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Wie bereits im Beitrag von Paul Sauer über »Siegelhausen im Mittelalter und zu
Beginn der Neuzeit« angeführt, hatte das Backnanger Chorherrenstift die alleinige
Herrschaft über Siegelhausen, die seit der Reformation der Herzog von Württemberg
ausübte. Als der letzte, schon von Württemberg eingesetzte Probst 1557 starb, wurde
das Stift säkularisiert und in eine Stiftsverwaltung umgewandelt, die bis zur Auflösung der Geistlichen Verwaltungen sowie der Stifts- und Klosterverwaltungen zu
Beginn des 19. Jahrhunderts Bestand hatte. [1] Territorial lag Siegelhausen mit seinen
zwei Höfen im württembergischen Amt Backnang, wie 1552 und 1580 belegt ist. 1598
gehörten zum Amtsbezirk neben der Amtsstadt vier Dörfer, 35 Weiler, zehn Höfe
und drei Mühlen. Siegelhausen zählte wegen seiner zwei Höfe nicht als Hof, sondern
als Weiler. Dort wohnten vier der 1086 Bürger in Stadt und Amt Backnang. [2]
Mit dem Jahr 1500 kennzeichnet man landläufig den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Marbach war damals bereits mehrere Jahrhunderte lang im Besitz der Grafen, seit 1495 Herzöge von Württemberg und als Amtsstadt der politische und
juristische Mittelpunkt des Marbacher Amtsbezirkes. Somit galten die Grundgesetze des Herzogtums Württemberg, nach denen leichtere Vergehen mit Geld- und Haftstrafen, hingegen schwerere Verbrechen mit Landesverweisung, ja oft auch mit Leibes- und Todesstrafen vergolten wurden. Grundlage für die Urteile war ab 1555 die neue württembergische Landesordnung, aber auch Reichsgesetze, wie beispielsweise die 1530 vom Reichstag in Augsburg beschlossene Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V, galt es zu beachten.
Zu Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts trafen für die ehemals wohlhabende Amtsstadt Marbach mehrere Ereignisse zusammen, die zu einem Niedergang
führten, der noch heute Auswirkungen hat: Der Stadtbrand im Jahr 1693 sowie der
Bau von Schloss und Stadt Ludwigsburg.
Seit 1677, bis 1693 unter Vormundschaft, regierte in Württemberg Herzog Eberhard Ludwig. 1697 schenkten ihm Stadt und Amt Marbach 50 Dukaten zur Hochzeit, ohne zu ahnen, was er wenige Jahre später zu ihrem Nachteil ersann. Der absolutistische Herrscher legte 1704 den Grundstein des Ludwigsburger Schlosses, dem
der planmäßige Ausbau der gleichnamigen Siedlung folgte. Diese vom Herzog begünstigte Ansiedlung, die auch auf Kosten von Marbach einen eigenen Amtsbezirk
erhielt, sollte in den Folgejahren zu einem großen Hindernis für die Entwicklung der
1693 abgebrannten Amtsstadt Marbach und zu einer finanziellen Belastung für das
ganze Amt werden. Außer Marbach, das noch an den Folgen der Zerstörung von
1693 litt, waren auch Stuttgart, das um seinen Charakter als Residenzstadt nicht zu
Unrecht fürchtete, und Markgröningen, das seinen jahrhundertealten Amtssitz an
die junge Stadt abtreten musste, betroffen.
Wenn wir Marbacher Epitaphe und Grabdenkmale suchen, werden wir an
drei Orten fündig. Die Stadtkirche birgt zwei Holzepitaphe, die allerdings aus
der Alexanderkirche stammen. Weitere Denkmale sind nicht vorhanden, da
dieses Gotteshaus nie Bestattungskirche war und auch keinen Friedhof hat.
Die Stadtkirche liegt mitten in der Stadt und war ursprünglich eine Frühmesskapelle. Einige schöne Grabsteine befinden sich auf dem Marbacher Friedhof
nördlich der Alexanderkirche. Sie sind allerdings an dieser Stelle zu vernachlässigen, da sie in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts datieren, wo die genealogische Überlieferung ohnehin schon recht dicht ist.
Geschichte vor dem 20. Jahrhundert ist in den Lehrplänen sämtlicher Schularten arg ausgedünnt. Das gilt insbesondere für die frühe Neuzeit, also das 16. bis 18. Jahrhundert, wo die Reformation Luthers im 16. Jahrhundert und der Dreißigjährige Krieg im 17. Jahrhundert kaum noch vorkommen. Das vom Gymnasium mitgebrachte Vorwissen von Studienanfängern im Fach Geschichte zu diesen Themen liegt jedenfalls bei null. Zum Dreißigjährigen Krieg lernt man allenfalls dessen Grobgliederung und erfährt dann theoretisch – in der Praxis leider meist nicht einmal das –, dass der Konflikt, den wir heute als den Dreißigjährigen Krieg bezeichnen, aus fünf Phasen bestand: 1) dem böhmischen Krieg 1618–1620; 2) dem spanisch-niederländischen Krieg 1621–1625, dessen Auswirkungen aber bereits heftig auch ins eigentliche Deutschland hinein ausstrahlten; 3) dem dänischen Krieg 1625–1629, der im sogenannten Restitutionsedikt von 1629 gipfelte; 4) dem schwedischen Krieg 1630–1635, der eigentlich mit dem Frieden von Prag 1635 hätte beendet sein sollen; 5) dem französischen Krieg, der 1635 begann und sich qualvolle 13 Jahre bis 1648 hinzog.
Unter den Gefängnissen in Baden-Württemberg nimmt die ehemalige Festung Hohenasperg seit Jahrhunderten eine Sonderstellung ein. Seit die Anlage als Gefängnis
genutzt wurde, galt sie geradezu als Symbol für verschärfte Haftstrafen, als »höchster
Berg Württembergs«, auf den man leicht hinaufkam, aber nur schwer wieder herunter. Das Interesse an ihrer Geschichte verdankte die Festung auch den »merkwürdigen« Gefangenen, die dort während verschiedener Epochen inhaftiert waren. Die
»Staatsgefangenen« in der Regierungszeit des Herzogs Karl Eugen von Württemberg,
unter ihnen die Opernsängerin Marianne Pirker (1717–1782) und der Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791), erregten wegen ihrer herausgehobenen
sozialen Stellung Aufmerksamkeit. Ihre Haftstrafen dienten außerdem als Beleg für
die »Tyrannenherrschaft« des Herzogs, dessen schillernde Persönlichkeit mit derjenigen der beiden prominenten Gefangenen zu korrespondieren scheint. Um die Mitte
des 19. Jahrhunderts wurden im Umfeld der Revolution von 1848 wiederum zahlreiche »Staatsgefangene«, darunter führende Protagonisten der revolutionären Bewegung, auf die Festung gebracht.
Durch die Initiative eines privaten Unternehmers wird das Schloss Freudental seit einigen Jahren als Veranstaltungsort für private und betriebliche Feiern genutzt. Man kann die Räume mieten oder im historischen Schlosspark feiern. Damit knüpft der Eigentümer und Betreiber bewusst an die Tradition des 18. und frühen 19. Jahrhunderts an, als Schloss Freudental ein Land- und Jagdschloss der württembergischen Herzöge war. Unter König Friedrich erlebte das Schloss seine letzte Blütezeit als herrschaftliche Residenz. Der Nachfolger König Wilhelm I. gab es auf, weil er seine Hofhaltung einschränkte und andere
Schlösser bevorzugte. Danach erlebte die Anlage eine wechselvolle Geschichte als Wohnhaus der Pensionärinnen des Katharinenstifts Stuttgart, Erholungsheim der Allgemeinen Ortskrankenkasse Stuttgart und schließlich als Altenheim des Landkreises Ludwigsburg. Im Lauf dieser verschiedenen Phasen wurde das Schloss innen stark verändert und umgebaut.
Als das Seniorenheim nicht mehr den Anforderungen der modernen Altenpflege entsprach und aufgegeben werden musste, wusste man längere Zeit nicht, wie man die Immobilie nutzen sollte. Mit der gastronomischen Nutzung ist das Schloss Freudental wieder ein Ort der Feste und Feiern geworden. Wo einst Mitglieder der württembergischen Regentenfamilie residierten, kann man heute die Räume und den Garten für Veranstaltungen mieten.
Von den württembergischen Königinnen ist die erste, Königin Charlotte Auguste
Mathilde, die unbekannteste geblieben. Dabei war sie als geborene Prinzessin
von Großbritannien und Irland nach der Rangordnung des europäischen Adels
durchaus mit den späteren Königinnen Katharina und Olga, beide geborene
Großfürstinnen von Russland, zu vergleichen. Ihr Heimatland stieg während
ihrer Lebenszeit zur Weltmacht auf. Sie selbst heiratete 1797 Herzog Friedrich II.
von Württemberg, der 1803 zum Kurfürsten erhoben wurde und 1806 die Königswürde annahm. So war Charlotte Mathilde zwar schließlich Königin in einem
relativ kleinen Land, aber sie war immerhin Königin.
Die geringere Popularität der Monarchin gegenüber ihren Nachfolgerinnen
dürfte zwei Gründe haben. Zum einen war sie mit König Friedrich verheiratet,
der als schwierige Persönlichkeit galt.
In seine Zeit fiel die Säkularisation und
Mediatisierung, aber seine Regierungsjahre waren auch von schweren Krisen,
ausgelöst durch Kriege und eine Reihe von Missernten, bestimmt. Neben dem
willensstarken, autoritären König verblasste die Gemahlin etwas, weil sie sich nicht
direkt in die Politik ihres Ehemannes einmischte. Dabei nahm sie interessiert
Anteil an den politischen Entwicklungen, denn sie war an einem bedeutenden
europäischen Hof aufgewachsen. Als das Herzogtum Württemberg im Zweiten
Koalitionskrieg zwischen Frankreich und Österreich massiv von französischen
Truppen bedroht wurde, bat Charlotte Mathilde ihren Vater König Georg III.,
für Württemberg Partei zu ergreifen und ihren Gemahl zu unterstützen. Außerdem spielte der Umstand eine Rolle, dass König Friedrich bereits aus seiner
ersten Ehe drei Kinder hatte, der Erbprinz bei der zweiten Eheschließung also
bereits geboren war.
Ohne Zweifel gehörte das Schloss Solitude mit seinen weitläufigen Parkanlagen
zu den spektakulären barocken Bauwerken in Deutschland. Obwohl vom Park und
seinen Gebäuden nur noch Spuren übrig geblieben sind, erstaunt es heute noch,
welche gewaltige Anlage hier innerhalb weniger Jahre gebaut worden ist. Herzog Karl
Eugen steht mit seiner geradezu manischen Baulust auch im Vergleich mit seinen
Zeitgenossen als Ausnahmeerscheinung da. Alle paar Jahre fasste er ein neues Bauprojekt ins Auge, so dass er schließlich über eine stattliche Anzahl an repräsentativen
Herrschaftssitzen verfügte. Dazu zählt in erster Linie das Residenzschloss Ludwigsburg mit dem kleineren Jagdschloss Favorite und dem Schlösschen am Eglosheimer
See, das im 19. Jahrhundert den Namen Monrepos erhalten sollte. Daneben entstand auf der Schwäbischen Alb das Jagdschloss Grafeneck, auf dem Einsiedel bei
Tübingen ließ Karl Eugen neben dem alten herzoglichen Jagdschloss ein repräsentatives Gebäude errichten, und in der Nähe von Stuttgart unterhielt er ein kleineres
Schlösschen Floride in dem Bereich, wo sich heute der Stadtteil Fasanenhof befindet.
In diese imposante Reihe der Schlösser fügt sich das Schloss Solitude ein, zu dem
im November 1763 der Grundstein gelegt wurde. In einem weitläufigen Waldgebiet
in der Nähe des Dorfes Gerlingen ließ der Herzog ein Schloss in der Einsamkeit mit
zahlreichen Nebengebäuden und einer weitläufigen Parkanlage erbauen. Die Ähnlichkeit mit dem Seeschloss bei Eglosheim dürfte nicht auf Zufall beruhen. Das Seeschlösschen war seit 1760 unter der Leitung des Architekten Philippe de la Guêpière
gebaut worden. Schon kurz nach Baubeginn verlor Herzog Karl Eugen das Interesse
an dem kleinen Schloss mit seinem rechteckigen See, vermutlich deshalb, weil er nun
auf der Solitude eine wesentlich größere Anlage erbauen ließ. Bei beiden Schlössern
stand die Absicht im Vordergrund, abgelegene Orte abseits der Residenzen zu schaffen,
in die man sich zurückziehen konnte. Das drückt sich bereits im Namen Solitude
aus. Indessen machte Herzog Karl Eugen die Verbindung des Ludwigsburger Residenzschlosses mit dem Jagdschloss auch optisch deutlich, indem er die beiden Schlösser
durch eine schnurgerade Allee miteinander verbinden ließ. Noch heute zeichnet sich
die Solitude-Allee deutlich in der Landschaft ab und ist damit zu einem prägenden
landschaftlichen Element im Mittleren Neckarraum geworden. Fast das gesamte
Ensemble der Alleen im Raum Ludwigsburg blieb erhalten, wodurch die Barockzeit
bis heute im Großraum Ludwigsburg signifikante Spuren hinterlassen hat.
Zu den legendären Gestalten des »Wilden Westens« gehört der Revolverheld William
Bonney (1859–1881), den man allgemein »Billy the Kid« nannte. Er verdankt seine
Berühmtheit einer bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzung in der kleinen Stadt
Lincoln im US-Bundesstaat New Mexico im Sommer 1878. Drei Jahre nach diesem
bewaffneten Konflikt wurde Billy the Kid von Sheriff Pat Garrett erschossen. Im
Nachhinein verklärten ihn Schriftsteller, Musiker und Filmleute zu einem »Robin
Hood des 19. Jahrhunderts« und schufen so den Mythos, der den Westernhelden bis
heute umgibt. Inzwischen sind Hunderte von Büchern über Billy the Kid erschienen,
und auch der Bürgerkrieg im Lincoln County (»Lincoln County War«) konnte durch
neuere Forschungen genauer rekonstruiert werden. Auslöser dieses gewalttätigen
Konflikts war der Nachlass des auf der Domäne Monrepos geborenen Emil Fritz.
Aber es gibt noch weit mehr Bezüge zum Königreich Württemberg, die mitten hinein
führen in die unmittelbare Umgebung der königlichen Familie.
Im frühen 19. Jahrhundert erlebte Ludwigsburg nach dem Regierungsantritt des Herzogs Friedrich II. von Württemberg eine neue Blüte. Der Herrscher erkor die Stadt
mit ihrem weitläufigen Barockschloss zu seiner Sommerresidenz. Er ließ Teile des
Schlosses im Empirestil umgestalten und nutzte auch das Lustschloss Favorite und
das kleine Seeschloss. Während im Favoriteschloss ebenfalls einige Räume modernisiert wurden, musste das unfertig dastehende Schlösschen am Eglosheimer See zuerst ausgebaut und für Wohnzwecke hergerichtet werden. Durch den Bau eines Theater- und Festingebäudes konnte man am Seeschloss Theater- und Opernaufführungen
sowie Bankette abhalten. Auch den Park gestaltete man im englischen Stil um, indem
man das quadratische barocke Bassin abbaute und an seiner Stelle einen unregelmäßigen See mit zwei künstlichen Inseln anlegte. Das Seeschlösschen erschien für eine
repräsentative Hofhaltung besonders attraktiv, denn es war sowohl für größere Veranstaltungen im Grünen als auch als Rückzugsort für eine kleinere Hofgesellschaft
geeignet. Gleichzeitig boten sich in unmittelbarer Nachbarschaft, im riesigen Roten
Tiergarten, ideale Jagdmöglichkeiten. Im Jahr 1804 gab der nunmehr zum Kurfürsten aufgestiegene Friedrich von Württemberg dem Schlösschen den Namen »Monrepos«. Immer wieder zeigte er die Anlage stolz seinen Gästen, oder er zog sich mit
seinem Gefolge einige Tage lang zur Erholung dorthin zurück.
Da bereits einige Arbeiten zur Geschichte des Schlosses Monrepos vorliegen, soll
das Seeschloss selbst im Rahmen dieses Aufsatzes unberücksichtigt bleiben. Im Mittelpunkt steht die Nutzung des Geländes um Monrepos als Tiergarten und als Domäne.
Trotz einer sehr kurzen Regierungszeit verdient Herzog Ludwig Eugen von Württemberg auch in Ludwigsburg Interesse. Nicht die zwei Sommer, die er in der Residenz
Ludwigsburg verbrachte, sind dafür ausschlaggebend, auch nicht die Tatsache, dass
er in Ludwigsburg verstarb und in der katholischen Gruft beigesetzt wurde. Im
Schloss hängt ein Gemälde, das ihn zu Pferd zeigt: Es ist das größte Ölbild eines
württembergischen Herrschers in den weitläufigen Räumen des Schlosses. Obwohl
die Wirkung dieses Bildes beeinträchtigt ist, weil es in einem Gang hängt und dadurch
die beabsichtigte Fernwirkung verloren hat, stellt es den Herzog in die Reihe der
württembergischen Landesherren. Ein weiteres Gemälde findet sich in der Reihe der
regierenden Herzöge in der Ahnengalerie.
Im 1984 erschienenen Buch »900 Jahre Haus Württemberg« ist Herzog Ludwig
Eugen – im Gegensatz zu seinem Bruder und Nachfolger Herzog Friedrich Eugen, der
ebenfalls nur zwei Jahre lang regierte – nicht vertreten. Dabei fällt die Regierungszeit
Ludwig Eugens in eine Phase starker Umbrüche sowohl im Herzogtum Württemberg
als auch in ganz Europa. Der Herzog sah sich mit politischen Fragen konfrontiert, die
sich als Folge der Französischen Revolution, aber auch durch eine schwere Krisensituation stellten. Es begann sich ein neues Verständnis von Staatsgewalt und Obrigkeit zu
entwickeln. Obwohl sich die eigentlichen Auseinandersetzungen erst nach 1797 in der
Regierungszeit des Herzogs Friedrich II. (seit 1803 Kurfürst, seit 1806 König) abspielten,
nahmen sie doch schon in der kurzen Zeit des Herzogs Ludwig Eugen ihren Anfang.
Nur eineinhalb Jahre lang, vom 20. Oktober 1793 bis zum 20. Mai 1795, regierte
Herzog Ludwig Eugen das Herzogtum Württemberg, ein mittelgroßes Territorium
im deutschen Südwesten. Nicht nur diese kurze Regierungszeit hat das Andenken
dieses Herzogs rasch verblassen lassen, sondern auch andere Umstände in seinem
Leben. Er war katholisch und Landesherr in einem rein protestantischen Land. Er
war unstandesgemäß verheiratet und hatte keine Söhne. In seiner Regierungszeit brachen dramatische Konflikte auf, aufgrund derer er mit den mächtigen württembergischen Landständen in heftige Auseinandersetzungen geriet, obwohl er eigentlich als
notorisch gutmütig galt. Deshalb dürfte die Trauer in Württemberg eher verhalten
gewesen sein, als er im Mai 1795 unvermutet einen Schlaganfall erlitt und innerhalb
weniger Minuten verstarb.
Diese Studie bildet in gewisser Weise eine Ergänzung zu einem Aufsatz, der 2004 in den »Ludwigsburger Geschichtsblättern« erschienen ist. Ging es damals um die höfische Repräsentation in der Sommerresidenz des Königs Friedrich von Württemberg in Ludwigsburg, so soll nun die Kehrseite dieser schönen Medaille beleuchtet werden, nämlich die Organisation des Hofes in Stuttgart und Ludwigsburg im frühen 19. Jahrhundert. Im Archiv des Hauses Württemberg gibt es sehr viele Personalakten von Beamten und Angestellten am württembergischen Hof aus der Zeit des Königreichs. Diese Akten wurden anders geführt als heute, nämlich nicht für einzelne Personen, sondern nach den verschiedenen Berufsgruppen. Wenn also ein junger Mann als Hofknecht anfing und bis zum Kammerdiener aufstieg, wurde für ihn in jeder Rangstufe eine neue Personalakte angelegt. Dadurch sind die Informationen zu einer einzelnen Person sehr zerstreut in den Akten zu finden. In den letzten Jahren wurden die Personalakten vollständig aufgearbeitet und Informationen zu über 3000 Personen, die am württembergischen Hof während der Zeit des Königreichs beschäftigt waren, erhoben. Aus dieser Datenfülle lässt sich die Lebenswelt der Hofangestellten zum Teil rekonstruieren. Ein vollständiges Bild kann man aber daraus nicht gewinnen, weil gerade über die Alltagsverhältnisse keine schriftlichen Zeugnisse vorhanden sind. So gibt es keine Tagebücher, in denen ein Beamter oder Angestellter das Leben bei Hof oder seine Tätigkeit detailliert beschrieben hätte. Mit diesem Problem sieht man sich jedoch als Historiker häufig konfrontiert.
Seit dem späten 17. Jahrhundert verbreitete sich die neue Frömmigkeitsbewegung
des Pietismus in den protestantischen Territorien des Deutschen Reiches. Dazu
parallel lief eine radikale Strömung, die von der Überzeugung getragen war,
dass wahres Christentum nur außerhalb der verfassten Kirche möglich sei. Diese
Richtung wird in der historischen Forschung unter dem Begriff »radikaler
Pietismus« gefasst, während man im Herzogtum Württemberg allgemein vom
Separatismus sprach. Im Rahmen dieses Aufsatzes soll der radikale Pietismus
unter einer verengten Perspektive dargestellt werden, nämlich mit der Fokussierung auf Ludwigsburg und seine Umgebung. Obwohl es sich von der personellen
Stärke der Bewegung her gesehen nie um mehr als eine Randerscheinung handelte,
hat der radikale Pietismus in der württembergischen Kirchen- und Geistesgeschichte
tiefe Spuren hinterlassen. Die im Zentrum des Landes gelegene zeitweilige Residenzstadt Ludwigsburg konnte davon ebensowenig unberührt bleiben wie das
Umland.
Noch heute kann man wohl kaum das weitläufige Barockschloss Ludwigsburg und
seinen Park besuchen, ohne sich vorzustellen, wie es wohl ausgesehen haben mag,
als hier noch der württembergische Landesherr seine Residenz unterhielt. Überblickt
man die gesamte Geschichte des Schlosses bis zum Ende der Monarchie im Jahr 1918,
so geht man allgemein von drei wichtigen Phasen seiner Residenzfunktion aus. Gleich
nach der Erbauung des Schlosses unterhielt Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg einen glänzenden Hof, der wesentlich durch seine Mätresse Christiane Wilhelmine von Grävenitz mit geprägt wurde. Bislang ist über das Hofleben während
der Regierungszeit des Schlossgründers wenig bekannt. Falls es einschlägige Q!uellen
gibt, sind diese noch nicht ausgewertet worden.
Fast noch prachtvoller ging es zu, als der junge Herzog Carl Eugen nach 1744 einen
der glänzendsten Höfe in Europa unterhielt, was ihm zeitweise unter Einsatz großer
finanzieller Mittel gelang. Dazu gibt es eindrückliche Beschreibungen, beispielsweise die panegyrischen Berichte des Hofdichters Joseph Uriot. Die im Archiv des Hauses Württemberg erhaltenen Hofdiarien setzen in der Zeit nach 1750 ein, bleiben
aber freilich für das 18. Jahrhundert lückenhaft. Trotzdem könnte man bei Hinzuziehung aller Quellen wahrscheinlich ein relativ dichtes Bild des Hoflebens gewinnen.
Dass erst im Jahre 1961, über 160 Jahren nach seinem Gebrauch, erstmals ein bis
dahin noch unbekannter Manufakturmarkentyp auffiel, war schon ein Anlass zur
Verwunderung. Obendrein wurde er entdeckt von einem Kunsthistoriker und Privatforscher einer Porzellanmanufaktur, der diese Marke fälschlicherweise zugeschrieben worden war und für die sie infolgedessen abgelehnt werden musste.
Ernst Kramer aus Fulda war es, der das Zeichen für die fuldische Porzellanmanufaktur zurückwies und es richtigerweise der Ludwigsburger Manufaktur als deren
erste F-Marke zuordnete. Kramer hatte damit für Ludwigsburg einen bis dahin
unbekannten Markentyp entdeckt. Sein Fund schloss eine Lücke, da nunmehr
nicht nur für die Herzöge Carl Eugen und Ludwig Eugen, sondern auch für einen
dritten der vier württembergischen Regenten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Verwendung einer eigenen Manufakturmarke nachgewiesen war.
Bei dem Markenfund von 1961 wurde ein F einer - pinselbedingt serifenlosen -
Linearantiqua-Schrift von einer Krone überdeckt, sofern man die von
den Marken der 35-jährigen Manufakturzeit unter Herzog Carl Eugen von Württemberg bekannte und auch bei der Kramer-Marke noch verwendete Ludwigsburger »Krone« als eine solche bezeichnen darf. Denn sie ist streng genommen ein
kronenähnlicher Herzogshut, ein Mixtum aus Krone und Fürstenhut.
Die Form des gemarkten Stückes in Zusammenhang mit dem Dekor - einer
polychromen Blütenmalerei - gab die Sicherheit, dass das Stück und damit die
Marke aus Ludwigsburg stammen musste. Denn eine Tasse identischer
Form und in stilistisch gleicher Malerei war mit Doppel-C-Marken des Herzogs
Carl Eugen im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart bekannt. Nach dieser Information und auf Zuraten von Mechthild Landenberger, der damals in diesem Museum für Keramik zuständigen Konservatorin, schrieb Kramer die Marke
dem Herzog Friedrich II. zu. Dieser war am 23. Dezember 1797 durch den Tod
seines Vaters Herzog von Württemberg geworden, wurde 1803 Kurfürst und am
1. Januar 1806 durch Napoleons Gnaden als Friedrich 1. erster König von Württemberg.
»Abgekupfert«
(2007)
Während die Große Kunst eine Vorlage als ein »Kunstwerk ... zur übenden Nachbildung« verwendete, wurde sie im Kunsthandwerk pragmatischer eingesetzt: Man benutzte sie zur Gestaltung und Herstellung von fertigen und damit endgültigen Produkten. Die hohe Ethik der Großen Kunst ging dem damaligen Handwerk ab, was bei der großen Zahl der jeweiligen persönlichen Arbeiten eines Mitarbeiters (»Serienfertigung«) im Vergleich zur Großen Kunst (Einzel-, oft Auftrags-Fertigung) verständlich wird. Nur wenige Porzellankünstler, seien es Modelleure oder insbesondere Maler, konnten sich durch herausragende Leistungen in ihrem Beruf so freischaffen, dass sie eigene Ideen erarbeiten und danach auch am Arbeitsplatz verwirklichen durften. Das sind überwiegend diejenigen, von denen heute Arbeiten bekannt sind. Die
allermeisten aber kopierten ihnen vorgelegte Gemälde, Zeichnungen oder – in der Regel – die damals preiswerten Kupferstiche mehr oder weniger gut auf Porzellan. Wohl alle von ihnen sind in Ludwigsburg durch Archivfunde dem Namen nach bekannt. Ihre Arbeiten aber kann man in weit überwiegender Zahl bis heute bestimmten Porzellanen nicht zuordnen. Solche oder ähnliche Aussagen treffen für praktisch alle Porzellan-Manufakturen der Frühzeit des europäischen Porzellans zu; gerade in Meißen ist diese Unkenntnis wegen der Vielzahl der Maler mit am größten, obwohl sich dort ausführliche Fabrikakten erhalten haben.
Anlässlich des Todes von Herzog Carl Eugen von Württemberg, dem Gründer, Eigner und langjährigen Förderer der Ludwigsburger Porzellan-Manufaktur, wurde im
Rahmen einer aufwendigen landesweiten Inventur auch in diesem Betrieb der Stichtagsbestand für alle Waren und Produktionsmittel ermittelt. Dabei wurden neben
einer Vielzahl damals erstellter Inventare für Rohmaterialien, Halb- und Fertigwaren
in einer separaten Liste die noch vorhandenen »Bossier-Formen und Modelle« aufgenommen, die für eine Porzellan-Manufaktur ein wesentlicher Aktivposten waren.
Sie wurde auf drei eng beschriebenen Seiten zum 24. Oktober 1793 zusammengestellt, vom Kassierer Eberhard Johann Friedrich Wider bewertet und vom damaligen
Direktor der Manufaktur, Joseph Jakob Ringler, gegengezeichnet.
Als 52. Zeile dieser Liste findet man etwa in der Mitte der Einzelposten: »6 zu
Gruppen, alß Leda, Diana, Juno und dergleichen«, was bedeutet, dass die Modellhohlformen zu sechs, leider nur teilweise aufgezählten Themen gefunden und erfasst
worden waren. Die Zeilen des Inventariums sind wohl geordnet; ihre Inhalte sind
nach Themen oder Größen zusammengefasst. Ausnahmen hierzu bilden nur die
Schlusszeilen, die bezeichnet wurden mit »unterschiedlichen Galanten Kindern«
oder »unterschiedlichen Historischen Fygurn«.
Ludwigsburger Keramik-Maler
(2020)
Es war in der europäischen Startzeit der Porzellanherstellung nicht in allen Manufakturen üblich, dass sie unmittelbar nach
ihrer Gründung sofort mit der Produktion von Porzellan beginnen konnten. In Ludwigsburg war die Verzögerung sogar extrem: Nach der offziellen Gründung im April 1758 kam es zur eigentlichen Produktionsvorbereitung erst, nachdem Joseph Jacob Ringler im Februar 1759 als Leiter der Manufaktur eingetreten war. Im April 1759 erfolgte dann obendrein noch eine Entscheidung zu einem Umzug auf ein Grundstück, auf dem drei gut erhaltene Verwaltungsbauten standen und jetzt zusätzlich die erforderlichen Neubauten von Produktionshallen erstellt wurden. Damit konnte auch erst die Errichtung eines – und bald eines zweiten − funktionierenden Brennofens erfolgen. Bau- und Testzeit haben sicher mehrere Monate benötigt, so dass wohl nicht vor Ende September 1759 – falls nicht sogar erst 1760! − mit einer akzeptablen Produktion begonnen werden konnte.
Einzüge – Auszüge – Umzüge
(2009)
Als ich das Thema wählte, schien es eher ein marginales zu sein. Da war der 20. Januar 2009 noch weit – da hatten noch nicht Millionen Menschen auf der ganzen Welt mit wachsender Begeisterung der Parade zur Amtseinführung Barack Obamas zugesehen. Ich wurde zu diesem Thema angeregt durch das für 2009 ausgerufene Ludwigsburger Jubeljahr. Es soll (unter vielem anderen) einen gigantischen Umzug bringen. Die Vorbereitungen werden fleißig und ambitioniert betrieben, und es wurden beachtliche Geldsummen bereitgestellt, um den Zug, wie es der Stadtverwaltung vorschwebt, möglichst lang, attraktiv und vor allem telegen zu gestalten. Schon beim Schlossjubiläum 2004 wollte man anknüpfen an das große Jubiläum von 1954. Darüber gibt es im Stadtarchiv und im Städtischen Museum einschlägiges Material: Broschüren, Fotos, Zeitungsartikel und sogar Original-Aquarelle von den Entwürfen für die Festwagen. Die ausgewählten Themen haben sich von 1954 bis 2004 kaum geändert, die Ambitionen auch nicht. Es scheint sich hier um interessante Konstanten zu handeln, und so kam ich auf den Gedanken, der »Festzugs-Tradition« in Ludwigsburg ein wenig genauer nachzugehen.