Die 50 zuletzt veröffentlichten Dokumente
„Max Weber und Stefan George galten für manche als die geistigen Titanen ihrer Zeit, nicht nur für Heidelberg, sondern für Deutschland überhaupt. Das Verhältnis beider war, wie von Soziologie und George überhaupt, zunächst eher ein Nicht-Verhältnis. Ende der 1890er Jahre versuchte der Philosoph Heinrich Rickert dem Freund Max Weber den Dichter nahe zubringen, aber der frischgebackene Professor der Nationalökonomie verschmähte die Poesie. Doch das änderte sich einige Jahre später. Durch eine langjährige Lebenskrise geläutert, entdeckte der Rekonvaleszent seine poetische Ader (...); er las George und trug Gedichte selbst vor.“ Was Rickert in Freiburg noch nicht gelungen war, kam dann im Jahr 1910 in Heidelberg zustande. Diesmal war es eine Studentin, Dora Jellinek, die den folgenreichen Kontakt zustande brachte. Sie hatte für eine germanistische Seminarveranstaltung einen Vortrag (s.u. Quellenanhang) ausgearbeitet, der wohl durch Vermittlung ihres Vaters Georg Jellinek an das Ehepaar Weber kam und sowohl Marianne Weber („die Arbeit einer begabten Frau“) als auch Max Weber beeindruckte. Max Weber würdigte das Referat in einem ausführlichen Brief an die Studentin und setzte sich dabei auch mit Stefan George, mit seiner Dichtung und mit seinem Freundeskreis auseinander.
Der Philosoph Karl Löwith (1897-1973) war eine der großen akademischen Persönlichkeiten, die den Heidelberger Geisteswissenschaften in der Zeit zwischen der universitären Restituierung nach dem Krieg und der Hochschulkrise um 1968 weite Resonanz verschafften. Wie kaum ein anderer seiner Zeit verkörperte der deutsch-jüdische Gelehrte an der Ruperto Carola den mittlerweile weitgehend verschwundenen Typus des Geistesaristokraten, wobei er - darin seiner Wirkungsstätte am Neckar nicht unähnlich - auf eigentümliche Weise über die Zeitläufte erhaben wirkte.
Wer war der "Kümmelspalter"?
(2009)
An dem Haus Hauptstraße 117 findet sich am zweiten Obergeschoss ein Wirtshausemblem: Ein gnomartiger Mann schwingt ein Beil, um ein Kümmelkorn zu spalten, und eine Inschrift in stilisierter Fraktur lässt keinen Zweifel: „Kümmel-Spalterei“ (Abb. 1). Wer sich auf die Suche nach dem Ursprung dieses Namens macht, findet nicht eben viel. Karl Christ streift in seiner sonst so elementaren Schrift „Alt-Heidelberger Wirtschaften“ eine Weinschenke Müller, die den Spitznamen „Kümmelspalterei“ habe. Konrad Winkler erzählt 1967/68 von einem Bäcker und Weinwirt namens Müller, der ein Geizkragen war und die Körner für seine Kümmelbrötchen zuvor spaltete. Sowohl Christ als auch Winkler versetzen diese Geschichte an den Anfang des 19. Jahrhunderts. Christ beruft sich auf Wundt, der 1805 für die Vorstadt eine Weinschenke Müller nennt, Winkler beruft sich - ohne Quellenangabe - auf Achim von Arnim, der von seiner Wohnung auf eine Weinwirtschaft Müller geblickt habe.
Der vergessene Dichter Johann Georg Deeg (1814-1846) und die Heidelberger Zeitschrift "Braga"
(2009)
Über den Schriftsteller Johann Georg Deeg ist wohl zum letzten Mal etwas nach seinem frühen Tod in Heidelberg geschrieben worden: Ein erstaunlicher Nekrolog erschien in der Mannheimer Abendzeitung, dem Sprachrohr der radikalen und demokratischen badischen Opposition. Es scheint reizvoll, diesen vergessenen Autor zunächst mit dem eindrucksvollen Text vorzustellen. Der Artikel wurde wie üblich anonym veröffentlicht unter einem Verfasserzeichen. Es war nicht möglich, die Identität dieses wohl in Heidelberg wohnenden Korrespondenten aufzudecken.
Wenn heute in Heidelberg heftig über die „Jahrhundertchance ,Stadt an den Fluss‘“ und „Stadt am Fluss light“ debattiert wird, wenn sich eine Bürgerinitiative aus Gegnern des geplanten Neckarufertunnels bildet, so gewinnt der Kampf einer der frühesten Heidelberger Bürgerinitiativen, des „Ausschusses zum Schutze des Neckartals und der Alten Brücke zu Heidelberg“ neue Aktualität. Und wenn sich auch seit der Mitte der 1920er Jahre vieles in der politischen Kultur verändert hat, sind doch Parallelen zwischen der damaligen und der heutigen Auseinandersetzung und den in ihnen angewandten Argumentations- und Handlungsstrategien unverkennbar.
Der folgende „kleine Beitrag“ fiel mir bei der Vorbereitung zur Ausstellung „Mit Spaten und Feder, Johann Metzger 1789-1852“, die 2008 im Universitätsmuseum in Heidelberg stattfand, in die Hände. Er ist 1852 in der Zeitschrift „Die Natur“ in Halle erschienen und möchte dem Leser einen Ausschnitt aus der wechselvollen Geschichte des heutigen Friedrich-Ebert-Platzes vor Augen führen, den Sachzwänge und Gleichgültigkeit, gepaart mit Ignoranz und Unwissenheit immer weiter zerstört haben: Ein prächtiger Garten ist verschwunden, der mit seinem alten und seltenen Baumbestand einst zu den touristischen Attraktionen Heidelbergs zählte.
Woran erinnern sich Menschen, als Individuen, als Gruppe, als Nation? In welcher Form äußern sie diese Erinnerung? In welchen Jahrestagen und Orten konkretisiert sich die Erinnerung? Wie benutzt das politische System die Erinnerung? Individuelles und kollektives Gedächtnis, Erinnerungskultur, Erinnerungsritual, Gedächtnisort, Geschichtskultur, Geschichtspolitik - diese Begriffe haben seit Mitte der 1990er Jahre Eingang in die Kultur-und Geschichtswissenschaften gefunden. Nicht das erinnerte Ereignis steht im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern seine Interpretation und Bewertung, seine Bedeutung für das politisch-historische Bewusstsein. Dabei erweisen sich die Studien von Aleida Assmann, Ute Frevert, Peter Reichel und Edgar Wolfrum als besonders erhellend.
Ghetto ohne Ghetto
(2009)
Als man die Menschen aus ihren Wohnungen vertrieb, als man sie nach Gesetzen, die Willkür legitimierten, ihres Umfelds beraubte, sie mit ihren Habseligkeiten durch die Stadt ziehen ließ, vor aller Augen demütigte und in Behausungen drängte, die schon übervoll mit Menschen waren, sie dort warten ließ auf den Abtransport, sie erleben ließ, wie es dem einen Mitbewohner gerade noch gelingt, das rettende Visum zu erhalten, wie andere nach und nach „abgeholt“ werden, dann wird sichtbar, dass der Weg in den Holocaust viele Stationen hatte, an denen Entwürdigung, Entrechtung und Zerstörung stattfanden. Stationen, an denen aber auch Solidarität, Courage und Überlebenskraft sichtbar wurden. Davon zeugen die Vorgänge um die „Zusammenfassung“ jüdischer Einwohner in so genannte „Judenhäuser“, ein Vorgang, der in größeren Orten und in Großstädten seit 1939 von staatlichen, städtischen und Parteibehörden vorangetrieben wurde.
Die Enkelin des Philosophen
(2009)
Fragt man heute die Wenigen, die - meist als Kinder - die Heidelberger Ärztin Marie Clauss noch gekannt haben, so fördert ihre Erinnerung ungefähr folgendes Bild: Sie war eine eher kleine, unscheinbare Frau, freundlich und gütig; war immer da, wenn man sie brauchte. Sanft war sie, aber entschieden; still und unerschrocken; immer wieder wird diese Mischung von deutlicher Entschlossenheit und Milde hervorgehoben. Als Ärztin besaß sie eine starke Ausstrahlung, man fasste schnell Zutrauen zu ihr. Sie hatte einen riesigen Patientenkreis, sowohl als Hausärztin vieler Professorenfamilien als auch bei den Armen in den heruntergekommenen Hinterhöfen der Altstadt. „Sie und Dr. Thorspecken waren die Starärzte von Heidelberg“, urteilt eine jüngere Kollegin, die sie noch kannte. Mittellose behandelte Marie Clauss unentgeltlich. Sie lebte bescheiden. Was ihr am entschiedensten Profil gibt, ist, was sich sonst noch herumsprach, ohne dass man damals Genaueres wusste, weil Verschwiegenheit geboten war: Sie setzte sich für die verfemten Juden ein. „lm Grunde war sie eine Kämpfernatur. Dass sie nicht ins KZ kam, war ein Wunder.“
"Sündig und süß"
(2009)
Um das Ende der Stummfilmzeit in Heidelberg zu verstehen, muss man zunächst die Situation in der Stabilisierungsphase nach der Inflation (1923) betrachten: Es gab zwei „Monopol-Filmtheater“ (Erstaufführungskinos mit Monopolstatus), das „Odeon“ (Hauptstr. 37, mit 350 Plätzen) von Friedrich Schulten 1911 als Kinopalast mit Kellerlokal und Konzert-Cafe erbaut und die „Kammer“-Lichtspiele (Hauptstr. 88, 375 PI.) der Gebrüder Bayer. Daneben gab es noch das „Neue Theater“ des Holländers Drukker in der Hauptstr. 42 ( heute „Schloß“-Kino, 250 Pl.) - ein mehr oder weniger schlecht beleumundetes Kintopp minderer Güte, das sich jedoch regen Publikumszuspruchs erfreute. Und es gab- seit Mai 1924 - die „Kulturfilmbühne“ (heute „Gloria“-Kino, 190 PI.), ein gemeinnütziges, ja kommunales Kino, dem der Vorsitzende des örtlichen Zensurausschusses, Dr. Karl Ammann, als Geschäftsführer vorstand. Das Ende der Stummfilmära bescherte Heidelberg jedoch noch einen Knalleffekt, der sozusagen der krönende Abschluss jener Entwicklung bildete und zugleich auf künftige Entwicklungen voraus wies.
Die persönlichen Beziehungen Friedrich Schillers (1759-1805) zu Heidelberg waren marginaler Natur: Nur wenige Male kam er während seiner Mannheimer Jahre zu einem kurzen Besuch herübergereist, ein nennenswerter literarischer Austausch mit hier ansässigen Persönlichkeiten ist über die Quellen nicht dokumentiert. Dennoch ergaben sich wichtige Berührungspunkte, etwa bezüglich Schillers Kontakten zu den Heidelberger Mitgliedern des Illuminaten-Ordens oder einzelnen Vertretern der Studentenschaft. Eine Erweiterung des Betrachtungshorizonts über seine Person hinweg offenbart zudem für die Jahre nach seinem Tod ein durchaus dichtes Beziehungsgefüge zwischen Weimar und Heidelberg, in dessen Mittelpunkt die Familien Schiller und Voss stehen; auch weilten beide Schiller-Söhne in den Jahren um 1810/13 als Studenten an hiesiger Universität. Darüber hinaus hatte mit dem Ableben des Dichters am Neckar und andernorts jene Bewegung an Dynamik gewonnen, die sich bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts nachgerade zu einem Taumel nationaler Selbstidentifizierung steigern sollte und auf deren imaginärem ideengeschichtlichem Banner Schillers Bildnis als Nationaldichter und Identifikationsfigur wie ein Fanal der Hoffnung prangte. So erscheint es lohnenswert, den Hauptaspekten dieses komplexen literatur- und kulturgeschichtlichen Phänomens in seinen wichtigsten Handlungssträngen erstmals mit monographischem Blick auf das geistesgeschichtliche Milieu der Universitätsstadt und seiner Bewohner nachzugehen, nicht zuletzt um die Beiträge einzelner Protagonisten einer kritischen Revision zu unterziehen: Denn viele Namen seiner einstigen hier lebenden Bezugspersonen sind heute der Vergessenheit anheim gefallen, so dass sich eine Neubewertung auf Grundlage der Primärliteratur und unbekannter Quellen anbietet. Dies ist auch insofern überfällig, als die Schillerrezeption für Mannheim und den Oberrhein als hinreichend dokumentiert zu gelten hat, Heidelberg dort jedoch
nur ganz am Rande berührt wird. Keineswegs soll im Folgenden eine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem gut erforschten und spannungsreichen System der Heidelberger Romantik und ihrer Rezeption der Schillerschen Dichtung angestrengt werden. Dieser Komplex wird gleichwohl gestreift und auf seine maßgeblichen Tendenzen hin überprüft. Die nachfolgenden Ausführungen bilden den ersten Teil einer längeren Untersuchung, die sich auf die Jahre bis um 1810 konzentriert. Dem Heidelberg-Besuch der Dichter-Witwe Charlotte v. Schiller (1766-1826) vom August/September 1810 und den Studentenjahren der beiden Schiller-Söhne ist ein zweiter Teil gewidmet, der im nächsten Jahrbuch erscheinen wird. Ein dritter Teil beschließt das Panorama mit einer Betrachtung der Vereinnahmung Schillers durch die liberale Bewegung, dies mit Fokus
auf den Heidelberger Gelehrten Gervinus und die beiden großen Schiller-Feiern der Jahre 1859 und 1905.
Bereits in den 1920er Jahren scharte der Heidelberger Vermessungsingenieur Albert Metzler (1895-1963) eine Reihe Gleichgesinnter aus Stadt und Landkreis Heidelberg um sich, die sich in ihrer Freizeit mit Heimat- und Familienforschung beschäftigten. In den 1950er Jahren wurden aus diesen zwanglosen Treffen regelmäßige Zusammenkünfte mit festen Programmpunkten und der 11. April 1956 so zum offiziellen Gründungstag. 2006 wird nun auf ein halbes Jahrhundert zurückgeblickt, während dessen der Öffentlichkeit im Raum Heidelberg einmal im Monat, also alles in allem 600 Mal, eine Abendveranstaltung zu historischen Themen geboten wurde.
Der Verein "Begegnung"
(2006)
Mehrere Vereinen, Initiativen und Institutionen sind in Heidelberg an der Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden, an Gedenken und Erinnern und dem Aufbau stabiler Kontakte aktiv. Zu ihnen zählt die Gesellschaft für christlichjüdische Zusammenarbeit, die sich dem interkonfessionellen Dialog ebenso verpflichtet fühlt wie zeitgeschichtlichen Fragen, das Partnerschaftskomitee mit der israelischen Stadt Rehovot, der Freundeskreis der jüdischen Hochschule und das (kultur) räumliche Angebot der jüdischen Gemeinde. Der Erforschung jüdischer Geschichte ist neben den wissenschaftlich-dokumentierenden Institutionen (der Jüdischen Hochschule und dem Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland) auch der Heidelberger Geschichtsverein verpflichtet. In zahlreichen Stadtführungen verschiedener Organisationen wird seit über einem Jahrzehnt die jüdische Stadtgeschichte „begangen“.
Max Weber, der von manchen Zeitgenossen so genannte „Mythos von Heidelberg“, gehört zu den Lieblingsthemen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschung der vergangenen Dekaden. Eine stattliche Reihe dickleibiger und teurer Bände der Max-Weber-Gesamtausgabe, Dutzende von Tagungsbänden über das Thema „Max Weber und ... “, Hunderte von Aufsätzen zu Einzelaspekten von Webers Werk füllen die Bibliotheken der soziologischen, historischen, religionswissenschaftlichen und juristischen Seminare nicht nur der deutschen Universitäten. Doch, so meinte Gregor Schöllgen vor einigen Jahren, eine letzte große „Herausforderung für die Weber-Forschung“ blieb: die „Biographie ihres Helden“. Zwar hat es manche Versuche gegeben, eine wissenschaftliche Weber-Biographie zu schreiben, doch sie führten bislang zu keinem oder jedenfalls keinem befriedigenden Ergebnis. So blieb schließlich jahrzehntelang das berühmte „Lebensbild“ von Webers Witwe Marianne das, wegen der persönlichen Nähe von Biographin und Gegenstand freilich problematische, Standardwerk.
Die Grundstücksakten im Heidelberger Stadtarchiv sind gelegentlich dann von wissenschaftsgeschichtlichem Interesse, wenn es um die Lokalisierungen von Institutionen oder Wohnungen geht. In diesem Bestand jedoch auf Originalbriefe von Else Jaffé (1874-1973) und Alfred Weber (1868-1958) zu stoßen, ist nur ein Verdienst des Zufalls. Bevor zwei der Briefe im Wortlaut mitgeteilt werden, soll auf die Heidelberger Bauleitplanung der 1920er Jahre, auf die Biografien der handelnden Personen und auf das eigentliche Grundstücksgeschäft näher eingegangen werden.
2007 jährt sich die Auffindung des weltweit bekannten Unterkiefers des Frühmenschen von Mauer zum 100-sten mal. Anthropologen gaben ihm den Namen Homo erectus heidelbergensis. Dieser Homo habilis, der „befähigte Mensch“ durchstreifte als Jäger und Sammler seinen Lebensraum, sah sich den starken Klimaschwankungen des Eiszeitalters ausgesetzt, lernte mit ihnen zu leben und verbesserte in steter Auseinandersetzung mit der Natur seine handwerklichen und sozialen Fähigkeiten. So lernte er die Beherrschung des Feuers, erfand immer bessere Jagdwaffen und Werkzeuge und entwickelte eine differenzierte Sprache.
Seit Schaab und Sillib Urkunden zur Geschichte des Klosters Neuburg zusammengestellt haben, ist bereits rund ein halbes bzw. ein ganzes Jahrhundert vergangen. So erscheint es nicht verwunderlich, dass man immer wieder auf bisher unberücksichtigt gebliebene Dokumente stößt. Die bisher bekannten betreffen fast ausnahmslos rechtsrheinischen Besitz. Lediglich Speyer, es handelt sich um eine Häusergült, Deidesheim und Haßloch bilden die Ausnahmen. Die hier in diesem Text vorgestellten Quellen zeigen Beziehungen zu weiteren linksrheinischen Orten, nämlich Eppstein, Lambsheim und Kloster Seebach (heute Bad Dürkheim) wie auch zu Haßloch und zu rechtsrheinischen Orten.
,Imperium Romanum' war der Titel der erfolgreichen Ausstellung, die der römischen Epoche unserer südwestdeutschen Landesgeschichte gewidmet war. Die Landesausstellung wurde an zwei verschiedenen Orten präsentiert: Während sich das Archäologische Landesmuseum in Stuttgart dem Zeitraum vom Beginn der militärischen Okkupation bis zum Fall des obergermanisch-rätischen Limes widmete, beleuchtete die Schau des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe die wechselhaften Ereignisse während der Spätantike.
Beim Schlendern in der Heidelberger Altstadt, durch die Karl-Ludwig-Straße, gewahrt man plötzlich hinter der Providenz-Kirche einen hohen Baum mit gewaltiger Krone, dem man nicht sofort ansieht, zu welcher Art er gehören mag. Erst beim Näherkommen sieht der Baumfreund, dass es sich um einen Ginkgo biloba handelt. Nicht weit von hier steht ein zweiter Ginkgo, der aber nicht den gewaltigen Umfang seines Artgenossen erreicht hat. Man findet diesen Baum leicht in einem Hof, einem früheren Durchgang von der Plöck zur Hauptstraße, der im Torbogen der Plöck Nr. 63 beginnt. Warum wohl hat man die Ginkgos, die ja nicht zur einheimischen Flora gehören, ausgerechnet zwischen die Häuser der Altstadt gepflanzt? Dazu muss man wissen, wie diese Gegend vor etwas mehr als 200 Jahren aussah!
Als aufmerksamer Spaziergänger sieht man entlang des Schlosswolfsbrunnen-Weges hier und da am Straßenrand Steine gesetzt, die stets die gleiche Größe und Form aufweisen. Sie sind etwa 20 cm breit, oben abgerundet und tragen auf der Vorderseite in einem Kreis ein großes „A“, dessen Querstrich nach unten abgewinkelt ist. Sehr unterschiedlich hoch ragen die Steine aus dem Erdboden heraus, denn viele sind durch den Straßenbelag fast im Erdboden verschwunden und nur noch an der Abrundung der Oberseite zu erkennen.
Der Name „Pfaffengasse“, schrieb Gerhard Ritter 1936, erinnere daran „daß dieses alte Gewinkel, heute ein besonders verwahrlostes und unscheinbares Stadtrevier, ehemals stolzere Zeiten gesehen hat“. Heute ist die Pfaffengasse nicht mehr verwahrlost, aber weiterhin unscheinbar. Trotz Sanierung und Neubauten ist ihr noch anzusehen, dass auf der Ostseite die Rückseite der Markthalle und später des Barockpalais Haspelgasse 12 und auf der Westseite die Rückseite des Seppichschen Fuhrunternehmens eine Geschlossenheit der Bauzeilen
nicht hat aufkommen lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, im Namen des Verbands Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg, möchte ich Sie begrüßen. Aus Anlass des 50. Jahrestages der Befreiung von der NS-Gewaltherrschaft möchte ich Ihnen einige vorläufige Anmerkungen zur Verfolgungsgeschichte der Heidelberger Sinti und Roma vortragen. Für mich als gebürtige Heidelbergerin ist das zugleich ein Stück unserer allgemeinen deutschen Geschichte, ein Stück Stadtgeschichte und auch ein Stück meiner Familiengeschichte. Unter uns gibt es keine Familie, die nicht einen großen Teil ihrer engsten Angehörigen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern verloren hat. Allein aus meiner Familie wurden 24 Menschen von den Nazis ermordet. Die Überlebenden waren die Ausnahme. Die Völkermordverbrechen an Sinti, Roma und Juden waren nur möglich in einem System, dessen beherrschende Ideologie ein menschenverachtender Rassismus war.
Goebbels in Heidelberg
(2006)
Es gab eine Reihe an Verbindungen des obersten NS-Propagandisten zu Heidelberg, verschiedentlich wird die Stadt in seinen Aufzeichnungen, den „Tagebüchern“ Joseph Goebbels', erwähnt. Einige Vorbehalte gegenüber dieser Publikation sind jedoch angebracht - so formulierte der Berliner Historiker Bernd Sösemann in einer Zwischenbilanz zur Dokumentation der Niederschriften und Diktate von Joseph Goebbels Kritik an der vorliegenden Edition der täglichen Aufzeichnungen. Er stellt fest, dass sie trotz Einführung einiger editionswissenschaftlicher Standards immer noch Mängel zeige, so - im Hinblick auf den textkritischen Apparat - der Text selbst erscheint geglättet, - bezogen auf die Nichtkenntlichmachung der Heterogenität des verwendeten Textmaterials, - die Aufzeichnungen seien von Goebbels „für seine Schriftstellerei, Reden und für Zeitungsbeiträge“, für Denkschriften etc., geschrieben bzw. diktiert worden, das aus Kopien, Hand- und Maschinenschriften, von Goebbels veranlassten Abschriften, Transkriptionen bestehe und Streichungen, Abänderungen etc. von verschiedener Hand enthalte, - schließlich gebe es Kollationierungsversäumnisse.
2006 blickte die Stadtbücherei Heidelberg auf eine hundertjährige Geschichte zurück. Schon 1904 hatte ein großzügiger Spender eine Schenkung in Höhe von 30.000 Goldmark an die Stadt Heidelberg gemacht und damit den finanziellen Grundstein zur Errichtung einer dann allein aus städtischen Mitteln finanzierten Volksbibliothek und Volkslesehalle gelegt. Bald nach dem Schenkungsakt begannen von Seiten der Stadtverwaltung emsige Vorbereitungsarbeiten zum Aufbau einer Volksbibliothek, unter anderem die Suche nach geeigneten Räumen sowie einem geeigneten Bibliothekar für die Einrichtung und spätere Leitung der neuen Institution.
Die Bedeutung Karl Jaspers' für die Psychiatrie des 20. Jahrhunderts, insbesondere für die Psychopathologie, ist unbestritten. Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn man Jaspers' Einfluß auf die Psychiatrie wesentlich höher veranschlagt als auf die Philosophie der Gegenwart. Aber auch seine Auseinandersetzung mit Grundfragen der Psychotherapie aus der Sicht des Psychiaters und Philosophen ist bedeutsam und hatte erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung und Stellung der Psychotherapie in Deutschland nach dem Ende des 2. Weltkriegs.
Eberhard Gothein (1853-1923)
(2006)
Als das badische Kultusministerium Eberhard Gothein 1903 auf den Lehrstuhl von Max Weber (1864-1923) berief, schloss es sich dem Votum der philosophischen Fakultät der Heidelberger Universität an. In den Berufungsverhandlungen hatte Gothein gebeten, die Professur für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft durch einen Lehrauftrag für Kulturgeschichte zu erweitern. Ein Wunsch, dem das Ministerium entsprechen wollte, nicht jedoch bevor es die Meinung der Fakultät eingeholt hätte. Der damalige Dekan, der Kunsthistoriker Henry Thode (1857-1920) gab die Anfrage von oben an seine Kollegen weiter und bat zugleich um deren Zustimmung. Obwohl Max Weber bereits am 1. Oktober 1903 von seinem Lehramt entpflichtet worden war, wurde er um eine Stellungnahme gebeten. In einer Antwort vom 24. November 1903 unterstützte er den Anspruch seines Nachfolgers auf einen kulturgeschichtlichen Lehrauftrag: „Bei der ungewöhnlichen Arbeitskraft Gotheins unterliegt es keinem Zweifel, dass er seinen Verpflichtungen gegenüber der nationalökonomischen Disziplin trotzdem in vollem Umfang gerecht werden wird.“ Im Übrigen sei er (Weber) an dieser Angelegenheit nicht mehr interessiert und „auch zur Abzeichnung nicht legitimiert.“ In der Tat war es ungewöhnlich, einen aus dem Dienst entlassenen Lehrstuhlinhaber über dessen Nachfolger zu befragen und die Stellungnahme in die offiziellen Akten der Fakultät aufzunehmen.
Caroline Rudolphi war Pädagogin und Schriftstellerin. Ihr dichterisches Werk ist zwischen Klassik und Romantik angesiedelt. 1803 gründete sie in Heidelberg die erste private Mädchenschule. Ihr Lebenswerk und auch ihre Person gaben 1807 den Anstoß zum öffentlichen Eklat des Heidelberger Romantikerstreits.
Ein französischer Romantiker - was ist das? Einer gängigen Definition zufolge ist das im Bereich der Literatur und des Geisteslebens ein Schriftsteller oder Denker der Zeit seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, der das „sentiment“, das Gefühl, über die „raison“, die Vernunft, stellt und die „imagination“, d. h. die Phantasie, die Einbildungskraft, über die „analyse critique“, das kritisch-analytische Denken. Dieser weitgefassten Definition steht seit einigen Jahrzehnten bei einer Reihe von französischen Literaturhistorikern eine engere gegenüber, die als die eigentliche Romantik nur solche Autoren in Betracht zieht, die sich an der Elle der deutschen Romantik messen lassen können.
Seit Jahrzehnten wird in zahlreichen Wieblingen betreffenden Zeitungsartikeln, Festschriften u.ä. als Wieblinger „Emblem“ das Gerichtssiegel von 1622 wiedergegeben, wie es erstmals der damalige evangelische Ortspfarrer Dr. Heinrich Neu in seiner 1929 erschienenen Ortsgeschichte auf dem Buchdeckel abgebildet hat (Abb. 1). Auch die Fahnen, die seit 1979 an den örtlichen Festtagen den Stadtteil schmücken (Entwurf: Frau Ruth Perlik), sind nach dieser Abbildung entworfen. Und einige Wieblinger Vereine (Stadtteilverein, Sportverein, Männergesangsverein, Bund der Selbständigen) legten diese Abbildung ihrem Vereinsemblem zugrunde. Auf diesem Siegel sind zwei Wappenschilde übereinander angeordnet: unten einer mit den Wittelsbacher Rauten und oben einer mit einem gleicharmigen Kreuz; darüber erhebt sich eine Person, die durch die Kopfbedeckung, eine Mitra, als Bischof oder Abt zu deuten ist und die in ihrer rechten Hand einen viereckigen Gegenstand, wohl ein Buch, und in der linken einen Vogel hält. Die Umschrift lautete in der bisher üblichen Lesart: „INDEN.GERICHTS.S.WIEBLINGEN“.
„Dieses Haus wurde von einem Glaubensflüchtling aus Frankreich erbaut." „Am rechten Erker unten sehen Sie das Doppelrelief der Kinder des Bauherrn Charles Belier.“ „Das Haus wurde 1693 verschont, weil es der Sitz des französischen Kommandanten war.“ „Hier übernachtete 1838 Victor Hugo.“ Wer sich täglich am Haus zum Ritter, Hauptstraße 178, durch die Besucherpulks zwängt, stört sich nicht mehr an derlei Gästeführungsmythen und ist eher belustigt über den Sach- und Sprachschnitzer vom häuserarmen Heidelberg, mit dem aktuell die Fußballweltmeisterschaft 2006 beworben wird: „Der Ritter ... überlebte als eines der wenigen Häuser Heidelbergs die Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg.“ Ganz anders ist das bei einer eigenen Führung: 2004 waren sich Michael Buselmeier und ich bei der Position vor dem ,Ritter‘ über viele Details nicht einig, insbesondere über die Deutung der beiden unteren Reliefs am rechten Erker. Aus der Nacharbeit dazu
ist der folgende Beitrag entstanden.
Seit 1950 gibt es auf dem Heidelberger Bergfriedhof ein Ehrengrab für dort bestattete 27 Personen, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geworden waren. Ein damals gestalteter Gedenkstein war allerdings anonym formuliert: „Den hier ruhenden Opfern der nationalsozialistischen Justiz zum ehrenden Gedenken“. Nur wer die Akten kannte, wusste, dass hier auch die Asche von Max Karl Prinz zu Hohenlohe-Langenburg ruhte, ein Name, mit dessen Leben und Schicksal in Heidelberg niemand etwas verband. 1968 wurden auf einer ergänzenden Namenstafel die Namen von sieben hingerichteten französischen Widerstandskämpfern genannt, und seit 2001 gibt es eine ergänzende Tafel mit den weiteren bislang nicht genannten Namen von zwei Frauen und 18 Männern. Eine Stele aus schwarzem Granit, nach einem Wettbewerb der Stadt Heidelberg von dem Bildhauer Günter Braun aus Eppelheim gearbeitet, gibt dem Ehrengrab nun die künstlerisch gestaltete Form einer Gedenkstätte. Zeitgleich wurde versucht, die Schicksale der dort begrabenen Widerstandskämpfer aufzuklären.
In dem folgenden Textauszug geht es um eine Kutschfahrt von Mannheim über Heidelberg nach Neckargemünd, danach wird auf ein Schiff umgestiegen. Der Ich-Erzähler benutzt eine
Dienstreise, um das Neckartal bis Neckarelz und den Odenwald zwischen Erbach und Eberbach zu beschreiben. Es dürfte sich um eine der frühesten Reisebeschreibungen des oberen
Neckars und des südlichen Odenwalds handeln. Der Abschnitt ist folgender Veröffentlichung entnommen: J. G. Rieger: Vaterländische Wanderungen. Einige Kapitelchen für meinen Freund. Didaskalia oder Blätter für Geist, Gemüth und Publicität, Januar 1824, Nr. 6 und 7. Du wirst Dich noch erinnern, daß Kutscher Schmitts kleiner Josephel wie der Sonnengott mit uns aus der Stadt flog. O, was das für ein bescheidener sanfter Mensch ist! Du magst ihn fragen, was, so oft und so viel Du immer willst, er - spricht nichts. Warum mußte ich doch bei der letzten Stadtdeputirtenwahl gerade den Schnupfen haben!
Einer Arbeit über den mittelalterlichen Hof stellt sich zunächst das Problem einer Definition dieses zentralen, aber schon für die mittelalterlichen Zeitgenossen kaum fassbaren Phänomens. Die vorliegende Arbeit folgt weitgehend dem Ansatz Peter Moraws, der den Hof als „das Medium, durch welches der Herrscher seine Existenz verwirklicht“ bezeichnet. Den Hof bildete demnach diejenige Menschengruppe, die, sei es materiell oder politisch, für die Aufrechterhaltung und Sicherung der fürstlichen Herrschaft zu sorgen hatte. Der Wächter gehörte ihm grundsätzlich genauso an wie der Küchenmeister, der Notar oder auch der adlige Rat.
Am Ende des Dreißigjährigen Krieges standen sich die Konfessionen „als klar und hart geprägte Typen gegenüber. Als Ergebnis des langen Streites, aber auch der erzieherischen Tätigkeit der Obrigkeiten, hatte sich ein geschärftes konfessionelles Bewusstsein entwickelt, ein von Abwehrbereitschaft, Hass, Misstrauen, Verbitterung und Verkennung diktiertes Verhältnis der verschiedenen Kirchengruppen zueinander.“ Der pfälzische Kurfürst Karl Ludwig passt nicht in dieses Bild. Er war der zweite Sohn des Kurfürsten Friedrich V., des „Winterkönigs“, und seiner Gattin Elisabeth von England und erhielt erst 1648 die Pfalz und „führte in kurzer Zeit das verwaiste Erbe zu neuer Blüte.“ In das entvölkerte Land rief er Einwanderer. „Alle drei christlichen Konfessionen erhielten volle Freiheit, ja, in der Kirche zur ,Heiligen Einheit‘ wurden abwechselnd katholische, calvinistische und lutherische Gottesdienste abgehalten. Auch die wiedereröffnete Universität Heidelberg sollte im Geist der Toleranz arbeiten.“ Hier wurde bei der Restitution der Universität 1652 der jüdische Stadtarzt von Heidelberg Jacob Israel
zum Professor für Physiologie, Anatomie und Chirurgie berufen, jedoch anfangs unter Verzicht auf eine Besoldung. Er fungierte zwischen 1658 und 1673 viermal als Rektor der Universität, bevor er 1674 starb. Im Feb. 1673, Israels letztem Rektorat, erhielt der Heidelberger Theologieprofessor Hans Ludwig Fabritius „von Kurfürsten Karl Ludwig den Auftrag, den niederländischen Philosophen Baruch Spinoza (1632-1677) zur Annahme des Rufes auf den Heidelberger Lehrstuhl für Philosophie zu bewegen.“ Allerdings lehnte Spinoza ab, und als 1685 mit dem Tod des Kurfürsten Karl, Karl Ludwigs Sohn, die Linie Pfalz-Simmern erlosch, versank die Pfalz in den Zerstörungen des Orleanschen Erbfolgekriegs. Sie wurde noch schlimmer verwüstet als im Dreißigjährigen Krieg, und mit den neuen Herren setzte bald auch die Gegenreformation ein. Es dauerte bis 1799, bis durch die Religionsdeklaration des Ministers Montgelas die Toleranz wenigstens für die christlichen Kirchen in der Pfalz wieder eingeführt wurde.
Willy Hellpach war vor allem in der Weimarer Republik ein bekannter Völker-, Arbeits- und Organisationspsychologe, dessen Werke z. T. zahlreiche Auflagen erlebten. Seine Forschungen und seine Person sind im Studium heutiger Psychologiestudenten trotzdem nicht mehr unbedingt Gegenstand, auch wenn die Völkerpsychologie wieder zunehmend das Interesse der Forschung findet. Die wissenschaftliche Arbeit Willy Hellpachs war schon Gegenstand von zwei wissenschaftlichen Untersuchungen. Bisher fehlte jedoch die Würdigung des vielseitigen Intellektuellen in einer wissenschaftlichen Biografie, die auch den wichtigen Teil seines politischen Engagements und seiner politischen Ämter einschließt. Wichtige Stationen seines Lebens führten Hellpach nach Heidelberg, seit 1926 lebte er fast 30 Jahre dort und wurde 1955 auch auf dem Bergfriedhof beigesetzt. Hellpachs wesentliche Leistungen als badischer Kultusminister in der Weimarer Republik sind Gegenstand dieses Beitrags. Zu den vielfältigen Aufgabengebieten seines Amtes gehörten neben der Bildungspolitik auch die drei badischen Hochschulen, also auch die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Nach einem Überblick über Hellpachs Werdegang sollen daher seine Leistungen als Kultusminister zur Sprache kommen. Der Schwerpunkt liegt auf Hellpachs Wirken auf politischer Ebene und seine Vorgehensweise bei Disziplinarfällen mit politischem Bezug. Es zeigen sich hierbei die Anfeindungen, denen die Weimarer Republik vom rechten, aber auch vom linken Spektrum ausgesetzt war, und die Haltung des Kultusministers zu diesen Vorfällen.
Am 9. November 2004 übergab Beate Weber, die Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg, im Rahmen einer Feier auf dem Synagogenplatz die an der Nordwand des ehemaligen Rabbinerhauses in der Großen Mantelgasse angebrachten Gedenktafeln an die jüdischen Opfer von Deportation und Ausweisung der Öffentlichkeit. Ein Zitat aus Jesaia 56,5 und ein schlichter Text verweisen darauf, dass die Tafeln die Namen jüdischer Bürger und Bürgerinnen enthalten, die in der NS-Zeit von 1933 bis 1945 ausgewiesen, deportiert und ermordet wurden oder als Reaktion auf Terrormaßnamen des Regimes „in den Tod getrieben“ wurden, d. h. sich selbst das Leben nahmen. Zusammen mit einer Informationstafel zur jüdischen Geschichte Heidelbergs, der farblich abgesetzte Pflastermarkierung des Grundrisses der Synagoge und dem lange Zeit auf dem neuen jüdischen Friedhof aufgestellten Gedenkstein ist ein Gedenkort gestaltet worden, der auf über 200 Jahre religiöses jüdischen Lebens in Heidelberg verweist.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Feinde. Ich danke der Stadt Heidelberg, den Mitgliedern des Gemeinderats und besonders der Oberbürgermeisterin Beate Weber für die Verleihung der Richard-Benz-Medaille. Richard Benz verdanke ich mehr. Um das Jahr 1960, als unwissender, nach Orientierung suchender Student der Germanistik und Schauspiel-Eleve, fielen mir einige seiner Bücher in die Hand, die ich noch immer schätze und die mich entschieden geprägt haben. Auch Benz selbst verehrte ich, ich grüßte ihn, wenn ich ihm auf der Gaisbergstraße begegnete, aber ich wagte es nicht, ihn anzusprechen. Nur einmal haben wir uns - er einen ungebärdigen Spaniel, ich einen Dackel an der Leine - über Hundeprobleme unterhalten. Dabei hätte er mir - ich schrieb um 1960 meine ersten expressionistisch inspirierten Gedichte - zum Beispiel einiges über Alfred Mombert berichten können, den Kosmiker, dessen steile Sprachgesten mir immer unverständlich geblieben sind, ihm jedoch vollkommen vertraut zu sein schienen, wie es mir seine Schrift zum fünften Todestag des Dichters aus dem Jahr 1947 nahe legte. Ich selbst hielt Mombert für einen Wegbereiter des Expressionismus, folglich für einen Anhänger der Moderne und naturgemäß seinen Freund und postumen Laudator ebenso, was ein jugendliches Missverständnis war.
Heidelberg ist an überlieferten Wappen, Handwerkszeichen und Marken so reich, dass sich damit ein ganzes Buch füllen ließ. Allerdings sind Handwerkszeichen der Weißgerber nur selten überliefert, in Heidelberg ein einziges: es ist der Hausstein der Heidelberger Weißgerber Georg Hieronimus Hettebach und Johann Engelhart Hettebach von 1749 im Lapidarium des Kurpfälzischen Museums, dessen Inschrift wie folgt lautet: HAD ... ERBAVT GEORG/ HIERONIMUS HETTEBACH 1719/ RENNOFYRT 1749/ JOHANN ENGELHART HETTEBACH/ MARIA BARBARA HETTEBACHIN/ Alle Großbuchstaben N sind spiegelbildlich gehauen. Unter der Inschrift ist das historische Weißgerberzeichen angeordnet: die beiden sich diagonal kreuzenden Werkzeuge für die Hautbearbeitung auf dem Schabebaum (Abb. 2 und Abb. 8 links unten).
Ach Heidelberg
(2004)
Dieses Rundfunkfeature wurde im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks, Abt. Kultur und Wissenschaft, Redaktion Gerhard Reitschert mit dem SDR und dem SFB aufgenommen und am 23.4.1981 in WDR 3 von 21 bis 22 Uhr gesendet. Der Wiedergabe liegt das Manuskript der Autorin zu Grunde. Bei der Bearbeitung sind die Wechsel der Stimmen gekennzeichnet [Spr.], die Verweise auf Musik, Überblendungen und redaktionelle Hinweise jedoch entfallen, Quellenangaben zu den Zitaten und Originaltoneinblendungen ergänzt. Die Namenskürzel sind wie folgt aufzulösen: MD (Maria Damolin), HB (Helmut P. Brendgens), RPS (Rolf Peter Sieferle), AH (Adolf Holzhüter), AS (Anneliese Seeliger-Zeiß), LM (Ludwig Merz), MB (Michael Buselmeier), HS (Hans-Peter Stichs), KB (Karin Bruns), HL (Hermann Lehmann), CS (Claus Schmidt), CW (Claudia Schmitt).
Wenn ich - weder als Musiker noch als Wissenschaftler - einen spät entdeckten und erkannten Komponisten wachrufe, tue ich dies in erster Linie für meine persönliche Begeisterung vieler seiner Werke; aber auch deswegen, weil sein verhältnismäßig kurzes Leben und seine Zeit nur noch wenigen geläufig ist. Jene, die Max Reger erlebt oder gar gekannt haben, leben nicht mehr. Und so könnte es durchaus aktuell erscheinen, sein Wirken - und gerade in Heidelberg - neu zu beleben und das damalige Musikleben hervorzuheben.
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir das ganz offen schreiben würden. Ich garantiere dann für eine schonende Weitergabe“. Hermann Maas, Pfarrer der evangelischen Heilig-Geist-Kirchengemeinde in Heidelberg, bemühte sich im Mai 1946 mit dieser Bitte um Auskunft über den Verbleib eines früheren jüdischen Mitbürgers einmal mehr zu helfen. Er zählte bereits während des Nationalsozialismus zu den wenigen, die tatkräftig versucht hatten, Juden vor der Vernichtung durch das NS-Regime zu bewahren oder ihnen zumindest Unterstützung zu gewähren. So war es sicher nicht zufällig, dass der nach New York emigrierte frühere Direktor der Heidelberger „Herrenmühle“, Moritz Oppenheimer, sein Anliegen nach dem Krieg gerade an Hermann Maas richtete. Ein „besorgter Vater“, so schrieb dieser daraufhin an den Leiter der Anstalt Kork bei Kehl, Pfarrer Adolf Meerwein, habe sich an ihn gewandt. Dem Vater, Moritz Oppenheimer, sei es gelungen, im Anschluss an seine Deportation nach Südfrankreich in die Vereinigten Staaten zu flüchten. Nun gehe es um seinen Sohn B., der jahrelang in Kork untergebracht gewesen sei. Moritz Oppenheimer habe ihn gebeten, in Erfahrung zu bringen, „ob er noch lebt und wenn nicht, wie er gestorben ist“.
"der punker"
(2004)
„Die Punker“ oder „Punks“, wie man sie auch nennt, gehören mittlerweile der Geschichte an und könnten daher durchaus von Interesse sein für einen Geschichtsverein. Man trifft sie noch gelegentlich, vereinzelt auch in Heidelbergs Gassen. Der Stil jedoch ist der gleiche geblieben: Zerrissene, unproportionierte Kleidung, grellbunt gefärbte und gezuckerte Haare, mit Metallketten, Rasierklingen und durch Ohren und Wangen gestochenen Sicherheitsnadeln geschmückt. In ihrer (politischen) Haltung eher indifferent und diffus, mehr links als rechts, auf jeden Fall antibürgerlich. Mit der sogenannten „Punkwelle“, die 1977 in den westlichen Industriegesellschaften als eine Protestbewegung von Jugendlichen gegen Arbeitslosigkeit und Langeweile einsetzte, die ihr Ausdrucksmittel in der oben beschriebenen äußeren Aufmachung und in hektisch aggressiver Rockmusik fand, hat „der punker“ allerdings überhaupt nichts zu tun. Der Ursprung des Vereins „der punker“ liegt in einer Stadtteilzeitung „der punker - Leben in Rohrbach“, die sich als Gegenentwurf zur Rohrbacher Berichterstattung der hiesigen, dominierenden Tageszeitung verstand.
„Glück gibt es nur in Erfüllung eines Kinderwunsches“, schrieb Sigmund Freud 1899 an Wilhelm Fließ. Er sprach von Schliemann, der den Schatz des Priamos finden wollte und fand. So manchen Schatz, wenn auch keinen derart spektakulären, fand Dr. Berndmark Heukemes. Kaum ein Archäologe oder Historiker im Rhein-Neckar-Raum dürfte so populär sein wie der Mann mit Baskenmütze und Pfeife, der am 26. Februar 1924 in Aachen geboren wurde, in Ostbelgien aufwuchs und seit langem in Ladenburg wohnt. Heimatforscher wollte er eigentlich nie werden. Schon als Kind zog es ihn in die Ferne. Ein Buch des Großvaters hatte es ihm angetan: das versunkene Pompeji war darin beschrieben. Lesen war ihm nicht genug, er mußte es mit eigenen Augen sehen. Als 15-Jähriger fuhren er und ein Freund mit dem Rad über die Alpen nach Unteritalien. Ohne Geld, mit wenig Proviant, alle Hindernisse überwindend, schauten sie sich in der verschütteten und wieder freigelegten Stadt um, in der sich der junge Heukemes durch Bücherstudium bereits bestens auskannte. Dass er nach der Heimkehr wegen Überschreiten der Ferienzeit fast von der Schule geflogen wäre, konnte er verschmerzen. Er hatte einen Traum wahrgemacht. Es sollte nicht der letzte bleiben: „Was ich mir vornehme, das führe ich auch durch!“
„Grabe wo du stehst!“ So nannte der Schwede Sven Linqvist sein „Handbuch zur Erforschung der eigenen Geschichte“, und er meinte damit, dass alle Orte voller Geschichten sind über ihre Geschichte, nicht nur die Metropolen und Machtzentren. Weil sie aber flüchtig sind wie die Erinnerung, muss man sie wieder erzählen und festhalten. Solche Geschichten werden in der Handschuhsheimer Geschichtswerkstatt erzählt. Wozu sie gut sind? Die Handschuhsheimer Geschichtswerker meinen: Wer die Geschichte seines Wohnortes, seiner Region nicht kennt, kann dort vielleicht wohnhaft sein, schwerlich aber wird er heimisch. „Grabe, wo du stehst!“ ist die Aufforderung, sich mit der nächsten Umgebung auseinander zu setzen, Fragen zu stellen. Dabei wachsen neue Wurzeln, die für das Zusammenleben wichtig sind.