Das wichtigste an historischen Arbeiten können sogar die fragwürdigen Passagen sein, die Lücken oder auch Fehler: denn hier knüpfen die Nachfolgenden an, und wenn das ursprüngliche Werk schon längst vergessen ist, hat es doch weiterhin seinen Wert, weil es einen neuen Weg oder neue Fragestellungen wies. Kurz: Nicht Fakten stehen im Mittelpunkt historischen Wissens, sondern Interpretationen und die Einordnung in kollegiale Diskussionen. Aus dieser Sicht wäre es zunächst einmal zu begrüßen, wenn Max Isele die Frage der Herkunft Heilika von Mahlbergs, der Frau Walther von Geroldsecks, erneut aufwirft und das bislang Erreichte in Frage stellt.
Im Lahrer Kirchenbuch von 1680 ist zu lesen: "Zu anno 1648. nach geendigtem 30. jährigem Krieg kam zu allhiesiger Kirchen als Stadtpfarrer Christoph Caroli von Hilpershausen aus Franken gebürtig, welcher vorher unter der schwedischen Guarnison zu Benfelden Feldprediger gewesen. Ist auch allhier in anno 1673. selig gestorben, estatis [des Alters] 65. Jahr". Christoph Caroli, lutherischer Pfarrer an der St. Jakobs-Pfarrkirche (Stiftskirche) in Lahr, hat in den Jahren seines Wirkens (von 1650-1673) für Furore gesorgt. Dieser couragierte und auch unbequeme Pfarrer hat sich wegen seiner dezidierten Stellungnahmen und seines unerschrockenen Vorgehens im Rahmen seines steten Einsatzes für Gerechtigkeit und christliche Lebensführung nicht nur Freunde bei der nassauischen Herrschaft und in Lahr gemacht. Bis zum Hass dürften sich die Empfindungen im Hinblick auf seine Person zumindest bei einigen Lahrer Beamten und bei seinem Hilfspfarrer, Diakon Georg Voit, gesteigert haben, wie wir gleich sehen werden. Die ausführliche Beschreibung des Lebensweges Pfarrer Carolis ist dem im März 2008 im Verlag Kaufmann erscheinenden Buch lieb vndt leid theilen - die Carolis in fünf Jahrhunderten" zu entnehmen.
Der Scheibenberg im Friesenheimer Wald, oberhalb der Ortschaft Oberweier scheint etwas ganz besonderes zu sein. Auf einem breiten Sporn ist eine Felsengalerie, die sogenannten Bildsteine, zu bestaunen. Eine ungeheure Masse von kleinen und großen Sandsteinbrocken ist aufeinandergetürmt und vermittelt den Eindruck einer zerstörten Ritterburg. Baumaterial zur Errichtung einer Burg wäre vor Ort genügend vorhanden. Von den Bildsteinen haben wir, dank auch dem Orkan Lothar, der am zweiten Weihnachtstag 1999 den Friesenheimer Wald heimsuchte, einen wunderbaren Blick über die Vorbergzone auf die Ortsteile der Gemeinde Friesenheim. Der Blick geht von Oberschopfheim, Oberweier über Friesenheim mit seinen beiden Kirchtürmen und über Schuttern mit seinem 76 m hohen Turm der Klosterkirche hinüber nach Frankreich. Am Horizont begrenzen die Vogesen den Blick. Das Spiel von Licht und Schatten präsentiert die Schönheit des Aussichtspunktes und lädt ein, die Harmonie des Ortes genießen zu dürfen.
Bei den Ausgrabungen, die 1953-1955 in der Burgheimer Kirche St. Peter durchgeführt wurden, kam aus dem Fundament der gotischen Chorschranke ein Fragment aus rotem Sandstein mit einem reliefierten Vogel zu Tage, das - bald darauf verschollen - nur durch zwei fotografische Aufnahmen sowie eine Umzeichnung überliefert ist. Bei einer Größe von 35 cm in der Breite und 33 cm in der Höhe zeigte das annähernd dreieckige Fragment in einer runden Vertiefung einen nach links gerichteten Vogel in Seitenansicht, von dem nur noch die vordere Körperhälfte erhalten war (Abb. 1). Der in sehr flachem Relief gearbeitete, lediglich in seinen Umrissen gezeichnete Vogel war zudem durch mehrere Abstoßungen beschädigt. Dennoch blieben wesentliche Merkmale zu erkennen: ein im Verhältnis zum Körper auffallend kleiner Kopf und ein langer Hals. Der gebogene Schnabel und die beiden kräftigen, neben- bzw. übereinander nach vorne gestreckten Fänge kennzeichnen den Vogel als Adler. Von seiner Rückenlinie erhebt sich ein stilisierter, durch parallele Schraffuren angedeuteter Flügel.
Karl August Siebenpfeiffer
(2008)
Den Namen Siebenpfeiffer verbindet man in Lahr mit der Person des Philipp Jakob Siebenpfeiffer. Er ist als Feuergeist des Hambacher Festes im Mai 1832 in die Geschichte der deutschen Demokratie eingegangen. Doch in der Siebenpfeiffer-Familie gab es im 19. Jahrhundert noch mehr Mitglieder, die sich, wenn auch nicht an so exponierter Stelle wie Philipp Jakob, hervorgetan haben. Etwa Friedrich Siebenpfeiffer, der sich als Gelegenheitsdichter hervortat. Er war der Dichter für alle Fälle, für die großen Stadtfeste, für Hochzeiten und Beerdigungen - auf Hochdeutsch oder in der Lahrer Mundart, auf Einblattdrucken oder im Lahrer Wochenblatt: er hat alles besungen. Doch das drang kaum über die Mauern von Lahr hinaus. Das war bei einem weiteren Siebenpfeiffer schon eher der Fall. Karl August Siebenpfeiffer war Goldschmied, ein sehr kunstfertiger, und das veranlasste ihn, sich nicht mit dem Vergolden von Löffeln zu begnügen, sondern eine „Kunstanstalt" in Pforzheim zu begründen, wo er Gegenstände aus Metall entwarf, herstellte und versilberte oder vergoldete, Pokale und Ehrenpreise, Briefbeschwerer, Bilderrahmen und Bekrönungen für Fahnenstangen, kostbare Silber- und Goldgegenstände. Sein eigenartigstes und größtes Werk ist die „Deutsche Eiche".
Nur noch wenige alte Schweighausener verbinden mit dem Anwesen „Schlossers am Hessenberg" die Erinnerung an die einstige Schlosser-Familie Stulz. Längst hat die Schlosserei ihren Betrieb eingestellt, der Familienname ist erloschen, und das alte strohgedeckte Schwarzwaldhaus wurde abgerissen und durch eine Rekonstruktion ersetzt. Das Leben von drei Schlosser-Generationen hat scheinbar keine Spuren hinterlassen. Aber schon zur Zeit, als auf dem Hinteren Hessenberg noch geschlossert und geschmiedet wurde, war der Handwerksbetrieb als solcher von außen kaum erkennbar. Kein Stauweiher, kein gestelzter Wasserkähner und kein Wasserrad zum Antrieb eines Maschinenparks ließen in dem kleinen massiven Nebengebäude gegenüber dem Wohn- und Stallgebäude eine Schlosserei vermuten.
Bis in jüngster Zeit war das Geisberg-Gebiet am Ende des Schuttertales in der Öffentlichkeit weitgehend nicht als Achat- und somit Edelsteinfundstelle bekannt. Nur Fachleute aus den Bereichen Geologie oder Mineralogie sowie insbesondere Mineraliensammler wussten um die Besonderheit dieses Gebietes als Fundstelle von Achaten und Begleitmineralien wie Jaspis, Quarz, Hämatit u.a.. Es war deshalb naheliegend, dass sich die Gemeindeverwaltung Schuttertal in enger Zusammenarbeit mit Gerhard Finkbeiner, Schuttertal, und dem Autor dieses Beitrags nunmehr intensiv darum bemüht, den Geisberg-Achat und sein Fundgebiet als bemerkenswertes Objekt, gewissermaßen als „Juwel aus der Schatzkammer der eigenen heimatlichen Naturschönheiten", der Öffentlichkeit zu präsentieren. So entschloss man sich, einen auf die Edelsteinfundstelle Geisberg bezogenen Informationsweg einzurichten und am 6. Oktober 2007 feierte die Gemeinde Schuttertal die offizielle Einweihung des neu angelegten Achatweges am „Hohen Geisberg". Der entsprechende Rundweg führt über eine Strecke von 2,9 km vom Parkplatz „Höhehäuser" über den Gipfel des Hohen Geisberg (727 m), vorbei an der Lahrer Hütte, zurück zum Ausgangspunkt.
Seit dem 19. Jh. wurden zahlreiche geologisch-lagerstättenkundliche und historische Abhandlungen zum Kinzigtaler Bergbau verfasst, die auch die Grube Segen Gottes und ihre Geschichte berücksichtigen. Einige Bergwerke im Kinzigtal wurden detailliert vermessen, jedoch fanden kaum archäologische Untersuchungen statt mit Ausnahme der Grabungen in der ehemaligen Bergstadt Prinzbach in einem Seitental der Kinzig. Montanarchäologische Forschungen in einem Bergwerk des Kinzigtales sind bisher nur in der Grube Segen Gottes bei Haslach-Schnellingen durchgeführt worden.
Anlässlich des Jubiläums wurde im September 2007 im Pfarrhaus Prinzbach eine Ausstellung veranstaltet. Die Ausstellungstexte sind im folgenden als bleibende Erinnerung an die Geschichte und Archäologie der Bergbaustadt Prinzbach wiedergegeben, nachdem die Fundstücke wieder in ihren Kisten verschwunden sind. Prinzbach feiert in diesem Jahr die 750. Wiederkehr seiner Ersterwähnung (1257). Warum entstand an dieser Stelle im Mittelalter überhaupt eine Stadt? Prinzbach liegt im Mittleren Schwarzwald, in einem Seitental des unteren Kinzigtals, abseits der großen Verkehrsströme. Eigentlich keine typische Lage für eine Stadt: kein großer Verkehrsweg läuft direkt hindurch, das Tal bietet kaum Erweiterungsmöglichkeiten, mit den landwirtschaftlich nutzbaren Flächen im Tal hätte man Schwierigkeiten, eine größere Bevölkerung über längere Zeit hinweg zu ernähren, das Stadtgebiet liegt am Hang; es ist außerdem oben stark überhöht, weil der Berghang weiter ansteigt. Für eine Stadt wäre das ein strategischer Nachteil; der Innenraum wäre von oben her einzusehen und leicht zu beschießen. Man könnte ohne Schwierigkeiten Gebäude in Brand setzen oder zerstören. Die Lösung für diese Merkwürdigkeiten liegt in der Geologie: Das anstehende Gestein (Gneis und auch Granit) enthält Erzgänge.
Um Gold wurden Kriege geführt, Reiche zerstört, ganze Völker ausgerottet. Gold regierte über Jahrhunderte und über Generationen die Welt. Seit Menschengedenken geht von diesem Edelmetall eine Faszination aus. Aber nicht nur in den einstigen Goldgräberhochburgen entlang der nordamerikanischen Flüsse „Klondike“ und „Yukon“ ließen sich die Menschen vom Goldfieber anstecken. Auch am Oberrhein versuchten die Menschen bis ins 19. Jahrhundert hinein dem Strom seine raren Schätze zu entreißen. Wenn auch die Goldwäscherei auf den steten Wandel von Hoch- und Niedrigwasser angewiesen war und deshalb oftmals nicht betrieben werden konnte, so spielte sie im Leben der Menschen entlang des Rheins bis zur Rheinkorrektion durch Johann Gottfried Tulla eine wichtige Rolle. Nicht umsonst weisen in zahlreichen Dörfern entlang des Rheins verschiedene Straßen-, Gewann- wie auch Familiennamen auf das einstige Goldwaschen hin. Auch das 1425 als „Goldschure“ erstmals erwähnte heutige Goldscheuer bei Kehl erinnert noch an jene glanzvolle Vergangenheit.
Die Schmuck- und Kleidungsbestandteile aus dem sogenannten „Grab der reichen Dame“ (Grab 10), welche bereits vor mehr als fünfzig Jahren bei Ausgrabungen in der evangelischen Peterskirche im Lahrer Stadtteil Burgheim entdeckt wurden, zählen zu den kostbarsten und bemerkenswertesten Objekten der späten Merowingerzeit. Mit Ausnahme eines „typisch alamannischen“ Gürtelgehänges aus Eisen handelt es sich um Gegenstände, die ehemals zu einer kostbaren, von mediterran byzantinischen Modeenflüssen geprägten Bekleidung gehörten. Moderne mikroskopische und goldschmiedetechnische Untersuchungen, welche vor wenigen Jahren im Zuge der Dissertation des Verfassers durchgeführt werden konnten, belegen in ganz besonders deutlicher Weise, welch qualitativ hohes Niveau das frühmittelalterliche Goldschmiedehandwerk auch in der Region des späteren „Geroldsecker Landes“ in der Zeit um 700 n. Chr. besaß. Stellvertretend für das gesamte Inventar aus dem Grab der „reichen Dame“ von Lahr-Burgheim soll dies im Folgenden anhand ausgewählter Objekte verdeutlicht werden.
In Baden-Württemberg übernehmen die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe und die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart die Sammlung der gedruckt, elektronisch auf Datenträgern oder als Netzpublikation erscheinenden Pflichtexemplare. Dabei arbeiten Sie in Projekten eng mit dem
Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) und der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) zusammen. So gelingt es, wesentliche Teile des textbasierten analogen und digitalen Kulturerbes des Bundeslands zu sichern.
Mit diesem Band setzt der Verfasser die systematische Erfassung und sprachwissenschaftliche Erschließung der Siedlungsnamen Baden-Württembergs fort, nachdem er bereits einen Band über den Kreis Esslingen und einen zweiten über den Stadtkreis Stuttgart und den Landkreis Ludwigsburg vorgelegt hat. Ähnlich wie beim Historischen Ortsnamenbuch von Bayern sollen nacheinander Namenbücher über die einzelnen Kreise des Landes erscheinen, die sich jedoch abweichend von der bayerischen Konzeption als rein sprachwissenschaftliche Arbeiten verstehen. Siedlungsgeschichtliche Schlußfolgerungen werden nach Ansicht des Verfassers besser erst nach dem Vorliegen mehrerer derartiger Bände und in interdisziplinärer Zusammenarbeit gezogen. Die Bearbeitung der Ortsnamenbücher soll rasch voranschreiten. Das Manuskript über die Siedlungsnamen des Kreises Tübingen ist abgeschlossen, der Alb-Donau-Kreis mit dem Stadtkreis Ulm befindet sich in Bearbeitung. Die Namen werden bis zur Erreichung der heutigen Form belegt, für das 14. bis 17. Jahrhundert im wesentlichen aus ungedruckten archivalischen Quellen, und hinsichtlich ihrer Bildungsweise und Entwicklung erklärt. Die Art der Erfassung der urkundlichen Belege entspricht den Richtlinien für die Neubearbeitung von Förstemanns Altdeutschem Namenbuch. Die heutigen Mundartformen der Ortsnamen sind vom Verfasser neu aufgenommen worden.
Mit diesem Band beginnt der Verfasser anschließend an die bereits vorliegenden Bände über die Ortsnamen der Kreise Karlsruhe und Bruchsal von Maria Diemer und Böblingen von Hans Jänichen die Siedlungsnamen des Landes Baden-Württemberg systematisch zu erfassen und sprachwissenschaftlich aufzuarbeiten. Ähnlich wie beim Historischen Ortsnamenbuch von Bayern sollen nacheinander Namenbücher über die einzelnen Kreise des Landes erscheinen, die sich jedoch abweichend von der Bayerischen Konzeption als rein sprachwissenschaftliche Arbeiten verstehen. Siedlungsgeschichtliche Schlußfolgerungen werden besser erst nach dem Vorliegen mehrerer derartiger Bände und in interdisziplinärer
Zusammenarbeit gezogen. Die Bearbeitung soll rasch voranschreiten. Das Manuskript über die Siedlungsnamen des Landkreises Ludwigsburg und des Stadtkreises Stuttgart ist bereits abgeschlossen. Der Kreis Reutlingen ist in Bearbeitung. Die Namen werden bis zur Erreichung der heutigen Form belegt, für das 14.-17. Jh. in wesentlichen aus ungedruckten archivalischen Quellen, und hinsichtlich ihrer Bildungsweise und Entwicklung erklärt. Die Art der Erfassung der urkundlichen Belege entspricht den Richtlinien für die Neubearbeitung von Förstemanns Altdeutschem Namenbuch. Die heutigen Mundartformen der Ortsnamen sind vom Verf. neu aufgenommen worden.
Die Trinkhalle in Baden-Baden gehört zu den meistbeachteten Sehenswürdigkeiten der Region. Als Architekt hat Heinrich Hübsch mit ihr 1839-42 ein Stück Stilgeschichte geschaffen, das sich bis heute erhalten hat; als Kurgebäude und „Ausstattungsträger“ steht sie für ein außergewöhnliches Beispiel gesellschaftlich-kulturellen Lebens des 19. Jahrhunderts. Über die Entstehung der Trinkhalle ist bislang nur wenig detailliert geforscht worden, und bis heute sind es zumeist die Sagen bzw. großformatigen Bilder an der Rückwand der Säulenhalle, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Daher widmet sich diese Abhandlung etwas ausführlicher der Entstehungsgeschichte der Trinkhalle und ihrer Ausgestaltung. Grundlage dafür sind die im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrten Akten, insbesondere die der Karlsruher Baudirektion. Die verschiedenen, hier enthaltenen Dokumente – vor allem aber die Berichte des Architekten und obersten Baubeamten im badischen Großherzogtum, Oberbaurat Heinrich Hübsch – geben wertvolle Auskünfte: Sie waren Bestandteil der bei Auftragsvergabe eingeforderten Geschäftsbehandlung, wonach das damalige Ministerium des Innern alle zur Realisierung der Trinkhalle beabsichtigten Schritte von Hübsch zur Genehmigung vorgelegt zu bekommen wünschte. Dementsprechend dokumentieren diese Schreiben ausführlich den Baufortschritt der Trinkhalle, aber auch – und das ist das eigentlich Spannende – die vielen damit verbundenen, uns heute unbekannten Probleme und ihre oft langwierige und nervenaufreibende Lösung. Zugleich sind die Berichte des Oberbaurats beredte Zeugnisse seiner Ansichten als Architekt und Künstler und geben Einblick in den Alltag des Bauwesens um 1840. Ergänzend wurden – für den entsprechenden Zeitraum – Meldungen aus der allgemeinen Tagespresse ausgewertet; oftmals vervollständigen oder bestätigen sie das aus Hübschs Berichten erlangte Bild. In Bezug auf die später erfolgte künstlerische Ausgestaltung der Trinkhalle mit Bildern sind die Meldungen vornehmlich aus der Karlsruher Zeitung von besonderem Interesse, da sie kontinuierlich vom Fortgang der Arbeiten in Baden-Baden berichten und so die zeitliche Entstehung der Bilder rekonstruierbar machen. Um möglichst oft die Quellen für sich sprechen zu lassen, sind in den Textverlauf viele Zitate eingeflossen. Jene Dokumente, die als verloren galten oder von weitergehendem Interesse sein könnten, sind transkribiert im Anhang zusammengefasst.
Die Herrschaft Geroldseck
(1981)
Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Geschichte der Herrschaft Geroldseck sowohl auf herrschaftsgeschichtlicher als auch auf familien- und besitzgeschichtlicher Ebene. Diesen drei Ebenen entspricht die dreiteilige Anlage, die den durch die Quellenlage gegebenen Voraussetzungen folgt. Die Historiker des 18. und 19. Jahrhunderts sahen das Gebiet „zwischen Rhein, Kinzig und Bleich“ als die Herrschaft Geroldseck schlechthin an. Dieses Gebiet deckt sich im wesentlichen mit dem ehemaligen Landkreis Lahr, der mittlerweile im größeren Ortenaukreis aufgegangen ist. Längst hat die Landesgeschichte jedoch diesen, am modernen Flächenstaat orientierten Herrschaftsbegriff überwunden; der dritte Teil der vorliegenden Untersuchung faßt demgemäß den Raum, in dem geroldseckische Herrschaftsrechte mehr oder weniger dicht gestreut sind, wesentlich weiter als - vereinfacht gesprochen - den deutschen Südwesten zwischen Vogesen und oberem Neckar, zwischen Kaiserstuhl und Oos. Der erste Teil dieses Buches versucht, aufgrund der wenigen überlieferten Quellen wie auch anhand einiger bis in die Neuzeit hinein zu beobachtender Sachverhalte auf die Frühgeschichte der geroldseckischen Herrschaft rückzuschließen, Wachstumslinien deutlich zu machen. Es war dazu notwendig, den Blick von der geroldseckischen Herrschaft im engeren Sinne abzuwenden und die kirchen- und siedlungspolitischen Kräfte der südlichen Ortenau bis hinein ins Frühmittelalter zu beleuchten. Zwar bleiben solche Entwicklungslinien oft genug Theorie, Arbeitshypothese, auch wenn sie einen später belegten und beobachteten Zustand einleuchtend zu erklären vermögen. Es wird sich jedoch zeigen, daß trotz des von der Heimatgeschichte so beklagten Mangels an schriftlicher Überlieferung die Geroldsecker und ihre Herrschaft durchaus nicht im „Dunkel der Geschichte“ verschwinden. Die Familiengeschichte bildet im zweiten Teil dieser Studie die Grundlage für die Darstellung der Familienpolitik. Dieser Teil ist um die rein beschreibenden Kapitel zur Geschlechterfolge der Linien Lahr, Hohengeroldseck und Sulz gekürzt, die bereits an anderer Stelle veröffentlicht wurden. Ihre Ergebnisse sind in die Stammtafeln des Anhangs eingegangen. Familiengeschichte kann sich notwendigerweise nur auf eine kontinuierliche Überlieferung stützen. Diese setzt in unserem Falle aber erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts ein; man kann sogar erst von etwa 1270 ab mit einer einigermaßen brauchbaren Quellenlage zur Besitz- und Familiengeschichte der Geroldsecker rechnen. Von den 188 Belegen aus der Zeit bis 1299 sind nur 107 im engeren Sinn geroldseckische Belege; lediglich 8 Urkunden sind erhalten, die die Geroldsecker vor 1266 selbst ausstellten.
Dr. Gerhard Gamber, unser ehemaliger Landrat, ist heimgegangen. 22 Jahre hat er als erster Landrat des Ortenaukreises die Geschicke dieses Landkreises gelenkt und die entscheidende Aufbauarbeit geleistet. Als Dr. Gerhard Gamber zuerst als Amtsverweser und am 10. Juli 1973 durch die Wahl im Kreistag als Landrat Verantwortung für den Ortenaukreis übernahm, lag eine Mammutaufgabe vor ihm. Aus viereinhalb ehemaligen Landkreisen musste der flächengrößte Landkreis Baden-Württembergs entstehen. Vieles, was in den 22 Amtsjahren durch seine Hand entstanden ist und bis heute Bestand hat, war zum Beginn noch gar nicht vorhanden oder nur in Konturen erkennbar. Viele schwierige kreispolitische Herausforderungen mussten gemeistert werden. Mit Fleiß, Fantasie und Ausdauer ist er diese Aufgaben angegangen und hat Grundlegendes geschaffen, auf das der Ortenaukreis und seine Bürgerinnen und Bürger noch heute stolz sein können. Als eine seiner zentralen beruflichen Aufgaben als Landrat des neuen Ortenaukreises hat Dr. Gerhard Gamber immer das Zusammenfügen der viereinhalb Kreisteile zum flächengrößten Landkreis in Baden-Württemberg angesehen.
„An dieser Stätte starben den Heldentod am 17. April 1945 / August Eckert / Martin Ott / Adolf Zimmermann / alle aus Rheinfelden / Die Treue zur Heimat war unsere Pflicht / Wir wußten, wer diese Treue bricht / Aus feiger Angst um sein Leben, / Dem kann die Heimat nie Heimstatt geben. / Die Treuesten gingen durch Blut und Not, / In ihrer Mitte da schritt der Tod. / O kühler Wald hier rauschest du / Drei tapferen Soldaten zur ew'gen Ruh!“ Diese Inschrift findet sich auf dem Heiligenzeller Soldatengrab im heutigen Gemeindewald der Gemeinde Friesenheim. Der Wanderer, der vom Lahrer Altvater aus über den Höhenweg Richtung Burgruine Geroldseck auf dem Zugangsweg zum Westweg des Schwarzwaldvereins unterwegs ist, kommt zwangsläufig an dieser Erinnerungsstätte vorbei. Drei Soldaten, für die die Hölle des Zweiten Weltkrieges bereits vorbei war, fanden in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 hier den Tod.
Dieser Bericht entstand nach Anregungen im Arbeitskreis Heimatmuseum Oberschopfheim. In diesem Arbeitskreis sind wir u.a. dabei, längst Vergangenes aus der Geschichte, dem Anbau, der Vermarktung, aber insbesondere der Zigarrenfabrikation aufzuarbeiten, um es den nachfolgenden Generationen aus unserem Ort zu erhalten. Es war unser Bestreben, Ergänzungen der von Emil Ell im Jahre 1978 erstellten Ortschronik auf dem Gebiet „Geschichte, Herkunft, Tabakanbau und Verarbeitung“ zu vervollständigen und bis ins Jahr 2008 zu aktualisieren. Wenn man früher in Deutschland von der Geschichte des Tabaks gesprochen hat, waren die Gedanken oft in die weite Welt, nach Übersee, den USA, nach Sumatra, Brasilien oder den Orient gerichtet gewesen. Dabei kam der Tabakanbau in Deutschland nicht sofort in Erinnerung, denn er war der deutschen Öffentlichkeit nicht allzu bekannt. Nur in den Regionen, in denen Tabak angebaut wurde, war er von hoher wirtschaftlicher Bedeutung für einen Teil der landwirtschaftlichen Betriebe. Ein ganz wesentlicher Anteil der Produktion des Tabaks war in Baden-Württemberg und der Pfalz anzutreffen. Aufgrund der klimatisch günstigen Verhältnisse im Rheintal und zum Teil auch in der hügeligen Landschaft dieses Gebietes wurde ein sehr intensiver Tabakanbau betrieben.
Im Rohan-Schloss in Sychrov/Böhmen wird im dortigen Museum eine Brieftasche (Portefeuille) des Prinzen Louis Antoine Henri de Bourbon-Conde, Duc d'Enghien, gezeigt. Aufgrund ihrer Größe wäre sie heute eher als Schriftentasche oder als Aktenmappe zu bezeichnen. Zu dieser sogenannten Brieftasche gibt es im Familienarchiv der Rohan in Decin/Tschechien ein Dokument mit einer genauen Beschreibung und einer Beglaubigung (Authentik) durch mehrere Personen, dass es sich wirklich um die Brieftasche des Herzogs von Enghien handelt. Wegen der Wichtigkeit der Sache für die Ettenheimer Stadtgeschichte wird der Text des Dokuments nachfolgend vollständig wiedergegeben.
Dr. J. B. Ferdinand schreibt in seinen „Miniaturen“ (1949, S. 87) mit Bezug auf die „Halsbandaffaire“: „Die gefälschten Briefe der Königin hatte er (Rohan) in einem roten Leder-Portefeuille aufbewahrt, das sich im Jahre 1935 noch im Archiv des Schlosses Rust befand.“ Gemeint sind hier die Briefe der französischen Königin Marie Antoinette, welche die Gräfin de la Motte gefälscht hatte, um Rohan „hinters Licht zu führen“, wie es Dr. Ferdinand ausdrückt. Das Familienarchiv der Ruster Freiherrn von Böcklin wird heute im Staatsarchiv Freiburg verwahrt. Eine Anfrage bei diesem Archiv ergab, dass dort außer einer großen Menge Ruster Akten und Urkunden auch noch die gesuchte rote Brieftasche (Portefeuille) vorhanden ist (Signatur U 101/1 Nr. 131). Man teilte mir mit, dass sie leider völlig leer sei und es auch nicht mehr feststellbar sei, ob und zu welchem Zeitpunkt sie Briefe irgendwelcher Art enthalten haben könnte. Aber auch die leere Brieftasche besitzt noch einen geschichtlichen Wert, und so ließ ich sie mir in Freiburg zeigen, um anschließend noch Farbfotos davon herstellen zu lassen.
Baden und Nassau, die gemeinschaftlichen Herrscher Lahr-Mahlbergs, beschlossen im Jahre 1567 auf dem „Gemeinstag zu Lar“, fortan in ihrer Herrschaft nur noch evangelische Pfarrer zu dulden. Nach dem Willen der Herrschaft wurde Hugsweier damit endgültig evangelisch. Erster evangelischer Pfarrer in Hugsweier soll Johann Seiß gewesen sein. Dem letzten katholischen Pfarrer in Hugsweier hatte man das Einkommen gesperrt. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Gemeinde zu verlassen. Die Herrschaft forderte anschließend, dass ein lutherischer Prädikant [Hilfsprediger] angestellt werde. Diese Forderung stieß auf den Protest des Patronatsherrn, des „Commenthurs“ Johann Holl in Straßburg, der für die Besetzung der Pfarrstelle zuständig war. Holls Protest hatte zur Folge, dass den Johannitern die ihnen im Lahr-Mahlbergischen Gebiet zustehenden Zinsen und Renten gesperrt wurden, bis man sich 1564 in einem in Offenburg geschlossenen Vergleich einigte. Darin verpflichteten sich die Johanniter, in Hugsweier einen Pfarrer Augsburgischer Konfession, der vorher in Straßburg sein Examen abgelegt hatte, anzustellen. Da der Vertrag aber nicht gleich unterzeichnet wurde, gab es immer wieder Schwierigkeiten.
Dieses Jahr können wir den dreißigsten Geburtstag des Naturschutzgebietes Taubergießen feiern, das nicht nur für die Menschen der Region geschätztes Kleinod ihrer unmittelbaren Lebenswelt und Bestandteil ihrer Geschichte ist, sondern auch weit darüber hinaus ob seiner Einzigartigkeit Bedeutung erlangt und Freunde gefunden hat. Bemühungen um den Naturschutz im Gebiet des heutigen Naturschutzgebietes Taubergießen gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Bereits Mitte der 1930er Jahre setzten sich vor allem die Fischer für die Erhaltung der Altrheinarme ein, deren Bestand sie durch den geplanten Ausbau des Rheinseitenkanals gefährdet sahen. Im Jahre 1938 wurde das Altrheingebiet bei einer Bootsfahrt von Rust nach Wittenweier besichtigt mit der Absicht, das Gebiet zum Naturschutzgebiet erklären zu lassen.
Über den Weltumsegler Georg Heinrich von Langsdorff ist im Geroldsecker Land schon des Öfteren geschrieben worden. Wenn er in diesem Aufsatz wieder einmal im Mittelpunkt steht, so ist dies dem Jahresthema des Geroldsecker Landes „Himmel und Hölle“ zu verdanken. Langsdorff hat beides erlebt wie kaum ein anderer: die paradiesischen Regenwälder Brasiliens, aber auch die Hölle, zu der sie werden können. Langsdorff (1774-1852), der sich als Lahrer fühlte, auch wenn er hier nicht geboren war, nahm als Arzt und Naturforscher 1803 an der ersten russischen Weltumsegelung teil. Die zweibändige Reisebeschreibung, die 1812 in deutscher und 1813 in französischer Sprache erschien, gilt heute als eine bibliophile Kostbarkeit. Mit hohen Orden ausgezeichnet, wurde er 1813 zum Kaiserlich Russischen General-Konsul in Brasilien ernannt. Neben seinen Aufgaben am Hofe des Königs Pedro, des späteren Kaisers von Brasilien, erforschte er das Land, seine Ethnien, Mineralien, Pflanzen, Vögel, Schmetterlinge und andere Insekten, und er erwarb ein Landgut, das er Mandioca nannte und zu einer musterhaften Ansiedlung gestalten wollte. Hier baute er als Erster Gemüsepflanzen aus Europa an, aber auch Kaffee. Er gilt als einer der Pioniere der Landwirtschaft und des Kaffeeanbaus in Brasilien.
Kürzlich wurden in einem Antiquariatskatalog etwa achtzig Napoleon-Karikaturen angeboten, die zwischen 1813 und 1815, also zwischen der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 und seiner Verbannung auf die Insel St. Helena im Oktober 1815 entstanden sind. In der Völkerschlacht wurde Napoleon von den verbündeten Mächten Russland, Preußen und Österreich vernichtend geschlagen. Die im vorliegendem Beitrag veröffentlichten Karikaturen sind alle nach Beendigung der Napoleonischen Herrschaft, die sich über fast ganz Europa erstreckte, veröffentlicht worden. Eine Lockerung der Zensur begünstigte die Herstellung und den Vertrieb dieser Karikaturen, die voll beißenden Spotts auf Napoleon als Zielscheibe gerichtet waren. Erst nach der Schlacht bei Leipzig entsland eine Massenproduktion antinapoleonischer Spottbilder, deren organisierter Vertrieb in großem Maße zunahm. Jetzt erst konnte sich in Deutschland der lang zurückgehaltene Groll gegen die Fremdherrschaft austoben.
Der Österreicher Karl Brandler-Pracht wird als einer der bedeutendsten Protagonisten der modernen Astrologie im deutschsprachigen Raum angesehen. In der Zunft selbst gilt er als „Neubegründer und Altmeister der deutschen Astrologie“ oder „Bahnbrecher [... ] der deutschen Astrologenschaft“. Innerhalb der kultur- und wissenschaftsgeschichtlichen Forschung ist seine Bedeutung als einer der versiertesten und einflussreichsten Autoren in der Geschichte der deutschsprachigen Astrologie ebenfalls unbestritten. Dennoch ist Brandler-Prachts Leben und Werk bislang nur oberflächlich untersucht worden. Für eine überschaubare Zeitspanne seines Lebens - von 1905 bis 1908 - lebte Karl Brandler-Pracht in der Ortenau und legte dort mit ersten Arbeiten den Grundstock für seine nachfolgende Laufbahn als astrologischer und okkultistischer Erfolgsautor. In dieser Zeit wurden Sterndeutung und Astrologie zu einer Lebensaufgabe für ihn. Die Erforschung des vermuteten Einflusses der Gestirne auf das Weltgeschehen und einzelne Lebensschicksale, die Annahme eines expliziten und nachvollziehbaren Zusammenhangs zwischen der Sphäre der Gestirne und der Sphäre der Lebewesen, beschäftigten Brandler-Pracht fortan wie nur wenige andere Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Hiobs-Botschaften kommen in verlässlichen Abständen: Egal, ob Strom, Öl oder Gas - die Preise steigen unaufhörlich. Neben dem wachsenden Umweltbewusstsein der Menschen ein Grund, warum erneuerbare Energien immer beliebter werden. Die Erdwärme, die Geothermie genannt wird, ist eine von ihnen. Sie dringt vom schmelzflüssigen Kern im Erdinneren laufend an die Erdoberfläche und erhitzt dabei die auf dem Weg nach oben liegenden Gesteinsschichten und unterirdischen Wasserlager. Deutlich sichtbar wird dieser Vorgang an vielen Stellen auf der Erde, wo in Form von heißen Quellen oder Geysiren heißes Wasser oder Dampf direkt bis an die Oberfläche dringt. Je tiefer man in das Innere der Erde vordringt, desto wärmer wird es. Die Geothermische Vereinigung hat berechnet, dass in Mitteleuropa die Temperatur um etwa drei Grad Celsius pro 100 Meter Tiefe zunimmt. Deshalb sehen Experten in der Nutzung dieser Wärme nicht nur ein riesiges Potenzial, sondern auch die Energiequelle der Zukunft. Zumal die im Untergrund vorhandenen Heißwasserressourcen nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich sind. Hinzu kommt, dass die Geothermie keine Treibhausgase verursacht und deshalb absolut umwelt- und klimafreundlich ist. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil der Erdwärme ist ihre „Grundlastfähigkeit“. Das bedeutet, dass diese Energie unabhängig von Wind und Sonne, Jahreszeiten, Wetter oder Klimabedingungen überall und jederzeit zur Produktion von Strom und Wärme eingesetzt werden kann.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden auch „himmlische“ und „höllische“ Flurnamen als Gewann-Namen bei der amtlichen Vermessung der Liegenschaften festgeschrieben. Sie beziehen sich zum weitaus größten Teil auf „Himmel“ und auf „Hölle“, zum Teil auch in einem zusammengesetzten Wort wie „Himmelreich“. Namen mit Paradies, Engel oder Teufel erscheinen nur vereinzelt. Die Verteilung von Himmel bzw. Himmelreich und Hölle ist zwar im ganzen Ortenaukreis breit gestreut, es besteht aber ein deutliches Übergewicht der Höllen-Namen in der Mitte und im Norden. Himmel und Hölle als benachbartes Namenpaar ist in der Flur die Ausnahme. In der südlichen Ortenau, die dem ehemaligen Landkreis Lahr (Neuried-Altenheim eingeschlossen) entspricht, kommen die Gewann-Namen „Himmel/-reich“ und „Hölle“ in den 43 Gemarkungen nur viermal bzw. fünfmal vor.
Der Anfang und das Ende des Lebens sowie die Hoffnung auf ein Weiterleben nach dem Tode bestimmen die kultischen Handlungen in allen Religionen. Nicht umsonst werden Verstorbene von den Anfängen der Menschheit bis zur heutigen hochtechnisierten Gesellschaft unter rituellen Handlungen an ganz besonderen Orten bestattet. Die Bezeichnung der Begräbnisstätten variiert nach Zeit und Ort: „Gottesacker“, „Kirchhof“, „Totenhof“ oder „Friedhof“. In fast allen Religionen sind die Grabstätten die Wohnungen der Toten. Sie sind Erinnerungsstätten, sie verknüpfen nicht nur das Schicksal der lebenden und der verstorbenen Familienangehörigen, sondern auch die gegenwärtige mit der vergangenen Kultur. Die Wissenschaft, die sich mit der Entwicklungsgeschichte des Menschen beschäftigt, hat bei ihren Forschungen herausgefunden, dass überall dort, wo Tote nicht achtlos liegen gelassen, sondern bestattet werden, menschliche Kultur beginnt. Deshalb lässt die Art und Weise der Bestattung für die Altertumsforschung wichtige Rückschlüsse auf die jeweilige Gesellschaftsform und die Geschichte menschlichen Zusammenlebens insgesamt zu. Nicht nur, dass Gräber Zeichen gelebten Lebens sind, die Geschichte eines Friedhofes ist auch immer eng mit der Geschichte der jeweiligen Stadt oder des jeweiligen Dorfes verbunden. Nirgendwo sonst stehen auf engstem Raum Vergangenheit und Gegenwart so intensiv nebeneinander. Nirgendwo sonst wird Geschichte so facettenreich und lebendig aufgeblättert wie auf einem Friedhof. Hinzu kommt, dass bei den Begräbnisstätten alte Bäume und dichte Hecken zur inneren Einkehr und auch zum Philosophieren einladen. Deshalb sind Friedhöfe auch Orte des Gedenkens, der Pietät und der Geschichte. Bis ins 19. Jahrhundert wurden die Toten neben den Kirchen bestattet. Das Wort „Kirchhof“ für den Friedhof deutet noch darauf hin. Durch Gesetzgebung wurde seinerzeit bestimmt, dass die Toten außerhalb der bewohnten Umgebung bestattet werden. So wurden dann „Friedhöfe“ angelegt. Damit war zwar der Ort der Bestattung „ausgegrenzt“, nicht aber das Gedenken an die Verstorbenen. Denn, es mag zwar seltsam klingen, ein Friedhof ist heute durchaus auch ein Ort des Lebens. Viele Begegnungen finden hier statt. Angehörige besuchen die Gräber ihrer Verstorbenen und schätzen die Ruhe und Beschaulichkeit des Ortes. Natürlich wird hier auch gearbeitet; Gräber werden gepflegt; die Anlagen werden instand gehalten; neue Gräber werden vorbereitet. Leben und Tod begegnen sich hier unmittelbar.
In einem Schrank der Sakristei in der Stiftskirche von Lahr werden neben anderem silbernem Abendmahlsgerät zwei Kelche des 17. Jahrhunderts aufbewahrt. Einen davon stiftete 1646 Joachim Dendele aus dem Regiment Kanoffsky, den anderen 1650 Maria Salome Kanoffsky von Langendorf (geb. Wetzel von Marsilien). Sie war die zweite Frau und Witwe des Obristen Friedrich Ludwig Kanoffsky von Langendorf (15 92-1645), der im Dreißigjährigen Krieg auf Seiten der Schweden und Bernhards von Weimar kämpfte und sich zumindest eine Zeit lang auch in Lahr aufgehalten hatte.
Contra paradisum
(2009)
Von der romanischen Kirche St. Arbogast in Haslach im Kinzigtal ist ein Tympanon erhalten, das nicht mehr als oberer Abschluss eines Portales dient, sondern dem Kircheneingang gegenüber an der inneren Wand des spätgotischen Westturmes vermauert ist (Abb. 1). Das monolithe Bogenfeld, dessen Ecken ausgebrochen und begradigt sind, ist aus rotem Sandstein, ca. 178 cm breit und 95 cm hoch. In flach hervortretendem Relief, das durch Witterungseinflüsse stark in Mitleidenschaft gezogen ist, zeigt es Adam und Eva vor Gottvater nach der Überlieferung der Genesis.
Als sich das „Atelier für kirchliche Kunst Franz Jas. Simmler's Nachf. Gebr. Moroder Offenburg (Baden)“ im Herbst 1907 um die Innenausstattung der neuen St.-Antonius-Kirche in Schuttertal - neun große und vier kleinere Aufträge im Gesamtwert von 20.660 Goldmark - bewarb, konnte es eine große Anzahl von Altären, Kanzeln, Kommunionbänken und ein Orgelgehäuse für Kirchenbauten im südlichen Bereich der Erzdiözese Freiburg vorweisen. Diese waren in nur vier Jahren seit der Übernahme des renommierten Offenburger Unternehmens zur Zufriedenheit der Erzbischöflichen Bauämter in Freiburg und Karlsruhe sowie der auftraggebenden Kirchengemeinden und ihrer Pfarrer geschaffen worden: Bad Rothenfels, Kenzingen, Bermersbach (Murgtal), Bad Griesbach, Oberachern, Kuppenheim, Ottenau, Kappelrodeck, Offenburg (Dreifaltigkeitskirche), Muggensturm sowie die im südlichen Elsaß in der Nähe von Mulhouse gelegene Trappistenabtei Oelenberg hatten neue Altäre in den unterschiedlichsten der damals beliebten Stilrichtungen in Auftrag gegeben. Das von der Auftragssumme wertvollste Stück ist der noch heute in der Pfarrkirche St. Ulrich zu bewundernde neugotische Hochaltar in Nordrach. Aus dem Bereich der Diözese Mainz ist die Marienkirche in Offenbach zu nennen, ein neobarockes Gesamtkunstwerk mit reicher Ausstattung der Gebrüder Maroder, die noch vollständig erhalten und erst vor wenigen Jahren hervorragend renoviert wurde.
In der Zeit des 15. Jahrhunderts, sehr wahrscheinlich schon zuvor, muss Schuttertal ein bekannter Wallfahrtsort gewesen sein; die bäuerliche Bevölkerung verehrte hier den Hl. Antonius den Eremiten. In einem Visitationsprotokoll von 1666 ist zu lesen: „Schutterthal war vor der Reformation ein sehr berühmter Wallfahrtsort, der aber zur Zeit des Abfalls aufhörte.“ Im Bewusstsein dieser ehemals frommen Verehrung des Hl. Antonius mag das Antoniusbild von 1670, einstmals Hochaltarbild in der alten Kirche, in Auftrag gegeben worden sein, zumal in demselben Protokoll vorgeschlagen wurde: „Man soll darüber nachdenken, wie in Schutterthal die Wallfahrt zum HI. Antonius wieder aufgenommen werden könnte.“
Auf der niederen Anhöhe, wo heute die neuromanische Kirche St. Antonius das Dorfbild von Schuttertal dominiert, stand wohl schon im 11./ 12. Jahrhundert eine Kirche. Das erste Gotteshaus war vermutlich nur ein kleines, turmloses Rechteckgebäude mit einem nach Osten ausgerichteten Altarraum. Diese frühe Kleinkirche dürfte in ihren Ausmaßen vergleichbar gewesen sein mit der romanischen Kapelle in Dörlinbach, die 1132 eingeweiht wurde und bis zum Abriss im Jahr 1922 die Jahrhunderte baulich unverändert überstanden hatte. Im 13. Jahrhundert wurde dann die dem Hl. Antonius dem Einsiedler geweihte Kirche vergrößert. Bemerkenswerterweise erhielt die neue Kirche jedoch keinen Chorturm wie das romanische Dorfkirchlein im benachbarten Wittelbach. Der Glockenturm wurde vielmehr vor das Langhaus gestellt als West-Portal-Turm, eine Lösung, die in der Ortenau, wo im 13. Jahrhundert vor allem Chorturmkirchen errichtet wurden, ungewöhnlich ist.