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Eberhard Ludwig (1676-1733) war neun Monate alt, als sein Vater Herzog Wilhelm
Ludwig (1647-1677) starb. Die Vormundschaft für ihn übernahm sein Onkel Friedrich
Carl (1652-1698) aus der Linie Württemberg-Winnental als Herzog-Administrator,
die Herzoginmutter Magdalena Sibylla geb. von Hessen-Darmstadt (1652-1712) fungierte als Mitvormund. Die Erziehung Herzog Eberhard Ludwigs lag von 1684 bis
1693 in den Händen des Hofmeisters Johann Friedrich von Staffhorst, und Informator von 1687 bis 1693 war der Durlacher Rat Johann Rudolf Seubert.
Zur Erziehung eines jungen Prinzen gehörten insbesondere Schreiben, Lesen,
Rechnen, Gottesfurcht, Ethik, Geographie, Geschichte, französische, lateinische und
italienische Sprache, Kriegskunst, Staats- und Lehensrecht, Reiten, Fechten, Ballspiele. Friedrich Carl und Magdalena Sibylla waren den schönen Künsten sehr zugetan und Eberhard Ludwig genoss auch Unterricht in Musik und Tanz.
Im Jahre 1681 wurde im Landtag Klage darüber geführt, dass die Prinzessinnen
und der junge Herzog von einer französischen Dame als Landhofmeisterin in der
französischen Sprache und von einem französischen Tanzmeister unterrichtet werden. Diese Leute, die der papistischen (katholischen) Religion zugetan seien, würden
die fürstlichen Kinder »gar ernstlich in ihrer zarten Jugend verführen und corumpieren« (verderben). Der Prälat von Blaubeuren wird beauftragt, bei Hofe vorstellig
zu werden, »dass ihr künftiger Regent, dieser ihr junger Landesfürst, wie auch die gesamte fürstliche Familie in wahrer Gottesfurcht und einer Lehre des heil. Evangeliums als recht christlich und fürstlich und nicht eben allamodisch [nach der Mode]
und französisch auferzogen werde«. Man möge doch diese papistischen Leute entfernen, an ihrer Stelle sollen andere, der evangelischen Religion mit Mund und Herzen zugetane Leute angenommen werden. Der Landtag konnte sich nicht durchsetzen. Der Tanzmeister Courtel blieb bei Hofe.
Noch heute kann man wohl kaum das weitläufige Barockschloss Ludwigsburg und
seinen Park besuchen, ohne sich vorzustellen, wie es wohl ausgesehen haben mag,
als hier noch der württembergische Landesherr seine Residenz unterhielt. Überblickt
man die gesamte Geschichte des Schlosses bis zum Ende der Monarchie im Jahr 1918,
so geht man allgemein von drei wichtigen Phasen seiner Residenzfunktion aus. Gleich
nach der Erbauung des Schlosses unterhielt Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg einen glänzenden Hof, der wesentlich durch seine Mätresse Christiane Wilhelmine von Grävenitz mit geprägt wurde. Bislang ist über das Hofleben während
der Regierungszeit des Schlossgründers wenig bekannt. Falls es einschlägige Q!uellen
gibt, sind diese noch nicht ausgewertet worden.
Fast noch prachtvoller ging es zu, als der junge Herzog Carl Eugen nach 1744 einen
der glänzendsten Höfe in Europa unterhielt, was ihm zeitweise unter Einsatz großer
finanzieller Mittel gelang. Dazu gibt es eindrückliche Beschreibungen, beispielsweise die panegyrischen Berichte des Hofdichters Joseph Uriot. Die im Archiv des Hauses Württemberg erhaltenen Hofdiarien setzen in der Zeit nach 1750 ein, bleiben
aber freilich für das 18. Jahrhundert lückenhaft. Trotzdem könnte man bei Hinzuziehung aller Quellen wahrscheinlich ein relativ dichtes Bild des Hoflebens gewinnen.
Ludwigsburg, eine barocke Stadt, mit Stadtmauer und Toren bewehrt? Eine für uns
heute ungewöhnliche, jedoch für den Stadtgründer Herzog Eberhard Ludwig und
seinen übernächsten Nachfolger, Herzog Carl Eugen, eine gar nicht so abwegig erscheinende Vorstellung.
Bereits 1726 entwarf der junge Architekturstudent Johann Christoph David Leger,
wohl nach Anregung durch den Stadt- und Schlossbaumeister Donato Giuseppe Frisoni, den Plan einer sternförmigen Befestigungsanlage rund um Ludwigsburg im Stil
des bekannten französischen Festungsbaumeisters Sebastien Vauban. Der aufwendige Plan wurde nicht realisiert, doch verordneten 1730/31 zwei herzogliche Resolutionen, dass die Stadt nebst dem dazugehörenden Bezirk »zur Abhaltung des widerlichen Vagantengesindels mit einem Graben-Rampart und Palisaden umschlossen
werde«. 1732 begann man mit den Bauarbeiten im Süden der Stadt nach einem Plan
des Baumeisters Leopoldo Retti. Vollendet wurde das Befestigungswerk allerdings
nie; nach dem Tod von Herzog Eberhard Ludwig Ende Oktober 1733 kamen die
Arbeiten schnell zum Erliegen.
25 Jahre später griff Herzog Carl Eugen, mehr der Not als dem eigenen Wunsch
gehorchend, den Gedanken einer Stadtbefestigung wieder auf und ließ die Stadt mit
einer Mauer umgeben und mit Toren verschließen. Die Gründe für diesen Entschluss
werden am besten vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund des Siebenjährigen Krieges verständlich.
Als Ende August 1797 Johann Wolfgang von Goethe auf seiner Reise in die Schweiz
durch Ludwigsburg kam, notierte er über das Schloss: »Das bekannte geräumige
Schloss [ist] sehr wohnbar, aber sowohl das alte als das neue in verhältnismäßig
bösem Geschmack ausgeziert und möbliert.« Dieses für Schloss Ludwigsburg wenig
schmeichelhafte Urteil ist aus einer Zeit heraus zu verstehen, die ihr Ideal im Klassizismus sah. Die Kunst des Barock war damals unmodern geworden und die Menschen wussten mit der bewegten Schmuckfülle an Stuckaturen und Deckenfresken
nur noch wenig anzufangen. Dies belegt auch die wenig später unter König Friedrich
erfolgte durchgreifende Umgestaltung eines Großteils der Innenräume des Schlosses, die sich heute zu einem großen Teil in klassizistischem Gewand präsentieren.
Gleichwohl ist Schloss Ludwigsburg unzweifelhaft das bedeutendste Bauwerk des
Barock im württembergischen Kernland. Und dies bezieht sich keineswegs nur auf
die Größe der Anlage. Es wurde zu seiner Zeit als Fremdkörper im Herzogtum Württemberg errichtet, denn es war im Stil ein ganz neues, in keiner Weise den hiesigen
Traditionen entsprechendes Gebäude, das jedoch eine starke Ausstrahlung auf die
weitere Kunstentwicklung des Landes besaß. Das Ludwigsburger Schloss vereinigt
in seinen Baukörpern, Fassaden und Innendekorationen böhmisch-österreichische,
italienische und französische, jedoch so gut wie keine württembergischen Einflüsse.
So überrascht es nicht, dass die Architekten, die Künstler und Kunsthandwerker aus
Böhmen und vor allem aus Oberitalien nach Württemberg kamen, um hier in den
ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts diese prachtvolle Anlage für Herzog Eberhard Ludwig zu errichten. Im Land selbst gab es keine hierfür geeigneten Architekten, Stuckatoren oder Maler, da Württemberg damals künstlerisch rückständig war
und in die Baukunst noch kaum barocke Formen Eingang gefunden hatten.
Zu Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts trafen für die ehemals wohlhabende Amtsstadt Marbach mehrere Ereignisse zusammen, die zu einem Niedergang
führten, der noch heute Auswirkungen hat: Der Stadtbrand im Jahr 1693 sowie der
Bau von Schloss und Stadt Ludwigsburg.
Seit 1677, bis 1693 unter Vormundschaft, regierte in Württemberg Herzog Eberhard Ludwig. 1697 schenkten ihm Stadt und Amt Marbach 50 Dukaten zur Hochzeit, ohne zu ahnen, was er wenige Jahre später zu ihrem Nachteil ersann. Der absolutistische Herrscher legte 1704 den Grundstein des Ludwigsburger Schlosses, dem
der planmäßige Ausbau der gleichnamigen Siedlung folgte. Diese vom Herzog begünstigte Ansiedlung, die auch auf Kosten von Marbach einen eigenen Amtsbezirk
erhielt, sollte in den Folgejahren zu einem großen Hindernis für die Entwicklung der
1693 abgebrannten Amtsstadt Marbach und zu einer finanziellen Belastung für das
ganze Amt werden. Außer Marbach, das noch an den Folgen der Zerstörung von
1693 litt, waren auch Stuttgart, das um seinen Charakter als Residenzstadt nicht zu
Unrecht fürchtete, und Markgröningen, das seinen jahrhundertealten Amtssitz an
die junge Stadt abtreten musste, betroffen.
Ausgiebig wird 2005 des 200. Todestages Friedrich Schillers gedacht. Auch Marbach
begeht das Gedenkjahr mit Veranstaltungen, blickt allerdings schon auf das Jahr 2009,
den 250. Geburtstag Schillers, der für die Geburtsstadt des Dichters sicher das wichtigere Datum ist.
Manche missgönnen Marbach den Ruhm der Geburtsstadt, oft mit dem Argument, Schiller habe nur vier Jahre seines Lebens in Marbach verbracht und sei daher
kein Marbacher. Dem muss ein Familienforscher natürlich energisch widersprechen,
denn Schillers Mutter Elisabetha Dorothea Kodweiß war eine Marbacher Bürgerstochter aus einer seit Jahrhunderten in der Stadt ansässigen Familie. So lassen sich,
auch über mütterliche Linien und einschließlich der Eltern Schillers, mindestens
14 direkte Marbacher Vorfahren nachweisen.
Zur Schillergenealogie gibt es seit über 100 Jahren eine Fülle von Literatur, wovon
der größte Teil im Umfeld der Feier des 100. Todestages im Jahr 1905 entstanden ist.
Zum Teil handelt es sich um seriöse Forschungen, zum Teil werden aber auch gedruckte Forschungsfehler immer wieder abgeschrieben. Hauptsächlich konzentrierte
sich die Forschung auf die Stammlinie Schiller, allenfalls war noch die Familie Kodweiß interessant. Viele Vorfahren aus mütterlichen Linien sind so bis heute nur fragmentarisch erforscht. Eine erste größere Ahnenliste lieferte 1928 Band 55 des Deutschen Geschlechterbuchs.
Im Jahre 1795 sollte der französische Gesandte in Hamburg, der aus Schorndorf stammende Karl Friedrich Reinhard, für ein vom Konvent beschlossenes Nationalinstitut der Künste und Wissenschaften ausländische korrespondierende Mitglieder aus
Deutschland vorschlagen. Auf der Liste, die Reinhard daraufhin nach Paris sandte,
stand an erster Stelle der berühmteste Gelehrte der Zeit, der Königsberger Philosoph
Immanuel Kant. Darauf folgten Professoren aus Göttingen und sonstige norddeutsche Persönlichkeiten, aber auch noch Namen aus seinem heimatlichen Württemberg, darunter Friedrich Ferdinand Drück, der in Stuttgart Geschichte und Geographie lehrte. Durch den Platz auf der Liste ließ Reinhard zwar den Rangunterschied
deutlich werden, aber allein die Nennung der Schwaben war als Auszeichnung zu
werten.
Dieser Friedrich Ferdinand Drück wird in der Oberamtsbeschreibung von 1866
unter die ausgezeichneten Männer gezählt, deren Wiege in Marbach stand. Und er
gehört wie Friedrich Schiller, Tobias Mayer und Karl Georg von Wächter zu jenen,
die ihren Geburtsort schon in früher Jugend verlassen haben. Dass Drück von allen
am wenigsten im Gedächtnis geblieben ist, hängt damit zusammen, dass die Erinnerung an das unmittelbare Wirken eines Lehrers spätestens mit seinen Schülern erlischt.
Eine Sammlung der Briefe dieses Marbachers an verschiedene Empfänger konnte
vor einiger Zeit vom Stadtarchiv Marbach erworben werden. Dadurch wurde es möglich, einiges über diesen Mann zu erfahren, der zu seinen Lebzeiten zu den herausragenden Gelehrten in Deutschland gezählt wurde und den noch 1904 ein Landeskundler den »gediegensten Humanisten, den Württemberg seit den Tagen der
Renaissance hervorgebracht hat« genannt hat.
Im frühen 13. Jahrhundert wird der Turm der heutigen Kirche errichtet. Er besitzt
an allen vier Ecken einen ausgebildeten Eckverband und stand ursprünglich allein.
Das Mauerwerk weist im Erdgeschoss keinerlei Hinweis auf weitere Öffnungen auf,
so dass der ursprüngliche Turmzugang an der Ostseite, an der Stelle der heutigen
Öffnung zum Betreten der Empore anzunehmen ist, wie man ihn auf alten Ansichten der Kirche erkennt. Später wurde der heutige Eingang geschaffen, der im
späten 19. Jahrhundert erneuert wurde.
In der nächsten Bauphase entstand das östliche Langhaus vom Choransatz bis
zum ersten Strebepfeiler. Es wurde um die Mitte/Ende des 13. Jahrhunderts
errichtet. Im Innern erkennt man diese Mauern daran, dass sie Rücksprünge haben.
Diese liegen merkwürdigerweise nicht auf gleicher Höhe. Als nächstes wurde im
ausgehenden 13. Jahrhundert das westliche Langhaus gebaut, die Lücke zum Turm
geschlossen und somit dieser in den Bau integriert. Es fallt das Fehlen von Fenstern
an der Nordseite im westlichen Bereich auf. In einer vierten Bauphase wurde in
der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts der Polygonalchor mit dem Treppenturm
errichtet.
»Wir haben seit dem Antritt Unserer Herzoglichen Regierung jedermänniglich schon
zur Genüge überzeugt, wie sehr uns an der weiteren Auf- und Emporbringung Unserer
Haupt- und Residenzstadt Ludwigsburg, samt denen darinn befindlichen Innwohnern
gelegen, und was vor große Bemühungen und Kosten von Uns zu diesem Endzweck
bereits verwendet geworden. Unter dem Beystand des Höchsten ist es auch nunmehro
damit so weit gekommen, daß das dortige Publicum von diesen Unsern Bemühungen
und Sorgfalt die werkthätigste Proben von Tag zu Tag verspührt und die süße Hoffnung
vor sich siehet, in wenig Zeit unter diejenige Innwohnere gezehlet werden zu können,
denen es bey ihrem Fleiß und Arbeit an nichts gebrechen kann und wird.«
Mit diesem nicht gerade bescheidenen Eigenlob leitete Herzog Carl Eugen ein Dekret vom 30. April 1760 ein, in dessen zweiten, entscheidenden Abschnitt er Landsleuten und Fremden durch Gewährung großzügiger Privilegien die Ansiedlung und
den Hausbau in Ludwigsburg schmackhaft machen wollte. Danach sollte jeder Bauwillige neben dem Bauplatz und dem dazugehörenden Garten auch das benötigte
Bauholz unentgeltlich erhalten, wobei allerdings das Schlagen und Heranschaffen
des Holzes - meist aus dem Schwarzwald - auf eigene Kosten zu erfolgen hatte! Ein
Geschenk von mehreren hundert Gulden, ein so genanntes »Don Gratuit«, sollte zur
Deckung der Baukosten dienen, eine zwanzigjährige Abgabenfreiheit war ein weiterer, bei der Steuerwillkür des Herzogs nicht hoch genug einzuschätzender Vorteil.
Auswärtigen wurde außerdem, verbunden mit dem Hausbau, die unentgeltliche Erlangung des Ludwigsburger Bürgerrechts zugesagt.