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Der Hausheilige

  • Marbach am Neckar wäre der Welt unbekannt geblieben – und das völlig zu Recht –, wäre dort nicht seinerzeit Friedrich Schiller geboren worden. So aber ist der Name der Stadt, ähnlich wie bei Stratford-upon-Avon und William Shakespeare, untrennbar mit dem des Dichters verbunden, und die Stadt hat es verstanden, daraus Kapital zu schlagen. Man gründete den Marbacher, später den Schwäbischen Schillerverein (heute: Deutsche Schillergesellschaft), man errichtete ein Schiller-Denkmal, erbaute das Schiller-Nationalmuseum, schließlich das Deutsche Literaturarchiv. Dadurch hat die Welt neben Schiller einen zweiten Begriff, den sie mit Marbach assoziieren kann: das Deutsche Literaturarchiv, das sich als Quelleninstitut und Forschungseinrichtung mittlerweile internationaler Berühmtheit erfreut. Obwohl das Literaturarchiv sich längst von Schiller emanzipiert hat, für die Epochen der Jahrhundertwende oder des Expressionismus, für Exilliteratur oder DDR-Literatur, für Verlagsarchive oder Philosophennachlässe und für vieles andere einsteht, obwohl also dieses Institut vornehmlich den Phänomenen der Moderne zugewandt ist, bleibt Schiller nach wie vor sein Hauspatron. Und trotz des Literaturmuseums der Moderne, trotz zahlloser Sonderausstellungen zu wichtigen Autoren, Themen und Problemstellungen der deutschen Literatur ist die Schiller-Dauerausstellung im Schiller-Nationalmuseum das Marbacher Markenzeichen geblieben, ist die vierjährige Zeit zwischen 2005 und 2009, als keine Schiller-Ausstellung dort zu sehen war, vom Publikum als so etwas wie ein Interregnum, als schreckliche kaiserlose Zeit empfunden worden. Galt früher doch sogar die Regel, dass in Schwaben eine Heirat erst dann richtig gültig war, wenn das Paar gemeinsam das Marbacher Schiller-Museum besucht hatte. Nun und andererseits, die baubedingte Museums-Schließung der letzten Jahre hat die Zahl der Eheschließungen in der Ludwigsburger Region nicht merklich beeinflusst, so dass man annehmen kann, dass auch die öffentliche Wahrnehmung des Marbacher Instituts als Schiller-Stätte allmählich schwächer wird. Jedoch bieten Jubiläumsjahre wie das eben verflossene beste Gelegenheiten, die Verhältnisse wieder durcheinander zu wirbeln und Kafka und Döblin, Heidegger und Jünger, Celan und Sebald, und wie sie alle heißen mögen, durch den bewährten Publikumsliebling Schiller auf die Plätze zu verweisen. Man darf also gespannt sein auf die weitere Entwicklung des Öffentlichkeitsinteresses.

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Verfasserangaben:Helmuth MojemGND
DOI:https://doi.org/10.57962/regionalia-20125
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Ludwigsburger Geschichtsblätter
Untertitel (Deutsch):Schiller-Traditionspflege und Schiller-Bestand im Deutschen Literaturarchiv Marbach
Dokumentart:Wissenschaftlicher Artikel
Sprache:Deutsch
Jahr der Erstveröffentlichung:2010
GND-Schlagwort:Schiller, Friedrich 〈1759-1805〉; Rezeption; Deutsches Literaturarchiv Marbach
Jahrgang:64
Erste Seite:201
Letzte Seite:215
DDC-Sachgruppen:000 Allgemeines, Informatik, Informationswissenschaft / 020 Bibliotheks- und Informationswissenschaft / 020 Bibliotheks- und Informationswissenschaften
900 Geschichte und Geografie / 920 Biografie, Genealogie, Heraldik / 920 Biografien, Genealogie, Insignien
Systematik der Landesbibliographie:Allgemeine Landeskunde / Biografie
Geistesgeschichte, Bildung, Wissenschaft und Kommunikation / Archivwesen / Literatur- und Bildarchive
Zeitschriften:Ludwigsburger Geschichtsblätter / 64.2010
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